“TV Movie” sieht Gespensterfilm

Eine der wichtigeren Fragen dieser Tage lautet ja: Wie wird eigentlich der zweite Teil von “Fifty Shades of Grey”, der in knapp einer Woche in die Kinos kommt?

Hm, mal sehen — wer könnte da eine Antwort liefern? Ah, hier, die “TV Movie” hat den Film offenbar schon gesehen:

TV MOVIE MEINT Wenn es um die filmische Umsetzung ihrer erotische (sic) Fantasien geht, versteht “Grey”-Autorin E.L. James keinen Spaß — der Streit um die kreative Kontrolle führte zum Beispiel zum Zerwürfnis mit der Regisseurin und Drehbuchautorin des ersten Teils. Die Fortsetzung inszenierte James Foley (“House of Cards”), das Drehbuch schrieb ihr Ehemann Niall Leonard. Ebenso wie der Vorgänger bietet auch Teil 2 stylishe Bilder und geschmackvoll inszenierte Sexszenen, inhaltlich aber mehr: Die Thriller-Handlung sorgt für Düsternis und Spannung. Nicht zuletzt dank Kim Basinger, die als mysteriöse Schmerzexpertin “Mrs. Robinson” ein belebendes Element darstellt.

Ja, gut, klingt jetzt etwas austauschbar: “stylishe Bilder”, “geschmackvoll inszeniert”, “Düsternis und Spannung”. Und auch die Posse mit dem Zerwürfnis konnte man sicher schon irgendwo nachlesen. Und auch die Infos aus der Inhaltsangabe im Absatz davor (“sechs harte Schläge auf den nackten Po”, “ein geheimes Verlangen nach dem Mann”, “Schatten der Vergangenheit lassen Christian nicht los” und so weiter) könnte der anonyme Autor dieser Kritik natürlich gar nicht aus dem Film haben, sondern aus dem dazugehörigen Buch.

Aber die “TV Movie”-Redaktion — nach eigenen Angaben immerhin “Europas härteste Filmredaktion” — wird den neuen “Fifty Shades of Grey” bestimmt schon gesehen haben. Wie sollte sie sonst auf diese abschließende Bewertung kommen?

Jetzt gibt es bloß so ein doofes Gerücht: Auf der Facebookseite von “TV Spielfilm” steht, dass “der Film noch gar keinem Journalisten gezeigt worden ist”. Und ein Anruf beim Verleiher “Universal Pictures” bestätigt das: Der Kritiker der “TV Movie” kann den Film noch gar nicht gesehen haben.

Auf dieser Grundlage hier mal die Bewertung von Europas härtester Filmkritikredaktion — uns — zur aktuellen “TV Movie”:

Kackdreiste Kritik: noch unehrlicher, unjournalistischer — dafür mit ganz viel Unverschämtheit!
Fantasie

Ehrlichkeit
 
Chuzpe

Ausdenfingernsaugen

Journalismus
 
Leserverarsche

Mit Dank an Peter M. für den Hinweis!

Nachtrag, 18:15 Uhr: Was die “Bauer Media Group”, bei der die “TV Movie” erscheint, zu dem Vorfall sagt, steht übrigens bei “DWDL” (Spoiler: Die Unternehmenssprecherin bestreitet nicht, dass die Redaktion den Film gar nicht gesehen hat).

Nachtrag, 31. Januar: “Viel nackte Haut”, “aufregendes Kribbeln”, “etwas mehr Tiefgang und einen Extraschuss Thrillerspannung” — auch die Hellseher Filmseher von “TV direkt” haben sich eine Allgemeinplatz-Kritik zum zweiten Teil von “Fifty Shades of Grey” ausgedacht:

Mit Dank an Horst S. und @ChristianZiVers für die Hinweise!

VK-Druiden-Netz, Chinas TV-Pranger, Herausgeberbeef

1. Übergriffe und Wirkungen
(correctiv.org, David Schraven)
“Correctiv”-Gründer David Schraven berichtet von zunehmenden Angriffen auf das journalistische Portal. Nicht alle Attacken seien offen und fair. Bisweilen werde kampagnenartig versucht, die Arbeit des Investigativprojekts zu stören. Das reiche von übler Nachrede bis hin zu konkreten Bedrohungen. Mittlerweile stehe die Redaktion unter polizeilichem Objektschutz und Personenschützer würden in den Redaktionsräumen ein und ausgehen.

2. Es fehlt also der Innenausbau
(faz.net, Jürgen Kaube)
Recht scharfe Kritik eines Herausgebers (Jürgen Kaube, “FAZ”) an einem Herausgeberkollegen (Gabor Steingart “Handelsblatt”). Steingart würde wiederholt gegen den Kanzlerkandidaten der SPD Martin Schulz wettern. Einer der Vorwürfe: Martin Schulz habe kein Abitur. Ein Vorwurf, den Kaube nicht gelten lassen will und Steingart am Ende des Artikels gepflegt um die Ohren haut: “Aber was manches Abitur wert ist, wenn jemand, der eines hat, die Qualifikation für politische Führungsrollen an seinen Besitz knüpft, das wissen wir jetzt schon.”

3. Ö24.tv stellt Chef vom Dienst frei – Der wollte Betriebsrat gründen
(derstandard.at)
Zoff bei “oe24.tv”, dem Online-Portal der Tageszeitung “Österreich”. Dort wurde der Chef vom Dienst rausgeschmissen und mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt. Angeblich eine halbe Stunde nachdem dieser einen Betriebsrat gründen wollte.

4. Im VK-Netz des Druiden
(tagesschau.de, Mareike Aden & Arndt Ginzel)
Hetzer und Rechtsextreme nutzen offenbar das russische Facebook-Pendant “VK” zum ungehinderten Austausch. Hier war auch der selbst ernannte Druide “Burgos von Buchonia” aktiv, der seit kurzem wegen des Verdachts der Gründung einer rechtsextremen Organisation in Untersuchungshaft sitzt. Der Moskauer Journalist Roman Dobrochotow, Chefreporter des investigativen, kremlkritischen Internetportals “The Insider”, glaube, dass es an Sanktionsmöglichkeiten nicht mangele: “Wenn der russische Staat wirklich wollen würde, dass bei ‘Vkontakte’ keine Neonazis aktiv sind, dann wäre alles innerhalb von einem Tag blockiert oder gelöscht.”

5. Das Staatsfernsehen als öffentlicher Pranger
(zeit.de, Kai Biermann)
Finsterstes Mittelalter mit den Methoden der Neuzeit: Die chinesische Regierung erpresst Geständnisse und zeigt sie im Staatsfernsehen einem Millionenpublikum. Um Gegner in der Öffentlichkeit zu erniedrigen und sie ohne einen ordentlichen Prozess zu verurteilen. Und um Kritiker, Dissidenten und Beamte einzuschüchtern.

6. How the media should be covering Donald J. Trump.
(facebook.com/GQ, Keith Olbermann, Video, 2:12 Minuten)
Der amerikanische Moderator Keith Olbermann hat sich mit einer vielbeachteten Videoansprache an die Medien gerichtet. Olbermann schlägt vor, die Liveberichterstattung von Trumps Reden einzustellen: “Use a delay, employ a team of fact checkers, play his rants, and each time he lies, stop the tape and state the facts. Do not participate in Trump’s propaganda game.”

Darum nutzt Bild.de das Phantombild, das die Polizei nicht nutzt

Manchmal hat die Polizei ja gute Gründe, bestimmte Dinge nicht zu tun. Zum Beispiel ein Phantombild für eine Fahndung zu veröffentlichen, das die Behörden für unbrauchbar oder kontraproduktiv halten. Bei der Suche nach dem möglichen Mörder von Carolin G. macht die Polizei derzeit genau das: Sie verzichtet darauf, ein vorhandenes Phantombild zu verwenden.

Vielleicht erinnern Sie sich: Vor zwei Monaten wurde eine 27-jährige Frau in Endingen in der Nähe von Freiburg Opfer eines Sexualmords. Der Fall wurde damals bundesweit von Medien aufgegriffen.

Die Ermittler fanden DNA-Spuren, die darauf hindeuten, dass es sich bei dem Täter um einen Mann handelt. Nun wurde bekannt, dass diese Spuren zu einem Fall in Österreich passen: Im Januar 2014 wurde in Kufstein eine 20-jährige Studentin angegriffen und umgebracht. Auch hier handelt es sich um ein Sexualverbrechen. Die Vorgehensweise des Täters ist ganz ähnlich wie bei Carolin G. Und die in Kufstein gefundenen DNA-Spuren passen zu denen, die die Polizei in Endingen gesichert hat. Der mutmaßliche Täter dürfte also der gleiche sein.

Damals wurde anhand von Zeugenaussagen von dem Mann ein Phantombild erstellt. Doch dieses will die Polizei in Deutschland nun nicht nutzen.

Bild.de schreibt dazu heute:

Die Polizei in Tirol hat ein Phantombild vom Täter. Die deutschen Ermittler wollen es nicht nutzen — doch dafür gibt es gute Gründe! […]

Aber warum fahndet die deutsche Polizei nicht mit dem österreichischen Phantombild nach Carolins Killer?

Sprecher Walter Roth (59): “Das Bild beruht auf einer Beobachtung in der Dunkelheit und ist drei Jahre alt. Das Erscheinungsbild dürfte sich verändert haben, könnte mögliche Zeugen in die Irre führen.”

In die Irre geführte Zeugen könnten die ohnehin schon schwierigen Ermittlungen noch schwieriger machen. Und was macht die Redaktion von Bild.de? Obwohl sie weiß, dass es die Arbeit der Polizei behindern könnte, veröffentlicht sie auf ihrer Startseite das vermutlich nutzlose Phantombild aus Österreich, das bei der Suche nach dem Täter alles andere als hilfreich sein dürfte:

Nur der Vollständigkeit halber: Die Unkenntlichmachungen in dem Screenshot stammen von uns.

Mit Dank an Börries für den Hinweis!

Sigmar Gabriel hat keine Ahnung, wie “Bild” auf Falschmeldung kam

Für Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt gab es diese Woche eine Menge Lob. Toll sei es, wie transparent er mit dem Fehler seiner Redaktion umgeht, die vor knapp zwei Wochen behauptet hatte, dass Sigmar Gabriel Kanzlerkandidat der SPD werde. Inzwischen steht fest, dass nicht Gabriel, sondern Martin Schulz die Sozialdemokraten in den Bundestagswahlkampf führen wird — und dass Bild.de mit der Meldung von Anfang Januar danebenlag.

Julian Reichelt entschuldigte sich also auf Twitter für den Fauxpas, sein Team lieferte am Dienstag eine Erklärung, “Warum BILD falsch lag” …

… und alle waren ganz angetan von der Fehlerkultur im Axel-Springer-Hochhaus. Auch wir finden es sehr gut, dass “Bild” und Bild.de auf den Fehler reagiert haben. Wie diese Reaktion aussah — das müssen wir hier aber doch noch mal thematisieren.

In der Erläuterung von Bild.de, wie die falsche Eilmeldung über Sigmar Gabriels Kanzlerkandidatur zustande gekommen ist, steht unter anderem:

Die handfesten Hinweise und Informationen stammten aus zahlreichen Gesprächen mit SPD-Spitzenpolitikern — unter anderem mit Gabriel selbst und engen Vertrauten. Diese Gespräche begannen im Sommer 2016 und setzten sich bis ins neue Jahr fort.

Und:

Auch auf mehrfache Nachfragen bei der Recherche für die BILD-Geschichte vom 9./10. Januar wurde auf der Gabriel-Seite kein anderer Eindruck erweckt als der, der SPD-Chef sei weiterhin fest entschlossen anzutreten.

Bild.de hat also aus “Eindrücken” und “handfesten Hinweisen” eine Eilmeldung mit Tatsachenbehauptung gestrickt.

Besonders interessant ist, dass diese Hinweise laut Bild.de auch von “Gabriel selbst und engen Vertrauten” gekommen sein sollen. Im aktuellen “Stern”, der Sigmar Gabriels Nicht-Kandidatur zusammen mit der “Zeit” enthüllte, gibt es ein langes Interview mit dem bisherigen SPD-Parteichef. “Stern”-Chefredakteur Christian Krug fragt an einer Stelle:

Und Sigmar Gabriel antwortet:

Am Mittwoch — also einen Tag nach der großen Entschuldigung — erschien dieser Artikel bei Bild.de:

Die “5 GRÖSSTEN MERKWÜRDIGKEITEN” aus Gabriels “RUMS-INTERVIEW” mit dem “Stern” sollen sein:

1. Warum schießt Gabriel so scharf gegen die Kanzlerin?

2. Wie kann sich der SPD-Chef selbst zum Außenminister ernennen?

3. Wie kommt er nur darauf, im neuen Job mehr Privatleben zu haben?

4. Warum hat er fünf Fotos seiner Tochter veröffentlichen lassen?

5. Warum hat Gabriel so lange geschwiegen?

Dass Sigmar Gabriel der Bild.de-Erklärung für die falsche Eilmeldung unbewusst (schließlich war das “Stern”-Interview schon längst gedruckt, als Julian Reichelt und sein Team die Erklärung veröffentlicht haben) widersprochen hat, erwähnt die Redaktion nicht.

Trumps Mann fürs Grobe, Springer vs. Burda, Pufpaffs treue TV-Hasser

1. Trump-Berater über US-Medien: Ihr seid die Opposition
(sueddeutsche.de, Matthias Kolb)
Donald Trump hat bekanntermaßen den früheren Breitbart-Chef und Rechtsausleger der Republikaner Steve Bannon zum “Counselor to the President” ernannt. Bannon ist damit der ranghöchste Berater im Weißen Haus. Nun holzt er entsprechend los, behauptet, dass die Medien “zu 100 Prozent” falsch berichtet hätten und nennt dabei ausdrücklich die “Washington Post” und die “New York Times”. Matthias Kolb erklärt die Hintergründe und weist am Ende auf eine pikante Meldung der “Washington Post” hin, nach der Bannon sowie vier andere Mitglieder des engsten Trump-Zirkels in zwei Bundesstaaten in den Wählerlisten auftauchen: “Dies ist genau jener angebliche “Wahlbetrug”, über den sich Trump beschwert und den er – ohne jegliche Grundlage – als Erklärung ausführt, wieso Hillary Clinton knapp drei Millionen mehr Stimmen erhielt.”

2. Ein schmaler Grat: Springer gegen Burda
(irights.info, Till Kreutzer)
Schon seit einiger Zeit wirft der Springer Verlag den Leuten von “Focus Online” vor, sich systematisch beim Bezahlangebot “Bildplus” zu bedienen, sprich Meldungen zu übernehmen. Juristisch ist das Ganze nicht einfach wie iRights-Anwalt Till Kreutzer schreibt. In dem Fall ginge es weniger um Fragen des Urheberrechts als um solche des Wettbewerbsrechts. Dem gegenüber stünde die Freiheit von Informationen. Egal wie die Klage Springers gegen Burda ausginge, sei es jedoch eine Frage von (Doppel)Moral: “Solange es nicht verboten ist, können Verlage oder ihre Redaktionen das vielleicht so machen. Aber die andere Frage ist: Sollte man es machen? Insbesondere, wenn man zu einem Verlag wie dem Burda-Verlag gehört, der für sich reklamiert, Qualitätsmedien herzustellen.”

3. Konstruktive Glückwünsche
(taz.de)
“Emma” wird 40 und die “taz” lässt zu diesem Anlass sieben Frauen zu Wort kommen, die mit der Zeitschrift groß geworden sind. Neben den zu erwartenden Geburtstagsglückwünschen gibt es auch einiges an Kritik. Und apropos Kritik: Für “turi2” hat Tatjana Kerschbaumer die aktuelle Jubiläumsausgabe der Emma einer Blattkritik unterzogen.
Und Kommunikationswissenschaftlerin Martina Thiele spricht in der “taz” unter anderem über die Gefahr, dass die “Emma” vor lauter Antiseximus rassistisch werden könnte: “Auf dem rechten Auge blind”

4. War on Facts
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Adrian Lobe schreibt über die Gefahren von Trumps Politik als Reality-Show: “Trumps Krieg gegen die Wirklichkeit besteht darin, dass er seine Politik der Logik der Reality TV unterwirft, in der etablierte und bewährte Spielregeln des politischen Betriebs (Verfassungstreue, Respektierung der Grundrechte, Achtung von Minderheiten) nicht mehr gelten und Medien nur noch Zuschauer sind. Die Folge ist, dass die Lüge gar nicht mehr sanktioniert wird, weil sie als akzeptiertes Stilmittel und Schmiermittel seiner Show-Politik quasi mit dazugehört.”

5. Türkei sperrt neues Onlinemedium “Özgürüz”
(spiegel.de)
Die Türkei hat das kritische Onlinemedium “Özgürüz” gesperrt. Und zwar bereits bevor es richtig losgehen sollte, wie “Correctiv”-Verantwortlicher und “Özgürüz”-Herausgeber Markus Grill auf Twitter meldete.

6. Die treuesten Zuschauer sind oft die, die einen hassen.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Sebastian Pufpaff ist ein deutscher Kabarettist, Moderator und Entertainer. In der „Heute-Show“ bekommt er meist die „Arschloch-Rolle“, während er in „Pufpaffs Happy Hour“ als gut gelaunter Gastgeber Comedy- und Kabarett-Kollegen auf die Bühne holt. Im Interview spricht Sebastian Pufpaff über seine Anfänge im Shopping-TV, Sendeplätze für Satire, empfindliche Zuschauer und seine „Schleimfrisur“.

Martin Schulz chancenlos, aber mit guten Chancen gegen Angela Merkel

Gestern Abend bei Bild.de:

Das Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (62, CDU) und ihrem SPD Herausforderer Martin Schulz (61) — wenn es nach den Deutschen geht, dann hat die Amtsinhaberin klar die Nase vorn!

Eine “Blitzumfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA” (“Bild plus”-Artikel hinter Bezahlschranke) habe diesen recht deutlichen Vorteil von Angela Merkel gegenüber dem neuen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz ergeben:

Gestern Abend in den “Tagesthemen” (ab Minute 5:06):

Sven Lorig, der die Zahlen in der Sendung präsentiert, sagt dazu:

Wir stellen ja regelmäßig die Frage, wie sich die Bürger entscheiden würden, wenn sie den Bundeskanzler oder die Kanzlerin direkt wählen könnten. Angela Merkel käme in der Direktwahlfrage auf 41 Prozent. Das sind zwei Punkte weniger als im Dezember, als wir die Frage zuletzt gestellt hatten. Und Martin Schulz? Festhalten. Der käme ebenfalls auf 41 Prozent. Das sind fünf Punkte mehr als im Dezember. Und damit liegen beide gleichauf.

Diese Gegenüberstellung der Ergebnisse soll nicht bedeuten, dass das eine besser oder schlechter, richtiger oder falscher ist als das andere. Wir finden die sehr unterschiedlichen Werte aber durchaus interessant. Und es dürfte Gründe geben, die zumindest ein Stück weit erklären, warum sie so unterschiedlich sind.

Erstmal gibt es aber einige Ähnlichkeiten: Bei der “INSA”-Umfrage, die Bild.de veröffentlicht hat, wurden 1009 Leute befragt. “Infratest dimap”, verantwortlich für die Daten der “Tagesthemen”, hat 1011 Leute befragt. In beiden Fällen wurden die Antworten am Telefon eingeholt.

Und auch die Fragen, die bei dieser fiktiven Bundeskanzler-Direktwahl gestellt wurden, sind sehr ähnlich. “INSA” fragte:

Wenn Sie den Bundeskanzler direkt wählen könnten, für wen würden Sie stimmen?

Und “Infratest dimap” (PDF):

Wenn man den Bundeskanzler direkt wählen könnte, für wen würden Sie sich entscheiden: für Angela Merkel oder für Martin Schulz?

Allerdings sind die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten verschiedene gewesen. Bei der “INSA”-Umfrage gab es drei: “Angela Merkel”, “Martin Schulz” und “keinen von beiden”. Bei “Infratest dimap” gab es hingegen nur zwei: “Angela Merkel” und “Martin Schulz”. Nur wenn der Angerufene von sich aus gesagt hat, dass er keinen der zwei Kandidaten wählen würde, zählte die Stimme als “keiner von beiden”.

Und auch der Befragungszeitraum war nicht komplett deckungsgleich: “INSA” hatte die Befragten am Dienstag und am Mittwoch angerufen. “Infratest dimap” nur am Mittwoch. Also zu einem Zeitpunkt, als man der Berichterstattung über den neuen SPD-Kanzlerkandidaten nicht mehr entkommen konnte.

Ablauf mit Gabriel, Antisemitismus im Schulbuch, UFO-Theorien bei “N24”

1. Erster!
(sueddeutschte.de, David Denk)
Wie lief das jetzt eigentlich genau mit der Gabriel-Geschichte? Wessen Scoop war das? Und wer hat wann zuerst berichtet? David Denk rekonstruiert: Eigentlich habe es eine Sperrfrist (Dienstagabend) gegeben, damit Sigmar Gabriel vorher die SPD-Gremien unterrichten könne. Dann aber platzte der Branchendienst “Meedia” dazwischen, der wohl aus “Grossistenkreisen” von der “Stern”-Story erfahren hatte. Und dann war die Geschichte in der Welt. Bei faz.net erzählt “Stern”-Chefredakteur Christian Krug im Interview, wie es zum Gabriel-Interview kam.

2. Live bei Cobra-Einsatz: “Krone”-Lecks mit Tradition
(derstandard.at)
Vergangenen Freitag in Wien: Um 18:03 Uhr wird ein möglicher Attentäter festgenommen. Um 18:09 Uhr twittert die Redaktion der “Kronen Zeitung” über die Festnahme des möglichen Attentäters. “Da stellen sich Fragen wie: Wenn die Bedrohung tatsächlich so dramatisch war, wie sie insbesondere die ‘Krone’ beschrieb — könnte eine so frühe Veröffentlichung nicht etwa mögliche Mittäter zum Losschlagen motivieren?” derStandard.at über die “lange Geschichte von “Festnahmen mit ‘Krone’-Begleitung”.

3. Harald Martenstein macht “Lügenpresse”-Vorwürfe salonfähig
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
In seiner (inzwischen vergangenen) Kolumne im “Zeit Magazin” schreibt Harald Martenstein “über Einwanderung und Abschiebungen” und einen Hindu aus Afghanistan, von dessen Fall er im “ZDF” erfahren habe. Weil Martenstein “ARD” und “ZDF” misstraut (“Tagesschau”, “heute” und “Tagesthemen” erinnerten ihn “wegen ihrer Regierungsnähe zunehmend ans DDR-Fernsehen”), recherchiert er den Fall selber nach. Und es zeigt sich: Es ist alles so gewesen, wie das “heute journal” berichtet hat. Stefan Niggemeier kann das nicht so richtig fassen: “Das ist also der Anlass für Martenstein, ausführlich im ‘Zeit Magazin’ darzulegen, dass er ARD und ZDF für DDR-fernsehhaft hält und erstmal davon ausgeht, dass sie die Unwahrheit sagen: Dass er erleben musste, dass ein ZDF-Bericht einer Überprüfung standhält.” Im zweiten Teil der Martenstein-Kolumne geht es um die deutsche Flüchtlingspolitik. Und auch da wird’s nicht besser.

4. Kein Anfangsverdacht gegen Anne Will
(faz.net, Michael Hanfeld)
Nachdem im November vergangenen Jahres im “Ersten” die Konvertitin Nora Illi zu sehen und zu hören war, gingen bei der Staatsanwaltschaft Hamburg sieben Strafanzeigen gegen “ARD”-Moderatorin Anne Will sowie gegen Verantwortliche der “ARD” ein. Illi hatte sich unter anderem relativierend zu den Verbrechen der Terrormiliz “IS” geäußert. Vier ihrer Ermittlungen habe die Staatsanwaltschaft nun beendet, schreibt Michael Hanfeld, es fehle ein begründeter Anfangsverdacht: “Für die Moderatorin sieht es gut aus.”

5. Wie es eine antisemitische Karikatur in deutsche Schulbücher geschafft hat
(vice.com, Philipp Frohn)
Ein Schulbuch des “Klett”-Verlags zeigt in einer Illustration ein riesiges gelbes Wesen, das gerade dabei ist, Europa zu verschlingen. Im Hintergrund kann man den Schriftzug “ROTHSCHILDBANK” lesen. Philipp Frohn schreibt dazu: “Eine solche Zeichnung hätte in einem deutschen Schulbuch des 21. Jahrhundert niemals auftauchen dürfen. Denn die Vorstellung, dass die jüdische Bankiersfamilie der Rothschilds im Verborgenen die Geschicke der Welt (zum Nachtteil der Mehrheit) beeinflusst, ist eine klassische antisemitische Verschwörungstheorie, die sich schon die Nazis zunutze gemacht haben.”

6. UFO-Sichtungen in Nachrichtensendern
(ndr.de, Caroline Ebner, Video, 4:15 Minuten)
Schon mal nachts aus Versehen bei “N24” reingeraten? Zwei Möglichkeiten gibt es dann: Entweder läuft irgendwas über Hitler. Oder irgendwas über UFOs (manchmal auch irgendwas über UFOs im Dritten Reich). Seit Herbst vergangenen Jahres gibt es zusätzlich den Spartenkanal “N24 Doku”, wo man noch mehr UFO-Filme mit Suggestivfragen und starken Verschwörungstendenzen (“Soll hier etwas vertuscht werden?”) findet. Caroline Ebner hat bei “N24” nachgefragt — dort sehe man “die Glaubwürdigkeit als Nachrichtensender” nicht in Gefahr.

“Focus Online” macht die AfD größer als sie ist

Schauen Sie sich mal dieses Balkendiagramm und diesen Teaser an:

Die Redaktion von “Focus Online” hat das gestern bei Facebook gepostet. Und es scheint doch so, als hätte die AfD “im Vergleich zur Vorwoche” so sehr “an Boden” gewonnen, dass sie jetzt mit der SPD gleich aufliegt.

Wobei — wenn man ganz genau hinschaut, zeigt das Diagramm sogar: Die AfD ist nach der CDU/CSU sogar knapp die zweitstärkste politische Kraft in Deutschland. Wir haben mal eine rote Linie in das Bild eingefügt:

Das ist natürlich Quatsch. Und “Focus Online” behauptet das auch gar nicht in dem bei Facebook verlinkten Artikel. Dort nennt das Portal die Zahlen, die das Meinungsforschungsinstitut “INSA” (mit dem man im Zusammenhang mit der AfD auch so seine Probleme haben kann) im Auftrag von “Bild” vor wenigen Tagen erhoben hat:

  • CDU/CSU — 32,5 Prozent
  • SPD — 21 Prozent
  • AfD — 14,5 Prozent
  • Linke — 11 Prozent
  • Grüne — 8,5 Prozent
  • FDP — 7,5 Prozent

Aber solange die Leute noch nicht auf den Artikel geklickt haben, gibt es bei “Focus Online” eben auch noch nicht die richtigen Fakten.

Mit Dank an @ennolenze für den Hinweis!

Nachtrag, 18:46 Uhr: Überprüft man — ausgehend von den Zahlen der CDU/CSU — auch die Balkenhöhen der anderen Parteien, zeigt sich: Bei der SPD stimmt die Höhe, bei allen anderen Parteien ist sie falsch:

Mit Dank an @TimothyMcAll und @HotTee168 für die Hinweise und großem Dank an Jan fürs Überprüfen!

Trump = Friedrich x -1

In den letzten Tagen habe ich mir ein bisschen Sorgen um unsere Welt gemacht. Es ging um Donald Trump. Aber dann las ich diesen Tweet hier und war fürs Erste doch wieder beruhigt:

Wenn Hans-Peter Friedrich Donald Trump einen Hinweis gibt, wird der darauf ja wohl hören, dachte ich. Hans-Peter Friedrich wird er doch kennen. Aber dann interessierte mich, um welchen Hinweis es sich handelte. Und das war offenbar dieser hier:

Ich glich das noch mal mit den Nachrichten der vergangenen Tage ab. Zum Thema transatlantische Freundschaft hatte ich das hier gelesen:

Zur Kulturförderung das:

Und dann kamen gestern ja auch noch diese Meldungen rein:

Trump hat das “TTP” gekündigt. Oder das “TPP”. Da sind die Medien sich nicht ganz einig. Aber dass es ein Handelsabkommen ist, sehen doch offenbar alle so.

Und das würde bedeuten: Hans-Peter Friedrich scheint einen enormen Einfluss auf Donald Trump zu haben. Allerdings mit dem kleinen Makel, dass Trump anscheinend immer das Gegenteil von dem macht, was Friedrich ihm rät.

Da wäre es natürlich interessant zu erfahren, wie lange das schon so geht. Vielleicht hat Friedrich die ganze Sache ja erst losgetreten, als er Trump damals die Kandidatur ausreden wollte (“Da wärst du wirklich der Falsche”). Und womöglich war der CSU-Politiker es, der dem jetzigen US-Präsidenten vor langer Zeit mal die Sozialen Netzwerke erklärt hat:

“Bei Twitter ganz wichtig: Keine Beleidigungen. Nicht alles gleich raushauen. Und zwei Tweets pro Tag reichen vollkommen aus.”

Wenn sich irgendjemand in Deutschland rechtzeitig für eine vernünftige Vorratsdatenspeicherung eingesetzt hätte, könnte man das alles jetzt nachvollziehen. Aber so müssen wir weiter spekulieren. Zum Beispiel darüber, welche “wohlmeinenden Hinweise” Friedrich Trump zu seiner Steuererklärung gegeben haben könnte.

“Da würde ich alles sofort offenlegen.”

Oder zu den Interessenkonflikten wegen der Firmen.

“Mach, was du willst. Aber überschreib sie bloß nicht deinen Söhnen.”

Möglicherweise ging es auch um die Fernsehduelle.

“Bereite dich gut vor. Und lass dich nicht provozieren.”

Vielleicht auch um die Spionage-Vorwürfe gegen die Russen.

“Es gibt keinen Grund, an den Geheimdiensten zu zweifeln.”

Oder über die Nacht in dem russischen Hotel.

“Warum sollten wir nicht davon erzählen?”

Und wenn man dann noch wüsste, wie eng der Kontakt zwischen Friedrich und Trump ist, könnte man sich vielleicht sogar die Geschehnisse der vergangenen Tage zusammenreimen — also vor allem die Diskussion um die Zuschauerzahlen. Kann ja sein, dass die beiden noch vor Trumps Vereidigung telefoniert haben und Friedrich bei der Gelegenheit gesagt hat: “Ab morgen kümmerst du dich dann um die wichtigen Dinge.”

Ralf Heimann hat vor ein paar Jahren aus Versehen einen Zeitungsbericht über einen umgefallenen Blumenkübel berühmt gemacht. Seitdem lassen ihn abseitige Meldungen nicht mehr los. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt zusammen mit Jörg Homering-Elsner “Bauchchirurg schneidet hervorragend ab — Perlen des Lokaljournalismus”. Fürs BILDblog kümmert er sich um all die unwichtigen Dinge, die in Deutschland und auf der Welt so passieren.
(Foto: Jean-Marie Tronquet)

Dann läge die Vermutung nahe, dass sie fast täglich miteinander sprechen, vielleicht sogar mehrmals täglich — und wahrscheinlich auch vor der legendären Pressekonferenz.

“Hör mal, Hans-Peter, hier gibt’s ein Problem. Die Presse sitzt nebenan. Die haben Bilder, die belegen, dass der Platz bei der Amtseinführung fast leer war. Was soll ich dem Pressesprecher sagen?”

“Also gut, Donald. Zwei Dinge. Am allerwichtigsten ist: Er darf auf keinen Fall lügen. Fast genauso wichtig: Er soll aufpassen, dass er sich nicht im Ton vergreift. Und dann vielleicht noch ein kleiner Tipp von mir: Er soll am Ende Fragen zulassen.”

“Alles klar. Bis später dann.”

Natürlich fragt man sich: Wie hält eine Freundschaft das aus? Beziehungsweise: Wie hält Hans-Peter Friedrich das aus? Oder: Ist ihm das überhaupt schon aufgefallen?

Falls nicht, muss man es ihm sagen. Mit ein paar fingierten Tipps kann er ja unter Umständen wirklich schlimme Dinge verhindern:

  • “Mit Diskrimierung machste nichts falsch.”
  • “Ein Handelskrieg wär doch was Feines.”
  • “Diese Knöpfe da im Koffer, die würde ich alle mal drücken.”

Das einzige Problem ist: So richtig verlassen kann man sich auf Donald Trump eben nicht. Und wahrscheinlich müsste man damit rechnen, dass er sich irgendwann sagt: “Och, das mit den Knöpfen klingt ja gut. Das könnte ich tatsächlich mal ausprobieren.”

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