Suchergebnisse für ‘Klima’

Was Grüne und AfD und alle anderen gemeinsam haben

In der “Bild”-Zeitung gab es am Dienstag einen bemerkenswerten Vergleich:

Ausriss Bild-Zeitung - Mit Gefühlen zum Erfolg - Was Grüne und AfD gemeinsam haben

WIE sie für ihre Themen kämpfen, WIE sie den Gegner attackieren und WIE sie in bestimmten Teilen Deutschlands von der GroKo-Müdigkeit profitieren — das haben beide Parteien gemeinsam. Vor allem die Betonung von GEFÜHLEN.

Damit ihre These irgendwie passt, greifen die “Bild”-Autoren Nikolaus Blome und Florian Kain zu fragwürdigen Mitteln. Zum Beispiel beim Punkt “WIE sie den Gegner attackieren”. Blome und Kain schreiben dazu:

AfD wie Grüne verteufeln sich gegenseitig, leben aber auch von der gemeinsamen Feindschaft. Die AfD verunglimpft die Grünen als verantwortlich für eine (vermeintlich) “rot-grün versiffte” Republik. (…) Viele Grüne meinen die AfD, wenn sie “Nazis raus” rufen, und mobilisieren mit dem “Kampf gegen Rechts”. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprach wegen der AfD-Wahlerfolge vom “Dammbruch für Demokratie und Rechtsstaat”.

Das Zitat der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock reißt das “Bild”-Duo für seine Beweisführung ordentlich aus dem Zusammenhang: Baerbock hat tatsächlich mal von einem “Dammbruch für Demokratie und Rechtsstaat” gesprochen. Sie meinte damit allerdings nicht, wie Blome und Kain behaupten, die Wahlerfolge der AfD, sondern eine mögliche Koalition der CDU mit der AfD. Komplett lautete ihre Aussage in einem Interview mit dem “Tagesspiegel”:

Was würde es für die Chancen von Schwarz-Grün im Bund bedeuten, wenn die CDU im Osten mit der AfD koalierte?

Die CDU hat einstimmig — mit den Stimmen der Delegierten aus den ostdeutschen Bundesländern — Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen. Da nehme ich die Partei beim Wort, namentlich die Parteichefin und die Kanzlerin. Alles andere wäre ein Dammbruch für die Demokratie und den Rechtsstaat — Österreich zeigt das. Das muss den Verantwortlichen in der Union klar sein.

Und was ist das angebliche grundlegend verbindende Element “MIT GEFÜHLEN ZUM ERFOLG” überhaupt für eine Kategorie? Welche Partei versucht nicht, Gefühle anzusprechen? Was anderes macht etwa die CDU, wenn sie zum Europawahlkampf plakatiert: “Wir wählen Sicherheit. Du auch?”?

Natürlich sprechen Parteien Gefühle an, auch die AfD, auch die Grünen. Die Frage ist dann, wie irrational dieses Vorgehen ist. Und ist der Kern der heutigen Klimaschutzbewegung nicht ausgesprochen wissenschaftsbetont? Es macht doch einen Unterschied, ob man vor einer drohenden Klimakatastrophe warnt, vor der auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit warnen, und damit Gefühle anspricht, oder ob man vor einer angeblichen Islamisierung Deutschlands warnt und damit Gefühle anspricht. Für die “Bild”-Autoren ist das aber alles gleichwertig:

Die Grünen und ihre Anhänger warnen vor dem Untergang der Welt und rechtfertigen damit maximalen (“Es gibt nichts Wichtigeres!”) Klimaschutz. Die AfD und ihre Anhänger warnen vor dem Untergang des “christlichen Abendlandes” und rechtfertigen damit maximalen Grenzschutz vor jedweder Zuwanderung.

Nun haben Blome und Kain ja auch einen Professor gefunden, der sie in diesem Punkt bestärkt:

Professor Eckhard Jesse (Uni Chemnitz) zu BILD: “Wer Klimawandel ignoriert und wer die Massenzuwanderung zum Maß aller Dinge macht, lässt sich ebenso von Gefühlen treiben wie derjenige, der Klimawandel zum Maß aller Dinge macht und Massenzuwanderung ignoriert.”

Eckhard Jesse setzt auch gern mal die rechtsradikalen Ausschreitungen in Chemnitz, bei denen es unter anderem Angriffe auf Journalisten von hitlergrüßenden Neonazis gab, mit linken Waldbesetzern im Hambacher Forst gleich, die Polizisten mit Exkrementen beschmeißen (was wahrlich eklig und bescheuert, aber eben nicht lebensbedrohlich ist). Und Jesse schrieb — zugegebenermaßen vor knapp 30 Jahren — unter anderem, dass Antisemitismus und Rechtsextremismus teilweise “mehr Phantom als Realität” seien und dass jüdische Organisationen “Antisemitismus in einer gewissen Größenordnung” bräuchten, “um für ihre Anliegen Gehör zu finden und ihre legitimen Interessen besser zur Geltung zu bringen.” Und: “Auf Dauer dürfte Judenfeindlichkeit nicht zuletzt gerade wegen mancher Verhaltensweisen von Repräsentanten des Judentums an Bedeutung gewinnen”. Wie passt so ein Experte zur “Bild”-Redaktion, die am Montag noch eine Kippa zum Ausschneiden auf ihre Titelseite druckte, um ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in Deutschland zu setzen?

Aber das ist dann vielleicht auch alles egal, wenn man auf Biegen und Brechen einen Vergleich zwischen Grünen und AfD hinbekommen will.

Mit Dank an Eva für den Hinweis!

CDU und “FAZ” widersprechen Rezo mit falschen Fakten

In der Elf-PDF-Seiten-Antwort der CDU auf die Kritik des Youtubers Rezo findet man auch diesen Absatz:

Und dann noch eine grundsätzliche Bewertung der Messung von arm und reich in Deutschland: Die oft angeführte Armutsgefährdungsquote (nicht Armutsquote) ist irreführend. Sie ist kein Indikator für Armut, sondern drückt nur die unterschiedliche Einkommensverteilung aus. […] Diese Betrachtungsweise führt auch dazu, dass es auf einen Schlag mehr Armutsgefährdete in Deutschland gäbe, wenn z.B. Jeff Bezos nach Deutschland ziehen würde. Im Vergleich zu ihm und seinem Vermögen gäbe es dann nämlich einige mehr von Armut gefährdetet [sic] Personen (http://www.rwi-essen.de/unstatistik/40/).

So viel schon mal jetzt: Das mit der Auswirkung eines Zuzugs von Amazon-Chef Jeff Bezos auf die Armutsgefährdung ist Unsinn.

Die CDU verlinkt zum Beleg auf einen Text von Statistiker Walter Krämer aus dem Jahr 2015, der dort die damalige “Armutsstudie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes” kritisiert. Krämer schreibt:

Dabei beruft sich der Paritätische Wohlfahrtsverband auf eine angebliche Armutsquote von 15,5 Prozent aller Bundesbürger, definiert als die Menschen, die pro Monat weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung haben.

Und das ist genauso falsch wie die Aussage von Jasper von Altenbockum, der gestern bei FAZ.net Rezo unter anderem mit dieser Behauptung widersprach:

Was für Rezo zählt, ist der Eindruck, die Armen würden immer ärmer, die Reichen immer reicher. Dass Armut eine Frage der Definition ist und vom Durchschnittseinkommen abhängt — kein Wort darüber.

Doch das ist nicht so: Armut und Armutsgefährdung hängen nicht “vom Durchschnittseinkommen” ab. In seinem aktuellen Armutsbericht schreibt der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband zur eigenen Methodik (PDF, ab Seite 6):

Als einkommensarm wird in diesem Bericht jede Person gezählt, die mit ihrem Haushaltsnettoeinkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. (…) Beim mittleren Einkommen handelt es sich nicht um das geläufige Durchschnittseinkommen, das so ermittelt würde, dass man alle Haushaltseinkommen addiert und die Summe dann durch die Anzahl der Haushalte teilt (arithmetisches Mittel). Es wird stattdessen der sogenannte Median, der mittlere Wert, errechnet

Ganz ähnlich schreiben es auch die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder:

Die Armutsgefährdungsquote ist ein Indikator zur Messung relativer Einkommensarmut und wird — entsprechend dem EU-Standard — definiert als der Anteil der Personen, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60 % des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung (in Privathaushalten) beträgt.

Der Median beziehungsweise das mittlere Einkommen ist also entscheidend.

Zum bedeutsamen Unterschied zwischen arithmetischem Mittel beziehungsweise Durchschnittseinkommen und Median beziehungsweise mittlerem Einkommen haben wir bereits vor zehn und vor sieben Jahren hier im BILDblog was geschrieben. Wir schreiben es aber gern noch mal.

Man erhält das mittlere Einkommen, indem man alle Bürgerinnen und Bürger sortiert nach Einkommen in einer Reihe aufstellt und diejenige Person, die dann genau in der Mitte steht, fragt, was er oder sie verdient. Der Unterschied zum durchschnittlichen Einkommen kann erheblich sein — und zwar genau dann, wenn etwa einzelne Milliardäre wie Jeff Bezos ins Spiel kommen wie im Beispiel der CDU.

Denken wir uns ins Konrad-Adenauer-Haus, in dem sich gerade elf CDU-Mitarbeiter befinden (Schema rechts). Zwei von ihnen verdienen 1000 Euro, fünf 2000 Euro, drei 3000 Euro — und einer hat sagenhafte 10.000 Euro im Monat. Ihr durchschnittliches Einkommen beträgt 2818 Euro (die Summe geteilt durch elf); das mittlere Einkommen ist das, das bei einer Aufreihung der elf Mitarbeiter der sechste hat (*): 2000 Euro. Als armutsgefährdet gelten alle, die weniger als 60 Prozent von 2000 Euro zur Verfügung haben, also: die beiden 1000-Euro-CDUler.

Nun stellen wir uns vor, dass zwei zusätzliche CDU-Mitarbeiter mit jeweils 10.000 Euro Einkommen das Konrad-Adenauer-Haus betreten. Das durchschnittliche Einkommen steigt deutlich. Das mittlere aber bleibt konstant: diesmal müssen wir bei 13 anwesenden Mitarbeitern in der Reihe von arm nach reich den siebten (*) fragen: Auch er hat 2000 Euro.

Läge die Grenze der Armutsgefährdung laut Definition bei 60 Prozent des Durchschnittseinkommens, wären nun auch die 2000-Euro-CDUler armutsgefährdet. Da sie sich aber nach dem mittleren Einkommen richtet, ändert sich — in diesem Beispiel — nichts.

Der Median ist deshalb eine so praktische statistische Größe, weil er gegen Ausreißer sehr robust ist. Oder anders gesagt: Ein Zuzug von Jeff Bezos hätte auf die Armutsgefährdung in Deutschland keinerlei Auswirkungen, auch wenn die CDU anderes behauptet.

  • Volker Quaschning hat sich den Teil “Die Klimakrise” der CDU-Antwort auf Rezo genauer angeschaut. Sein Fazit: “In diesem Faktencheck wurden keine belastbaren Aussagen der CDU gefunden, welche die Inhalte in Bezug auf Klimaschutz des Videos von Rezo substanziell widerlegen.”

Mit Dank an thorsten und @Helkonie für die Hinweise!

Bild  

Ursache > Wirkung

In der “Bild”-Zeitung vom vergangenen Freitag sind zwei beunruhigende Meldungen erschienen. Nummer 1:

Ausriss Bild-Zeitung - Pinguin-Babys sterben in der Antarktis - Die zweitgrößte Kaiserpinguin-Kolonie der Welt in der Antarktis hat seit drei Jahren keinen Nachwuchs durchgebracht. Das ist das Ergebnis einer Studie des Polarforschungsprogramms British Antarctic Survey. Grund ist die fortschreitende Eisschmelze. Die Forscher beobachten die Kolonie in der Halley-Bucht im Wedell-Meer seit einem Jahrzehnt mit Satellitenbildern. So sahen sie, dass die Brut der Tiere seit 2016 scheiterte. Fast keines der Jungtiere überlebte. Die Kolonie sei dadurch so gut wie verschwunden.

Und direkt darunter Nummer 2:

Ausriss Bild-Zeitung - In nur einem Jahr - Zwölf Millionen Hektar Tropenwald weg - Durch Abholzung und Brände sind 2018 weltweit zwölf Millionen Hektar an Tropenwald verloren gegangen. Eine Fläche so groß wie Bayern und Niedersachsen zusammen. Das zeigt ein Bericht des Projekts Global Forest Watch. Trauriger Spitzenreiter war Brasilien, wo 1,35 Millionen Hektar an ursprünglichem Regenwald zerstört wurde.

Leider passten in die zwölf Zeilen zur Tropenwald-Abholzung keine Beispiele mehr, welche Ursachen etwa in Brasilien dafür sorgen, dass dort riesige Regenwaldflächen gerodet werden. Es sind vor allem die Viehzucht und der Anbau von Soja für die Viehzucht, die zur Abholzung führen. Und das auch, damit in Deutschland Fleisch gegessen werden kann, zum Beispiel beim Grillen. Nicht selten landet das Tropenholz auch direkt als Holzkohle-Briketts in deutschen Grills. Und dass der wachsende Fleischkonsum, beispielsweise beim Grillen, dem Klima schadet und damit auch zur fortschreitenden Eisschmelze in der Antarktis beiträgt — auch davon kein Wort in “Bild”.

Warum wir auf dem Grillen so herumreiten? Auf derselben Seite, direkt neben den beiden beunruhigenden Meldungen, brachte die “Bild”-Redaktion deutlich größer Teil 3 ihrer vierteiligen Serie “BILD GRILLT”:

Ausriss Bild-Zeitung - Übersicht Seite acht mit den beiden zitierten Meldungen und deutlich größer daneben Das sind die häufigsten Grill-Irrtümer

Mit Dank an Anna S. für den Hinweis!

Bild.de macht Greta Thunberg zur Atomkraft-Aktivistin

Wie man aus der angeblich “ehrlichsten Antwort” die verlogenste Zusammenfassung macht, zeigt heute “Bild”-Autor Josef Nyary.

Nyary schaut sich regelmäßig Polit-Talkshow im Fernsehen an und fasst sie anschließend für “Bild” und Bild.de zusammen. Gestern lief im Ersten “Anne Will”, Thema: “Streiken statt Pauken — ändert die Generation Greta die Politik?” Mit der titelgebenden Greta Thunberg hatte Moderatorin Anne Will zuvor ein Interview geführt, von dem ein längerer Ausschnitt auch in der Sendung zu sehen war. Josef Nyary schreibt dazu:

Screenshot Bild.de - Ehrlichste Antwort - Sind Sie für Atomkraft?, fragt die Talkmasterin als nächstes. Die Zuschauer sind gespannt und Klima-Greta lässt sie nicht lange warten: Atomkraft ist nicht die Zukunft, meint sie. Aber die Atomkraft kann ein kleiner Teil einer Lösung ohne fossile Brennstoffe sein. Rumms! Was sagt Habeck dazu? Der Grünen-Chef macht keinen Mucks.

Das ist eine bemerkenswert freie Zusammenfassung von Thunbergs Antwort. Tatsächlich sagte die 16-Jährige (ab Minute 23:36):

Anne Will: Zuletzt hieß es, Sie seien für Atomkraft. Stimmt das?

Greta Thunberg: Persönlich: nein. Aber ich meine, Atomkraft ist nicht die Zukunft. Sie ist nicht erneuerbar. Aber nach Meinung des Weltklimarats, nicht meiner Meinung nach, nach Meinung des Weltklimarats kann Atomkraft ein kleiner Teil einer großen Lösung für Energie ohne fossile Brennstoffe sein in Ländern, in Regionen, in denen die Option 100 Prozent erneuerbarer Energie nicht besteht. Aber ich meine, Atomkraft ist sehr gefährlich, teuer und zeitaufwendig.

Sie zitiert also nur das häufig als “Weltklimarat” bezeichnete Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Und sie betont extra noch mal, dass das nicht ihre Meinung ist. Bei Bild.de machen sie daraus:

Screenshot Bild.de - Schulstreik-Zoff bei Anne Will - Klima-Greta - Atomkraft kann Teil der Lösung sein

In der längeren, englischen Originalversion des Interviews ist Thunbergs Antwort (ab Minute 18:50) noch etwas ausführlicher:

Anne Will: Recently, it has been said that you are in favor of nuclear power. Are you?

Greta Thunberg: Personally, no. I mean nuclear power is not the future. It’s not renewable. But according to the IPCC, not according to me, according to the IPCC nuclear power can be a small part of a very big new fossil free energy solution in countries, in areas that lack the possibility of 100 percent renewables. But I mean nuclear power is very dangerous, expensive and time consuming. I mean just ask a scientist if we were to replace fossil fuels with nuclear power: How many new nuclear power plants we will have to build each week within the time frame of the Paris Agreement to reach the Paris Agreement? And how much money that will cost? How much time it takes to build nuclear power? And how much it takes from our remaining carbon budgets? But if we should talk about these things, we should talk about energy efficiency and especially reducing our energy demand. But still we can’t keep focussing on these small things. We need to realize that there are no solutions within these current systems. And we need to see the whole picture and to have a holistic view on climate crisis.

Anne Will: Let me follow up. If one wants to stop the emissions — and that is what you want: not to lower them but to stop the emissions — is it then possible to avoid nuclear energy in your understanding?

Greta Thunberg: Ask scientists. That is something I can’t speak out on because I don’t have that scientific education. That is such a big decision that we need to have scientific evidence and scientific based recommendations on what we should do. So, I can’t say what we should do.

Diese komplette Verzerrung von Greta Thunbergs Aussage passt ganz gut zu Josef Nyarys gesamter “TALK KRITIK”: Höhnisch schreibt er, eine “Fridays for Future”-Aktivistin komme “aus der Schülervertretungsszene”, Thunberg sei “ein Milchgesicht aus Pipi-Langstrumpf-Land”, ZDF-Moderator Harald Lesch (den Nyary fälschlich bei der ARD einsortiert) sei ein “Angstmann”, und die Grünen seien die “erfolgreichste deutsche Bevormundungspartei”.

Interessant ist auch Nyarys Seitenhieb Richtung Grünen-Chef Robert Habeck (“Rumms! Was sagt Habeck dazu? Der Grünen-Chef macht keinen Mucks.”). Was Nyary nicht schreibt: Habeck konnte gar keinen “Mucks” machen, schließlich war das eingespielte Interview mit Thunberg aufgezeichnet und lief nach der Frage zur Atomenergie noch einige Zeit weiter. Aber wie soll man sowas als “Bild”-Talkshow-Kritiker auch mitbekommen, wenn man zu diesem Zeitpunkt schon damit beschäftigt ist, Aussagen aus dem Zusammenhang zu reißen?

Dazu auch:

Mit Dank an Andreas P., Farid A. und @EvaStegen für die Hinweise!

Nachtrag, 3. April: “Bild”-Polittalk-Kritiker Josef Nyary hat es schon häufiger auf Grünen-Chef Robert Habeck abgesehen. Bei einer früheren “TALK KRITIK” aus dem Juli 2018 etwa hieß es in der Dachzeile: “AUSRASTER BEI ‘ILLNER'”, in der Überschrift: “Grünen-Chef Habeck brüllt CSU-Staatssekretärin nieder” und in einer Zwischenüberschift: “Brüll-Attacke des Jahres”. Nyary schreibt:

Da ist der nette Herr Habeck auf einmal gar nicht mehr souverän. “Sie vergiften den Diskurs!”, donnert er die Staatsministerin an. (…) “Bleiben Sie doch bei der Wahrheit!” brüllt er die CSU-Frau an.

Das ist alles ziemlicher Unsinn — von “niederbrüllen”, “anbrüllen” oder der “Brüll-Attacke des Jahres” findet man in der Sendung (ab Minute 59:00) nichts. Daher gab es wegen des Verstoßes gegen das Wahrhaftigkeitsgebot auch einen Hinweis vom Deutschen Presserat für Nyarys Text.

Mit Dank an Johannes K. für den Hinweis!

Neues Altes von Grindel, Negatives für Autoren, Seltsame Greta-Ehrung

1. Herr Grindel und seine besondere Beziehung zur Deutschen Welle
(journalist-magazin.de, Olaf Wittrock)
DFB-Präsident Reinhard Grindel brach unlängst vor laufender Kamera ein Interview mit der “Deutschen Welle” ab, wegen unbequemer Fragen zu einem angeblichen Milliardendeal. Nun stellt sich heraus, dass dies nicht der erste Fall dieser Art war. Schon vor acht Jahren habe Grindel ein Interview mit einer früheren freien Mitarbeiterin der “Deutschen Welle” abgebrochen — mit angeblich dramatischen Folgen für die freie Mitarbeiterin: Sie habe nach dem Vorfall keine neuen Aufträge bekommen und sei regelrecht kaltgestellt worden. Grindel sei zu dieser Zeit Mitglied des Verwaltungsrates der “Deutschen Welle” gewesen und habe dies auch während des Interviews deutlich anklingen lassen, was die Interviewerin als Drohung empfunden habe. Laut “Deutscher Welle” habe sich alles mit rechten Dingen zugetragen: “Herr Grindel hat seinen Unmut hierüber der Mitarbeiterin gespiegelt. Das betrachten wir als das gute Recht eines jeden Interviewten.”

2. EU-Urheberrechtsreform: 8 negative Folgen, mit denen Autoren jetzt rechnen müssen
(literaturcafe.de, Wolfgang Tischer)
Vergangene Woche hat das EU-Parlament für die umstrittene Urheberrechtsreform gestimmt. Dies werde für Autorinnen und Autoren überwiegend negative Folgen haben, so “Literaturcafe”-Gründer Wolfgang Tischer. Autorinnen und Autoren würden unter anderem weniger Geld von der VG Wort erhalten, die Zahlungen von YouTube, Facebook & Co. seien noch völlig unklar und das Teilen von eigenen Texte und Leseproben werde erschwert.
Weiterer Lesetipp: Fachanwalt Chan Jo-Jun: “Die Bundesregierung wird bei der Umsetzung den Begriff “Uploadfilter” vermeiden” (quotenmeter.de, Manuel Weis).

3. Der ORF hat Facebook nicht ganz richtig verstanden
(nzz.ch, Reto Stauffacher)
Unlängst hat der Österreichische Rundfunk (ORF) seinen Abschied von Facebook verkündet. In einer Stellungnahme führte der Sender mehrere Gründe dafür an, von grundlegenden Bedenken gegenüber dem Netzwerk als solchem bis hin zu pragmatischen Erwägungen. Reto Stauffacher kritisiert die Entscheidung als Kapitulation vor dem Social-Media-Netzwerk und falsches Signal: “Es ist eine Kernaufgabe von Medien, auf Facebook präsent zu sein, Verantwortung zu übernehmen, zu intervenieren und zu moderieren. Und es ist eine Herausforderung, sich mutig und selbstbewusst der Kritik und der Häme entgegenzustellen. Medienhäuser schaffen das natürlich nur, wenn Ressourcen gesprochen werden. Das allerdings sollte für den ORF, der sich mit Gebührengeldern finanziert, kein Problem sein.”

4. Zwischen Landlust und Randfrust
(message-online.com, Gisbert Strotdrees)
“Landlust”, “Liebes Land”, “Landliebe”, “Schönes Land”, “Landgenuss”, “Landkind”, “Landapotheke” … In den letzten Jahren erschienen etliche Hochglanz-Magazine, die sich der schönen heilen Welt auf dem Land widmen. Fernsehsender und Printmedien haben das Thema für sich entdeckt und berichten in zahlreichen Land-, Dorf- und Provinz-Reportagen über das Regionale. In einem längeren Lesestück untersucht Gisbert Strotdrees das Phänomen, das zwischen Klischees und realem Abbild schwankt.

5. Konrad Weber, wie müssen sich öffentlich-rechtliche Medien verändern?
(anchor.fm/unterzwei, Levin Kubeth & Felix Ogriseck, Audio: 60 Minuten)
Der Journalist des Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Konrad Weber hat ein Manifest veröffentlicht, wie öffentlich-rechtliche Medien heutzutage aussehen sollten. Im Interview mit dem Medienpodcast “Unter Zwei” erzählt er, wie die Entwicklung der 15 Punkten verlief, welche Mitstreiter es gab und welche Konflikte es zu überwinden gilt: “Es geht darum, als Journalist — vor allem der öffentlich-rechtlichen Medien — vom hohen Ross herunterzukommen und stattdessen zu lernen, wie die digitalen Möglichkeiten bestmöglich genutzt werden können.”

6. Erst Klima-Aktivistin ehren, dann Mini-SUV verschenken
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz, Video: 1:30 Minuten)
Die Funke Mediengruppe hat die Umweltaktivistin Greta Thunberg am Samstagabend für ihr Engagement mit einer “Goldenen Kamera” ausgezeichnet. Sponsor der Veranstaltung war der Autokonzern VW, der live einen Mini-SUV an eine Schauspielerin verschenkte. Boris Rosenkranz hat die beiden Vorgänge kontrastiert, indem er die entsprechenden Sendungsausschnitte gegenübergestellt hat.
Weiterer Lesetipp: Greta Thunberg und Atomkraft: Wie viel CO2 macht eine Nebelkerze?: “Konservative Medien behaupten, die Umweltaktivistin befürworte Atomenergie. Das ist nicht nur falsch — es ist ein bewusstes Ablenkungsmanöver.” (taz.de, Finn Holitzka).

7. Der Bildblog und die HuffPost – die Geschichte einer wahren Liebe
(huffingtonpost.de)
Heute noch ein Zusatzlink: Die deutsche “HuffPost” schließt und verabschiedet sich vom BILDblog mit einem Dank “für die vielen anerkennenden Texte, die Ihr eine zeitlang über uns geschrieben habt!” Nun ja, das mit der Anerkennung, das habt Ihr vielleicht nicht ganz … ach, egal! Macht es gut, liebe HuffPostler und zum Abschied ein WinkeWinke von Eurem BILDblog.

6-vor-9-Sonderausgabe zur beschlossenen Urheberrechtsreform

1. Chance verpasst: Dieses Urheberrecht bleibt in der Vergangenheit stecken
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Die Reform des EU-Urheberrechts biete falsche Antworten auf eine veränderte digitale Welt, findet Markus Beckedahl auf netzpolitik.org. Sie zementiere die Rechte von großen Verwertern und diene nur einem kleinen Teil der Urheber. Beckedahls gründliche Analyse wird von einem Stoßseufzer unterbrochen: “Ich habe viele netzpolitische Debatten in den vergangenen 20 Jahren erlebt. Keine davon war so verlogen wie diese. In Zeiten von gesellschaftlichen Debatten um Desinformation und sinkender Glaubwürdigkeit der Medien haben viele von diesen das Vertrauen vor allem der jungen Generation verspielt, indem sie zugunsten ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen die Wahrheit gedehnt und häufig selbst Desinformation betrieben haben. Allen voran: FAZ und Bild.”
In den “Tagesthemen” bringt Sascha Lobo seine Sorge zum Ausdruck, dass sich eine ganze digitale Generation nicht mehr von der Politik repräsentiert fühle. Junge Menschen könnten wegen des Gesetzes gar anfangen, Antipathien gegen die EU zu entwickeln.
Meike Laaf hat bei “Zeit Online” ähnliche Befürchtungen: Die Art, wie Befürworter der Urheberrechtsreform den Protest dagegen abgewertet haben, schwäche das Vertrauen in die Europapolitik: “Die Frage ist nun, was all diese Menschen machen werden mit ihrer Wut. Besonders Frustrierte werden daraus die Konsequenz ziehen, sich von der Europapolitik insgesamt angeekelt abzuwenden. Andere werden bei der Europawahl diejenigen abstrafen, die diese Reform vorangetrieben haben — und unter Beweis stellen, dass #NieWiederCDU für sie mehr ist als ein Hashtag.”
Peter Welchering kommentiert bei den “Riffreportern”: “Bei der Reform des europäischen Urheberrechts geht es um grundlegende Fragen, die auch darüber entscheiden, ob Journalisten und andere Urheber von ihrer Arbeit überhaupt noch leben können. Eigentlich ist es erstaunlich, dass wir Urheber nicht schon seit Wochen im Streik sind.”
Bei “Spiegel Online” schreibt Patrick Beuth: “Am 26. Mai, bei der nächsten Europawahl, wird sich nun zeigen, wie viele Menschen ihre Stimme als Abwehrmittel gegen diesen verordneten Stillstand verstehen.”
Jan Vollmer war als Reporter in Berlin auf der #SaveYourInternet-Demo, auf der viele junge Menschen gegen das neue Gesetz protestierten. Man merkt Vollmer den tief sitzenden Frust an, wenn er bei t3n.de zum Ende hin schreibt: “Vielleicht will die junge Generation Voss, Caspary und Co. auch etwas beibringen. Bei den Europawahlen kann man sich ab 18 Gehör verschaffen. Und einer der beliebtesten Slogans der Demonstranten am Samstag war: “Nie mehr CDU”.”
Und beim ZDF schlägt Kristina Hofmann einen Bogen zu den “Fridays for Future”-Demos: “Am Freitag werden wieder Zehntausende junge Leute auf die Straße gehen und zusammen mit Greta Thunberg für einen besseren Klimaschutz demonstrieren. Haben die Demonstranten wieder alle angeblich keine Ahnung? Sind sie von den Umweltorganisationen und Grünen instrumentalisiert und haben von dem Ausgleich zwischen Energiegewinnung und Sicherung von Arbeitsplätzen am Industriestandort Deutschland noch nie etwas gehört? Dann redet doch einfach weiter dauernd über die Schulpflicht!

2. YouTube, aber fair
(zeit.de, Heinrich Wefing)
Es gibt aber auch Gegenmeinungen. Heinrich Wefing schreibt bei “Zeit Online”: Das Ergebnis der Abstimmung werde “viele verbittern, die zum ersten Mal mit aller Leidenschaft für eine Sache auf die Straße gegangen sind. Und doch ist die Entscheidung am Ende richtig. Sie zwingt die Netzkonzerne in die Verantwortung. Und sie zeigt, dass Europa endlich anfängt, die Macht der Tech-Giganten einzuhegen.” Viel spreche dafür, “dass sich die Horrorszenarios der Reformgegner recht bald als übertrieben erweisen. YouTube wird nicht abgeschaltet werden, und auch die Meinungsfreiheit dürfte keinen Schaden nehmen.”

3. EU-Urheberrechtsreform: Abgeordnete drückten falschen Knopf
(futurezone.at)
Das Kopfschütteln findet kein Ende: Wie ein Europaabgeordneter twittert, hätte die Abstimmung über Upload-Filter und Leistungsschutzrecht auch anders ausgehen können. Korrekturlisten aus dem EU-Parlament würden zeigen, dass zehn Abgeordnete des EU-Parlaments einen “falschen Knopf” gedrückt hätten.

4. Das steht in der EU-Urheberrechtsrichtlinie
(golem.de, Friedhelm Greis)
Was steht eigentlich in der 149 Seiten umfassenden EU-Richtlinie zum “Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt”? Friedhelm Greis geht in seiner Analyse die entscheidenden Passagen durch.
Weiterer Lesehinweis: In einem weiteren Artikel schreibt Greis über den im Raum stehenden angeblichen Kuhhandel zwischen Deutschland und Frankreich in Sachen Uploadfilter (siehe dazu auch den “FAZ”-Beitrag Altmaier opfert Start-ups im Urheberrecht). Altmaier habe “wenigstens das Leistungsschutzrecht retten” wollen.

5. “Deut­sch­land hat eine lange Tra­di­tion, Euro­pa­recht falsch umzu­setzen”
(lto.de, Maximilian Amos)
Auf “Legal Tribune Online” hält der Zivilrechtsprofessor Michael Beurskens den Kompromissvorschlag für “evident europarechtswidrig”. Gegebenenfalls verstoße er sogar gegen das nationale Verfassungsrecht. Was “kreative” Umsetzungen des deutschen Gesetzgebers anbelangt, ist Beurskens mehr als skeptisch: “Deutschland hat eine lange Tradition, Europarecht falsch umzusetzen. Im Zweifel wird die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten oder ein Urheber, der seine Rechte nicht an eine VG übertragen hat, die Frage in einem Prozess dem EuGH vorlegen lassen.”

6. Artikel 13 kommt: Was du jetzt mit deiner Wut anfangen kannst
(vice.com, Sebastian Meineck)
Millionen Unterschriften und Zehntausende Protestierer haben nichts genutzt: Die meistgehasste EU-Reform ist seit gestern beschlossene Sache. Wie kann und wird es jetzt weitergehen? Sebastian Meineck stellt seinen persönlichen Drei-Punkte-Plan vor: “1. Nicht aufgeben, denn was genau aus Artikel 13 wird, ist noch offen. 2. Stolz sein, denn die Internet-Generation hat jetzt eine politische Stimme. 3. Kritisch bleiben, denn das freie Internet wird auch von anderer Seite bedroht.”

Frauenaufstand im Vatikan, Apples Pläne, Abgeschminkte “Welt”-Auflage

Vorbemerkung: Aus aktuellem Anlass folgt im Lauf des Tages eine Sonderausgabe zur umstrittenen EU-Urheberrechtsreform.

1. Frauenaufstand im Vatikan
(sueddeutsche.de, Matthias Drobinski)
Die vatikanische Frauenzeitschrift “Donne Chiesa Mundo” hat sexuelle Gewalt von Priestern und Ordensmännern gegen Nonnen angeprangert. Papst Franziskus musste einräumen, dass dieses Problem existiert. Trotzdem ist die komplette Redaktion aus elf Frauen zurückgetreten. Chefredakteurin Lucetta Scaraffia: “Wir werfen das Handtuch, weil wir uns von einem Klima des Misstrauens und einer fortschreitenden Delegitimierung umgeben sehen.” Auch andere Vatikan-Journalisten würden darüber klagen, dass ausgerechnet unter Papst Franziskus die Freiräume für sie enger geworden seien.
Weiterer Lesetipp: In Australien drohen 23 Journalisten Geldstrafen und Haft. Ihr “Vergehen”: Sie hatten trotz Berichterstattungsverbot über den Missbrauchsprozess gegen den ehemaligen und mittlerweile zu sechs Jahren Haft verurteilten Vatikan-Finanzchef George Pell berichtet (sueddeutsche.de).

2. “Die Welt” kündigt Ende der Auflagen-Kosmetik an
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Keine andere überregionale Tageszeitung habe eine derartige Auflagenkosmetik betrieben wie die “Welt”, so Uwe Mantel bei “DWDL”: Rechne man alle kosmetischen Maßnahmen heraus, bleibe weniger als die Hälfte übrig. Das soll sich nun ändern, halb freiwillig, halb durch die Umstände gezwungen.

3. Wenn alle sehen, wie man pinkelt
(taz.de, Finn Holitzka)
Das Fotoprojekt #DeinKindAuchNicht wirbt mit provozierenden Bildern dafür, die Privatsphäre von Kindern in sozialen Netzwerken zu wahren. Die Botschaft richtet sich dabei vor allem an die stolzen Eltern, die oft gedankenlos die Bilder ihrer Sprösslinge ins Netz stellen.

4. Bevor Sie als Verleger in Apple News+ die Zukunft für Ihre digitalen Medien sehen, sollten Sie das hier lesen
(meedia.de)
Anfang der Woche hat Apple seinen neuen Dienst Apple News+ vorgestellt, ein Flatrate-Angebot für Magazine und Zeitungen, das gerne auch als “Netflix für News” bezeichnet wird. Was bedeutet dies nun für die Verlage? Wird Apples neuer Dienst gar den weltweiten Medienmarkt umkrempeln? Bei “Meedia” gibt es eine spannende Analyse mit allen wichtigen Hintergrundinformationen und einigen Argumenten für und gegen Apples neuen digitalen Zeitungsstand.

5. Kommentar: Apple TV+ ist viel heiße Luft
(heise.de, Ben Schwan)
Apple hat am Montag nicht nur seinen neuen Dienst Apple News+ vorgestellt, sondern auch den Streamingdienst Apple TV+ für den Herbst angekündigt. Ben Schwan äußert sich zurückhaltend: “Alles in allem bleibt von Apple TV+ bislang nicht viel mehr als heiße Luft — das zu verbergen gelang nicht einmal den vielen Promis auf der Bühne. Wenn man bedenkt, wie lange die Vorbereitungszeit war, die Apple für den Streamingdienst hatte, ist das enttäuschend. Apple versucht offensichtlich angesichts all der Ankündigungen der Hollywood-Studios und TV-Channel, eigene Streamingdienste zu starten, Claims abzustecken.”

6. Meisterwerke nach ihren schwarzen Modellen umbenannt
(diepresse.com)
Für die Ausstellung “Das schwarze Modell — Von Gericault bis Matisse” im Pariser Musée d’Orsay sind Meisterwerke nach ihren schwarzen Modellen umbenannt worden. Dem ging eine aufwändige Recherche voraus, so die Kuratorin. Zwar hätten Schwarze bei der Entstehung moderner Kunst in Paris eine wichtige Rolle gespielt, doch seien ihre Namen unerwähnt geblieben und ihr Einfluss in der Kunstgeschichte wegen Rassismus und Stereotypen in den Hintergrund gedrängt worden.

Durchgestochen, Wikipedias Protest-Abschaltung, Gewalt-Verharmloser

1. “Ein faires Strafverfahren steht auf dem Spiel”
(rbb24.de, Martin Krebbers)
Im Fall der vermissten, 15-jährigen Rebecca aus Berlin wurden zahlreiche Details über erste Ermittlungsergebnisse und die Familie sowie Fotos des Tatverdächtigen veröffentlicht. Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger hat mit der Form von Echtzeit-Berichterstattung ein Problem. Ihr Vorsitzender Stefan Conen erklärt im Interview: “Das ist ja nicht nur ein Problem, was ich habe, sondern auch der Gesetzgeber. Informationen aus Ermittlungskreisen durchzustechen — und das wird hier vornehmlich die Polizei sein, die Staatsanwälte kenne ich, von denen glaube ich das nicht — das ist eine Straftat.”

2. Gibt es noch gute Nachrichten, Herr Wickert?
(zeit.de, Jochen Wegner & Christoph Amend, Audio: 12:18 Minuten)
Im “Zeit”-Podcast “Alles gesagt” wird so lange gesprochen, bis der Gast befindet, dass es nun gut sei. Das kann schon mal fünf Stunden dauern wie beim Gespräch der “Zeit Online”- beziehungsweise “Zeit Magazin”-Chefs Wegner und Amend mit dem Musiker Herbert Grönemeyer. Beim Interview mit dem Journalisten und Bestsellerautor Ulrich Wickert lief alles anders: Kaum hatte das unterhaltsame Gespräch mit dem langjährigen “Tagesthemen”-Moderator begonnen, war es auch schon wieder zu Ende. Wickert hatte (versehentlich?) sein Stopp-Wort gesagt. Die gut zwölf Minuten lohnen sich trotzdem. Außerdem bleibt die Hoffnung, dass es sich nur um einen Cliffhanger für eine längere Folge handelt.
Weiterer Tipp: Bei ARD-Alpha gibt es ein Gespräch mit Wickert zu sehen, das immerhin 45 Minuten dauert.

3. Protest gegen Artikel 13: Wikipedia schaltet sich ab
(heise.de, Torsten Kleinz)
Als Protest gegen die EU-Urheberrechtsreform soll am 21. März die deutschsprachige Wikipedia komplett abgeschaltet werden. So haben es die Wikipedia-Autoren bei einer Abstimmung beschlossen. Die Wikipedia-Community befürchtet die Errichtung einer Zensur-Infrastruktur und sieht die Gefahr, dass der freie Fluss von Informationen eingeschränkt werde.

4. So wird Gewalt an Frauen verharmlost
(orf.at, Romana Beer)
In Österreich wurden vergangenes Jahr über 40 Frauen von Männern ermordet. Derlei Gewalttaten werden in den Medien immer wieder verharmlost, den Opfern wird eine Mitschuld zugeschrieben. Morde werden unter anderem als “Ehedrama”, “Beziehungsdrama” und “Familiendrama” bezeichnet und auf diese Weise als familiäre Zwiste kleingeschrieben. Brutale Angriffe auf Frauen werden als “missglückter Flirt” bezeichnet und Vergewaltigungen sprachlich in die Nähe von (einvernehmlichem) Sex gerückt. Romana Beer hält eine angemessene und sprachlich sensible Berichterstattung für einen Teil der Prävention: “Indem sie ihre Wortwahl kritisch hinterfragen, können Redaktionen einen Teil dazu beitragen, ein Klima zu schaffen, in dem Gewalt an Frauen nicht verharmlost wird.” Weiterer Lesetipp: Wie der Boulevard sexuelle Gewalt verharmlost (kobuk.at, Philipp Pramer).

5. “Ich war eine Alibifrau”
(taz.de, Simone Schmollack)
Marlies Hesse wurde 1968 Pressechefin des “Deutschlandfunks” und war dort die erste Frau in einer Führungsposition. Eine “Alibifrau”, wie man ihr gegenüber später zugab. Die “taz” hat sich mit Hesse unterhalten, die für die Gleichberechtigung von Frauen im Journalismus eintritt und den nach ihr benannten Preis für Nachwuchsjournalistinnen gestiftet hat.

6. “Achillesfersen finden, nutzen und schauen was passiert”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Miguel Robitzky war gerade mal 16 Jahre alt, als er sich mit seinen Karikaturen beim Medienportal “DWDL” bewarb. Das ist nun fünf Jahre und über 250 Karikaturen her und Anlass, sich mit dem jungen Zeichner über seine Arbeit zu unterhalten. Robitzky auf die Frage, wie er mit Kritik umgeht: “(…) ich reagiere auf Kritik wie ich auf alles reagiere: mit Masturbation.”

Bild.de lässt Bergmänner am Times Square demonstrieren

Die Bundesregierung hat beschlossen, bis 2038 aus der Braunkohle auszusteigen. Doch die “Bild”-Zeitung ist dagegen.

Der Ausstieg sei viel zu “teuer und kompliziert”, wetterte “Bild”-Vize Nikolaus Blome schon kurz nach dem Beschluss. Wenn es nach den Grünen und den Umweltschützern ginge, säßen wir “irgendwann alle im Dunkeln.”

Von “Öko-Irrsinn” ist die Rede, von “Klima-Chaos”. Der Kohleausstieg: ein riesiger Fehler! “Unser Wohlstand verträgt keinen übereilten Kohle-Ausstieg!”, schreit “Bild” schon vor dem Beschluss und warnt: “STANDORT DEUTSCHLAND IN GEFAHR!” Und nicht nur das!

BILD-Titelseite: Steuern! Strompreis! Arbeitsplätze! DAS KOSTET UNS DAS KOHLE-AUS
Schlagzeile Bild.de: Experten rechnen mit Strompreis-Hammer
Schlagzeile Bild.de: Energiewende - Wie viel Kohle ist uns das wert?
Schlagzeile BILD: Kohle-Aus kostet bis zu 78,5 Milliarden Euro
Schlagzeile BILD: Milliarden-Loch - Scholz geht wegen Kohle-Aus die Kohle aus
Schlagzeile BILD: Merkel äußert Zweifel am Kohle-Ausstieg - Wenn wir so weitermachen, werden wir scheitern

Heute präsentiert Bild.de …

Schlagzeile Bild.de: 5 Gründe, warum der Kohle-Ausstieg so nicht funktioniert

Grund Nummer 3:

Widerstand in den Regionen. Aus den betroffenen Kohle-Regionen — Sachsen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg — gibt es Widerstand gegen das Kohle-Aus, weil viele Jobs wegfallen. Im Saarland unterzeichneten mindestens ein Dutzend Bürgermeister einen Brief an die Bundesregierung, sie fordern finanzielle Unterstützung. Sogar am Times Square in New York wurde demonstriert.

Der Link steht da so im Original, und wer sich die Mühe macht, ihn anzuklicken, sieht schnell, dass das keine Demonstration empörter Braunkohlearbeiter war …

Schlagzeile Bild.de: Bergbau-Label "Grubenhelden" mit Flashmob aus New York - Pott-Kumpel leuchten am Times Square - Mode-Start-Up nimmt auch an der Fashion Week teil

… sondern eine PR-Kampagne von einem Modelabel.

Mit Dank an den Hinweisgeber!

Blättern:  1 ... 30 31 32 ... 48