Suchergebnisse für ‘ulrike simon’

Körperbeschimpfung, Salafistenrazzia, Olympia-Maulkorb

1. Körperbeschimpfung als Kampfmittel
(zeit.de, Catherine Newmark)
Frauen, die sich öffentlich äußern, schlägt viel Hass entgegen. Doch warum werde gerade jetzt das Klischee der hässlichen Emanze wiederbelebt, fragt Kulturjournalistin Catherine Newmark in der “Zeit”. Newmark greift Vorgänge aus der unmittelbaren Vergangenheit auf wie den Disput zwischen den Autoren Stefanie Sargnagel und Thomas Glavinic und schließt zum Ende hin mit “…es wäre von Vorteil, sich wieder mal klar zu machen, dass Feminismus und Genderforschung keine überflüssigen Hobbys gebildeter Frauen sind oder gar ein ideologischen Verblendungszusammenhang, der weltverschwörerisch an der Natur vorbeizuregieren sucht.”

2. Brexit: So haben die Zeitungen in Europa berichtet
(de.ejo-online.eu)
Das Team des “European Journalism Observatory” hat in einer aufwändigen Untersuchung die Brexit-Berichterstattung von jeweils drei Zeitungen aus elf europäischen Ländern, Russland und den USA unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Die Zeitungen hätten mit einer überwältigenden Mehrheit negativ über die Entscheidung Großbritanniens, die Europäische Union zu verlassen, berichtet.

3. Salafisten gewarnt? NP weist Vorwurf zurück
(ndr.de)
Hat die Zeitung “Neue Presse” aus Hannover beim “Deutschsprachigen Islamkreis Hildesheim” (DIK) angerufen und diesen vor einer geplanten Razzia gewarnt, wie Niedersachsen Innenministers Boris Pistorius zunächst behauptete? Die “Neue Presse” weist den Vorwurf als “falsche Anschuldigung” zurück. Der “NDR” hat über die zu Grunde liegende Thematik berichtet und mit den zuständigen Stellen gesprochen.

4. Hochkonjunktur fürs E-Paper
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
RND-Kolumnistin Ulrike Simon wundert sich, warum bestimmte Zeitungen ihre E-Paper nur über relativ kurze Zeiträume für ihre Abonnenten bereithalten. Bei der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ würden sich die digitalen Ausgaben bis maximal drei Wochen nach Erscheinen abrufen lassen, bei der „SZ“, „FAZ“, „Abendblatt“ und „Berliner Morgenpost“ sogar nur sieben Tage. Simon hat sich mit den Verantwortlichen unterhalten, die zunächst gute Gründe dafür anführen. Doch die Lage sieht wohl etwas anders aus, wie sich später herausstellt.

5. Nachrichten in Zeiten der Aufregung
(deutschlandfunk.de, Marco Bertolaso)
Der Leiter der Deutschlandfunk-Nachrichten Marco Bertolaso überlegt, wie eine Nachrichtenredaktion heutzutage mit Situationen wie dem Münchner Amoklauf umgehen kann. Es ist ein Spagat aus Eilmeldungen, Echtzeitberichterstattung und journalistischer Gründlichkeit, den Bertolaso beschreibt: “Wir müssen dem Druck der Eilmeldung widerstehen. Wir melden, was wir für bestätigt halten. Diese alte passive Tugend reicht aber alleine nicht mehr. Wir müssen uns auch aktiv daran beteiligen, Gerüchte und Unterstellungen einzufangen, bevor sie politisch-gesellschaftliche oder andere Folgen haben.”

6. Social-Media-Maulkorb: Unerlaubte Worte, Hashtags und Re-Tweets bei den Olympischen Spielen
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Bald finden die Olympischen Spiele in Rio statt. Das Internationale Olympische Komitees (IOC) hat ein Regelwerk zur Berichterstattung veröffentlicht, das “Netzpolitik”-Autor Markus Reuter zu Recht als “Social-Media-Maulkorb” bezeichnet. Der hyperaktive Markenschutz des IOCs könne das Spektakel in Rio zu einer Abmahnfalle machen. Wer mit einem Unternehmensaccount etwas über die Olympischen Spiele in sozialen Medien postet, begebe sich auf ein juristisches Minenfeld. Markus Reuter hat am Ende seines Beitrags eine kleine “olympische Übung” zusammengestellt und fragt im Rahmen eines Tests bei einigen denkbaren Konstellationen, ob erlaubt oder verboten. Ein Stück Realsatire, über das man herzhaft lachen könnte, wenn es nicht so bitter wäre.

Intransparenz, Rutschunfall, Wortallergien

1. „Honorare offenlegen!“
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Joachim Huber vom “Tagesspiegel” hat sich mit dem Justiziar des Südwestrundfunks unterhalten, der in der ARD federführend für das Rundfunkgebührenrecht zuständig ist. Es geht um den geheimnisvollen ARD-Vertrag mit Ex-Fußballprofi Mehmet Scholl. Huber erkundigt sich danach, wann die ARD die vielbeschworene Transparenz walten lasse und die Honorare ihrer Experten, Moderatoren und anderer Vertragspartner offenlege: “Ist das nicht ulkig? Ich weiß, was jeder Intendant einer ARD-Anstalt verdient, aber das Honorar für Mehmet Scholl oder Anne Will bleibt ein Sendergeheimnis.”

2. Männer machen Medien
(medienwoche.ch)
“Medienpranger.ch” versteht sich als Blog gegen sexistische Berichterstattung in Schweizer Medien. Die Autorinnen des Watchblogs haben für die “Medienwoche” einen Gastbeitrag verfasst, in dem sie ihre Motive erklären und auf typische Muster frauenfeindlicher Berichterstattung und Rollenklischees hinweisen, die sie als die Wurzel des Problems betrachten.

3. Wo war BILD?
(djv.de, Hendrik Zörner)
Auf der Ausstellungseröffnung “PresseFoto Hessen-Thüringen 2015” gab es bereits bei der Eröffnung kritische Worte über die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen von Bildjournalisten. Hendrik Zörner macht für die Abwertung des Fotografenberufs auch die “BILD” und die von ihr erfundenen “Leser-Reporter” verantwortlich. “Und die Bildjournalisten, die für BILD arbeiten? Ihre Honorare liegen bei rund 50 Euro pro Foto – eine Unverschämtheit gegenüber den fürstlichen Gagen, die die Leser-Reporter bekommen. Wie lange wollen sich die Kollegen Springers Honorarpolitik noch gefallen lassen?”

4. 10 Texte zur Journalistenausbildung – Jetzt geht es ans Auswerten
(journalist.de)
Die Branchenseite “journalist.de” und das Onlinemagazin “vocer.org” haben im Mai gemeinsam eine Serie zur Ausbildung von Journalisten gestartet. Mittlerweile sind zehn Teile zusammengekommen, in denen vor allem junge Journalisten erzählen, welche Inhalte für eine zeitgemäße Ausbildung wichtig sind. In einer Übersicht werden die Beiträge vorgestellt und verlinkt.

5. Rutschunfall bei „Netzwerk Recherche“-Recherche
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Wenn Paul-Josef Raue, langjähriger Zeitungschef, Mitverfasser des Werks „Das neue Handbuch des Journalismus“ und Autor von Artikeln wie Recherchiere immer, von der Jahrestagung des „Netzwerkes Recherche“ berichtet, bei der er selbst auf dem Podium saß, freut man sich besonders auf eine spätere Einordnung. Raue hat dies auf “kress.de” getan und dabei eine ganze Reihe von Personen genannt und zitiert, die gar nicht auf der Veranstaltung waren.

6. Noch und nöcher
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
RND-Kolumnistin Ulrike Simon leidet unter Wort-Allergien. “Content” ist eines dieser Allergene. Zum anaphylaktischen Schock kommt es bei Simon jedoch, wenn Interviewpartner nachträglich das Wörtchen “noch” einfügen.

Kriegspropaganda, Buchblogs, Pokémon Leave

1. Nach Tony Blair auch die Medien hinterfragen
(infosperber.ch, Urs P. Gasche)
Der Schweizer Journalist Urs P. Gasche geht mit dem Westen und den westlichen Medien ins Gericht. Blair und Bush hätten mit Lügen den Krieg gegen Irak entfacht und auch Schweizer Medien hätten die US-Propaganda als Tatsachen verbreitet. “In Konfliktsituationen versuchen alle Parteien, die Öffentlichkeit mit einseitigen, irreführenden und sogar gefälschten Informationen zu manipulieren. Die USA und ihre Verbündeten sind darin keinen Deut besser als etwa das Regime Baschar al-Assads oder Putins Russland.” Erhebliche Skepsis sei angebracht, so Gasche in seinem ausführlichen, mit Beispielen gespickten Artikel. Eine Skepsis, die sich im letzten Satz des Beitrags widerspiegelt: “Welche Medien haben aus der Vergangenheit gelernt?”

2. Interviewarten: Gut zu wissen, bevor man fragt
(abzv.de, Mario Müller-Dofel)
Weil manchen, vor allem jungen Journalisten die Unterschiede zwischen den Interviewarten nicht klar seien, hat Mario Müller-Dofel eine Übersicht zusammengestellt, die auch nach sachlicher und emotionaler Kommunikation der wichtigsten Arten unterscheidet. Denn ehe Interviewer sich ihre Interviewziele klarmachen, solle ihnen klar sein, welche Interviewart zum Thema und Gesprächspartner passe. Müller-Dofel macht den angehenden Journalisten zum Schluss Mut: “Augenhöhe hat nichts mit dem Alter, sondern mit Akzeptanz beim Gesprächspartner zu tun. Die können sich junge Journalisten durch eine vorausschauende, professionelle Kommunikation erarbeiten.”

3. Charta für mehr Qualität
(horizont.net, Ulrike Simon)
Auf der Jahreskonferenz des Netzwerks Recherche am vergangenen Wochenende in Hamburg haben mehrere Journalistenschulen eine gemeinsame Charta vorgestellt, mit der sie sich erstmals freiwillig auf einige Mindeststandards verpflichten. Ulrike Simon fasst in einem Kurzbeitrag die begleitende Diskussion zusammen.

4. Was lesen Buchblogger: Eine neue Analyse mit Visualisierungen und Statistiken
(lesestunden.de, Tobias Zeising)
Buchblogger Tobias Zeising hat die Rezensionsschwerpunkte von 500 Literatur- und Schmöker-Blogs ausgewertet. Als Grundlage dienten ihm von “Lovelybooks” und “Goodreads” abgeleitete Daten. Rund 65.000 Bücher flossen in die Auswertung ein. Bei den Genres lagen auf den ersten drei Plätzen Jugendbuch, Roman und Fantasy, gefolgt von Krimis und Thrillern. Zeising hat aber noch unzählige weitere interessante Dinge aus den Daten abgeleitet wie die Geschlechterverteilung, eine Hitliste der zehn von Buchbloggern meistgelesenen Büchern und viele weitere Detailfakten.

5. Was fließt hier eigentlich?
(meta-magazin.org, Axel Bojanowski)
“Spiegel Online”-Wissenschaftsredakteur Axel Bojanowski hat vor einiger Zeit einen Leserbrief erhalten, in dem es im weitesten Sinne darum ging, welche Formulierungen zur Beschreibung von wissenschaftlichen Sachverhalten angemessen sind und ob die Verwendung unscharfer Metaphern erlaubt sei. Bojanowski hat den Leserbrief ausführlich beantwortet und unter anderem festgestellt: “Ich glaube, man muss unterscheiden, ob man Wissenschaft erzählen oder darstellen will. Bei der exakten Darstellung können Metaphern hinderlich, ja destruktiv sein. Beim Erzählen müssen jedoch die Regeln guter Geschichten gelten, also Poesie, Spannung, Sprache, Assoziationen aus der Welt des Lesers, Verknüpfungen mit der Alltagswelt. Ansonsten scheitert das Erzählen, es wäre vergeblich.”

6. Datenschutzerklärung von „Pokémon Go“: Großzügige Erlaubnis zur Datenweitergabe an staatliche Stellen
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz)
Obwohl Nintendos Handy-Spiel “Pokémon Go” in Europa noch nicht offiziell in den App-Stores verfügbar ist, gibt es im Netz bereits unzählige Berichte und Screenshots des gefeierten Augmented-Reality-Games. “Netzpolitik.org” gibt zu bedenken, dass sich die Betreiber weitreichende Rechte zur Datenübertragung einräumen lassen. Auch Heise-Security-Autor weist in seinem Beitrag Pokémon Go greift sich alle Google-Rechte darauf hin, dass die App alle Mails lesen, auf Daten im Google Drive zugreifen und selbst Mails im Namen des Nutzers verschicken kann.

Demontage, Blamage, Hommage

1. „In welcher Welt lebt Björn Höcke eigentlich?“
(handelsblatt.com, Dietmar Neuerer)
Thüringens AfD-Fraktions- und Landeschef Björn Höcke hat seiner Partei angesichts des Führungsstreits die Empfehlung gegeben, gegenüber Pressevertretern keinerlei Erklärungen mehr abzugeben. Er nannte es “ein grundsätzliches und allgemeingültiges Pressemoratorium”. Der Chef des Journalistenverbands Frank Überall erklärte dem “Handelsblatt” gegenüber: “In welcher Welt lebt Björn Höcke eigentlich? Ein Pressemoratorium ist zum einen mit dem verfassungsmäßigen Auftrag der Parteien zur politischen Willensbildung unvereinbar, zum anderen halten das die AfD-Politiker doch gar nicht durch.” “Handelsblatt”-Reporter Dietmar Neuerer fasst den Selbstzerfleischungsvorgang der AfD zusammen, einschließlich des genauen Zeitablaufs.

2. Türkische Journalisten: Gegen die Schere im Kopf
(ostpol.de, Cicek Tahaoglu)
Die Journalistin Cicek Tahaoglu ist Redakteurin beim unabhängigen türkischen Portal „Bianet“ und beobachtet bei sich und Kollegen eine fortschreitende Selbstzensur. “Das passiert sogar mir, aber bei Bianet motivieren wir uns, mutig zu sein. Wenn ich merke, dass ich mich selbst zensiere, frage ich mich, was ich tue und korrigiere meine Fehler. Aber die sogenannte Schere im Kopf ist nicht verwunderlich, schließlich kann alles, was du schreibst, gegen dich verwendet werden.”

3. Vertrauen zur NZZ – und Tausende Franken sind weg
(infosperber.ch, Christian Müller)
Eine ganzseitige “NZZ”-Eigenanzeige bewarb ein von einem österreichischen Reisebüro durchgeführtes Opern- und Musicalarrangement. 15 NZZ-Abokunden haben sich für den Musikabend entschieden, der mit einem Preis von 4.263 Euro nicht ganz billig war. Nun ist der Veranstalter pleite und das Geld der Leser wohl futsch. Juristisch sei im vorliegenden Exklusiv-Kultur-Empfehlungsdebakel die NZZ natürlich nicht haftbar, schreibt Christian Müller. Doch ganz wohl ist ihr wohl auch nicht. Man will den LeserInnen deshalb zur Entschädigung (“zusätzlich zu den Anstrengungen…”) ein Jahr lang kostenlos die NZZ zustellen und je zwei Tickets für das Opernhaus Zürich “offerieren”.

4. „Lügenpresse“: Worum geht es hier eigentlich?
(telemedicus.info, Simon Assion)
Simon Assion ist Rechtsanwalt und Mitgründer des juristischen Internetprojekts “Telemedicus”. In einer längeren Stellungnahme setzt er sich mit der Fundamentalkritik des “Lügenpresse”-Begriffs auseinander. Er geht darin auch auf das Auslassen von Informationen ein, das oftmals kritisiert wird und weist darauf hin, “dass Medienunternehmen und Journalisten zu Recht auch dafür Verantwortung übernehmen, welche Folgen ihre Berichte auslösen. Und dies gilt eben nicht nur für Selbstmorde, sondern – in Abstufungen – auch für die Berichterstattung über bestimmte Volks- oder Religionsgruppen. Und ganz allgemein für die Berichterstattung über hass- und angstgetriebene Themen wie z.B. Vergewaltigungen.”

5. Die Verabredung, sich öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu leisten, gilt für viele offenbar nicht mehr.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Jedes Jahr gibt es im ZDF das berühmte Sommer-Interview mit Spitzenpolitikern. Die Gesprächsreihe hat Tradition und geht auf die Sendung “Bonn direkt” in den 1980er Jahren zurück. Seit einiger Zeit liegt das Interview in Echtgrünkulisse in den Händen von Bettina Schausten und Thomas Walde. “Welche Absprachen gibt es dabei? Warum gibt Angela Merkel kein Interview in ihrem Wahlkreis? Und warum hat das ZDF noch nie Edward Snowden interviewt?” Jakob Buhre von “Planet Interview” hat den Spieß umgedreht und die Interviewer interviewt.

6. Zum 70. Geburtstag von Stefan Aust. Ein Nachtrag
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Stefan Aust war lange Jahre Chefredakteur des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel”, seit 2014 ist er Herausgeber der Tageszeitung “Die Welt”. Zu seinem 70. Geburtstag hat er auf sein Gestüt eingeladen (Aust gilt als passionierter Pferdezüchter). Medienkolumnistin Ulrike Simon ist es gelungen, ein Exemplar der achtseitigen Sonderausgabe der „Welt“ zu ergattern, die man für den Jubilar erstellt hat. Als „Hommage an einen Aufrechten“… Im Buzzfeed-Stil führt sie einige der Highlights auf: “Diese 14 Zitate verraten Ihnen, wie Stefan Aust wirklich ist”.

Prestigefrage, Frauenfrage, Haltungsfrage

1. Justiz blockt Neonazi-Watchblog
(tagesspiegel.de, Matthias Meisner)
Der “Tagesspiegel” berichtet über das Neonazi-Watchblog “Störungsmelder”, das seit neun Jahren bei den Kollegen von der “Zeit” gehostet werde. Dort würde fortlaufend über die rechte Szene berichtet, auch wenn sie mal nicht im Fokus der Öffentlichkeit stünde. Zuletzt beispielsweise über einen “Identitären”-Aufmarsch in Berlin, Verbindungen von Russlanddeutschen zur extremen Rechten und eine Sonnenwendfeier im schwäbischen Landkreis Neu-Ulm. Doch die “im besten Sinn journalistische Arbeit” hätte einen empfindlichen Dämpfer bekommen: Das Verwaltungsgericht Augsburg sehe im “Störungsmelder” kein Presseorgan und habe deshalb einem der Autoren die Auskunftsrechte gegenüber Behörden verweigert.

2. Benjamin Carter Hett: “Für den Spiegel ist das eine Prestigefrage”
(wolfgangmichal.de)
Das neue Buch des US-amerikanischen Historikers Benjamin Carter Hett über den Reichstagsbrand stellt die These vom Einzeltäter in Frage. Diese sei in den fünfziger Jahren vom “Spiegel” in die Welt gesetzt worden, so Wolfgang Michal auf seiner Seite. Nun ducke sich der “Spiegel” weg und sähe keinen Grund zur Selbstkorrektur. Während Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust in der “Welt am Sonntag” fünf Druckseiten für Hetts Buch freigeräumt hätte, sei es dem “Spiegel” bis heute keine Zeile wert. Wolfgang Michal hat mit dem Autor über die Gründe gesprochen und ihn nach den Ergebnissen seiner Recherchen gefragt.

3. Hartmut Schneider: „Blessuren gelten als Statussymbol“
(augenzeugen.info, Frank Überall)
Seit Jahren hält Hartmut Schneider photographisch Aufmärsche und Veranstaltungen von Neonazis fest – zu journalistischen, aber auch zu Dokumentationszwecken. Frank Überall hat ihn im Interview u.a. gefragt, warum er so viel Zeit auf solchen Veranstaltungen verbringen würde, auch wenn damit meist kein Geld zu verdienen sei. Schneider berichtet von aus dem Ruder gelaufenen Demos der Rechtenszene und erklärt, warum Deeskalation aus seiner Sicht nicht immer das Mittel der Wahl ist. So wünscht er sich zum Beispiel ein schnelleres und beherzteres Eingreifen den Polizei: “Ich habe in meiner langen Tätigkeit noch nie beobachtet, dass ein rechtsextremistischer Störer einen Platzverweis erhielt. Dagegen werden mir regelmäßig Platzverweise angedroht, weil ich angeblich die Arbeit der Polizei störe.”

4. Die FAZ, Jürgen Kaube und die Frauen
(www.rnd-news.de, Ulrike Simon)
Jürgen Kaube ist einer der vier Herausgeber der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” und dort zuständig für das Feuilleton. RND-Autorin Ulrike Simon wirft Kaube in ihrer neuesten Kolumne vor, ein Problem mit Frauen zu haben. Konkreter Anlass ist die Versetzung einer Redakteurin. Ulrike Simon hat sich im Hintergrund umgehört und spekuliert über die Gründe.

5. ROG-Korrespondent freigelassen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Erol Önderoglu, seit 20 Jahren Korrespondent und Repräsentant von “Reporter ohne Grenzen” in Istanbul, wurde am 20. Juni zusammen mit anderen Menschenrechtsverteidigern verhaftet. Der Anlass: Önderoglu hatte sich an einer Solidaritätsaktion für die pro-kurdische Zeitung “Özgür Gündem” beteiligt. Nun ist er auf Anordnung eines Istanbuler Gerichts freigelassen worden. Die Anschuldigungen wegen angeblicher “Terrorpropaganda” würden aber weiterhin aufrechterhalten.

6. Michael Jackson und die Kinder
(perlentaucher.de, Thomas Groh)
Das amerikanische Klatsch- und Schmuddelmagazin “RadarOnline” hat den Polizeibericht der Hausdurchsuchung bei Michael Jackson aus dem Jahr 2003 veröffentlicht. “RadarOnline” würde unterstellen, es seien üble Bilder missbrauchter Kinder aufgefunden worden. Deutsche Medien wie die “Deutsche Welle” oder der “Rolling Stone” hätten die Meldung ungeprüft übernommen. Es handele sich jedoch bei den im Polizeibericht aufgeführten Büchern um bei Online-Buchhändlern frei verfügbare und keineswegs justiziable Werke. Thomas Groh dazu in seinem Schlussabsatz: “In erster Linie ist diese ganze Angelegenheit vor allem ein Lehrstück über journalistische Kultur im Zeitalter potenzierter Empörungswilligkeit. Es zeigt sich, mit welchen kleinen semantischen Verschiebungen sich ein Maximum an öffentlicher Welle hervorrufen lässt. Wer der Ansicht ist, dass die Behörden bei Michael Jackson Folter- und Missbrauchsmaterialien gefunden hat, geht seiner eigenen voyeuristischen Fantasie und der eigenen spekulativen Lust auf den Leim.”

7. Offener Brief an die AfD Bayern
(facebook.com, Lorenz Meyer)
Ausnahmsweise heute ein siebenter Link: Der in seiner Niedertracht schwer zu ertragende Facebook-Post der AfD-Bayern und die Antwort des BILDblog-6vor9-Kurators darauf.

Flüchtlingszitat, #keinZwerg, ARD-Idiotien

1. Vergleichsweise kriminell: Das Flüchtlingszitat des Innenministeriums
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat in der vergangenen Woche erstmals bundesweit erhobene Daten zu Straftaten von Zuwanderern veröffentlicht. In dem Zusammenhang fiel die Äußerung: „Zuwanderer sind nicht krimineller als Deutsche.“, was jedoch nicht aus den Zahlen des BKA-Berichtes abgeleitet werden könne, so Medienjournalist Stefan Niggemeier auf “Übermedien”. Vermutlich sei die Aussage nicht einmal richtig, werde aber ungeprüft von vielen Medien verbreitet. Niggemeier rätselt über die Motive und fragt sich und die Leser: “Ist das die Nachrichtenroutine, in der ein korrektes Zitat erst einmal ein korrektes Zitat ist, auch wenn es inhaltlich nicht korrekt ist? Oder spielt dabei ein Wunsch der Journalisten eine Rolle, solche eine positive Nachricht zu verbreiten?”

2. Matthias Matussek und andere Leidensgenossen
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Ulrike Simon beschäftigt sich mit den Meldungen eines Branchendienstes, der jüngst bei Springer unrühmlich ausgeschiedene Matthias Matussek und sein umstrittener Anwalt Joachim Steinhöfel könnten eine Videokolumne bekommen: ausgerechnet bei einer zum Springer-Kosmos gehörenden Webseite. Eine etwas voreilige Meldung, denn dort ist man mittlerweile zurückgerudert. Ulrike Simon schreibt: “Matussek bleibt vorerst die „Weltwoche“, bei der ihn Roger Köppel als regelmäßiger Autor engagiert hat, und Steinhöfel lässt sich entweder auf der illustren Seite „Achse des Guten“ oder gleich im eigenen Blog aus, wo er mal dem „Welt“-Vize Ulf Poschardt unterstellt, geistige Miniaturen zu verfassen oder einen anders als er denkenden Redakteur der „Süddeutschen“ einen „gemütsverrotteten Spitzbuben“ nennt. Es ist also jeder da, wohin er gehört.”

3. Kleiner Mann – und nun? #KeinZwerg
(leidmedien.de, Lilian Masuhr)
Anlässlich des Todes des Schauspielers Michu Meszaros, der im Kostüm des TV-Außerirdischen “Alf” steckte, hat die “SZ” eine betextete Bilderstrecke über “Kleinwüchsige in der Showbranche” veröffentlicht. Einige der Formulierungen des “Lobs auf die menschliche Verschiedenheit” sorgten sowohl bei Betroffenen als auch Nicht-Betroffenen für Kritik. “Leidmedien” schreibt, was genau an den Sätzen als störend empfunden wird. Mittlerweile hätte sich auch der Autor des Ursprungsartikels mit einer Leserbriefantwort gemeldet. Wie viel von der Eigenbeschreibung “Lernt viel und gern und von jedem immer was dazu.” zutreffend ist, muss dabei jeder selbst entscheiden.

4. Will they stay or will they go? Brexit und die Medien
(carta.info, Fridtjof Küchemann)
Nina Trentmann arbeitet als Korrespondentin in London und verfolgt mit besonderem Interesse die Medienberichterstattung über das Referendum, den sogenannten “Brexit”. Was sie immer wieder wundere: Die klar erkennbare Parteinahme führender britischer Blätter und Sender. Dies sei in Wahlzeiten so, wo die führenden Blätter sogar Wahlempfehlungen abgegeben hätten und wiederhole sich nun beim Brexit. Einer Studie des “Reuters Institute for the Study of Journalism” zufolge herrsche bei den führenden Medien des Landes eine Präferenz für den Brexit.

5. „Österreich” hat eine kriminelle Dauerexplosion
(kobuk.at, Martin Straudi & Gabriele Scherndl)
Das Medienwatchblog “Kobuk” kritisiert die Panikmache des Gratisblatts “Österreich”. Obwohl die Kriminalstatistik das Gegenteil belege, werde Österreich in „Österreich” immer gefährlicher. In einer Chronologie der Kriminalberichterstattung zeigt man einige Beispiele für die reißerische Berichterstattung des Blatts.

6. “Beckmanns Sportschule”: Wie viele Idiotien soll diese Welt noch aushalten?
(spiegel.de, Jürgen Roth)
Die ARD-Sendung “Beckmanns Sportschule” sorgt allerorten für Entsetzen und Verstörung. Auch Schriftsteller Jürgen Roth hat entsprechende Erfahrungen gemacht und schreibt auf “Spiegel Online”: “Der peinliche, das Laienschauspiel im läppisch-jovialen Zwinkerzwinkertonfall krönende Plauderoheim Reinhold Beckmann tapert mit seinen Gästen durch Gänge und Treppenhäuser, und irgendwann krault Horst Hrubesch auf der Couch im “Bernsteinzimmer des deutschen Fußballs” den zehnjährigen (ja, das erfahren wir) Hund des Moderators, der gestern ausgiebig übers pittoreske Gelände strolchen durfte. Das haben sie sich beim Sat.1-Frühstücksfernsehen abgeguckt, allwo jahrelang ein Mops herumhoppelte. Hier, in dieser “etwas wahnsinnigen Männer-WG” ist nichts mehr zu retten.”

Rechtsausleger, Vergesslichkeit, Sakrilegebatterie

1. Wie reaktionär hätten Sie’s denn gerne?
(carta.info, Philip Sarasin)
Der Historiker Philip Sarasin von der Universität Zürich beschäftigt sich mit der traditionsreichen Schweizer Tageszeitung “NZZ”. Seine Analyse: “In letzter Zeit musste man zur Kenntnis nehmen, dass die NZZ sich kaum mehr gegen politische und intellektuelle Strömungen weit rechts im politischen Spektrum abgrenzen mag. Der Ton wird rauer, die Fronten härter. NZZ-Autor Heribert Seifert mimt derweil das liberale Mediengewissen”. Die “NZZ” müsse sich fragen lassen, ob sie zum Sprachrohr von Positionen werden wolle, die bislang als rechtsextrem galten.

2. Springer und die Türkei
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
“Einst wollte Springer groß in den türkischen Medienmarkt einsteigen. Was ist daraus geworden? Und was hat das mit Döpfners Kampfansage gegen Erdogan und Diekmanns Engagement bei “Hürriyet” zu tun?”, fragt sich “RND”-Medienkolumnistin Ulrike Simon. Der aktuelle Quartalsbericht werfe weitere Fragen nach Springers Türkei-Strategie auf.

3. Google kämpft mit Frankreich um Privatsphäre
(faz.net, Jonas Jansen)
Die französische Datenschutzbehörde “CNIL” besteht im Rahmen des “Recht auf Vergessenwerden” darauf, dass Google monierte Suchergebnisse nicht nur in der EU, sondern weltweit löscht. Google wehrt sich mit einer Klage und argumentiert damit, dass ein Land keine Gesetze für andere Länder schaffen dürfe. Jonas Jansen von der “FAZ” berichtet über den derzeitigen Stand des Konflikts und liefert einige interessante Zahlen über die Entwicklung der Löschanfragen.

4. Journalisten, warum denkt Ihr nicht an Eure Nutzer?
(vocer.org, Lina Timm)
Die Meinungen gehen auseinander, was Journalisten können müssen. Die einen sehen den Journalisten ausschließlich als “Vertreter der schreibenden Zunft”. Andere erwarten den medialen Tausendsassa, der nicht nur schreiben, sondern auch programmieren, filmen und schneiden kann. Lina Timm macht sich Gedanken über das wandelnde Berufsbild und plädiert für Offenheit gegenüber den Möglichkeiten der Technik. Aber nicht um jeden Preis: “Technologie umarmen, statt vor ihr wegzulaufen. Dafür muss jetzt kein Journalist coden lernen. Das ist völliger Quatsch, dann müsste ja auch jeder Coder, der im Newsroom arbeitet, lernen, Geschichten zu erzählen. Aber wir müssen uns verständigen können.”

5. Darf man investigativen Journalismus kritisieren oder ist das ein Sakrileg?
(wolfgangmichal.de)
Wolfgang Michal stellt die rhetorische Frage, ob es nicht mehr erlaubt sei, investigativen Journalismus zu kritisieren. Anlass sind ihm die sogenannten “Panama Papers”. Kollegen, die es wagen, die Fleißarbeit der SZ und die, wie er findet, pompöse Inszenierung des eingesandten Materials etwas tiefer zu hängen, würden ausgegrenzt oder zu Feinden erklärt werden. Michal macht bei der Kritik an der Art und Weise des Umgangs mit den Panama Papers vier zentrale Punkte auf. Sie betreffen die Quelle, das Material, die Auswertung und das internationale Journalisten-Konsortium.

6. Dieses ganze spannende Leben auf DIN A5
(uebermedien.de, Peter Breuer)
Werbetexter und geistreiches Vorbild ganzer Twitter-Generationen Peter Breuer geht für “Übermedien” gelegentlich zum Bahnhofskiosk und zieht irgendeine beliebige Zeitschrift aus dem Regal. Als Besprechungsobjekt! Seine Rezension von “Reportagen” ist jetzt auch für Nicht-Abonnenten frei lesbar. PS: Breuer ist sehr angetan von dem Magazin mit den langen Lesestücken.

Facebook-Auswahl, “Stern”-Wehmut, Journalisten-Marken

1. Facebook news selection is in hands of editors not algorithms, documents show
(theguardian.com, Sam Thielman, englisch)
Anfang der Woche veröffentliche “Gizmodo” eine Recherche, die Facebook vorwarf, bei der Auswahl der “Trending Topics” bewusst konservative Quellen zu unterdrücken. Das Dementi folgte umgehend, doch die Diskussion riss seitdem nicht ab. Kluge Journalisten schrieben kluge Essays über die gesellschaftliche und journalistische Verantwortung des Sozialen Netzwerks, in der Sache stand aber weiter die Aussage von Facebook gegen die Aussage von ehemaligen Angestellten. Jetzt hat der “Guardian” Dokumente geleakt, die erstmals einen Einblick in die Blackbox Facebook geben und zeigen, nach welche Kriterien dort Nachrichten gewichtet werden. Die prompte Reaktion von Facebook kann man wiederum bei “The Next Web” nachlesen.

2. Werberat kritisiert Missbrauch der Flüchtlingsdebatte sowie Seximus
(horizont.net, Jessica Becker)
Als Bundesjustizminister Heiko Maas sagte, er wolle sexistische Werbung verbieten lassen, war der Aufschrei groß. Die Rügen des deutschen Werberats — genauer gesagt: die gerügten Objekte — zeigen, warum das vielleicht doch eine ganz gute Idee sein könnte. Ungewöhnlich: Neben drei Motiven, die Frauen auf ihre Sexualität reduzieren, traf es auch ein Unternehmen wegen “männerherabwürdigender” Werbung.

3. “Stern”: Abschied mit Wehmut
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Das Berliner Büro des “Stern” zieht um: Raus aus dem Spreepalais mit Dachterrasse, rein in ein neues Gebäude in der Friedrichstraße. Ulrike Simon besucht die Abschiedsfeier — und sieht ein Ereignis mit Symbolcharakter: “Der Umzug ist nicht nur ein Umzug. Er ist das äußere Zeichen für das, was die ‘Stern’-Leute innerlich umtreibt. Es ist der Bedeutungsverlust, sowohl der des Magazins als auch der eigene, und es ist die Befürchtung, dass das mit den Anzeigen und der Auflage nicht besser wird, dass das immer so weitergeht.”

4. Meinungsbildung: Fernsehen vorne, Internet holt auf
(dwdl.de, Alexander Krei)
Das Fernsehen deutlich vor dem Internet, der Zeitung und dem Radio, Zeitschriften unter ferner liefen. In dieser Reihenfolge tragen Medien zur Meinungsbildung der Deutschen bei. Das behauptet jedenfalls eine Studie der Landesmedienanstalten. Während die Bedeutung von Printmedien stetig abnimmt, bleibt den Verlagen zumindest ein kleiner Trost: “Bezogen auf die Gesamtbevölkerung liegen Web-Angebote von Zeitungen auf dem ersten Platz der informierenden Mediennutzung im Internet, gefolgt von E-Mail-Portalen (12,8 Prozent) und Web-Angeboten von Zeitschriften (11,8 Prozent). Sie alle landen noch vor Facebook, das auf 10,8 Prozent kommt.”

5. Zukunft der Journalistenausbildung: Lernen, wie der Markt tickt
(vocer.org, Julian Heck)
“Journalisten müssen zur Marke werden.” Es soll Journalisten geben, die bei diesem Satz nur noch genervt mit den Augen rollen. Julian Heck gehört offensichtlich nicht dazu — und erklärt, warum Berufsanfängern seiner Meinung nach nicht nur journalistisches Handwerk, sondern auch Unternehmertum vermittelt werden sollte.

6. Du wirst nicht glauben, wie einfach Clickbaitern das Handwerk gelegt werden kann
(jetzt.de)
Zugegeben: Die Idee ist nicht neu, Twitter-Accounts wie @SavedYouAClick machen sich seit langem über reißerische Teaser lustig und fassen den großspurig angekündigten Inhalt mit wenigen Worten zusammen. Trotzdem ist es eine gute Nachricht, dass mit “Stop Clickbait” jetzt auch eine Facebook-Seite zeigt, wie armselig und absurd das Prinzip von “Heftig” und Co. ist. Vielleicht gibt das zumindest ein paar vermeintlich seriösen Medien zu denken, ob ein bisschen weniger Aufgeregtheit nicht manchmal mehr wäre.

Senderwende, Ikonographische Wende, VG-Wort-Wende

1. Medienanstalt stoppt Radio für Flüchtlinge
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Wie eine gute Idee manchmal versandet bzw. rigide abgewürgt wird, erzählt Ulrike Simon in ihrem Artikel über das geplante und nun doch nicht zu Stande kommende Integrationsradio für Flüchtlinge. Im vorigen Jahr hätte der frühere Deutsche-Welle-Programmchef vom Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), den Auftrag bekommen, über ein Flüchtlingsradio nachzudenken. Das Konzept hätte gestanden, alle Parameter gestimmt, doch dann kam die überraschende Wende: Der Medienrat entschied, das Projekt zu beerdigen. Den Grund dafür soll Ulrike Simon nicht nennen. Sie tut es dennoch: “Immer wieder, mit wem ich auch sprach, bekam ich zu hören: Die Stimmung habe sich gedreht, das gesellschaftliche Klima habe sich verändert, seit dem 31.12. sei die Welt eine andere, die Euphorie verflogen, die Willkommensbereitschaft vorbei, man denke bitte an Köln, an Brüssel…”

2. Online-Leser wollen längere Storys und weniger Listen
(de.ejo-online.eu, Scott Maier)
Das American Press Institute (API) hat in einer Studie das Nutzerverhalten von Online-Lesern unter die Lupe genommen. Mehr als 400.000 Artikel von 55 Publikationen hat man analysiert. Dabei sei die gängige Annahme, dass Journalisten sich für Online kurz und für mobile Plattformen noch kürzer fassen sollten, widerlegt worden. Die Ergebnisse der Studie hätten gezeigt, dass Online-Leser mehr wollen als Geschichten über Stars und Sternchen, kurze Meldungen ohne Tiefgang und die beliebten “Listicles”.

3. Geschichten eines Bilderstürmers
(zeit.de, Uwe Jean Heuser)
Der 32-jährige Gründer des Foto-Netzwerks Instagram Kevin Systrom kann auf eine einzigartige Erfolgsgeschichte zurückblicken: Innerhalb weniger Jahre ist Instagram die führende Plattform zum Teilen von Fotos geworden. Und Facebook blätterte vor wenigen Jahren die stolze Summe von einer Milliarde für das Bildernetz hin. In London sprach Systrom nun von der “ikonographischen Wende”. Täglich 80 Millionen Bilder würden täglich auf Instagram gespeichert. “Dass wir diese Momente hochauflösend aufnehmen und für immer speichern können, wird wichtiger sein für die Menschheitsgeschichte als die Erfindung der Schriftsprache.” Systrom glaube, dass die Erinnerungen der Menschen künftig nicht mehr aufgeschrieben, sondern abgebildet werden. “Wir waren immer eher visuelle als sprachbezogene Wesen.” (Leider hat man den Digitalbildrevolutionär und visionären Schriftsprachenablöser nicht gefragt, wieviel Prozent der täglichen Instagram-Bilder auf Duckface-Selfies und Foodfotos entfallen.)

4. BGH kippt VG-Wort-Ausschüttung
(faz.net)
Der Bundesgerichtshof hat gesprochen: Die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort darf keine Einnahmen aus Urheberrechten mehr an die Verlage ausschütten. Das Geld stehe nach derzeitiger Gesetzeslage ausschließlich den Autoren zu. Vor allem kleine Verlage trifft der Urteilsspruch, freuen können sich die Autoren, die nun eventuell sogar rückwirkend Ansprüche auf Nachzahlungen geltend machen können. Doch das Urteil könne auch Auswirkungen für die Vielfalt der Angebote journalistischer Aus- und Weiterbildung haben.

5. Der Hass im Netz – und was dagegen zu tun ist
(carta.info, Ingrid Brodnig)
Montag erscheint Ingrid Brodnigs Buch „Hass im Netz. Was wir gegen Hetze, Mobbing und Lügen tun können. Auf “Carta” gibt es eine gekürzte und leicht abgeänderte Fassung des Kapitels „Hass als Instrument“, in dem sie auch auf die Facebook-Thematik eingeht: “Würde Facebook allein jene Wortmeldungen löschen, die strafrechtlich relevant sind oder gegen die eigenen Regeln des Netzwerks verstoßen, wäre die Situation schon deutlich besser als bisher. Facebook hingegen betont gerne, wie wichtig Widerrede („Counter Speech“) sei – also dass Menschen gegen hasserfüllte Rede das Wort ergreifen. Das stimmt. Es braucht aber beides: Mutige Bürger und Webseitenbetreiber, die sie vor den schlimmsten verbalen Übergriffen oder gar Bedrohungen schützen.”

6. Wutdruck
(sueddeutsche.de, Viola Schenz)
Das konservative britische Wochenmagazin “The Spectator” ruft seine Leser auf, Schmähgedichte auf den türkischen Präsidenten einzusenden – “so schmutzig und beleidigend wie möglich”.

Merkels Geschwafel, Hundepimmel Diekmann, umgefallener Reissack

1. “Washington Post” schimpft über “Merkels Geschwafel”
(welt.de)
Die Herausgeber der “Washington Post” haben scharfe Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkels Haltung im Fall Böhmermann geübt. Das deutsche Gesetz, das ausländischen Staatsführern erlaube, Kritiker in Deutschland zu verklagen, sei anachronistisch und müsse abgeschafft werden. Und: “Merkels Geschwafel ist dazu angetan, Erdogan und andere Regime, die kritische Äußerungen sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Grenzen unterdrücken wollen – China kommt uns in den Sinn –, zu ermutigen”.

2. TITANIC-Super-Scoop: Das erste Interview mit Böhmermann-Interviewer Kai Diekmann!
(titanic-magazin.de)
Fake vs Fake: Der Titanic ist es gelungen, den Böhmermann-Interviewer Kai Diekmann zu interviewen. “Lieber Hundepimmel, sämtliche deutsche Prominente außer Ex-Papst Benedikt, Affe Charly, die aktuelle Schwiegermutter von Lothar Matthäus und Hans-Dietrich Genscher haben sich bereits zum Fall Böhmermann geäußert. Nun also auch noch Sie – mit einem peinlichen Fake-Interview, das nicht mal “Meedia” gefällt. Wozu die Scheiße?”

3. ZDF-Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft Mainz
(presseportal.zdf.de)
Das ZDF hat eine Stellungnahme zum Ermittlungsverfahren gegen Jan Böhmermann abgegeben. Man stützt sich dabei auf ein Rechtsgutachten, das zum Ergebnis gekommen sei “dass die in Rede stehende Sequenz einschließlich des so genannten “Schmähgedichts” rechtlich zulässig war und daher die Grenzen zur Strafbarkeit nicht überschritten worden sind. Die grundgesetzlich garantierte Satirefreiheit umfasse gerade im Zusammenhang mit Angelegenheiten von öffentlichem Interesse auch den Einsatz grober Stilmittel…” Trotzdem sah sich das ZDF augenscheinlich genötigt, sich vom Gedicht abzugrenzen. Es entspreche nicht den “Qualitätsansprüchen und Regularien des ZDF”.

4. “Eine Kritik aus Deutschland ist für Erdogan Gold wert”
(heise.de, Gerrit Wustmann)
Baris Uygur, Mitgründer des türkischen Satiremagazins “Uykusuz”, im Interview über Erdogan gegen Böhmermann und die Lage der Satire und der Medien in der Türkei. “Außerdem braucht Erdogan Feinde. Er bekämpft die Opposition, die Journalisten, Künstler, Satiriker nicht aus Angst. Es wäre falsch, sehr falsch, das so zu verstehen. Er hat keine Angst. Im Gegenteil. Jede Kritik an seiner Person ist für ihn eine willkommene Gelegenheit, Angst zu verbreiten. Und seine Anhänger glauben ihm. Eine Kritik aus Deutschland ist für ihn Gold wert. Seine Anhänger sind anfällig für Verschwörungstheorien. Wenn er sagt, Deutschland oder die USA würden eine gezielte Kampagne gegen ihn führen, dann verfängt das bei seinem Publikum.”

5. Konzern gerät durch Parteispenden unter Rechtfertigungsdruck
(horizont.net, Ulrike Simon)
Die Funke Mediengruppe (früher “WAZ-Gruppe”) ist das drittgrößte Verlagshaus Deutschlands und einer der größten Regionalzeitungsverlage Europas. Sie verlegt in Deutschland 12 Tageszeitungen, mehr als 170 Publikums- und Fachzeitschriften, über 70 Anzeigenblätter sowie 400 Kundenzeitschriften und besitzt eine Reihe von Großdruckereien. Nun stellt sich heraus, dass die Mediengruppe 15.000 Euro an die CDU überwiesen hat. Dies sei besonders unangenehm für die Journalisten der Zeitungen, von “WAZ” bis “Hamburger Abendblatt”, von “Berliner Morgenpost” bis “Braunschweiger Zeitung”. Diese würden nun betonen, trotz der Parteispende ihres Unternehmens parteipolitisch unabhängig arbeiten zu können.

6. +++ EIL +++ In China ist ein Sack Reis umgefallen +++ EIL +++
(udostiehl.wordpress.com, Udo Stiehl, Jost Langheinrich & Steffen Wurzel)
Die Sondersondersendung zum umgefallen Reissack in China. Natürlich mit Live-Schaltung und ARD-Experten!

Kaufjournalismus, Kinoflops, Kifferbombe

1. „Grundsätzlich geht alles“
(taz.de/Morgane Llanque)
“Vice” bietet sein Online-Frauenmagazin “Broadly” nun auch in Deutschland an. International will man sein und in Vice-typischer „junger“ Tonart über Tabuthemen wie Abtreibung und Menstruation schreiben. Morgane Llanque ordnet den Start des in den USA von erstaunlich vielen Männern gelesenen Angebots ein und kommt zum Schluss: “Wenn Broadly es schafft, auch in Deutschland mehr Männer für feministische Themen zu interessieren, wäre allein diese Tatsache ein Gewinn.”

2. Das eigentliche Problem mit dem Pressekodex
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Die „Tagesschau“ verbreitet Irreführendes von „Bild“-Chefin Tanit Koch, mancher Journalist ist offensichtlich überfordert, und die „Rhein-Zeitung“ ärgert sich in Wahrheit über die Polizei, so Ulrike Simon in ihrem Beitrag über die Entscheidung des Presserats in Sachen Herkunftsnennung. Am Ende kommt die Autorin zur ernüchternden Feststellung: “Die ganzen Debatten um Ziffer 12.1 hätte man sich sparen können. Sie haben das tatsächliche Problem weder erkannt noch gelöst.”

3. Ehemaliger NDR-Redakteur erhält Bewährungsstrafe
(dwdl.de, Andre Gärisch)
Ein EX-NDR-Journalist ist vom Landgericht Kiel wegen Bestechlichkeit in 77 Fällen zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er soll Verbänden und Firmen vorgetäuscht haben, er könne ihre Interessen in Sendungen wie dem “Schleswig-Holstein-Magazin” geltend machen und Sendezeiten beschaffen. Das aufsummierte Schmiergeld soll sich auf 366.000 Euro belaufen.

4. Was macht einen Film zu einem Flop?
(netzpiloten.de, Suman Ghosh)
Die amerikanische Filmdozentin Suman Gosh plaudert über Kino-Flops und warum sie zu solchen geworden sind. Mit diversen Trailern angereicherter Streifzug durch diverse cineastische Investoren- und Produzenten-Alpträume. Von 1924 (“The Thief of Bagdad”) bis in die Neuzeit (“Lincoln” aus dem Jahr 2012).

5. In eigener Sache: SPIEGEL-ONLINE-Korrespondent muss Türkei verlassen
(spiegel.de)
Der “Spiegel” mit einer Meldung in eigener Sache. Seit Jahren hätte Hasnain Kazim als Korrespondent für “Spiegel” und “Spiegel Online” aus Istanbul berichtet. Weil er von den türkischen Behörden keine Verlängerung seiner Presse-Akkreditierung bekommen hätte, müsse er das Land nun verlassen. Chefredakteur Florian Harms: “Das Verhalten der türkischen Behörden lässt für uns keinen anderen Schluss zu, als dass unser Korrespondent aufgrund seiner journalistischen Berichterstattung vor Ort nicht mehr erwünscht ist.”

6. Kiffer legt keine Rohrbombe vor Flüchtlingsheim
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Anfang der Woche kursierte die Meldung, in Eisenach sei eine “Rohrbombe” vor einem Flüchtlingsheim explodiert. Nun stellt sich heraus: Die vermeintliche Bombe war eine Wasserpfeife mit Cannabis-Resten – und nicht explosiv. Übermedien rekonstruiert, wie es zu der Falschmeldung kommen konnte.

Blättern:  1 ... 3 4 5 ... 8