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“Sie werden bild.de bald nicht vermissen”

Lassen Sie uns kurz erläutern, warum wir Ihnen auf dem iPad BILD künftig nur noch als kostenpflichtige App anbieten.

Das ist ein vielversprechender Anfang. Man bekommt diesen Satz zur Antwort, wenn man bei Bild.de nachfragt, warum man von einem iPad aus — anders als zum Beispiel mit einem PC — die kostenlosen Inhalte von Bild.de nicht aufrufen kann. Die mutmaßliche Standardantwort geht so weiter:

Mit BILD HD ermöglichen wir Ihnen eine neue Art des Nachrichtenlesens, denn wir haben sämtliche Möglichkeiten des iPads ausgenutzt, um Ihnen unsere Inhalte auf komplett neuartige, innovative und unterhaltsame Art erlebbar zu machen. Für ein Premiumprodukt wie das iPad haben wir uns aufgrund der technischen Darstellungsmöglichkeiten klar für die Form einer kostenpflichtigen App entschieden und schränken den Zugriff auf eine kostenlosen Browservariante mit frei zugänglichen journalistischen Inhalten bewusst ein.

Allein im Internet herrscht nach wie vor eine gewisse Erwartungshaltung, dass sämtliche Informationen kostenlos zur Verfügung stehen müssen. Diese angenommene Selbstverständlichkeit ist aus unserer Sicht falsch und ein Irrweg. Attraktive Premiuminhalte sind weder in der analogen Printwelt noch in der digitalen Welt kostenlos verfügbar. Die Erstellung aktueller, exklusiver Inhalte kostet Geld und kann langfristig nur weiter gewährleistet werden, wenn Nutzer bereit sind, für diesen Mehrwert zu bezahlen.

Sie können BILD in vielen verschiedenen Formen lesen, als Zeitung, im Internet, auf Handys und Smartphones, auf Fernsehgeräten und jetzt auch erstmals auf einem Tablet-PC. Auf jeder Plattform und für jede Situation möchten wir Ihnen als Leser die möglichst beste Form bieten, unsere Geschichten zu erleben. Wir sind davon überzeugt, dass sie diese speziell für dieses Gerät entwickelte und aufbereitete Form von BILD schätzen und die normale Browserversion von bild.de schon bald nicht vermissen werden.

Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere neue BILD App testen und sich überzeugen lassen.

Man könnte daraus schließen, dass es sich auch aus Sicht der Axel Springer AG bei Bild.de nicht um ein “attraktives Premiumangebot” handelt (jedenfalls dann nicht, wenn man es von einem PC aus aufruft), und wer würde dem widersprechen?

Der iPad-Nutzer, der sich bei Bild.de beschwert hatte, fragte noch nach:

Keineswegs habe ich die Erwartung, dass alle Inhalte im Netz frei sein müssten. Ganz im Gegenteil. Ich bin gerne bereit für gut recherchierte Geschichten auch Geld zu bezahlen. Das mache ich auch bei Musik, Filmen und anderem digitalen Content.

Was ich fordere ist nur Gleichberechtigung. Der selbe Content, den sie für den Normalo-Surfer FREI ins Netz stellen, ist für iPad User NICHT FREI verfügbar im Netz. Nur darum geht es.

Eine Antwort bekam er nicht mehr.

Mit Dank an Tobias N.

Wenigstens kein Bolzenschneider

In Berlin kam es am Wochenende am Rande von Demonstrationen gegen die bevorstehende Räumung eines besetzten Hauses zu gewalttätigen Eskalationen.

“Welt Online” würdigt die Ereignisse unter anderem mit einer 11-teiligen Klickstrecke. Mittendrin prangte dieses Foto:

Diese Bildunterschrift ist schlicht falsch: Zum einen sehen die “Schlagstöcke” nicht sonderlich massiv aus, der rechte scheint unten sogar abgeknickt zu sein. Zum anderen stehen die Demonstranten vor dem “St. Oberholz” am Rosenthaler Platz — und der liegt nicht mal mindestens auf dem Weg der Demonstration.

Das Foto zeigt eine Theatergruppe auf einer Demonstration, die einen Tag zuvor im Rahmen des “Entsichern-Kongress” gegen einen in Berlin abgehaltenen Polizeikongress stattgefunden hatte. Laut Veranstaltern sollte damit in satirischer Art und Weise das Thema Polizeigewalt dargestellt hat. Die “Schlagstöcke”, so berichten uns Augenzeugen, seien aus gepolstertem Material gewesen und wurden als Requisiten für die Aufführung verwendet.

“Welt Online” hat das Foto inzwischen aus der Bildergalerie entfernt.

PS: Überschriftenwitzerklärung.

Mit Dank an Juri S. und Lina.

Taxi in Berlin, Daily Mail, Focus

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Der große Berliner Taxi-Murks”
(gestern-nacht-im-taxi.de, Sash)
“Der große Berliner TAXI-Test” von “Bild” bewegt Sash, ein Taxifahrer aus Berlin-Marzahn, zu einer Reaktion. “Wer die Namen der Fahrer durchliest, stößt auf 9 Namen, davon 7 türkische, einen arabischen und einen ivorischen. Die anderen 9 heißen ‘Fahrer’, ‘netter Fahrer’, ‘Uriger Berliner’ usw.”

2. “Kanzlerfotograf will ‘Focus’ verklagen”
(sueddeutsche.de, Marc Felix Serrao)
Die Anwälte des Fotografs Konrad Rufus Müller fordern vom “Focus”, “das Cover mit dem Bild aus der vergangenen Woche (‘Kohls Sohn bricht sein Schweigen’)” nicht mehr zu verbreiten, weil die darauf von Helmut Kohl eingenommene Pose an ein Bild von Müller erinnert. “Die Streit wirkt bizarr, könnte für die Medienbranche aber Folgen haben. Es geht um die Frage, ob es so etwas wie ein Recht an einer Pose gibt.”

3. “A True Story Of Daily Mail Lies”
(nosleeptilbrooklands.blogspot.com, Juliet Shaw, englisch)
Ausführlich berichtet Juliet Shaw über das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der “Daily Mail”. “I earned a reputation within my community for being a fantasist and a liar, and spent the next two years learning the intricacies of the laws of defamation and in order to try and salvage what was left of my reputation.”

4. “Déjà-vu in Kairo”
(blogmedien.de, Horst Müller)
Horst Müller findet, die Zuschauer sollten wissen, “woher die Bilder stammen, die in Korrespondentenberichten gezeigt werden. Schließlich ist Transparenz ein wesentliches Merkmal für journalistische Qualität und sollte gerade im gebührenfinanzierten Fernsehen eine Selbstverständlichkeit sein, auch – und gerade in Krisensituationen.”

5. “Ab nach Tunesien – was freie Journalisten beachten sollten: Ein aktueller Bericht aus Tunis”
(frei.djv-online.de, Sarah Mersch)
Durch die Auflösung des Kommunikationsministeriums hat sich die Situation in Tunesien für Journalisten verändert: “War es früher oft ein Ding der Unmöglichkeit, Stimmen von ‘Otto Normalverbraucher’ zu bekommen, bildet sich inzwischen schnell eine Menschentraube, sobald man Mikro oder Kamera auspackt.”

6. “CLASSIC: Fox News Egypt FAIL”
(failblog.org, Screenshot)

Die Bochumer Stadtmusikanten

An dem Artikel, der auf express.de von der “Langen Nacht der ungeschriebenen Hausarbeiten” an der Uni Bochum berichtet, ist auf den ersten Blick nichts auszusetzen: Da werden Studenten der Uni Bochum zitiert, ebenso die Initiatorin Gabi Meihswinkel von der Uni Bochum, bevor der Artikel mit dem Satz schließt:

Auch die Uni Bochum will die Aktion wiederholen.

Wie gesagt: Auf den ersten Blick erscheint der Artikel völlig normal. Wenn da nicht der Umstand wäre, dass die Studenten in Wahrheit an der Uni Bremen studieren, Gabi Meihswinkel an der Uni Bremen arbeitet und die “Lange Nacht der ungeschriebenen Hausarbeiten” von der Uni Bremen veranstaltet wurde.

Der ganze Artikel, der bei express.de in der Jugendreporter-Rubrik “X-Scouts” erschien, ist eine gekürzte und leicht veränderte Fassung einer Meldung der Nachrichtenagentur dapd, bei der (aus welchen Gründen auch immer) das Wort “Bremen” durch das Wort “Bochum” ersetzt wurde.

Noch einmal: Die Jugendreporterin hat eine dapd-Meldung genommen und “Bremen” durch “Bochum” ersetzt, um den Text dann dem “Express” anzudrehen.

Und der “Express” hat nichts gemerkt.

Mit Dank an Rüdiger F.

Bild, RTL  etc.

Aless Pocher… oder was?

Man darf Alessandra Pocher nicht “olle Crackbraut” nennen. Als Lügnerin wird sie sich aber womöglich bezeichnen lassen müssen. Und das kam so:

Im Mai 2009 rappte Sido bei der Verleihung des Musikpreises Comet über die Frau, die damals noch als Sandy Meyer-Wölden bekannt war, als “olle Crackbraut”. Er gab später eine Unterlassungserklärung ab. Alessandra Pocher aber forderte zudem 25.000 Euro Schmerzensgeld. In erster Instanz im vergangenen Sommer verlor sie. Das Gericht sah eine “substanzlose Blödelei” und keinen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz.

Alessandra Pocher legte Berufung ein, und so traf man sich im Dezember erneut vor Gericht, das einen Vergleich vorschlug: Sido solle 10.000 Euro für einen guten Zweck spenden, den Pocher bestimmen dürfe. Beide Seiten stimmten dem Vorschlag zu.

Es ist also, wenn man so will, ein Unentschieden: Sido zahlt, aber er zahlt nicht einmal die Hälfte dessen, was Frau Pocher gefordert hatte, er zahlt nicht an Frau Pocher, und er ist nicht zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt worden. Verschiedene Medien aber behaupten, sie hätte den Prozess gewonnen.

Die “Frankfurter Neue Presse” berichtete am 23. Januar von einer Benefiz-Gala für die Sophie-Scholl-Schule in Bad Nauheim:

Neben verschiedenen Firmen überbrachte auch Alessandra Pocher einen Scheck im Wert von 10 000 Euro. Geld, welches sie aus einem Prozessgewinn gegen den Rapper Sido bekam.

Vier Tage später schrieb “Bild” Köln:

In letzter Instanz gewann Sandy jetzt und zeigt ein großes Herz. Sie spendete die komplette Summe der integrativen Sophie-Scholl-Schule in Wetterau: “Ich freu mich, dass eine für mich so unangenehme Sache den Kindern hilft.”

Im RTL-Mittagsmagazin “Punkt 12” vermeldete Moderatorin Katja Burkard am selben Tag glücklich, Alessandra Pocher freue sich “wie verrückt”. Im Beitrag hieß es dann, in jeder Hinsicht falsch:

1:0 für Alessandra Pocher im Streit gegen Rüpel-Rapper Sido. Der muss jetzt 10.000 Euro Schmerzensgeld an die Ehefrau von Olli Pocher zahlen. (…) Alessandra Pocher bekam jetzt in letzter Instant recht und zeigte sich gleich großzügig. Die Summe spendete sie einer Schule.

Die Falschmeldung wurde — mitsamt Original-Rechtschreibfehler von Bild.de — u.a. von news.de und den Online-Ablegern von “Bunte” und “OK Magazin” kopiert.

Sido reagierte auf Twitter so:

Das Management von Alessandra Pocher blieb auf Nachfrage von BILDblog bei der falschen Darstellung vom juristischen Sieg über den Rapper — interessanterweise im Gegensatz zu Pochers prominentem Rechtsvertreter, der über den Vergleich auf seiner Homepage berichtet.

Sidos Anwalt sagte, er gehe gegen die Berichterstattung von “Bild” und RTL vor.

Nachtrag, 2. Februar. Bild.de hat den Artikel geändert, titelt nun “Wirbel um Alessandras Spende” und schreibt u.a.:

BILD hatte berichtet, dass Pochers Frau das Geld gespendet hat. Doch der Rapper legt Wert darauf, dass die Spende von ihm stammt.

Sido: “Weder hat Frau Pocher den Prozess gewonnen, noch hat sie Geld von mir erhalten. Ich war es, der den Betrag freiwillig gespendet hat.

Der Rapper weiter: “Wenn Alessandra selber Gutes tun will, kann sie gerne die gleiche Summe drauflegen und an die Schule spenden.”

Bei bunte.de wurde die Falschmeldung ohne Erklärung gelöscht.

Links, Anonymisierung, Ego

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Prozessjournalismus und Ägypten: Deutschsprachige Onlinemedien enttäuschen”
(datenjournalist.de, Lorenz Matzat)
Lorenz Matzat vergleicht die Ägypten-Berichterstattung von “Spiegel Online” und “Welt Online” mit englischsprachigen Angeboten. Und findet keinen einzigen Link auf Quellen ausserhalb ihres eigenen Angebots. “Soziale Medienkanäle, wie Twitter, YouTube oder Flickr werden gänzlich ignoriert. Nur klassische Nachrichtenagenturen und etablierte Sender wie die BBC gelten als verlässliche Quellen.”
(Anmerkung, 9:55 Uhr: Wegen Serverproblemen auf datenjournalist.de verweist der Link derzeit auf onlinejournalismus.de.)

2. “Copy&Paste Journalismus”
(reticon.de, Martin Ragg)
Martin Ragg zeigt auf, wie eine Pressemitteilung der Zeitschrift “Forschung & Lehre” Eingang in die Online-Portale findet. “Ich habe ja nichts gegen das Weiterverbreiten von Nachrichten – aber die meisten erwecken hier den Anschein als finde dort ‘redaktionelle Arbeit’ statt. Gebt den Rechnern noch etwas Zeit, dann macht das ein Algorithmus.”

3. “Wie unsere Hitler-Geschichte Karriere machte”
(blogs.taz.de/hausblog, Klaus Hillenbrand)
Auf Umwegen über England, Singapur, USA, Indonesien und Israel kommt die “sonntaz”-Geschichte “Ein Hund namens Hitler” vom 8. Januar 2011 wieder zurück nach Deutschland in die “Yahoo-Nachrichten”.

4. “Tagesanzeiger klaut Bilder von iFrick.ch”
(ifrick.ch, Jean-Claude Frick)
Tagesanzeiger.ch verwendet ein Bild von Jean-Claude Frick, ohne die Quelle anzugeben oder vorher anzufragen. “Witzigerweise passt das Bild gar nicht zum Inhalt, da es im Artikel um das Original weisse iPhone 4 geht, welches ja anders aussieht als meines.”

5. “Zweiklassen-Anonymisierung bei ‘Österreich’ und ‘Krone'”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
“Krone” und “Österreich” wenden im gleichen Artikel zwei verschiedene Arten der Anonymisierung an. Für Hans Kirchmeyr ist das weder mit Unwissenheit noch mit uneinheitlichen Vorgaben erklärbar. “Hier wird erkennbar unterteilt in schutzwürdige und weniger schutzwürdige Personen. Journalistische Willkür der grauslicheren Art.”

6. “15 Tipps für Blogger mit normal großem Ego”
(raventhird.de, Sebastian Baumer)

20 Fast-Fakten über Bradley Manning

Seit Bradley Manning im Mai 2010 verhaftet wurde, ist er im Brennpunkt des Interesses. Ist der US-Soldat die Quelle der auf Wikileaks veröffentlichten Geheim-Dokumente der US Army? Wikileaks-Gründer Julian Assange bestreitet, Manning zu kennen, der Inhaftierte selbst kann den Medien keine Auskunft geben und die US-Regierung gibt sich sehr zugeknöpft.

Wir wissen nicht genau, was jetzt.de am Freitag bewogen hat, einen Artikel mit “20 Fakten” über Bradley Manning zu veröffentlichen — vielleicht war das als Replik auf die “25 Fakten über Julian Assange” gedacht, die die Berliner “B.Z.” Ende November veröffentlicht hatte. Ein überreicher Vorrat an Fakten kann jetzt.de jedenfalls nicht angetrieben haben.

Schon bei simplen Fakten fängt es an: Wie lange sitzt Manning in Haft?

Manning, ohne den Wikileaks wohl nur halb so bekannt wäre, sitzt seit fast einem Jahr in einer Gefängniszelle. Die Aussichten, diese bald wieder zu verlassen, sind schlecht.

Seit 247 Tagen in Haft steht auf der Website bradleymanning.org, einer Unterstützerseite für den US-Soldaten.

Acht Monate oder ein Jahr? Die richtige Antwort gibt jetzt.de an anderer Stelle:

4. Bradley wurde im Mai 2010 verhaftet, weil er unter anderen dieses Video Wikileaks zugespielt hatte.

Kommen wir zum Substantiellen. Was hat Manning denn genau getan?

3. Manning nahm sich eine CD mit Lady Gaga, einen USB-Stick und überspielte die Daten. Während er den

Knapp daneben: Glaubt man den bei wired.com veröffentlichten Chat-Protokollen zwischen Manning und dem Hacker Adrian Lamo, war kein USB-Stick im Spiel. Der Soldat löschte demnach die Musik von der mitgebrachten CD und bespielte sie stattdessen mit Geheimmaterial.

Aber so richtig scheint jetzt.de der Geschichte mit Lamo auch nicht zu trauen:

8. Angeblich prahlte Bradley in einem Chat vor dem Hacker Adrian Lamo, die Dokumente weitergegeben zu haben. Auszüge des Chat-Protokolls gibt es hier zu lesen. Es heißt, Lamo habe dies wiederum dem FBI mitgeteilt, was zur Verhaftung Bradleys führte. 9. Der Journalist Glenn Greenwald hat Zweifel an dieser Version. Er sagt, der Fall Manning sei für die Gegner von Wikileaks enorm wichtig. Wenn sich herumspricht, dass Wikileaks seine Informanten nicht schützen kann, schreckt diese potenzielle Whistleblower in der Zukunft ab.

Kurzum: Was in der Überschrift als Teil von “20 Fakten” angepriesen wird, ist weiter unten nur noch Gerücht und Behauptung.

Mit Dank an Lothar Sch.

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Der Mann, der bei “Bild” Jeff Jarvis war

Am vergangenen Freitag konnte “Bild” mit einem namhaften Gastautoren aufwarten:

Neues Google-Tablet übersetzt alle Sprachen! Von Jeff Jarvis

Jeff Jarvis ist New Yorker Professor, “Kult-Blogger” und “Google-Experte”. Klar, dass dessen neue Aufgabe als “Bild”-Autor in der Szene für Aufsehen sorgt.

Zum Beispiel beim Branchendienst “Meedia”:

Die Google-PR von Jeff Jarvis in der Bild. Web-Guru Jeff Jarvis schreibt jetzt auch für Bild. Über Google! Sein Text über angebliche Wunder-Fähigkeiten eines neuen Google-Tablets kommt allerdings sehr lobhudelnd daher.

Doch stimmt das eigentlich? “Schreibt” Jarvis wirklich für “Bild”? Ein “Twitter”-Nutzer hat einfach mal nachgefragt:

(Schreiben Sie jetzt für die deutsche Boulevardzeitung “Bild”? — Nein, die haben mich interviewt und so formatieren sie das.)

So einfach wird man also “Bild”-Autor. Gut zu wissen!

Winnenden, Ägypten, WEF

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Sündenfall Winnenden: Die Ethik und der Journalismus”
(evangelisch.de, Henrik Schmitz)
“Wir haben keine Angehörigen angesprochen, wir haben keine Minderjährigen angesprochen und wir haben nicht von Trauerfeiern berichtet”, sagt Frank Nipkau von der “Waiblinger Kreiszeitung” am Lokaljournalistenforum 2011 zum Amoklauf von Winnenden. “Unsere Leser haben diese Berichterstattung begrüßt. Es hat niemanden gegeben, der angerufen und sich beschwert hat, dass bei uns etwas nicht stand, was er in der Bild-Zeitung gelesen hat.”

2. “Das klägliche Versagen von ARD & ZDF im Fall Ägypten”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Thomas Lückerath erinnert angesichts der zehnminütigen ARD-Sondersendung zur Situation in Ägypten am Freitag an die Sondersendung zur Knöchelverletzung von Michael Ballack. Jens Grotchtdreis erinnert an die “Sondersendungen im deutschen TV wegen des Winterwetters. Man faßte nicht, daß es mal schneien konnte.”

3. “Mit Al Dschasira begann der Wandel”
(tagesschau.de, Carsten Kühntopp)
Carsten Kühntopp aus dem ARD-Korrespondentenbüro Dubai lobt derweil den derzeit in Ägypten verbotenen TV-Sender Al Jazeera: “Unerschrockenen Journalismus – bis zur Gründung von Al Dschasira vor 14 Jahren gab es den nicht in Arabien.”

4. “Was interessiert, ist relevant”
(medien-monitor.com, Daniela Moschberger)
Henning Sußebach gibt handwerkliche Tipps für Reporter und erklärt, was das für Typen sind: “Reporter, das sind diejenigen, die früher auf Klassenfahrt immer ein bisschen abseits standen. Die beobachtet haben, statt sich in Szene zu setzen. Die zugehört haben, während andere das Wort führten.”

5. “Guardian Davos journalist’s sinister encounter with the Swiss riot police”
(guardian.co.uk, Andrew Clark, englisch)
“Guardian”-Journalist Andrew Clark wird am Rande des WEF verhaftet: “When I explained that I was a journalist, I was unconvincingly told in broken English that I looked like a ‘picture on a wall’ of a rioter in Davos, which I took to mean I looked like some sort of photofit picture. I asked my arresting officer if he really believed I’d been rioting in a Banana Republic overcoat, dragging a wheely bag and a laptop. ”

6. “Offener Brief der Stammbesatzung der Gorch Fock”
(spiegelfechter.com, Jens Berger)
Jens Berger veröffentlicht einen “auf einem vertrauenswürdigen Weg” zugespielten Brief der Besatzung des Segelschulschiffs Gorch Fock: “Sehr geehrter Herr Minister, mit diesem Brief möchten wir uns als Stammbesatzung zu den Behauptungen, die in der Presse kursieren, äußern.”

Eine Krähe hackt der anderen ein Auge aus

Immer wenn man denkt, dass bei “Bild” nur gewissenlose Söldner arbeiten, dann kommt so ein Ding und man merkt, dass alles noch viel schlimmer ist:

So brummt das miese Geschäft mit der toten Cora

Sie ist noch nicht einmal beigesetzt, und schon fallen die Geier über ihr Vermächtnis her: Das miese Geschäft mit den Filmen des toten Busenstars Carolin Wosnitza (23) alias “Sexy Cora” brummt wie nie. Was für eine geschmacklose Geschäftemacherei! Neun Tage nach dem Tod der Ex-Bewohnerin des TV-Containers “Big Brother”!

Die Autoren Mark Bittner, John Puthenpurackal und Ingo Wohlfeil kritisieren die Tatsache, dass sich DVDs mit “Sexy Cora”-Pornofilmen zur Zeit so gut verkaufen wie noch nie. Auch der Witwer und frühere Manager der Verstorbenen bekommt sein Fett dafür weg, dass er nach dem Tod seiner Frau noch einen weiteren “Sexy Cora”-Film auf den Markt bringt.

Die Empörung wäre vielleicht etwas glaubwürdiger, wenn nicht “Bild” selbst durch reißerische Artikel in hoher Schlagzahl von Coras Tod profitieren würde — und zwar mit einer täglichen Serie, über der auch die Namen Bittner und Puthenpurackal stehen.

So sah die Titelseite von “Bild” am Montag aus:

Am Dienstag beschrieb “Bild” Coras Weg ins Rotlicht-Milieu, am Mittwoch ging es um ihren “tödlichen Busen-Wahn” und am Donnerstag standen “Die letzten Stunden im Leben von Cora (†23)” auf dem Programm. Auf Bild.de sind diese Artikel wie gewohnt mit wechselnden Titten-Klickstrecken und Videos garniert und rangieren in der Regel in den Top 5 der meistgelesenen Artikel.

Bei all der medialen Aufmerksamkeit für “Sexy Cora” ist es dann auch kein Wunder, dass die DVD-Verkäufe anziehen.

Übrigens, raten Sie mal, mit was für einer Anzeige Bild.de in den Klickstrecken des Erotik-Ressorts ein “mieses Geschäft” macht:

Sexy Cora aus dem TV-Container

Mit Dank an die vielen, vielen, vielen Hinweisgeber!

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