@sachark, Hagemann, Manipulationen

1. “Die vierte Gewalt ist jetzt im Netz”

(perlentaucher.de/blog, Anja Seeliger)

Brillante Entgegnung auf den Enteignungs-Text von Hubert Burda. Sie zählt unter anderem auf, auf welchen Wegen die deutschen Zeitungsverleger “zum Schutz überkommener Geschäftsmodelle” nach dem Staat rufen. Sie fordern eine “Zwangsgebühr namens Kulturflatrate”, eine “staatliche Beaufsichtigung der Suchmaschinen”, eine “Umverteilung der Anzeigenerlöse der Suchmaschinen”, ein “Leistungsschutzrecht, das die Grundvoraussetzung für die Schaffung einer Gema für Onlinetexte wäre” und dazu eine “staatliche Überwachung des Internets”.

2. “Manipulation – Politiker und Prominente schönen ihre Interviews”

(ndr.de, Video, 7:23 Minuten)

Hannah Herzsprung, Martina Gedeck, Heike Makatsch, Olaf Scholz. Sie alle, bzw. ihr Management lassen Interviews zur Farce verkommen, in dem sie so lange am Text rumwerkeln, bis aus dem Gespräch eine PR-Story in eigener Sache wird.

3. Interview mit Matthias Hagemann

(werbewoche.ch, Markus Knöpfli)

Der Verleger der Basler Zeitung Medien (BZM) denkt laut über Kooperationspartner nach: “Für uns sind primär der Wille der Aktionäre und sodann vor allem die Synergien entscheidend – und letztere kann nicht nur Tamedia bieten. Wir haben uns schon lange und nicht nur in der Schweiz umgeschaut, sondern auch weiter nördlich.”

4. Die WOZ und der Bundespräsident

(woz.ch, Daniel Ryser)

“Vor zwei Wochen publizierte die WOZ unveröffentlichte erotische Fantasien des Hobbyschriftstellers Hans-Rudolf Merz, Bundespräsident und Finanzminister [WOZ vom 11. Juni 2009]. Am Donnerstag, 25. Juni, schreibt Hans-Rudolf Merz der WOZ deshalb einen Brief: ‘Ich habe diesen Text vor Jahren zu meinem privaten Vergnügen verfasst. Ich fordere Sie auf, künftige Veröffentlichungen des Textes zu unterlassen.’ Die WOZ kommt der Bitte nach.”

5. Interview mit Sachar Kriwoj

(spox.com, Andreas Allmaier)

Twitter-User @sachark hörte im Zug ein Gespräch von zwei Spielerberatern und einem Anwalt über einen möglichen Wechsel von Michael Ballack mit und twitterte drüber. Viele Medien berichteten drüber, doch kaum eines hat bei ihm nachgefragt: “Ich habe mich schon gewundert, dass manche Medien das alles sofort als ‘Ente’ abgetan haben. Dass die Beteiligten dementieren, wundert mich nicht. Das ist bei Wechsel-Gerüchten ja nicht unüblich.”

6. “Die letzte Zeitung der Welt”

(christoph-koch.net)

“’The Budget’ aus Ohio ist die Wochenzeitung der Amish People. Manches an ihr wirkt plötzlich sehr modern.”

Unglück im Glück

Das “Hamburger Abendblatt” berichtete am Sonntag in seinem Internet-Auftritt über einen ungewöhnlichen Zwischenfall:

Ein 13-stöckiges Hochhaus ist in Shanghai umgekippt - doch trotz des Sturzes blieb es weitgehend unversehrt. Tote gab es keine, jedoch einen Verletzten.

Und für die medizinisch Interessierten klärt der Artikel (der – anders als die Einleitung – von dpa stammt) drei Zeilen später über die Art der Verletzungen auf:

Ein 28 Jahre alter Arbeiter wurde unter dem Gebäude begraben und tödlich verletzt, wie lokale Medien berichteten.

Mit Dank an Thomas W.

Netzwerk Recherche, Blick, Bankhofer

1. “Die Enteigner der Enteigneten werden enteignet”

(frei.djv-online.de)

“In der F.A.Z. meint der Zeitschriftenverlegerpräsident, er werde enteignet. Nicht etwa qua Bundesregierung: Durch Google und so. (…) Die freien Journalisten werden seit über einem Jahrzehnt täglich enteignet.”

2. Hademar Bankhofer vs. viele rückgratslose Feiglinge

(gesundheitswelten.com)

Der österreichische “Journalist” Hademar Bankhofer empfiehlt 30 Sekunden langes Händewaschen und nennt seine Absetzung eine “ganz hundsgemeine Intrige”: “Ohne Unschuldsvermutung” habe man sich sofort von ihm getrennt. Er habe da “zum ersten Mal gemerkt, wie viele rückgratslose Feiglinge, (…) wie viele Arschlöcher es gibt.” Und: “Es wurden sogar Leute dafür bezahlt, im Internet recht viel Wirbel darum zu machen.” (Audio-File auf gesundheitswelten.com / Ausschnitt daraus bei stefan-niggemeier.de)

3. “Der Enthüllungsblogger”

(freitag.de, Sabine Pamperrien)

Sabine Pamperrien geht näher auf die Arbeit der bloggenden Journalisten Marvin Oppong und Jens Weinreich ein. Kritik gibt es am Verband Netzwerk Recherche, deren Mitglieder manchmal im Eifer vergessen, Quellen zu erwähnen: “Die rührigen Netzwerker haben es geschafft, durch geschicktes Marketing sich selbst als Synonym für investigativen Journalismus zu etablieren – ohne ihn überhaupt noch betreiben zu müssen. Vorwiegend besteht ihre Funktion inzwischen darin, als gut vernetztes Kartell dafür zu sorgen, sich gegenseitig in Szene zu setzen.”

4. “Iran und die Fakten eines Leitmediums”

(heise.de/tp, Marcus Klöckner)

“Seit der Wahl im Iran wird über den Ausgang diskutiert: War es Wahlbetrug oder nicht? Ein Spiegel-Artikel liefert ein groteskes Bild eines mainstreammedialen Wirklichkeitsverständnisses. Eine Analyse.”

5. “Blick öffnet die unterste Schublade”

(klartext.ch/blog, Nick Lüthi)

Das Boulevardblatt Blick bringt ohne erkennbaren Anlass im Internet veröffentlichte Nacktfotos einer Sozialamtsleiterin auf die Titelseite. Und fragt dann im Dorf nach, was jetzt die Leute über die Frau denken. Die Leser mögens gar nicht und greifen die Zeitung an.

6. “I studied print journalism: Now what?”

(salon.com, Cary Tennis)

“I did internships, made connections, got clips, etc., but my parents are still paying my cellphone bill.”

Alle fünf mal grade weglassen

Der Lissabon-Vertrag, über dessen Rechtmäßigkeit heute das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, hatte bei der Abstimmung im Bundestag im vergangenen Jahr eine breite Mehrheit gefunden. Aber ganz so dramatisch, wie es “Spiegel Online” heute darstellt, ist es dann doch nicht. Dort hieß es zunächst:

Die CSU-Abgeordneten Gauweiler und Willy Wimmer hatten als einzige gegen den Lissabon-Vertrag gestimmt.

Dabei hat die Fraktion der “Linken”, die auch gegen den Vertrag geklagt hat, schon damals fast geschlossen gegen den Gesetzesentwurf der Bundesregierung gestimmt. Offenbar hat das irgendwann auch jemand bei “Spiegel Online” gemerkt und nebenbei die Parteimitgliedschaft von Willy Wimmer korrigiert. Nun lautet die Passage:

Die Unions-Abgeordneten Gauweiler (CSU) und Willy Wimmer (CDU) hatten als einzige aus ihrer Fraktion im April 2008 im Bundestag gegen den Lissabon-Vertrag gestimmt.

Doch auch das stimmt nicht. Übersehen hat “Spiegel Online” noch fünf weitere Unionsabgeordnete, darunter auch den heutigen CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, die gegen den Vertrag stimmten. Was übrigens gar nicht schwer herauszufinden gewesen wäre, schließlich sind alle namentlichen Abstimmungen auf der Webseite des Bundestags fein säuberlich dokumentiert.

Als die Nachrichtenagentur AFP dann aber um 11.35 Uhr eine Meldung absetzte, die sich weitgehend auf “Spiegel Online” beruft, kam es (womöglich beim Kopieren) zu einer nicht nur faktisch, sondern auch grammatisch unglücklichen Formulierung:

Wimmer hatte zusammen mit Gauweiler als einzige Abgeordnete der Unionsfraktion im April 2008 gegen den EU-Verfassungsvertrag im Bundestag gestimmt.

Mit Dank an Fabian L.

Nachtrag, 20:30 Uhr. “Spiegel Online” hat sich korrigiert.

Echtzeit-Web, Bildblog, Gossweiler

1. “Michael Jackson – Jahre vor seinem Tod”

(bildblog.de, Lukas Heinser)

Bild, Welt und Berliner Morgenpost machen ihre Titelseiten auf mit Fotos von Michael Jackson, die angeblich “Stunden vor seinem Tod” aufgenommen wurden. Sie stammen aber aus dem November 2003.

2. “Bildblog – Alles Müll oder was?”

(merkur.de, Katharina Zeckau)

“Seit fünf Jahren beobachtet der Journalist Stefan Niggemeier Deutschlands größte Boulevardzeitung und listet ihre Fehler im Internet auf. Zarte Anzeichen einer Läuterung hat er erkannt.”

3. Interview mit Urs Gossweiler

(persoenlich.com, Corinne Bauer)

Der Verleger der Jungfrau Zeitung spricht sich klar gegen “gegen jegliche staatliche Stützungsmassnahmen” der Branche aus und stellt sich “gegen das Manifest [PDF] des Schweizerischen Zeitungsverlegerverbandes”: “Im Moment hat man tatsächlich den Eindruck, dass gewisse Verleger ausschliesslich mit der Frage beschäftigt sind, wie man möglichst schnell ein Konjunkturpaket vom Bundesrat erhalten kann.”

4. “Das ‘Echtzeit-Web’ und die Zukunft des Journalismus”

(urchs.de, Ossi Urchs)

Durch das Echtzeit-Web verlieren Journalisten “Autorität, die wesentlich auf mehr oder weniger exklusiven Zugängen zu Informationen und einem Zeitvorsprung bei ihrer Verbreitung gegründet war”. Noch nicht verstanden haben viele, “dass sie mit dem Echtzeit-Web ein neues, machtvolles Werkzeug in die Hände bekommen, das ihre Möglichkeiten nicht nur quantitativ, sondern vor allem qualitativ vergrößert.”

5. Interview mit Nicole Simon

(faz.net, Stefan Herber)

Die Buchautorin von “Twitter – Mit 140 Zeichen zum Web 2.0” gibt Auskunft: “Viele, vor allem die mittleren und kleinen Unternehmen, haben ja bis heute noch nicht einmal eine brauchbare Onlinestrategie. Wie sollen sie da Twitter verstehen?”

6. “China: Der große Kinderklau”

(ardmediathek.de, Video, 7:31 Minuten)

Ein bedrückender Report des Weltspiegels aus China, wo nicht wenige Kinder pro Jahr entführt werden wie hierzulande, sondern Tausende.

Vorab Twittern? Wer macht denn sowas?

“Gefährliches Zwitschern” ist ein Artikel im aktuellen “Spiegel” überschrieben. Mit dem “Zwitschern” sind die Kurznachrichten des Online-Dienstes Twitter gemeint, und “gefährlich” sind die nach Ansicht des Bundeswahlleiters und von Politikern, wenn durch sie vor dem Schließen der Wahllokale die vertraulichen Ergebnisse von Wählerbefragungen veröffentlicht werden. Das könnte eine “verfassungswidrige” Beeinflussung der Wahl sein, weiß der “Spiegel” und warnt:

Bürger oder Parteien könnten das Ergebnis anfechten, womöglich müsste die Wahl wiederholt werden.

Weil sich “mögliche Twitter-Informanten” laut “Spiegel” möglicherweise nicht einmal von einer drohenden Geldbuße abschrecken lassen würden, sei sogar ein Verbot der Befragungen am Wahltag im Gespräch.

Bundeswahlgesetz § 49a

Ordnungswidrig handelt, wer (…) Ergebnisse von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung vor Ablauf der Wahlzeit veröffentlicht.

Aber wer macht sowas überhaupt: vertrauliche Umfrageergebnisse vorzeitig per Twitter in Umlauf bringen, anonym womöglich und aus den geheimnisvollen “rechtsfreien Zonen”, von denen die Verlage gerade so viel raunen? Der “Spiegel” bleibt an dieser Stelle sehr vage, lenkt aber den Verdacht auf die Politiker, die bei der Bundespräsidentenwahl das Handy nicht aus lassen konnten. Doch das war vielleicht stillos, konnte die Wahl aber nicht mehr beeinflussen und war auch nicht gesetzlich verboten.

Anders war es bei diesen Umfrageergebnissen vom Tag der Europawahl vor drei Wochen (die sich hinterher allerdings als nicht wirklich treffend herausstellen sollten):

Und wer ist der gefährliche Zwitscherer, der diese Zahlen deutlich vor der Schließung der Wahllokale verbotenerweise per Twitter öffentlich machte? Jan Fleischhauer, Redakteur bei einem großen deutschen Nachrichtenmagazin.

Bild, focus.de  etc.

Michael Jackson – Jahre vor seinem Tod

Man kann nicht sagen, dass “Bild” dieser Geschichte nicht genug Platz eingeräumt hätte:

Michael Jackson Stunden vor seinem Tod - Da tanzte er noch auf dem Tisch

Im Innenteil widmet “Bild” Jackson drei Seiten, zeigt “die letzten Fotos” und wagt weitreichende Interpretationen:

Vor vier Tagen starb der “King of Pop” mit nur 50 Jahren. Nur wenige Stunden zuvor probte er noch in Los Angeles für seine neue Show. Jacko trägt schwarze Klamotten, er tanzt, er wirkt gelöst, zufrieden, er spricht mit den Komparsen. Es sind Fotos der letzten Probe, die das Drama um Michael Jackson in einem noch mysteriöseren Licht erscheinen lassen. Denn der Jackson, den wir auf den Fotos sehen, sieht nicht totkrank [sic] aus.

Dass Jackson auf den Fotos so vital wirkt, könnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass sie nicht am “vergangenen Mittwoch” entstanden sind, sondern schon etwas früher: im November 2003, bei den Dreharbeiten zum Musikvideo “One More Chance”, das nie fertiggestellt wurde, weil zeitgleich die Ermittlungen gegen den Popstar wegen Kindesmissbrauchs begannen.

Ein Kalender für 2006 zeigt Jackson im gleichen Aufzug und mit der gleichen Frisur an dem Tisch sitzen, auf dem er angeblich am Mittwoch tanzte.

Möglicherweise ist das auch der Grund, warum der Artikel bei Bild.de — ohne jede Erklärung — plötzlich nicht mehr verfügbar ist.

Aber “Bild” ist nicht als einziges Medium auf die umetikettierten Fotos hereingefallen. Auch “Welt” und “Berliner Morgenpost” und viele andere internationale Medien berichteten über die Bilder vom “Tag vor seinem Tod”. Auch der Internetdienst TMZ.com, der am Donnerstag als erstes Medium über Jacksons Tod berichtet hatte, zeigte zwischenzeitlich die Fotos und präsentierte sie als neu.

“Focus Online” hat inzwischen recherchiert, wie es zu dem Vorfall kommen konnte:

Des Rätsels Lösung: Die “Bild”-Zeitung ist einem dreisten Betrug aufgesessen, denn die Aufnahmen schienen zwar exklusiv und noch nie veröffentlicht worden zu sein, doch sie entstanden bereits 2003. “Es stimmt, die Bilder sind sechs Jahre alt”, erklärte Michael Symanowski von der Potsdamer Agentur Reflex im Gespräch mit FOCUS Online. […]

“Wir sind den Tränen nah”, sagt Michael Symanowski. Für die “Bild”-Redaktion gilt heute sicher das Gleiche.

Was “Focus Online” dabei elegant verschweigt: In einem eigenen Artikel, auf den sich wiederum max.de und tvspielfilm.de bezogen, prangten bis vor kurzem noch diese Bilder:

Einen Tag vor seinem Tod steht Jackson nochmals im Rampenlicht, klatscht seine Komparsen ab. / Jacksons letzter Tisch-Tanz.

PS: Einigermaßen bemerkenswert ist übrigens die selektive Wahrnehmung der “Focus Online”-Redaktion:

Die Verwunderung war groß, als der Blick in die Montagausgabe der “Bild”-Zeitung fiel. Stolz präsentierte das Blatt die angeblich letzten Fotos von Michael Jackson. […]

Doch schnell kamen Zweifel an der Echtheit der Bilder auf.

Mit Dank auch an die vielen Hinweisgeber.

Nachtrag, 16:15 Uhr: “Focus Online” hat seinen Artikel noch mal ein bisschen nachbearbeitet. Plötzlich finden sich darin auch Bezugnahmen aufs eigene Medium:

Auch FOCUS Online war den falschen Bildern zunächst aufgesessen und hatte einige davon für die Berichterstattung zum Tod von Michael Jackson übernommen. […]

Die “Bild”-Zeitung und andere Medien, darunter auch FOCUS Online, sind einem dreisten Betrug aufgesessen […]

Über die Tränen der “Bild”-Redaktion wird dafür nicht mehr gemutmaßt.

2. Nachtrag, 17:15 Uhr: Bild.de erklärt in einem eigenen Artikel, wo die falschen Bilder herkamen, und schließt ungewohnt offen:

Ausdrücklich bedankt sich BILD bei den zahlreichen Michael-Jackson-Fans, die uns auf den Schwindel aufmerksam gemacht haben. Dass auch wir darauf reingefallen sind, bedauern wir.

3. Nachtrag, 30. Juni: Auch “Welt Online”, “Berliner Morgenpost” und “Frankfurter Rundschau” haben bereits gestern teils ausführlich erklärt, wie die falschen Bilder in ihre Angebote gekommen waren.

Polenflugwarnung

Weil Prinz Fürst Albert von Monaco in einem Interview gesagt hat, dass er erst dann heiraten wird, wenn er heiraten wird, schenkt “Spiegel Online” uns einen vielteiligen Blick in das Fotoalbum der Familie — und den Bio- und Erdkunde-Lehrern der Nation wieder einmal frisches Material für das beliebte Spiel: “Was stimmt hier nicht?”

Im April 2006 nahm Albert II. an einer Nordpolexpedition teil, die anlässlich des 100. Jahrestages der Arktisexpedition seines Ururgroßvaters, Fürst Albert I., veranstaltet wurde.

(Natürlich ist bei Fürstens nicht ausgeschlossen, dass ein Pinguin für ein spektakuläres Foto um die halbe Welt geflogen wurde. In diesem Fall war es dann aber doch nicht so.)

Mit Dank an Uwe M. und Steffen S.

Nachtrag, 30. Juni. “Spiegel Online” hat sich in einer “Anmerkung der Redaktion” korrigiert:

In dieser Fotostrecke befand sich ein Bild von Albert mit einem Pinguin, versehen mit dem Text, der Fürst sei auf einer Nordpolexpedition gewesen. Tatsächlich gibt es am Nordpol keine Pinguine. Wir haben das Bild entfernt und bitten den Fehler zu entschuldigen.

Das Foto einfach mit dem passenden Text zur Südpol-Expedition Alberts zu versehen, war den Kollegen wohl zu riskant.

Schlingensief, Computermüll, Kall

1. Martin Kall gegen das “Heruntersparen der Redaktionen”

(medienforum.nrw.de)

Bemerkenswerte Aussagen von Tamedia-CEO Martin Kall in seiner Keynote am Internationalen Printkongress. Kall riet anderen Verlagen, “vor allem in den Journalismus zu investieren”. Denn: “Wir können uns das Heruntersparen der Redaktionen nicht leisten.“ Ist das ein cleverer Schachzug, um die Konkurrenz zu verwirren? Schliesslich hat Tamedia bei seinem Flaggschiff Tages-Anzeiger eben die Printredaktion merklich ausgedünnt. Und auf tagesanzeiger.ch fährt das Unternehmen einen journalismusarmen Boulevardkurs.

2. “Die SRG in der Krise”

(nzz.ch, Francesco Benini)

“Armin Walpen geht und hinterlässt einen Scherbenhaufen.”

3. “Vertragspiraten”

(heise.de/tp, Peter Mühlbauer)

“Die FAZ, die seit Monaten eine Kampagne für neue Leistungsschutzrechte gegen ‘digitale Enteignung’ fährt, lizenzierte Texte von Elke Heidenreich ohne deren Wissen und ohne finanzielle Beteiligung.”

4. “Der Tag, an dem das Fernsehen dabei war, als Michael Jackson starb”

(faz-community.faz.net/blogs/fernsehblog, Peer Schader)

Peer Schader fragt sich, warum die “ARD-Tagesschau” mit Michael Jackson aufmacht und was Uri Geller in den “Tagesthemen” macht. Und ZDF-Korrespondent Klaus-Peter Siegloch beobachtet in New York: “Es sind viele Fernsehanstalten hier, die live berichten.” Hier ein Cartoon (picturesforsadchildren.com), der die Nichtinformationen gut auf den Punkt bringt.

5. “Digital Dumping Ground”

(pbs.org, Video, 20:29 Minuten)

Ein kleiner Teil des westlichen Computermülls wird vorschriftsgemäss entsorgt. Ein grosser Teil aber landet in Ländern wie Ghana, China, Vietnam oder Indien. Manchmal inklusive privaten Bildern und Kreditkartennummern.

6. “Ein Opernhaus für Ougadougou”

(schlingensief.com, Christoph Schlingensief)

Der lesenswerte Zeit-Artikel von Anita Blasberg über Christoph Schlingensief, der, “schwer an Krebs erkrankt, durch Afrika reist und einen Bauplatz für sein Festspielhaus sucht”, ist online. Aufkommender Kritik an seinem Unternehmen auf nachtkritik.de antwortet er: “Natürlich bin ich ein Onkel in der Sänfte“.

Das mediale Sterben des Michael Jackson

Dass Michael Jackson am gestrigen Donnerstag im Alter von 50 Jahren verstorben ist, dürfte inzwischen jeder mitbekommen haben, der sich heute nur in der Nähe eines Computers, Radios oder eines anderen Menschen aufgehalten hat.

In der Nacht war die Nachrichtenlage noch deutlich unübersichtlicher: Der Onlinedienst TMZ.com war sich ganz sicher (wie der diensthabende Redakteur der “LA Times” erzählte), als er um 23:44 Uhr deutscher Zeit verkündete, Jackson sei tot. Aber war der Nachricht auch zu trauen?

Was folgte, ist ein Lehrbuch-Beispiel dafür, wie Journalismus im Jahr 2009 funktioniert — immer getrieben von den teils unvereinbaren Wünschen, möglichst der Erste zu sein und möglichst nichts falsches zu berichten:

Bild.de um 23:59 Uhr:*

Herzstillstand: Michael Jackson gestorben

Bild.de um 00:01 Uhr:

Internetdienst TMZ: Michael Jackson gestorben

Bild.de um 00:14 Uhr:

Internetdienst TMZ: Michael Jackson gestorben?

Bild.de um 00:30 Uhr:

Das Drama um Michael Jackson: Herzstillstand, Koma, verzweifelte Rettungsversuche

Bild.de um 00:50 Uhr:

Nachrichtenagentur AP meldet: Popstar Michael Jackson (50) ist tot!

Bild.de um 01:09 Uhr:

Verzweifelt kämpften die Ärzte um das Leben des Popstars (✝50): Michael Jackson ist tot!

Aber auch bei anderen Medien gab es ein gewisses Chaos, bis schließlich Gewissheit herrschte. So konnte man um 00:34 Uhr bei “RP Online” diese Überschrift lesen:

Zustand kritisch: Michael Jackson im Krankenhaus. zuletzt aktualisiert: 26.06.2009 - 00:20. Los Angeles (RPO). Der Popstar Michael Jackson ist am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Nach unbestätigten Quellen hat er einen kurzzeitigen Herzstillstand erlitten. Über seinen Zustand wird derzeit nur spekuliert.

Unter dem Artikel aber stand ein Kommentar von 00:01 Uhr, der nahelegt, dass Überschrift und Aussage des Artikels zu diesem Zeitpunkt etwas anders ausgesehen hatten:

Michael Jackson ist tot. Ich bin erschüttert....Ich werde für Ihn beten, was soll man sonst in so einem Moment machen. Mein Beileid gilt der gnzen Familie.

Um 00:44 Uhr stand dann auch für “RP Online” fest:

EILMELDUNG Berichte: Michael Jackson ist tot

Zum gleichen Zeitpunkt gab sich die britische “Sun” noch außergewöhnlich distanziert:

Breaking news: Jacko 'dead' Heart attack kills star, say reports

Doch nicht alle Online-Redaktionen konnten zu dieser Nachtschlafenden Zeit schnell reagieren. Um 00:56 Uhr lauteten die Top-Stories bei stern.de und sueddeutsche.de noch

Obama-Merkel-Treffen: Prima Klima verzweifelt gesucht

beziehungsweise

Ruf nach höherer Mehrwertsteuer

Um etwa 01:20 Uhr wäre man dann aber auch bei diesen beiden Seiten zumindest grob informiert gewesen.

Während MTV in den USA sein Programm umstellte und Michael-Jackson-Videos zeigte, liefen bei den deutschen Musiksendern in der Nacht noch die vorbereiteten Clips. Die Startseite von mtv.de aber sieht seit seit mindestens ein Uhr schlicht und ergreifend so aus:

R.I.P. KING OF POP, Michael Jackson 29.08.1958 - ✝25.06.2009

Sämtliche Die meisten gedruckten Zeitungen von heute waren damit natürlich vergleichsweise uninteressant …

Mit Dank auch an Jochen K.

*) Diesen Screenshot haben wir um 16:15 Uhr nachgetragen. Wir verdanken ihn unserem Leser Thorsten K.

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