Für Sie geklickt (4)

Wir haben mal wieder für Sie geklickt. So sparen Sie Lebenszeit und Gehirnzellen.

Heute: das zurückliegende Wochenende auf der Facebookseite der “Bravo”.

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Schwarz.

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Luftkuss, Handkuss, Wangenkuss, Eskimokuss, Fehlkuss, Knabberkuss, Zungenkuss.

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Wenn man mit seinen Eltern gesprochen hat, und sie nichts dagegen haben.

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“Dieser Grund” sind eigentlich acht:
1. Man ist nie allein.
2. Zusammenhalt.
3. Sie kann einen trösten.
4. Geteiltes Leid bei peinlichen Eltern.
5. Sie ist Tag und Nacht für einen da.
6. Man kann sich gegenseitig die Schuld zuschieben — keine Chance für die Eltern.
7. Sie ist eine Seelenverwandte.
8. Zu zweit ist alles schöner.

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Lachs, Walnüsse oder Mandeln und Spinat oder Grünkohl.

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Farid Bang, weil er schon für die vergangene Staffel angefragt wurde, aber abgesagt hatte.

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Rauchen.

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Fischig.

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Man kann auch fett (so: *BILDblog*) und kursiv (_BILDblog_) schreiben und Textteile durchstreichen (~”Bild”~).

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“ENTHÜLLT” hat das “Spotify”:
1. The XX — Intro
2. Hozier — From Eden
3. The 1975 — Menswear
4. Coldplay — Magic
5. Disclosure — You & Me (Flume Remix)
6. Zella Day — Sweet Ophelia
7. Dylan Gardner — Let’s Get Started
8. LP — Night Like This
9. Chet Faker — Talk Is Cheap
10. Fou De Toi — Deams

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Iris-Scanner.

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1. Sie lächelt.
2. Sie stelle ihm ihre BFF vor.
3. Ihr fehlen die Worte.
4. Sie wird kitschig.
5. Sie küsst ihn.

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1. Er schreibt ihr.
2. Er stellt sie vor.
3. Er sieht sie an.
4. Er ist aufmerksam.
5. Er kann die Finger nicht von ihr lassen.

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Sich nach dem Duschen für einige Zeit nackt im Spiegel anschauen.

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Vaiana.

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Einen Abwasch-Schwamm statt Lockenstab oder Glätteisen benutzen.

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Man kam “SOFORT ins Gespräch”, er stellte einige Fragen, und sie fand ihn dann ziemlich blöd.

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Wenn man erreichbar sein will, wenn man den Weg nicht kennt, wenn einem langweilig ist, wenn man mit Freunden weltweit in Kontakt bleiben will, wenn man schöne Momente festhalten will.

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Weil er im Ausland auf Jagd gegangen ist, und die Roaming-Gebühren so hoch waren. Aber: Die 4500 Euro muss er jetzt doch nicht mehr bezahlen — der Provider nahm die Rechnungskosten zurück.

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Lederjacken haben einen “Rockstar-Ruf”, Jeansjacken den “lässigen Everyday-Style”.

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Nein.

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Bitte. Keine Ursache.

Terror, Öffentlich-rechtliche Simplifizierung, Sportfalle

1. Warum sich die Berichterstattung über Terror ändern muss
(sueddeutsche.de, Georg Mascolo & Peter Neumann)
Peter Neumann, Experte für islamistischen Terror und Professor am Londoner King’s College und Georg Mascolo, ehemaliger “Spiegel”-Chef und jetziger Leiter des Rechercheverbunds von “NDR”, “WDR” und “Süddeutscher Zeitung” über den medialen Umgang mit Terroranschlägen. Eine Betrachtung, die historische Vorfälle miteinbezieht und bis in die Jetztzeit reicht. Verschweigen sei keine Lösung, aber die neue Bedrohung erfordere neue Regeln.

2. Öffentlich-rechtliche Sender: Reflexionsniveau einer Streichholzschachtel
(spiegel.de, Georg Diez)
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen sei zur “Simplifizierungsmaschine” verkommen. Es müsse sich grundlegend wandeln, wenn es der komplexen Gegenwart gerecht werden wolle, so Georg Diez in seiner neuen “Spiegel”-Kolumne: “Wenn es die Sender nicht schaffen, sich eine wirkliche inhaltliche Berechtigung zu verschaffen, die Automatismen und Abläufe entscheidend zu verändern, die Herausforderung der überbordenden Rentenrechnungen zu meistern – dann werden sie irgendwann dem Druck der Verhältnisse nicht länger standhalten.”

3. Technisch hat der IS zehn Jahre Vorsprung
(faz.net, Jonas Jansen)
Jonas Jansen hat sich die aktuelle Ausgabe des dschihadistischen Magazins „Dabiq“ und Propagandavideos des „Islamischen Staates“ angesehen. Die Medienmaschine des IS laufe effizient und professionell. Die Hoheit im Netz sei ihm nur schwer streitig zu machen. Doch es gäbe Hoffnung, den Terroristen den ideologischen Nährboden zu nehmen. Wissenschaftler und Islamgelehrte würden daran arbeiten, die IS-Propaganda theologisch zu widerlegen: “Denn wenn den Terroristen der ideologische Nährboden weggenommen wird, sind die Chiffren und Codes nicht mehr so attraktiv für ziellose Jugendliche, die sonst vom IS angelockt werden.”

4. Fünf Fragen zur angemessenen Smartphone-Nutzung
(dirkvongehlen.de)
Der “Spiegel” ist augenscheinlich genervt von Handys: Diese Woche macht das Nachrichtenmagazin mit einer entsprechenden Titelstory auf: “Legt doch mal das Ding weg! Wie man sein Smartphone beherrscht – und Ruhe findet”. Auf die um sich greifende Smartphone-Angst reagiert Dirk von Gehlen mit einer “kulturpragmatischen Antwort”, in der er die wichtigsten Kritikpunkte aufgreift, Gegenfragen stellt und zu weiteren Gedanken anregt.

5. Kritik als Krawall
(dirkhansen.net)
Vor einigen Tagen bekam das Journalistenkollektiv “Correctiv” ungebetenen Besuch von zwei aggressiv auftretenden, filmenden Kritikern bzw. Gegnern. Dirk Hansen hat sich über diese Form krawalliger Auseinandersetzung Gedanken gemacht: “Ich fürchte, ignorieren reicht nicht mehr. (Was man ja schon an diesem Blogbeitrag erkennen kann.) Wir sollten derlei aggressive Störfälle sehr sorgfältig registrieren. Wo es journalistische Fehler gibt, kann man diese ja diskutieren. Publizistische Kommandoaktionen ala Graham und Six gilt es öffentlich zu brandmarken. Denn sie verhindern zuverlässig jene Phase der Beruhigung, die der Auf- und Abregung im Meinungsstreit eigentlich folgen müsste.”

6. Video: Die Story im Ersten: Die Sportfalle
(daserste.de, Video, 44:58 Min.)
Die ARD-Reportage “Die Sportfalle” – nur noch heute online zu sehen! Der Film zeigt, “wie Olympia und Co. bisher der Demokratie schaden, die Steuerzahler betrügen, den lokalen Sport ausbremsen und die Volkswirtschaft beschädigen. Und welche Visionen diejenigen haben, die das ändern wollen. Olympische Spiele in Rio – bei den Bürgern herrscht keine große Feierlaune. Die Brasilianer leiden unter einer Staats- und Wirtschaftskrise.”

“500 Euro Bild-Zeitung-Leserreporter? Hör auf jetzt!”

Im Verfahren gegen Gina-Lisa Lohfink könnte das Gericht morgen ein Urteil fällen. Dabei geht es um die Frage, ob das Model die zwei Männer Pardis F. und Sebastian C. fälschlicherweise beschuldigt hat, sie vergewaltigt zu haben.

Jahrelang kursierten Videos im Internet, die Lohfink, F. und C. zeigen — ob beim einvernehmlichen Sex oder bei einer Vergewaltigung, wird rund um das laufende Verfahren weiterhin diskutiert.* In den Videos soll Lohfink auch immer wieder eindeutig “Hört auf!” sagen. Der Fall hat zur aktuellen Debatte beigetragen, wann es sich um eine Vergewaltigung handelt und wann nicht.

Inzwischen sollen die Videos aus dem Internet gelöscht worden sein. Damit sich ihre Leser aber dennoch so richtig aufgeilen ein besseres Bild machen können, haben “Bild” und Bild.de neun der zwölf Videos transkribiert und diese Verschriftlichung gestern veröffentlicht:


Dieses Transkript beweist nichts — außer der Tatsache, wie unendlich schwierig es selbst bei Vorliegen von Video-Material sein kann, im Bereich des Sexualstrafrechts Recht zu sprechen. Das Protokoll ermöglicht jedoch eine bessere Meinungsbildung als die bisher ins Internet gestellten Video-Sequenzen, die die Debatte prägten.

“Bessere Meinungsbildung” klingt erstmal gut. Nun haben sich die “Bild”-Medien in ihrem aufklärerischen Eifer (wohlgemerkt: Eine bessere Meinung dürfen sich natürlich nur zahlende Zeitungs- oder “Bild-plus”-Kunden bilden) aber nicht nur auf Szenen beschränkt, die für die Vergewaltigungsfrage relevant sein könnten. Sie schildern beispielsweise auch explizit, an welchen Körperstellen bei Gina-Lisa Lohfink “eine weiße Flüssigkeit”, “vermutlich Sperma” zu sehen ist.

Eine Passage des Transkripts fanden wir dann aber tatsächlich ganz interessant (zum besseren Verständnis: Sebastian P. will in dieser Situation den Song “Carmen” von Sido hören):

Gina-Lisa: “Hör auf jetzt, gib Handy!”

Sebastian P.: “Ja, ich will kurz Carmen hören!”

Gina-Lisa: “Halt’s Maul, Paul! Gib Handy jetzt!”

Sebastian P.: “Hey, fang mal …, mach mal Handy weg.”

Pardis F.: “Mach mal aus, Mann.”

Sebastian P.: “Ja, ist doch schon aus.”

Pardis F.: “Mach doch aus.”

Sebastian P.: “Ist doch schon aus.”

Gina-Lisa: “Wie kann man nur die ganze Zeit filmen? Warum? Brauchst du Geld, oder was?”

Sebastian P.: “Alter, für dich das Lied.”

Gina-Lisa: “500 Euro Bild-Zeitung*-Leserreporter? Hör auf jetzt!”

Das haben die “Bild”-Medien mit ihrer Leser-Reporter-Aktion also inzwischen erreicht: Wenn eine Person in einer delikaten Situation ungewollt gefilmt oder fotografiert wird, denkt sie mit als erstes an die Möglichkeit, dass diese Aufnahme zu Geld gemacht werden soll und bei “Bild” landet.

Mit dem Sternchen hinter “Bild-Zeitung” verweist das Blatt übrigens auf diesen Absatz:

*BILD wurden — wie anderen Medien auch — mehrfach Videos aus der Nacht angeboten. Die Redaktion hat Kauf und Veröffentlichung stets abgelehnt.

*Korrektur, 12. August: In einer früheren Version hatten wir geschrieben, “die Frage des laufenden Verfahrens” sei, ob es sich um einvernehmlichen Sex oder um eine Vergewaltigung gehandelt habe.

Wolf, Du hast die Gans gestohlen

Liebe “Bild Hamburg”,

zu Deiner Schlagzeile “Erster Wolf 30 km vor dem Gänsemarkt!” fallen uns gleich mehrere Fragen ein:

1.) Warum gerade vor dem “Gänsemarkt” in Hamburg und nicht vor Rathaus, Alster oder Michel? Weil der Gänsemarkt nur 500 Meter von Eurem Büro am “Axel-Springer-Platz” entfernt ist und ihr dort mittags beim Italiener einkehrt? Oder weil neben dem Wolf noch ein anderes Tier in der Schlagzeile vorkommen sollte? (Dann vielleicht ein kleiner Tipp: Das Lied heißt “FUCHS, Du hast die Gans gestohlen”.)

2.) Ihr gebt die Entfernung mit “nur rund 30 Kilometer Luftlinie” an:

Euch ist schon bewusst, dass Wölfe laut “Brehms Tierleben” und im Gegensatz zu beispielsweise Möwen vier Beine haben und sich nicht fliegenderweise fortbewegen, oder? (Powertipp fürs Ermitteln der korrekten Distanz “Wolf — Gänsemarkt”: Google Routenplaner, Einstellung “Fußgänger”.)

Und wo wir gerade beim Thema Entfernungen sind: Warum gebt Ihr die Entfernung in Eurer gedruckten Version mit 30 Kilometern und online mit 36 Kilometern an? Weil Eure Onliner ein Herz für Tiere haben und noch einen 6-Kilometer-Umweg für ‘nen Besuch beim Futtermitteldiscounter eingerechnet haben?

3.) Wie kommt man damit klar, seinen Lesern mittels alarmistischer Überschrift Angst vor dem bösen Wolf zu machen, wenn man im (dünnen) Artikel einen Experten zu Wort kommen lässt, der keinerlei Bedrohungslage sieht:

Wölfe bald auch in Hamburg? Glaubt Schmidt nicht: “Die Tiere sind scheu und meiden Menschen.”

Okay, das war vielleicht etwas naiv … wir ziehen die Frage zurück.

Als Bonus hier noch ein paar Vorschläge für weitere, alarmgetriebene Schlagzeilen:

  • Erstes Krokodil x Kilometer vor Alster-Schwimmhalle
  • Erster Tiger x Kilometer vor Kindertagesstätte
  • Erstes Faultier x Kilometer vor Axel-Springer-Büro Hamburg

Den Ausgangspunkt haben wir Euch schon mal markiert. Wie man die Kilometer misst, haben wir Euch ja bereits weiter oben erklärt.

Mit Dank an Thorsten H.!

Gipfeltreffen, Digitalradio, Fußball

1. Wer kümmert sich eigentlich um die tausenden Userkommentare, die Medien täglich bekommen?
(zeit.de, Mohamed Amjahid & Matthias Stolz)
Bei “zeit.de” haben sich drei Community- / Social-Media-Redakteure zum Gespräch getroffen: Torsten Beeck von “Spiegel Online”, David Schmidt von der “Zeit” und Niddal Salah-Eldin vom “Welt-Social-Team”. Wie hält man die tägliche Arbeit an der Kommentarfront aus? Welche Eigenschaften muss man mitbringen, um Social-Media-Redakteur zu werden? Und bei welchen Themen melden sich die meisten User zu Wort? Ohne zu viel verraten zu wollen: Der Job scheint anstrengend zu sein, aber auch viel Spaß zu machen.

2. Der Amoklauf von München – ein Rückblick
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
Die Berichterstattung der ARD zum Amoklauf in München war nicht unumstritten. Der verantwortliche Chefredakteur von ARD-aktuell, Tagesschau und Tagesthemen Kai Gniffke rechtfertigt das Vorgehen in einem “Rückblick”.

3. In sieben Jahren schalten wir einfach ab
(faz.net, Jürgen Bischoff)
“Die Geschichte des Digitalradios in Deutschland ist keine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen, sondern eine von Murks und Unvermögen, ein an sich sinnvolles System in den Markt zu bringen.”, lässt Jürgen Bischoff seinen Artikel über die Zukunft des Digitalradios beginnen. Die Politik solle sich nicht von den Privatsendern kirre machen lassen. Es sei sinnvoll, auf das Digitalradio zu setzen. Man müsse es nur wollen und notfalls erzwingen, so seine Kernbotschaft.

4. Internationales Bündnis gegen neues BND-Gesetz
(reporter-ohne-grenzen.de)
“Reporter ohne Grenzen” hat gemeinsam mit einem internationalen Bündnis von Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbänden eine globale Kampagne gestartet, um ausländische Journalisten außerhalb der EU vor Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst zu schützen. Ziel sei es, eine entsprechende Schutzklausel in der Neufassung des BND-Gesetzes durchzusetzen, über die der Bundestag derzeit berate.

5. Unter verschärfter Beobachtung
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Der Streit zwischen den Zeitungsverlegern und der ARD um die Smartphone-App der „Tagesschau“ geht in eine neue Runde. Das Oberlandesgericht Köln muss nach einer Vorgabe durch den BGH erneut entscheiden. Im Kern geht es um die Frage, ob die Anwendung zu textlastig und damit “presseähnlich” ist, was vom Rundfunkstaatsvertrag untersagt sei. Kurt Sagatz zweifelt mit guten Argumenten die Aussagekraft der erwarteten Entscheidung an: “Grundsätzlich stellt sich die Frage, welche Aussagekraft eine juristische Entscheidung haben kann, die auf der inhaltlichen Bewertung einer fünf Jahre zurückliegenden Ausgabe einer Nachrichten-App beruht. In der „Tagesschau“-App von diesem Donnerstag wird beinahe jeder Beitrag entweder durch einen Hörfunk- oder TV-Beitrag ergänzt, im Fall der Messerattacke von London sogar durch beides. Zugleich haben sich in den zurückliegenden fünf Jahren auch die Webseiten der Zeitungshäuser verändert und enthalten ebenfalls verstärkt Audio- und Videoinhalte.”

6. Fußball als komplexer Sport
(120minuten.net, Lukas Tank)
Lukas Tank mit einem Debattenbeitrag zum Thema Fußball und Sportberichterstattung: “Tagtäglich liefert uns die Sportberichterstattung Antwort auf die Frage, warum Mannschaft X gegen Mannschaft Y gewonnen hat und warum jener Spieler besser oder schlechter ist als ein anderer. Bei der Ursachenforschung gehen die Meinungen auseinander. Gibt es noch die einfachen Erklärungen? Oder ist Fußball eine hochkomplexe Angelegenheit, bei der man den Spielausgang nicht mit einem schnöden „Wir sind nicht in die Zweikämpfe gekommen“ abtun kann?”

Pressegefängnis Türkei, Podcast-Aufwind, Kneipenverleger

1. Eines Nachts, unvermutet
(faz.net, Bülent Mumay)
“Vergangene Woche wurde ich in Istanbul verhaftet. Man warf mir vor, die Putschisten zu unterstützen. Jetzt bin ich wieder auf freiem Fuß – und noch entsetzter über mein Land als zuvor.” So beginnt der erschütternde Bericht des türkischen Journalisten Bülent Mumay, der letzten Dienstag mit drei anderen Verhafteten in eine sechs Quadratmeter große Zelle gesperrt wurde. Nach drei Tagen bei Mangelernährung, Dauerlicht und ohne Bett wurde er wieder freigesetzt; der Staatsanwalt konnte trotz angestrengten Googelns und dem Besuch von Mumays LinkedIn-Profils nichts Vorwerfbares finden.

2. Die Alte Tante und ihre neuen deutschen Freunde
(medienwoche.ch, Nick Lüthi)
Noch vor sechs Jahren wurde der Bedeutungsverlust der “NZZ” als Weltblatt beklagt, doch heute steht das Schweizer Blatt so stark wie noch nie da, vor allem in Deutschland. Nick Lüthi in seiner ausführlichen Analyse: “Mit seiner Refokussierung auf einen Liberalismus ohne erklärende Etiketten trifft NZZ-Chefredaktor Eric Gujer in Deutschland offenbar den rechten Zeitgeist. Auch wenn beileibe nicht alle deutschen Leserinnen und Leser die politische Haltung der Merkel-, Islam- und einwanderungskritischen NZZ-Gastautoren teilen, so gibt es unter ihnen eine mitteilungsfreudige Minderheit, welche die Essays und Kommentare als Bestätigungsprosa liest.”

3. Plattformen rücken der Podcast-Community auf die Pelle
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die Podcast-Szene zeichnet sich durch viele Enthusiasten aus, die mit viel Liebe und meist ohne große kommerzielle Erwartungen ihre Hörangebote ins Netz speisen. Doch nun entdecken Streaming-Plattformen wie Soundcloud, Spotify oder Audible den wachsenden Markt für sich. Markus Reuter hat die Entwicklung zusammengefasst und sich umgehört, was die Podcaster dazu sagen.

4. Merkels Presseamt beobachtet Putin-Sender “RT Deutsch”
(stern.de, Hans-Martin Tillack)
Das vom russischen Staat finanzierte Webangebot “RT Deutsch” (Russia Today) konnte sich seit dem Start Ende 2014 trotz (oder wegen) oft umstrittener Beiträge eine Fangemeinde aufbauen. Zu den regelmäßigen Lesern gehört auch das Bundespresseamt, welches nach Recherchen des “Stern” fast seit Beginn mitliest, mitschaut und ggf. mitprotokolliert. Letzteres durchaus kritisch, wie die Notizen aus den Protokollen belegen.

5. Böse, verrückt oder ein Würstchen?
(zeit.de, Thomas Fischer)
Der von vielen kultisch verehrte, in letzter Zeit aber auch kritisierte BGH-Richter und “Zeit”-Kolumnist Thomas Fischer (“Fischer im Recht”) antwortet auf einen Artikel in der FAZ. Wie immer im kraftvollen und metaphernreichen Fischer-Style, der dem Leser einiges an Orientierungs-, Durchhalte- und Abstraktionsvermögen abverlangt.

6. Kneipenwirte sind auch keine besseren Verleger
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Was Ulrike Simon in ihrer Kolumne erzählt, hätte man sich als filmische Umsetzung von Helmut Dietl gewünscht: Als eine Art “Monaco Franze vom Wendland”. Eine Story um einen umtriebigen und lang gedienten Reporter, der mit einem Kneipenwirt bei Bier und Schnaps ein Magazin in hochwertiger Ausstattung erfindet (“Landluft”) und für die Beiträge einige berühmte Namen engagiert. Und sich jetzt mit seinem “Kneipenwirtverleger” auseinanderdividiert hat, um mit seinen 74 Lenzen zu neuen Ufern aufzubrechen.

Was, wenn Bild.de den Flüchtlingsdeal platzen lässt?

Stellen Sie sich mal Folgendes vor:

  • Die Türkei kündigt den sogenannten “Flüchtlingsdeal” mit der EU.
  • Zehntausende Geflüchtete ziehen bedrohlich von der Türkei aus Richtung Deutschland.
  • Bilder von Geflüchteten, die die Grenze zwischen der Türkei und Griechenland durchbrechen.
  • Die USA schalten sich ein. Türken verbrennen bei Demonstrationen US-Flaggen.
  • Die bulgarische Polizei entdeckt bei einem Geflüchteten Spuren von Sprengstoff.
  • Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán schließt nicht mehr aus, auf Geflüchtete zu schießen.
  • Europäische Regierungen brechen auseinander.
  • In Österreich wird FPÖ-Mann Norbert Hofer zum Bundespräsidenten gewählt.
  • Die AfD erreicht in einer Umfrage 28 Prozent. Inzwischen ist Rechtsaußen Alexander Gauland der Vorsitzende der Partei.
  • 5000 Geflüchtete stehen vor Passau, Hundertschaften der Polizei sind vor Ort, Hubschrauber kreisen über der Region.
  • Innenminister Thomas de Maizière schließt den Einsatz von Soldaten im Bundesgebiet nicht mehr aus.

Was wie der große Wunschzettel von Rechtspublizist Jürgen Elsässer und seinem Wirrmagazin “Compact” für noch mehr Hetzmöglichkeiten klingt, stammt von Bild.de. Autor Albert Link hat dort gestern ein “BILDplus-Szenario” entworfen:

In Kurzform geht das Szenario so: Keine Visafreiheit für die Türken. Die Türkei stellt “ihre Maßnahmen zur Eindämmung der Migration” ein und löst Flüchtlingslager im Süden des Landes auf. Bus-Konvois machen sich auf zum Drei-Länder-Eck Bulgarien-Griechenland-Türkei. Bulgarien lässt die Geflüchteten durch. Serbien lässt die Geflüchteten durch. Kroatien lässt die Geflüchteten durch. Slowenien lässt die Geflüchteten durch. Österreich lässt die Geflüchteten durch. Tausende Geflüchtete stehen vor der deutschen Grenze. Und dazu noch all die anderen Punkte von oben.

Kurz gesagt: Sodom und Gomorra in Europa.

Es gab mal eine Zeit, da haben sich Julian Reichelt und Kai Diekmann und einige andere “Bild”-Mitarbeitern — zumindest theoretisch — bei den vielen Flüchtlingshelfern in diesem Land untergehakt und “refugees welcome” und “Wir helfen” geschrien. Diese Zeit ist offensichtlich vorbei. Inzwischen schüren die “Bild”-Medien wieder die Angst vor Zuwanderern.

Nun also das bedrohliche Szenario, “WENN DER FLÜCHTLINGSDEAL PLATZT”. Und diese Panikmache in einer Zeit, in der eine Versachlichung dieser komplexen weltpolitischen Lage eine der größten Leistungen von Journalisten sein dürfte.

In der Einleitung zum “BILDplus-Szenario” schreibt Bild.de übrigens:

Was wirklich passiert, wenn die Türkei ihre Drohung wahrmacht, kann niemand präzise vorhersagen. Das Szenario, das BILD hier beschreibt, ist nur eine Option unter vielen.

Die Redaktion hat sich für eine der Optionen mit den dramatischsten Auswirkungen entschieden.

Popper, AfD-Recherchereise, Dr. Sommer

1. Poppers Alptraum
(de.ejo-online.eu, Gerret von Nordheim)
Am Amoklauf in München habe sich gezeigt, welch zentrale und dabei ambivalente Rolle soziale Medien in der modernen Öffentlichkeit spielen, so Gerret von Nordheim in seiner Auswertung des Münchner Geschehens. Der Autor hat eine umfangreiche Netzwerkanalyse durchgeführt und Twitter ausgewertet. Ein Ergebnis seiner Beobachtungen: “Durch psychologische Effekte wie den Bestätigungsfehler, die kognitive Dissonanz oder die Gruppenpolarisierung werden soziale Medien so zu einem Zerrspiegel der Weltwahrnehmung. Es ist davon auszugehen, dass der Selektionseffekt individualisierender Algorithmen (die vielzitierte Filterblase) diese Effekte darüber hinaus katalysiert.”

2. loading: Recherchereise AfD in Mecklenburg-Vorpommern
(dirkvongehlen.de)
Crowdfunding-Experte Dirk von Gehlen macht auf ein spannendes Projekt aufmerksam: Die geplante AfD-Recherchereise von Raphael Thelen anlässlich der am 4. September in Mecklenburg-Vorpommern stattfindenden Landtagswahlen.

3. “Wir sind überzeugt, unserer Verantwortung nachgekommen zu sein”
(wuv.de, Jochen Kalka)
Jochen Kalka übt bei “W&V” Kritik an der Berichterstattung des “Spiegel” in Zusammenhang mit dem Münchner Amoklauf: Während sich Deutschlands Medien offen der Ethikdiskussion stellen und sich für die eine oder andere Berichterstattung über die letzten Terrorakte entschuldigen oder zumindest rechtfertigen, hält sich der “Spiegel” an keine Grenzen.” Beim “Spiegel” ist man sich keiner Schuld bewusst, wie man auf Nachfrage mitteilt.

4. Wie sollen Medien über Terroristen berichten?
(sueddeutsche.de, Joseph Hanimann)
Französische Medien wollen keine Fotos von Attentätern mehr zeigen und keine Namen mehr nennen. Kann das funktionieren, fragt Joseph Hanimann beschreibt den Stand der Debatte in Frankreich.

5. Reaktionen auf Hashtag-Regelungen bei Olympia: „Alles viel zu kompliziert“
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Das IOC hat mit den Regeln für Hashtags und Social-Media-Nutzung bei den Olympischen Spielen für einigen Wirbel und vor allem Spott und Frust gesorgt. Einige Athleten haben bereits angekündigt, auf Berichte von den Olympischen Spielen zu verzichten, da sie den Ausschluss befürchten. Nun versucht sich Michael Vesper vom Deutschen Olympischen Sportbund an einer Klarstellung.

6. Entdeckt (61): Sommerloch 2016: Dr. Sommer drückt sich – und Frau Fischer trägt jetzt Tischdecke
(kioskforscher.wordpress.com, Markus Böhm)
“Kioskforscher” Markus Böhm mit Kurzkritiken zu “Dr. Sommer”, “Bock” und dem “Straßen Journal Deutschland”. Visuelles Highlight seines Beitrags: Die zusammengephotoshoppten nur leicht variierten Cover vom “Goldenen Blatt” und Co.

7. Aus „seit“ und „seid“ wird „seidt“? MDR aktuell sitzt Fake-Meldung auf
(flurfunk-dresden.de)
“Oh, das ist peinlich: In einem Radio-Beitrag zu “20 Jahre Rechtschreibreform” berichtet MDR aktuell, dass es künftig eine einheitliche Form von “seid” und “seit” geben soll: “seidt”. … Blöd nur, dass die Meldung überhaupt nicht stimmt. Vielmehr ist man beim MDR dem Satire-Portal Der Postillon aufgesessen.”

Verfahrene Verbotsfantasien

Vergangenen Freitag war letzter Schultag in Bayern, und damit sind aktuell alle 16 Bundesländer in den Schulferien (wenn auch manche nur noch bis morgen). Also: Koffer packen, rein ins Auto und ab Richtung Süden brettern.

Doch dann diese Geschichte in “Bild”:

Bild.de berichtet ebenfalls:

Und bei “Focus Online” dieselbe Meldung:

Auslöser für die Artikel ist das oben zu sehende Schild an der Autobahn 8 bei Leonberg, auf Höhe einer Wanderbaustelle: ein rot durchgestrichener Schriftzug “Navigation” und darunter die Aufforderung, für die Weiterfahrt Richtung München und Stuttgart der normalen Verkehrsbeschilderung zu folgen.

Aufgestellt hat es das Regierungspräsidium Stuttgart. Denn es zeigte sich, dass Navigationsgeräte die Auto- und LKW-Fahrer am Autobahndreieck Leonberg fälschlicherweise immer wieder auffordern, auf die linke Spur zu wechseln, wenn sie nach München weiter wollen — obwohl alle drei Spuren nach München führen. Die Folge: einige riskante Manöver über eine durchgezogene Linie, die zum Teil zu Unfällen führten.

Die “Bild”-Medien schreiben dazu:

Blindes Vertrauen aufs Navi hat auf der A8 bei Leonberg schon mehrere Verkehrsunfälle verursacht. Jetzt hat das Regierungspräsidium die Nase voll. Die Behörde hat ein Navi-Verbot verhängt!

Doch bevor jetzt die deutsche Autofahrerlobby Schaum vor dem Mund bekommt (“Jetzt wollen die da oben auch noch bestimmen, ob ich mein Navi benutzen darf oder nicht?!”): Das mit dem “Navi-Verbot” stimmt gar nicht. Der Hinweis an der A8 ist lediglich ein Vorschlag.

Die “Stuttgarter Zeitung” hat nämlich mal beim Regierungspräsidium nachgefragt, was es mit dem neuen Schild auf sich hat:

“Das neue Schild ist kein offizielles Verkehrszeichen und auch kein Verbotsschild, es ist ein Hinweisschild, das die Autofahrer sensibiliseren soll”, sagte gestern Matthias Kreuzinger, vom Stuttgarter Regierungspräsidium.

Mit Dank an Lutz K. für den Hinweis!

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