Lichtspiel, Trauerspiel, Fußballspiel

1. Warum will keiner tolle Filme sehen?
(zeit.de, Kaspar Heinrich)
Vom dröhnenden Stroboskospspektakel bis zur elegischen Künstlerbiografie, vom melancholischen Boxerdrama bis zum lustvollen Wolfwerdungsfilm: So wild und experimentierfreudig wie zurzeit hätte sich das deutsche Kino lange nicht mehr gezeigt. Und so weiblich überhaupt noch nie. Filmkritiker Kaspar Heinrich fragt sich, warum die Zuschauer oft trotzdem ausbleiben.

2. Böttinger vs. Podolski: So erfinden Kölner Zeitungen einen Streit
(stefan-fries.com)
Von einer absurden Geschichte weiß Stefan Fries auf seinem Blog zu berichten: Bettina Böttinger habe dem Kölner Stadt-Anzeiger ein Interview gegeben, das vom Kölner Express verfälscht zusammengefasst worden sei. Der Fußballer Lukas Podolski habe den Text genauso falsch verstanden wie vom Express beabsichtigt und einen wütenden Tweet gegen Böttinger losgelassen. Daraufhin habe Böttinger dem Express ein Interview gegeben, in dem “sie alles richtig stellte, was sie nie falsch gemacht hat”.

3. Von Opdi & Scholli und anderen vergebenen Möglichkeiten
(jensweinreich.de)
Jens Weinreich hat sich die öffentlich-rechtlichen Moderationsgespanne der Fußball-EM genauer angeschaut. Besonders bei Matthias Opdenhövel und Mehmet Scholl beklagt er die permanent verschenkten Möglichkeiten. “Opdenhövel ist eher ein Nummerngirl, er kann selten den Eindruck erwecken, wirklich interessiert an einem für das Publikum gewinnbringenden Gespräch zu sein und seinem Experten-Partner mehr als ein, zwei floskelhafte Sätze zu entlocken. Scholl wirkte meines Erachtens meist unterfordert, schon 2014. Dabei zählt Scholl zweifelsfrei zu den intelligentesten Fußballern seiner Generation.”

4. Den Journalisten auf die Finger schauen
(de.ejo-online.eu, Susann Eberlein)
Anfang des Jahres wurde die Medienkritikseite “Übermedien” gestartet (Slogan: “Medien besser kritisieren”), die mittlerweile bereits 1.600 zahlende Abonnenten hat. Mitgründer Boris Rosenkranz zieht im Interview ein Fazit des ersten halben Jahres und verrät, was er sich für die Zukunft wünscht. (Offenlegung: Der 6vor9-Kurator schreibt gelegentlich als Gastautor für “Übermedien”)

5. Medienpranger – Ein Blog gegen sexistische Berichterstattung
(medienpranger.ch)
Eine Arbeitsgruppe des feministischen Kollektivs “Aktivistin.ch” hat einen Blog gegen sexistische Berichterstattung in Schweizer Medien gegründet. Vorrangiges Thema ist das Sammeln und Hinterfragen von Artikeln, die Frauen und Männer auf ihr Geschlecht reduzieren. Am Ende des Jahres will man im Rahmen einer kleinen Zeremonie den “Goldenen Tampon” an das Medium mit dem sexistischsten Artikel des Jahres verleihen.

6. Uefa lässt Video-Collage sperren
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Der Webkünstler Kurt Prödel hat in einem Kurzvideo alle deutschen Elfer des Spiels gegen Italien übereinandergelegt. Der witzige Clip verbreitete sich extrem schnell im Netz, bis die UEFA davon Wind bekam und ihn löschen ließ. Mittlerweile ist sogar Prödels Twitterseite verschwunden.

Gegenverkehr, Rechtsdrift, Ausgebremst

1. Nachrichtenchef Froben Homburger von dpa: Warum wir Misstrauen mit Offenheit begegnen müssen
(kress.de, Froben Homburger)
Froben Homburger ist Nachrichtenchef der Deutschen Presse-Agentur. Im aktuellen Geschäftsbericht schreibt er, ohne mit selbstkritischen Worten zu sparen, über die Vertrauenskrise der Medien. Der in den sozialen Medien lautstark geäußerten Wut würden sich die Medien nicht mehr durch schlichtes Ignorieren entziehen können: “Die digitale Welt kennt keinen Papierkorb und kein Vergessen, und das ist gut so: Die sozialen Medien sind schließlich auch unsere Bühne. Und wie wir uns dort präsentieren, wird ganz besonders aufmerksam von jenen Menschen verfolgt, die zwar schon an uns zweifeln, aber noch erreichbar sind für unsere stärksten Antworten auf die “Lügenpresse”-Anklage: Differenzierung, Transparenz und Kritikfähigkeit.”

2. Ein neuer Ton
(taz.de, Anne Fromm)
Anne Fromm von der “Taz” fragt sich, was mit dem Debattenmagazin “Cicero” passiert sei. Seit Beginn der Flüchtlingsdebatte würden sich die Texte des „Cicero“ dem rechten Rand nähern. Dies sei den neuen Eigentümerverhältnissen geschuldet. Außerdem hätte sich seit Beginn der Flüchtlingsdiskussion im vergangenen Sommer, seit dem Terror von Paris und den sexuellen Übergriffen zu Silvester in Köln der gesamtgesellschaftliche Diskurs verschärft. Der neue Ton gefalle jedoch nicht allen. So haben sich einige Journalisten bereits vom Blatt verabschiedet. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Liane Bednarz mit ihrem Artikel Was im “Cicero” gesagt werden darf: „Kriegs- und Auschwitz-Komplex“. Sollten sich Historiker dereinst fragen, wo sich die immer rasanter verlaufende Rechtsdrift im Bürgertum besonders deutlich manifestierte, würden sie gewiss früher als später auf den „Cicero“ stoßen. Inzwischen werde dort sogar die These vom „Kriegs- und Auschwitzkomplex“ der Deutschen propagiert, so Bednarz.

3. “Welle der Verdrängung”
(zeit.de, Götz Hamann & Philip Faigle)
Eine von der Universität Oxford durchgeführte Studie über den digitalen Wandel in den Medien prognostiziert, dass Facebook zur Nachrichtenzentrale wird. Die “Zeit” hat mit dem Autoren der Studie Nic Newman gesprochen. Dieser sieht vor allem den werbefinanzierten Onlinejournalismus bedroht: “Facebooks Strategie zielt aber darauf, die Menschen so lange wie möglich auf der Plattform zu halten, um seinerseits möglichst hohe Werbeerlöse zu erzielen. Die Einnahmen fehlen dann den Verlagen. Facebook und Google vereinen in den USA mittlerweile rund 60 Prozent aller digitalen Werbeerlöse auf sich. Selbst wenn der Kuchen der Werbeeinnahmen im Digitalen größer werden sollte, bekommen die Medienhäuser davon nur einen verschwindend geringen Teil.”

4. Facebook muss Sperrung von Konten erklären
(reporter-ohne-grenzen.de)
Facebook sperrt immer wieder Profile von Journalisten. “Reporter ohne Grenzen” appelliert an deutsche und europäische Politiker, den Kampf gegen Hass- und Terrorpropaganda nicht allein den Betreibern von Internetplattformen und sozialen Netzwerken zu überlassen. „Über die Grenzen der Meinungsfreiheit muss öffentlich diskutiert werden. Wir dürfen eine so sensible Frage nicht undurchsichtigen Prozessen von Unternehmen überlassen, die in erster Linie wirtschaftlichen Interessen folgen und sich der Pressefreiheit im Zweifel nicht so stark verpflichtet fühlen, wie es in einer Demokratie der Fall sein müsste. In einem Rechtsstaat sollten unabhängige Gerichte entscheiden, was gesagt werden darf und was nicht – egal ob online oder offline.“

5. Live-Nachrichten vom Syrienkrieg – aus der Ukraine
(fm4.orf.at, Erich Möchel)
Erwin Möchel stellt fest, dass der Bürgerkrieg in Syrien seit Sperrung der Balkanroute aus den Breitenmedien nahezu verschwunden sei. Die Kämpfe dort gingen jedoch mit unvermittelter Brutalität weiter. Die derzeit einzige, aktuelle und verlässliche Quelle sei eine Website, die keinesweg aus Syrien stamme, sondern von einem kleinen Start-Up-Unternehmen aus Dnipr (ehemals Dnjepropetrowsk) in der Ukraine betrieben werde.

6. Erfolgsrezept
(sueddeutsche.de, Kathrin Hollmer)
Warum wir auf Facebook in Zukunft wohl noch viel mehr Koch-, Back- und Brutzel-Videos sehen werden. Und zwar im Zeitraffer.

In eigener Sache

In den vergangenen Wochen war es hier auf der Seite deutlich ruhiger als gewohnt. Die angekündigte Pause hat aber bald ein Ende: Im Laufe der kommenden Woche wird es — neben den werktäglichen “6 vor 9”-Links — wieder Blogbeiträge über die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme in deutschen Medien geben.

Wir danken für die Geduld und freuen uns, dann auch ein paar Neuerungen präsentieren zu können.

Prestigefrage, Frauenfrage, Haltungsfrage

1. Justiz blockt Neonazi-Watchblog
(tagesspiegel.de, Matthias Meisner)
Der “Tagesspiegel” berichtet über das Neonazi-Watchblog “Störungsmelder”, das seit neun Jahren bei den Kollegen von der “Zeit” gehostet werde. Dort würde fortlaufend über die rechte Szene berichtet, auch wenn sie mal nicht im Fokus der Öffentlichkeit stünde. Zuletzt beispielsweise über einen “Identitären”-Aufmarsch in Berlin, Verbindungen von Russlanddeutschen zur extremen Rechten und eine Sonnenwendfeier im schwäbischen Landkreis Neu-Ulm. Doch die “im besten Sinn journalistische Arbeit” hätte einen empfindlichen Dämpfer bekommen: Das Verwaltungsgericht Augsburg sehe im “Störungsmelder” kein Presseorgan und habe deshalb einem der Autoren die Auskunftsrechte gegenüber Behörden verweigert.

2. Benjamin Carter Hett: “Für den Spiegel ist das eine Prestigefrage”
(wolfgangmichal.de)
Das neue Buch des US-amerikanischen Historikers Benjamin Carter Hett über den Reichstagsbrand stellt die These vom Einzeltäter in Frage. Diese sei in den fünfziger Jahren vom “Spiegel” in die Welt gesetzt worden, so Wolfgang Michal auf seiner Seite. Nun ducke sich der “Spiegel” weg und sähe keinen Grund zur Selbstkorrektur. Während Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust in der “Welt am Sonntag” fünf Druckseiten für Hetts Buch freigeräumt hätte, sei es dem “Spiegel” bis heute keine Zeile wert. Wolfgang Michal hat mit dem Autor über die Gründe gesprochen und ihn nach den Ergebnissen seiner Recherchen gefragt.

3. Hartmut Schneider: „Blessuren gelten als Statussymbol“
(augenzeugen.info, Frank Überall)
Seit Jahren hält Hartmut Schneider photographisch Aufmärsche und Veranstaltungen von Neonazis fest – zu journalistischen, aber auch zu Dokumentationszwecken. Frank Überall hat ihn im Interview u.a. gefragt, warum er so viel Zeit auf solchen Veranstaltungen verbringen würde, auch wenn damit meist kein Geld zu verdienen sei. Schneider berichtet von aus dem Ruder gelaufenen Demos der Rechtenszene und erklärt, warum Deeskalation aus seiner Sicht nicht immer das Mittel der Wahl ist. So wünscht er sich zum Beispiel ein schnelleres und beherzteres Eingreifen den Polizei: “Ich habe in meiner langen Tätigkeit noch nie beobachtet, dass ein rechtsextremistischer Störer einen Platzverweis erhielt. Dagegen werden mir regelmäßig Platzverweise angedroht, weil ich angeblich die Arbeit der Polizei störe.”

4. Die FAZ, Jürgen Kaube und die Frauen
(www.rnd-news.de, Ulrike Simon)
Jürgen Kaube ist einer der vier Herausgeber der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” und dort zuständig für das Feuilleton. RND-Autorin Ulrike Simon wirft Kaube in ihrer neuesten Kolumne vor, ein Problem mit Frauen zu haben. Konkreter Anlass ist die Versetzung einer Redakteurin. Ulrike Simon hat sich im Hintergrund umgehört und spekuliert über die Gründe.

5. ROG-Korrespondent freigelassen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Erol Önderoglu, seit 20 Jahren Korrespondent und Repräsentant von “Reporter ohne Grenzen” in Istanbul, wurde am 20. Juni zusammen mit anderen Menschenrechtsverteidigern verhaftet. Der Anlass: Önderoglu hatte sich an einer Solidaritätsaktion für die pro-kurdische Zeitung “Özgür Gündem” beteiligt. Nun ist er auf Anordnung eines Istanbuler Gerichts freigelassen worden. Die Anschuldigungen wegen angeblicher “Terrorpropaganda” würden aber weiterhin aufrechterhalten.

6. Michael Jackson und die Kinder
(perlentaucher.de, Thomas Groh)
Das amerikanische Klatsch- und Schmuddelmagazin “RadarOnline” hat den Polizeibericht der Hausdurchsuchung bei Michael Jackson aus dem Jahr 2003 veröffentlicht. “RadarOnline” würde unterstellen, es seien üble Bilder missbrauchter Kinder aufgefunden worden. Deutsche Medien wie die “Deutsche Welle” oder der “Rolling Stone” hätten die Meldung ungeprüft übernommen. Es handele sich jedoch bei den im Polizeibericht aufgeführten Büchern um bei Online-Buchhändlern frei verfügbare und keineswegs justiziable Werke. Thomas Groh dazu in seinem Schlussabsatz: “In erster Linie ist diese ganze Angelegenheit vor allem ein Lehrstück über journalistische Kultur im Zeitalter potenzierter Empörungswilligkeit. Es zeigt sich, mit welchen kleinen semantischen Verschiebungen sich ein Maximum an öffentlicher Welle hervorrufen lässt. Wer der Ansicht ist, dass die Behörden bei Michael Jackson Folter- und Missbrauchsmaterialien gefunden hat, geht seiner eigenen voyeuristischen Fantasie und der eigenen spekulativen Lust auf den Leim.”

7. Offener Brief an die AfD Bayern
(facebook.com, Lorenz Meyer)
Ausnahmsweise heute ein siebenter Link: Der in seiner Niedertracht schwer zu ertragende Facebook-Post der AfD-Bayern und die Antwort des BILDblog-6vor9-Kurators darauf.

Amerikanische Mädchen, Türkische Presse, Europäische Fußballer

1. Lux-Leaks-Prozess: Bewährungsstrafen für Whistleblower
(sueddeutsche.de, Bastian Brinkmann)
Dass sich deutsche und internationale Konzerne mit Unterstützung Luxemburgs vor Steuerzahlungen in Milliardenhöhe drücken, konnte nur bewiesen werden, weil zwei ehemalige Mitarbeiter der Beraterfirma PwC entsprechende Unterlagen an die Presse weitergaben. Diese Papiere bildeten die Basis für “Lux-Leaks”, eine weltweite Recherche des “Internationalen Konsortiums Investigativer Journalisten”, unter anderem mit “SZ”, “Guardian” und “Le Monde”. Die Whistleblower, die damit eine europaweite Debatte und Veränderungen im Steuerrecht angestoßen haben, stehen nun erneut im Rampenlicht der Aufmerksamkeit. Jedoch nicht als Preisträger eines Preises für Zivilcourage und gesellschaftliches Engagement, sondern weil sie zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt wurden.

2. Die geheime Welt von Mädchen im Bann der sozialen Medien
(welt.de, Uwe Schmitt)
“American Girls – Social Media and the Secret Lives of Teenagers”, so heißt das Buch der “Vanity Fair”-Reporterin und Jugendkultur-Spezialistin Nancy Jo Sales. Uwe Schmitt von der “Welt” stellt das Buch samt Diagnose vor und diskutiert die in manchen Rezensionen geäußerten Kritikpunkte.

3. Liebe Presse: Gedanken zum EM-Honorar-Skandal
(wortvogel.de, Torsten Dewi.)
Torsten Dewi hat ein Problem mit der Berichterstattung um die angeblich exorbitante Honorare von kommentierenden Fußball-Promis im Fernsehen: “Mir fällt auch auf, dass die Ex-Spieler gar nicht wirklich die konkreten Summen bestreiten. So wird sich eher darauf berufen, dass man ja mehrjährige Verträge mit den Sendern habe und deshalb die Errechnung von “Tagesgagen” Unsinn sei. Das klingt für mich nicht nach Gegenangriff, sondern nach Salami-Taktik. Vor allem habe ich das Gefühl, dass viele Kollegen den Ex-Spielern und den Sendern allzu willfährig dabei helfen, Nebelkerzen zu werfen, anstatt die einzige Frage zu recherchieren und zu beantworten, die tatsächlich Aufklärung brächte: Wie viel Geld bekommen Kahn und Scholl eigentlich für ihre (je nach Auslegung) schlauen Sprüche?” (Anmerkung des 6-vor-9-Kurators: Zum Ringen um Zahlen siehe auch die Mitschrift der ARD Pressekonferenz bei “Planet Interview”)

4. Nach der letzten Instanz
(konkret-magazin.de, Marcus Hammerschmitt)
Buchautor Marcus Hammerschmidt kommentiert im Juni-Heft von “konkret” und online die Reaktion der Verlage auf das VG-Wort-Urteil des BGHs. Dieses untersagt den Verlagen die bisherige Praxis, sich bei der für die Autoren gedachten Urheberrechtsabgabe zu bedienen. Die Verlage würden die bisherige Selbstbedienungspraxis mit einem angeblichen “gentlemen’s agreement” verteidigen. Hammerschmitt dazu: “Um diesen Stuss unter die Leute zu bringen, benutzt man vorzugsweise die komplett Ahnungslosen und die bis zur Besinnungslosigkeit Überangepassten unter den Autoren selbst.”

5. Kritiker unerwünscht: Pressefreiheit in der Türkei
(de.ejo-online.eu, Kristina Karasu)
Die freie Journalistin und Filmemacherin Kristina Karasu berichtet Besorgniserregendes aus der Türkei: Fast alle Medien seien mittlerweile auf Regierungslinie, kritische Journalisten würden als Terror-Unterstützer gelten, Dutzende würden wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt. Und wer aus den Kurdengebieten berichte, begebe sich in große Gefahr. Der größte Verlierer sei die Bevölkerung. Nicht nur die Meinungsfreiheit stünde auf dem Spiel – sondern langfristig auch der soziale Frieden.

6. Euro 2016: Reportieren für Fortgeschrittene
(youtube.com, Video, 2:52)
Boris Rosenkranz von “Übermedien” erklärt mit verschiedenen Videobeispielen und in unter drei Minuten, wie Sie zum Star der EM-Reporter werden.

Querfront, Queerfront, Querschuss

1. Zur Kritik am Artikel über eine Rechtsextremismus-Studie
(spiegel.de, Benjamin Schulz)
Die Universität Leipzig hat vor kurzem die Studie “Die enthemmte Mitte, Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland” veröffentlicht. Die Ergebnisse stießen auf große Aufmerksamkeit. Der Branchendienst “kress” kritisierte die Berichterstattung der Medien und erwähnte explizit den Artikel von Spiegel Online: “Den Vogel schoss Spiegel Online ab – die Berichterstattung dort war so reißerisch und so selektiv, dass der Text nur noch sehr bedingt etwas mit Information des Lesers zu tun hatte, dafür umso mehr mit Klick-Zahlen und Kampagnenjournalismus.” Der Autor des kritisierten Spiegel-Beitrags bezieht nun Stellung.

2. Was die „Zeit“ über Homophobie lernen könnte, wenn sie es denn wollte
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
In der “Zeit” vom 16. Juni 2016 konnte man auf der Titelseite einen Satz lesen, der für Irritationen sorgte („Homophobie ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die enormen Emanzipationsgewinne der Schwulen und Lesben.“). Johannes Kram erläuterte in seinem Beitrag „Die schrecklich-nette Homophobie der “Zeit”” , warum er den Satz für “hammerhomophob” hält. Mittlerweile hat sich der Autor der beanstandeten Passage in den Kommentaren zu Wort gemeldet. Und macht die Sache nur schlimmer, wie Johannes Kram findet.

3. Wo die Zukunft der Unterhaltung produziert wird
(sueddeutsche.de, Michael Moorstedt)
Die deutsche Youtube-Niederlassung in Berlin hat erstmalig 16 ausgewählte Nutzer zum einwöchigen Lehrgang eingeladen. Auf dem Lehrplan standen Dinge wie Audience Development, Selbstpromotion, Kameraführung und Beleuchtung. Michael Moorstedt von der “SZ” nimmt den Leser mit ins hippe Bootcamp der “Creator”, wie Youtube seine Videolieferanten nennt. Eine muntere Mischung der verschiedensten Genres hatte man dort zusammengeführt: Von Indie-Poesie bis zu Kiffer- und Pimmel-Witzen war alles dabei.

4. Heftige Kritik an “kress”-Bericht über “Millionen-Honorare”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Der Branchendienst “kress pro” hat in einem Beitrag (Überschrift: “Mein teurer Scholli”) die Honorare kritisiert, die Fußballexperten wie Mehmet Scholl und Oliver Kahn bei ARD und ZDF angeblich kassieren würden. Von bis zu 50.000 Euro am Tag war die Rede. Die ARD hat mit heftigen Worten dementiert (“gleicht beinahe schon vorsätzlicher Bösartigkeit”). Als Betroffener hat sich Ex-National-Torhüter Oliver Kahn auf Facebook zu den Zahlen geäußert: “Hierbei handelt es sich um eine eklatante Falschmeldung, die jeglicher Grundlage entbehrt. Kress.de verbreitet eine Fehlinformation, die bewusst Neid und Missgunst in der Öffentlichkeit in Kauf nimmt und den Zuschauern die Freude an der Berichterstattung vermiesen soll. Auch die Redakteure der anderen Online-Dienste, die diese Fehlinformation ungeprüft weiterverbreiten, möchte ich an ihre publizistische Verantwortung erinnern.”

5. Neue Dimensionen des Hasses
(amadeu-antonio-stiftung.de)
Die Amadeu Antonio Stiftung hat den “Monitoringbericht zu rechtsextremen und menschenverachtenden Phänomenen im Social Web für 2015/2016” veröffentlicht. Die Hetze in den Sozialen Medien spitze sich weiter zu. Die Dimensionen des Hasses würden von rassistischer Hetze, die Meldungen über Attacken auf geflüchtete Menschen und Brandanschläge auf Asylunterkünfte bejubeln, bis hin zur Hetze gegen ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, Journalisten, Verwaltung und Politik reichen. Die Vorsitzende der Stiftung Anetta Kahane: “Im Social Web beobachten wir zudem die Bildung einer gefährlichen Querfront aus unterschiedlichsten politischen Spektren, die aber zunehmend einen gemeinsamen Nenner finden und das ist der »Hass gegen das System.” Link zum Bericht in voller Länge.

6. Nackt im Kartenhaus: Der Enthüllungsjournalismus der Zoe Barnes – House of Cards
(journalistenfilme.de, Patrick Torma)
Patrick Torma hat sich die hochgelobte Netflix-Serie “House of Cards” näher angesehen. Obwohl man an anderer Stelle viel Gutes über die Serie sagen könne, zeige sich “HoC” in der Darstellung von Journalistinnen reichlich reaktionär.

Stimmungsmache, Meinungsmache, Videomache

1. Ein Spektakel der Medien
(de.ejo-online.eu, Stephan Russ-Mohl)
An verschiedenen Stellen wurde den britischen Medien der Vorwurf gemacht, bei der Entscheidung über den Brexit Stimmung gemacht und sich zum Teil der Leave-Fraktion gemacht zu haben. Auch Journalismus-Professor Stephan Russ-Mohl findet kritische Worte über die Rolle der Medien im Vereinigten Königreich. Diese hätten ihre Macht missbraucht, Ausnahmen wie “Guardian”, “Financial Times”, “Economist” und die “BBC” hätten dem offenbar zu wenig entgegenzusetzen.

2. A!122 – Claus Klebers “Silicon Valley”
(aufwachen-podcast.de, Stefan Schulz & Tilo Jung & Jörg Wagner)
Vor einigen Tagen lief im ZDF die Claus-Kleber-Doku „Schöne neue Welt – Wie Silicon Valley unsere Zukunft bestimmt“ (Link zum Film in der ZDF-Mediathek.) Die aufwändig produzierte Dokumentation erhielt viel Lob, z.B. von der “FAZ”. Doch es gab auch Kritik. Im Aufwachen-Podcast haben Stefan Schulz (Buchautor “Redaktionsschluss”), Tilo Jung (Youtubekanal “Jung und Naiv”) und Medienmagazin-Macher Jörg Wagner zwei Stunden über den Film gestritten. Gut investierte Hörzeit, um sich eine eigene Meinung zu Film und Gesamtthematik zu bilden.

3. Investigativer Journalismus, Teil 3: Eine kritische Betrachtung
(fachjournalist.de, Ann-Kathrin Lindemann)
Im dritten Teil der Artikelserie über investigativen Journalismus werden Probleme und Grenzen des Genres behandelt. Es geht dabei um ethische Gesichtspunkte wie z.B. die Gefahr einer Instrumentalisierung durch Dritte. Im Ausblick geht es schließlich um das leidige Thema Finanzen und das Für und Wider der Finanzierungsalternative Crowdfunding.

4. „Ich bin kein Fotoroboter“
(freitag.de, Hendrik Hassel)
Christoph Bangert arbeitet als Fotograf in Krisengebieten, unter anderem für internationale Zeitungen wie die “New York Times”. Von seinen Reisen in Kriegsberichte bringt er jedes Mal Bilder zurück, die von keiner Zeitung gedruckt wurden. Vor zwei Jahren hat er einige der das Leiden und Sterben im Krieg dokumentierenden Bilder im Band “War Porn” zusammengefasst. Nun ist sein neues Buch “Hello Camel” erschienen, bei dem es vor allem um die Absurdität des Krieges geht.

5. Live, exklusiv und unterhaltend: Was wir von Happy Snapping für Snapchat lernen können
(zeitgeist.rp-online.de, Henning Bulka)
Online-Redakteur und Snapchat-Fan Philipp Steuer hat in Hamburg mit drei Mitstreitern ein Event zum Thema organisiert, das mit 200 Besuchern aus allen Nähten platzte. Inhaltlich ging es um die Frage, wie der Instant-Messaging-Dienst bei der journalistischen Arbeit eingesetzt werden kann. Der Social-Media-Redakteur bei “RP Online” Henning Bulkau hat zusammengefasst, was er aus der Veranstaltung für sich an Erkenntnissen mitgenommen hat.

6. Wie ein “Handelsblatt”-Reporter die Weltdienste narrt: Agenturen ziehen “Fake”-Bild zum Brexit zurück
(kress.de, Bülend Ürük)
Der Handelsblatt-Korrespondent Mathias Brüggmann rühmt sich auf der Webseite des “Handelsblatt” mit einer Undercover-Aktion. Er habe sich mit Union-Jack-Papphütchen, Papierfähnchen und “Vote to leave”-Sticker ausgestattet, auf die Wahlparty der rechtskonservativen Brexit-Befürworter Ukip begeben. Um möglichst dicht an die Ukip-Führung heranzukommen, wie er sagt. Brüggmann wird von großen Nachrichtenagenturen als Brexitbefürworter abfotografiert, die Fotos gehen zunächst um die Welt, werden jedoch nach Bekanntwerden des Schwindels wieder gelöscht. Bülend Ürük von “kress.de” steht der Aktion skeptisch gegenüber und fragt: “Was wollte der deutsche Journalist erreichen?”

Gezahlt, Geklebt, Gewürdigt

1. Zukunft des Journalismus: Von der Absicht, eine Paywall zu errichten
(heise.de, Markus Schwarze)
Marcus Schwarze weiß als Leiter “Digitales” bei der „Rhein-Zeitung“ in Koblenz um die Schwierigkeiten der Onlinevermarktung. In seinem Beitrag bei “Heise” schreibt er über die Mühen der Branche und die des eigenen Blatts, das mittlerweile komplett hinter einer Paywall steht. Es sind teilweise ernüchternde Zahlen, die Schwarze dort verrät. So müsse man z.B. bei der Zusammenarbeit mit Einzelartikelvermarkter “Blendle” gewaltige Abzüge hinnehmen: Die Rückgaberate liege bei der Rhein-Zeitung bei rund 30 Prozent, weitere 30 Prozent würden vom kostenlosen Anfangsguthaben “bezahlt”.

2. ZDF-Werbechef: “Discovery muss auf die Schnauze fallen”
(dwdl.de, Marcel Pohlig)
Im August starten in Rio die Olympischen Spiele, doch ob die Öffentlich-Rechtlichen die Übertragunsrechte erwerben, ist noch nicht entschieden: Die Preise sind explodiert und die Verhandlungen zwischen Vermarkter “Discovery” und Öffentlich-Rechtlichen sind festgefahren. Der Chef des ZDF-Werbefernsehens soll sich recht eindeutig über den Vermarkter geäußert haben: “Meiner Meinung nach müssen die auf die Schnauze fallen, damit wir beim nächsten Mal die Chance haben, wieder dranzukommen”

3. Schmids Reisen
(sueddeutsche.de, Claudia Tieschky)
Ausgerechnet der oberste Lobbyist des Privatfernsehens werde im Oktober neuer Direktor der Medienaufsicht in NRW. “Kann das funktionieren?”, fragt Claudia Tieschky in der “SZ” und macht gleich mit weiteren Fragen weiter: “Was trieb ihn in dieses Amt (in dem er nicht schlecht, aber weniger verdient als jetzt)? Schickt ihn RTL als Geheimwaffe in die Aufsicht? Kann einer wie er die nötigen Einwände gegen Privatsender vortragen, gegen, sagen wir Sachen wie Werbeverstöße?”

4. Kleb’s ab
(zeit.de, Eike Kühl)
Wie gute Beobachter festgestellt haben wollen, verwendet Mark Zuckerberg ein Notebook mit abgeklebter Webcam. Was im Netz zu Belustigung geführt hätte: “Denn klar, es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der Facebook-CEO seine Webcam abklebt. Schließlich fordert sein Unternehmen die Nutzer ständig auf, möglichst viele Bilder und Livevideos aus ihrem Alltag aufzunehmen, gewissermaßen stets auf Sendung zu sein und sich nicht so viele Gedanken über ihre Privatsphäre zu machen.” Eike Kühl votiert trotzdem für den geklebten Datenschutz: “Mit Paranoia hat das wenig zu tun. Im Gegenteil, im Zeitalter der Hacker und Massenüberwachung kann ein wohlplatziertes Stück Karton nicht schaden.”

5. Facebook bezahlt für Live-Videos Millionen
(infosperber.ch)
Facebook will mit Macht ins Live-Video-Geschäft und lässt sich das einiges kosten: Mehr als 50 Millionen Dollar bezahle das Unternehmen reichweitenstarken Teilnehmern, die das Feature nutzen. Etwa 140 Verträge hätte Facebook dazu abgeschlossen, unter anderen mit News-Outlets wie “CNN”, der “New York Times”, “BuzzFeed” sowie einigen prominenten Einzelpersonen und Organisationen.

6. Der Volks-Reporter
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Seit 1984 berichtet Ulli Zelle für die „Abendschau” des “rbb”. Stefan Niggemeier hat die Berliner Reporterinstitution bei der Arbeit begleitet und ein Porträt verfasst, das zugleich Würdigung ist.

“Ich habe heute leider kein Foto für dich” – “Kein Problem”


Danke an Florian S.

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Danke an Peter H.

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Danke an Frank K.

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Danke an Chris K.

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Danke an Pascal G.

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