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Geht ‘ne Journalistin zum Arzt …

Der Begriff “Symbiose” bezeichnet die Vergesellschaftung von Individuen unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist. Zu einer Symbiose kann es nicht nur im Tier- und Pflanzenreich kommen (z.B. Clownfisch und Anemone), symbiotisch scheint auch das Verhältnis zwischen der Stuttgarter “Bild”-Reporterin Alexandra zu Castell-Rüdenhausen und dem Stuttgarter Arzt Dr. Bernd Kölmel zu sein, der aktuell Schlagzeilen mit seiner launigen Einstellung gegenüber älteren Patienten macht:

Arzt genervt von Alten: "Ich kann das Gejammer der Rentner nicht mehr hören"

Der Internist, der bereits 65 Jahre alt ist und damit selbst irgendwie zu den “Alten” gehört, die ständig in der Arztpraxis sitzen, jammert als “erster Arzt” über das Gejammer der Rentner:

Mir gehen die Alten oft auf den Keks. Morgens sitzen sie schon früh im Wartezimmer und führen sich auf, als wären sie beim Kaffeeklatsch. Viele von ihnen kommen aus Langeweile. Im Fernsehen läuft morgens noch nichts. Für den Tratsch auf der Straße ist es zu kalt.

Dieser Tonfall zieht sich durch den ganzen Artikel. Am Ende erklärt Kölmel noch:

Früher hatte ich noch den Lesezirkel abonniert. Da gab es zur Unterhaltung auch noch kostenlose Zeitschriften. Wie beim Friseur. Als ich die abbestellt hab, haben sich die Patienten tatsächlich beschwert …

Die Abrechnung mit alten Patienten, die auch noch einen Folgeartikel über die nun wegen Kölmel verärgerten Rentner und sogar einen Kommentar von Gesundheitsminister Philipp Rösler im “Deutschen Ärzteblatt” nach sich zog, ist jedoch nicht das erste Beispiel der erfolgreichen Symbiose zwischen Journalistin mit Schlagzeilendruck und Arzt mit gesteigertem Mitteilungsbedürfnis. Alexandra zu Castell-Rüdenhausen und Dr. Bernd Kölmel sind schon seit Jahren ein eingespieltes Team.

Bereits im Mai 2007 mockierte sich Kölmel gegenüber zu Castell-Rüdenhausen nicht nur über Alte, sondern über unpünktliche, zahlungsunwillige, besserwisserische, faule und stinkende Patienten im Allgemeinen:

Ärzte schlagen zurück ++ Viele Patienten sind unpünktlich ++ Sie wissen alles besser ++ Manche müffeln nach Schweiß und alten Socken ++

Im März 2009 gestand Dr. Bernd Kölmel laut “Bild” als “erster Arzt”, er nehme Vorkasse, bevor er bestimmte Patienten behandele:

Erster Arzt gesteht: Ich nehme Vorkasse

Im August 2009 verkündete Kölmel – selbstverständlich als “erster Arzt” – gegenüber Frau zu Castell-Rüdenhausen, Stuttgart sei der Schweinegrippe nicht gewachsen:

Stuttgart ist der Seuche nicht gewachsen ...klagt dieser Arzt die Behörden an

Kölmel selbst stellte zur Sicherheit ein Schild auf mit den Worten: “Patienten, die eine Schweinegrippe bei sich für möglich halten, haben keinen Zutritt zur Praxis…” Außerdem kritisierte er das baden-württembergische Gesundheitsministerium wie folgt:

Ich hole mir derzeit meine Infos aus der BILD. Vom zuständigen Ministerium kommt nichts. Das ist skandalös.

Das ist praktisch, denn zur SchweinegrippenPanikberichterstattung von “Bild” trug Kölmel fleißig selbst mit bei. Im September 2009 tauchte er in einem weiteren Artikel der Stuttgarter Regionalausgabe von “Bild” – natürlich von Alexandra zu Castell-Rüdenhausen – auf:

Es kommt noch schlimmer! Internist Dr. Bernd Kölmel (62) warnt: “Eine große Erkrankungswelle steht unmittelbar bevor.” Er erklärt, warum: “Die Ferien sind zu Ende, fast alle Verreisten aus dem Urlaub zurück.” Viele davon könnten das Schweingerippe-Virus aus anderen Ländern (z.B. Spanien) mitgebracht haben. Außerdem, so der Arzt: “Das Wetter wird schlechter. Regen, kühler Wind. Damit steigt die Infektanfälligkeit.” Und dann die Feste. Kölmel: “Weindorf und Cannstatter Volksfest sind guter Nährboden für die Viren. Überall, wo Menschenansammlungen sind, besteht sehr große Ansteckungsgefahr.”

Wann Dr. Kölmel endlich genug von lästigen Patienten hat und selbst in Rente geht und mit wem Frau zu Castell-Rüdenhausen (bekannt auch für Schlagzeilen wie “Darum ging mein Mann mit
meiner Mama in den Swinger-Club”
) dann eine neue Symbiose eingeht, werden wir sicher erfahren. In “Bild” natürlich, wo sonst?

Mit großem Dank an Ralf M.

Nachtrag, 20. Dezember: Zahlreiche Leser haben uns auf Diskrepanzen bei Kölmels Alter hingewiesen. Der Fehler liegt bei “Bild”: Kölmel war 2007 62 Jahre alt und ist heute 65. 2009 hatte “Bild” lediglich vergessen, Kölmels Alter anzupassen, weswegen er immer noch als 62-jähriger angeführt wurde.

Pizza Kuriosa

Bild.de vermeldet aus Stuttgart eine Sensation:

Fast-Food-Sensation: In Stuttgart steht Deutschlands erster Pizza-Automat

Was wahr sein könnte, wenn denn nicht schon seit dem 25. September 2010 in Jena ein Pizzaautomat stehen würde, wie ein am 27. September auf YouTube hochgeladenes Video zeigt:

Ob der Pizzaautomat in Jena tatsächlich der erste in Deutschland ist, der nicht nur zu Vorführzwecken aufgestellt wurde, kann uns Kevin Büttner von der Firma “quickpizz”, die den Automaten dort betreibt, auch nicht mit Sicherheit sagen. Über die Story bei Bild.de hat er sich aber auch gewundert.

Assange des Jahres

Egal ob Super-Schurke oder nicht — Wikileaks-Chef Julian Assange ist immer eine Schlagzeile wert. Und da der Informations-Rebell nach einer Leser-Abstimmung großer Favorit für den renommierten Titel “Person of the Year” der US-Zeitschrift “Time” war, wollte sich Bild.de in der Reihe der Gratulanten ganz vorne anstellen:

Time Magazine, Rolling Stone, Death + Taxes: Magazine weltweit feiern den Wikileaks-Chef – für sie ist Julian Assange (39) der Mann des Jahres.

Allein: Die Redaktion von “Time” hat Julian Assange den Titel gar nicht verliehen, sondern Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zur “Person of the Year” gekürt. Das Titelbild mit Assanges Gesicht zierte schon die Ausgabe vom 13. Dezember und hat mit der Auszeichnung nichts zu tun.

Inzwischen hat Bild.de den Artikel eiligst umgeschrieben: Nun ist Assange nur noch für “manche” Magazine “DER Mann des Jahres”.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Knapp Salbei ist auch daneben

Investigative Journalisten erkennt man daran, dass sie nach den Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen im Leben suchen. Bild.de macht heute vor, wie’s geht:

Skandal-Video aufgetaucht Was raucht Miley Cyrus in der Wasserpfeife? Teenie-Star bekommt Halluzinationen ++ Vater: Ich bin traurig

Besagtes “Skandal-Video”, das ursprünglich auf der amerikanischen Promiklatschseite tmz.com erschienen war, hat Bild.de selbstverständlich auch gleich parat. Und eine messerscharfe Analyse:

Die Pfeife verfehlt dabei nicht ihre Wirkung! Miley kichert und redet wirres Zeug

Apropos “wirres Zeug”: Was die Beantwortung der Eingangsfrage angeht, erfährt der interessierte Leser Folgendes:

Angeblich sollen sich in der Bong nur Salbei-Kräuter befunden haben, die nicht verboten sind. Bei den Bildern fällt es jedoch schwer zu glauben.

So schwer zu glauben ist das nicht, wenn man weiß, dass es hier nicht um herkömmlichen Heilsalbei (Salvia officinalis) geht. Tatsächlich soll Miley Cyrus laut tmz.com und anderen Medien sogenannten Azteken-Salbei (Salvia divinorum) konsumiert haben — ein in Deutschland nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht-verkehrsfähiges Rauschmittel, dessen Wirkstoff Salvinorin A als das potenteste natürlich vorkommende Halluzinogen gilt.

In Kalifornien, wo das Video auf der Feier zum 18. Geburtstag von Miley Cyrus entstand, ist Azteken-Salbei jedoch erlaubt. Und zwar ab 18.

Mit Dank an Bruder B!

Hier richtet der Staatsanwalt noch selbst

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat, in dem Gewaltenteilung praktiziert wird. Die Strafverfolgungsbehörden gehören dabei der Exekutive, die Gerichte der Judikative an. In Strafprozessen erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, der Angeklagte hat das Recht auf einen fairen Prozess und juristischen Beistand, am Ende urteilt das Gericht.

Soweit die graue Theorie der Juristerei. Und jetzt schnell wieder hinein in die bunte Wunderwelt von Bild.de:

Im Prozess gegen Schauspieler Karsten Speck ("Hallo Robbie") ist das Urteil gefallen! Speck wurde am Montagvormittag von der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) zu fünf Jahren Haft wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt!

Mit Dank an Lisa H. und Robert K.

Nachtrag, 16.15 Uhr: Bild.de hat aus der “Staatsanwaltschaft” das “Landgericht Frankfurt (Oder)” gemacht.

Ohne Gewähr

Wer sich am Sonntagabend auf Bild.de vielleicht schon auf einen Millionengewinn im Lotto gefreut hatte, hat Pech gehabt.

Glück gehabt? Die Lottozahlen Gewinnzahlen 6 aus 45, 49. Veranstaltung 2010  5 - 7 - 11 - 12 - 15 - 40  Zusatzspiel: 21  (ohne Gewähr)

Bei diesen Zahlen handelt es sich nicht um die Lottozahlen, sondern um die Ergebnisse der Toto-Auswahlwette 6 aus 45.

Inzwischen wurde die Meldung aus der Übersicht im Bild.de-Newsticker entfernt.

Mit Dank an Mario.

Super-Schurke Wikileaks

Wikileaks bestimmt noch immer die Schlagzeilen. Doch heute bekommen die Enthüllungen auf der Plattform selbst kaum Raum, vielmehr konzentriert sich die redaktionelle Aufmerksamkeit ganz auf den “Hacker-Krieg” um die Enthüllungsplattform. Die lose Gruppierung “Anonymous” hat zu Attacken auf vermeintliche Wikileaks-Feinde aufgerufen — und tatsächlich waren einige Webseiten für kurze Zeit nicht erreichbar.

Grund genug für Bild.de, drängende Fragen zu stellen:

Kristinn Hrafnsson – die Nummer 2 bei Wikileaks - Steuert dieser Isländer den Cyberkrieg?

Die Antwort jedoch enthält Bild.de seinen Lesern vor. Dass beide Gruppierungen betonen, keine direkte Verbindungen untereinander zu haben und dass “Anonymous” bereits zahlreiche andere Kampagnen durchgeführt hat, kommt weder in diesem, noch in den zwei anderen Artikeln zum Thema vor.

Stattdessen hat Bild.de ganz exklusiv erfahren wie teuer die Aktionen der “Wikileaks-Hacker” sind:

"Die negativen Begleitfolgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind sehr ernst zu nehmen", so Fritsche. "Vertrauensverluste, Arbeitplatzverluste für Arbeitnehmer oder Wettbewerbsverzerrungen."  Den möglichen Schaden der Wikileaks-Angriffe würden Experten auf 20 bis 50 Milliarden Euro schätzen.

Die Zahl ist besonders beeindruckend, wenn man berücksichtigt, dass keine der bisher angegriffenen Organisationen ihren Sitz in Deutschland hatte. Die Schäden in den Ländern, die tatsächlich Ziel der Angriffe waren, müssen in die Trillionen gehen.

Oder auch nicht. Bei den Kollegen von “Welt Online” klingt es nämlich ganz anders:

Aber auch ohne Wikileaks sind deutsche Unternehmen seit Jahren in höchstem Maße durch Computerspionage gefährdet. Grobe Schätzungen sprechen von Schäden in Höhe von 20 bis 50 Milliarden Euro jedes Jahr. Laut einer Statistik des Wirtschaftsberatungsunternehmens KPMG wurde jedes vierte deutsche Unternehmen in den letzten drei Jahren Opfer von Cybercrime.

Bild.de hat also mal eben alle digitalen Straftaten in Deutschland auf das publizistische Konto von Wikileaks geschrieben. Weitere Exklusiventhüllungen um den Super-Bösewicht “Dr. Leaks” lassen damit bestimmt nicht lange auf sich warten.

Warum Assanges Aktivitäten so überaus verwerflich sind, erklärt Profi-Rechercheur ”Bild”-Kolumnist Ernst Elitz heute in einem Kommentar:

Journalismus wägt ab und gräbt tiefer, denn er weiß: Die Wahrheit liegt meist unter der Oberfläche. Der Journalist will die Welt erklären. Assange will nur bloßstellen und Vertrauen zwischen den Staaten zerstören. Damit erklärt er sich selber zum Staatsfeind.

Zum Staatsfeind wird man also, wenn man keinen ordentlichen Journalismus betreibt, die Wahrheit unter der Oberfläche ignoriert und nur bloßstellen will. Wenn es danach geht, müsste Elitz eigentlich in Kürze zum Einsatz der Bundeswehr gegen Bild.de aufrufen.

Mit Dank auch an Alex.

Alle Unbeteiligten blieben unverletzt

Man soll mit sowas ja keine Späße machen, aber stellen wir uns für einen Moment mal vor, der Fahrer von Angela Merkels Dienstwagen setzt das Automobil in den Straßengraben. Er war allein unterwegs, um die Kanzlerin abzuholen, und ihm ist nichts schlimmes passiert.

Würden die Zeitungen am nächsten Tag groß über diese, für Merkel gefährliche Situation berichten? Es ist nicht auszuschließen.

Die Yacht des Formel-1-Fahrers Felipe Massa ist bei einem Unfall vor der Küste von Sao Paulo völlig zerstört worden. Der Kapitän hatte bei der Anfahrt zum Hafen offenbar einen Anfall erlitten und die Kontrolle über das Schiff verloren, weswegen es mit einem Felsen kollidierte. Massa selbst und seine Familie waren nicht an Bord, sie hatten auf die Yacht gewartet und den Unfall am Telefon verfolgt.

Und so berichten deutsche Medien über das Geschehen:

Formel 1: Massa entgeht Katastrophe. Glück im Unglück hatte Felipe Massa. Der Brasilianer entging knapp einer Katastrophe.
(sport1.de)

Massa übersteht Yacht-Unfall. Glück im Unglück für Ferrari-Star Felipe Massa (29).
(Bild.de)

Mit Dank an Tommy K.

Kanak Sprak

Heute wurden die Ergebnisse einer neuen PISA-Studie vorgestellt, die sich vor allem mit der Lesekompetenz der Schüler beschäftigt. Grund genug für Bild.de, den Chef des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, zu dem Thema zu befragen.

Meidinger sagt, dass der relativ hohe Migranten-Anteil an unseren Schulen “mitverantwortlich” für das schlechte Abschneiden der Deutschen sei. Er bemängelt “die gescheiterte Integrationspolitik in Deutschland, die über mehr als zwanzig Jahre lang versäumt hat, das Problem der Sprachkenntnisse bei Einwanderern zu thematisieren und systematisch anzugehen”, fordert eine flächendeckende Sprachförderung von Kleinkindern und hebt den Einfluss des Elternhauses hervor:

Doch in vielen Einwanderer-Familien sei “die Sprachkompetenz der Eltern noch schlechter als die ihrer Kinder”.

Das führt laut Meidinger im Ergebnis dazu, dass Kinder aus sozial schwachen, bildungsfernen Migranten-Familien deutlich schlechtere Chancen auf einen erfolgreichen Schulabschluss haben als Kinder aus sozial bessergestellten, bildungsnahen Familien. “Dasselbe gilt natürlich auch für Kinder ohne Migrationshintergrund”, sagt der Bildungs-Experte weiter.

Also alles in allem durchaus differenzierte Antworten, die der “Bildungs-Experte” da gegeben hat. Bild.de fasst seine Aussagen so zusammen:


Philologen-Chef Heinz-Peter Meidinger: Migranten ziehen Pisa-Ergebnisse nach unten

In der gedruckten “Bild” war für Ausdifferenzierungen dann gar kein Platz mehr:

Philologen-Chef: Migranten ziehen Pisa-Ergebnisse nach unten. Berlin - Die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie belegen, dass deutsche Schüler besonders bei der Lesekompetenz schlecht abschneiden. Der Chef des Deutschen Philologenverbandes (DPhV), Heinz-Peter Meidinger, sagte BILD.de: "Der relativ hohe Migranten-Anteil an unseren Schulen ist mitverantwortlich für das schlechte Ergebnis der Deutschen bei der Pisa-Studie." Für den Bildungs-Experten sind vor allem "ihre Sprachdefizite das Problem".

Mit Dank an Vincent und Christian S.

Angst essen Hirn auf

Man fragt sich langsam, was die Studien des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) an sich haben, dass sie so gerne falsch verstanden werden.

Als vergangene Woche in Hannover die “Zentralen Befunde des zweiten Forschungsberichts des Projekts ‘Gewalt gegen Polizeibeamte’ zu den Tätern der Gewalt” (PDF) vorgestellt wurden, in denen es in genau einem von zehn Punkten auch um Täter nichtdeutscher Herkunft ging, titelte die Hannoveraner Regionalausgabe von “Bild” reißerisch:

Gewalt gegen Polizisten! Fast jeder 2. Täter ist ein Migrant

… und liegt damit klar daneben. Denn während “Bild” behauptet, “42,9 Prozent der Schläger sind Migranten, vor allem Muslime, Russen”, heißt es im KFN-Bericht unter Punkt 2:

Von allen berichteten Tätern hatten laut Angaben der Polizeibeamten 37,8 % eine eindeutig benennbare nichtdeutsche Herkunft.

Wo “Bild” die 42,9 Prozent her hat, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Im KFN-Bericht, der sich übrigens auf eine wenig repräsentative Polizistenbefragung aus dem Jahr 2009 bezieht (BILDblog berichtete), findet sich diese Zahl jedenfalls nirgends, sodass von “fast jeder 2.” nur noch etwas mehr als ein Drittel übrig bleibt.

Auch handelt es sich bei den besagten Tätern nicht um “Migranten”, wie von “Bild” behauptet, sondern um Personen, die von betroffenen Polizisten für “Nichtdeutsche” gehalten werden. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler würde bestimmt dazugehören. Im KFN-Bericht heißt es dazu etwas schwammig:

Dabei wurde “Herkunft” im Fragebogen nicht definiert; aufgrund des deutlich über den in der [Polizeilichen Kriminalstatistik] ausgewiesenen Anteil nichtdeutscher Täter (2009: 18,6 %) liegenden Wertes in der Stichprobe ist aber davon auszugehen, dass sich die Beamten beim Beantworten der Frage nach der Herkunft eher auf einen vorhandenen Migrationshintergrund und nicht auf das Vorliegen einer nichtdeutschen Staatsangehörigkeit bezogen haben.

Vielleicht hat die Unfähigkeit von “Bild”, was die Auswertung von Studien angeht, aber auch weniger mit dem Institut zu tun, das sie anfertigt, sondern vielmehr mit dem Thema “Islam”.

Eine andere Studie des Exzellenzclusters “Religion und Politik” ergab kürzlich, dass 58 Prozent der Westdeutschen und 62 Prozent der Ostdeutschen dem Islam gegenüber kritisch eingestellt sind. Bemerkenswert an diesen Ergebnissen ist vor allem, dass die Deutschen nichtchristlichen Religionen gegenüber – also etwa auch dem Judentum oder dem Hinduismus – im europäischen Vergleich am intolerantesten abschnitten.

Bild.de interpretierte das dennoch ganz einfach so:

Neue Studie Jeder zweite Deutsche hat Angst vor dem Islam

Der dazugehörige Artikel beginnt mit den Worten:

Ehrenmorde, Zwangsehen, religiöse Fanatiker – sie prägen das Bild vieler Deutscher vom Islam. Die Folge: Angst. Über die Hälfte der Deutschen steht dem Islam kritisch gegenüber.

Abgesehen davon, dass es in der Studie nicht um “Angst” ging, sondern darum, ob Menschen ein negatives oder ein positives Bild von verschiedenen Religionen haben, weiß man jetzt wenigstens, wo Intoleranz gegenüber und Angst vor dem Islam herkommen.

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