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Sie ist eine andere

Am vergangenen Donnerstag wurde eine Frau im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim-Nord um 8.25 Uhr auf dem Aldi- Parkplatz in der Industriestraße sexuell belästigt, und die Polizei geht davon aus, “dass es sich um den selben Täter handelt, der bereits im letzten Jahr Frauen in gleicher Art und Weise sexuell belästigt hatte”.

"Sie ist schon das 6. Opfer"Und nicht zuletzt, weil es dabei um Sperma geht weil die Polizei um Mithilfe bittet, berichtet heute im Raum Rhein-Neckar auch “Bild” (s. Ausriss). So heißt es dort:

“Jetzt spricht in BILD exklusiv ein Opfer über die ekelhafte Sex-Attacke”

Allerdings unterscheiden sich anschließend Tatort, Tatzeit und Tathergang sowie die dazugehörige Abbildung eines Tatortfotos deutlich vom aktuellen Fall, was daran liegt, dass das “Bild”-Opfer eben nicht, wie von “Bild” in der Überschrift groß behauptet, “schon das 6. Opfer” ist, sondern bereits im Oktober 2005 belästigt worden war (und damit, zumindest laut der von “Bild” hinzugefügten Tatortübersicht, “nur” Opfer Nr. 5).

Kurzum: Nachdem es “Bild” also offensichtlich nicht gelungen war, das aktuelle Opfer dazu zu bringen, mit “Bild” zu reden und sich in “Bild” abbilden zu lassen (oder aus welchen Gründen auch immer), entschied sich die Redaktion also zu einer Lüge. Aha.

Mit Dank an Traupe für Hinweis und Scan.

Öfter mal was Neues

Manchmal weiß man bei “Bild” wirklich eine ganze Menge. So wie im Fall des sogenannten “S-Bahn-Schubsers” von Hamburg. Mit Datum vom 13.05.2004 etwa kann man bei Bild.de dies nachlesen:

Anja B. (Name von der Redaktion geändert) und ihre Freundin sind auf dem Weg nach Hause.
Hervorhebung von uns

Nun gut, das ist soweit ja nichts besonderes. Da hat man eben, um die Identität des Opfers zu schützen, dessen Namen geändert.

Mit Datum vom 17.05.2004 allerdings steht bei Bild.de über dasselbe Mädchen:

Ugur I. (19) stieß Studentin Anja (21) vor einen einfahrenden Zug
Hervorhebung von uns

OK, möglicherweise heißt Anja also doch Anja, der Hinweis auf eine Namensänderung fehlt jedenfalls.

Möglicherweise heißt Anja aber auch doch nicht Anja. Jedenfalls steht mit Datum vom 1.9.2004 über denselben Fall folgendes bei Bild.de:

Silvia steigt trotz des Horrors von damals jeden Tag erneut in die Bahn.
Hervorhebung von uns

Mehrfach wird “Anja” in diesem und in einem weiteren Text Silvia genannt, wieder ohne Hinweis auf eine Namensänderung (außerdem wird sie als Schülerin bezeichnet, obwohl sie doch zuvor noch Studentin war). Vielleicht heißt Anja also Silvia.

Vielleicht aber auch nicht. Mit Datum vom 15.9.2004 jedenfalls steht bei Bild.de über denselben Fall und dasselbe Mädchen dies:

Jennifer D. hatte einen Schutzengel: Ihre Cousine reagierte blitzschnell, riss sie zurück. Gerettet!
Hervorhebung von uns

Aha. Möglicherweise heißt “Anja” also weder Anja, noch Silvia, sondern Jennifer. Der Hinweis auf eine mögliche Namensänderung fehlt hier jedenfalls auch. Und im jüngst (21.12.2005) erschienenen Text über den “S-Bahn-Schubser” heißt Anja/Silvia immer noch Jennifer.

Und sie ist übrigens auch noch immer 21, obwohl doch seit der ersten Berichterstattung über den Fall schon mehr als ein Jahr vergangen ist. Aber das nur nebenbei.

Interessanter erscheint uns da schon die Frage, ob Anja/Silvia/Jennifer eigentlich tatsächlich von ihrer Cousine zurückgerissen wurde. So wie es in den neueren Texten auf Bild.de steht. Oder ob es vielmehr so war, dass Anja/Silvia/Jennifer im letzten Moment von ihrer Freundin gerettet wurde, wie zwischendurch zu lesen war.

Am wahrscheinlichsten scheint uns allerdings, dass Anja/Silvia/Jennifer sich in Wahrheit im letzten Moment selbst an ihrer Freundin (oder Cousine) festhalten konnte. So, wie es im Text vom 13.5.2004 und in der Bildergalerie steht.

In der Bildergalerie heißt die Anja B. vom Anfang übrigens Anja M. was wiederum …

Aber lassen wir das. Manchmal “weiß” man bei “Bild” einfach zu viel.

Mit Dank für die Hinweise an Rosi R., Hendrik und Niels L.

K.

Dies ist die Geschichte von Christoph K. In “Bild” trägt sie die Überschrift: “Ich wurde krank gemobbt”, aber sie könnte genauso gut heißen: “Diese Deppen haben einfach meinen Namen genannt”.

Die Geschichte geht laut “Bild” so: Christoph K. war Beamter. Als ein Kollege im Dienst private Geschäfte erledigte, erstattete K. Anzeige beim Arbeitsamt und bat um Vertraulichkeit. Doch das Arbeitsamt schrieb an seine Dienststelle und nannte seinen Namen. Und Christoph K. wurde gemobbt, erkrankte, wurde aus dem Staatsdienst entlassen. “Heute lebt er allein und ohne Perspektive”, schreibt “Bild”.

Jetzt hat er sich offenbar gegenüber “Bild” geäußert. Die Zeitung zeigt ihn groß im Bild, nennt ihn aber immer nur Christoph K. Wir wissen nicht, warum sie das tut. Ob das rechtliche Hintergründe hat. Oder ob er ausdrücklich darum gebeten hat. Aber wenn es etwas gibt, in dem “Bild” ganz besonders schlecht ist, dann ist es bekanntlich, Namen nicht zu nennen.

“Bild” dokumentiert in Auszügen den Brief, in dem sich der Bundesbeauftragte für den Datenschutz dafür entschuldigt, dass der Name von Herrn K. bekannt gemacht wurde. In dem großen Ausriss, den “Bild” zeigt, steht gleich zweimal der Nachname von Herrn K.: komplett, nicht abgekürzt und in keiner Weise unkenntlich gemacht.

Man könnte sagen, dass keine Fehler so schlimm sind wie mangelhafte Anonymisierungen von Opfern oder Beteiligten — weil sie nicht korrigiert werden können. Man könnte deshalb annehmen, dass Redaktionen sich besondere Mühe geben, diese Art von Fehlern zu vermeiden. Bei “Bild” gibt es keine Anzeichen für solche Sorgfalt, im Gegenteil.

Vorgestern berichtete die Zeitung über einen anderen Fall: Ein Mann mit tragischem Schicksal hat sich das Leben genommen. Auch bei Bild.de erschien der Artikel. Anscheinend zum Schutz der Angehörigen war der Nachname des Mannes abgekürzt, der Vorname seiner Freundin “von der Redaktion geändert”, ihr Gesicht auf einem gemeinsamen Foto unkenntlich gemacht. Und mitten in diesen Artikel setzte Bild.de einen Kasten, der dazu aufforderte, einen neun Monate alten Text aus dem Bild.de-Archiv zu lesen. Und darin steht auch jetzt noch alles: Der Nachname, der richtige Vorname der Freundin, dasselbe Foto von den beiden zusammen, nur ohne jede Verfremdung.

Danke an Torsten W. für Hinweis und Scan!

Allgemein  

“Bild” findet Sexualstraftäter sexy

Dass Erwachsene mit Minderjährigen Sex haben, ist nach deutschem Recht unter Umständen erlaubt. Entscheidend ist dabei u.a. dass der/die Minderjährige mindestens 14 Jahre alt ist und der/die Erwachsene dabei nicht “die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt”. Anderfalls droht — je nach dem — eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren (siehe § 176 und § 182 StGB).

In den USA gelten andere Gesetze. Dort sind Erwachsenen sexuelle Handlungen mit Unter-18-Jährigen verboten und können schlimmstenfalls mit 30 Jahren Gefängnis bestraft werden (siehe Protect Act of 2003).

Man könnte auch sagen, die Gesetzeslage in Deutschland und den USA ist gar nicht so verschieden — außer, dass man hierzulande schon ab 14 Jahren juristisch nicht mehr als “Kind” gilt, in den USA jedoch erst ab 18.

Man könnte auch vermuten, dass “Bild” mit der deutschen Regelung nicht vertraut nicht einverstanden ist: Als “Bild” im Sommer 2004 in Erfahrung brachte (und aufschrieb), dass in Cottbus ein 42-jähriger Mann völlig legal mit einer 14-Jährigen zusammenlebte, und die Geschichte im Frühjahr 2005 abermals an die Öffentlichkeit zerrte, nannte die “Bild”-Zeitung (die immerhin auch sog. “Serien-Vergewaltiger” und “Kinderschänder” gerne mal als “Sexmonster” bezeichnet) den Mann aus Cottbus ein “tätowiertes Liebesmonster” — und behauptete wahrheitswidrig, “Sex zwischen einem Erwachsenen und einer 15jährigen” sei “verboten.”

Völlig anders sieht der Fall für “Bild” offenbar aus, wenn es sich nicht um den 42-jährigen “Manfred W.” aus Cottbus handelt, sondern um die 24-jährige Debra Lafave aus Florida, die als Lehrerin Sex mit einem 14-jährigen Schüler hatte (was – wie gesagt – in den USA strafbar ist und u.U. sogar hierzulande gemäß § 174 StGB als “sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen” strafbar wäre). Denn, obwohl auch die jetzt verurteilte Lafave eine Tätowierung trägt, nennt “Bild” sie vergangenen Donnerstag keineswegs ein “tätowiertes Liebesmonster”, sondern “sexy Debra”, “Blondine”, “Amerikas schönste Lehrerin” oder “Verführungsbiest” und schreibt online unter der merkwürdigen Überschrift “Die Lust-Schule der schönen Lehrerin” sogar:

“So schön ist die Sex-Lehrerin – hier klicken!”

Die Meldung über Lafaves Verurteilung* illustriert Bild.de zudem mit einem Foto aus dem “Makes & Models Magazine”, für das sich die Lehrerin in der Vergangenheit leicht bekleidet hatte ablichten lassen, während die gedruckte “Bild” sich lieber für ein Foto Lafaves in der Badewanne entschieden hat. Und dass sie aufgrund ihrer Sexualstraftat künftig nicht mehr als Lehrerin arbeiten darf, ist für “Bild” zum Schluss nur noch ein Anlass, schlüpfrig herumzuwitzeln:

Und das werden viele Schüler in Amerika sicher bedauern.

*) “Bild” schreibt, als Strafe müsse sie “nun drei Jahre jeden Abend um 22 Uhr zu Hause sein. Sie darf frühestens wieder um 6 Uhr morgens raus. Abendessen mit Freunden, Kino, private Verabredungen – alles verboten! Nur arbeiten darf sexy Debra.” Und in der Tat ist Lafave mit drei Jahren Hausarrest und sieben Jahren Bewährung glimpflich davongekommen. US-Medien weisen allerdings darauf hin, dass sich ihr Leben dennoch “dramatisch” ändern werde: So hat ihr die Erziehungsbehörde den Ausbildungsabschluss aberkannt, sie unterliegt der öffentlichen Meldefrist und gilt fürderhin als “sexual offender” (auf deutsch: Sexualstraftäterin).

Mit Dank an Rossi für die Inspiration.

Nachtrag, 28.11.05:
Um genau zu sein, ist in den USA Sex mit Unter-18-Jährigen in einigen Bundesstaaten verboten, Sex mit Unter-16-Jährigen generell.

Sind immer die andern

Damals, im Januar 2001 beispielsweise, als “Bild” ein Foto von Jürgen Trittin manipuliert hatte, entschuldigte sich “Bild” anschließend dahingehend, “bei der Auswertung weiterer Fotos und Videobänder” festgestellt zu haben, dass es sich dabei um einen Fehler handelte. Als im Juli 2004 die “BamS” behauptet hatte, “Beweis-Fotos” von einer angeblichen “Liebesnacht” Oliver Kahns zu zeigen, die gar keine “Beweis-Fotos” waren, hieß es anschließend, man sei “trotz intensiver Quellenprüfung (…) Opfer eines Betrügers geworden”. So sind sie halt bei “Bild”. Und am 30. September 2005 hatte “Bild”-Kolumnist Mainhardt Graf Nayhauß behauptet:

“Die teuersten Ladenhüter sind elektronische ‘Schrittzähler’ von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Das teure Wander-Zubehör sollte unters Wahlvolk gebracht werden – jetzt wird es in anderen Ministerien verteilt.”

Auch das stimmte nicht, weshalb es in der gestrigen “Bild” hieß:

“Von den rund 69 000 ausgelieferten Schrittzählern wurden nämlich rund 58 000 Stück unter der Bevölkerung verteilt und nur 180 Stück in Bundesministerien. In den ‘Top 10’ vom 30. September war der Eindruck entstanden, die gesundheitsfördernden Zähler seien vor allem an Ministeriums-Mitarbeiter verteilt worden.”

Davon, dass man einen Fehler gemacht hat, will “Bild” dennoch nichts wissen. Stattdessen nennt’s Autor Nayhauß lieber die…

“peinlichste Fehlinformation, die mir gesteckt worden ist”.

Mit Dank an Sebastian K. und das BMGS für den Hinweis.

  

Presseratsrügen für “Bild” 2004

“Bild” diskriminiert Asylbewerber
Verstoß gegen Ziffer 12 (B1-193/03)

“Bild” berichtet unter der Überschrift “Hier wohnt Bremens schlimmste Asyl-Familie” bzw. “Die Asylabzocker” über eine 16-köpfige Asylbewerberfamilie und wirft ihr Asyl- und Sozialhilfebetrug vor. Eine Million Euro Sozialhilfe hätte sie bereits kassiert. Nun terrorisiere sie ihre Umgebung. Die Mutter habe sich wegen eines Traumas krank schreiben lassen, um eine Abschiebung zu verhindern. Dazu druckt das Blatt ein Foto des Wohnhauses der Familie sowie deren komplette Anschrift.

Der Presserat erkennt in dem Bericht eine Diskriminierung der betroffenen Familie und bemängelt, dass die Vorwürfe “ohne Tatsachenbezug” erhoben worden seien. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” beleidigt Richter
Verstoß gegen die Ziffer 1 und 9 (BK1-6/04)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hebt ein Urteil gegen einen vorbestraften Mann auf, da das verhängte Strafmaß der Tat nicht angemessen gewesen sei. “Bild” berichtet mehrere Male über den Fall, nennt ihn einen “Justizskandal”, das Gericht einen “Saustall” und fragt “Wer schützt uns künftig vor solchen milden Richtern?” Den Richtern wird vorgeworfen, sie stellten die Rechte des Täters über den Schutz der Opfer. In weiteren Berichten titelt “Bild” u.a. “Schämen Sie sich, Herr Richter!” Kurze Zeit später berichtet “Bild” über einen weiteren “Skandal-Beschluss” des BGH, dessen Präsident sich daraufhin beim Presserat beschwert. “Bild” habe Sachverhalte, die zu den Entscheidungen führten, erheblich entstellt und verfälscht. Die Zeitung hingegen lässt u.a. mitteilen, es sei die ureigenste Aufgabe der Presse, auf tatsächliche oder vermeintliche Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen.

Nach Ansicht des Presserates war die Berichterstattung von “Bild” unzulässig. Die Zeitung habe nicht einen potentiellen Gesetzesmangel, sondern einen einzelnen Richter persönlich angegriffen. Die Bezeichnung “Saustall Justiz” sei zudem weit überzogen. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” zeigt sterbenden Fußballer
Verstoß gegen Ziffer 11 und 1 (BK1-8-14/04)

Unter den Überschriften “Hier stirbt Herthas Hoffnung” bzw. “Hier stirbt ein Fußballstar” druckt “Bild” ein Foto des sterbenden Fußballspielers Miklos Feher. Dieser war während eines Spiels auf dem Platz zusammengebrochen und gestorben. Die Aufnahme in “Bild” zeigt das Gesicht des Toten: Seine Augen starren ins Leere. Beim Presserat gehen mehrere Beschwerden ein.

“Bild” argumentiert, der Fußballer habe sich zum Zeitpunkt seines Zusammenbruchs nicht in den Grenzen seiner geschützten Intimsphäre bewegt, deshalb sei ein Abdruck rechtens. Der Rat entscheidet jedoch, dass es “mit der Aufgabe der Presse (…) nicht vereinbar” ist, einen sterbenden Menschen zu zeigen. Die Veröffentlichung sei “unangemessen sensationell” und verletze die Menschenwürde. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” macht familieninternen Streit zum Thema
Verstoß gegen die Ziffern 2 und 8 (BK2-18/04)

Unter den Überschriften “Mein Sohn hat mich verstoßen, weil ich Putzfrau bin” und “Mutter, ich hab’s satt” berichtet “Bild” über einen jungen Mann, der den Kontakt zu seiner Mutter abgebrochen hat. Die Zeitung zeigt ein altes Bild des Mannes und beschreibt ihn so, dass er in der Öffentlichkeit erkennbar ist.

Der Betroffene beschwert sich beim Presserat: Er versuche, eine Einstweilige Verfügung gegen seine Mutter zu erwirken, die sich ständig in sein Leben einzumischen versuche. “Bild” argumentiert, man habe beide Seiten zu Wort kommen lassen. Der Presserat stellt Verstöße gegen die Ziffern 2 und 8 fest. Die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen seien verletzt worden. Ein öffentliches Informationsinteresse bestehe bei der familieninternen Angelegenheit nicht. (Nicht-öffentliche Rüge)

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“Bild” zeigt Unfallopfer
Verstoß gegen Ziffer 8 (BK2-26/04)

Eine 21-Jährige gerät mit ihrem Auto von der Fahrbahn ab, prallt gegen einen Baum und stirbt. “Bild” schreibt ausführlich über das private Umfeld der jungen Frau, illustriert den Bericht mit einem “übergroßen Porträt” und nennt Vorname, Alter und Beruf. Mit den Eltern der Frau hatte “Bild” vor dem Bericht nicht gesprochen.

Gegenüber dem Presserat rechtferigt das Blatt, dass Artikel über schwere Unfälle auf öffentlichen Straßen gelegentlich auch personalisiert werden müssten, um eine warnende Wirkung beim Leser zu erreichen. Darüber hinaus sei die junge Frau einfühlsam dargestellt und positiv beschrieben worden. Der Presserat ist dennoch der Ansicht, dass das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen “nicht hinreichend berücksichtigt” wurde. Die Identität des Opfers sei für das Verständnis des Unfallgeschehens und die abschreckende Wirkung nicht relevant gewesen. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” zeigt zerfetzte Leichenteile
Verstoß gegen Ziffer 11 und 1 (BK1-62/04)

Nach der Ermordung des palästinensischen Scheichs Jassin zeigt “Bild” ein Foto vom Ort des Attentates. Darauf ist der zerfetzte Kopf Jassins zu sehen. In einer Stellungnahme gegenüber dem Presserat erklärt “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann, er halte den Abdruck drastischer und abstoßender Bilder für zulässig, wenn diese eine eminent politische Bedeutung besäßen. In diesem Falle belege das Foto, dass von dieser Person kein Schrecken mehr ausgehe. Auch die zivilisierte und freiheitliche Welt müsse den Tod ihrer Feinde dokumentieren, um Legendenbildung zu verhindern.

Der Presserat rügt die Abbildung als “unangemessen sensationell und nicht durch ein öffentliches Interesse zu rechtfertigen”. Als “publizistischer Beweis” sei das Foto nicht notwendig gewesen, da der Tod Jassins nicht in Frage gestanden habe. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” zeigt Leichenfoto
Verstoß gegen Ziffer 8 (BK1-63-64/04)

“Bild” schreibt, dass zwei deutsche GSG-9-Männer von Terroristen im Irak umgebracht worden sind und druckt als Beleg das Foto einer blutüberströmten Leiche, deren Augenpartie mit einem Balken unkenntlich gemacht wurde.

Als Rechtfertigung für den Abdruck gibt das Blatt hinterher an, dass die Bundesregierung die Tötung nicht vor der Bergung der Leichen habe bestätigen wollen. Der Presserat kritisiert, dass ein Beleg auch ohne den Abdruck des Fotos hätte erbracht werden können, da der Tod des Beamten nie bestritten worden sei. Dass der getötete Mann auf dem Bild “eindeutig identifiziert” werden könne, sei eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und dessen seiner Angehörigen. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” zeigt Enthauptung
Verstoß gegen Ziffer 11 (BK1-70/04)

Zu einem Beitrag über die Entführung des Amerikaners Nicholas Berg im Irak zeigt “Bild” sowohl in der Print- als auch in ihrer Online-Ausgabe Standbilder aus dem Video der Entführer. Auf einem ist zu sehen, wie ein Entführer nach der Enthauptung Bergs dessen abgetrennten Kopf in die Kamera hält.

Nach Leserbeschwerden beim Presserat weist “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann darauf hin, dass das beanstandete Foto lediglich die Größe einer Visitenkarte habe und als Zeitdokument zu werten sei. Der Presserat wertet den Abdruck der Standbilder dennoch als “unangemessen sensationelle Darstellung”. bei den Fotos handele es sich nicht um journalistische Produkte, sondern um Aufnahmen von Mördern, die damit Propaganda für ihre Ziele machen würden. Eine Veröffentlichung könne dies fördern und hätte deshalb unterbleiben müssen. Die Größe des Bilds spiele für eine Beurteilung keine Rolle. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” zeigt gestorbenen Tankwart
Verstoß gegen Richtlinie 8.1 (BK2-76/04)

“Bild” berichtet, wegen der steigenden Benzinpreise würden immer mehr Autofahrer tanken und nachher nicht bezahlen. Ein Tankwart habe einen Herzinfarkt erlitten, als er einen solchen Autofahrer stellen wollte. “Bild” nennt den Vornamen des Betroffenen, den Anfangsbuchstaben seines Nachnamens sowie seinen Heimatort und druckt ein Foto von ihm und der Tankstelle, an der der Mann arbeitete.

Beim Pressewart geht eine Beschwerde ein, der Beitrag enthalte grundlegende Fehler: Der Mann sei nicht an der Tankstelle zusammengebrochen, sondern habe sich nach Dienstschluss ins Krankenhaus zu einer Untersuchung begeben, sei stationär aufgenommen worden und dort wegen eines Herzinfarkts zwei Tage später verstorben. Einen Zusammenhang mit den steigenden Benzinpreisen gebe es nicht. “Bild” beruft sich jedoch auf Aussagen der Tankstellen-Chefin. Der Presserat kann deshalb lediglich einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen feststellen. Es sei nicht notwendig gewesen, den Mann identifizierbar abzubilden. (Nicht öffentliche Rüge)

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“Bild” berichtet aus Krankenzimmer
Verstoß gegen Richtlinie 8.2 (BK2-88/04)

Eine prominente Adelige liegt wegen eines Schlaganfalls im Krankenhaus. “Bild” berichtet und nennt sowohl den Namen der Klinik als auch die Nummer des Krankenzimmers. Darüber hinaus wird die Ausstattung des Zimmers äußerst detailliert beschrieben. Der Anwalt der Betroffenen hat deshalb den Eindruck, die Reporter seien ohne Erlaubnis in dem Zimmer gewesen und wendet sich an den Presserat. “Bild” erklärt daraufhin, eine Redakteurin habe sich im Krankenhaus als Mitarbeiterin des Blatts vorgestellt und die Zimmernummer vom Personal mitgeteilt bekommen. Weil die Betroffene geschlafen habe, verzichtete die Redakteurin auf ein Interview.

Der Presserat erkennt dennoch “eine deutliche Verletzung des Privatlebens und der Intimsphäre”: “Bild” hätte auf die detaillierte Beschreibung des Krankenzimmers verzichten müssen. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” macht jugendliche Verdächtige identifizierbar
Verstoß gegen Richtlinie 8.1 (BK2-114/04)

“Bild” berichtet über das Verfahren gegen ein 15-jähriges Mädchen, das verdächtigt wird, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Unter der Überschrift “Sie ist die Mutter des toten Babys vom Gruselwald” druckt “Bild” ein großes Foto der Schülerin, das trotz leichter Verfremdung eine Identifizierung zulässt. Das Blatt beschreibt, wo das Mädchen wohnt und zeigt ein Bild des Kindsvaters mit einem Augenbalken, nennt dessen Vornamen.

Die Familie der Schülerin beschwert sich beim Presserat: Der Schutz von Jugendlichen sei durch die Veröffentlichung nicht gewahrt worden. Der Presserat hält die erkennbare Darstellung des Mädchens für “nicht gerechtfertigt”. Die Berichterstattung über den Fall sei zwar im öffentlichen Interesse, nicht aber die Identifizierbarkeit der Schülerin. Gleiches gelte für den Vater des Kindes. (Nicht öffentliche Rüge)

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“Bild” reduziert Schauspielerin auf Porno-Rolle
Verstoß gegen Ziffer 1 (BK2-117/04)

“Bild” berichtet mehrfach über die Schauspielerin Sibel Kekilli, die vor ihrer Rolle in dem auf der Berlinale 2004 ausgezeichneten Film “Gegen Die Wand” in Pornofilmen mitspielte. Das Blatt beschreibt Details und zeigt entsprechende Szenenfotos. In einer Stellungnahme gegenüber dem Presserat erklärt “Bild”, Kekilli habe ihre Haut selbst auf den Markt getragen. Wer Pornos drehe, die am Markt frei erworben werden können, wolle keine Intimsphäre, sondern das Gegenteil, lautet das Argument des Blatts. “Bild” beansprucht, eine “PR-Lüge” aufgedeckt zu haben, da Kekilli auf der Berlinale als “Neuentdeckung” vorgestellt wurde, und erklärt, sauber recherchiert und weder bewusst falsch noch diskriminierend berichtet zu haben. Der Presserat widerspricht: Es sei nicht rechtens, die Persönlichkeit der Betroffenen allein auf das zu reduzieren, was man über sie in den Klappentexten von Pornofilmkassetten lesen könne, so wie “Bild das getan habe. Dies verletze die Menschenwürde. (Öffentliche Rüge)

Siehe Bildblog-Einträge: “‘Bild’ entwürdigt und verletzt”, “‘Bild’ verletzt Menschenwürde”, “‘Bild’ versteht Rüge nicht”.

  

Presseratsrügen für “Bild” 2003

“Bild” zeigt Krebstoten gegen Willen der Angehörigen
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-258/02)

“Bild” schreibt über die Krebstherapie eines jungen Mannes, dessen Bruder zuvor an Hautkrebs gestorben war, und zeigt ein Bild des Verstorbenen. Darüber hinaus zitiert “Bild” die Mutter. Der Anwalt der Frau legt Beschwerde beim Presserat ein. Die Mutter habe sich “Bild” gegenüber nicht geäußert, ein Interview sogar explizit abgelehnt und darum gebeten, auf eine Publikation zu verzichten. “Bild” widerspricht: Eine Redakteurin habe sich lange mit der Mutter unterhalten. Das Foto habe man anderweitig besorgt, weil die Mutter keines herausgeben wollte. Da der Presserat nicht nachvollziehen kann, welche der beiden Parteien tatsächlich Recht hat, stellt er lediglich eine Verletzung des Persönlichkeistrechts des Verstorbenen fest. (Nicht öffentliche Rüge)

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“Bild” verhöhnt Mordopfer
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-26+27/03)

Ein Rentner wird von einem 20-Jährigen erschlagen, der zuvor offenbar sexuellen Kontakt mit seinem Opfer hatte. “Bild” druckt ein Foto des Opfers, dessen Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Nachnamens, sein Alter und ein Foto des Hauses, in dem der Rentner wohnte, samt Straßenname. Außerdem berichtet das Blatt über seine angeblichen homosexuellen Neigungen und fragt, ob er “zu sexgierig” gewesen sei.

“Bild” beruft sich hinterher darauf, lediglich aus dem Polizeibericht zitiert zu haben. Mit der Berichterstattung habe man bei der Tätersuche behilflich sein wollen. Der Presserat sieht jedoch “keine ausreichende Begründung für die identifizierende Berichterstattung”. Zudem sei der Täter längst festgenommen und geständig gewesen. Der Anspruch auf Achtung des Privatlebens und der Intimsphäre des Rentners sei “besonders schwerwiegend” verletzt worden. (Nicht öffentliche Rüge)

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“Bild” macht Selbstmörder identifizierbar
Verstoß gegen Richtlinie 8.5 (B1-60/03)

Ein 50-jähriger Mann schneidet sich in einem Wald wegen privater Probleme die Pulsadern auf und verblutet. “Bild” berichtet über den Fall, zeigt ein Foto des Mannes und nennt dessen Vornamen, das Initial des Familiennamens, sein Alter und seinen Wohnort. Daraufhin beschwert sich der Bruder des Verstorbenen beim Presserat.

“Bild” argumentiert, die Polizei habe zuvor nach dem vermißten Mann gesucht, deswegen habe man die Leser über den Ausgang der Fahndung informieren müssen. Der Autor des Beitrags entschuldigt sich dennoch bei dem Bruder des Toten für die Folgen der Berichterstattung. Der Presserat stellt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen fest. Die Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbstmorde sei “grob missachtet” worden. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” verletzt Geheimsphäre von Sportlerin
Verstoß gegen Richtlinie 8.4 (B1-70/03)

Eine ehemalige Spitzensportlerin wird vorübergehend in die Psychatrie überwiesen. “Bild” berichtet ausführlich, wie es dazu kam, und druckt Bilder, auf denen zu sehen ist, wie die Betroffene vor der Klinik zusammenbricht. Nach Auffassung des Presserats verstößt das “auf grobe Weise” gegen das Persönlichkeitsrecht der ehemaligen Sportlerin, da das Blatt ausführlich über deren psychische Erkrankung berichtet. Das sei unzulässig, weil dadurch die Geheimsphäre der Betroffenen verletzt werde. (Nicht-öffentliche Rüge)

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“Bild” vorverurteilt Rentner als “Rowdy”
Verstoß gegen Ziffer 13 (B1-88/03)

In einem Supermarkt kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Rentner und einer Schlagersängerin, die offenbar beide handgreiflich werden. “Bild” berichtet über den Rentner: “Supermarkt-Prügler verhöhnt sie” sowie “Jetzt prügelt der Supermarkt-Rowdy mit Worten weiter”.

Gegenüber dem Presserat erklärt “Bild”, darin keine Vorverurteilung des Rentners erkennen zu können. Sollte der Rat anderer Meinung sein, verweise man auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen “Soldaten sind Mörder”, in der es um die Auslegung von Meinungsäußerungen gehe. Der Presserat ist tatsächlich anderer Meinung und hält den Bericht für vorverurteilend und die freie Meinungsäußerung nicht für gefährdet. Die “Bild”-Überschriften unterstellten, dass die Vorwürfe gegen den Rentner wahr seien, obwohl dies zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht feststand. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” macht Busfahrer zum Täter
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-95/03)

“Bild” schreibt über ein Busunglück in Ungarn, bei dem 33 deutsche Urlauber ums Leben kamen. Neben ein Foto des zertrümmerten Busses, aus dessen Fenster kopfüber eine Leiche hängt, stellt “Bild” die Schlagzeile “Er lenkte den Todes-Bus” und ein verschwommenes Foto des Busfahrers mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen und Alter.

“Bild” argumentiert hinterher, dass Bilder wie die des zerstörten Fahrzeugs ebenso wenig verboten werden dürften wie die schockierenden Werbemotive von Benetton. Die Wort- und Bildberichterstattung sei durch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt. Der Presserat widerspricht: Es habe kein öffentliches Interesse gegeben, das das Persönlichkeitsrecht des Busfahrers überwogen hätte. Zudem stelle die Schlagzeile den Fahrer als Täter dar, wofür es keinen Beleg gäbe. (Nicht öffentliche Rüge)

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“Bild” “dokumentiert” Sprung eines Selbstmörders
Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.5 (B1-117/03)

Ein 29-Jähriger Selbstmörder springt vom Baugerüst einer Kirche. “Bild” druckt mehrere Fotos von dem Mann, die ihn vor und während des Sprungs zeigen und ihn identifizierbar machen. Dazu stellt das Blatt Vornamen, Anfangsbuchstaben des Familiennamens und das Alter des Betroffenen.

Die Beschwerde der Leiterin einer Krisen- und Lebensberatung beim Presserat weist “Bild” zurück und erklärt, man habe den Vorgang lediglich dokumentiert. Der Presserat sieht die gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötungen dennoch in “grober Weise missachtet”. Eine Berichterstattung sei auch ohne derart detaillierte Angaben in Bild und Wort möglich gewesen. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” unterstellt Zoo-Chef, seine Tiere gegessen zu haben
Verstoß gegen Ziffer 2 und 9 (B1-139/03)

Ein städtischer Zoo soll aufgelöst werden. Da in dem Tierpark zu diesem Zeitpunkt kaum noch Tiere sind, spekuliert “Bild”, der Zoo-Chef habe die Tiere aufgegessen und erwähnt einen Vorfall aus dem Jahr 1999, bei dem der Betroffene ein Hängebauchschwein ohne vorgeschriebene Untersuchung durch den Amtstierarzt geschlachtet habe und dafür ein Bußgeld zahlen musste.

Gegenüber dem Presserat erklärt der Zoo-Chef, es sei mit der Stadt vereinbart gewesen, die Tiere vor der Auflösung zu verkaufen oder zu verschenken. Das habe er getan. “Bild” gibt den Fehler zu und entschuldigt sich bei dem Mann. Der Presserat kann “keinen tatsächlichen Anhaltspunkt” feststellen, der die Spekulation der Redaktion gerechtfertigt hätte. “Bild” habe den Mann schwer in seiner persönlichen Ehre verletzt. Zudem fragt der Rat, warum “Bild” den Fehler nach der Entschuldigung nicht öffentlich korrigierte. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” zeigt jugendliches Unfallopfer
Verstoß gegen Ziffer 8 (B1-158/03)

Bei einem illegalen Wettrennen ist ein 15-jähriger Zuschauer von einem der Autos überfahren worden. “Bild” druckt unter der Überschrift “Schaut hin, ihr irren Raser!” ein Foto, auf dem die Leiche des Jungens zu sehen ist. Seine Gesichtszüge spiegeln sich in einer Blutlache. Im Bildtext werden Vorname, abgekürzter Nachname und Alter des Getöteten genannt.
“Bild” behauptet hinterher, man habe das Foto gedruckt, um auf die Gefährlichkeit dieser Autorennen hinzuweisen. Der Presserat widerspricht: Eine abschreckende Wirkung hätte auch ohne Identifizierbarkeit des Opfers erreicht werden können. (Öffentliche Rüge)

  

Presseratsrügen für “Bild” 2002

“Bild” fotografiert auf der Intensivstation
Verstoß gegen Ziffer 4 und 8 (B 232/01)

Ein Busfahrer erleidet hinter dem Steuer einen Schlaganfall. “Bild” veröffentlicht ein Foto des Fahrers auf der Intensivstation des Krankenhauses, nach Darstellung des Busfahrers ohne dessen Einwilligung. Zudem sucht ein Reporter des Blatts die Familie zuhause auf und fragt an der Tür den 14-jährigen Sohn aus, der mit der Situation offenbar überfordert ist. Als die Frau des Fahrers dazu kommt, erklärt sie dem Reporter, er solle die Familie in Ruhe lassen.

“Bild” entgegnet später, der Fahrer habe nichts gegen ein Foto einzuwenden gehabt, der Sohn sei nicht befragt worden und die Frau des Fahrers sei zu einem Gespräch bereit gewesen. Der Presserat stellt dennoch fest, dass es “unbedingt notwendig” gewesen wäre, auf den Abdruck des Fotos zu verzichten, damit der Fahrer nicht identifizierbar werde. Es habe kein öffentliches Interesse bestanden, das das Persönlichkeitsrecht des Busfahrers überlagert hätte. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” rückt Selbstmörderin groß ins Bild
Verstoß gegen Ziffer 8 und 11 (B 9-11/02)

“Bild” berichtet über die Selbsttötung einer Frau, die sich auf einem Friedhof mit Benzin übergossen und angezündet hat. “Bild” druckt ein Foto der verbrannten Leiche, auf dem Einzelheiten an Körper und Gesicht zu erkennen sind. Der Presserat erkennt eine “unangemessen sensationelle Darstellung”, mit der Persönlichkeitsrecht und Intimsphäre de Verstorbenen sowie ihrer Familie verletzt wurden.

“Bild” räumt ein, dass das Foto nicht hätte erscheinen dürfen und entschuldigt sich eigenen Angaben zufolge mit einem Schreiben der Rechtsabteilung bei den Hinterbliebenen. Der Presserat urteilt, dass der Abdruck des “schockierenden Leichenfotos” “jegliche Zurückhaltung vermissen” lasse und bemängelt, dass sich “Bild” nicht öffentlich entschuldigt hat. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” macht Opfer zum Täter
Verstoß gegen Ziffer 8 und 11 (B 14/02)

Ein Mann springt vor eine fahrende Straßenbahn. “Bild” druckt einen Bericht mit der Überschrift “Er hat gerade einen Menschen überfahren” und einen Pfeil auf das Foto des geschockten Fahrers, der von einem Feuerwehrmann zum Krankenwagen geführt wird. Seine Augenpartie ist mit einem Balken bedeckt.

Der Presserat kommt zu dem Schluss, dass durch die Aufmachung suggeriert werde, der betroffene Fahrer sei weniger Opfer des Vorgangs als selbst Täter. Trotz des Balkens sei er zudem für einen bestimmten Personenkreis erkennbar gewesen. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” macht Opfer zum “Opfer”
Verstoß gegen Ziffer 2 (B 35/02)

Unter der Überschrift “Freispruch! Das ‘Opfer’ hat die Misshandlungen nur erfunden” berichtet “Bild” über eine acht Jahre zurückliegende Gerichtsverhandlung gegen einen Mann, der eine Minderjährige sexuell missbraucht haben soll. Der Angeklagte war jedoch nicht freigesprochen, sondern zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Das erwähnt “Bild” im Text auch. Die Überschrift suggeriert jedoch das Gegenteil. Zudem druckt “Bild” ein Bild des Opfers samt Angaben wie Vorname, abgekürzter Nachname, Alter und Wohnort. Damit sei die junge Frau erkennbar geworden, was einen unzulässigen Eingriff in ihre Privatsphäre darstelle, urteilt der Presserat. (Nicht öffentliche Rüge)

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“Bild” fälscht Fotos
Verstoß gegen Richtlinie 2.2 (B 65/02)

“Bild” berichtet über die Umsiedlung von Bewohnern einer Wagenburg in Sozialwohnungen. Unter der Überschrift “Hier sollen sie hin” zeigt sie Fotos einer Wohnung, unter der Überschrift “Hier kommen sie her” ein Bild der Wagenburg mit vermummten Gestalten, unter dem steht: “Vermummte Alternative kämpften 1994 gegen die Räumung. Ergebnis: 22 verletzte Polizisten.”

Auf Nachfrage des Presserats gesteht “Bild” ein, dass die Vermummten in das Foto hineinmontiert wurden. Bei der abgebildeten Wohnung handelte es sich zudem nicht um eine der Wohnungen, in die die Wagenburgbewohner umgesiedelt werden sollten. Der Presserat rügt den Abdruck und die Montage, durch die beim Leser ein falscher Eindruck entstünde. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” beschafft Foto eines Opfers durch Lüge
Verstoß gegen Ziffer 8 und 4 (B 125/02)

Zu einem Bericht über einen Flugzeugabsturz im Spreewald druckt “Bild” das Foto des Opfers und nennt Namen, Alter und Arbeitsort. Die Ehefrau des Verstorbenen klagt, das Foto sei durch unlautere Methoden beschafft worden: Ein Unbekannter habe sich gegenüber eines Bekannten ihres Mannes als Schulfreund ausgegeben und um ein Foto für eine Collage anlässlich eines Schultreffens gebeten. Der Bekannte wusste zu diesem Zeitpunkt noch nichts von dem Unfall und habe das Foto herausgegeben. “Bild” behauptet, der Redakteur habe sich seinen Gesprächspartnern korrekt als Journalist vorgestellt.

Der Presserat stellt einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen fest. Es habe kein öffentliches Interesse vorgelegen, das den Abdruck des Fotos gerechtfertigt habe. Auch die Beschaffung des Fotos habe gegen den Kodex verstoßen. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” setzt Leibwächterin mit Tier gleich
Verstoß gegen Ziffer 1 (B 137/02)

Eine farbige Leibwächterin des Popstars Kylie Minogue wird in “Bild” als fünfmal so groß, fünfmal so breit und fünfmal so schwer wie die von ihr Beschützte beschrieben und als “Tier” bezeichnet. Ein Foto zeigt die Frau mit einer Sprechblase, in der “Wuff” zu lesen ist. Die Rechtsabteilung der Zeitung gesteht auf Nachfrage ein, dass die Bezeichnungen unpassend gewesen seien. Der Presserat kritisiert einen Verstoß gegen die Menschenwürde, da die Leibwächterin mit einem Tier gleichgesetzt werde. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” macht Selbstmörder identifizierbar
Verstoß gegen Ziffer 8 (B 141/02)

Unter der Überschrift “Warum sprang der schöne Philosoph in den Tod?” spekuliert “Bild” über den Selbstmord eines Literaturwissenschaftlers, der aus dem Fenster seiner Wohnung im 5. Stock sprang. Die Zeitung nennt Vornamen und Initial des Nachnamens, die Adresse, Details aus seinem Leben und druckt ein Bild des Betroffenen. Der Vater des Verstorbenen beschwert sich beim Presserat.

“Bild” erklärt, wegen der hohen Zahl von Suiziden sei es von öffentlichem Interesse, die Gründe dafür zu erläutern. Dazu müsse man das soziale Umfeld eines Selsbtmörders aufzeigen. Der Presserat dagegen sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8. Es gebe keinen Grund, in dieser identifizierenden Form über die Selbsttötung zu berichten. Der “Berliner Kurier” wird wegen ähnlicher Berichterstattung gerügt. (Nicht-öffentliche Rüge)

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“Bild” vorverurteilt Verdächtigen als “Killer”
Verstoß gegen Ziffer 13 (B 150/02)

Ein Mann soll ein 14-jähriges Mädchen zum Sex gezwungen und danach vom Balkon gestoßen haben. “Bild” bezeichnet den Verdächtigen unter der Überschrift “Der Vergewaltiger – sein Opfer” als “Killer”. Der Presserat kritisiert, die Berichterstattung erwecke beim Leser den Eindruck, als sei der Verdächtige bereits der Tat überführt und verurteilt. Dass die dazu gedruckten Fotos des Mannes, der später tatsächlich verurteilt wurde, sowie des Mädchens von den jeweiligen Angehörigen freigegeben worden, kann “Bild” nachweisen. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” spekuliert über Selbstmörder und macht ihn identifizierbar
Verstoß gegen Ziffer 8 und Richtlinie 8.5 (B 230/02)

“Bild” berichtet über den Selbstmord eines Ingenieurs, der aus dem Bürofenster seines Arbeitsplatzes gesprungen ist, nennt den Vornamen des Mannes, den Anfangsbuchstaben seines Nachnamens und erwähnt, dass die Frau des Mannes im selben Unternehmen tätig ist. Zudem druckt sie Spekulationen über den Grund des Selbstmords: Demnach habe sich die Frau des Ingenieurs im Frühjahr in einen jüngeren Mann verliebt.

Der Presserat kritisiert, dass die Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötungen “grob vernachlässigt wurde”. Es sei “presseethisch nicht zu rechtfertigen”, Spekulationen über das Motiv der Tat zu publizieren. Zudem seien durch die im Text genannten Details sowohl der Mann als auch seine Frau identifizierbar. (Öffentliche Rüge)

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“Bild” macht geistig Behinderten zum “Schwein” und “Killer”
Verstoß gegen Ziffer 8 und Richtlinie 8.1 (B 249-250/02)

Ein geistig behinderter Mann gesteht, ein Mädchen getötet zu haben. “Bild” berichtet unter der Überschrift “Es war wieder so ein Schwein!” und bezeichnet den Betroffenen, dessen Foto “Bild” samt Vornamen und abgekürztem Nachnamen veröffentlicht, als “Killer”. Der Presserat ist der Ansicht, dass damit das Persönlichkeitsrecht des Mannes verletzt werde. Wegen der möglichen Schuldunfähigkeit sei eine solche Veröffentlichung nicht rechtens gewesen. (Öffentliche Rüge)

Penis-Treter unschuldig!

Am Samstag gegen Eintracht Frankfurt hat sich der Hannover-96-Spieler Chavdar Yankov eine Verletzung zugezogen, die die Fantasie der “Bild”-Zeitung anregt wie selten eine Verletzung bevor: Die Haut an seinem Penis war eingerissen und musste mit mehreren Stichen genäht werden.

Seitdem beschäftigt sich “Bild” fast täglich mit dem “blutigen Penis-Drama”, der “wirklich üblen Verletzung”, sorgt sich um nächtliche Erektionen, fragt den Mannschaftsarzt, ob das Glied während der Behandlung steif war und ob Beeinträchtigungen beim Sex zu erwarten sind, berichtet von einem viertägigen Sex-Verbot und einer längeren Kondompflicht, zeigt auf einem Foto, wie Yankov beim ersten Training “ab und zu überprüfte, ob sein kleiner Freund das gut überstanden hat”, berichtet vom Entfernen des Pflasters und witzelt: “Er steht wieder seinen Mann”…

…und vergisst in all dem Eifer nur ein kleines Detail nachzurecherchieren: Wer der “Penis-Treter” (“Bild”) war, der all das ausgelöst hat. “Bild” behauptet: Benjamin Köhler — und präsentierte am Dienstag auch eine Entschuldigung (“auch bei seiner Freundin”) des vermeintlichen Täters. Nur war der es offenbar gar nicht. Der “Kicker” berichtet heute (in seiner gedruckten Ausgabe), dass die Fernsehbilder eindeutig zeigten, dass die Verletzung bei einem Zweikampf von Yankov mit Christoph Spycher entstanden sei. Der Teamarzt bestätige dies. Und der angeblich geständige Köhler sagt im “Kicker”:

Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich mich nicht erinnern kann und lediglich hinzugefügt: Falls ich es war, tut es mir Leid.

Danke an Frank P. und Schaumburger für die Hinweise!

  

Presskodex: Ziffer 8

“Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.”

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Richtlinie 8.1 – Nennung von Namen/Abbildungen
(1) Die Nennung der Namen und die Abbildung von Opfern und Tätern in der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (siehe auch Ziffer 13 des Pressekodex) sind in der Regel nicht gerechtfertigt. Immer ist zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen.
(2) Opfer von Unglücksfällen oder von Straftaten haben Anspruch auf besonderen Schutz ihres Namens. Für das Verständnis des Unfallgeschehens bzw. des Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Ausnahmen können bei Personen der Zeitgeschichte oder bei besonderen Begleitumständen gerechtfertigt sein.
(3) Bei Familienangehörigen und sonstigen durch die Veröffentlichung mittelbar Betroffenen, die mit dem Unglücksfall oder der Straftat nichts zu tun haben, sind Namensnennung und Abbildung grundsätzlich unzulässig.
(4) Die Nennung des vollständigen Namens und/oder die Abbildung von Tatverdächtigen, die eines Kapitalverbrechens beschuldigt werden, ist ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn dies im Interesse der Verbrechensaufklärung liegt und Haftbefehl beantragt ist oder wenn das Verbrechen unter den Augen der Öffentlichkeit begangen wird. Liegen Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters oder Tatverdächtigen vor, sollen Namensnennung und Abbildung unterbleiben.
(5) Bei Straftaten Jugendlicher sind mit Rücksicht auf die Zukunft der Jugendlichen möglichst Namensnennung und identifizierende Bildveröffentlichungen zu unterlassen, sofern es sich nicht um schwere Taten handelt.
(6) Bei Amts- und Mandatsträgern können Namensnennung und Abbildung zulässig sein, wenn ein Zusammenhang zwischen Amt und Mandat und einer Straftat gegeben ist. Gleiches trifft auf Personen der Zeitgeschichte zu, wenn die ihnen zur Last gelegte Tat im Widerspruch steht zu dem Bild, das die Öffentlichkeit von ihnen hat.
(7) Namen und Abbild Vermisster dürfen veröffentlicht werden, jedoch nur im Benehmen mit den zuständigen Behörden.

Richtlinie 8.2 – Schutz des Aufenthaltsortes
Der private Wohnsitz sowie andere Orte der privaten Niederlassung, wie z. B. Krankenhaus-, Pflege-, Kur-, Haft- oder Rehabilitationsorte, genießen besonderen Schutz.

Richtlinie 8.3 – Resozialisierung
Im Interesse der Resozialisierung müssen bei der Berichterstattung im Anschluss an ein Strafverfahren in der Regel Namensnennung und Abbildung unterbleiben.

Richtlinie 8.4 – Erkrankungen
Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden fallen grundsätzlich in die Geheimsphäre des Betroffenen. Mit Rücksicht auf ihn und seine Angehörigen soll die Presse in solchen Fällen auf Namensnennung und Bild verzichten und abwertende Bezeichnungen der Krankheit oder der Krankenanstalt, auch wenn sie im Volksmund anzutreffen sind, vermeiden. Auch Personen der Zeitgeschichte genießen über den Tod hinaus den Schutz vor diskriminierenden Enthüllungen.

Richtlinie 8.5 – Selbsttötung
Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Begleitumstände. Eine Ausnahme ist beispielsweise dann zu rechtfertigen, wenn es sich um einen Vorfall der Zeitgeschichte von öffentlichem Interesse handelt.

Richtlinie 8.6 – Opposition und Fluchtvorgänge
Bei der Berichterstattung über Länder, in denen Opposition gegen die Regierung Gefahren für Leib und Leben bedeuten kann, ist immer zu bedenken: Durch die Nennung von Namen oder die Wiedergabe eines Fotos können Betroffene identifiziert und verfolgt werden. Gleiches gilt für die Berichterstattung über Flüchtlinge. Weiter ist zu bedenken: Die Veröffentlichung von Einzelheiten über Geflüchtete, die Vorbereitung und Darstellung ihrer Flucht sowie ihren Fluchtweg kann dazu führen, dass zurückgebliebene Verwandte und Freunde gefährdet oder noch bestehende Fluchtmöglichkeiten verbaut werden.

Richtlinie 8.7 – Jubiläumsdaten
Die Veröffentlichung von Jubiläumsdaten solcher Personen, die sonst nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen, bedingt, dass sich die Redaktion vorher vergewissert hat, ob die Betroffenen mit der Veröffentlichung einverstanden sind oder vor öffentlicher Anteilnahme geschützt sein wollen.

Richtlinie 8.8 – Datenübermittlung
Alle von Redaktionen zu journalistisch-redaktionellen Zwecken erhobenen, verarbeiteten oder genutzten personenbezogenen Daten unterliegen dem Redaktionsgeheimnis. Die Übermittlung von Daten zu journalistisch-redaktionellen Zwecken zwischen den Redaktionen ist zulässig. Sie soll bis zum Abschluss eines formellen datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahrens unterbleiben. Eine Datenübermittlung ist mit dem Hinweis zu versehen, dass die übermittelten Daten nur zu journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeitet oder genutzt werden dürfen.

Quelle: Deutscher Presserat

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