1. Medien-Bericht verärgert Schumachers Managerin (tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
“Er kann wieder gehen …” — mit dieser Schlagzeile behauptet die “Bunte” auf dem Titel ihrer aktuellen Ausgabe, dass Michael Schumacher mithilfe seiner Therapeuten erste Schritte machen könne. Dessen Managerin dementiert und kritisiert, “dass viele Menschen, die ehrlich Anteil nehmen, sich falsche Hoffnungen machen”. Dem Boulevardblatt scheint das relativ egal, es beharrt auf seiner Darstellung. Mittlerweile hat Schumachers Anwalt Konsequenzen angekündigt: “Wir werden gegen die ‘Bunte’ rechtliche Schritte in die Wege leiten und raten von der Übernahme der Behauptung ab.”
2. Katzenfreunde (sueddeutsche.de, Julian Hans)
Vergangene Woche hatte das russische Außenministerium den Korrespondenten der liberalen, polnischen “Gazeta Wyborcza” die Akkreditierung entzogen und ihm eine 30-Tage-Frist gesetzt, um das Land zu verlassen — angeblich eine “symmetrische Antwort” auf ein ähnliches Vorgehen Polens, das einen Mitarbeiter der staatlichen russischen Agentur “Rossija Segodnja” ausgewiesen hatte. Mittlerweile hat sich die diplomatische Posse in einen bizarren Streit verwandelt, der auch öffentlich auf Facebook ausgetragen wird.
3. Lügenpresse, Germanwings, Aylan — Ein medienethischer Jahresrückblick 2015 (netzwerk-medienethik.de, Alexander Filipovic)
Durfte der Name des Co-Piloten genannt werden, der die Germanwings-Maschine abstürzen ließ? War es richtig, das Foto des syrischen Flüchtlingskindes Aylan Kurdi zu zeigen, der ertrunken an einem türkischen Strand gefunden wurde? Und woher kommt das Misstrauen, das Journalisten im Jahr 2015 stärker als je zuvor entgegenschlug? Alexander Filipovic lässt das vergangene Jahr aus medienethischer Sicht Revue passieren.
4. Väter sind auch nur Eltern (leitmedium.de, Caspar Clemens Mierau)
Auf seinem Cover fragt der “Spiegel” derzeit, ob Väter “die besseren Mütter” sind. Für Caspar Clemens Mierau “ein unsäglicher Artikel”, der “Väter und Mütter in einer Art Wettstreit gegeneinander antreten lässt.” Jochen König findet, es sei eine schreckliche Titelgeschichte, und Patricia Cammarata dreht die Frage des “Spiegel” um. Hans-Peter Canibol sieht in der Titelstory hingegen “ein buntes, lehrreiches und anregendes Stück über Väter und Mütter”.
5. Von Einschaltquote zu Klickzahlen (ausgestrahlt.tv)
Die Kölner Journalistenschüler aus dem Jahrgang 2013 haben ihr aktuelles Projekt veröffentlicht: ausgestrahlt.tv begleite “den Wandel auf den deutschen Bildschirmen”. Soll heißen: Ist das Fernsehen am Ende und zählt jetzt nur noch Youtube? Um Antworten zu finden, haben die Journalistenschüler mit Müttern von Youtube-Fangirls, Medienpädagogen und jungen Fernsehmachern gesprochen.
6. Das Geheimnis der Digedags (rbb-online.de, Joseph Lippok und Maria Wischnewski, Video, 42:54 Minuten)
Dig, Dag und Digedag sind drei Kobolde, die Kinder (und Erwachsene) in der DDR zwei Jahrzehnte lang begeistert haben. Die Heimat des Trios war die Zeitschrift “Mosaik”, die Hannes Hegen 1955 in Ost-Berlin gegründet und die zeitweise 600.000 Exemplare verkauft hatte. In der Doku von Joseph Lippok und Maria Wischnewski erzählen Hegens Weggefährten von der “Mosaik”-Erfolgsstory, den Schwierigkeiten, in der DDR einen Comic zu gestalten, und dem Ende der Digedags.
1. Rechtssicherheit auf Kosten der Freien (taz.de, Anja Krüger)
Beim Verlag M. DuMont Schauberg (MDS) arbeiten allein am Standort Köln mehr als 150 Journalisten als Pauschalisten. Viele seien de facto aber als Redakteure tätig, deshalb ermittle die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Beschäftigung Scheinselbstständiger. Nun habe MDS dauerhaften freien Mitarbeitern eine Festanstellung angeboten. Die Konditionen sollen Betriebsräten zufolge aber “unterirdisch” sein.
2. “Alle Jahre wieder” — Die 5 meist kopierten Radioinszenierungen (fair-radio.net)
Ein Moderator schließt sich bei “Antenne Kärnten” ins Studio ein und spielt 24-mal hintereinander den Weihnachtsnervsong “Last Christmas”. Über den Vorfall berichten zahlreiche Medien, weil’s ja so irre ist. “Fair Radio” findet hingegen: “Wie einfallslos! Denn diese Inszenierung gehört definitiv zu den fünf meist kopierten im Radio.”
3. Bis zur WM sollen in Katar 7000 Arbeiter sterben — an was auch immer (stefan-niggemeier.de)
In sieben Jahren findet in Katar die Fußballweltmeisterschaft statt. Bis dahin sollen angeblich 7000 ausländische Arbeiter ums Leben kommen. Diese Zahl verbreitet jedenfalls der internationale Gewerkschaftsbund ITUC — und viele Medien greifen die Meldung bereitwillig auf. Dabei beruht die Zahl auf einer fragwürdigen Berechnungsgrundlage. Stefan Niggemeier appelliert deshalb: “Ich habe keine Zweifel daran, dass die Arbeitsbedingungen in Katar furchtbar sind (…). Aber der Preis für die Aufmerksamkeit kann nicht darin bestehen, zweifelhafte Horrorzahlen zu verbreiten.”
4. Wer ist heute noch “Charlie”? (medienwoche.ch, Carmen Epp)
Mit dem Spruch “Je suis Charlie” solidarisierten sich etliche Medien nach dem Anschlag auf “Charlie Hebdo” mit der Redaktion. Was ist elf Monate später davon geblieben? Mit Blick auf die Schweizer Medienszene bilanziert Carmen Epp: In Sachen Pressefreiheit “ist noch einiges zu tun.”
5. “Geschäftemacherei” mit Presseausweisen derstandard.at, Oliver Mark)
In Österreich gibt es Schätzungen zufolge 7000 Journalisten. Wie viele Presseausweise kursieren, ist nicht bekannt. Vermutlich sind es allerdings deutlich mehr. Es existiere nämlich weder ein offizieller Presseausweis, noch gebe es einheitliche Kriterien für die Vergabe, schreibt Oliver Mark. Dadurch entstünde ein Wettbewerb der Organisationen, die mit den tollsten Rabatten um Mitglieder kämpfen.
6. Für welche Titel-Storys sollen diese Brüste werben? (buzzfeed.com, Juliane Leopold)
“Stern”, “Spiegel” und “Focus” kommen nur schwer ohne Frauenbrüste auf ihren Titelseiten aus. Juliane Leopold hat aus einigen (auch schon älteren) Covern ein Quiz gebastelt.
1. Systemic Change Needed After Faulty Times Article (publiceditor.blogs.nytimes.com, Margaret Sullivan), englisch
Auf Grundlage anonymer Quellen hatte die “New York Times” schwere Vorwürfe gegen US-Behörden erhoben und ihnen Versagen bei der Kontrolle der Attentäterin von San Bernardino unterstellt. Die Anschuldigung war falsch — und Margaret Sullivan, Public Editor der “NYT”, spart nicht mit Selbstkritik: “That’s not acceptable for Times readers or for the paper’s credibility, which is its most precious asset. If this isn’t a red alert, I don’t know what will be.” Dan Gillmor fordert die Redaktion daraufhin auf, deutlich sorgfältiger und sparsamer mit Informationen aus anonymen Quellen umzugehen.
2. Journalist MacAskill: “Der wahre Held ist Edward Snowden” (derstandard.at, Sebastian Fellner)
Der schottische Journalist Ewen MacAskill machte gemeinsam mit Glenn Greenwald und Laura Poitras die anlasslose Massenüberwachung der NSA öffentlich, nachdem Edward Snowden ihnen Dokumente zugespielt hatte. Rund zweieinhalb Jahre nach den ersten Enthüllungen blickt er zurück und lehnt Vergleiche mit Woodward und Bernstein ab: “Sie mussten es zusammenflicken, sprachen mit hunderten Menschen. Wir haben die Dokumente einfach bekommen. Okay, es war harte Arbeit, die Geschichte herauszuarbeiten, sobald wir die Dokumente hatten. Aber ich glaube nicht, dass es mit Watergate vergleichbar ist.”
3. Wie Blocher in Basel so der Milliardär in Nevada (infosperber.ch, Urs P. Gasche)
Vergangene Woche war es nur eine Vermutung (siehe Link Nummer 6), jetzt steht es fest: Der Käufer, der für “The Las Vegas Review-Journal” 140 Millionen Dollar hingelegt hat, ist Casinomagnat Sheldon Adelson. Der Multimilliardär mache keinen Hehl daraus, “dass er mit dem Kauf von Zeitungen politischen Einfluss ausüben wolle”, schreibt Urs P. Gasche.
4. Offene Rechnungen (deutschlandfunk.de, Jürgen Kalwa, Audio, 4:14 Minuten)
Seit Ende November veröffentlicht eine Gruppe namens “Football Leaks” pikante Unterlagen aus der Fußballwelt. Die anonymen Aktivisten hätten sich vor allem auf einen “auf den Fußball spezialisierten Investmentfonds” eingeschossen, der bei Spielertransfers ordentlich mitverdiene, so Jürgen Kalwa. Beim niederländischen Verein Twente Enschede hätten die Enthüllungen schon zum Rücktritt des Vereinsvorsitzenden und zum Ausschluss von internationalen Wettbewerben geführt, schreibt Christian Spiller bei “Zeit Online”.
5. Deutsche Mittelwelle stirbt aus (heise.de)
Wenn der “Deutschlandfunk” Ende des Jahres die Ausstrahlung über Mittelwelle einstellt, dann war’s das mit einem “Stück deutscher Rundfunkgeschichte”.
6. “Immer feige, immer angepasst” (taz.de, Anne Fromm, Jürn Kruse und Paul Wrusch)
Kürzlich durfte “Kress” “ein bemerkenswertes Gespräch” der “drei Alpha-Journalisten” Kai Diekmann, Julian Reichelt und Tanit Koch veröffentlichen. Bestimmt ist es reiner Zufall, dass sich nun auch die “taz” freut, “ein bemerkenswertes Gespräch (…) veröffentlichen [zu] dürfen”, bei dem “die drei Alpha-Journalisten Jürn Kruse, Anne Fromm und Paul Wrusch” Einblicke in die “Ausrichtung der starken Marke taz” geben.
Der Beschluss der EU-Kommission, dass es eine Kennzeichnungspflicht für Produkte geben soll, die aus den israelischen Siedlungen in palästinensischen Gebieten stammen, beschäftigte die Medien im November. Vergangene Woche griff auch “Welt”-Autor Michael Stürmer das Thema in seiner Kolumne auf, in der er sich mit der “Weltlage” beschäftigt:
Und dieser “bemerkenswerte Humor”, mit dem Israelis der EU-Entscheidung begegneten, sehe so aus:
Doch die Israelis müssten nicht Israelis sein, hätten sie nicht sogleich eine Antwort im Stil von Woody Allen parat: “Wir helfen Ihnen gern, Israel künftig effektiver zu boykottieren.”
Dann folgt eine lange Liste, beginnend mit Intel-Prozessoren, gefolgt vom Betriebssystem Microsoft: “Ihr Handy, iPad und Tablet besteht aus lauter israelischen Patenten und Einzelteilen.” Alles davon sofort zu entsorgen und nie wieder zu verwenden.
Wer genau diese Woody-Allen-Antwort gegeben hat, lässt Stürmer offen. Er dürfte aber das Portal il-israel.org meinen, das der deutsche Verein “I like Israel” betreut. Jedenfalls findet man auf der Homepage des Vereins besagte “lange Liste”, die Stürmer zitiert.
“I like Israel” schreibt wiederum, man habe die Auflistung vom amerikanischen “Christian Science Monitor” adaptiert. Die Journalistin Christa Case Bryant wollte dort nach eigener Aussage verdeutlichen, welche Marken Konsumenten aufgeben müssten, wenn sie strikt israelische Produkte boykottieren wollten oder Firmen, die wirtschaftliche Beziehungen mit israelischen Partnern unterhalten. Darunter: Victoria’s Secret, McDonald’s und SodaStream.
Bryants Beitrag ist allerdings keine Reaktion auf die aktuelle Diskussionen um die Kennzeichnungspflicht in der EU, sondern bezieht sich auf die 2005 gestartete Anti-Israel-Kampagne “Boycott, Divestment and Sanctions“, die Israel unter anderem wirtschaftlich unter Druck setzen will. Ihre Boykott-Liste hat Bryant im Januar 2014 veröffentlicht, also vor fast zwei Jahren.
Doch nicht nur zeitlich ist was schräg an Stürmers Kolumne, sondern auch inhaltlich. Neben dem “Betriebssystem Microsoft”, von dem Stürmer spricht, hat er auch die Fehler seiner Quelle ungeprüft übernommen:
HP-Drucker? BMW, Volvo, VW “und was sonst auf vier Rädern fährt” — sofort zu verschrotten. “Sie ahnen nicht, wie viele Rohstoffe — Aluminium — aus Israel stammen.” Skype? Rein israelisches Produkt.
Skype wurde von einem Schweden und einem Dänen in Luxemburg gegründet, die Software entwickelten drei Esten. Seit 2011 gehört Skype zum US-Konzern Microsoft. Wie Stürmer und “I like Israel” darauf kommen, es sei ein “rein israelisches Produkt”, wissen wir nicht. Vielleicht haben sie es mit dem Messenger ICQ verwechselt.
Das alles hätte auch welt.de wissen und korrigieren können. Leser haben uns geschrieben, dass sie versucht hätten, die Redaktion auf die Fehler aufmerksam zu machen. Ihre Kommentare seien jedoch gelöscht worden.
Die letzte Seite von “Bild” ist wie ein Schulhofgespräch in der Jungs-Ecke: laut und durcheinander, mit Tendenz zu verzerrter Selbstwahrnehmung und schlechten Wortspielen. Lieblingsthemen: Tratsch und Titten.
Vorteil beim Schulhof: Da bekommt den Quatsch keiner mit. Das hier hingegen …
… wurde millionenfach gedruckt und gelesen, vor zwei Wochen auf der letzten Seite von “Bild”.
Männer, holt den Pinsel raus — auf diesen Rundungen darf gemalt werden! Model Toni Garrn (23) zeigt uns Kunst am Körper — natürlich für den guten Zweck! Mit ihren Fotos für das französische Magazin “lui” setzt sich die Ex von Leonardo DiCaprio (41) gegen Brustkrebs ein. Tolle Sache — und wir können uns freuen, dass der Malermeister ein paar Stellen frei gelassen hat!
Nun ja. Bloß zeigt das Foto gar nicht Toni Garrn, sondern das litauische Model Edita Vilkeviciute.
Offenbar ist eine der beiden Frauen gegen “Bild” vorgegangen, denn aus dem ePaper ist die Seite inzwischen verschwunden, und am Montag erschien auf der letzten Seite eine Berichtigung — was für die Leute von “Bild” aber eigentlich ganz praktisch war, denn so konnten sie ihre Pinsel gleich noch einmal rausholen:
1. Malediven weisen ARD-Korrespondenten aus (tagesschau.de, Jürgen Webermann)
ARD-Korrespondent Markus Spieker und sein Fernsehteam wollten auf den Malediven zwei Beiträge über den Klimawandel und den Islamismus drehen, doch daraus wurde nur teilweise was. Denn die Polizei des autoritär geführten Landes schritt mehrfach ein, “die offizielle Begründung: unzureichende Drehgenehmigungen.” Am Ende wurden die ARD-Mitarbeiter ausgewiesen, zehnjähriges Einreiseverbot inklusive. Einen Beitrag über den Islamismus auf den Malediven und die Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten konnte Spieker aber noch fertigstellen.
2. UNICEF-Foto des Jahres 2015 (unicef.de)
Gestern hat UNICEF das “Foto des Jahres” gekürt. Das Siegerbild von Fotograf Georgi Licovski war inzwischen an vielen Stellen zu sehen. Die Fotoserien, die auf den Plätzen zwei (von Magnus Wennman) und drei (von Heidi Levine) gelandet sind, sind aber auch sehr zeigens- und sehenswert.
3. “Speziell die Öffentlich-Rechtlichen können Druck von außen gebrauchen” (heise.de, Marcus Klöckner)
Ist die “kommunikative Einbahnstraße” zwischen sendenden Medien und empfangenden Lesern/Hörern/Zuschauern zu Ende? Und wie können Redaktionen mit der neu aufgekommenen Kritik umgehen? Im Interview mit Marcus Klöckner spricht Fritz Wolf über die Studie “Wir sind das Publikum!”, die er für die Otto-Brenner-Stiftung angefertigt hat.
4. Wo wir falsch lagen (nzz.ch, Andreas Rüesch)
Unter dem Titel “Was die Welt erschüttern wird” veröffentlichte die Auslandsredaktion der “NZZ” Ende 2014 eine Liste mit zehn potenziellen Krisenherden. Ein Jahr später blickt Andreas Rüesch zurück auf die eigenen Prognosen und zieht eine selbstkritische Bilanz.
5. Diese Bilder haben uns 2015 schockiert und verblüfft — und alle waren sie gefälscht (watson.ch)
Inspiriert von “Gizmodo” hat “Watson” spektakuläre Fotos gesammelt, die im vergangenen Jahr für Aufsehen sorgten — und sich später als Hoaxe herausstellten. Die Bildunterschriften sparen dabei nicht mit Selbstkritik: “Der ‘Tages-Anzeiger’ hat das Fake-Bild der Sonnenfinsternis gar als Pushmeldung verbreitet. Doch auch ’20 Minuten’, ‘Blick’ und ‘Blick am Abend’ fielen darauf herein. Und ‘Watson’? Hat’s natürlich ebenfalls vergeigt!”
6. Wie “Star Wars: Das Erwachen der Macht” den Journalismus ein klein wenig besser macht (indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Wenn Thomas Knüwer deutsche Medien lobt, muss etwas Besonderes passiert sein. Und das ist es auch, der Auslöser heißt: “Star Wars Episode VII”. Knüwers These: Deutsche Filmkritiker hätten sich in der Vergangenheit oft darauf beschränkt, “in zu langen Passagen besprochene Filme nachzuerzählen.” Doch diesmal seien die Spoiler kaum wahrnehmbar, “stattdessen gibt es gut geschriebene (und überweigend positive) Kritiken, die ganz ohne längliche Story-Nacherzählungen auskommen.”
Gertjan Verbeek, Trainer des VfL Bochum, hat so seine Probleme mit Joachim Droll, Reporter bei der “Bild”-Zeitung. In einer Pressekonferenz im September bezeichnete Verbeek Droll und dessen Kollegen bei “Bild” als “Arschlocher”; Anfang dieser Woche teilte der VfL Bochum mit, dass man auf Fragen von Droll nicht mehr antworten werde, weil man sich seit Jahren über seine Arbeitsweise ärgere.
Am Montag war Verbeek in der niederländischen Fußball-TV-Sendung “Voetbal Inside” zu Gast. Dort war unter anderem auch seine Beziehung zu “Bild”-Mann Joachim Droll Thema (ab Minute 4:13; allerdings nur mit niederländischer IP abrufbar).
Moderator Wilfred Genee leitet die Frage eines Zuschauers an Verbeek weiter (die niederländischen Passagen haben wir übersetzt*):
Genee: Hast du noch Rache genommen, Gertjan, noch ein paar deutsche Journalisten angeschnauzt, fragt sich Wouter van Lunen aus Maastricht. Freitag gab’s mal wieder eine Gelegenheit.
Verbeek: Ihr wart sicher mit einem Kamerateam da?
Genee: Ja, wir waren mit einem Kamerateam da.
Verbeek: Dann muss ich aufpassen, was ich sage.
Genee: Ja, unbedingt.
Verbeek:Ich glaube schon, dass ich was gesagt habe.
Genee: Endlich wieder gewonnen, nach sieben Spielen endlich mal wieder ein Sieg, dann kann man sich mal richtig gehen lassen, würde ich sagen.
Verbeek: Ja. Darum geht’s eigentlich nicht, es gewissermaßen mal allen zu zeigen oder so.
Zum Hintergrund: Ein Kamerateam von “Voetbal Inside” war am vergangenen Freitag in Bochum und hat dort nach der Zweitligapartie zwischen dem VfL und dem SC Paderborn sowohl Droll als auch Verbeek zum jeweils anderen befragt.
Bevor der daraus entstandene Einspielfilm kommt, erzählt Moderator Genee aber erstmal von seinen Joachim-Droll-Erfahrungen:
Genee: Joachim Droll, er hat mich neulich auch angerufen, ein äußerst freundlicher Mann am Telefon, äußerst freundlich.
Verbeek: Zu dir schon.
Genee: Ihr könnt nicht so miteinander.
Verbeek: Ja, das kann man so sagen.
Genee: Er ist von “Bild” — und lasst es uns eben anschauen und rekapitulieren, was letzten Freitag alles passiert ist. Es begann damit …
Der Einspieler beginnt mit Verbeeks “Arschlocher”-Aussage. Am Freitag in Bochum wollte der “Voetbal Inside”-Interviewer dann von Joachim Droll wissen, wie die Beziehung von ihm und Verbeek nun ausschaue:
Interviewer: How is your relationship with Mister Verbeek now?
Droll: Which relationship? I think it’s not possible for a journalist to get a relationship to him.
Schnitt zu Verbeek:
Interviewer: Er wird dir in jedem Fall nichts zu Weihnachten schenken, hat er gesagt.
Verbeek: Nee, aber er bekommt auch nichts von mir. Ich denke, dass er demnächst in Bochum abgelöst wird, und dann bekommen wir einen neuen Reporter. Da bin ich sehr glücklich mit.
Droll: I talked to him five months ago about that it’s very important to have a good relationship to a team and not to be a dictator.
Verbeek: Dass muss Herr Droll gerade sagen.
Interviewer an Droll: You think he is a bit of a dictator?
Droll: A little bit, yes. I think he is a little bit, he’s doing so, yes, yes.
Verbeek: Herr Droll muss sich selbst einen Schnurrbart wachsen lassen, dann ähnelt er jemandem.
Genee: Das werden sie in Deutschland senden, das ist dir natürlich klar.
Der frühere Profifußballer und heutige Journalist Johan Derksen, der regelmäßig als Gast bei “Voetbal Inside” ist, schaltet sich ein:
Derksen: Ich finde, er ist ein freundlicher Mann.
Genee: Ich hatte ihn am Telefon, und er probiert ständig, einem etwas in den Mund zu legen. Er fragte stets: Aber eigentlich ist Verbeek doch ein sehr schwieriger Typ, jemand, der eigentlich überhaupt nicht nett ist? Und ich sagte dann: Eigentlich ist er ein netter Typ. Und Droll sagte dann: Weißt du das sicher? Er tut doch eigentlich sehr seltsame Sachen. Ich fragt ihn dann nach einem Beispiel. Und er sagte dann: Das weiß du doch selbst. Er machte die ganze Zeit so weiter, aber das klappte dann nicht so, wie er wollte. So eine Art Mensch ist es, weißt du.
Verbeek: Ja.
Genee: Er nervt immer weiter.
Verbeek: Ja, er nervt immer weiter.
Derksen: Für seinen Chef ist er dann vielleicht der Richtige..
Verbeek: Das weiß ich nicht. Im Moment ist es so, dass er in Bochum keine Informationen mehr bekommt. Und das scheint mir für einen Journalisten schon wichtig.
Derksen: Aber das ist auch gefährlich, dass Bochum so etwas tut. Denn dann beginnen sie oft, im Privatleben zu suchen.
Verbeek: Ich habe privat nichts zu verbergen.
Derksen: Ja, du nicht. Aber da werden sicher welche sein, die dunkle Seiten haben.
Verbeek: Ja, sicher. Aber hierbei geht es um mich. Er kann von mir aus suchen, was er will.
Genee: Du sitzt ja jetzt öffentlich mit deiner Freundin auf der Tribüne. Da ist jetzt also nichts mehr, was an die Öffentlichkeit kommen könnte. Du sagst also: Ja, lass ihn mal machen.
Derksen: Sind die Fotos schon in “Bild” veröffentlicht?
Verbeek: Es ist völlig sinnlos, es diesem Mann recht zu machen. Wenn ich sehe, was er in den letzten vier Wochen so geschrieben hat — ja, lass ihn mal schreiben, was er will. Aber dann muss er mich nichts mehr fragen.
Genee: Werdet ihr noch ein gutes Gespräch führen, jetzt kurz vor Weihnachten?
Verbeek: Das haben wir schon drei- oder viermal probiert. Der Mann ist ein Wiederholungstäter. Da hört es dann auf.
Derksen: Aber hast du nicht so eine Einstellung: Das ist mir doch egal, da stehe ich drüber, das ist mir egal was sie schreiben?
Verbeek: Ja, das habe ich auch. Deshalb rede ich persönlich auch seit ungefähr vier Wochen nicht mehr mit ihm. Und jetzt hat sich der Verein dem angeschlossen. Er hört zwar zu, aber er macht dann, was er will. Das darf er auch. Aber warum soll ich mich dann noch fragen lassen? Lass ihn mal tun, was er will.
Derksen: Aber in der Pressekonferenz, wenn er was fragt, gibst du ihm dann keine Antwort?
Verbeek: Nein, ihm ist mitgeteilt worden, dass er keine Fragen mehr stellen soll, weil wir seine Fragen nicht mehr beantworten.
Derksen: Das wäre doch mal ein Gast hier für den Tisch.
Zum Ende äußert sich noch der frühere Fußballer René van der Gijp, der ebenfalls als Experte mit am Tisch sitzt:
van der Gijp: Weißt du, was muss man in der Schule nicht alles ertragen, wenn man ›Droll‹ mit Nachnamen heißt? Der Mann ist einfach zehn Jahre lang gemobbt worden. Und dann wird da so was draus: ein kleiner Quälgeist.
“drol” kann im Niederländischen für vieles stehen. Meistens bedeutet es “Scheiße”.
Vielen Dank an den Hinweisgeber und an nach-holland.de für die Übersetzung !
*Nachtrag, 18. Dezember: Ein Leser hat uns darauf hingewiesen, dass unsere erste Übersetzung ein paar Ungenauigkeiten und Fehler enthielt. Daher haben wir die Übersetzung an einigen Stellen ausgebessert und in der Überschrift aus “Blutsaugern” “Quälgeister” gemacht.