Böhmermanns Listen, Angstmacher, Nein zu Hatespeech(Vortrag)

1. Böhmermanns “Reconquista Internet” und die Folgen
(radioeins.de, Stefan Niggemeier)
“Reconquista Internet” heißt Jan Böhmermanns neue Aktion, mit der er dem Online-Hass nach eigenen Angaben “Liebe und Vernunft” entgegensetzen will. Dazu hat er zwei Listen mit fast 1.500 angeblich rechten Trolls veröffentlicht, was kritische Nachfragen aufwirft. Nicht nur bei Personen wie der FDP-Generalsekretärin Nicola Beer und dem „Zeit“-Kolumnist Jochen Bittner, sondern auch bei Medienkritiker Stefan Niggemeier.

2. Wir sollten wissen, dass wir Angst haben sollen.
(frank-stauss.de)
Der Politologe und Wahlkampfkampagnen-Manager Frank Stauss schreibt über das große Geschäft mit der Angst: „Wir sollen Angst haben, weil es ein sehr großes Business ist. Für Parteien, für Konzerne, für die Klickraten in Redaktionen, für die Titelseiten von Tageszeitungen, für die Einschaltquoten von Talkshows, für den Verkauf von Sicherheits- und Selbstschutztechniken, für Werbetreibende und viele andere. Wir werden instrumentalisiert und manipuliert, um mehr Angst zu haben, nicht weniger.“

3. A!291 – Re:watch
(aufwachen-podcast.de, Stefan Schulz & Hans Jessen)
Auf der Republica in Berlin diskutierten der „Monitor“-Chef Georg Restle, die „ZDF“-Moderatorin Dunja Hayali, die Autorin und Journalistin Silke Burmester und der Leiter von „ARD-aktuell“, Kai Gniffke über Journalismus im Netz (Videomitschnitt, 57 Minuten). Dabei ging es durchaus kontrovers zu.

Im Aufwachen-Podcast haben die Medienprofis Stefan Schulz („Redaktionsschluss: Die Zeit nach der Zeitung“) und Hans Jessen (langjähriger Reporter für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ und Chef vom Dienst des „Berichts aus Berlin“) den Talk in seine Bestandteile zerlegt und analysiert (startet ab Minute 22:43).

4. “Eigentlich ist es ganz einfach: Schwulsein ist nicht witzig”
(t-online.de, Ron Schlesinger)
Der Autor Johannes Kram attackiert in seinem neuen Buch die “schrecklich nette Homophobie in der Gesellschaft“. Dass Deutschland ein homophobes Land sei, könne man „etwa daran sehen, dass nur ein Drittel aller Lesben und Schwulen offen im Job zu ihrer sexuellen Identität steht, dass “schwule Sau” das beliebteste Schimpfwort an deutschen Schulen ist, und dass TV-Komiker wie Dieter Nuhr immer noch Schwuchtelwitze aus den 50er-Jahren reißen und denken, dass sei deshalb nicht homophob, weil sie ja für die Ehe für alle sind.“

5. Alice Weidel: «Unser ambitioniertes Fernziel ist es, dass die Deutschen irgendwann AfD und nicht ARD schauen.»
(nzz.ch, Benedict Neff)
„Ich wollte von dem Besten lernen“, sagt die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel und deshalb habe sie sich wegen der Gründung eines eigenen AfD-Newrooms mit Steve Bannon getroffen, dem mittlerweile von Donald Trump geschassten Chefstrategen und berühmt-berüchtigten, ehemaligen „Breitbart“-Macher.

6. Kannste Dir nicht ausdenken: Facebook hat die Bewerbung meines Anti-Hatespeech-Vortrags von der #rp18 abgelehnt – weil er Hatespeech enthält.
(facebook.com, Richard Gutjahr)
Standing Ovations gab es für den eindrucksvollen republica-Vortrag (Nach Nizza und München – Anatomie eines Shit-Tsunamis) von Richard Gutjahr und seinen Anwalt Markus Kompa, in denen es um Gutjahrs Kampf gegen ihn verfolgende Verschwörungstheoretiker ging. Google und Facebook machten es ihm nicht gerade leicht, sich gegen Hetze und Mordaufrufe zur Wehr zu setzen. Nun erlebt die Geschichte eine weitere unschöne Pointe: Facebook lehnt die Werbeschaltung für den Videomitschnitt des Vortrags ab. Gutjahr dazu: „Der Vortrag enthält Beispiele von Hass-Bildern und -Videos, die seit fast 2 Jahren über mich und meine Familie via Facebook verbreitet werden und die trotz mehrfacher Meldung stets den Community-Richtlinien entsprochen haben.“

Metoo beim WDR, Reconquista Internet, Habecks Volk

1. Immer mehr Betroffene melden sich beim WDR
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Mittlerweile haben sich 16 Frauen bei der vom WDR eingerichteten Anlaufstellen für Betroffene von sexueller Belästigung gemeldet. Als externe Ermittlerin wurde die frühere Gewerkschaftsfunktionärin Monika Wulf-Mathies eingesetzt, die sich um die Aufarbeitung der Fälle kümmern soll. “Der Schaden nach außen ist groß, aber der Schaden intern scheint viel größer“, so das stellvertretende Mitglied des WDR-Rundfunkrats Karin Knöbelspies.

2. Angriff aus der Werbebranche
(deutschlandfunk.de, Christopher Ophoven, Audio, 4:43 Minuten)
Die Firma Ströer ist der größte Werbevermarkter Deutschlands. Seit einiger Zeit will man jedoch nicht nur mit der Vermietung von Werbeplakaten und elektronischen Werbetafeln, sondern auch mit journalistischen Inhalten Geld verdienen. Die neueste Ströer-Investition: Das Nachrichtenportal für junge Leute „Watson.de“.

3. Aktion gegen rechten Hass im Netz
(faktenfinder.tagesschau.de, Wolfgang Wichmann)
Mit “Reconquista Internet” will der Satiriker und Moderator Jan Böhmermann das Internet zurückerobern. Dem Hass im Netz sollen „Liebe und Vernunft” entgegengesetzt werden. Mehr als 50.000 Leute schlossen sich bislang der Gruppe an („Wir haben aus Versehen eine Bürgerrechtsbewegung ins Leben gerufen“). Doch es gibt auch Kritik. So wirft FDP-Generalsekretärin Nicola Beer Initiator Böhmermann “Blockwart-Denke in schlimmster Tradition beider deutscher Diktaturen“ vor.

4. Die Bundeswehr bei der rp18 – eine Chronologie. Und ein paar Fragen.
(18.re-publica.com, Andreas Gebhard & Johnny Haeusler & Markus Beckedahl & Tanja Haeusler )
Die Republic-Macher haben ihre Sicht zur Guerilla-Marketing-Aktion der Bundeswehr aufgeschrieben. Die Chronik endet mit Worten, denen man die nachhaltige Verstörung anmerkt: „Es ist verrückt: Wir diskutieren auf der re:publica unter anderem die Folgen von Missinformation und Fake News, wie sie entstehen, wie man sie verhindern kann. Welche schwerwiegenden Folgen sie haben können. Und dann das. Von der Bundeswehr. Einer Verteidigungsarmee, die schützen und in Konfliktfällen deeskalierend wirken soll. Die völlige Unsensibilität der Bundeswehr gegenüber einer Veranstaltung wie der re:publica wirft die Frage auf, wie diese Armee wohl in fremden Kulturen, gegenüber Menschen in Krisengebieten agiert.“
Weiterer Lesetipp: Bundeswehr & re:publica – eine Materialsammlung (augengeradeaus.net, Thomas Wiegold)

5. Reporterfabrik startet im Spätsommer
(journalist-magazin.de, Monika Lungmus)
Der Aufbau der „Reporterfabrik“ von Correctiv-Gründer David Schraven und dem langjährigen Spiegel-Journalist Cordt Schnibben schreitet voran: Im Sommer soll die „Journalistenschule für jeden“ mit zwölf Workshops an den Start gehen.

6. Zweierlei Volk
(robert-habeck.de)
Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, sollte in einem Interview zu einzelnen Begriffen seine Assoziationen in einem Satz nennen. Bei „Volksverräter“ assoziierte er: „… ist ein Nazibegriff. Es gibt kein Volk und deshalb auch keinen Verrat am Volk. Das ist ein böser Satz, um Menschen auszugrenzen und zu stigmatisieren.“ Seit ein paar Tagen würden nun Rechte einen Twitter-Feldzug gegen ihn führen, bei der sie seine Aussagen sinnverfälschend umarrangierten. Und als er dachte, der Spuk sei zu Ende, beteiligte sich eine seriöse Zeitung an der Sache.

Das Schweigen der Sender, DSGVO-FAQ, Horror vom Naschmarkt

1. “Medienunternehmen sind nicht sehr geübt”
(deutschlandfunk.de, Günter Bentele & Isabelle Klein, Audio, 4:48 Minuten)
Der WDR hält sich mit Stellungnahmen zu seiner “#MeToo-Affäre” sehr zurück. Auch der @mediasres-Redaktion des Deutschlandfunks ist es nicht gelungen, dem Sender ein Interview abzuringen. Der PR-Experte und emeritierte Professor für Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations an der Universität Leipzig Günter Bentele sieht die Schweigsamkeit skeptisch: Sollte dies Strategie des Senders sein, so wäre sie “sicherlich schlecht”.

2. Von den Vorurteilen musste ich mich verabschieden.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Jakob Buhre hat sich mit Friedemann Fromm, dem Regisseur der Fernsehserie „Weissensee“, zum Interview getroffen. Im Gespräch geht es nicht nur um die Serie sondern auch um zu viele Krimis, Verdummungs-TV, Reduzierung von Drehtagen, seine Regie-Studenten, den Rundfunkbeitrag und die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Systems.

3. Wissen zur DSGVO 2 – Fragen & Antworten
(ipcl-rieck.com, Lars Rieck)
Nachdem sich Medienanwalt Lars Rieck schon einmal mit den möglichen Auswirkungen der ab dem 25. Mai geltenden Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für Fotografen beschäftigt hat, folgt nun Teil zwei mit den häufigsten Fragen.

4. rp #3: Meine Heldin dieser Tage ist – meine Frau!
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Während sich der Journalist Christian Jakubetz bei der Republica einen Vortrag über Filterblasen anhört, fiebert andernorts seine Frau mit ihrer achten Klasse einer Preisverleihung entgegen. Quasi live verfolgt Jakubetz am Handybildschirm, wie seine Frau mit ihrer Schulklasse einen Preis für den dritten Platz einheimst. Anlass für ihn, das Republica-Geschehen in Berlin zu überdenken und seine Frau zur eigentlichen Heldin der Republica auszurufen.

5. 5 praktische Beispiele, wie Vielfalt algorithmischer Sortierung aussehen kann
(konradlischka.info)
Die Social-Media-Plattformen orientieren sich bei der Einstufung von Beiträgen meist an recht technischen Dingen wie Klicks, Scrollgeschwindigkeit, Likes, Sehdauer von Videos oder der Kommentarfrequenz. Werte wie Wahrheit, gesellschaftliche Integration, konstruktiven Diskurs oder Empathie fallen dabei hintenüber. Konrad Lischka hat sich Gedanken gemacht, wie man die Relevanz von Beiträgen neu bemessen könnte und stellt fünf alternative Sortierideen fürs Feeds auf Plattformen vor.

6. Gräfin vom Naschmarkt: Bröselteppich mit Semmelflummi
(derstandard.at, Severin Corti)
Restaurantkritiker Severin Corti wollte prüfen, ob an den vielen schlechten Online-Bewertungen der “Gräfin vom Naschmarkt” etwas dran ist und hat dem Restaurant all seine lukullische Expertise angedeihen lassen. Und das liest sich recht vergnüglich: “Lasagne, ein in der Mikrowelle fachgerecht zu Magma verwandelter Ziegel mit großzügiger Garnierung aus Trockenkäse-Sägemehl, gerät zur Prüfung für Abenteuerlustige. Vom Teller steigt ein Duft auf, den Katzenbesitzer vom Öffnen besonders leckerer Futterdosen kennen. Der Salz- und Säuregehalt des Gerichts – und speziell der entfernt an Ketchup erinnernden rotfarbenen Sauce – beseitigt etwaige Zweifel aber sofort: In solch massiver Konzentration wäre das bei Tierfutter niemals zugelassen.”

Karl Marx und die Clickworker, Spitzers Daueralarm, Rechenspiele

1. Was hätte er zum Internet gesagt?
(zeit.de, Tilman Baumgärtel)
Vieles, was uns das Netz gebracht hat, hätte gut in die Theorie von Karl Marx gepasst, findet Medienwissenschaftler Tilman Baumgärtel in der „Zeit“. Seine Empfehlung: Clickworker und Uber-Fahrer sollten Marx lesen!

2. Über einen, der aus Ängsten Geld macht
(sueddeutsche.de, Jan Stremmel)
Manfred Spitzer ist ein Chefarzt und Hirnforscher, der vor allem für seine alarmistischen Sachbücher bekannt ist. In hunderttausendfach verkauften Werken wie “Vorsicht Bildschirm!“, “Digitale Demenz” und “Cyberkrank!” warnt Spitzer vor Folgen und Nebenwirkungen der Digitalisierung. Doch Spitzers Thesen sind umstritten, und gelegentlich scheint der Professor Kausalität mit Korrelation zu verwechseln. Dies werfen ihm jedenfalls seine Kritiker vor.

3. Achtung, Behörden-PR!
(taz.de, Marcus Engert)
Marcus Engert empfiehlt Journalisten eine gesunde Skepsis, wenn es um Meldungen der Polizei geht: “Bei G20 wurden halb so viele Polizisten im Einsatz verletzt, wie behauptet. In Ellwangen konnten weder Waffen noch Gewalttäter gefunden werden. Das kam raus, weil Journalisten nicht einfach abgetippt, sondern angerufen und nachgefragt haben.” Engert schließt seinen Beitrag mit den Worten: „Die Polizei schützt das Funktionieren dieser Demokratie. Ohne sie ginge es nicht. Ihre Pressestellen aber sind nicht der Wahrheit verpflichtet, so mancher Polizeigewerkschafter erst recht nicht. Journalisten schon.“

4. Meine Republica-Rede, ein transfeindlicher Begriff und Internet-Hoffnung am Horizont
(saschalobo.com)
Sascha Lobo hat in seiner Republica-Rede unabsichtlich einen transfeindlichen Begriff verwendet; ein Fehler, für den er sich in einem Blogbeitrag entschuldigt und weitere Schritte ankündigt. Zum Schluss beschreibt er die Kommunikation mit den ihn kritisierenden Personen: „Als ich nach meiner Rede auf Twitter viel Kritik wegen meiner Verwendung des Begriffs sah, war ich erst irritiert. Als ich dann aber nachfragte, geschah etwas Wundersames. Obwohl ich ein enorm verletzendes Wort massiv in die Welt getrötet hatte (das Zitat wurde sogar von der Tagesschau weiterverbreitet) – war ausnahmslos jede soeben von mir herabgewürdigte Kritikerin im direkten Kontakt außerordentlich freundlich und offen, und alle nahmen sich die Zeit, mir alles ausführlich zu erklären. Man muss sich das vergegenwärtigen: Erklärende Freundlichkeit als Reaktion darauf, schwer beleidigt zu werden. Wenn das keine Hoffnung macht auf eine bessere Zukunft im Netz, ganz ohne Brandstifter – was dann.“

5. Handreichungen für kleine Unternehmen und Vereine
(lda.bayern.de)
Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat die Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) an kleine Unternehmen, Vereine und sonstige Betriebe inklusive Musterformularen und Checklisten zusammengestellt. Speziell aufgeführt sind u.a.: KFZ-Werkstatt, Handwerksbetrieb, Steuerberater, Arztpraxis, Produktionsbetrieb, Online-Shop, Bäckerei und Einzelhändler.
Weiterer Lesetipp: Datenschutzregeln ab 25. Mai 2018 für freie Journalisten vom Deutschen Journalistenverband (DJV)

6. Was hinter der Polizeikampagne der Kronen Zeitung steckt
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
„Fast 38.000 Beamte im Dienst verletzt“ titelte die österreichische Kronen Zeitung, was insofern eine interessante Zahl ist, weil es 8.000 Polizisten mehr sind, als es überhaupt in Österreich gibt. Hans Kirchmeyr dröselt die kreative „Kronen“-Rechnung auf und siehe da: Von den 38.000 auf der Titelseite genannten Übergriffen bleiben ca. 1.100 im letzten Jahr übrig.

G20-Hilfssheriffs, Einzelfälle?, DSGVO und Panikmache

1. Der Journalist, dein Freund und Helfer
(taz.de, Marco Carini)
Unterstützen einige Hamburger Medien die Polizei bei der Verfolgung mutmaßlicher G20-Straftäter und fungieren dabei gar als willfährige Hilfssheriffs? Der Eindruck könnte zumindest entstehen, wenn man liest, was Marco Carini für die „taz“ aufgeschrieben hat.

2. „Wir wissen, dass es keine Einzelfälle sind“
(journalist-magazin.de, René Martens)
Journalisten vom „Recherchezentrum Correctiv“ und dem „Stern“ haben über mehrere Fälle sexueller Belästigung beim „WDR“ berichtet. Im Interview erzählen die beiden Autoren, wie es zu der Geschichte gekommen ist, ob noch mit weiteren Fällen zu rechnen ist und wie sie damit umgehen, dass von Seiten des rechten Milieus versucht wird, die Recherchen für den Propagandakampf gegen das öffentlich-rechtliche System zu instrumentalisieren. 

Weiterer Lesetipp: Frauen machen sich für freigestellten WDR-Mann stark (sueddeutsche.de)

3. Liebesgrüsse aus Moskau
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Vom 14. Juni bis zum 15. Juli 2018 findet in Russland die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 statt. Pünktlich dazu hätten Russlands Auslandmedien eine mediale Charmeoffensive gestartet voller Positiv-Geschichten und Promis, so Adrian Lobe. Der TV-Sender „RT“ würde sich das Unternehmen einiges kosten lassen und hätte eine Menge Geld für Prominenz aus dem Westen aufgewendet.

4. #journalistenschule
(2018.djs-online.de)
Zum Tag der Pressefreiheit (3. Mai 2018) besuchten Absolventen der Deutschen Journalistenschule ihre ehemaligen Schulen, um über Journalismus zu sprechen, von ihrer Arbeit in Redaktionen und Pressestellen zu berichten und über ethische Grundsätze, Fehlerquellen und “Fake News” zu diskutieren. Im Blog berichten sie nun von ihren Erlebnissen und Eindrücken in den von ihnen besuchten Schulen.

5. Fotografieren in Zeiten der DSGVO – Große Panikmache unangebracht
(rechtambild.de, Florian Wagenknecht)
Die ab dem 25. Mail geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sorgt bei vielen Menschen für regelrechte Panik. Besonders Fotografen sehen sich durch die neuen Regelungen bedroht, manche sogar existenziell. Der Jurist Florian Wagenknecht hält derlei Panik für übertrieben und ordnet die Regelungen ein.

6. Spam: 40 Jahre Werbe-Mails
(heise.de, Detlef Borchers)
Hurra, die Spam-Mail wird 40! Am 3. Mai vor 40 Jahren wurde die erste Werbe-Mail an 320 Postfächer von Nutzern des damaligen Arpanets verschickt. Detlef Borchers erinnert an das denkwürdige Datum und erzählt noch einmal die Geschichte nach, wie es zu dem Begriff um das „Frühstücksfleisch in Dosen“ kam.

Sondertrack re:publica 2018: Empfehlungen für Besucher und Daheimgebliebene

1. Erfrischend, erstaunlich, bedrückend – ein Zwischenfazit
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber & Hendrik Lehmann & Carsten Werner & Kurt Sagatz & Jana Demnitz & Marius Mestermann & Markus Lücker)
Das „Tagesspiegel“-Team hat den kompletten zweiten Konferenztag im Newsblog begleitet und seine Eindrücke in gut lesbaren Häppchen zusammengeführt.

2. “Keinen Rekrutierungsstand für ihre Cyberarmee”
(deutschlandfunk.de, Markus Beckedahl, Antje Allroggen)
Republica-Gründer Markus Beckedahl bleibt im Gespräch mit dem Deutschlandfunk dabei, dass es die richtige Entscheidung war, die uniformierte Bundeswehr nicht auf der Konferenz zuzulassen: “Wir haben gesagt, dass wir keinen Rekrutierungsstand für ihre Cyberarmee haben möchten.“

3. re:publica: Sascha Lobo plädiert für offensiven Sozial-Liberalismus
(heise.de, Torsten Kleinz)
Torsten Kleinz fasst bei „heise“ den Republica-Vortrag von Sascha Lobo zusammen, in dem dieser vor einem Abdriften Europas in autoritäre Gesellschaftsstrukturen warnte. Den für Populismus anfälligen Bevölkerungsschichten müssten bessere Alternativen aufgezeigt werden, so Lobo.
 Außerdem plädierte er für mehr Toleranz: “Lasst die Leute einfach tun – solange es im Rahmen der Werte der liberalen Demokratie bleibt.”
Der Vortrag ist auch auf YouTube verfügbar: Pop und Anti-Pop – Wie das Internet uns lehrte zu kämpfen. Und wofür. (65 Minuten)

“Krones” Informant, Bronzen aus Benin, Bundeswehr vs. re:publica

1. Wie die „Krone“ den „Falter“ verschwinden ließ
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Der österreichische „Falter“ hat jüngst eine Geschichte veröffentlicht, die für weltweites Aufsehen sorgte: In einem dem „Falter“ zugespielten und auf YouTube veröffentlichten Video konnte man sehen, wie österreichische UNO-Soldaten auf den Golan-Höhen ein Massaker zuließen. Die „Krone“ berichtete ebenfalls über den Fall und verwies dabei zunächst auch auf ihre Quelle, den „Falter“. Am nächsten Morgen waren jedoch alle Spuren verwischt: Nun war es ein geheimnisvoller “Informant”, der das Material angeblich der „Krone“ zugespielt hatte.

2. Freiheit für Kultur- und Medienschaffende
(reporter-ohne-grenzen.de)
Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai haben der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, das PEN-Zentrum Deutschland und Reporter ohne Grenzen einen gemeinsamen Appell veröffentlicht, in dem sie Freiheit für eingesperrte Kultur- und Medienschaffende fordern.

3. Das Benin-Bronzen-Projekt
(message-online.com, John Eromosele & Lutz Mükke)
Die beiden Macher des „Benin-Bronzen-Projekts“ berichten darüber, wie sie bei ihrer Recherche über afrikanische Beute-Kunst vorgegangen sind. Die Recherche erwies sich als ein in vielerlei Hinsicht schwieriges Unterfangen: „Recherchejournalismus ist oft aufwändig. Je heikler eine Story ist, desto länger braucht es, wichtige Quellen davon zu überzeugen, ein Interview zu geben. Die Annahme, dass das bei der Benin-Bronzen-Recherche anders sein würde, weil sie zum Großteil im liberal aufgeklärten Kultur- und Museumsmilieu spielt, erwies sich rasch als grobe Fehleinschätzung.“

4. Jetzt mit krassen Details!!!
(taz.de, Dinah Riese)
Die „taz“ kritisiert den Umgang verschiedener Medien mit dem angeblichen Suizid des DJs Avicii. Die Berichterstattung sei nicht nur pietätlos, sondern auch gefährlich gewesen. Darunter dann einen Hinweis auf Hilfsangebote zu setzen, könne man nur zynisch nennen.
Weiterer Lesetipp: Auch wir vom BILDblog haben über den Fall berichtet: Gefährliche Berichte zum Tod von Avicii

5. Cambridge Analytica macht dicht
(tagesschau.de)
Die berühmt-berüchtigte britische Analysefirma Cambridge Analytica stellt den Betrieb ein. Das Geschäftsmodell sei nicht länger “rentabel”. Das Unternehmen habe daher einen Antrag auf Insolvenz gestellt.

6. Jetzt will Mark uns verkuppeln
(zeit.de, Christoph Drösser)
Auf der Entwicklerkonferenz F8 kündigte Mark Zuckerberg eine neue Facebook-Dating-Funktion an, mit der das Netzwerk nun auch zur Partnerbörse wird. Die Börse reagierte prompt: Der Kurs von „Match Group“, Betreiber von Match.com, Tinder und OkCupid, verlor 22 Prozent.

Sondertrack re:publica 2018: Empfehlungen für Besucher und Daheimgebliebene

1. Live von der Republica in Berlin | Von Hass und Hetze sowie Datenschutz und Medienwandel
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz)
Der “Deutschlandfunk” hat seine Live-Sendung vom ersten re:publica-Tag online gestellt. Mit dabei ein Interview mit Dunja Hayali, ein Gespräch mit Stefan Brink, dem Datenschutz-Beauftragten von Baden-Württemberg, und ein Interview mit der Intendantin des RBB, Patricia Schlesinger.

2. Vom Ungehorsam des freien Menschen
(faz.net, Elena Witzeck)
Elena Witzeck berichtet in der “FAZ” über den vielbeachteten Auftritt der Whistleblowerin Chelsea Manning.

3. Leute in Uniform wollen sie nicht hier haben
(welt.de, Christian Meier)
Christian Meier berichtet vom ersten Konferenztag und erwähnt dabei auch den Zwist zwischen den Veranstaltern und der Bundeswehr: Die Bundeswehr wollte mit einem Stand auf der re:publica vertreten sein. Die Veranstalter hatten dies mit der Bedingung verknüpft, dass die Soldaten un-uniformiert auftreten. Dies war für die Bundeswehr nicht hinnehmbar. Als Zeichen des Protests und in einer Form von Guerillamarketing stellte man einen Werbe-Truck vor den Eingangsbereich des Festivals. Was wiederum die re:publica-Veranstalter und einige Besucher verärgerte.
“Meedia”-Chefredakteur Stefan Winterbauer bezeichnet das Vorgehen der re:publica-Macher als PR-Eigentor: „Dass die Veranstalter eine solche Angst vor Uniformen und Unterwanderung durch die Bundeswehr haben und gleichzeitig betonen, wie weltoffen und Out-of-the-Box-denkend sie doch sind, das passt natürlich so ganz und gar nicht zusammen.“

Der Experte für Verteidigungs- und Sicherheitspolitik Thomas Wiegold hat auf “Augen geradeaus!” einen anderen Blick auf den Vorgang: „Wenn ein privater Veranstalter diesen demonstrativen Auftritt der staatlichen Gewalt nicht will, kann man das beklagen, aber ihn nicht in den Senkel stellen.“
Und “Indiskretion Ehrensache”-Blogger Thomas Knüwer schreibt, “wie die Bundeswehr auf der re:publica meinen Respekt verlor”: “Ihr Auftreten vor dem Tor des Konferenzgeländes war unsensibel und übergriffig. Und deshalb traue ich der Bundeswehr nicht mehr zu, in einem fremden Kulturraum sensibel [zu] agieren, wenn ihr das nicht mal in der Heimat gelingt.”

Freigestellte Gegenwehr, Rechte Schläger, TripAdvisor-Selbstversuch

1. Freigestellter WDR-Mitarbeiter wehrt sich gegen Vorwürfe
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Im Fall um die angeblichen sexuellen Belästigungen beim WDR geht nun der freigestellte Mitarbeiter Gebhard Henke mit seinem Namen an die Öffentlichkeit. Henke, der beim WDR den Programmbereich Fernsehfilm, Kino und Serie verantwortet, gibt an, sich nie in dieser Weise verhalten zu haben, und fordert den Sender auf, die Vorwürfe zu konkretisieren oder seine Freistellung zurückzuziehen.
Weiterer Lesetipp: WDR stellt weiteren Mitarbeiter frei (sueddeutsche.de)

2. Ein Anwalt für den Leser
(deutschlandfunk.de, Vera Linß)
Bisher agieren die wenigen Ombudsmänner verschiedener Medien weitgehend allein und isoliert, doch nun soll ein Verein die Einzelkämpfer miteinander vernetzen.

3. Fotografen im Eichsfeld von rechten Schlägern angegriffen
(mdr.de)
Als Fotografen das Haus des Thüringer NPD-Chefs Thorsten Heise ablichteten, wurden sie von zwei maskierten Männern der rechtsextremen Szene vertrieben und verfolgt. Dabei sollen die Verfolger den Wagen der Fotografierenden demoliert, die Männer verletzt und die Kamera entwendet haben. Bei den Angreifern soll es sich nach Angaben der Thüringer Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke) um einen NPD-Funktionär im niedersächsischen Landesvorstand und den Vertreter eines mittlerweile aufgelösten Holocaustleugner-Netzwerks handeln. Nun ermittelt der Staatsschutz.

4. Sind Computerspiele wirklich Sport?
(digitalpresent.tagesspiegel.de, Oliver Voss)
E-Sport hat in den vergangenen Jahren einen wahren Boom erlebt und Berlin scheint immer mehr die Hauptstadt der Gamer zu werden. Anlässlich der „Games Week Berlin“ wurde darüber diskutiert, ob E-Sport wirklich Sport ist. Die Groko-Parteien zeigen sich aufgeschlossen und haben in den Koalitionsvertrag geschrieben: „Wir werden E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen.“ Die großen Sportverbände wie der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sind momentan jedoch wenig überzeugt.

5. „Newstrends: Roboterjournalismus in Nachrichtenredaktionen. Wie News-Bots die Nachrichtenproduktion verändern.” (Stand: Mai 2018)
(stefre.de, Stefan Frerichs)
Wie wirkt sich Roboterjournalismus auf die Arbeit in Nachrichtenredaktionen aus? Entlasten News-Bots die Redaktionen von Routineaufgaben oder verschärfen sie Arbeitsverdichtung und Personalabbau? Diesen Fragen geht Stefan Frerichs in seinem Aufsatz nach. Sein Resümee: „Journalisten sollten nicht versuchen, Nachrichten-Bots zu besiegen, sondern lernen, mit ihnen zu arbeiten.“

6. Paris von oben bis unten
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Dirk Gieselmann)
Auf der Reiseplattform TripAdvisor kann man erfahren, wohin man in einer Stadt unbedingt gehen und wovon man die Finger lassen sollte. Das „SZ-Magazin“ hat den Autor Dirk Gieselmann nebst Fotograf Muir Vidler nach Paris geschickt, die dort in einer vielgelobten Luxusherberge und einer gruseligen Billig-Absteige eingecheckt haben, vor der die TripAdvisor-Gemeinde ausdrücklich gewarnt hatte.

Sondertrack re:publica 2018: Empfehlungen für Besucher und Daheimgebliebene

1. rp18, #1: Der Unterschied zwischen CSU und Netzgemeinde (ist manchmal ziemlich klein)
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz freut sich wie jedes Jahr auf die re:publica, ist sich jedoch bewusst, dass dieses von den Beteiligten als Highlight des Jahres wahrgenommene Event gleichzeitig eine Nischen-Veranstaltung ist: „Weil ich selbst außerhalb der üblichen Filterblasen-Städte lebe und inzwischen zunehmend Wert darauf lege, der Blase und den üblichen Verdächtigen zu entkommen, mache ich gerne immer wieder mal das Spiel und erzähle dort beiläufig, beispielsweise auf der rp18 zu sein. Oder dort dem Lobo und all den anderen zuzuhören, die dort inzwischen jährlichen Auftritte zelebrieren, manchmal übrigens schon ein bisschen arg routiniert. Jedenfalls fällt mir dann immer auf, dass mich die meisten ganz groß anschauen: re:publica, Lobo? Nie gehört. So ist das, wenn man die eigene Blase mal verlässt.“

2. Vielfältiger Journalismus auf der re:publica 2018 #reddi
(watch-salon.blogspot.de, Mareice Kaiser)
Mareice Kaiser vom Journalistinnenbund hat eine Auswahl von Sessions, Workshops und Talks zu vielfältigem Journalismus und Frauen in den Medien zusammengestellt.

3. Deutschlandradio sendet live von der re:publica
(radioszene.de, Christopher Deppe)
Wer es dieses Jahr nicht auf die re:publica schafft, braucht sich nicht zu grämen: Viele Vorträge werden gestreamt oder landen bei YouTube. Und auch “Deutschlandfunk”, “Deutschlandfunk Kultur” und “Deutschlandfunk Nova” sind live mit dabei.

Gefährliche Berichte zum Tod von Avicii

Sie wissen es. Sie wissen ganz genau, was ihre Artikel anrichten können. Sie wissen, wie katastrophal die Folgen sein können, wenn sie detailliert über Suizide berichten. Und trotzdem machen sie es.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns in diesem Fall entschieden, über das Thema Suizid zu berichten. Leider kann es passieren, dass depressiv veranlagte Menschen sich nach Berichten dieser Art in der Ansicht bestärkt sehen, dass das Leben wenig Sinn habe.

… schreibt Bunte.de.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns entschieden, in der Regel nicht über Selbsttötungen zu berichten, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Der Grund ist die hohe Nachahmerquote.

… schreibt die Onlineredaktion der “Berliner Zeitung”.

BILD berichtet in der Regel nicht über Selbsttötungen, um keinen Anreiz für Nachahmung zu geben – außer, Suizide erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit.

… schreibt Bild.de.

Also eigentlich wollen sie ja gar nicht berichten, die Leute bei Bunte.de, bei der “Berliner Zeitung”, bei Bild.de und bei all den anderen Portalen, die aktuell über den angeblichen Suizid des schwedischen DJs Avicii berichten: Express.de, inFranken.de, Kurier.at, Rollingstone.de, Heute.at, Musikexpress.de, oe24.at. Aber, hey: die “besondere Aufmerksamkeit”! Es ist Avicii! Da kann man ja gar nicht anders. Und dann machen sie es eben doch: berichten, obwohl sie den “Werther-Effekt” kennen, der beschreibt, dass eine ausführliche Berichterstattung über einen Suizid zu Nachahmungen führen kann; obwohl sie wissen, dass die Nennung der Suizidmethode Leserinnen und Leser in Gefahr bringen kann; obwohl sie die wichtigen Ratschläge der “Stiftung Deutsche Depressionshilfe” (PDF) und der “Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention” (PDF) kennen oder zumindest kennen könnten.

Die Redaktionen fügen seit ein paar Jahren einen Absatz in ihre Artikel ein, in denen die oben zitierten Sätze stehen und dazu noch die Telefonnummern der TelefonSeelsorge (0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222), an die sich Menschen mit Suizid-Gedanken wenden können. Das ist eigentlich sinnvoll, aber inzwischen auch nur noch eine Alibihandlung. Als wäre ein kurzer Hinweis auf die TelefonSeelsorge für die Redaktionen ein Freifahrtschein, der sie dazu berechtigt, alles zu schreiben: “Wir nennen hier in diesem Artikel mal all die Details, die Dich in Deinen Suizid-Gedanken bestärken könnten, und hier ist übrigens die Nummer, an die Du Dich wenden kannst, wenn wir Dich damit in Gefahr gebracht haben sollten.”

Im aktuellen Fall schreiben sie wirklich alles, und das im größtmöglichen Format. Bild.de nennt die Suizidmethode in der Überschrift auf der Startseite (!):

Screenshot Bild.de - US-Klatschportal TMZ berichtet über Suizid - Avicii beendete seine Leben mit ...
(Unkenntlichmachung durch uns.)

“Focus Online” nennt die Methode zwar nicht, schickt dafür aber gleich vier Tweets (dreimal von @focusonline selbst, einmal von @focuskultur und von @focusonline retweetet) an die knapp 520.000 Follower, damit’s auch ja niemand verpasst.

Und wiederum die “Bild”-Redaktion sendet eine Push-Meldung an alle App-Nutzer:

Screenshot einer Bild-Push-Meldung - TMZ berichtet über Suizid: So starb Star-DJ Avicii

Das ist dann nicht nur bedenklich in Hinsicht auf den “Werther-Effekt”, sondern auch ekeligster Clickbait mit dem Tod eines Menschen.

Großbrand Cumhuriyet, Zentrum für Politisches Spektakel?, Abmahn-Fotos

1. “Die ‘Cumhuriyet’ bekommen sie nicht”
(zeit.de, Can Dündar)
Der ehemalige Chefredakteur der türkischen Tageszeitung “Cumhuriyet”, Can Dündar, erzählt, wie er und der “Cumhuriyet“-Herausgeber Akın Atalay vor anderthalb Jahren vor der Entscheidung standen, in die Türkei zurückzukehren oder ins Exil zu gehen. „Wir diskutierten wie bei einem Großbrand, ob wir uns hineinstürzen und die Freunde und Kollegen retten oder besser von außen Wasser herbeischaffen sollten. Wir rangen um die Entscheidung zwischen Haft und Exil.“

2. Gesellschaft des Spektakels
(deutschlandfunk.de, Manuel Gogos, 49:40 Minuten)
Im Deutschland-Feature geht es um die teilweise als sehr aggressiv empfundenen und nicht immer unumstrittenen Politaktionen des „Zentrums für Politische Schönheit“ (ZPS). Der Autor beobachtet die Kampagnen-Arbeit – vom ersten Brainstorming über die Stoffentwicklung bis zur Logistik ihrer Großproduktionen. Und er stellt sich Fragen: Sind die Mitarbeiter und Komplizen des ZPS die Helden unsrer Tage, weil sie mit ihrer Kunst erzwingen, was die Politik nicht schafft? Heiligt der Zweck jedes Mittel? Oder ist alles nur Theater, bei dem Flüchtlinge und Parlamentarier unbewusst zum Teil einer Inszenierung werden?

3. Thank you for your music
(taz.de, Steffen Greiner)
Das kostenlose und in einer sechsstelligen Auflage erscheinende Popkultur- und Musikmagazin „Intro“ wird nach mehr als einem Vierteljahrhundert eingestellt. Die Digitalerlöse hätten nicht die dramatisch schrumpfenden Werbeerlöse in der Printausgabe ausgleichen können, wie Chefredakteur Daniel Koch in seinem Abschied erklärt.
Auf Facebook blickt der ehemalige „Intro“-Redakteur und „Deputy Editor in Chief” Linus Volkmann noch einmal auf seine „Intro“-Zeit zurück: „Produktionsnächte bis morgens, nach Mitternacht nur noch die In-Crowd um sich, ein Gefühl von Gang, das sich ausbreitete, man war die Ramones mit Stiften.“

4. Heute mächtig, morgen schmächtig
(nzz.ch, Rainer Stadler)
Die diversen Datenschutz-Skandale scheinen Facebook nichts anhaben zu können: Das soziale Netzwerk ist mächtiger denn eh und konnte im ersten Quartal einen Umsatzanstieg von fast 50 Prozent verbuchen. Doch kein Digitalplayer ist unsterblich, wie Rainer Stadler in seiner Kolumne anhand von Beispielen ausführt: „Wer die Übermacht eines Akteurs fürchtet, braucht manchmal bloss Geduld. Das Problem erledigt sich von selber.“

5. AfD-Politiker und Rechtsanwalt Dubravko Mandic verurteilt
(badische-zeitung.de, Frank Zimmermann)
Der AfD-Politiker und Rechtsanwalt Dubravko Mandic veröffentlichte auf Facebook eine geschmacklose Fotomontage: Eine historische Aufnahme der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, auf der die Köpfe angeklagter Nazigrößen durch die Konterfeis aktueller Politiker ersetzt wurden. Fünf von ihnen wehrten sich per Strafantrag und bekamen nun Recht: Mandic wurde wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen à 100 Euro verurteilt.

6. Wikipedia-Abmahnungen für Panoramabild ohne Urheberrechtsschutz
(steigerlegal.ch, Martin Steiger)
Bilder sind im schweizerischen Urheberrecht nur geschützt, wenn sie individuellen Charakter haben und eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen. Trifft dies nicht zu, kann der Fotograf keinen Schadensersatz verlangen, wenn ein Bild von ihm ohne Zustimmung verwendet wird. Dies musste ein Fotograf aus Deutschland lernen, der für die Verwendung seiner Wikipedia-Bilder kostenpflichtige Abmahnungen durch eine Schweizer Anwältin versenden ließ und vor Gericht unterlag. Wobei sich der Lerneffekt wohl in Grenzen hält, denn der Fotograf scheint nach dem Urteil weiterhin auf das Erlösmodell Abmahnung zu setzen.

“Bild” macht mit “ABSCHIEBE-IRRSINN” Stimmung

Um der eigenen Leserschaft den nächsten “Irrsinn” … Pardon, “IRRSINN” präsentieren zu können, stellen “Bild” und Bild.de nun auch recht logische Vorgänge als komplett unverständlich dar. Heute wundert sich die Redaktion über einen “ABSCHIEBE-IRRSINN”:

Screenshot Bild.de - Abschiebe-Irrsinn - Afghanen schicken uns diesen Terroristen zurück
(Alle Unkenntlichmachung in diesem Beitrag durch uns.)

Vor rund acht Wochen haben afghanische und us-amerikanische Einsatzkräfte ein Taliban-Versteck im Süden Afghanistans gestürmt und dabei Thomas K. festgenommen. Was bei der “Bild”-Überschrift sicherlich nur aus Versehen nicht direkt klar wird: Der Mann ist Deutscher. Er soll Taliban-Kämpfer sein und wurde vor wenigen Tagen per Flugzeug nach Deutschland gebracht. Ein Deutscher, offenbar Terrorist, der von den afghanischen Behörden nach Deutschland zurückgeschickt wird — klingt erstmal ganz sinnig. Wohin sollte Afghanistan ihn sonst abschieben? Nach Uruguay? Nach Papua-Neuguinea?

Ständig fordert “Bild” von den zuständigen Behörden, von der Bundesregierung, von allen, dass kriminelle Ausländer schneller und konsequenter aus Deutschland in ihre Heimatländer abgeschoben werden sollen. Nun schiebt Afghanistan einen kriminellen — aus afghanischer Sicht — Ausländer in sein Heimatland ab, und die “Bild”-Leute krähen “ABSCHIEBE-IRRSINN”:

Wenn Deutschland islamistische Gefährder oder Kriminelle abschieben will, dauert das oft Jahre oder geht gar nicht.

In die andere Richtung geht’s ganz schnell! Acht Wochen, nachdem der deutsche Taliban-Kämpfer Thomas K. (36) in Afghanistan gefasst wurde, landete er jetzt schon in Düsseldorf.

Dass Abschiebungen in die eine Richtung, aus Afghanistan nach Deutschland, eher funktionieren als in die andere, aus Deutschland nach Afghanistan, hat mitunter gute Gründe. Einer davon: In Deutschland gibt es einen funktionierenden Rechtsstaat, der garantiert, dass abgeschobene Personen nicht gefoltert werden, und die Sicherheit, dass sie nicht von Milizen umgebracht werden.

In der gedruckten “Bild” gehört zum “ABSCHIEBE-IRRSINN” noch ein zweiter Artikel:

Ausriss Bild-Zeitung - Abschiebe-Irrsinn - Afghanen schicken uns diesen Terroristen zurück - aber bin Ladens Leibwächter werden wir angeblich nicht los

“Bin Ladens Leibwächter” ist ein 41-jähriger Tunesier, der als “Gefährder” gilt und sich jeden Tag bei der Polizei melden muss. Er lebt seit 1997 in Deutschland, soll zwischenzeitlich im Ausland in einem Terror-Camp ausgebildet worden und in die Leibgarde von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden aufgestiegen sein. Er wohnt mit seiner Familie in Bochum. Eine Abschiebung nach Tunesien verhindert ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, das ein “sehr hohes Risiko” sieht, dass dem Mann dort “Folter und unmenschliche Behandlung” drohen. Das mag für “Bild”-Populisten gänzlich unverständlich sein, aber: Der Schutz des Rechtsstaats gilt auch für Menschen, die ihn in ihrer Ideologie ablehnen. Damit die Abschiebung nun doch noch klappt, präsentieren verschiedene Politiker in “Bild” eine Idee: Tunesien solle Deutschland zusichern, dass der Tunesier nach seiner Rückkehr nicht gefoltert wird. Genial.

Über den Fall des Mannes berichten “Bild” und Bild.de schon seit einigen Tagen durchgehend, auch weil er “1100 Euro Stütze” im Monat kassiere, was nun auch etwas ungenau ist: Die Summe bekommt nicht nur er, sie bezieht sich auf staatliche Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für ihn, seine Frau und vier Kinder. In den Kommentaren unter dem zugehörigen Facebook-Post der Redaktion äußert die “Bild”-Leserschaft ihre Tötungsfantasien (“Erschießen und gut ist …..”, “Ein Magizin und Thema hat sich erledigt”).

Doch zurück zum “ABSCHIEBE-IRRSINN” von heute. Schon klar, bei wem dieser Alarmismus gut ankommt:

Screenshot eines Tweets der AfD Bayern mit Link zum Bild.de-Artikel
Screenshot eines Tweets Seite AfD Support mit Link zum Bild.de-Artikel
Screenshot eines Posts der Facebook-Seite Widerstand Dresden mit Link zum Bild.de-Artikel
Screenshot eines Posts der Facebook-Seite Deutschland braucht die Wende mit Link zum Bild.de-Artikel

In den Kommentaren zum Facebook-Post der “Bild”-Redaktion kann man schön sehen, dass auch die Leserinnen und Leser es völlig abwegig finden, dass ein Deutscher nach Deutschland abgeschoben wird (oder dass sie nur die irreführende Überschrift und nicht den Artikel gelesen haben und daher gar nicht wissen, dass es sich um einen Deutschen handelt):

Warum lassen die USA,,die Tote zu Beklagen haben,,den Mann frei,,oder die Afghanische Armee,,da stimmt doch was nicht?? Er gab Informationen über die Taliban,, darum nach Deutschland,, Schutzhaft?? Fragen,,die nicht von Behörden beantwortet werden, und die Mütter haben Angst um Ihre Kinder,,

Das ist so was von lächerlich was hier abgeht.
Da fehlen mir echt die Worte.
Können wir nach einfach sagen … Nö den nehmen wir nicht zurück, der könnte ja kriminell sein. Die Länder von den Scheinsylanten machen es doch genau so.

Ach nee … wir sind ja hier in der Bananenrepublik Deutschland. Da kommt jeder rein selbst ohne Pass , aber keiner mehr ohne Pass raus.

LÄCHERLICH !!!!!!!!!!!!!!!

In zwei wochen hat er ein Deutsche pass.good old Germany.

Mit Dank an Christian S. und @MCalavera für die Hinweise!

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