Suchergebnisse für ‘Ombudsmann’

Der Klau-Poet, Ombudsmann Elitz, “Tag24″s Zucker für die Affen

1. Schwere Plagiatsvorwürfe gegen Bestseller-Autor Deno Licina
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Der „Tagesspiegel“ berichtet über einen groß angelegten Schwindel: Der Bestseller-Autor Deno Licina (Eigenbezeichnung: “Der Poet“) habe hundertfach Tweets geklaut und bei anderen abgeschrieben. Sein Anwalt verweist auf die „geringe Schöpfungshöhe“ der geklauten Tweets und dass die Inhalte der zehntausendfach verkauften Bücher komplett vom Autoren stammen würden. Hier irre der Anwalt, schreibt der Tagesspiegel: „Für seine Bücher schrieb Deno Licina massenhaft von anderen Autoren ab. Von den ersten 15 Seiten seines aktuellen Bandes sind 14 betroffen, meist zieht sich das Plagiat über das komplette Blatt. Und mit jedem Tag, den seine Gegner suchen, finden sie mehr.“

2. Unser seltsamster Erfolg
(mittelbayerische.de, Sebastian Heinrich)
Bei der „Mittelbayerischen“ wundert man sich. Wie kann ein Artikel aus dem Jahr 2014 über eine Merkel-Rede zum meistgeklickten Beitrag werden? Sebastian Heinrich ist dem Rätsel nachgegangen und hat den Verlauf mit Hilfe des Analysetools Google Analytics rekonstruiert. Das Ergebnis: Es sind vornehmlich die Merkel-Gegner und AfD-Unterstützer, die den Artikel wegen seiner zugespitzten Überschrift als Zündmaterial für ihre populistischen Empörungsfeuer nutzen.

3. Vermittler oder Feigenblatt?
(deutschlandfunk.de, Vera Linß, Audio, 5:46 Minuten)
“Deutschlandfunk”-Autorin Vera Linß beschäftigt sich mit dem aktuellen Wirken von Ernst Elitz. Der ehemalige Deutschlandradio-Intendant ist seit einiger Zeit „Ombudsmann“ bei „Bild“. Eine sinnvolle Initiative oder doch nur ein Feigenblatt? Wem die Aussagen von Elitz zur Beantwortung nicht ausreichen: BILDblog-Chef Moritz Tschermak hat eine klare Antwort, im Gespräch mit dem “Deutschlandfunk”, aber auch schriftlich und mit Beispielen hier bei uns, hier oder auch hier.

4. Kämpferisch, ignorant, hilflos: Wie die Politik auf den Facebook-Skandal reagiert
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz)
In ganz Deutschland wird über mögliche Konsequenzen des Facebook-Cambridge-Analytica-Skandals diskutiert. Nur einer schweigt beharrlich, der zuständige Innenminister, in dessen Ressort Datenschutz schwerpunktmäßig fällt: Horst Seehofer. Netzpolitik.org hat sich in der Parteienlandschaft umgehört, wie sonst mit der Thematik umgegangen wird.

Weiterer Lesetipp: Warum Facebook verstaatlicht werden muss (tagesspiegel.de, Christopher Lauer).

5. Restle: “Wir brauchen grundlegende Reformen”
(ndr.de, Daniel Bouhs, Video, 13:48 Minuten)
Das Medienmagazin „Zapp“ hat sich mit dem “Monitor”-Chef Georg Restle über die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen unterhalten. Restle fordert ein klares öffentlich-rechtliches Profil: Weniger Sportrechte, mehr Information in der Prime Time und ein Ende des Radio-“Gedudels”.

6. Zucker für die Affen: Tag24 und die erfundenen 670 Prozent mehr Vergewaltigungen
(sprachlos-blog.de, Robert Feustel)
Als „Boulevard ohne Journalismus“ bezeichnet Robert Fäustel die Seite „Tag24“. Dort wurde berichtet, dass im Raum Leipzig die Zahl der Vergewaltigungen um 670 Prozent und damit drastisch gestiegen sei: „Zusammen mit einem anderen Text zur Gesamtzahl der Straftaten schraubt sich die fälschlich Zeitung genannte Sammlung von Dummheiten ein weiteres Treppchen die Angstspirale hinauf. Blöd ist nur, dass das Blatt mit dem letzten Fünkchen Seriosität den Fehler selbst zugibt: Einen Anstieg gab es nicht.“

Einzelhaft beendet, Döner für den Ombudsmann, blaue Schlammlawinen

1. Deniz Yücel ist nicht mehr in Einzelhaft
(welt.de, Daniel-Dylan Böhmer)
Gute Nachrichten aus der Türkei: Deniz Yücel befindet sich zwar immer noch in Haft, ist jedoch in eine Zelle verlegt worden, die über einen kleinen Innenhof mit zwei anderen Zellen verbunden ist. Nach 290 Tagen Einzelhaft ist ihm damit zumindest der Kontakt zu einem Mitgefangenen möglich, dem Journalisten Oguz Usluer, der für die türkische Tageszeitung “Habertürk” gearbeitet hat. Nach wie vor freut sich Yücel über Post, die zur Übersetzung ins Türkische an die “Welt” gesendet werden kann.

2. EU-Wahnsinn: Brüssel verbietet uns den Döner! Nicht.
(blogs.deutschlandfunk.de, Thomas Otto)
Droht dem Döner wirklich das Aus, wie es “Bild” behauptete? Natürlich nicht, wie Thomas Otto im Blog des “Deutschlandfunks” erklärt und süffisant den Gang zum “Bild”-Ombudsmann empfiehlt: “Für die Kritik am Artikel von Dirk Hoeren und Kollegen sollte Ombudsmann Ernst Elitz doch ein offenes Ohr haben. Immerhin kennt er sich mit gut recherchierter und ausgewogener Berichterstattung aus — war er doch der erste Intendant des Deutschlandradios.”

3. Blaue Schlammlawinen gegen Journalistinnen
(kurier.at, Philipp Wilhelmer)
“Ich wünsche Ihnen, dass Sie von einem Afghanen vergewaltigt werden.” Derartige Freundlichkeiten bekommt Corinna Milborn, Moderatorin und Infochefin des österreichischen Privatfernsehsenders “Puls4”, zu lesen, wenn jemand wie der FPÖ-Politiker Heinz-Christian “HC” Strache auf seinem Facebook-Profil Stimmung gegen sie gemacht hat. Vor jedem Interview mit einem FPÖ-Politiker seien deshalb entsprechende Maßnahmen notwendig, so Milborn: “Ich weiß, ich muss mein persönliches Facebookprofil vorübergehend sperren und darauf achtgeben, dass meine Kinder nicht darauf schauen. Außerdem muss die Online-Redaktion des Senders besetzt sein, um strafrechtlich Relevantes auf der eigenen Seite sofort zu löschen.”

4. Zur Berichterstattung über das chinesische Sozialkreditsystem in der deutschen Presse am Beispiel der Kinderplattform „bento“.
(facebook.com, Christian Y. Schmidt)
Christian Y. Schmidt kritisiert einen “bento”-Artikel über das chinesische Sozialkreditsystem: “Ich habe diesen Text ausgewählt, weil es so wie hier inzwischen in vielen China-Texten zugeht. Leute, die wahrscheinlich noch nie oder sehr kurz in China waren und nichts über den Kontext wissen, setzen stark eingefärbte Nachrichten in die Welt, die sie aus zweiter oder dritter Hand haben. Die Summe dieser Artikel und Berichte ergibt dann das China-Bild in den deutschen Köpfen.”

5. The Final Countdown
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Nach sieben Jahren im Bezahlfernsehen will der Musiksender “MTV” ins Free-TV zurückkehren. Hans Hoff erzählt nochmal von den guten Zeiten des Senders, in denen sich Talente wie Christian Ulmen oder Joko und Klaas austoben konnten und aus der Improvisation heraus der typische “MTV”-Stil entstand: “Waren etwa Wackelkameras bei MTV anfangs nur Zeugnis einer unzulänglichen technischen Ausstattung, avancierten sie rasch zu einem bewusst eingesetzten Stilmittel. Und weil der Platz in den Studios nicht reichte, mietete man nebenan eine Wohnung an, die aber nur mit einer Kamera zu erfassen war, die Bilder aus einer Art Froschaugenperspektive lieferte.” Trotz aller Nostalgie bleibt Hoff skeptisch, was die Rückkehr des Musiksenders anbelangt.

6. Das Antidepressivum der Berliner Eliten
(tagesspiegel.de, Torsten Körner)
Der Dokumentarfilmer und Schriftsteller Torsten Körner war mit 2300 anderen Gästen beim 66. Bundespresseball, der von der “Bundespressekonferenz” veranstaltet wird, der Vereinigung der deutschen Parlamentskorrespondenten. Wer sich etwas Zeit für das Lesestück nimmt, bekommt schöne Bilder einer Ballnacht und ihr Ende in den Morgenstunden geliefert: “Der vielfältige Möglichkeitsraum ist plötzlich ein Schrumpfpalast, die letzten Gäste wirken wie gerupfte Nachtträumer. Eben noch ertrank man in Gesichtern, plötzlich erscheinen alle gesichtslos. Eben noch dachte man, hier beginnt ein Roman, jetzt zerfließt alles zu Impressionspfützen, dünnhäutigen Sätzen.”

7. Mich widert es einfach nur an, dieses dämliche Möchtegern-Befreiungs-Gesülze von Frauen, denen angeblich der Gang ins Bordell angenehmer erschien als der Gang in die böse, weil männderdominierte Uni.
(facebook.com, Lorenz Meyer)
Außer der Reihe ein Link zu einem Rant des “6vor9”-Kurators über “pseudo-aufklärerische Ego-Artikel, die einige richtige Dinge über Prostitution sagen, aber eben auch viel Mist erzählen und Wichtiges weglassen.” Verbunden mit einem Appell: “Nein, liebe Medien, verschont uns mit dieser Literaturgattung, die an eine mit allerlei Gesellschaftstrallala und persönlichem Betroffenheitsgesäusel aufgemotzte Version der Julia-Roberts-Schmonzette “Pretty Woman” erinnert. Nur heimtückischer, denn dort wussten wir wenigstens sofort, dass es Stuss ist.”

“Bild”-Ombudsmann verlängert DDR um 25 Prozent

Ernst Elitz ist gnadenlos:

Screenshot Bild.de - Der Bild-Ombudsmann - Eile ist keine Entschuldigung

Viele Fehler seien “der Eile geschuldet”, schreibt der Ombudsmann in seinem neuesten Text in der “Bild”-Zeitung und bei Bild.de. Dann stünde in einem Artikel “das”, wo eigentlich “dass” stehen müsste, oder “Teater” statt “Theater”, “was großgeschrieben gehört, wird kleingeschrieben oder umgekehrt”. Doch:

Doch Eile entschuldigt nichts. “Die Ausrede ‘Fehler passieren überall’ würde ich bei BILD nicht gelten lassen”, meint Leser Heinfried Knigge. Und er hat recht!

Ein Medium wie BILD, das täglich Millionen Leser erreicht, darf Schnelligkeit nicht vor Sorgfalt setzen. Nur wer beides liefert, liefert Qualität.

Um diese “Qualität” endlich mal herzustellen zu sichern, ist jetzt ja auch Elitz da:

Ich gehe jedem Fall nach. Erkenne ich Fehler, verlange ich Korrekturen. Wenn nicht sorgfältig gearbeitet wurde, übe ich intern oder in meiner Kolumne Kritik an der Arbeit der Redaktion.

Ernst Elitz wacht aber nicht nur über die “Bild”-Medien, er schreibt selbst auch noch für sie (und sieht offenbar kein Problem in seiner Doppelrolle als Redaktions-Wachhund einerseits und Redaktions-Mitglied andererseits). Erst gestern, am selben Tag also, an dem auch seine Ombudsmann-Kolumne veröffentlicht wurde, erschien eine TV-Kritik von Elitz über den Sonntagstalk bei “Anne Will”:

Erst fünfzig Jahre SED-Diktatur, und dann sitzen “in den Chefetagen alles Menschen aus Westdeutschland. Was wäre denn in Bayern los, wenn achtzig Prozent der Führungseliten aus Schleswig-Holstein kommen?”

“Fünfzig Jahre”? Wurde die DDR bereits 1939 (statt 1949) gegründet? Oder fand die deutsche Wiedervereinigung erst im Jahr 2000 (statt 1990) statt? Ernst Elitz schafft es, “fünfzig Jahre SED-Diktatur” in rund 40 Jahre DDR zu packen.

Dieser Fehler mag in Eile passiert sein. “Doch Eile entschuldigt nichts.”

Mehr über den “Bild”-Ombudsmann:

Mit Dank an Lukas H. für den Hinweis!

Nachtrag, 3. November: Unser Leser Bernhard K. weist darauf hin, dass in der Sendung, die Elitz rezensiert, laut “Berliner Kurier” Theo Waigel von “50 Jahren Kommunismus” gesprochen hat. Ernst Elitz hat sich diesen Klops dann wohl einfach zueigen gemacht.

Erster Arbeitstag von “Bild”-Ombudsmann Ernst Elitz

Der BILD-Ombudsmann - BILD hat einen Fehler gemacht

Ja, doch, das steht da tatsächlich. Wir dachten auch zuerst an einen Witz, an irgendeinen Trick. Aber offenbar hat “Bild”-Ombudsmann Ernst Elitz, nach etwas mehr als 100 Tagen im Amt, die Idee gehabt, wie ein Ombudsmann zu arbeiten.

Bisher schien Elitz’ Leitsatz stets gewesen zu sein: “Die Redaktion hat alles richtig gemacht”. Doch jetzt hat sich die “Bild”-Zeitung etwas geleistet, das nicht mal Chef-Verteidiger Obumdsmann Elitz geradebiegen kann: Am vergangenen Freitag dankte die Regionalausgabe aus Frankfurt am Main auf einer Doppelseite allen Polizisten der Stadt, die in den vergangenen 150 Jahren im Einsatz waren — explizit auch dem früheren Polizeipräsidenten Adolf Beckerle, einem überzeugten Nazi. Beckerle soll maßgeblich an der Deportation und Ermordung von etwa 11.000 Juden beteiligt gewesen sein. Wir berichteten hier im BILDblog am Dienstag über den Fall.

Ernst Elitz hat sich nun informiert, wie der Dank an Beckerle zustande kam:

Ich habe untersucht, wie es zu dem Bericht kommen konnte. Ergebnis:

Die Redaktion hat auf eigene Recherchen verzichtet und sich allein auf eine von der Polizei vorbereitete Festschrift gestützt, die keine kritischen Anmerkungen zum Fall Beckerle enthielt. Der Verzicht auf eigene Recherche ist ein Verstoß gegen klassische journalistische Standards.

In der Redaktion haben die Verantwortlichen weder den Verzicht auf Eigenrecherche noch den Mangel an historischer Einordnung erkannt und die Veröffentlichung in dieser kritikwürdigen Form zugelassen.

Einfach mal auf Recherche verzichten, blind das PR-Material der Polizei abschreiben, bei der Jahreszahl 1933 nicht stutzig werden — kann natürlich mal passieren.

Damit das alles nicht wieder vorkommt, zählt Elitz noch mal “die Grundlagen professioneller journalistischer Arbeit” auf:

Dieser Fall gibt Anlass darauf hinzuweisen, dass Eigenrecherche, Überprüfung der Quellen und verantwortungsvolle Kontrolle die Grundlage professioneller journalistischer Arbeit sind. In diesem Fall wurde gegen diese Regeln verstoßen.

Da können wir dann auch nur noch zustimmen.

Mehr über den “Bild”-Ombudsmann:

Mit Dank an @AndyOSW und @SidneyGennies für die Hinweise!

100 Tage “Bild”-Ombudsmann: Die Redaktion hat alles richtig gemacht

Schampus raus, es gibt was zu feiern!

Am 22. Februar machten “Bild”-Chefredakteurin Tanit Koch und “Bild”-Chefchef Julian Reichelt den früheren Intendanten des “Deutschlandradios” Ernst Elitz zum “Bild”-Ombudsmann.

Und seitdem?

Die Festschrift, die heute in der “Bild”-Zeitung und gestern Abend bereits bei Bild.de erschienen ist, bietet leider kein brauchbares 100-Tage-Resümee. Stattdessen hat der Jubilar selbst ein tolles Geschenk mitgebracht:

Viele Leser wünschen sich mehr Möglichkeiten, ihre Meinung zu äußern. Da in der Zeitung der Platz für Leserbriefe begrenzt ist, habe ich die Chefredaktion gebeten, zusätzlich Leserbriefe bei BILD.de zu veröffentlichen. Das klappt: Sie finden mehr Leserbriefe ab heute unter http://www.bild.de/ombudsmann

Mit dem Elitz als Ombudsmann — da bewegt sich richtig was bei “Bild”. Und so werden jetzt endlich auch solche Leserbriefe veröffentlicht:

Zu: Kann die weg? Oder brauchen wir die Ein-Cent-Münze noch?

Im Portemonnaie nerven sie. Aber abschaffen würde ich diese nicht. Ich lege die Ein-Cent-Stücke immer beiseite und bringe sie zweimal im Jahr zur Bank.
[anonym]

Oder diese zwei fundierten Debattenbeiträge:

Zum Kommentar: Letzte Chance für die SPD

Die SPD kommt noch aus den Puschen!
Wolfgang J[.]

Die SPD ist wie 1860 München. Schnell geht es abwärts.
Klaus Guido S[.]

Doch zurück zur 100-Tage-Bilanz von Ernst Elitz. Tanit Koch und Julian Reichelt schrieben im Februar an ihre Leserinnen und Leser: “Wir wollen, dass Sie bei uns Gehör finden, wenn Sie sich über uns ärgern oder etwas falsch dargestellt sehen. Wir wollen, dass Sie unseren Fakten nicht nur vertrauen, sondern sie transparent nachvollziehen können. Wir wollen von Ihnen hören, wenn Sie meinen, einen Fehler entdeckt zu haben.”

Hat das geklappt? Hat die Leserschaft Gehör gefunden? Hat der Ombudsmann die kritischen Fragen, die ihn erreicht haben, ernstgenommen?

Hier eine Auswahl von Ernst Elitz’ Urteilen zur “Bild”-Berichterstattung:













Der “Bild”-Ombudsmann ist ein schlechter Witz.

Elitz schreibt, ihn erreichen 150 Briefe von Leserinnen und Lesern pro Woche. 100 Tage ist er im Amt, also etwas mehr als 14 Wochen. Bei über 2000 Leserhinweisen hat er es nicht hinbekommen, irgendetwas rauszufischen, das wenigstens den Anschein eines Fehlers oder Verstoßes durch die “Bild”-Redaktion besitzt. Die heftigste Kritik äußerte der Ombudsmann, als “Bild” nach dem Champions-League-Viertelfinale aus Fußballer Cristiano Ronaldo “der verfluchte Cristiano Ronaldo” machte:

Das “verflucht”, als Ronaldo die Bayern aus dem Halbfinale schoss, war in der Redaktion selbst umstritten. Ich bin bei denen, die diese Wortwahl nicht für angemessen halten. Bitte fair nicht nur auf dem Rasen, sondern auch beim Spiel mit Worten!

Hui!

Dabei hätte es in den vergangenen 100 Tagen zahlreiche kritische Texte vom Ombudsmann geben können, wenn Ernst Elitz seiner Aufgabe ernsthaft nachgegangen wäre, und wenn “Bild” ein ehrliches Interesse daran hätte. Elitz hätte beispielsweise darüber schreiben können, wieso die Redaktion Fotos von Jugendlichen verbreitet, die seit dem Attentat in Manchester verschwunden sein sollen, obwohl sie zum Zeitpunkt der Tat gar nicht in der Stadt waren. Oder ob er es für richtig hält, dass Bild.de findet, “Mädels” sollten ihrem Sexpartner “den Gefallen” tun, das Kondom mit dem Mund überzuziehen. Oder wie Bild.de darauf kommt, dass es für den Verdächtigen beim Anschlag auf den BVB um Millionen von Euro ging. Warum Bild.de auf einen Witz aus Island reinfällt. Wieso die “Bild”-Medien über die Figur eines Angeklagten witzeln, obwohl dessen Körpergewicht nichts mit dem Fall zu tun hat. Warum “Bild” eine falsche Ursache zum Tod eines 14-Jährigen in Umlauf bringt. Ob er es gut findet, dass Bild.de die Beleidigung “Mongo” auf der Startseite verbreitet. Ob er es für angemessen hält, Fußballer als “Flaschen” zu bezeichnen. Wieso Bild.de auf eine gestellte Hoverboard-Explosion reinfällt. Wie Bild.de und “Bild am Sonntag” auf ihre falsche Ein-Sekunden-Theorie beim Bombenattentat auf den BVB kamen. Ob Norbert Körzdörfers Aussage tatsächlich so rassistisch ist, wie man sie verstehen kann. Oder warum Bild.de und “Bild am Sonntag” falsche Informationen über eine Frau, die im Koma liegt, veröffentlichen.

Über all das hätte Ernst Elitz in den vergangenen 100 Tagen schreiben können. Stattdessen hat er die “Bild”-Medien lieber gelobt.

Mehr über den “Bild”-Ombudsmann:

Schoßhund im Ombudsmann-Pelz

Ernst Elitz hat geschrieben. Der “Bild”-Ombudsmann, den in den ersten Tagen seiner Tätigkeit knapp 100 Anfragen erreicht haben sollen, hat heute in der “Bild”-Zeitung und bei Bild.de seinen Premierentext in neuer Funktion veröffentlicht:

Drei Themen ist Elitz nachgegangen — der Berichterstattung über Vorkommnisse in Schweden, der Berichterstattung über Dieselautos, Kommentare im Allgemeinen. Das Ergebnis: Die “Bild”-Redaktion macht einen tollen Job! Mehr noch: “Bild” ist besser als viele andere Zeitungen in Deutschland.

Punkt 1, die Berichterstattung über Vorkommnisse in Schweden. Elitz schreibt:

BILD-Leser Dietrich Eberle wirft uns nach Trumps Schweden-Rede “unterlassene Berichterstattung” vor.

Das “uns” ist schon mal ganz interessant. Und so klingt Elitz’ Antwort auch wie eine Verteidigung der “Bild”-Redaktion:

Meine Antwort: BILD hat in der Zeitung und digital mit mehreren Artikeln ausführlich informiert und Fakten gecheckt. Ergebnis: Die Kriminalität in Schweden ist seit der Flüchtlingskrise nicht gestiegen. Trotzdem gibt es Gewalt. Deshalb berichtete eine Reporterin schon zwei Wochen vor Trumps Aussagen über “No-go-Zonen” in Schweden, in denen viele Ausländer wohnen.

Also:

Mein Urteil: Die Berichterstattung war vielfältig und nicht zu beanstanden.

Klasse, “Bild”!

Punkt 2, die Berichterstattung über Dieselautos, ist dann noch harmloser. Elitz schreibt:

Leser und Dieselfahrer Frank Röhring forderte schnelle Aufklärung über die Folgen der Diesel-Fahrverbote und “Schutz für getätigte Investitionen”.

Die Antwort des Ombudsmanns:

BILD druckte gestern einen großen Report mit der Schlagzeile: “Wer Diesel fährt, ist bald der Depp.” Wo andere nur von “alten Dieselschleudern” reden, wird BILD weiter über die Probleme der Bürger berichten, deren Autos rapide an Wert verlieren und die von der Politik mit Recht einen Ausgleich fordern.

Extraklasse, “Bild”!

Und dann hat sich Ernst Elitz noch allgemein mit “Kommentaren und Formulierungen” beschäftigt:

Manche Leser sind unzufrieden mit Kommentaren und Formulierungen, die ihrer eigenen politischen Sicht zuwiderlaufen.

Auch da kann Elitz alle “Bild”-Kritiker beruhigen:

Meine Empfehlung: Jeder muss die Meinung anderer aushalten, denn das ist Voraussetzung für einen fruchtbaren Dialog. Gerade zum Genre einer Boulevardzeitung wie BILD gehört auch die Zuspitzung und die darf und muss manchmal auch wehtun.

Joar, das war’s.

Natürlich haben wir von “Bild” keine Selbstzerfleischung erwartet. Aber allein aus taktischen Gründen wäre es doch klug gewesen, zum Start der Ombudsmann-Reihe den Schein der Selbstkritik und der Unabhängigkeit von Ernst Elitz zu wahren, indem man einen Fall auswählt, über den man schreiben könnte: “Ja, gut, das ist nicht 1A gelaufen, aber da gibt es Gründe für, warum die Redaktion das so gemacht hat. Beim nächsten Mal sollte genauer berichtet werden.” Wenigstens ein kleines Bisschen so tun, als wäre man an einer Verbesserung der eigenen Arbeit interessiert. Stattdessen gibt es Lob vom vermeintlichen Kritiker.

Und es gab ja Fälle zwischen Elitz’ Ernennung zum Ombudsmann und heute, denen er hätte nachgehen können. Warum nicht mal beim zuständigen Autor anfragen, wie er darauf kommt, dass “30 Prozent aller arabischstämmigen Männer in der Hauptstadt zwei Frauen haben.” Denn die Zahl entbehrt jeder Grundlage. Oder warum nicht noch mal detailliert aufklären, wie “Bild” an die falsche (und auch völlig nichtige) Info gelangte, dass es in der Kantine des Umweltministeriums vor einer Woche keinen Fisch gab. Da hätte Elitz dann schreiben können: “Doof gelaufen. Aber immerhin hat ‘Bild’ am nächsten Tag eine Korrektur veröffentlicht.” Tut doch keinem weh. Stattdessen aber lobhudelt er wie eh und je.

Drei Gründe fallen uns ein, warum Ernst Elitz die Beispiele ausgewählt hat, die er ausgewählt hat: Entweder ist ihm nichts wirklich Problematisches in/an “Bild” aufgefallen. Oder er hat kein Interesse an wirklicher Kritik. Oder er darf nicht über wirklich Kritisches schreiben. In allen drei Fällen ist seine neue Rolle ein Witz.

Kopp Verlag, “Bild”-Ombudsmann, Klagesportgruppe Hoffmann

1. Veraltete Focus-Meldung über Sexualdelikt sorgt für Verwirrung
(freiepresse.de, Johannes Pöhlandt)
Unter der Überschrift “Kripo ermittelt wegen sexueller Nötigung” berichtet die Onlineausgabe des “Focus” über ein Sexualdelikt in einer Stadt in Sachsen. Der Haken dabei: Die Meldung ist mehr als ein halbes Jahr alt. Nach Angaben der “Freien Presse” sei es nicht das erste Mal, dass der “Focus” veraltete Polizei-Pressemitteilungen veröffentlicht hat.

2. Auf dem Heimatplaneten für rechtsextreme Ufologen
(faz.net, Rüdiger Soldt)
Dank allerlei wilder Verschwörungsliteratur und dem rechtspopulistischen Aufgreifen der Flüchtlingsthematik macht der “Kopp Verlag” mittlerweile zehn Millionen Jahresumsatz und beschäftigt 60 Mitarbeiter. “FAZ”-Autor Rüdiger Soldt zeichnet die Entwicklung des rechtsesoterischen Verlages nach und berichtet über einen der zweifelhaften Kopp-Kongresse.

3. Wie SRF-Gegner mit SRF reich werden wollen
(tageswoche.ch, Gabriel Brönnimann)
Gabriel Brönnimann findet heftige Worte für das, was gerade in der Schweizer Medienlandschaft passiere: “Von der aktuellen Schweizer Medienpolitik könnte sich manche Bananenrepublik eine Scheibe abschneiden.” Private Medienanbieter würden die Inhalte der Öffentlich-Rechtlichen kostenlos nutzen wollen. Mit der aktuellen Gesetzesvorlage sei es möglich, von der Bevölkerung per Gebühren finanzierte Inhalte auf privatwirtschaftlichen werbefinanzierten Portalen – gratis!, aber mit eigenen Werbeeinnahmen – weiterzuverbreiten. Die dahinterstehende Lobby nennt sich schönfärberisch “Aktion Medienfreiheit”.

4. Schlappe für Karl-Heinz Hoffmann
(br.de)
Der Rechtsextremist Karl-Heinz Hoffmann (Gründer der gleichnamigen “Wehrsportgruppe”) fühlte sich durch einen Bericht auf tagesschau.de verleumdet und klagte gegen den verantwortlichen NDR-Journalisten auf Unterlassung und Schmerzensgeld. Die Klage ist gescheitert: Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Sache ab. Es ist aber noch eine weitere Klage Hoffmanns gegen einen BR-Reporter offen.

5. Perfide Petition zu „Publikationsfreiheit“: Verlagslobby verleumdet Entwurf zum Wissenschaftsurheberrecht
(netzpolitik.org, Leonhard Dobusch)
Als keinen großer Wurf, aber einen Schritt in die richtige Richtung bezeichnet Leonhard Dobusch die Modernisierungsversuche des Urheberrechts im Bereich Wissenschaft und Unterricht. Umso erschütternder sei es, dass selbst diese zaghaften und vorsichtige Schritte, das Urheberrecht zumindest an Schulen und Universitäten alltagstauglicher zu gestalten, auf großen Widerstand der Verlagslobby stoßen würden. In der Petition „Publikationsfreiheit“ würden Verlage mit Alarmismus und Halbwahrheiten operieren.

6. Betr.: Zweifel an Fakten
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
“Bild” hat seit Kurzem einen “Ombudsmann”, an dem man sich wenden kann, wenn man “Zweifel an Fakten” habe. Stefan Niggemeier hat sich sofort an die Tastatur gesetzt.

Bild  

Aus Fanboy wurde Ernst. Ernst ist jetzt Ombudsmann.

Als es Ende Oktober 2010 mal wieder eng wurde für “Bild”, war Ernst Elitz direkt zur Stelle. Damals verurteilte das Amtsgericht München einen früheren Redakteur des Blatts zur Zahlung von 14.400 Euro an den Schauspieler Ottfried Fischer. Der Mann, zu der Zeit noch “Bild”-Mitarbeiter, hatte ein illegal aufgenommenes Video gekauft, das Fischer beim Sex zeigen sollte. Er meldete sich bei Fischers PR-Agentin, erwähnte das Sextape und bekam ein Exklusiv-Interview mit dem Schauspieler. Fischer wehrte sich später, sprach von Nötigung. Und das Münchner Amtsgericht gab ihm Recht. Es sah in der Erwähnung des Videos eine konkludente Drohung des “Bild”-Mitarbeiters; eine explizite Drohung, dass man die Aufnahmen anderenfalls veröffentliche könne, sei nicht nötig gewesen.

Zwei Tage später äußerte sich Ernst Elitz zu dem Urteil. Der einstige “Deutschlandradio”-Intendant kommentierte damals schon seit einiger Zeit alles Mögliche in “Bild”. Für das Urteil aus München hatte er überhaupt kein Verständnis:

Elitz schrieb:

Darf ein Journalist mit keinem mehr sprechen, über den er mehr weiß, als dem Angesprochenen lieb sein kann? Das ist bei jeder professionellen Recherche so. Das verletzt keine Grenze.

Und:

Auch mit diesem Urteil wurden Grenzen verletzt. Ein Journalist, der Betroffene mit Recherche-Ergebnissen konfrontiert, nötigt nicht. Er schafft klare Verhältnisse. Unabhängig davon, ob es um einen groß angelegten Betrugsfall oder um ein Sexvideo geht.

Der Ankauf von illegalen Aufnahmen aus dem höchstpersönlichen Bereich und das Unterdrucksetzen mit diesen Aufnahmen sei also “Profi-Recherche”, schrieb Ernst Elitz über die Methoden eines “Bild”-Mitarbeiters in “Bild”.

Zwei Jahre zuvor verteidigte Elitz schon einmal die Arbeitsweise des Boulevardblatts. Damals war er noch Intendant des “Deutschlandradios”, seine regelmäßigen “Bild”-Kommentare gab es noch nicht. Der Deutsche Presserat rügte im Dezember 2008 die “Bild”-Berichterstattung über einen Flugzeugabsturz in Nepal. Auf der Titelseite waren “verkohlte Leichen” zu sehen, im Innenteil unverfremdete Fotos von sechs der zwölf deutschen Opfer.

Ernst Elitz war zufällig Blattkritiker an dem Tag, als “Bild” über den Absturz berichtete. Damals nannte er die Aufmachung “eine akzeptable Lösung”. Als der Presserat dann die Rüge aussprach, äußerte er sich, zusammen mit Kai Diekmann, in einer Pressemitteilung des Axel-Springer-Verlags kritisch zu dieser Entscheidung und verteidigte “Bild”.

Und auch sonst gab sich Elitz stets Mühe, alles super zu finden, was die “Bild”-Zeitung so macht, und ihre Schweinereien als ganz normalen Journalismus zu bezeichnen: Die Griechenland-Hetze der Redaktion war für ihn “keine Griechenland-Hetze”, ein juristischer Sieg für “Bild” war gleich ein “Sieg für die Pressefreiheit”.

Dieser Mann, der sich gern mal an falsche oder einseitige Berichte dranhängt und wiederholt null Verständnis für Kritik an “Bild”-Methoden zeigte, ist neuerdings Ombudsmann bei der “Bild”-Zeitung. Das verkünden das Blatt …

und Bild.de

… heute stolz.

In seiner neuen Rolle soll Elitz die Schnittstelle zwischen Redaktion und Lesern sein, schreiben “Bild”-Chefredakteurin Tanit Koch und “Bild”-Oberchefredakteur Julian Reichelt:

Wir schaffen die Stelle des Ombudsmannes. Ernst Elitz ist ab sofort Ansprechpartner für Sie! (…)

Sie können ihn kontaktieren, wenn Sie Ihre politische Ansicht oder eine Debatte falsch oder verzerrt dargestellt finden. Aber auch, wenn Sie Zweifel an Fakten haben oder Fragen zu unserer Quellenlage. Er darf in Ihrem Auftrag bei uns in der Chefredaktion recherchieren, ob wir falsch gelegen haben. Wir werden keinen Einfluss auf sein Urteil nehmen und es veröffentlichen, wann immer er es von uns verlangt.

Ja, “wann immer er es von uns verlangt.” Aber dafür müsste erstmal ein Wille da sein, “Bild” kritisch zu betrachten. Zumindest bei der Nötigung von Ottfried Fischer und den “verkohlten Leichen” aus Nepal wären die Zuschriften aus Ernst Elitz’ Posteingang vermutlich direkt in den Papierkorb gewandert — war schließlich alles tiptop.

Dazu auch:

Mit Dank an Eva für den Hinweis!

Wann ist man für “Bild” ein “Deutscher”?

Es gibt Neues vom “Bild”-Verteidiger Ernst Elitz.

Screenshot BILD.de: Der BILD-Ombudsmann - Hass-Briefe an BILD

Nachdem BILD über eine mutmaßliche Vergewaltigung auf Mallorca berichtete, erhielt ich eine Vielzahl von Briefen, in denen sich Leser hasserfüllt darüber beschwerten, dass die Verdächtigen als “Deutsche” bezeichnet wurden — obwohl Namen und Aussehen auf einen Migrationshintergrund hindeuteten.

Meine Antwort: “Die Redaktion kann den Verdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft aberkennen.” Es ist nicht ihr Auftrag, die Herkunft von Menschen, über die sie berichtet, über möglichst viele Generationen zurückzuverfolgen. Wer einen deutschen Pass hat, ist ein Deutscher — auch wenn das nicht allen passt.

Für “Bild” zählt also nicht die Herkunft eines Menschen, sondern einzig und allein sein Pass?

Bullshit.

Erst vor gut einer Woche berichtete Bild.de über die mutmaßliche Vergewaltigung eines Mädchens in Herne:

Screenshot BILD.de:  Teenager (13, 14) sollen Mädchen (14) vergewaltigt haben - Das Opfer ließen sie bewusstlos in den Büschen liegen

Zu den Tatverdächtigen schrieb die Redaktion:

Die Tatverdächtigen sind libanesischer Herkunft, haben aber auch einen deutschen Pass.

Wenn nur der Pass zählt, warum dann erwähnen, dass sie “libanesischer Herkunft” sind? Und was heißt das überhaupt? Wie viele Generationen hat “Bild” diesmal zurückverfolgt?

Oder hier:

Screenshot BILD.de: Freund seiner Ex attackiert - Stalker rammt Mann Meser in Hals

H. , ein Deutscher mit kasachischer Herkunft, hatte in der Nacht zum Samstag seine Ex verfolgt, (…)

Oder hier:

Screenshot BILD.de: Artisten und Tänzerinnen ausgebeutet - Razzia in der Zirkus-Szene - Frauen sollen an Bordelle verkauft worden sein

Die Hauptbeschuldigten — ein Mann (51) aus Simbabwe und eine Deutsche (62) russischer Herkunft — wurden festgenommen.

Oder hier:

Sreenshot BILD.de: Überfall auf Villa in Sittensen - Millionär erschießt Räuber (16)

Bei dem Getöteten handelt es sich laut Polizei um einen 16-jährigen Intensivtäter. Der Deutsche albanischer Herkunft ist einschlägig bekannt.

Oder hier:

Screenshot BILD.de: 10 Millionen Dollar erzockt - Deutscher gewinnt weltgrößtes E-Sport-Turnier

Der Deutsche ist jetzt der Spieler mit den meisten Turnierpartien (202) und — allein mit Preisgeld-Einnahmen von mehr als 3,5 Millionen Dollar — der finanziell erfolgreichste E-Sportler überhaupt.

Ach, nee. Wenn es um etwas Positives geht, erwähnt “Bild” die Herkunft eines Menschen (in diesem Fall: Iran) in der Regel nicht. Dann zählt nur der Pass, dann sind sie einfach bloß: Deutsche. Dann sind sie welche von “uns”. Nur wenn sie vergewaltigen, rauben und morden, sind sie: Ausländer, die zufällig einen deutschen Pass haben.

Aber nochmal zurück zu Ernst Elitz, der ja darüber jammert, dass der “Bild”-Zeitung Hass entgegenschlage. Was Elitz natürlich nicht erwähnt und vermutlich nicht mal bemerkt: Tatsächlich hat sich die Redaktion das selbst eingebrockt. Denn der Grund für die ganze Aufregung ist ja, dass die Verdächtigen zwar Deutsche sind, nach der Meinung einiger Leserinnen und Leser aber nicht deutsch aussehen — wie zum Beispiel die Kommentare auf der “Bild”-Facebookseite zeigen:

Beitrag auf der Facebookseite von BILD: "Deutsche (18) auf Mallorca vergewaltigt: U-Haft für diese zwei Männer!" Auf dem Foto sind die beiden Verdächtigen zu sehen, nur mit einem Augenbalken unkenntlich gemacht. Den Rest ihrer Gesichter, ihre dunklen Haare, Bärte und Hautfarbe sind deutlich zu erkennen. Der Top-Kommentar unter dem Beitrag mit 2.700 Likes lautet: "Sehen ja sehr deutsch aus die beiden..."
(Augenbalken von “Bild”, alle anderen Unkenntlichmachungen von uns.)

Auch rechte Krawallschreiber wie “Tichys Einblick”, die Zweifel an der Deutschheit der Verdächtigen hegten, begründeten dies mit Fotos, die sie bei “Bild” gesehen hatten, auf denen sie “Südländer” zu erkennen glaubten.

Das konnten sie allerdings nur, weil “Bild” den Männern lediglich einen Augenbalken verpasst hatte, den Rest aber erkennbar ließ. Hätte die Redaktion die Verdächtigen — wie es auch die deutsche Rechtsprechung verlangt — komplett unkenntlich gemacht, wäre es womöglich gar nicht zu all dem Hass gekommen.

Aber eine Komplettverpixelung bekommen bei “Bild” ja traditionell nur Verdächtige, die nicht “südländisch” aussehen. Was wiederum die Frage aufwirft, ob “Bild” den Hass nicht sogar absichtlich geschürt hat. Der Frage sollte man mal nachgehen. Ernst Elitz, übernehmen Sie!

Wobei … lassen Sie’s. Die Antwort können wir uns eh schon denken.

Fotos Getöteter zeigen? Für Ernst Elitz “eine richtige Entscheidung”

E. Behrendt (“Bild”-Leser) hatte neulich eine ziemlich gute Frage:

Nach dem Mord an einer jungen Frau in Thailand schrieb Leser E. Behrendt: “Können Sie mir erklären, warum Bilder des Opfers in unverpixelter Form gezeigt werden?”

Von dieser Zuschrift berichtete “Bild”-Ombudsmann Ernst Elitz am vergangenen Samstag im Blatt und bereits am Abend zuvor bei Bild.de. Der Leser bezieht sich auf die Berichterstattung von Anfang April über den Tod einer 26-Jährigen, für die die “Bild”-Medien mehrere Fotos von der Facebookseite des Opfers genommen und ohne jegliche Unkenntlichmachung veröffentlicht haben.

Natürlich findet Ombudsmann Elitz auch für diese Schweinerei eine Erklärung, damit er am Ende seines Textes einmal mehr verkünden kann, dass die Redaktion alles richtig gemacht habe:

Hier die Erklärung: Das Foto war aus dem öffentlichen, für jeden einsehbaren Sektor von Facebook, nicht aus einer geschlossenen Community übernommen worden. Es zeigt die Frau glücklich und lebensfroh. So wie sie sich selber sah.

Die Redaktion wollte, dass sie mit dieser sympathischen Ausstrahlung und nicht als anonymes Opfer eines Verbrechers in Erinnerung bleibt. Deshalb wurde sie auf dem Foto nicht unkenntlich gemacht.

Für mich war das eine richtige Entscheidung.

Nur spielt es bei den beiden Rechten, die in solchen Fällen wichtig sind — dem Persönlichkeits- sowie dem Urheberrecht –, überhaupt keine Rolle, ob das abgebildete Opfer “glücklich und lebensfroh” aussieht oder nicht. Es ist egal, wie sympathisch dessen Ausstrahlung auf den Fotos sein mag. Nicht die ästhetische Abwägung der “Bild”-Redaktion ist bei der Frage, ob die Aufnahmen gezeigt werden dürfen, relevant, sondern die Entscheidung der Familie.

Aus Erzählungen wissen wir, dass das Zeigen von Fotos, dazu noch unverpixelt, einen zusätzlichen, tiefen Schmerz bei Angehörigen hinterlassen kann — auch wenn die Personen auf Titel- und Startseiten “glücklich und lebensfroh” ausschauen. Den Familien wird von “Bild” die Kontrolle darüber entrissen, wie ihre Söhne und Töchter wahrgenommen werden. Manche von ihnen bringen die Kraft auf und wehren sich gegen diese Methoden von “Bild”. Erst vor wenigen Monaten hatten wir über zwei Fälle berichtet. In beiden hatten die Abgebildeten eine ausgesprochen “sympathische Ausstrahlung”. Und dennoch sind die Angehörigen gegen die Veröffentlichungen vorgegangen.

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