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KW 37: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

1. Nazi-Angriff auf Journalisten: Prozess gestartet
(ndr.de, Zapp Medienmagazin, Julian Feldmann, Video: 12:49 Minuten)
Wer als Journalist oder Journalistin die rechtsextreme Szene beobachtet, muss in der Regel einiges an Pöbeleien und Einschüchterungen ertragen. Vor drei Jahren wurde es für zwei Medienschaffende jedoch lebensgefährlich. Sie wurden von Neonazis mit Schraubenschlüssel und Messer attackiert und schwer verletzt. Julian Feldmann ist der Sache nachgegangen und stellt die Frage, warum die Justiz so lange gebraucht hat, einen Gerichtsprozess zu dem Vorfall in die Wege zu leiten.

2. Was hält eine französische Korrespondentin vom Bundestagswahlkampf?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 36:56 Minuten)
Die französische Korrespondentin Hélène Kohl berichtet seit 17 Jahren aus Berlin und hat schon die eine oder andere Bundestagswahl für französische Medien begleitet. Bei “Übermedien” unterhält sie sich mit Holger Klein über die französische Perspektive auf den deutschen Wahlkampf.

3. RTL Direkt und Murmel-Mania – Nicht viel Neues im Fernsehherbst
(sr.de, Thomas Bimesdörfer & Michael Meyer, Audio: 18:05 Minuten)
Thomas Bimesdörfer und Michael Meyer sprechen mit Thomas Lückerath, dem Chefredakteur des Fachmagazins “DWDL” und Juror beim Deutschen Fernsehpreis, über die aktuellen Auszeichnungen und schauen mit ihm zusammen auf das, was im anstehenden Fernsehherbst an neuen Formaten auf uns zukommt.

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4. Der Fall El-Hassan, Trielle und Kinderfragen
(wdr.de, Steffi Orbach, Audio: 37:42 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin geht es unter anderen um den Fall El-Hassan und die Auswahl von Moderatoren, Lokaljournalismus im Ahrtal, Parteiprogramme zur Medienpolitik, den Einfluss von Influencern auf die Wahlentscheidung und Facebooks aktuelle Sperre diverser “Querdenker”-Konten. Die obligatorische Medienschelte am Ende befasst sich mit Triellen und Kinderfragen.

5. Politisch unterrepräsentiert? Journalistische Initiative “Wir sind der Osten”
(br.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 25:56 Minuten)
Die journalistische Initiative “Wir sind der Osten”, die Wahlkampfberichterstattung von “Bild TV”, die Situation von Journalistinnen und Journalisten in Afghanistan sowie der Journalismus in Russland – das sind die Themen des Medienmagazins im BR.

6. Politik als Servicegesellschaft
(deutschlandfunkkultur.de, Patrick Wellinski, Audio: 18:39 Minuten)
Deutschlandfunk Kultur hat sich mit den Wahlwerbespots der großen Parteien auseinandergesetzt und sie filmisch unter die Lupe genommen: Welche Erzählungen werden entwickelt? Welche Mittel werden dafür eingesetzt? Und welche Botschaften werden subtil oder weniger subtil vermittelt? Experte im Studio ist Stefan Stuckmann, der Drehbuchautor und Showrunner der Politiksatire “Eichwald, MdB”.

Das Mimimi der “Bild am Sonntag”, Edits aus dem Bundestag, Lanz-Precht

1. Mit freundlichen Edits aus dem Bundestag
(netzpolitik.org, Anna Biselli)
Beim Online-Nachschlagewerk Wikipedia können bekanntermaßen alle mitmachen, und doch stammen viele Artikel zu deutschen Bundestagsabgeordneten von einzelnen Nutzern. Das zeigen Recherchen von netzpolitik.org und Jan Böhmermanns “ZDF Magazin Royale”. Bei manchen Wikipedia-Beiträgen würden die Politiker und Politikerinnen selbst mitschreiben. Die beiden Redaktionen haben die Wikipedia-Artikel der 709 Mitglieder des Bundestags der aktuellen Wahlperiode ausgewertet. Welche Nutzer haben besonders viele Artikel von Politikern und Politikerinnen bearbeitet? Und welche Artikel wurden zu einem Großteil von einem einzigen Nutzer geschrieben? Die dazugehörige Böhmermann-Folge gibt es hier.

2. »Bild am Sonntag« druckt weiße Seite statt Baerbock-Interview
(spiegel.de)
Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat eine Interviewanfrage der “Bild am Sonntag” abgelehnt. Die Wochenzeitung aus dem Hause Springer antwortete gestern mit einer fast leeren Seite und einer Fußnote voller Mimimi.

3. Eva Schulz: “Wir saßen hier auf heißen Kohlen”
(dwdl.de, Senta Krasser)
Für das Format “Nahaufnahme” hat sich Senta Krasser mit der Politikjournalistin Eva Schulz getroffen, dem “Postergirl des Digitaljournalismus”, wie Schulz unlängst in einer Talkshow angekündigt wurde. Eva Schulz betreibt bei funk den Kanal “Deutschland3000 – ‘ne gute Stunde mit Eva Schulz”. Im ARD-Format “Der Raum mit Eva Schulz” sperrt sie vier Menschen mit verschiedenen Meinungen in einen Raum und lässt sie nur wieder raus, wenn sie zusammen spielen, statt gegeneinander zu kämpfen. Was macht ihren Erfolg aus? Und warum geht Armin Laschet zu ihr und nicht zu Rezo?

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4. Red-Bull-Boss Mateschitz startet Medienprojekt “Der Pragmaticus”
(meedia.de)
Der österreichische Milliardär und Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz hatte bereits vor Jahren ein (mittlerweile abgewickeltes) Medienprojekt namens “Addendum” gestartet. Nun unternimmt Mateschitz, dem von vielen Seiten Nähe zum Rechtspopulismus vorgeworfen wird, einen neuen Anlauf. Die Online-Plattform “Der Pragmaticus” wolle ab sofort Expertinnen und Experten Raum geben, abseits von tagespolitischen Debatten in einem großzügigen Umfang ihre Inhalte “unverfälscht” zu publizieren. Das dazugehörige monatliche Printmedium soll eine Auflage von 200.000 Exemplaren haben.

5. Späti statt Regierungsviertel
(taz.de, Emeli Glaser)
Anlässlich der Bundestagswahl gibt es jetzt zwei politische Interview-Formate, die speziell junge Menschen ansprechen sollen: “Ich würde nie …” von Deutschlandfunk Nova und “Kreuzverhör – deine Wahl? von funk. Emeli Glaser hat aufgeschrieben, was ihr an den Formaten gefällt, aber auch was ihr missfällt: “Ähnlich wie bei anderen Politiker:innen-Talks bleibt leider auch bei den jungen Formaten das Gefühl, nicht schlauer herauszugehen, als man gekommen ist – abgesehen von randomisierten Fakten aus dem Privatleben des Gastes. Aber vielleicht liegt das ja am Ende gar nicht nur an den Talks. Sondern auch an den Politiker:innen.”

6. Stimmt’s oder hab ich recht?
(sueddeutsche.de, Corlenius Pollmer)
Wenn sich zwei äußerst erfolgreiche Medien-Promis wie Markus Lanz und Richard David Precht für einen Podcast zusammentun, sind die Erwartungen hoch. Cornelius Pollmer war nach dem Anhören der ersten Folge eher ernüchtert: “Ist alles nicht falsch, was Lanz und Precht sagen, aber es gibt Mitfahrgelegenheiten, da wird man ähnlich gut unterhalten.”

Die Opfer von “Bild” (1)

Nach einem Verbrechen oder Unglück in Social-Media-Profilen zu wühlen und daraus Fotos der Opfer zu veröffentlichen, ist redaktioneller Alltag bei “Bild”. Häufig erscheinen solche Fotos ohne jede Verpixelung und ohne Zustimmung der Angehörigen oder Hinterbliebenen.

In vielen Fällen werden Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder sogar von Reportern bedrängt, damit sie Fotos der Menschen herausrücken, die sie gerade verloren haben.

“Bild” begründet die Veröffentlichung solcher Bilder damit, dass “nur so” die Tragik “deutlich und fassbar” werde.

Wie jedoch viele Betroffene selbst darüber denken, kann man zum Beispiel hier nachlesen. Dort sagt der Vater eines Mädchens, das beim Amoklauf von Winnenden getötet wurde und deren Foto in den Tagen darauf immer wieder in der “Bild”-Zeitung erschien:

Die “Bild”-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder [unserer Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.

Pressekodex Richtlinie 8.2

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

In einem Interview in unserem Buch sagt ein anderer Betroffener, dessen Bruder bei einem Skiunfall gestorben ist und später ohne Erlaubnis der Angehörigen groß auf der Titelseite der “Bild”-Zeitung zu sehen war:

Das war eines der schlimmsten Dinge an der Geschichte: Dass die “Bild” die Kontrolle darüber hat, mit welcher Erinnerung mein Bruder geht. Dass das letzte Bild von der “Bild”-Zeitung kontrolliert wird und nicht von ihm selbst oder von uns.

Auch in anderen Medien kommt es vor, dass derartige Fotos veröffentlicht werden. Doch niemand macht es so häufig und so eifrig wie “Bild”. Mehr als die Hälfte aller Rügen, die der Presserat je gegen die “Bild”-Medien ausgesprochen hat, bezog sich auf die unzulässige Veröffentlichung von Opferfotos.

Um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß “Bild” auf diese Weise Profit aus dem Leid von Menschen zieht, wollen wir von nun an noch regelmäßiger dokumentieren, wie häufig die “Bild”-Medien solche Fotos veröffentlichen.

***

Für den Start haben wir uns die Woche vom 14. bis 20. Juni genauer angeschaut. Allein in dieser Zeit haben die “Bild”-Medien mindestens 20 Mal Fotos von Menschen gezeigt, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind. Davon acht Mal Kinder.

In zwei Fällen waren die Gesichter verpixelt, in vier Fällen war die Augenpartie verpixelt (allerdings waren die Personen anhand anderer persönlicher Informationen im Artikel oder aufgrund der unzureichenden Verpixelung weiterer abgebildeter Familienmitglieder problemlos identifizierbar).

In 14 Fällen gab es keinerlei Verpixelung.

***

Bild.de veröffentlichte zum Beispiel das unverpixelte Foto eines Mannes, der nach einer Partynacht ertrunken war:

Schlagzeile auf der BILD.de-Startseite: Party-Trio lässt besten Kumpel ertrinken - Prozess-Start +++ Tat sogar mit dem Handy gefilmt! [dazu ein Foto des Mannes sowie ein Foto der Stelle, an der er seine Leiche gefunden wurde, an der nun ein Kreuz steht. In der Ecke des Teasers befindet sich das Bild-Plus-Logo]
(Unkenntlichmachung von uns.)

Als Fotoquelle ist nur “Privat” angegeben. Viele andere Medien, die über den Fall berichten, zeigen kein Foto des Opfers (und verpixeln in ihren Artikeln die Gesichter der Angeklagten – im Gegensatz zu Bild.de).

Bild.de und “Bild am Sonntag” zeigen auch das unverpixelte Foto eines demenzkranken Mannes, der in seinem Bett verhungerte (der Artikel handelt vom Prozess gegen zwei Angehörige des Mannes, die wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht stehen).

Schlagzeile bei BILD.de: Ehefrau und Sohn vor Gericht - Demenzkranker verhungert in seinem Bett [im Artikel dann ein großes Foto des Mannes, dazu sein Vorname, sein abgekürzter Nachname und sein Alter]
(Unkenntlichmachungen von uns.)

Das Bild stammt aus einer Traueranzeige, die in einer Regionalzeitung erschienen war. In einem ähnlichen Fall – als “Bild” nach dem Germanwings-Unglück eine Traueranzeige aus einer anderen Zeitung nachgedruckt hatte – wertete der Presserat den Nachdruck als “Verstoß gegen presseethische Grundsätze”, weil “nicht von einer grundsätzlichen Einwilligung zu einer identifizierenden Abbildung für die deutschlandweite Medienöffentlichkeit auszugehen” sei.

“Bild am Sonntag” und Bild.de zeigen auch das unverpixelte Foto eines 12-jährigen Mädchens, das bei einem Hausbrand ums Leben kam.

Ausriss aus der BILD am SONNTAG: In diesem Feuer starb unser Kind - Die Eltern von [...] (12) wollen wissen, was beim Kindergeburtstag geschah [dazu ein großes Foto des Mädchens, ein kleineres Foto, auf dem die Eltern den Schülerausweis des Mädchens in die Kamera halten sowie ein Foto des brennenden Hauses und ein Foto vom Fund des Schülerausweises in den verkohlten Trümmern]
(Unkenntlichmachungen von uns.)

Dieser Fall ist eine seltene Ausnahme, denn offenbar haben die Eltern der Veröffentlichung zugestimmt (sie halten auch ein Foto ihrer Tochter in die Kamera des “Bild”-Fotografen). Doch auch bei solchen Fällen ist Vorsicht geboten. Im November 2015 zum Beispiel veröffentlichte “Bild” das Foto einer Frau, die Opfer eines Verbrechens geworden war und auf der Intensivstation lag – der Bruder der Frau habe der Veröffentlichung ausdrücklich zugestimmt, hieß es im Artikel. Wenig später sagte derselbe Bruder der “Süddeutschen Zeitung”: “Ich war verwirrt, wie im Nebel, und die sagten noch, so ein Foto würde [meiner Schwester] nützen”. Inzwischen bereue er es, der Veröffentlichung zugestimmt zu haben. Bei Bild.de ist das Foto heute noch online.

Damals, als Julian Reichelt noch Wahlkampf für die Grünen machte

Die “Bild”-Redaktion hatte in der vergangenen Woche einen tollen Einfall, wie sie ihre Abneigung gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und ihre Abneigung gegen die Grünen in nur einem Artikel ausleben kann:

Ausriss Bild-Zeitung - Machen Wetterfrösche Wahlkampf mit Klima?

Ralf Schuler, Leiter des “Bild”-Parlamentsbüros, schreibt:

Eigentlich sollen sie nur das Wetter der nächsten Tage vorhersagen. Doch seit einiger Zeit erklären die Wettermoderatoren im Fernsehen immer öfter ausführlich die Temperaturkurven der letzten Jahre und den Klimawandel.

Als Beispiele nennt Schuler lediglich die Wettermoderatoren Karsten Schwanke (ARD) und Özden Terli (ZDF). Und fragt: “Sachliche Aufklärung oder heimlicher Klima-Wahlkampf?”

Die Antwort lässt er Hermann Binkert geben, einst selbst CDU-Politiker, zwischenzeitlich Mitglied der “Werteunion”, laut “Zeit Online” AfD-Spender und Chef des Meinungsforschungsinstituts INSA:

Fakt ist: “Je stärker das Thema Klimaschutz im Bewusstsein der Bevölkerung ist, desto eher werden die Grünen von der Kompetenz, die man ihnen hier zuspricht, profitieren”, sagt INSA-Chef Hermann Binkert.

Dazu drei Nebengedanken: 1. Wäre dann eine Zeitung, die ständig jene Themen auf der Titelseite platziert, die Rechtspopulisten in die Karten spielen, nicht genauso ein Wahlkampfblatt für die AfD? 2. Das klingt ja fast so, als würden die Grünen laut “Bild” als einzige Partei Antworten auf den Klimawandel haben. Und 3. Wenn Schuler nebulös von “seit einiger Zeit” spricht, ist schwer zu sagen, was er damit genau meint. Karsten Schwanke zum Beispiel hat im November 2018 für die ARD sehr anschaulich die Folgen des Klimawandels erklärt (und dafür eine Grimme-Preis-Nominierung erhalten). Damals war der Wahlkampf für die Bundestagswahl im September 2021 noch nicht so richtig im Gange.

Aber nehmen wir die “Bild”-Logik mal so hin.

Für unser Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste” haben wir uns durch das gesamte Œuvre von Julian Reichelt gewühlt. Und dabei überraschende Seiten entdeckt. Denn vor einigen Jahren machte der heutige “Bild”-Chefredakteur und damalige “Bild”-Reporter Reichelt – jedenfalls nach “Bild”-Logik – selbst noch kräftig Wahlkampf für die Grünen. Am 10. April 2007 beispielsweise erschien in “Bild” dieser Artikel:

Ausriss Bild-Zeitung - Bild-Reporter Julian Reichelt mit dem WWF bei den Eisbären in der Arktis - Mensch, lass das Reich dieser Tiere nicht schmelzen

Schon nach dem Lesen des Einstiegs kann man gar nicht anders, als das Kreuz bei den Grünen zu setzten:

Durch arktischen Schnee, der unter meinen Polarstiefeln knirscht, stapfe ich auf ein Wunder zu.

Das Wunder des Lebens, das der eisigen Kälte trotzt (minus 20 Grad). 100 Meter schwere Schritte, 50 Meter, 10 Meter – und dann stehe ich vor ihnen. Zwei junge Eisbärbabys, die sich ins Fell ihrer Mutter kuscheln. Ich sehe das Blinzeln ihrer schwarzen Augen, die wie kleine Kohlestücke sind. Ich sehe das Zittern ihrer Nasen. Ich sehe, wie sich der Körper ihrer Mutter hebt und senkt.

Ich sehe den ganzen überwältigenden Zauber der Natur, der in den Händen des Menschen liegt. Den Zauber, den wir erhalten MÜSSEN.

Reichelts damalige “Lektion aus dem Eis”:

Die globale Erwärmung bedroht das, was unseren Planeten so einzigartig macht!

Warum überhaupt der Besuch beim Eisbär?

Weil sein Lebensraum langsam schmilzt, wurde der Eisbär zum traurigen Wappentier der Erderwärmung. Zum einsamen Helden der Klimakatastrophe. Deswegen hat BILD ihn besucht. Um zu zeigen, welch fantastische Natur wir riskieren, weil wir schneller Auto fahren, öfter fliegen, das Licht in der Wohnung länger brennen lassen wollen.

Als hätte er es direkt aus dem Wahlprogramm der Grünen abgeschrieben. Und so gibt es am Ende des Artikels noch mal einen eindringlichen Appell:

Aber schon am nächsten Tag werden wir eine Eisbärin ohne Junge finden. Ich werde mit meinen Händen das Fell berühren. Die dicken Strähnen, die rau sind vom Meerwasser.

Ich werde berühren, was wir bewahren müssen.

Acht Monate später legte Reichelt mit dem “erschütternden BILD-Report” nach:

Ausriss Bild-Titelseite - Der erschütternde Bild-Report - So machen wir unsere Erde kaputt

Die “Bild”-Redaktion startete zeitgleich die Aktion “RETTET UNSERE ERDE”, in Kooperation mit Greenpeace, dem BUND und WWF: “Darum müssen wir endlich handeln! ES GEHT UM DIE RETTUNG DER ERDE!”

Viel ist von alldem heute nicht mehr übrig. Stattdessen machen “Bild” und Julian Reichelt es nun schon zum Skandal, wenn Wettermoderatoren “ausführlich die Temperaturkurven der letzten Jahre” erklären.

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Alles hat ein Ende, nur der Billigwurst-Knaller von “Bild” nicht

Screenshot Bild.de - Ist jetzt Schluss mit Billigfleisch?

fragte die “Bild”-Redaktion im Juni vergangenen Jahres, nachdem sich beim Fleischproduzenten Tönnies über 1000 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert hatten. Damals entstand eine Debatte über die unwürdigen Verhältnisse, in denen viele von ihnen arbeiten und leben müssen. Billigfleisch – für “Bild” ein “wichtiges Thema”.

Bereits einen Tag zuvor berichtete die Redaktion über eine Forderung des CSU-Politikers Georg Nüßlein:

Screenshot Bild.de - Forderung von Unionsfraktionsvize - Schluss mit Werbung für Billigfleisch!

“Wir müssen Fleisch endlich so wertschätzen, wie es dem Töten von Tieren angemessen wäre. Der wöchentliche Preiskampf der Supermärkte steht dem entgegen, ist unanständig und muss aufhören”, zitiert Bild.de den Politiker.

Nur wenige Wochen später erzählte Schlagersängerin Stefanie Hertel bei “Bild”:

Screenshot Bild.de - Schlager-Star Stefanie Hertel - Tierleid kommt mir nicht auf den Teller

Ungefähr zur selben Zeit berichtete Bild.de vom …

Screenshot Bild.de - Kaum Kohle, astronomische Auflagen - Bauernaufstand gegen Billigpreise

Und auch in den Jahren zuvor thematisierten die “Bild”-Medien immer wieder die verschiedensten Probleme rund ums Billigfleisch. Im Mai 2019:

Würden die Grünen in Berlin regieren, müssten sie den Deutschen das Fleisch nicht verbieten. Sie würden es, das erwarten viele Grünen-Anhänger, nur viel teurer machen – durch ein Verbot von Massentierhaltung. Und das ist gut so.

Es gibt kein Grundrecht auf Billigfleisch! Tiere sind keine Fleischlieferanten. Sondern Lebewesen.

Im Dezember 2018 sogar Franz Josef Wagner:

Am Tag des Welt-Endes wird man auch Deutschland zu den Schuldigen zählen. Eisbären, die auf den Schollen verhungern. Inseln mit Menschen, die überschwemmt werden. Marokko, Litauen, Rumänien, Indien tun mehr für die Umwelt als wir.

Im Klima-Ranking ist Deutschland auf Platz 27 abgerutscht. Was ist der Grund? Wir wählen zwar Grün, aber leben nicht grün. Wir fahren SUV anstatt mit der U-Bahn. Wir fliegen mit dem Billigflieger nach Mallorca, wir essen Billigfleisch. Wir haben weltweit den größten Kohleverbrauch.

Schon im Juni 2017 prangerte “Bild” den “PREIS-IRRSINN IM SUPERMARKT” an:

Fleisch billiger als Obst!

Morgen beginnt die Fußball-Europameisterschaft der Männer, am Dienstagabend startet die deutsche Nationalmannschaft ins Turnier. Beim Discounter Lidl gibt es ab kommenden Montag ein neues Angebot: “DEIN EM-PAKET”, bestehend aus sechs Pullen Bier und fünf Rostbratwürsten. Preis: 3,39 Euro – und damit 29 Prozent billiger als sowieso schon. Alles was man für dieses Angebot tun muss: Einen Coupon ausschneiden, der am Sonntag in “Bild am Sonntag” beziehungsweise am Montag in “Bild” abgedruckt wird. Denn Kooperationspartner der Lidl-Aktion sind die Billigfleisch-Kritiker der “Bild”-Medien:

Ausriss Bild-Zeitung - Montag gibt's Fan-Pakete von Lidl, Bild und Bild am Sonntag

Das sei der “erste Knaller dieser Europameisterschaft”, jubelt “Bild”. Es ist auch die Antwort auf die eingangs zitierte Frage der Redaktion, ob jetzt “SCHLUSS” ist mit Billigfleisch: Nee.

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Wahlforschungs-Debakel, Exodus bei “Tagesschau” und Co., Ärgermacher

1. Ganz weit daneben
(zeit.de, Christian Endt)
Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt war ein Debakel für einen Großteil der Wahlforschung: Mehrere Institute hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und AfD vorhergesagt, am Ende lag die CDU mit mehr als 16 Prozentpunkten vorne. Um festzustellen, wie es zu dieser eklatanten Diskrepanz kam, hat sich “Zeit Online” die Zahlen der Institute etwas genauer angeschaut. Christian Endt vermutet: “Die nachlassende Verlässlichkeit von Umfragen könnte mit dem Erfolg der AfD und der zunehmenden Zersplitterung des Parteienspektrums zusammenhängen. Zugleich fällt es den Demoskopen immer schwerer, Menschen für die Teilnahme an Telefonumfragen zu gewinnen. Außerdem haben die Institute lange auf Festnetzanschlüsse gesetzt und tun sich mit der Verbreitung von Mobiltelefonen schwer”.
Weiterer Lesehinweis: Beim “Spiegel” erklärt der Wahlforscher Rüdiger Schmitt-Beck: “Ostdeutschland ist einfach ein Sonderfall” (spiegel.de, Sophie Garbe).

2. Anja Reschke: “‘Panorama’ muss auch Ärger machen”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Die ARD-Sendung “Panorama” ist das älteste politische Magazin im deutschen Fernsehen: Sie wird dieses Jahr stolze 60 Jahre alt. Seit zwanzig Jahren wird “Panorama” von Anja Reschke moderiert. Bei “DWDL” spricht Reschke darüber, wie die Sendung auch intern hinterfragt wird, auf welche Erfahrung sie gerne verzichtet hätte und worin sich “Panorama” von anderen Polit-Magazinen unterscheidet.

3. Wenn die Polizei Berichterstattung behindert
(deutschlandfunk.de, Antje Allroggen, Audio: 5:58 Minuten)
Immer wieder werfen Redaktionen der Polizei vor, an der Berichterstattung über Umweltproteste gehindert zu werden, ob im Hambacher Forst, am Steinkohlekraftwerk Datteln oder bei den jüngsten Protesten gegen den Ausbau der Autobahn 100 in Berlin. Dort sollen rund ein Dutzend Medienschaffende eingekesselt und mit Platzverweisen sowie Anzeigen wegen Hausfriedensbruch überzogen worden sein. Wie konnte es dazu kommen? Und wie ist das Vorgehen der Polizei zu bewerten? Darüber hat sich Antje Allroggen mit ihrem Kollegen Sebastian Engelbrecht unterhalten.

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4. Der dezentrale Newsroom
(journalist.de, Kathi Preppner)
Die Corona-Pandemie hat viele Journalistinnen und Journalisten ins Home-Office gezwungen. Die Arbeit von zu Hause wird von ihnen sehr unterschiedlich empfunden: Die einen schätzen sie, den anderen fehlt der direkte Austausch mit den Kollegen und Kolleginnen. Die Medienjournalistin Kathi Preppner hat ein Stimmungsbild eingeholt und geht dabei auch auf die Frage ein, ob und wie sich die redaktionelle Arbeit verändern wird.

5. Exodus bei “Tagesschau” und “Tagesthemen”: Was zieht Linda Zervakis, Jan Hofer und Pinar Atalay zu RTL und Pro7?
(rnd.de, Imre Grimm)
Nach Linda Zervakis und Jan Hofer zieht es mit Pinar Atalay nun das dritte prominente Team-Mitglied von “Tagesschau” und “Tagesthemen” ins Privatfernsehen. Imre Grimm kommentiert: “Drei Abgänge in wenigen Monaten – es ist schon ein vergleichsweise spektakulärer Exodus, den das Team von ‘ARD Aktuell’ verkraften muss. Man darf zweifellos von schwierigen Wochen für das ARD-Nachrichtenteam in Hamburg-Lokstedt sprechen.” Bei der Motivlage der Wechselwilligen vermutet Grimm schlicht zwei Dinge: “Geld und Glamour.”

6. Hildmann-Hetze auf Apple- und Android-Geräten gesperrt
(t-online.de, Lars Wienand)
Seit Dienstag sind sowohl auf Apple- als auch auf Android-Geräten in der Telegram-App bestimmte Inhalte nicht mehr sichtbar. Von den Sperren betroffen ist auch der Kanal von Attila Hildmann (circa 100.000 Abonnenten). Dieser hatte dort über einen beunruhigend langen Zeitraum Hass und Hetze betrieben, Bilder mit Hakenkreuzen gepostet und zum Umsturz aufgerufen. Hildmann soll sich Anfang des Jahres in die Türkei abgesetzt haben.

Respekt geht anders, Fischer trennt sich von Maron, Neue BBC-Konkurrenz

1. Gabriele Krone-Schmalz im Gespräch auf der ARD-Buchmessenbühne
(youtube.com, Hessischer Rundfunk, Video: 20:47 Minuten)
In ihrem neuen Buch “Respekt geht anders” macht sich Gabriele Krone-Schmalz Gedanken über die derzeitige Streit- und Debattenkultur. Deutschland sei “im Kampfmodus”. Andersdenkende würden oftmals verunglimpft, und statt aufeinander zuzugehen, breite sich in der Öffentlichkeit ein aggressives Klima der Intoleranz aus. Auf der ARD-Buchmessenbühne unterhält sich die Radiomoderatorin Marion Kuchenny mit Krone-Schmalz darüber, wie sich zielführender und respektvoller miteinander streiten lässt.
Weiterer Lesetipp: Thematisch passend dazu, schreibt Kuchenny in einem Thread über die Debattenkultur auf Twitter: “Diese Mischung aus permanenter Aufregung, großer Empfindlichkeit bei den eigenen Themen und gleichzeitig einer kompletten Hemmungslosigkeit im unerbittlichen Umgang mit den Themen und Argumenten anderer scheint ein Markenkern dieser Plattform zu sein.”

2. Wenn Bildredaktionen und Kompetenz fehlen
(mmm.verdi.de, Felix Koltermann)
Das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung n-ost ist eine internationale Nichtregierungsorganisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, die journalistische Berichterstattung über Osteuropa zu verbessern. Der Kommunikationswissenschaftler und Journalist Felix Koltermann hat mit Stefan Günther gesprochen, der bei n-ost als Bildredakteur arbeitet. In dem Interview geht es um den fotografischen Auslandsjournalismus und die bildredaktionelle Praxis von Medien allgemein.

3. Neue Konkurrenz für die BBC
(deutschlandfunk.de, Christine Heuer, Audio: 5:20 Minuten)
Wer an das britische Fernsehen denkt, denkt zunächst vermutlich an die BBC, die mehrere Fernseh- und auch Hörfunkprogramme sowie eine Nachrichtenwebsite betreibt. Doch mit GB News und News UK stehen zwei Konkurrenten in den Startblöcken, die nicht nur für Konkurrenz, sondern auch für eine Polarisierung der britischen Medien sorgen könnten.

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4. Das sind die Podcast-Tipps im Oktober
(sueddeutsche.de, Elisa Britzelmeier & Aurelie von Blazekovic & Stefan Fischer & Marlene Knobloch & Harald Hordych)
In den Podcast-Tipps für den Oktober verraten “SZ”-Autoren und -Autorinnen ihre derzeitigen Lieblings-Hörtipps. Mit dabei: ein Nachrichtenpodcast (“0630”), die “Kohl Kids”, ein Polit-Thriller (“Der V-Komplex”), ein von Frauen präsentierter Tech-Podcast (“She Likes Tech”) und der “sportstudio-Podcast” des ZDF.

5. Zu “rechts”? Fischer-Verlag trennt sich von Autorin Monika Maron
(br.de, Peter Jungblut, Audio: 2:03 Minuten)
Nach vierzigjähriger Zusammenarbeit trennt sich der Fischer-Verlag von seiner Autorin Monika Maron. Die verlegerische Geschäftsführerin des Verlages habe sich in einer kurzen Pressemitteilung zu den Gründen geäußert: “Man kann nicht bei S. Fischer und gleichzeitig im Buchhaus Loschwitz publizieren, das mit dem Antaios Verlag kooperiert.” Anmerkung des “6 vor 9”-Kurators: Das Buchhaus Loschwitz gilt als pegida-nah, Antaios wird dem Netzwerk der Neuen Rechten zugeordnet.
Weiterer Lesehinweis: Kein Platz für Maron (sueddeutsche.de, Hilmar Klute).

6. Deswegen wurde 14 Jahre lang gebaut
(interaktiv.tagesspiegel.de)
Keine explizite Medienmeldung, aber ein tolles Beispiel für innovative Darstellungsformen im Journalismus: Der “Tagesspiegel” zeigt (wieder einmal) eindrucksvoll, wie sich eine Reportage interaktiv und multimedial aufbereiten lässt, ohne dabei in reine Technik-Spielerei abzugleiten.

“Bild”-Buhrow, Ohrfeige für Storymachine, Hutbürger reloaded

1. Berliner Justizbeamter behindert ZDF-Dreh bei Prozess gegen einen Rechtsextremisten
(netzpolitik.org, Daniel Laufer)
Als ein ZDF-Fernsehteam gestern von einem Prozess gegen einen Rechtsextremisten berichten wollte, wurde es von einem Berliner Justizbeamten an der Arbeit gehindert und körperlich angegangen. Obwohl sich das Team um den Journalisten Arndt Ginzel zuvor ordnungsgemäß beim Landgericht für die Dreharbeiten akkreditiert hatte. netzpolitik.org zeigt Videoaufnahmen des Vorgangs, die an die absurden Szenen mit dem “Hutbürger” erinnern (“Sie haben mich ins Gesicht gefilmt!”). Ein Sprecher des Justizsenators habe Aufklärung versprochen: “Selbstverständlich wird der Fall aufgearbeitet.”

2. “Unprofessionell und leichtfertig”: Ethikwächter rügen Storymachine
(stern.de, Hans-Martin Tillack)
Der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) versteht sich als Selbstkontrollorgan der PR-Wirtschaft. In dieser Funktion hat sich der DRPR mit den Aktivitäten der Berliner Agentur Storymachine zur medialen Vermarktung der viel diskutierten Heinsberg-Studie befasst und eine Rüge ausgesprochen. Die Agentur habe “leichtfertig und unprofessionell agiert und zu einer nachhaltigen Verunsicherung der Öffentlichkeit beigetragen”. Storymachine wolle nun rechtliche Schritte gegen das Kontrollorgan prüfen. Hans-Martin Tillack geht in seinem Beitrag auch auf die Hintergründe der Agentur ein, die 2017 vom ehemaligen “Bild”-Herausgeber Kai Diekmann, dem Eventmanager Michael Mronz und dem ehemaligen stern.de-Chef Philipp Jessen gegründet worden ist und mittlerweile 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen soll. Außerdem hat sich Tillack angeschaut, für wen die umtriebige PR-Agentur noch alles arbeitet beziehungsweise arbeitete. Mit dabei: die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die die Agentur-Dienste jedoch privat bezahle.

3. Kampagne statt Kritik: Was bei «Bild» vs. Drosten schief lief
(medienwoche.ch, Sarah Kohler)
Im Zusammenhang mit den Angriffen der “Bild”-Medien auf den Virologen Christian Drosten erklärt Sarah Kohler die wissenschaftliche Veröffentlichungspraxis über Vorabveröffentlichungen (Preprints) und den sich daran anschließenden Begutachtungsprozess. Kohler konstatiert: “Die Kampagne der Boulevardzeitung basierte auf einer verzerrten Sichtweise auf das moderne Wissenschaftssystem. Diskussion und Kritik sind eine Notwendigkeit für die Wissenschaft. Deswegen ist Kritik an wissenschaftlichen Studien, zumal an deklarierten Vorabveröffentlichungen, nicht die Zurschaustellung eines Mangels. Sie dient vielmehr dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt. Die «Bild»-Zeitung stellt also einen normalen Vorgang als Problem dar, indem sie die Kritik an einem vorläufigen Befund als absolut hinstellt.”

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4. Warum vor allem Männer uns das Virus erklären
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:00 Minuten)
Bei vielen Medien werden die Chefposten von Männern besetzt, und auch in den Medien selbst kommen Frauen seltener zu Wort als Männer. Letzteres falle gerade während der Corona-Pandemie auf: Interviewt würden fast immer männliche Experten. Es sei ein strukturelles Problem, dem sich aber konkret begegnen lasse. Der Verein ProQuote stelle beispielsweise eine Liste von qualifizierten Corona-Expertinnen zur Verfügung.

5. Rezo-Zerstörung der Presse: Ein Faktencheck
(berliner-zeitung.de, Kai-Hinrich Renner)
Der Youtuber Rezo hat in seinem aktuellen Video zahlreichen Medien vorgeworfen, fehlerhaft über ihn berichtet zu haben, und dies in einer Excel-Tabelle dokumentiert. Die “Berliner Zeitung” sei auf eine Falschmeldungsquote von 55 Prozent gekommen – ein Wert, den das Medium nicht auf sich sitzen lassen will.

6. ARD-Chef macht gratis Programm für “Bild”
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Warum schreibt ein ARD-Vorsitzender und WDR-Intendant ausgerechnet für ein unseriöses Presseorgan wie “Bild”? Diese Frage hat sich Stefan Niggemeier bei der Lektüre eines “Bild”-Artikels von Tom Buhrow gestellt und sie, zusammen mit einigen anderen Fragen, flugs an den WDR weitergeleitet. Die Antwort fiel knapp aus und entsprach inhaltlich einem “weil er es kann”. Niggemeier kommentiert: “ARD und ZDF sind seit Jahren Ziel von Kampagnen der ‘Bild’-Zeitung. Die ‘Bild’-Zeitung ist seit Jahrzehnten Symbol für Verantwortungslosigkeit im Journalismus. Der WDR-Intendant und amtierende ARD-Vorsitzende aber hat kein Problem damit, sich unentgeltlich in den Dienst dieses Mediums zu stellen.”

Rezos Medienkritik, Schüsse auf Presse in USA, Datteln IV

1. Die Zerstörung der Presse
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
“Die Zerstörung der Presse” nennt Rezo sein neues Video, in dem er sich fast eine Stunde nicht nur mit den Auswüchsen des Boulevardjournalismus und den Methoden der Regenbogenpresse, sondern auch mit den Unzulänglichkeiten der seriösen Medien beschäftigt. Markus Reuter hat das Video gesehen und zieht folgendes Fazit: “Regelmäßigen Leser:innen von Bildblog oder Übermedien wird Rezos Video nicht allzuviel Neues bringen. Aber das ist egal: Es ist eine unterhaltsame, solide und vor allem konstruktive Medienkritik, die Rezo da auf seine Weise für ein großes Publikum produziert. Und das kann nun wirklich kein Fehler sein.” Dieser Einschätzung schließt sich der “6 vor 9”-Kurator an, empfiehlt das Video jedoch ausdrücklich auch den BILDblog-Leserinnen und -Lesern.
Weiterer Lesehinweis: Youtuber Rezo übt schonungslose Medienkritik (rbb24.de, Daniel Bouhs).

2. Brutale Gewalt gegen Journalisten bei Protesten
(reporter-ohne-grenzen.de)
In den USA kam es im Zusammenhang mit dem Tod von George Floyd durch Polizeigewalt zu zahlreichen Protesten. Dabei habe es mindestens 68 Übergriffe auf Medienschaffende gegeben. Journalistinnen und Journalisten seien mit Gummigeschossen, Pfefferspray und Tränengas angegriffen und vertrieben worden. “Es war vorauszusehen, dass die Art von Präsident Trump, die Medien zu dämonisieren und ein klares Feindbild aufzubauen, tatsächlich zu Gewalt führen würde. Die beispiellose Brutalität, mit der sowohl die Polizei als auch Protestierende in den vergangenen Tagen auf Reporterinnen und Reporter losgegangen sind, ist das Ergebnis dieser feindseligen Rhetorik”, so Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen.
Weiterer Gucktipp: Auf Twitter kann man sehen, wie ein Reporter und ein Team der Deutschen Welle wiederholt von der Polizei beschossen und bedroht werden: Video 1 und Video 2.
Weiterer Lesehinweis: Police targeted journalists covering the George Floyd protests (vox.com, Katelyn Burns, in englischer Sprache).

3. Corona und wir – Die Tagesthemen-Moderatorin
(spotify.com, Imre Grimm, Audio: 36:31 Minuten)
Imre Grimm leitet beim “Redaktionsnetzwerk Deutschland” das Gesellschaftsressort und veröffentlicht regelmäßig den Podcast “Corona und wir”. In der aktuellen Folge spricht er mit der “Tagesthemen”-Moderatorin Caren Miosga über die Berichterstattung zur Corona-Pandemie, die Abläufe im Sender sowie die Vor- und Anwürfe von verschwörungsgläubigen Zuschauern und Zuschauerinnen.
Wer Spotify nicht nutzen will oder kann, kann den Podcast bei radio.de anhören (allerdings können wir dort nicht direkt zur aktuellen Folge verlinken).

Bildblog unterstuetzen

4. Das letzte “Hoff zum Sonntag”: The Last Time – Der Abgesang
(dwdl.de, Hans Hoff)
Der Medienkolumnist Hans Hoff verabschiedet sich in den Ruhestand und packt in seiner letzten Kolumne nochmal die schönsten Anekdoten seiner Karriere aus. Dabei sind einige herrliche Begegnungen mit Promis und Fehleinschätzungen zu internationalen Popstars. Hoff hat es sogar mal zu einer Erwähnung im BILDblog gebracht, die wir jedoch für längst verjährt erachten. Viel öfter haben wir ihn hier in den “6 vor 9” zur Lektüre empfohlen. Lieber Hans Hoff, falls Sie hier mitlesen: Wir werden Sie vermissen und wünschen Ihnen alles Gute für den neuen Lebensabschnitt!
Weiterer Lesehinweis: WDR-Intendant Tom Buhrow wünscht Hoff in einem Gastbeitrag zum Abschied in den Ruhestand alles Gute: “Ich war oft Zielscheibe seiner Kritik. Dennoch: Die Artikel von Hans Hoff werden mir fehlen, wenn er demnächst in den Ruhestand geht.” (dwdl.de).

5. Polizeiwillkür muss Folgen haben
(taz.de, Malte Kreutzfeldt)
Ein bedenklicher Angriff auf die Pressefreiheit sei derzeit in Nordrhein-Westfalen zu beobachten, so Malte Kreutzfeldt in der “taz”. Die Polizei Recklinghausen habe mehreren Journalisten und Journalistinnen Aufenthaltsverbote für die Straßen rund um das Gelände des Kohlekraftwerks Datteln IV erteilt. In einem Schreiben habe die Polizei mitgeteilt, dass die betroffenen Reporter und Reporterinnen sich ihre Informationen bei der Pressestelle der Polizei einholen könnten. Damit gäbe es keinen Grund, sich dem Kraftwerk zu nähern.

6. Was wurde aus… Sex-Werbung im Videotext?
(spiegel.de, Markus Böhm)
Videotext wird 40 Jahre alt. Ein Großteil der Infotafeln war von Anbeginn an mit Kurznachrichten, Klatsch, Wetterbericht, Fernsehprogramm und Aktienkursen gefüllt. Es gab aber auch die Schmuddelecke, in der teure 0190-Hotlines mit “scharfen Hausfrauen” und “gierigen Schülerinnen” beworben wurden, versehen mit Nacktbildern in Klötzchengrafik. Zum Videotext-Jubiläum hat sich Markus Böhm noch einmal durch die Teletext-Erotikwelten von Sendern wie RTL II, Sat.1 und Sport1 geklickt beziehungsweise geschaltet.

Angst und Geld machen in Zeiten von Corona

Es ist nur ein Beispiel, aber dafür ein recht typisches, das zeigt, wie die “Bild”-Redaktion in diesen unsicheren Tagen a) Angst verbreitet und b) versucht, mit dieser Angst der Menschen Kohle zu machen:

Screenshot Bild.de - Italien schließt Zapfsäulen - Machen auch bei uns die Tankstellen dicht?

Jeder, der bisher nicht daran gedacht hat, dass ja vielleicht “auch bei uns die Tankstellen dicht” machen könnten, kann nun denken: Oh Gott, machen auch bei uns die Tankstellen dicht?

Wenn man kein “Bild plus”-Abo hat, erfährt man dazu nur:

In Italien schließen demnächst die ersten Tankstellen, kündigen die Betreiberverbände an. Ab Mittwochabend sollen demnach zunächst die Zapfstellen an Autobahnen dichtmachen, dann sollen nach und nach andere Tankstellen folgen.

Tankstellen dicht — ist das auch bei uns möglich?

Lesen Sie mit BILDplus, wie die Mineralöl-Industrie die Versorgungslage in Deutschland einschätzt!

Die Antwort auf die “Bild”-Überschrift lautet, wie so oft, wenn dort ein Fragezeichen am Ende steht: nein. In Deutschland sei es “offenbar nicht der Fall”, dass Tankstellen bald schließen müssen, steht im Artikel. Ein Sprecher des Mineralöl-Wirtschaftsverbands sagt, “bei uns” sehe es gut aus. Und der Hauptgeschäftsführer des Verbands antwortet auf die Frage, ob die Versorgung aufrechterhalten werden kann:

“Eindeutig ja, Benzin und Diesel sind jederzeit verfügbar.”

Die durchaus wichtige Info, dass an der Tankstellenfront alles in Ordnung ist, gibt es nur gegen Bezahlung.

Klar, auch die “Bild”-Redaktion muss zusehen, wie sie ihre Arbeit finanziert. Aber muss sie dafür wirklich die Notlage von Menschen ausnutzen, wie in diesem Fall?

Screenshot Bild.de - Diesen Artikel lesen Sie nur mit Bild plus - Was gestrandete Urlauber jetzt wissen müssen - So kriegen Sie einen Platz im Rettungsflieger

Zumal gestrandete Urlauberinnen und Urlauber die Antworten auf ihre wichtigsten Fragen sowieso beim Auswärtigen Amt bekommen — ohne vorher ein Abo abschließen zu müssen.

Wir würden gar nicht soweit gehen, dass alle Artikel zum Coronavirus, egal von welcher Redaktion, kostenfrei abrufbar sein sollten. Aber die grundlegenden. Die, die Menschen zum Beispiel bei der drängenden Frage helfen, ob sie sich “jetzt testen lassen” sollen. Die “Bild”-Redaktion will mit der “ANGST VOR CORONA-INFEKTION” aber lieber Geld machen:

Screenshot Bild.de - Angst vor Corona-Infektion - Soll ich mich jetzt testen lassen?

Eine kostenlose Antwort darauf gibt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Mit Dank an Bloodtrain für den Hinweis!

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