Archiv für Dezember, 2013

BILDblog hält Winterschlaf (8)

Hier endet das zehnte Jahr der BILDblog-Geschichte.

Ganz wie in den vergangenen Jahren auch schon, halten wir jetzt Winterschlaf.

Wir danken für die Aufmerksamkeit, die Mitarbeit und das Interesse und wünschen allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!

Wir sehen uns im Januar 2014.

Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise des Jahres 2013 an Achim S., Alexander A., Alexander K., Alexander, Anonym, Arno Nym, Axel H., Axel, Basti, Benjamin G., Benjamin K., Benjamin M., Bernd H., Bernd J., Bernd W., Bernd, Bernhard W., Big J, Björn S., Boludo, Brigitte K., caravanshaker, Chris G., Christian G., Christian N., Christian P., Christian S., Christian V., Christian W., Christian, Corinna P., Cornelius, Daniel M., Daniel, David, Dennis S., Dennis, Dieter S., Dominik M., Dustin, Eberhart L., Egal, Ekkehard K., Eliano, Elias A., Erik G., Erik W., Erwin P., ex00r, Fabian S., Felix W., Flo L., Florian M., Franca, Frank B., Frederik S., Fuchs, Gereon L., Gesine, Gregor G., Greta H., Hans, Harald G., Heiko, Heinz B., Helge S., Helge, Henning, Hermann L., Holger K., hvd69, Ines W., Insider, J.W., Jan S., Jan V., Jascha H., Jens G., JJ, Johannes H., Johannes K., Johnny K., Jonas G., Jonas L., Jonathan K., Jörg W., Jürgen L., Jürgen P., Jürgen, Kai L., Kai-Oliver K., Kai, Karstinho, Kevin S., Kim B., Klaus P., Krabbel, Kris R., L., Langzeitgedächtnis, Laszlo J., Leif K., Linus V., Linus W., Lisa, Lukas G., Lukas, M.H., Manfred H., Marc B., Marc W., Marco R., Marco S., Marco, Marcus B., Marcus H., Marcus, Mario S., Mark G., Markus B., Markus K., Markus R., Markus W., Martin B., Martin R., Martin, Marty C., Marvin, Marvin, Mathias S., Mathis, Matthew L., Matthias D., Matthias M., Matthias P., Matthias, Matthis D., Max G., Max S., Michael F., Michael H., Michael L., Mo, Monika G., Muamer A., NaturalBornKieler, Nico, Niko, Nikolai, Nora R., Olli, Pascal J., Pascal P., Patrick G., Patrick K., Patrick R., Paul C., Peter W., Peter, Petra O., Philipp S., Philipp, PitCam, Ralf B., René G., Rene W., Rico K., Robert G., Roland G., Ron, Ronald F., Rüdiger S., Sarah, Sascha S., Sebastian D., Sebastian K., Sebastian S., Sejfuddin, Seppl, Simon, Stefan M., Stefanie, Steffen E., Steffen Z., Steven D., Tante Noni, Teresa M., Thomas B., Thomas D., Thomas H., Thomas R., Thomas, Thorben S., Thorsten V., Till, Tim, Tim, Timo W., Tinnef, tisch, Tobias K., Tobias T., Toby J., Torben Z., Torsten K., Torsten L., U., ungeruehrt, Ute F., Uwe S., Volker G., Volker K., Zafe — und an alle anderen, auch die vielen, deren sachdienliche Hinweise wir nicht berücksichtigen konnten!

Polizeikessel, Sharing, Syrien

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Was alles nicht gesagt wird”
(n-tv.de, Christian Bartlau)
Den Krawallen in Hamburg folgt eine Debatte über die Rolle der Medien: Christian Bartlau schreibt: “Viele der Journalisten, die berichten, haben noch nie einen Polizeikessel von innen gesehen, sie hatten noch nie brennende Augen vom Pfefferspray und keine blauen Flecken von einem Polizeiknüppel. Nun muss ein Sportredakteur ja auch nicht Champions League gespielt haben, um über das Spiel zu berichten. Aber er muss seine journalistische Pflicht erfüllen und den richtigen Leute die richtigen Fragen stellen.” Zum gleichen Thema: Analysen von Streetdogg und Publikative.

2. “Der enthusiastische Störefried”
(nzz.ch, Martin Meggle)
Porträt des brasilianischen Medienkritikers Alberto Dines: “Die Massenproteste in diesem Jahr seien von den brasilianischen Medien unzureichend reflektiert worden, sagt Dines. ‘In der ersten Phase wurden vor allem Akte des Vandalismus ins Zentrum der Berichterstattung gerückt. Die Medien folgten damit unisono der offiziellen Argumentationslinie von regierenden Politikern.'”

3. “Der Terror des Teilens”
(faz.net, Harald Staun)
Carsharing, Wohnungstausch,Verzicht auf Besitz — für Harald Staun ist dies kein Anzeichen für eine Abkehr vom Konsum und Kommerz: “Der Erfolg von Firmen wie Airbnb oder Uber beruht nicht auf der Nächstenliebe der Menschen oder, wie es die Rhetorik der Firmen vorgibt, auf ihrem Interesse daran, ‘neue Leute kennenzulernen’. Er resultiert daraus, dass die Informationstechnik von heute Lebensbereiche erschließt, die bisher für eine Kommerzialisierung uninteressant waren. Das ist keine Rückkehr der Commons, es ist ihr Ende.”

4. “Professor Unrat”
(zeit.de, Marion Schmidt)
Auf Hausbesuch beim Plagiatejäger Uwe Kamenz: Marion Schmidt trifft auf einen Einzelkämpfer, der an seine Mission glaubt, aber auf fragwürdige Mittel zurückgreift und von vielen Seiten kritisiert wird.

5. “Gefällt mir nicht mehr”
(sz-magazin.de, Meike Büttner)
Das eigene Profil von Facebook zu löschen, ist nicht einfach. Meike Büttner macht den Selbstversuch: “Das Foto von einem Jutebeutel erkenne ich als Profilfoto von Freundin Eva, die Abbildung einer Milchschnitte als Profilbild von meinem Ex-Kollegen Rüdiger. Irre, was so ein Gehirn für einen Mist aufnimmt.”

6. “Es ist das Grauen dort. Bitte helft!”
(mediummagazin.de, Christoph Reuter)
Der Reporter Christoph Reuter berichtet in einem persönlichen Brief über die Situation in Syrien und bittet um Hilfe: “Ihr habt das sicher schon alle gehört, dass Millionen auf der Flucht sind, ihre Städte zerbombt, ihre Existenzen vernichtet, sie selbst ausgehungert, frierend und voller Angst. Aber ich erlebe das. Und dann wird aus Zahlen eine nicht abreißende Kette kurzer, langer Begegnungen mit Menschen.”

Gold, Polizeiberichte, Shitstorm-Gesellschaft

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Alles Gute will Gold vom Topf”
(topfvollgold.de, Moritz Tschermak)
Ein Flüchtigkeitsfehler kommt dem Blog “Topf voll Gold”, das Lügen und Irreführungen der Regenbogenpresse auflistet, teuer zu stehen: 887,03 Euro Anwaltsgebühren werden fällig. Nach einem Hilfsaufruf spenden Leser die Summe.

2. “Medienberichte und Realität #hh2112”
(benjaminlaufer.wordpress.com, Benjamin Laufer)
Nach den gewalttätigen Zusammenstößen in Hamburg mit mehreren Hundert Verletzten geht die Suche nach der Wahrheit los: Mit Videos und Augenzeugenberichten werden die Ereignisse rekonstruiert. Benjamin Laufer kritisiert die ersten Medienberichte, wonach Angriffe gewaltbereiter Demonstranten die Eskalation ausgelöst haben: “Der Fehler, der zu solch falschen Berichten führt, ist ein Vertrauensvorschuss, den viele JournalistInnen der Polizei entgegenbringen. Sie betrachten die Behörde als neutrale Informationsquelle und nicht als politischen Akteur, dessen Aussagen es kritisch zu prüfen gilt.”

3. “Die Weltkriegsfestspiele”
(datenjournalist.de, Lorenz Matzat)
Angesichts des kommenden Jahrestages des Beginns des 1. Weltkrieges wünscht sich Matzat, eine tiefergehende Beschäftigung mit dem Krieg neben den allgefälligen Infografiken und Twitter-Accounts: “Sprich: Mehr Analyse und Zusammenhänge; das Schlagen große Bögen vom Imperialismus und Kolonialismus, dem Aufstieg des Nationalismus über den Kolonialismus bis hin zum Antisemitismus; eine Beschäftigung mit der Rolle der Industrialisierung, der Durchkapitalisierung; mehr Versuche, zu verstehen, wie es zu dieser Kriegsbegeisterung kam, woher die Lust zu Töten rührte und wie schnell die in heutiger Zeit möglicherweise wieder zu aktivieren wäre.”

4. “Verbannung und Hyperzivilisierung im Netz”
(breitenbach.tumblr.com, Patrick Breitenbach)
Ein rassistischer Tweet bewirkt einen Shitstorm und die sofortige Entlassung einer amerikanischen PR-Arbeiterin. Breitenbach sieht in dem Fall einen Beleg für die These: “Die Überwachung durch Staaten oder Machteliten ist dabei nur ein ganz kleiner Teil der sozialen Kontrolle. Der größte Druck geht von der Masse der Nutzer selbst aus.”

5. “NeinQuarterly – gescheit gescheitert”
(gutjahr.biz, Richard Gutjahr)
Gutjahr trifft Eric Jarosinski, der mit seinem Twitter-Account NeinQuaterly Furore macht und seinen Universitätsjob für ein neues Blog aufgibt.

6. “Ein neues Gedächtnis”
(taz.de, Teresa Havlicek)
Nach der Einstellung des Lokalblatts Deister-Leine-Zeitung will Redakteur Wolf Kasse nicht aufgeben und gibt eine eigene Zeitung heraus — ohne Rückendeckung von Verlagen.

Buzzword-PR, Kündigungen, Verdachtsvorsorge

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “So setzt man Themen-Trends: Wie PR-Themen in den Medien landen”
(spiegel.de, Frank Patalong)
Ein Buzzword macht PR-Karriere. Patalong schildert einen Fall aus dem redaktionellen Alltag, bei dem ihm ein vermeintlicher Trend angedient wird — samt Expertise einer Firma, die diesen Begriff systematisch nutzt, um in die Presse zu kommen. “Hier nutzte also möglicherweise die Firmen-PR erfolgreich eine Steilvorlage durch das Medium, um dem Medium wiederum eine Steilvorlage zu liefern. Mit Erfolg.”

2. “Pierre Omidyar plunges first $50m into media venture with Glenn Greenwald”
(theguardian.com, Ed Pilkington)
Erste Details über das Journalismus-Projekt des Paypal-Gründers: “First Look Media” bekommt eine erste Finanzspritze von 50 Millionen Dollar und gründet Büros in New York, San Francisco und Washington. Neben einer gemeinnützigen Stiftung soll auch ein profitorientierter Journalismus-Dienstleister entstehen.

3. “Spiegel Online International droht radikale Kürzung”
(tagesspiegel.de, Sonja Álvarez)
Der Versuch des Spiegel-Verlages mit einem englischsprachigen Angebot international erfolgreich zu sein, scheint gescheitert. Obwohl das Angebot gerade beim Thema NSA punkten konnte und die Redakteure “ihren publizistischen Auftrag zur vollsten Zufriedenheit erfüllt” haben, wird die Redaktion nach Informationen des Tagesspiegels auf 1,4 Stellen zusammengestrichen.

4. “Beileger, Sie sind raus!”
(taz.de, Wiebke Schönherr)
Mit einem Streik setzten 220 Mitarbeiter einer Druckerei, die für den Axel-Springer-Verlag produziert, einen höheren Stundenlohn durch. Doch nun droht ihnen die Kündigung, ein neuer Dienstleister soll übernehmen.

5. “Mediatheken: Können Internet-Abrufe die Fernsehquote ersetzen?”
(quotenmeter.de, Timo Nöthling)
Bei Formaten wie Jan Böhmermanns “Neo Magazin” schauen mehr Zuschauer online zu als im klassischen Fernsehen. Doch noch ist das ein absoluter Ausnahmefall.

6. “8 Regeln für die Verdachtsberichterstattung, die Journalisten und Blogger kennen müssen”
(rechtsanwalt-schwenke.de, Thomas Schwenke)
Jemanden öffentlich zu verdächtigen, kann teuer werden. Rechtsanwalt Schwenke gibt Handreichungen, welche Schritte geklärt sein sollten, bevor man über einen Verdacht berichtet.

Eine Legende kehrt zurück

Ach, vielleicht muss man das ja doch einfach noch einmal erzählen, wie das war damals, an jenem Samstagabend im Februar 1973, als Carmen Thomas als erste Frau zum zweiten Mal “Das aktuelle Sportstudio” im ZDF moderierte und dort, druckfrisch, die “Bild am Sonntag” des darauffolgenden Tages in die Kamera hielt, die unter der Überschrift “Charme allein genügt nicht, Frau Thomas!” bereits vor der Sendung einen Verriss gedruckt hatte, in dem der “BamS”-Autor behauptete, die Sendung, in der Thomas “irrsinnig nervös, unsicher vor der Kamera” gewesen sei, “mit einem lachenden und einem weinenden Auge” gesehen zu haben.

Auf jeden Fall aber sollte man sich noch einmal daran erinnern, wie Carmen Thomas vier Sendungen bzw. fünf Monate später mal versehentlich (und von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt) den Fußballverein Schalke 04 “Schalke 05” genannt hatte, woraufhin die “Bild”-Zeitung zwei Wochen später auf der Titelseite behauptete, die Moderatorin sei “im ZDF-Sportstudio gescheitert”, und um ihren “05”-Versprecher ein ziemliches Gewese gemacht wurde, das ihr Leben veränderte.

Doch warum schreiben wir das jetzt alles noch einmal auf?

Weil einem Moderator in der Schweiz neulich der gleiche Fehler passiert ist.

TV-Patzer in der Schweiz - Moderator: "Schalke 05 gegen Real Madrid"

Und viele Medien behaupten jetzt:

Vor 40 Jahren hat in Deutschland eine Frau deswegen sogar den Job verloren.

(Blick.ch)

Einst kostete dieser Versprecher Carmen Thomas den Job als Moderatorin des “Aktuellen Sportstudios”

(Sport1.de)

Der Versprecher kostete Frau Thomas den Job. Ihr Ruf war ruiniert.

(Welt.de)

Ein Lapsus, der vor ziemlich genau 40 Jahren Carmen Thomas den Job als Moderatorin des Aktuellen Sportstudios kostete.

(Express.de und Mopo.de)

Oder in den Worten von Bild.de:

Am 21. Juli 1973 hatte Thomas beim ZDF-Sportstudio ebenso von Schalke 05 gesprochen. In der damaligen Zeit der Todesstoß für ihre Karriere in der Männerwelt des Sports.

Dabei hat Carmen Thomas erst vor ein paar Wochen in einem Interview mit “Focus Online” erklärt:

Ich habe das “Sportstudio” noch anderthalb Jahre weitermoderiert. Aber die Lüge hält sich bis heute, dass ich damals nach dem Versprecher raus gewesen wäre.

Und der dapd sagte sie Anfang des Jahres:

Tatsächlich folgten noch eineinhalb Jahre “Aktuelles Sportstudio” […]. Aber die Legende lebt und lebt.

Mit Dank an Marvin.

Pressefreiheit, Regenbogenpresse, Podcasts

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Täglicher Kampf um die Pressefreiheit”
(deutschlandradiokultur.de, Sabine Adler)
Journalismus in Zeiten des Umsturzes: Während manche TV-Sender die Proteste in der Ukraine kleinreden, tobt online ein Kampf um Informationen. Jeder der berichtet, ergreift auch Partei.

2. “Syrien – für Reporter immer gefährlicher”
(tagesschau.de, Anna Osius) Immer wieder werden
Journalisten, die aus Kriegsgebieten berichten, getötet, verletzt oder gezielt entführt. Die Jahresbilanz der Organisation Reporter ohne Grenzen zählt 71 Journalisten und 39 Blogger, die während ihrer Arbeit getötet wurden. Die Zahl der Entführungen hat sich mehr als verdoppelt.

3. “Verrenkungen vom Ende des Regenbogens”
(vocer.org, Mats Schönauer und Moritz Tschermak)
Die Blogger von topfvollgold ziehen Bilanz über die üblichen Faktenverdrehungen der Regenbogenpresse und erinnern daran, dass diese Blätter nicht irrelevant sind: “Zusammengerechnet kommt das gesamte Segment auf eine jährliche Druckauflage von über 560 Millionen Exemplaren – eine gewaltige publizistische Macht.”

4. “Der Sender bin ich “
(faz.net, Stefan Schulz)
Die FAZ stellt ihren Lesern Podcasts und Tim Pritlove vor. “In Pritloves Studio passiert, wovon Fernsehmacher träumen: Die Gesprächsteilnehmer sehen sich als Teil einer Gemeinschaft, die über Chatsysteme mit am Tisch sitzt und bei Bedarf auch zum Gesprächsteilnehmer wird, etwa wenn Wissenlücken im Studio gefüllt werden müssen.”

5. “Ein Wortlaut-Protokoll in 6 Variationen”
(netzjournalismus.de, Fiete Stegers)
Ein kurzer, aufgeheizter Dialog vor Gericht — und in sechs verschiedenen Medien sind sechs verschiedene Variationen zu lesen.

6. “Vom Schlager zum Hit”
(journalist.de, Marcel Roth)
Der Sender MDR Sachsen-Anhalt sendet keine Schlager mehr. Ein Erfahrungsbericht: “Eine 73-Jährige aus Ilsenburg im Harz schreibt per E-Mail, sie sei oft mit der ‘supermodernen Musik’ nicht einverstanden und würde sich sehr freuen, ‘wenn mal ab und zu ein Wander-, Volks- oder Seemannslied gespielt würde.'”

Drohanrufe, Penisfotos, Filterblasenentzündung

6 vor 9

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1. “‘Wir bekommen Hunderte Drohanrufe'”
(zeit.de, Kai Biermann)
Obwohl die Kölner Staatsanwaltschaft mittlerweile Ermittlungen gegen die Redtube-Abmahner prüft, gibt sich Anwalt Thomas Urmann im Interview mit Zeit Online gelassen: “Aber selbst wenn die IP-Adressen auf eine illegale Art erlangt worden wären, kann uns das juristisch völlig egal sein.” Unterdessen werden alle Neuigkeiten zu #redtubegate bei Reddit gesammelt.

2. “Das deutsche Kino ist in der Krise”
(out-takes.de, Martin Hagemann)
“Es fehlen in Deutschland seit langem Spielfilme, die sich zwischen den Polen von wirtschaftlicher und kultureller Ausrichtung positionieren.” Als Grund sieht Hagemann ein Finanzierungsproblem: Wirtschaftlich erfolgreiche Filme spielen den Verwertern Geld ein, nicht den Produzenten.

3. “Wer weiß, ob die Deutschen nicht Obama abhören?”
(faz.net, Patrick Bahners)
In einem einseitigen Beitrag im US-Magazin “60 Minutes” zündet der Geheimdienst NSA neue Nebelkerzen in der Spionageaffäre: Statt um die eigenen Programme geht es um hypothetische Spionageaktivitäten Deutschlands im Weißen Haus und eine vermeintliche Hoffnung auf die Begnadigung Edward Snowdens. Die Nachricht über einen vermeintlichen Supervirus wird von Tech-Bloggern mit Skepsis gesehen.

4. “Der Penis hat hier nichts zu suchen”
(sueddeutsche.de, Katharina Riehl)
Das Magazin “Dummy” muss zwei Seiten entfernen und ein Foto schwärzen, damit die aktuelle Ausgabe im Zeitschriftenhandel verkauft werden kann. Grund: Die “Freiwillige Selbstkontrolle im Pressevertrieb” hatte Einwände.

5. “Meine Filterblase ist kaputt”
(lumma.de, Nico Lumma)
Heavy-User Nico Lumma über seine Twitter-Timeline: “Ich bekomme langsam den Eindruck, Twitter verkommt zu einem Werkzeug der Empörung, der permanenten Kritik an allem und jedem – und damit wird es immer schwerer, Twitter für konstruktive Themen zu nutzen.”

6. “Golden Boy der begüterten Kapitalistenhasser”
(medienwoche.ch, Ronnie Grob)
Zu dessen 70. Geburtstag porträtiert Ronnie Grob den Schweizer Journalisten und Ringier-Berater Frank A. Meyer: “Er ist ein Glückskind, ein Götterknabe, ein Golden Boy, der alle guten Zeiten voll ausgenützt hat und zum Verwundern aller die wichtigen Machtkämpfe für sich entscheiden konnte.”

Bild  

Enteignet Gysi!

Gab es eigentlich schon einmal eine Bundesregierung, die mit so viel Macht ausgestattet war wie die neue Große Koalition? Fragen wir die “Bild”-Zeitung von heute:

Die Große Koalition steht. Heute wird Angela Merkel (59, CDU) als Bundeskanzlerin vereidigt. Ihre Große Koalition hat mehr Macht als jede Regierung in 50 Jahren zuvor — und nie war die Opposition so schwach.
(Seite 1)

Seit fast 50 Jahren war keine Regierung im Bundestag und Bundesrat mit so viel Macht und mit solch erdrückender Mehrheit ausgestattet wie diese Große Koalition.
(Seite 4 oben)

Es ist die mächtigste Regierung seit mehr als 40 Jahren! (…) Die Liliput-Opposition aus Linkspartei und Grünen ist machtlos.
(Seite 4 unten)

Wenn wir das nicht ganz falsch interpretieren, meint die “Bild” also, dass es in den vergangenen 40 bis 50 Jahren keine Bundesregierung gab, die so mächtig war wie die neue Große Koalition. Sie ist so mächtig, dass es überhaupt nur eine Institution in Deutschland gibt, die es mit ihr aufnehmen kann.

Richtig:

16 “Bild”-Mitarbeiter werden gezeigt, die von nun an kritisch über die Bundesregierung berichten sollen, was womöglich den als erstes genannten Bela Anda (SPD), den früheren Regierungssprecher Gerhard Schröders, selbst verblüfft hat. Die Kernkompetenz der 16 liegt anscheinend überwiegend in lustig gemeinten Wortspielen …

“Ich mache Theater, wenn Kultur nur als Gedöns behandelt wird!”

“Ich schieße scharf, wenn das Verteidigungsministerium ein Chaos-Haus bleibt!”

“Ich haue auf den Putz, wenn die Kosten für Mieter und Eigentümer explodieren.”

“Ich sage ‘Stop!’, wenn Autofahrer über die Maut Finanzlöcher stopfen müssen.”

… teilweise aber auch in Hybris:

“Ich lasse nicht zu, dass Jobs kaputtgemacht und Arbeitgeber drangsaliert werden.”

Zunächst aber greift “Bild” nicht die Regierung an, sondern die Opposition aus Linkspartei und Grünen: “Noch nie”, schreibt “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann in seinem Kommentar, “gab es einen Bundestag, in dem die Opposition ganz ohne bürgerliche Stimmen auskommen musste.”

Auf die Regierungserklärung von Angela Merkel wird künftig Oppositionsführer Gregor Gysi antworten. Der Mann, der die alten SED-Kader salonfähig machte.

Das ist nicht gut für Deutschland!

Wenn es keine bürgerliche Opposition im Bundestag gibt, dann muss sich diese Stimme außerhalb des Parlaments Gehör verschaffen.

Deshalb geht BILD in die Opposition. Und wird Außerparlamentarische Opposition. APO!

Die Anmaßung als “APO” kann man als eine nachträgliche Verhöhnung der Bewegung sehen, die von der “Bild”-Zeitung Ende der sechziger Jahre diffamiert und mit größter Schärfe bekämpft wurde.

Bei der Gelegenheit klittert “Bild” aber ein bisschen auch die noch nicht so weit zurückliegende Geschichte und behauptet: “BILD hatte mit seinen Vorhersagen zur GroKo recht!”

Am 15. Juni 2013 hätte das Blatt geschrieben: “Die Große Koalition kommt zurück!“ und damit auch recht behalten. Das ist richtig. In demselben Artikel sagten Nikolaus Blome (heute “Spiegel”) und Stephan Haselberger aber u.a. auch “klar” voraus, dass die FDP in den Bundestag einziehen werde und die Union “(wie so oft) an der Urne schlechter abschneiden [wird] als vorher in den Umfragen”. Nun ja.

Eine weitere angeblich richtige Vorhersage laut “Bild” von heute:

8. November 2013: “Wird Gabriel der Mega-Minister der Großen Koalition?” BILD sagt Gabriel als Vizekanzler und als Minister für das “Mega-Projekt Energie” und für das “Mega-Projekt Wirtschaft” voraus — und BILD liegt wieder richtig.

Kunstvoll hat “Bild” in den Zitaten das dritte “Mega-Projekt” weggelassen, das sie ihm damals zugeschoben hatte: Das “Mega-Projekt Infrastruktur”. Von einem “speziell auf ihn zugeschnittenen Mega-Ressort für Energie, Wirtschaft und Infrastruktur” hatte “Bild” damals gesprochen — von der Infrastruktur ist heute keine Rede mehr.

Kai Diekmann kündigt an:

BILD wird der neuen Regierung bei jeder Gelegenheit auf die Finger hauen! Hart. Schmerzvoll. Und ohne Gnade.

Und bestimmt: ohne Besinnung.

Pressefreiheit, Zensur, Digital-Chaos

6 vor 9

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1. ” Schwarz-Weiß-Malerei”
(haz.de, Imre Grimm)
Die Hannoversche Allgemeine arbeitet die Diskussion um “Wetten dass…?” auf: „Blackfacing ist keine überdrehte Kopfgeburt wohlmeinender Weltverbesserer, sondern ein komplexes Sujet in der aktuellen Rassismusdebatte.”

2. “ROG veröffentlicht aktuelle Rangliste der Pressefreiheit”
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation “Reporter ohne Grenzen” veröffentlicht ihre alljährliche Rangliste der Pressefreiheit. Die NGO kritisiert den Abbau von Redaktionen in Deutschland, Japan wird wegen des Umgangs mit der Fukushima-Berichterstattung herabgestuft. Update 13:39 Uhr: Aus Versehen haben wir die Pressemitteilung vom Januar verlinkt. Die Jahresbilanz der Organisation wird in Kürze veröffentlicht.

3. „Unsere Zensur ist präventiv“
(taz.de, Julia Niemann)
Die Chefin der israelischen Zensurbehörde (ROG-Rang 112) erklärt ihre Arbeit und die Vereinbarkeit mit einer Demokratie: “Wenn eine Information als Gedanke des Journalisten verkauft wird anstatt als Aussage des Generalstabschefs, dann lasse ich es durchgehen.”

4. “‘Pofalla ist auf jeden Fall dabei’ und weitere Informationen aus gut informierten Kreisen”
(stefan-niggemeier.de, Stefan Niggemeier)
Viele Redaktionen erfreuten ihre Leser mit frühen Einblicken in die Kabinettsliste, insbesondere Spiegel-Leser erfuhren mehr. Auch wenn es nicht stimmte.

5. “Prinzip Chaos in der Digitalpolitik bleibt”
(heise.de, Falk Steiner)
Einen Internetminister wird es in der neuen Bundesregierung nicht geben, stattdessen werden die Kompetenzen auf mehrere Ministerien verteilt. “Bleibt die Hoffnung, dass Koalitionsverträge und Ressortzuständigkeiten vor allem eines sind: Papier”, kommentiert Falk Steiner. Ähnliche Kritik gibt es von FAZ.Net und Sueddeutsche.de.

6. “Das Zeitalter der globalisierten Überwachung”
(internet-law.de, Thomal Stadler)
Rechtsanwalt Thomas Stadler zeigt sich ernüchtert von den politischen Reaktionen auf die Geheimdienstenthüllungen: “Ob sich der Bürger und die von ihm legitimierten Vertreter wieder aus diesem Würgegriff der Geheimdienste befreien können, erscheint ungewiss. Aber ohne massiven Druck der Bürger weltweit wird es nicht gehen.” In die gleiche Richtung argumentiert der Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht, der in der FAZ einen anderen New Deal fordert.

Friends, ein Clan, Cyborgs

6 vor 9

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1. “BILD & Co – zu blöd zum Abschreiben?”
(gutjahr.biz, Richard Gutjahr)
Das alljährlich wiederholte Gerücht über eine Neuauflage der US-Serie “Friends” macht die Runde in deutschen Medien — mit angeblicher Bestätigung des Senders NBC. Quelle ist ein Bericht vom April, der längst dementiert wurde.

2. “Der zornige Wortarbeiter”
(magda.de, Ilona Jerger)
Porträt des Kabarettisten im Ruhestand Georg Schramm und die von ihm geschaffenen Charaktere: “Früh am Morgen kauft er als erstes die ‘Bild’-Zeitung und schaut, wer vorne drauf ist. Je nachdem hängt er die Titelseite später in seinem Schrebergarten auf. Und zielt. Mit dem Luftgewehr.”

3. “Ein Bild und seine Geschichte: Der Wulff-Kuss”
(blog.stratenschulte.de, Julian Stratenschulte)
Alltag eines Fotojournalisten: Ein DPA-Fotograf erklärt, wie er das verbreitete Foto von Ex-Bundespräsident Christian Wulff und seiner Ex-Frau im Landgericht Hannover geschossen hat.

4. “Liebeserklärung an meinen Clan”
(dasnuf.de, Patricia Cammarata)
Das Nuf beschreibt Twitter und Co als Familie, als Clan, die mit ihrer Interaktion ein Gefühl der Zusammengehörigkeit schaffen. “Mein Mann sagt öfter, dass er es seltsam findet, dass in unserer Wohnung, in unserer Beziehung immer noch jemand mit dabei ist: das Internet oder besser gesagt, die Menschen aus dem Internet.”

5. “Wie ich zum Cyborg wurde”
(carta.info, Enno Park)
“Viele finden Cyborgs gruselig: Der Eingriff in den Körper wird als Grenzüberschreitung gesehen. Gestattet sei die Frage, warum eigentlich?” Enno Park erklärt zur Gründung des Cyborg-Vereins in Berlin, was es bedeutet mit Technik im Körper zu leben und welche Herausforderungen es gibt.

6. “Ein Remix-Aufruf für das Urheberrecht!”
(dirkvongehlen.de, Dirk von Gehlen)
Dirk von Gehlen schreibt Beiträge zur Urheberrechtsdebatte aus dem Jahr 2012 um: Nicht die Abschaffung des Urheberrechts stehe an, sondern die Deligitimation durch die Abmahnindustrie.

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