Leitfaden: Wie hetze ich gegen ein Land auf?

Sie wollten schon immer einmal gegen ein fremdes Volk aufwiegeln, wissen aber nicht, wie’s geht? BILDblog präsentiert seinen Lesern den ultimativen Leitfaden in 13 Schritten und veranschaulicht diese anhand einiger ausgesuchter “Bild”-Artikel über den drohenden griechischen Staatsbankrott.

Zunächst gilt es, sich mit den Grundregeln vertraut zu machen. Diese gehören bei jedem Artikel über Griechenland zum Standardrepertoire und werden bereits seit fast zwei Monaten fleißig angewandt (BILDblog berichtete):

1.

Werfen Sie Schamgefühl und Respekt über Bord. Sie müssen niederste Ressentiments bedienen. Die Quintessenz all dessen, was Sie schreiben, muss lauten: Griechen sind uns Deutschen unterlegen, sie sind faul und sie wollen an unser Geld.

2.

Bilden Sie abwertende Begrifflichkeiten wie “Pleite-Griechen”, “Pleite-Premier” oder “Griechenland-Wut”.

3.

Erwecken Sie immer den Eindruck, die Meinung von “Bild” würde die aller Deutschen widerspiegeln. Verwenden Sie zu diesem Zweck möglichst häufig die Begriffe “wir”, “Deutschland”, “wir Deutsche”. Lassen Sie gleichzeitig keinen Zweifel daran, dass einzelne Griechen auch immer alle Griechen repräsentieren.

4.

Lassen Sie ausschließlich Gegner von Staatshilfen zu Wort kommen, selbst wenn es ernst zu nehmende Experten gibt, die die Bereitstellung von Krediten für Griechenland für unumgänglich halten.

5.

Setzen Sie unter alle Artikel zur Griechenlandkrise Umfragen, bei denen aufgrund des antigriechischen Tenors des Artikels ein antigriechisches Ergebnis zu erwarten ist. Beziehen Sie sich in späteren Artikeln auf dieses Ergebnis. Ungefähr so: “Wutwelle im Internet gegen Griechenland” (…) “Das Verhalten der Griechen provoziert, die Deutschen sind sauer. 86 Prozent der BILD.de-Leser sagen: Die EU soll Griechenland gar nicht helfen, denn sie sind für ihre Staatsfinanzen selbst verantwortlich.” Unterstreichen Sie dies mit wütenden Zitaten einzelner Bild.de-Kommentatoren.

Haben Sie das verinnerlicht? Dann kann das eigentliche Hetzen beginnen. Achten Sie dabei auf die hohe Schlagzahl: Sämtliche Beispiele stammen aus den letzten drei Tagen.

"Bild" hetzt weiter gegen Griechen

6.

Schreiben Sie so, als hätte Deutschland bereits Geld an Griechenland bezahlt:  “Griechen-Pleite immer schlimmer – Wieviel Kohle sollen wir noch ins Land stecken?” (26.4.2010). Stellen Sie dabei bedeutungsschwangere Fragen wie “Was verschweigen die Griechen uns noch?” oder “Griechen raus aus dem Euro?” und lassen Sie keine Zweifel daran, dass Deutschland sein Geld nie wieder sieht: “Klar ist nur, zahlen wird das auch der deutsche Steuerzahler”

7.

Diskreditieren Sie den gesamten griechischen Staat als dynastisch und korrupt: “Klüngel, Korruption, Familienbande – So funktioniert das System Griechenland” (26.4.2010)

8.

Werfen Sie dem griechischen Ministerpräsidenten den Ort vor, an dem er andere Länder um Hilfe anruft: “Papandreou auf Kastelorozio – Schuldenhilferuf vor Traum-Kulisse” (27.4.2010). Ziehen Sie ihn dabei unbedingt ins Lächerliche: “Griechenland kurz vor dem Bankrott – und der Regierungschef tingelt über fast verlassene, weit entfernte Inseln!”

9.

Greifen Sie einzelne “Negativbeispiele” heraus und wenden Sie sie auf die Gesamtheit aller Griechen an: “Warum zahlen wir den Griechen ihre Luxusrenten – So gut haben es Rentner in Griechenland” (27.4.2010).

10.

Erscheinen Sie persönlich vor Ort und betreiben Sie peinliche und beleidigende Symbolpolitik, deren einzig mögliche Übersetzung vom Deutschen ins Griechische “Griechen raus aus dem Euro!” bedeutet. “Tschüs, Euro! – Bild gibt den Pleitegriechen die Drachmen zurück” (27.4.2010):

Das fast bankrotte Griechenland soll raus aus dem Euro, fordern Experten und Politiker. BILD macht schon mal ernst, gibt den Griechen ihre alte Drachme (von 1831 bis 2001) zurück. Und das Irre: Viele jubeln und reißen sich darum…

11.

Zeigen Sie noch einmal, dass die Griechen aus Ihrer Sicht nichts aus ihrer Misere gelernt haben: “Die Griechen – Sparen? Wieso? Sie streiken lieber!” (27.4.2010). Betonen Sie diesen Umstand mehrfach, damit es auch der letzte kapiert: “Die Griechen wollen und wollen einfach nicht sparen…!” (…) “Haben die Griechen denn gar nichts kapiert?” (…) “Dreister geht’s nicht”

12.

Vergessen Sie nicht, Ihre Kampagne von Zeit zu Zeit mit Kommentaren, in denen Griechenland als nicht vertrauenswürdig eingestuft wird, zu unterstützen:  “Einar Koch: Wer soll den Griechen noch glauben?” (27.4.2010)

13.

Stellen Sie beleidigende Fragen und behaupten Sie, wenn Sie als “Bild”-Reporter aus verständlichen Gründen (siehe auch 11.) unerwünscht sind “Aufgeheizte Stimmung bei Protesten in Athen – Pleite-Griechen bepöbeln Deutsche!” (28.4.2010, inzwischen geändert in “Streik in Athen: Wir wollen nicht sparen!”):

Athen – nichts geht mehr! (…) WEIL GRIECHENLAND (mal wieder) STREIKT… (…) Doch die Griechen haben den Ernst der Lage offenbar immer noch nicht begriffen! (…) BILD sprach mit den Demonstranten, fragte: Habt ihr aus der Krise nichts gelernt? Viele sind sauer auf die Deutschen, blaffen den BILD-Reporter an. Einer droht mit der Faust, brüllt: “Verschwindet hier!” Ein anderer: “Ihr Deutschen wollt uns doch am Abgrund sehen…” Michalis P. (38), Busfahrer: “Ich kann nicht verstehen, dass sich die Deutschen über uns aufregen. Wir verdienen doch schon jetzt viel weniger als sie.” Tassos Kammas (35), Anwalt: “Deutschland muss sich von dem Gedanken verabschieden, dass die Krise nur in Griechenland ist. Dass viele Griechen jetzt streiken, ist doch völlig normal.”

Viel Erfolg! Ihre Leser werden die bemitleidenswerten Opfer Ihrer Kampagne hassen.

Mit Jürgen Klinsmann im Restaurant

Der Hamburger SV sucht einen neuen Trainer und die “Hamburger Morgenpost” ist sich sicher:

Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird es einer der üblichen Verdächtigen. Jürgen Klinsmann gehört offenbar nicht dazu, es hat kein Treffen mit HSV-Boss Bernd Hoffmann gegeben.

Ein Treffen zwischen Klinsmann und Hoffmann? Wer hat denn so was erzählt?

Die “Hamburger Morgenpost”. Gestern:

Fakt ist: Am vergangenen Mittwoch, einen Tag vor dem Europa-League-Halbfinal-Hinspiel gegen Fulham, traf sich HSV-Boss Bernd Hoffmann mit Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann in einem Restaurant in Hamburg. Der 45-Jährige, am 27. April 2009 nach zehn Monaten beim FC Bayern München gefeuert, war schon mal Kandidat an der Elbe – als Sportchef, nachdem Didi Beiersdorfer zurückgetreten war. Kommt Klinsi jetzt als Trainer?

Der Artikel mit der Überschrift “Was läuft da mit Klinsmann?” ist inzwischen aus dem Online-Archiv der “MoPo” verschwunden.

Mit Dank an Bono.

IPCC, Mädchen-WG, Heute

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “FR zieht Artikel gegen Klimarat zurück”
(wissenslogs.de/wblogs/blog/klimalounge, Stefan Rahmstorf)
Die “Frankfurter Rundschau” zieht einen Artikel vom Februar mit Vorwürfen gegen den Weltklimarat zurück. “Zahlreiche andere Zeitungen innerhalb und außerhalb Deutschlands haben die falschen Vorwürfe gegen das IPCC ungeprüft nachgedruckt, die das Gespann North/Leake in die Welt gesetzt hat.” Siehe dazu auch die Übersicht über die angeblichen und echten IPCC-Fehler.

2. “Missbrauch light”
(fernsehkritik.tv/blog)
Der Fernsehkritiker stört sich daran, dass das ZDF für den Kinderkanal “derzeit fünf Mädchen zwischen zwölf und vierzehn Jahren für eine Dokusoap namens ‘Die Mädchen-WG'” sucht. “Was wäre eigentlich, wenn ein Sender wie RTL ‘Die Mädchen-WG’ produzieren würde? Sofort wären doch alle Jugendschützer und Politiker (zu Recht) auf den Barrikaden.”

3. Interview mit Sheri Fink
(derstandard.at, Michael Kremmel)
“Sheri Fink arbeitet als Journalistin unter Bedingungen, die sich für die allermeisten Journalisten wie Erzählungen aus einer fernen Welt anhören: Weder Geld noch Zeitmangel bei der Recherche, 140 Gesprächspartner und rund ein Dutzend Personen, die aktiv an der Entstehung eines Artikels beteiligt sind. Zwei alleine dafür, damit alle Fakten noch einmal überprüft werden.”

4. “‘Cicero’ wehrt sich gegen ‘Linksruck’-Vorwurf”
(tagesspiegel.de, Sonja Pohlmann)
Alexander Görlach von “The European” unterschreibt eine Unterlassungserklärung, “die ‘Cicero’-Chefredakteur Michael Naumann von ihm gefordert hatte”. Görlach dazu: “Wir möchten nicht in einen kostspieligen Prozess und langwierigen Rechtsstreit verwickelt werden. Aus all diesen Gründen haben wir uns entschieden, das Geld lieber in unser Magazin zu investieren. Andernfalls wäre dieses Geld an Anwälte und Gerichte zu zahlen.”

5. “Wieviele Fehler passen in eine Titelgeschichte von ‘Heute’?”
(kobuk.at, André Pascal Horvath)
Nicht der Staat, sondern die Wirtschaft zahlt die Gehälter, schreibt André Pascal Horvath zur “Heute”-Schlagzeile “Staat zahlt Häftlingen 10 Millionen € Gehalt!”.

6. “SEO-Tipps für Blogger und Journalisten”
(t3n.de)
Suchmaschinenoptimierung ist Alltag in Online-Redaktionen. “t3n” hat einige Tipps dazu und gibt zu bedenken: “SEO-Maßnahmen machen keinen Sinn, wenn der Artikel darunter leidet!”

Bild  

Das Jodeldiplom

Es ist ja nicht so, dass “Bild” nicht auch zu den gemachten Fehlern stehen würde:

Berichtigung
Zum 200. Geburtstags des Klavierstücks "Für Elise" von Ludwig van Beethoven schrieben wir, die Anfangssequenz laute "didel-didel-didel-duu". Korrekt muss es heißen: "Didel-didel-didel-dadi-dum".

Mit Dank an Sebastian und Tim N.

Der Kreuz-Zug ist abgefahren

Kurz vor ihrer Ernennung zur niedersächsischen Sozialministerin hat die CDU-Politikerin Aygül Özkan dem “Focus” ein Interview gegeben, in dem auch diese zwei Fragen und Antworten vorkamen:

Würde es Sie stören, wenn er in der Schule von Lehrerinnen mit Kopftuch unterrichtet würde?

Kopftücher haben im Klassenzimmer nichts zu suchen. Die Schule sollte ein neutraler Ort sein. Selbst in der Türkei gilt ein Verbot von Kopftüchern, das sogar noch weiter geht und alle öffentlichen Einrichtungen betrifft. Ein Kind muss selbst entscheiden können, wie es sich religiös orientiert. Darum bin ich dagegen, derartige Symbole an Schulen zuzulassen.

Gilt das auch für Kruzifixe?

Ja. Christliche Symbole gehören nicht an staatliche Schulen. Für Schulen in kirchlicher Trägerschaft gilt das nicht.

Das Interview sorgte für viel Aufregung in den Medien. Genauer: Eine der beiden oben zitierten Antworten.

Designierte CDU-Ministerin gegen Kruzifixe an Schulen: Das Kreuz beschäftigt die Union

Neue türkischstämmige Ministerin: Özkan löst Kruzifix-Streit in der Union aus

Aygül Özkan: Niedersachsens neue Sozialministerin gegen Kruzifixe

Politik kompakt: Özkan für Kruzifix-Verbot

Religion und Staat: Aygül Özkan löst neue Kruzifix-Debatte aus

Die meisten Medien schafften es trotz der knalligen Überschriften, wenigstens im Artikel klar zu stellen, dass nach Frau Özkans Meinung alle Arten religiöser Symbole an staatlichen Schulen nichts zu suchen hätten.

Dieses kleine Detail unterschlug Bild.de überraschenderweise:

Aygül Özkan will keine Kreuze in Schulen: Neue CDU-Ministerin legt sich mit CSU an

Und deshalb gibt es natürlich gleich Morddrohungen gegen die “schöne Ministerin”, wie Bild.de unter Berufung auf die “Bild am Sonntag” schreibt — nur scheinen die (laut “Bild am Sonntag”) nur bedingt mit dem “Kruzifix-Zoff” in Zusammenhang zu stehen:

Seit Mittwochabend wird Aygül Özkan Tag und Nacht von zwei Beamten des Landeskriminalamtes (LKA) bewacht.

Seit ihre Ernennung zur Ministerin bekannt wurde, bekommt sie von rechtsradikalen Deutschen konkrete Morddrohungen.

Seit gestern bekommt Frau Özkan darüber hinaus gute Ratschläge von “Bild”-Kommentatoren: Hugo Müller-Vogg behauptete zunächst ungerührt, sie wolle “‘christliche Symbole’ aus den Schulen entfernen” (eine Behauptung, die er heute noch einmal wiederholte), und erklärt:

Eines hat die erste türkischstämmige Ministerin offenbar nicht verstanden: Dass es bei uns so tolerant zugeht, das ist das Erbe unserer christlich-abendländischen Tradition.

Aygül Özkan und all die anderen Mitbürger muslimischen Glaubens zählen für Müller-Vogg offenbar nicht zu diesem “uns”, das bei “Bild” traditionell schwammig zwischen “Redaktion” und “ganz Deutschland” oszilliert.

Dabei sollten die doch so dankbar sein (“uns”, vermutlich):

Von dieser Toleranz profitieren nicht zuletzt Zuwanderer mit anderen Religionen und Werten. Deshalb dürfen türkische Schülerinnen auch ein Kopftuch tragen, was die Noch-nicht-Ministerin ebenfalls verbieten möchte.

… was freilich nur eine mögliche Interpretation dessen ist, was Özkan geantwortet hatte, als sie vom “Focus” explizit auf Lehrerinnen mit Kopftuch angesprochen worden war.

Aber einmal in Fahrt erklärt Müller-Vogg das christliche Symbol Kruzifix gleich zum christlichen Wert:

Aber die “C”-Partei kann keine Abstriche an ihren christlichen Werten hinnehmen.

Darum geht’s also: Um die Muslima, die heimlich die CDU von innen auflösen will.

Und nachdem Frau Özkan schon wieder zurückgerudert war, machte Franz Josef Wagner heute deutlich, dass er überhaupt nichts begriffen hatte:

Was sollen wir anstelle des Kreuzes ­aufhängen? Ribéry, Beckenbauer, Bushido, Bohlen, Buddha, Günter Grass, Köhler, Frau Merkel, Uwe Seeler, Gerd Müller.

(Hervorhebung von uns)

Mit Dank auch an EagleRN.

Danke für die Unterstützung!

Liebe Leser,

vor einer Woche haben wir Sie und Euch wegen eines überflüssigen Rechtsstreits, den die Axel Springer AG gegen uns angezettelt hat, um Spenden gebeten. Die Resonanz hat uns überwältigt: 1065 verschiedene Leute haben uns mit Beträgen zwischen 90 Cent und 500 Euro unterstützt. Insgesamt kamen so (nach Abzug der Gebühren für die Paypal-Überweisungen) 17.345,36 Euro zusammen.

Davon konnten wir unsere Anwaltskosten zahlen und haben sogar ein Polster für eventuelle weitere juristische Auseinandersetzungen. Bislang hat Springer allerdings nicht versucht, die (nach unserer Überzeugung unberechtigten) Forderungen gegen uns durchzusetzen.

Wir bedanken uns für die wunderbare Unterstützung, die all unsere Erwartungen übertroffen hat und uns bei unserer Arbeit hilft. Wir werden verantwortungsvoll damit umgehen.

Danke!

Irgend so ‘n Knubbel

Produktbilder sind für Online-Redakteure immer ein Grund zur Freude: Der Leser liebt Bilder, Hersteller stellen Fotos kostenlos zur Verfügung. Also kann man die so vorteilhaft und professionell inszenierten Produktfotos mal eben in eine Klickstrecke verwandeln. Schnell die Bilder zuschneiden, in das Redaktionssystem kopieren — schon ist man fertig. Die Print-Kollegen würden für die Katalogbeilage Geld verlangen, doch online ist ja genug Platz vorhanden. Eine Win-Win-Situation. Wären da bloß nicht die lästigen Bildunterschriften …

So dachte wohl auch der zuständige Redakteur bei Bild.de, der einen Produkttest des neuen “Aldi-Notebooks” aus der Schwesterpublikation “Computer-Bild” bearbeiten sollte: Ganze 14 Bilder hatte Hersteller Medion bereit gestellt — und es wäre doch gelacht, wenn man die nicht alle unterbringen könnte. Das aufgeklappte Notebook von vorne, von schräg vorne, das zugeklappte Notebook, das Zubehör …

Doch was ist das für ein Knubbel da oben rechts? Ein Lautstärkeregler? Ein Infrarot-Sensor? Ein Mini-Lautsprecher?

Für Video-Telefonie und -Chats sind Webcam und Mikrofon oben rechts im Bildschirmrahmen integriert

Falsch geraten: Es handelt sich um einen technisch eher unspektakulären Gummi-Puffer, der beim Zuklappen für ausreichend Abstand zwischen Tastatur und Display sorgt. Mikrofon und Kamera befinden sich in der Mitte des oberen Displayrahmens.

Woher wir das wissen? Aus dem Video zum Produkttest, das im Artikel verlinkt ist.

Mit Dank an Ingo H.

Nachtrag, 11:50 Uhr: Bild.de hat das Bild inzwischen entfernt.

TV-Politik, Mäzenatentum, Wikileaks

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Eine Doppelpressekonferenz namens Fernsehduell”
(faz.net, Reiner Burger)
Reiner Burger hat sich das “Duell” (wdr.de, Video, 66 Minuten) zur anstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen angesehen. “Über weite Strecken war ‘Das Duell’ eher eine Doppel-Pressekonferenz mit ausgestanzten Versatzstücken aus unzähligen Wahlkampfauftritten und den Parteiprogrammen der beiden Kontrahenten, die merkwürdigerweise nebeneinander standen in der Weite der Kölner Vulkanhalle.”

2. “ARD Griechenland-Brennpunkt: ‘Sensationell schlecht’ geht weiter”
(carta.info, Robin Meyer-Lucht)
Robin Meyer-Lucht beschäftigt sich kritisch mit dem Brennpunkt “Ruiniert Griechenland Europa?” (tagesschau.de, Video, 9:35 Minuten). “Im Ergebnis ist dieser ARD-Brennpunkt sehr nah dran an der offiziellen Interpretationsmaschinerie der Bundesregierung. Er findet keinen eigenen Standpunkt, er leistet keinen eigenen Aufklärungs- und Orientierungsbeitrag, sondern er gibt Wolfgang Schäuble eine Bühne für seine beschwichtigenden Botschaften.”

3. “Danke für die Spende, Leser!”
(spiegel.de, Frank Patalong)
Frank Patalong fragt in einem ausführlichen Artikel: “Ist Mäzenatentum durch große und kleine Spender ein Weg, Medien zu retten?”

4. Interview mit Daniel Schmitt
(dctp.tv, Video, 36 Minuten)
Daniel Schmitt ist eine der wenigen öffentlichen Figuren von Wikileaks. Am Rande der re:publica gibt er Auskunft über die Plattform, die Dokumente öffentlich macht.

5. “Leben zwischen Eiben”
(taz.de, Gabriele Goettle)
Gabriele Goettle besucht Juergen Jonas, der zwischen den Villen von Berlin-Dahlem im Freien lebt. “Und wie gesagt, Geld interessiert mich überhaupt nicht. Kein Geld, keine Geldsorgen. Geld ist was, womit der meiste Unsinn überhaupt getrieben wird. Arbeit interessiert mich auch nicht. Ich biete keine Leistungen und nehme auch keine in Anspruch. (…) Ich esse Brot, das man nicht mehr haben will. Vom Chinesen bekomme ich ab und zu Reis geschenkt, oder ich besorge mir was, aus der Ökotonne am Supermarkt vorne. Ich esse die abgelaufenen Sachen, und mir ist längst nicht jedes Mal schlecht geworden danach.”

6. “Liebe Online-Presse.”
(opalkatze.wordpress.com)
30 womöglich nicht ganz ernst gemeinte Tipps für Zeitungen online. Tipp 6: “Klickstrecken bauen, je länger, je lieber, das vermittelt dem Leser das heimelige Gefühl des Umblätterns.”

Der König der Kekswerbung

Es muss ein besonderer Keks sein, dem der Kolumnist von “Herzrasen”, der Jugendabteilung von “Rheinischer Post” und “RP
Online”, da erlegen ist.

Ein ganz besonderer:

Der beste Keks der Welt

Man könnte Sebastian Dalkowski sogar glauben, dass seine Begeisterung für eine bestimmte, “überwiegend in großen Supermärkten” aber auch “im Fabrikverkauf des Herstellers” erhältliche Keksmarke echt ist und er diese nur halb ironisch übersteigert niedergeschrieben hat:

Der beste Keks der Welt heißt Prinzenrolle Mehrkorn. Ja, Mehrkorn. Was nach dem Biss in eine bröselige Betonplatte klingt, ist in Wirklichkeit die beste mit Schokocreme denkbare Kombination. Ist die normale Prinzenrolle bereits fast uneinholbar großartig, lässt der Mehrkorn die Schokocreme noch mehr nach Schokocreme schmecken. Das ist wie Ribery und Robben. Alleine schon eine Klasse für sich, sind sie im Verbund nicht aufzuhalten.

Man könnte sich aber auch fragen, wie sich solche Produkthymnen, die auch direkt aus der PR-Abteilung des Herstellers kommen könnten, mit der kritischen Grundausrichtung eines Nachrichtenportals vertragen.

Zwar ist eine derartige Begeisterung das Konzept der Rubrik “Mein Herz schlägt schneller”:

Hier feiert die Herzrasen-Redaktion alles ab, was ihr gefällt: Filme, Platten, Klamotten, Bücher, Lebensmittel und alle anderen Dinge, denen die Autoren im Alltag begegnen und die sie begeistern. Dabei geht es nicht um ausgewogene Rezensionen und nüchterne Betrachtung, sondern um gnaden- und rücksichtslose Hymnen.

Doch was bei Kulturgütern wie Filmen, Platten und Büchern noch durchgehen mag, wirkt bei konkreten Produkten gleich wie schlecht getarnte Schleichwerbung.

“RP Online” erklärt uns dazu auf Anfrage:

Den Herzrasen-Text “Der beste Keks der Welt” kann man sicherlich in der Kategorie “gnaden- und rücksichtslose Hymnen” einordnen. Er spiegelt eindeutig die persönliche Meinung unseres Kolumnisten Sebastian Dalkowski wider.

Selbstverständlich gibt es zu diesem Produkt keine Werbung bei RP ONLINE oder andere finanzielle Zuwendungen für die Nennung.

Während der Kekshersteller die persönliche Meinung des Kolumnisten also unter unbezahlter Werbung verbuchen kann, setzt “RP Online” seine Reputation aufs Spiel für Produktloblieder, von denen das Nachrichtenportal noch nicht einmal einen finanziellen Nutzen hat.

Die Journalisten könnten einem fast leid tun.

Mit Dank an Stefan K.

Verbraucherschutz mit nichts drin

Kennen Sie das? Sie kippen den Inhalt einer frisch gekauften Packung H-Milch aus dem Supermarkt durch ein Sieb, doch keine einzige Kuh bleibt hängen!

Ähnlich enttäuscht dürfte die Verbraucherzentrale Hamburg gewesen sein, die für “Bild am Sonntag” insgesamt 46 verschiedene Lebensmittel darauf untersucht hat, “ob das, was auf der Packung zu sehen ist, auch drin ist”.

Was bei den ebenfalls untersuchten Fleisch- und Kartoffelsalaten, auf denen ja häufig das Endprodukt abgebildet ist, noch irgendwie sinnvoll erscheinen mag, treibt bei den 19 getesteten Joghurts seltsame Blüten: Da wird gestaunt, dass in einem hühnereigroßen Fruchtzwerg trotz des vielversprechenden Etikettenmotivs keine anderthalb ausgewachsenen Pfirsiche stecken. Auch im Ananas-Creme-Joghurt stecken nicht etwa mehrere Scheiben Ananas wie abgebildet, sondern – welch Überraschung – nur kleine Ananaswürfel.

Joghurt mit der Buttermilch, Pfirsich, 150 g, 0,49 Euro. Etikett: Eine halbe Maracuja und eine Pfirsichspalte. Wahrheit: Sehr wenig Fruchtstücke.

Feine Quark Creme, Bircher Müsli, 200g, 0,49 Euro. Etikett: Apfel, saftige Orange, sonnengereifte Birne und zwei Stück Schokolade. Wahrheit: Sehr wenige Fruchtstückchen und Schokokrümel.

Wir freuen uns schon jetzt darauf, wenn es bei den Joghurt-vom-Teller-Essern von “Bild am Sonntag” in Bezug auf Cornflakes, Proteinshakes und Kartoffelchips mit Abbildungen von Hähnen, Muskelmännern und ganzen Kartoffeln schon bald wieder heißt: “Auf dem Etikett hui, auf dem Teller pfui.

Mit Dank an Stephan R.

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