Archiv für 6 vor 9

Schufa-Knacker, Plagiatsjagd, Phantomartikel

1. Jetzt mitmachen: Wir knacken die Schufa (Update)
(netzpolitik.org, Arne Semsrott)
Das Projekt „OpenSCHUFA“ will das “Schufa”-Scoring rekonstruieren, um herauszufinden, ob dort diskriminiert wird. Dabei ist man jedoch auf „Datenspenden“ angewiesen: Je mehr Menschen kostenlos ihren “Schufa”-Score abfragen und die Daten bereitstellen, desto aussagekräftiger die Ergebnisse. Die “Schufa” hat auf die Kampagne reagiert. Dort ist man alarmiert und sieht Gemeinwohl und Gesellschaft gefährdet: „Die SCHUFA bezeichnet das Vorhaben als klar gegen die übergeordneten Interessen von Wirtschaft, Gesellschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland gerichtet.“

2. Warum die SRG Ihnen nützt, selbst wenn Sie sie nicht nutzen
(republik.ch, Mark Eisenegger & Linards Udris)
In der Schweiz tobt mit der No-Billag-Debatte ein heftiger Streit um die Zukunft der Service-public-Medien. Laut Ansicht zweier Kommunikationswissenschaftler von der Uni Zürich würden dabei die harten Fragen fast nie gestellt: Was bringt der öffentliche Rundfunk? Macht er die Leute klüger? Die Demokratie besser? Die Wirtschaft stabiler? Die privaten Medien ärmer? Und für welches politische Lager ist er wichtiger? Weiterer Lese- und Hörtipp: Christian Jakubetz hat sich im „Universalcast“ mit Konrad Weber unterhalten, der sich bei der „SRG“ um die digitale Strategie kümmert: “Öffentlich-rechtlich? Einmal neu denken, bitte!”

3. Wie ich beinahe ein Plagiat enthüllte
(zeit.de, Gabriel Yoran)
Als Gabriel Yoran an einem kalten Februarabend bei Spotify klassische Musik hört, wird er stutzig: Was ihm da als Werk eines finnischen Komponisten aus dem Jahr 1994 präsentiert wird, kennt er als das Stück eines deutsch-baltischen Komponisten aus dem Jahr 1936. Yoran wittert ein Plagiat und stürzt sich in die Recherche, die ein überraschendes Ende findet. In den Hauptrollen: Spotify, Twitter, Shazam, seine Eltern, einige Experten und die Twittergemeinde.

4. Gekaufte Experten bei Facebook
(tagesschau.de, Marcus Schuler)
Ganze 18 Monate Entwicklungszeit hat Facebook die Entwicklung einer Kinder-Chat-App gekostet. Sicher sollte die App sein und von Experten geprüft! Nun berichtet das Tech-Magazin „Wired“, dass die Experten gekauft und die Jugendschützer außen vor gelassen wurden. Ganz im Gegenteil: Mehr als 100 Experten hätten Facebook-Chef Mark Zuckerberg mittlerweile aufgefordert, die App wieder einzustellen, da sie Kinder in ihrer Entwicklung gefährde.

5. So leben Deutschlands Kinder
(spiegel.de, Lena Greiner)
Die 4. World Vision Kinderstudie basiert auf einer deutschlandweit repräsentative Umfrage unter mehr als 2500 Kindern im Alter von sechs bis elf Jahren. Interessant sind die Daten zu Handynutzung und Medienkonsum: Besaßen 2010 „nur“ 66 Prozent der 10 bis 11-jährigen ein Handy, besitzen im Jahr 2017 bereits 82 Prozent ein Handy, meist ein Smartphone.

6. Phantomartikel hundertfach zitiert
(katapult-magazin.de)
Wie kann es passieren, dass ein wissenschaftlicher Phantomartikel über 400-mal zitiert wurde? Dass dieser Phantomartikel in 40 Studien Erwähnung fand, veröffentlicht in großen, repräsentativen Fachpublikationen. Das „Katapult-Magazin“ erklärt die kuriose Geschichte.

Strache vs. Wolf, AfD-Medienzentrum, Patriotische Glücksbesoffenheit

1. Fake-News-Vorwurf nur Satire?
(faktenfinder.tagesschau.de)
In Österreich gibt es einen Konflikt zwischen FPÖ und ORF, der mit zweifelhaften Mitteln ausgetragen wird. So hat Parteichef Strache einen Facebook-Eintrag veröffentlicht, in dem er auf einem Fake-Plakat in feinstem Wutbürger-Deutsch gegen den Journalisten und Moderator Armin Wolf geätzt hat. Unter Verwendung dessen Fotos. Später löschte Strache den Beitrag, es sei nur eine „Satire-Reaktion“ gewesen. Armin Wolf will den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen. Eine Medienanwältin sieht gute Chancen für Wolfs Klage gegen Strache.

2. Im Raster
(faz.net, Laura Meschede)
Etwas Zeit sollte man mitbringen, wenn Laura Meschede sich auf die Suche nach den über uns gespeicherten Informationen macht, aber die Zeit ist gut angelegt. Meschede spricht mit Technologie-Experten und Unternehmensberatern und berichtet über unseren Hang zur freiwilligen Überwachung und die damit einhergehenden Folgen. Am Ende ihrer zweimonatigen Recherche sieht ihr Rechner anders aus als zuvor: Statt Google erscheint dort startpage.com als Startseite, Cookies von Drittanbietern werden blockiert und sie verwendet den anonymen „Tor“-Browser.

3. Ungefiltert im Schmutz wühlen
(taz.de, Andreas Speit)
Die AfD bereitet eine eigene Abteilung vor, in der 20 Mitarbeiter rund um die Uhr und mit eigenem TV-Studio die AfD-Positionen und Themen verbreiten sollen. Laut Bundespressesprecher Christian Lüth ginge es darum, „eine Art War Room aufzubauen, der für uns unsere Inhalte ungefiltert an den Mann bringt“. Als Vorbild hat man sich anscheinend die FPÖ genommen, die seit Jahren ein professionelles Video-Team beschäftige.
Weiterer Lesetipp: Nathan Mattes hat unter der Domain www.wir-sind-afd.de umkommentiert einige Zitate von AfD-Politikern veröffentlicht. Nun ist er von der AfD verklagt worden, die die Domain für sich beansprucht. Eine Sache, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes teuer zu stehen kommt und bei der man ihn unterstützen kann.

4. Warum bei ARD und ZDF nicht alles Gold ist
(haz.de, Imre Grimm)
„Katarina Witt könnte als letzte Überlebende zwischen brennenden Trümmern stehen, während es giftige Frösche vom Himmel regnet — sie wäre trotzdem blendender Laune.“ Imre Grimm schreibt in einer tollen Kombination aus Information und herzhaftem Rant über patriotische Glücksbesoffenheit und eskalierende Randsportexperten bei der Olympia-Berichterstattung.

5. Deutschland: NetzDG mangelhafter Ansatz gegen Online-Vergehen
(hrw.org)
„Human Rights Watch“ wendet sich ausdrücklich gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Es könne zu ungerechtfertigter Zensur führen, ohne dass dagegen Widerspruch möglich sei. Das Gesetz sollte deshalb umgehend aufgehoben werden. Außerdem stelle es einen gefährlichen Präzedenzfall für andere Länder dar, welche die Meinungsfreiheit im Netz einschränken wollen.

6. I like this guy.
(twitter.com, Jonathan Goldsbie)
Erik Haddad wurde während eines Flugs Augenzeuge einer technischen Panne. Von seinem Platz hatte er gute Sicht auf ein ramponiertes Triebwerk. Also zückte er sein Handy und stellte die Fotos samt Kurzvideo auf Twitter ein. Sofort meldeten sich Medien, welche um Überlassung des Materials baten. Einer Bitte, der er immer, sorry FAST immer entsprach …

Rechter Infokrieg, FB-Gegenrede, Bremens Social-Media-Schlapphüte

1. Steingarts Rechnung ging nicht auf
(ndr.de, Marvin Milatz & Lena Paul)
Was steckt hinter dem Ausscheiden von Gabor Steingart beim „Handelsblatt“? War es tatsächlich Steingarts blumig ausgeschmückte Mordfantasie, die “Handelsblatt”-Verleger Dieter von Holtzbrinck zum Handeln “gezwungen” hat? Nun, so einfach ist es wohl nicht. Marvin Milatz und Lena Paul haben sich für „Zapp“ die Geschäftszahlen des Unternehmens angeschaut: Unter Steingart blieben die Abozahlen stabil, aber die Druckauflage verlor stark. Und auch die von Steingart angeschobene englischsprachige Digital-Ausgabe „Global Edition“ soll den Verlag jährlich einen Millionenbetrag gekostet haben.

2. Infokrieg mit allen Mitteln
(faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing)
Im Netz tobt teilweise ein erbitterter Infokrieg: Rechte Aktivisten der “Reconquista Germanica” greifen gezielt Politiker und Medien an. Mit militärischer Sprache und Präzision steuern sie Trollaktionen, manipulieren Bewertungen und attackieren Personen über Fake-Accounts. Die theoretische Grundlage der Angriffe ist das “Handbuch für Medienguerillas“, in dem die rechten Aktivisten detailliert ihre schmutzigen Vorgehensweisen beschreiben. Vor allem “junge Frauen, die direkt von der Uni kommen” seien “klassische Opfer“, heißt es dort beispielsweise.

3. Nach Like in den Fokus: Bremer Verfassungsschutz durchforstet Internet mit eigener Software
(netzpolitik.org, Matthias Monroy)
Wie mehrere regionale Zeitungen berichten, durchsucht der Bremer Verfassungsschutz das Internet nach bestimmten Schlüsselwörtern, um damit „Extremismus“ aufzuspüren. Ein Mitarbeiter des Dienstes habe einen linguistischen Algorithmus namens „LEA“ entwickelt, mit dem Facebook und Twitter analysiert werden. Im Fokus stünden „Terrorpropaganda von Islamisten, fremdenfeindliche Hetze, linksextreme Mobilisierungsvideos oder ‚Reichsbürger‘-Videos“. In den Blick würden aber auch Nutzer geraten, welche regelmäßig Hassbotschaften liken.

4. Facebook will von der Spaßbremse steigen
(derstandard.at)
Facebook will seinen Nutzern zukünftig weniger Medieninhalte einblenden, dafür aber mehr Persönliches aus dem Umfeld der Freunde anbieten. Der neue Newsfeed soll den Nutzern helfen “bedeutsamere soziale Beziehungen” zu knüpfen, anstatt “relevantere Inhalte” zu finden. Was in der Diskussion über die Umstellung oft zu kurz kommt: Dahinter könnten schlicht geschäftliche Gründe stecken, denn Seitenbetreiber können sich bei Facebook nach wie vor die Aufmerksamkeit ihrer Besucher erkaufen.

5. „Wir müssen aufpassen, sonst wird es finster“
(teleschau.de, Frank Rauscher)
Im Interview erklärt Hannes Ley, Gründer der Facebookgruppe „#ichbinhier“, wie er den Pöbeleien und der Verrohung in den Kommentarspalten mit organisierter Gegenrede begegnet. Er ist sich bewusst, dass er damit etwas erledigt, das eigentlich von den Medien besorgt werden müsste: „Ich würde mir schon wünschen, dass die großen Verlage, vor allem auch die privatrechtlichen Medienhäuser, noch viel mehr unternehmen, um Hatespeech aus ihren Kommentarspalten zu verbannen. Mit dem Verweis auf die Netiquette ist es nicht getan …“

6. So wird man Chefaufseher
(journalist-magazin.de, Kathi Preppner)
Wollen Sie sich auch in das Amt des Chefaufsehers einer Landesmedienanstalt hineinkungeln? Der „journalist“ zeigt Ihnen, in welchem Land Sie die besten Chancen haben.

Unterlassungssünde, Absurder ARD-Geldtopf, Kneifende Politiker

1. Facebook muss Nutzungsbedingungen anpassen
(zeit.de)
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat vor dem Landgericht Berlin einen kurzfristigen Erfolg gegen Facebook erzielt: Die Voreinstellungen zur Privatsphäre müssen angepasst werden, ein Klarnamenzwang sei nicht statthaft. Insgesamt beanstandeten die Richter acht Klauseln in den Nutzungsbedingungen. Beide Parteien haben Berufung gegen das Urteil eingelegt.

2. Nach Chaos-Tagen um GroKo und Schulz: Anne Will muss Karnevalspause einlegen, weil Politiker vor Talk kneifen
(meedia.de, Alexander Becker)
Wir leben in politisch bewegten Zeiten, die reichlich Stoff für Politik-Talks bieten. Ausgerechnet „Anne Will“ musste jedoch eine Sendung ausfallen lassen. Die Redaktion fand schlicht keine Gesprächspartner, die eine Sondersendung gerechtfertigt hätten.

3. „Sexy“, „heiß“, „nackt“: Der ganz normale Sexismus in Sportberichten
(kobuk.at, Valerie Lechner)
Valerie Lechner hat sich eine Woche die Sportressorts der großen österreichischen Onlineportale angeschaut: Wie oft wurde über Frauen im Sport berichtet? Worüber berichten Medien konkret, wenn Frauen aus der Sportwelt im Fokus stehen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Bei den mehr als 500 Sportberichten ging es in nur neun Prozent aller Fälle um Frauen. Und dann oft in sexistischer Weise. Lechner fasst zusammen: „Bei Männern ist es völlig selbstverständlich, dass ganz normal über Erfolge und Misserfolge berichtet wird. Bei Frauen kann davon keine Rede sein. Wenn nur jeder zehnte Artikel im Sportressort von Frauen handelt – und jede Menge dieser Artikel alles mögliche thematisieren, nur nicht die sportlichen Leistungen – dann sind wir von medialer Gleichbehandlung noch meilenweit entfernt.“

4. Eine Unterlassungssünde der Medien
(heise.de, Inge Wünnenberg)
Als eine Unterlassungssünde der Medien bezeichnet Inge Wünnenberg das Verschweigen von wichtigen Informationen, die den Suizid des Schauspielers Robin Williams betreffen. Dessen Witwe hatte der Presse von der schweren Demenzerkrankung ihres Mannes berichtet. Dies sei jedoch anfangs ignoriert worden, was ein Fehler sei: „Denn Williams’ Akt der Verzweiflung wäre nicht als Tat eines Lebensmüden betrachtet worden. Sein Suizid hätte anders begriffen, partizipiert und vor allem — auch akzeptiert werden können.“

5. Politische Geiselhaft von Deniz Yücel beenden
(reporter-ohne-grenzen.de)
Mit dem morgigen Tag befindet sich Deniz Yücel ein Jahr in Haft. Der bevorstehende Jahrestag ist für „Reporter ohne Grenzen“ ein Anlass, die türkische Justiz erneut aufzufordern, den deutsch-türkischen Journalisten freizulassen: „Die fast ein Jahr anhaltende politische Geiselhaft von Deniz Yücel ist unerträglich. Dass immer noch keine Anklageschrift vorliegt und die türkische Justiz an den haltlosen Anschuldigungen festhält, ist eine Schande für die Türkei.“

6. Punkte, Prämien, Produzenten: Der absurde ARD-Geldtopf
(dwdl.de, Alexander Krei)
Mehr als drei Millionen Euro verteilt die ARD jährlich als eine Art Sonderprämie an Produzenten. Wer davon profitiert, entscheide sich über ein Punktesystem. Was sich zunächst objektiv anhört, sei jedoch wenig transparent und schwer nachvollziehbar, findet Alexander Krei auf „DWDL“ und konstatiert: „Gut gemeint, schlecht umgesetzt!“

Steingart-Abgang, Facebook-Hadern, Die Lebenslüge des Sports

1. Neue Wege im Journalismus
(carta.info, Frederik Fischer)
Für die meisten Menschen besteht die Medienwelt aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einerseits und den etablierten Verlagen andererseits. Doch es wächst eine dritte Säule von unabhängigen Plattformen, die keinen großen Verlag im Rücken haben und unabhängig von Werbegeldern sind. Frederik Fischer stellt einige der interessanten Indie-Startups des Journalismus vor.

2. “Handelsblatt” – Gabor Steingarts Abgang wirft Fragen auf
(abendblatt.de, Kai-Hinrich Renner)
Ende letzter Woche wurde bekannt, dass sich der Verleger Dieter von Holtzbrinck vom bisherigen “Handelsblatt”-Herausgeber Gabor Steingart trennen würde. Kai-Hinrich Renner spekuliert über die Gründe der Trennung. Der unter Steingarts Ägide erworbene Mediendienst „Meedia“ habe nicht die wirtschaftlichen Erwartungen erfüllt, die Personalpolitik bei der „Wirtschaftswoche“ sei umstritten, „Global Edition“ erweise sich als Fass ohne Boden und Steingart hätte sich mitsamt seiner Redaktion aufwändige Reisen und einen supermodernen Neubau geleistet. Sein umstrittenes „Morning Briefing“ mit einer martialischen Passage über Schulz und Gabriel ist anscheinend nur ein Nebenkonflikt. Renner ergänzt auf Twitter: „Erst nach Redaktionsschluss erfuhr ich, dass Dieter von Holtzbrinck auf einer Betriebsversammlung gesagt haben soll, das entscheidende Gespräch in dieser Causa hätte er mit Steingart Montagnachmittag geführt — also bevor dieser seinen umstrittenen Text über Schulz schrieb.“

3. So werden öffentliche Sender in den USA finanziert
(nzz.ch, Marc Neumann)
Marc Neumann erklärt, wie sich die öffentlichen Sender in den USA finanzieren, nämlich zu einem guten Teil über freiwillige Beiträge des Publikums. Die Stationen würden regelmäßig zu Spenden aufrufen, was lästig sei, aber funktioniere.

4. „Das kann ja wohl nicht wahr sein“
(taz.de, Jürn Kruse)
Die Journalisten Hajo Seppelt und Markus Harm berichten seit Jahren über Doping und Korruption im Sport, der eine bei der ARD (Seppelt) und der andere beim ZDF (Harm). Seppelt fragt sich, warum wir der Illusion eines „guten, echten“ Sports anhängen würden, und liefert gleich die Antwort: „Weil Leute wie Thomas Bach uns auf Eröffnungsfeiern von Olympischen Spielen suggerieren, dass es so sei. Aber das ist die Lebenslüge des Sports.“ Und Harm stimmt zu: „Gerade das IOC betont mit seiner eigenen Hymne und der eigenen Charta ja immer wieder, wie sehr es für Ethik und Moral stünde. Aber die sind eben nicht besser. Und genau das kritisieren wir.“

5. Weniger Facebook, mehr Blog
(arminwolf.at)
Der österreichische Journalist und Fernsehmoderator Armin Wolf ist das, was man einen „Influencer“ nennen kann. Knapp 300.000 Menschen haben auf Facebook seine Postings abonniert. Doch Facebooks neue Algorithmen senken seine Reichweite und so will sich Wolf zukünftig mehr auf seinen Blog konzentrieren.
Weitere Lesetipps: Die Drosselung von Medien-Reichweiten hat verschiedenste Auswirkungen. Hier zwei weitere davon: “Brasiliens bedeutendste Zeitung postet nicht mehr auf Facebook” (“FAZ”). Und das Debattenportal “Die Kolumnisten” hat bei Facebook ein “Manifest für einen Neustart der #Blogosphäre” veröffentlicht.

6. Muss man einschreiten, wenn Frauen “Topmodel” schauen?
(dwdl.de, Hans Hoff)
Hans Hoff fragt sich in seiner aktuellen Kolumne, wie es zu erklären sei, dass sich auch emanzipierte Frauen plötzlich versammeln, um gemeinsam “Germany’s Next Topmodel” und “Der Bachelor” zu schauen: „Es geht letztlich bei solchen Sendungen darum, dass Macht ausgeübt wird. Macht über Frauen, über die niemand Macht ausüben sollte. Wo man Macht über andere ausübt, wird Macht immer auch missbraucht. Siehe Harvey Weinstein und Konsorten. Zu spüren auch beim Bachelor und bei GNTM. Wie kann so etwas in Zeiten von #metoo nicht zu einem Aufschrei führen? Stattdessen schauen sich intelligente Frauen so etwas an und giggeln. Sie haben Spaß, dabei zuzusehen, wie das Fernsehen zu einem medialen Bordell verkommt, in dem Frauen als Quotenfutter geknechtet und verschachert werden.“
Weiterer Lesetipp: “Heidi Klum ist nicht das Problem” (“SZ”, Ruth Schneeberger)

Steingart-Ablösung?, Seppelt-Zukunft, Pastewkas Product Placement

1. Gabor Steingart vor Ablösung beim “Handelsblatt”
(spiegel.de, Markus Brauck & Isabell Hülsen & Veit Medick & Martin U. Müller)
Nach „Spiegel“-Informationen soll „Handelsblatt“-Herausgeber Gabor Steingart nach einem Zerwürfnis mit Dieter von Holtzbrinck, dem Haupteigner der Verlagsgruppe, seinen Posten räumen. Holtzbrinck soll Steingarts Kampagne gegen den SPD-Vorsitzenden Martin Schulz missfallen haben. Steinhart hatte sich in seinem morgendlichen Newsletter martialisch über den Konflikt zwischen Sigmar Gabriel und Martin Schulz ausgelassen: “Der andere soll stolpern, ohne dass ein Stoß erkennbar ist. Er soll am Boden aufschlagen, scheinbar ohne Fremdeinwirkung. Wenn kein Zucken der Gesichtszüge mehr erkennbar ist, will Schulz den Tod des Freundes aus Goslar erst feststellen und dann beklagen.” Weiterer Lesetipp: Die Website “Spiegelkritik” kritisiert die Vorgehensweise des “Spiegel”, nennt dafür mehrere Gründe und befindet: “Wenn ein Journalist (egal welcher Hierarchiestufe) einen Text wie diesen nicht mehr schreiben darf und wenn Politiker für einen solch harmlosen, jedenfalls unter allen Aspekten zulässigen Kommentar eine Entschuldigung akzeptieren, dann kann man sich nur angewidert abwenden.”

2. Es reicht!
(zeit.de, Özlem Topçu)
Der Türkei-Korrespondent der Tageszeitung „Die Welt“, Deniz Yücel, sitzt seit bald einem Jahr in türkischer Untersuchungshaft. „Es reicht!“, findet seine Kollegin Özlem Topçu, wünscht sich jedoch eine ausgewogene Berichterstattung, die sich ein mehrdimensionales Bild der Türkei macht: „Das Demokratieproblem in der Türkei beschränkt sich nicht auf die Regierung. Die anderen 50 Prozent, die Erdogan-Gegner, sind nicht automatisch die Verfechter der Demokratie in diesem Land. Sie sind vielmehr eine Feel good- Projektion, während die Demokraten zwischen den Lagern zerrieben werden und viele unserer Journalistenkollegen immer noch unter immensen Repressionen ihre Arbeit machen.“

3. BILDspitze – im Reich des Kriegsreporters
(ndr.de, Gudrun Kirfel & Marvin Milatz, Video, 6:29 Minuten)
Das NDR-Magazin „Zapp“ berichtet über das Ausscheiden von „Bild“-Doppelspitze Tanit Koch. Was sind die Gründe und wie wird es mit „Bild“ weitergehen, da nun Julian Reichelt als „Bild“-Oberboss durchregieren kann? „Zapp“ hat sich bei den Medienexperten Michael Meyer und Ulrike Simon nach deren Einschätzung erkundigt. Weiterer Lesetipp: Ulrike Simons Beitrag “Der Kommandeur der Bild-Truppen” (“Horizont”).

4. Buntes Markentreiben bei “Pastewka” wirft viele Fragen auf
(horizont.net, Juliane Paperlein)
Denken Sie an verschiedene Markenartikel und Herstellernamen und versuchen Sie zu erraten, in welchem Kontext man sie filmisch unterbringen könnte. Namen wie Canon, Sony, Haribo, Coca-Cola, Dethleffs, DM, Welt, Nivea, Mey und Media Markt … Ein Verbrauchermagazin? Eine Ratgebersendung? Nun, knapp verfehlt: Diese Firmen tauchen mit ihren Logos in der achten „Pastewka“-Staffel auf. Man kann sich fragen, ob es sich um eine im juristischen Sinn ungekennzeichnete Produktplatzierung oder Schleichwerbung handelt. Dies wäre jedoch eine rein akademische Überlegung: Amazon als Produzent und streamender „Sender“ hat seinen Firmensitz in Luxemburg und befindet sich damit außerhalb des Zugriffs der deutschen Medienanstalten.

5. Geheimsache Hajo Seppelt
(daily.spiegel.de, Ulrike Simon)
Der Journalist und Dopingexperte Hajo Seppelt ist eigentlich ein gefragter Mann und erfährt mittlerweile viel Wertschätzung. Das „Erste“ strahlte gleich zwei neue Folgen der Dokumentationsreihe “Geheimsache Doping” aus, Seppelt kommentierte in den „Tagesthemen“ und wurde gestern in einem lesenswerten Stück des Magazins „Republik“ als „Der Dopingjäger“ gewürdigt. Leider ist nicht klar, wie es weitergehen wird. Sein Vertrag läuft im März aus, die Zukunft ist ungewiss. Ulrike Simon findet: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte sich einen wie ihn leisten können, sollte man meinen. Als Gegenleistung bekommt er publizistisches Renommee. Wie viel ist der ARD das wert?“

6. »Seid heiß! Heiß! Heiß! Heiß!«
(sz-magazin.de, Rainer Stadler)
„Germany’s Next Topmodel“ geht in die 13. Staffel. Während die Tochter von „SZ“-Autor Rainer Stadler von einer Modelkarriere träumt, fragt er sich, wieso Heidi Klum in Zeiten von #MeToo immer noch ihr verheerendes Frauenbild zur besten Sendezeit auf Teenies loslassen darf.

(SPD-)Ausländer raus!, Dopingjäger, Ex-Präsident mit Einkaufswagen

1. Ausländer raus aus meiner Wahl
(taz.de, Hengameh Yaghoobifarah)
„Bild“ läuft mal wieder zu großer Form auf, was das Schüren von Ressentiments anbelangt: Zuerst die Geschichte über eine Flüchtlingsfamilie, die monatlich über 7.000 Euro vom Staat bekommt, nun die Empörung über Ausländer, die via SPD-Mitgliederentscheid über das Wohl und Wehe der Republik entscheiden. Hengameh Yaghoobifarah befindet: „… genau das lesen die Bild-Leser_innen gerne, die sich in der herbeifantasierten Position der deutschen Opfer von Merkels Politik wohl fühlen. Und jetzt können sie dank Reichelt das Märchen über die bösen Ausländer, die den demokratischen Deutschen die Wahl verpfuschen – und sich sozusagen in ihre Politik „einmischen“ — weitererzählen.“
Weiterer Lesetipp: “Die ‘Bild’ hat eine Kampagne gegen Ausländer in der SPD gestartet” (“Vice”)

2. Der Dopingjäger
(republik.ch, Ariel Hauptmeier)
Ende 2014 sorgte Hajo Seppelts Film “Geheimsache Doping — Wie Russland seine Sieger macht” für weltweites Aufsehen. Ermittlungen begannen, Funktionäre traten zurück oder flohen, Athleten wurden gesperrt, Organisationen suspendiert und zwei Jahre später die russischen Leichtathletinnen und -athleten von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ausgeschlossen. Ariel Hauptmeier hat eine überaus spannende und lesenswerte Reportage über das Entstehen der Reportage geschrieben.

3. Mehr Sex in die seriöse Tagespresse!
(jetzt.de, Katja Lewina)
Katja Lewina ist es gewohnt, für ihre Texte über Sex angegangen zu werden. Nun hat sich der „Zeit“-Kolumnist Harald Martenstein einen ihrer Texte vorgeknöpft. In einem Kommentar antwortet sie Martenstein und allen anderen Kritikern: „Wann immer jemand behauptet, dass wir zu viel über Sex reden, beweist das nur, dass wir noch lange nicht genug darüber geredet haben. Es bedeutet, dass dieses Thema noch nicht so alltäglich und leicht ist, dass die Menschen es mit einem milden Lächeln abtun könnten, anstatt sich darüber zu ereifern.“

4. Quintessenz einer Karriere
(deutschlandfunk.de, Arno Orzessek)
Der BGH hat entschieden, dass das inzwischen eingestellte Magazin „People“ (Bauer-Verlag) ein Foto des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff veröffentlichen durfte, das diesen beim Einkaufen im Supermarkt zeigt. Im „Deutschlandfunk“ wendet sich Arno Orzessek in einer Glosse direkt an Wulff: „Wer sich so wild entschlossen an die Regenbogen-Presse heranschmeißt wie Sie, aber wegen eines läppischen Einkaufswagen-Fotos vor Gericht zieht, der verdient es, in einem Atemzug mit Lothar Matthäus und Boris Becker genannt zu werden… Besagt doch das kleine Medien-Einmaleins: Dem Boulevard hingeben und zugleich seine Unschuld bewahren, das klappt nie.“

5. Wie Zeitungen Podcasts machen
(journalist-magazin.de, Kathi Preppner)
Podcasts wurden anfangs von den großen Medienhäusern belächelt oder schlicht nicht wahrgenommen. Das hat sich geändert: Mittlerweile bieten viele große Verlage eigene Produktionen an. Für den „Journalist“ haben sich die Hörfunk-Experten Sandra Müller und Thomas Becht durch das Angebot der Medienunternehmen gehört.

6. Warum wir nicht gendern
(blog.zeit.de. Meike Dülffer)
Wenn es um Männer, Frauen und Menschen anderen Geschlechts geht, verzichtet „Zeit Online“ auf Gendersternchen, Binnen-I oder den Unterstrich in Substantiven. Wie stattdessen vorgegangen wird, erklärt Textchefin Meike Dülffer und wendet dabei eine pfiffige Guerilla-Taktik an.

Macronliebe, Brutkastenlüge, Ende der Foto-Abzocke in Sicht

1. Am Rande geht’s um Pressefreiheit
(taz.de, Christian Rath)
Ende 2016 ist ein neues BND-Gesetz in Kraft getreten, das dem deutschen Auslandsgeheimdienst die globale Überwachung von Kommunikation gestattet. Dagegen klagen nun sechs investigative Journalisten aus England, den Niederlanden, Slowenien, Mazedonien, Aserbaidschan und Mexiko sowie die in Frankreich ansässige Zentrale von “Reporter ohne Grenzen” und ein Menschenrechtsanwalt aus Guatemala. Christian Rath, rechtspolitischer Korrespondent der „taz“, ist zwiespältig, was die Einordnung der Klage anbelangt. Selbst wenn die Klage Erfolg hätte, wäre nur wenig gewonnen: „Wer als Journalist die Kommunikation mit Informanten schützen will, müsste sie weiterhin verschlüsseln. Schließlich gibt es international ja noch viele andere Geheimdienste, die die Datenströme filtern.“

2. Woher kommt die Liebe der deutschen Journalisten zu Macron?
(nzz.ch, Benedict Neff)
Benedict Neff beschäftigt sich in der „Neuen Zürcher Zeitung“ mit der Liebe vieler deutscher Journalisten zu Frankreichs Staatspräsident: „Macrons Europa-Begeisterung begeistert niemanden mehr als die deutschen Journalisten. Sie träumen wie er von einer vertieften, grösseren EU mit mehr Transfermilliarden von Berlin nach Brüssel. Wenn Deutschland mehr in die EU einzahlt, wird die EU solidarischer und Deutschland zum besseren Deutschland. Der Nationalstaat verliert an Bedeutung, und die Ausstrahlung Brüssels, dieses kolossalen Kunstwerks europäischer Bürokratie, nimmt weiter zu.“

3. Historische Fake News – Die Brutkastenlüge
(mdr.de, Video, 4:23 Minuten)
In Folge 4 der Reihe „Historische Fake News“ geht es um die sogenannte Brutkastenlüge. Die Erfindung einer PR-Agentur, um in der US-Öffentlichkeit Stimmung für den Irak-Krieg zu machen. Randnotiz: Dieselbe Agentur hätte auch viel Geld damit verdient, den Menschen klar zu machen, dass Rauchen wohl gar nicht so gefährlich ist. Oder Asbest. Oder Fracking …

4. Creative Commons-Abzocke ist wohl bald Geschichte – schlechte Nachrichten für TW Photomedia, Dirk Vorderstraße, Dennis Skley und Christoph Scholz
(kanzleikompa.de)
Einige Fotografen haben ein lukratives Geschäftsmodell für sich entdeckt: Sie veröffentlichen ihre Bilder kostenlos unter “Creative Commons”-Lizenzen und mahnen jeden ab, der die Lichtbilder nicht hinreichend beschriftet. Angeblich sei ihnen ein ersatzfähiger Schaden entstanden. Diese Praxis dürfte bald der Vergangenheit angehören, wie Rechtsanwalt Markus Kompa auf seinem Blog berichtet.

5. Polizeimeldung: “Beim Driften mit dem Auto Fußgänger schwer verletzt”
(facebook.com, Sascha Lobo)
Sascha Lobo kommentiert eine offizielle Mitteilung der Polizei Berlin über einen Verkehrsunfall. Er kritisiert die verharmlosende und beschönigende Wortwahl der Polizei, aber auch unseren Umgang mit dem Thema Auto: „Mein Vorwurf richtet sich weniger an die Polizei — obwohl die Pressestelle hier mal ihre Position überprüfen könnte — sondern an eine Gesellschaft, die rund um das Auto nicht bereit ist, Realitäten anzuerkennen und so zu benennen, wie es bei jeder anderen Technologie der Fall wäre: Eine nicht geringe Zahl an Männern benutzt in diesem Land das Auto als Waffe.“

6. Chaostage
(sueddeutsche.de, Viola Schenz)
Finanzielle Ungereimtheiten, eine Razzia im Verlagsbüro, ein wegen sexueller Belästigung freigestellter Verlagsvorstand und Verstrickungen mit einem umstrittenen evangelikalen Pastor: Beim amerikanischen Nachrichtenmagazin „Newsweek“ geht es zu wie in einer Netflix-Serie. Das Chaos in Verlag und Redaktion stehe für den langsamen Niedergang einer ganzen Reihe politischer US-Zeitschriften, so Viola Schenz in der „SZ“.

Getarnt als Gamer, Kehrtwende, “heute-Show” und AfD

1. Getarnt als Gamer: Einblicke in eine rechtsradikale Troll-Armee
(netzpolitik.org, Markus Reuter, Anna Biselli)
„Discord“ ist eigentlich eine Anwendung, die für die gleichzeitige Nutzung während des Spielens von Computerspielen entwickelt wurde. Doch in dem Gaming-Chat-Dienst tummeln sich auch zwielichtige Gestalten. Netzpolitik.org berichtet über die rechtsradikale Formation „Reconquista Germanica“, die von dort aus eine als Gamer getarnte Troll-Armee befehlige.

2. Geil, ein echter Krimi!
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
In der „Ostsee-Zeitung“ wird der Fall eines aus bislang ungeklärter Ursache verbrannten Mannes wie folgt eingeleitet: „Eine Nacht nach der Ausstrahlung des jüngsten Teils der Stralsund-Krimireihe im ZDF läuft die Polizei am Sonntag in der Hansestadt wieder zur Form auf: Diesmal nicht im Film, sondern in Wirklichkeit. Das hier ist keine Fiktion.“ Boris Rosenkranz berichtet über eine Reportage, „die einerseits die Wirklichkeit betont, diese andererseits aber als Krimi-Szene schildert“.

3. Österreichs Rundfunk sagt „Nein“ zu Facebook
(handelsblatt.com, Hans-Peter Siebenhaar)
Wie „Medien-Kommissar“ Hans-Peter Siebenhaar in seiner Kolumne berichtet, fordert der österreichische ORF-Manager Thomas Prantner eine Kehrtwende im Umgang mit Facebook. Der öffentlich-rechtliche Sender wolle nicht gratis zum Aufstieg des Konzerns beitragen. „Sollte der ORF mit seinem Vorhaben in Europa Schule machen, hätte das für Facebook durchaus ernste Folgen. Denn im Newsfeed von Facebook sollen künftig vor allem qualitative Medieninhalte erscheinen, die von den Mitgliedern des sozialen Netzwerkes geteilt werden. Gibt es aber weniger Inhalte der wichtigen Medienplattformen zu teilen, fehlen dem Newsfeed spannende und exklusive Inhalte.“

4. “Weißer Rauch” über dem Bundestag?
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz)
Der „Deutschlandfunk“ hat sich mit dem Experten für Phrasen, Binsen und Wortgeklingel Udo Stiehl über Politiker-Floskeln und Politikberichterstattung unterhalten. Stiehl haben es besonders die schiefen Bilder angetan: „Wenn Sie eine “Mietpreisbremse” nehmen – das ist ja alleine schon ein konstruiertes Wort von der Politik: Die “Mietpreisbremse” bremst angeblich was, nun soll sie verändert werden, weil sie gar nicht so wirklich bremst. Und dann heißt es, die “Mietpreisbremse wird verschärft”. Mit einer scharfen Bremse haben Sie gar nichts davon, weil dann quietscht die allenfalls.“

5. Weil uns keine Zeit mehr für Scheinheiligkeit bleibt – Unser offener Brief an die Konrad-Adenauer-Stiftung
(genderequalitymedia.org)
Die Konrad-Adenauer-Stiftung hatte in ihrem „politischen Salon“ zu einer umstrittenen Veranstaltung eingeladen: “Gender, Instrument der Umerziehung? (PDF) Bereits in der Einladung tauchten Formulierungen auf wie „Wer heute Mann ist, kann sich morgen als Frau definieren. Dass diese auf Selbstoptimierung ausgerichtete Ideologie, die in ihrer verkürzten Logik die Familie negiert, mit dem christlichen Menschenbild nichts zu tun hat, ist offenkundig.“ Dies hat die Initiative „Gender Equality Media“ auf den Plan gerufen, die sich mit einem offenen Brief an die Veranstalter wendet: „Drei Tage sind vergangen liebe Konrad-Adenauer-Stiftung, die wollten wir euch geben, damit ihr angemessen reagieren könnt, euch eine Antwort ausdenken könnt. Gekommen ist nichts. Daher nun hier, unser offener Brief an euch, mit viel Gefühl statt nur mit Zahlen, weil ihr hier kein wissenschaftliches Thema, sondern Menschenleben angegriffen habt.“

6. Sollte wohl lustig sein – ist es aber nicht
(ndr.de, Video, 0:51 Minuten)
„Zapp“ kritisiert einen Beitrag der “heute-Show“, in dem diese sich über den stotternden AfD-Sachverständigen Dieter Amann lustig macht. Amann hatte die Anwesenden zuvor über seinen Sprachfehler aufgeklärt. Mittlerweile hat sich Oliver Welke für die „heute-Show“ bei dem AfD-Sachverständigen entschuldigt. Die Redaktion habe keine Kenntnis von der Sprachbehinderung gehabt. Die AfD fordert eine öffentliche Entschuldigung in der nächsten Sendung und nutzt den Vorgang zur Stimmungsmache gegen das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Koch geht – Kellner bleibt, Twitter-Polizei, Schweizer Totalversagen

1. “Bild”-Chefin sagt tschö
(taz.de, Peter Weissenburger)
Das Modell Doppelspitze war einmal: Die „Bild“-Chefredakteurin Tanit Koch hat den internen Machtkampf verloren und verlässt Axel Springer. Übrig bleibt Julian Reichelt als Boss von Print und Online. Tanit Koch hatte sich am Freitag mit deutlichen Worten von den Mitarbeitern verabschiedet: „Wenn zwei Menschen professionell nicht harmonieren, lässt sich das eine Zeitlang durch Kompromisse ausgleichen. 2017 war davon geprägt, bis meine Kompromissbereitschaft an ihre Grenzen gelangte.“
Weitere Lesetipps: Medienkennerin Ulrike Simon kommentiert den Vorgang auf Horizont.net mit “Es war an der Zeit”, und Martin Kaul schreibt Tanit Koch seinen zweiten Brief: “An meine Brieffreundin Tanit”.

2. Was steckt hinter der Twitter-Amnestie der Frankfurter Polizei?
(netzpolitik.org, Matthias Monroy)
Das Verhalten der Polizei auf Twitter wird teils überschwänglich gelobt, teils heftig kritisiert. Letzteres liegt daran, dass das polizeiliche Auftreten auf Twitter häufig undurchsichtig und ungeregelt scheint. Einige Social-Media-Teams würden ohne Rechtsgrundlage und Verfahrensregelungen agieren, so Matthias Monroy auf netzpolitik.org. Monroy hat einschlägige Erfahrungen: Er wurde von der Polizei Frankfurt auf Twitter blockiert. Ein Vorgang, der von Rechtsexperten als Eingriff in die Informationsfreiheit bewertet wird.

3. Wie die FAZ Äpfel mit Birnen vergleicht
(stefan-fries.com)
Die „FAZ“ spricht in Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerne von „Staatsfunk“ und „Zwangsgebühr“. Dieser Sprachgebrauch sei nach der Einschätzung von Stefan Fries zurückgegangen, die Artikel zum Thema seien dennoch tendenziös. So hätte „FAZ“-Medienredakteur Michael Hanfeld mit falschen Zahlen operiert und den Eindruck erweckt, der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm fordere unverschämt viel Geld.

4. Sabotage am Förderband der Realität
(republik.ch, Anja Conzett & Simon Schmid & Christof Moser & Constantin Seibt)
Als “die Geschichte eines Totalversagens” beschreibt “Republik” die Vorgänge um die altehrwürdige Schweizerische Depeschenagentur SDA. Der Streik dort zeige die ganze Misere der Schweizer Verlage. Der Artikel erzählt die spannende Geschichte des Niedergangs nach, bei der man lernen kann, wie man es nicht machen sollte: „Sparen ohne Strategie, ohne Leidenschaft und Investitionen. Ausdünnung der eigenen Produkte und Marken. Auflösung der Reserven. Angriff auf die eigenen Grundlagen wie Redaktionen, Glaubwürdigkeit, systemrelevante Institutionen wie SRG oder SDA. Und dann der erbitterte Kampf aller gegen alle um ein paar Franken, Vorteile oder Werbeanteile.” Weiterer Lesetipp: “‘Wir sind die Hauptakteure gegen Fake-News'” (Medienwoche, Adrian Lobe) mit einem “Blick in den Maschinenraum” von weltweit führenden Nachrichtenagenturen wie AP, AFP, dpa, “Reuters” und “Xinhua”.

5. Journalistik: Zeitschrift für Journalismusforschung
(journalistik.online)
“Journalistik” nennt sich eine neue Publikation zum Thema Journalismus. Die Herausgeber schreiben im Editorial: “Anders als in den angelsächsischen Ländern, wo es eine ganze Reihe von Zeitschriften für “journalism studies” gibt und sogar wissenschaftliche Spezialorgane u. a. für Geschichte des Journalismus, journalistische Berufsethik oder literarischen Journalismus, fehlt den deutschsprachigen Ländern bisher eine Fachzeitschrift der Journalistik, die das Profil der Disziplin schärft. Deutschsprachige Journalismusforscherinnen und -forscher sind auf kommunikationswissenschaftliche Zeitschriften ohne Berufsbezug oder auf Praxisjournale angewiesen. Um diese Lücke zu füllen, starten wir die Zeitschrift “Journalistik”.”

6. Spanien empört sich über einen ironischen Text
(faz.net, Hans-Christian Rößler)
Ein britischer Autor hat in der „Sunday Times“ ironisch über die Spanier gewitzelt. „Kommen Sie immer zu spät, außer ein Stier greift Sie an“, lautete seine erste Empfehlung. Andere, meist klischeebefrachtete Weisheiten über die Spanier folgten, zusammen mit dem Ratschlag , seine Landsleute sollten dort ihre „angelsächsischen Vorstellungen von Höflichkeit, Diskretion und Anstand vergessen“. Der darauf einsetzende Shitstorm war immens: Nach einer vergeblichen Klarstellung hätte sich der Autor nicht mehr anders zu helfen gewusst, als sein Twitter-Konto zu löschen.

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