KW 39: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Reichelt in Rage – ZAPP gucken hilft
(ndr.de, Zapp Medienmagazin, Video: 13:48 Minuten)
Das NDR-Medienmagazin “Zapp” hatte eine Anfrage an “Bild” geschickt, über die sich “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt bei “Bild TV” schrecklich aufregte, noch bevor der “Zapp”-Film überhaupt veröffentlicht wurde. “Zapp”-Redaktionsleiterin Annette Leiterer erklärt, worum es ging. Und natürlich ist der in Rede stehende Film “Nach Hochwasser: Wie helfen Medien im Ahrtal wirklich?” im Beitrag eingebettet. Lohnenswert auch das ebenfalls eingebettete Gespräch mit der Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling (Video, 42:45 Minuten).

2. Das Phänomen Influencer
(mdr.de)
Das MDR-Portal für Medienthemen hat ein Dossier zum Influencer-Marketing zusammengestellt: Wie wichtig sind Follower wirklich? Warum interessieren sich Influencer plötzlich so für Politik? Und was bringt die meisten Kooperationspartner? Zu diesen und anderen Themen sprechen die Influencerin Jenna Miller, der Autor Wolfgang M. Schmitt und der Agenturgründer Jörg Stark.

3. Der Märchenonkel – In 80 Jahren um sich selbst
(der-maerchenonkel.com, Tahir Chaudhry)
Jürgen Todenhöfer ist eine, zurückhaltend ausgedrückt, schillernde Persönlichkeit. Er hat gute Verbindungen in die Medienwelt: Todehöfer war 22 Jahre lang für den Burda-Verlag tätig und von 2017 bis 2018 Herausgeber des “Freitag”. Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete gründete vor Kurzem die Partei Team Todenhöfer und trat mit ihr – mit überschaubarem Erfolg – bei der Bundestagswahl an. Im Juli dieses Jahres war Todenhöfer bereits bei “Jung & Naiv” zu Gast und betrieb dort eine Art Selbstzerstörung. Nun haben ehemalige Gefolgsleute nachgelegt und sorgen für die weitere Dekonstruktion. Das Projekt “Märchenonkel” ist als Videoserie in vier Teilen angelegt, von denen bereits die Folgen 1 (Tübinger Hexenküche, 1:32 Stunden) und 2 (Geheime Dienste, 1:37 Stunden) online sind. Vielleicht etwas länglich, aber durchaus informativ und unterhaltsam.

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4. Mit offenen Karten – Geopolitik der Sozialen Netzwerke
(arte.tv, Emilie Aubry, Video: 12:14 Minuten)
Im geopolitischen Magazin “Mit offenen Karten” (Arte) geht es in der aktuellen Folge um die Geopolitik der Sozialen Netzwerke: “Google & Co. sind längst zu politischen Playern geworden. ‘Mit offenen Karten’ fragt, worin sich der Umgang mit den digitalen Medien in Demokratien und in autoritären Staaten unterscheidet, und beleuchtet dazu zunächst das chinesische Modell, das den Bürgern den Zugang zum weltweiten Internet verwehrt.”

5. Warum ist digitale Resilienz mehr als ein Buzzword?
(wasmitmedien.de, Daniel Fiene & Sebastian Pähler, Audio: 1:00:30 Stunden)
Die neueste Ausgabe von “Was mit Medien” dreht sich um “digitale Resilienz”, ein “ganzheitliches Konzept, das insbesondere solchen Unternehmen und Organisationen unterschiedlicher Branchen helfen soll, deren Strukturen und Praktiken von der fortschreitenden Digitalisierung herausgefordert werden.” Auf welche großen Herausforderungen müssen Medienhäuser und Medienschaffende tatsächlich reagieren? Wie sehen Lösungen aus? Das verraten die “Vocer”-Herausgeber Leif Kramp und Stephan Weichert, die sich auf verschiedenen Ebenen mit der digitalen Resilienz beschäftigen.

6. Die Tanja May und ihre Methoden
(youtube.com, Übermedien, Boris Rosenkranz & Ajmone Kuqi, Video: 9:10 Minuten)
Tanja May war 20 Jahre bei “Bunte” – erst als Unterhaltungs-Redakteurin, dann als Chefreporterin, die letzten zehn Jahre als stellvertretende Chefredakteurin. Doch jetzt ist Schluss damit: May wird Unterhaltungschefin und stellvertretende Chefredakteurin von “Bild”. Boris Rosenkranz erinnert daran, mit welch zweifelhaften Methoden die Klatsch-Redakteurin bislang aufgefallen ist, und sorgt dafür, dass Tanja May endlich den ihr zustehenden Wikipedia-Eintrag erhält.

Wollte CIA Assange töten?, Rügenmeister “Bild”, Impflügen

1. Das Schweigen der US-Medien zu Julian Assange
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Bettina Köster, Audio: 7:25 Minuten)
Es sieht tatsächlich so aus, als habe der US-Geheimdienst CIA den Wikileaks-Gründer und Whistleblower Julian Assange entführen und ermorden wollen. Das lässt jedenfalls eine aufwändige Recherche von einem ganzen Team renommierter Investigativ-Journalisten vermuten, die mit insgesamt 30 ehemaligen Beamten gesprochen haben. Im Deutschlandfunk ordnet Holger Stark, stellvertretender Chefredakteur der “Zeit”, den Vorfall ein. Stark hat selbst schon zu Wikileaks publiziert (“Staatsfeind Wikileaks: Wie eine Gruppe von Netzaktivisten die mächtigsten Nationen der Welt herausfordert”).
Weiterer Lesetipp zum Hintergrund von Anfang 2020: Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, erzählt von den Erkenntnissen seiner Untersuchung im Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange. Seiner Ansicht nach habe die schwedische Polizei die Vergewaltigungsvorwürfe herbeikonstruiert: Beweise seien manipuliert, Aussagen umgeschrieben worden. Julian Assange werde bei einer Auslieferung in die USA kein rechtsstaatliches Verfahren bekommen. Er werde auch jetzt nicht rechtsstaatlich fair behandelt, sondern auf verschiedene Weise psychologisch gefoltert (republik.ch, Daniel Ryser & Yves Bachmann).
Unbedingt empfehlenswert auch: Der Besuch von Nils Melzer beim Youtube-Format “Jung und Naiv” im August dieses Jahres (youtube.com, Tilo Jung).

2. ARD und ZDF gehen gegen Bild TV wegen Wahlberichterstattung vor
(meedia.de)
Es zeichnete sich in den vergangenen Tagen ab: ARD und ZDF gehen wegen der Übernahme von Sendematerial am Wahlabend gegen den Fernsehsender “Bild TV” vor. Von der ARD heißt es: “Wir haben uns entschlossen, rechtlich gegen Bild TV wegen der aus unserer Sicht rechtswidrigen Übernahme unserer Berichterstattung vorzugehen.” Auch das ZDF habe per anwaltlichem Abmahnschreiben seinen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz geltend gemacht. Ein Sprecher von “Bild TV” habe mitgeteilt, dass man das juristische Vorgehen von ARD und ZDF “prüfe”.
Weiterer Lesehinweis: Bild hat 2021 bereits 13 Rügen kassiert (statista.de, Mathias Brandt).

3. Ganz schön deprimierend, oder?
(zeit.de, Eike Kühl)
Instagrams Mutterkonzern Facebook hat in den Jahren 2019 und 2020 für den internen Gebrauch Studien über den Einfluss von Instagram auf die psychische Gesundheit seiner Nutzerinnen und Nutzer durchführen lassen. Die Ergebnisse sind alarmierend, werden von Facebook jedoch heruntergespielt. Die Studien seien nur durchgeführt worden, um die Wahrnehmung der Nutzerinnen und Nutzer zu verstehen, so das Unternehmen: Sie würden keine kausalen Behauptungen zwischen Instagram und einem Wohlbefinden herstellen. Und obwohl in den Titeln der Begriff “psychische Gesundheit” stehe, sei damit keine formale und medizinische Definition gemeint. Für “Zeit-Online”-Autor Eike Kühl klingt das “mindestens unglücklich, eher aber nach faulen Ausreden: Was in den Folien steht, ist so eigentlich gar nicht gemeint und auf gar keinen Fall zur Ableitung irgendeines Fazits geeignet? Souverän geht anders.”

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4. YouTube verbietet Impflügen
(netzpolitik.org, Rahel Lang)
Youtube hat gemeinsam mit internationalen und lokalen Gesundheitsorganisationen sowie mit Fachleuten neue Richtlinien entwickelt, die bestimmen, wie die Plattform mit falschen Behauptungen zu Impfungen umgeht: “In Zukunft sollen auf der Videoplattform keine Inhalte zu finden sein, die fälschlicherweise behaupten, dass Impfungen gefährlich sind, chronische Krankheiten auslösen, oder die Ansteckungsgefahr nicht abmildern. Außerdem löscht YouTube jegliche Desinformationen, die falsche Inhaltsstoffe der Vakzine angibt. Die neuen Richtlinien unterbinden damit unter anderem die medizinisch inkorrekte Aussage, dass zugelassene Impfstoffe Autismus oder Krebs verursachen würden.”

5. funk wird 5: “Wir wollen noch journalistischer werden”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Kristin Blum und Philipp Schild leiten das öffentlich-rechtliche Jugendangebot “funk” und haben dafür einen jährlichen Etat von 45 Millionen Euro zur Verfügung. Im Interview mit “DWDL” sprechen sie darüber, wie sie den Content auf verschiedene Plattformen verteilen, warum sie nicht mehr herkömmlichen Serien einkaufen und was sie sich für die nächste Zeit vorgenommen haben.

6. Warum die Trennung zwischen Werk und Autor*in nie ganz gelingen kann
(eleabrandt.de)
“Kann man ein Buch feiern und hypen, obwohl man weiß, dass die Person, die es verfasst hat, problematische Ansichten vertritt oder schrecklicher Dinge beschuldigt wird? Und welche Rolle spielt der historische Kontext dabei?” Die Schriftstellerin Elea Brandt betrachtet das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln und liefert wertvolle Anregungen für eine Entscheidung, die schlussendlich jeder und jede mit sich selbst ausmachen muss.

Die Opfer von “Bild” (12)

In einer früheren Ausgabe dieser Rubrik haben wir über die Willkür geschrieben, mit der “Bild” Fotos von Verbrechensopfern (nicht) verpixelt. Während zum Beispiel zwei Frauen, die in Kiel ermordet wurden, konsequent ohne Verpixelung gezeigt wurden, wurde das Gesicht eines Mannes, der in Berlin ermordet wurde, konsequent unkenntlich gemacht.

Zwei Wochen später änderte die Redaktion dann plötzlich den Kurs – und zeigte auch den Mann ohne jede Unkenntlichmachung:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Prozess gegen Kannibalen von Pankow - Todesrätsel um Opfer [Name]", dazu ein Porträtfoto des Mannes
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag von uns.)

Insgesamt veröffentlichten die “Bild”-Medien in jener Woche (30. August bis 5. September) mindestens 20 Mal Fotos von Menschen, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind. Sowohl in der Printausgabe als auch online erschienen zum Beispiel Fotos einer Frau, die mutmaßlich von ihrem Ehemann ermordet wurde:

Ausriss aus der BILD-Zeitung: "So quälte der Killer-Zahnarzt seine schöne Frau", dazu ein großes Foto der Frau sowie ein kleines Foto ihres Ehemanns

Und Fotos einer Frau, die von ihrem Ehemann erschossen worden sein soll:

Ausriss aus der BILD-Zeitung: "Ehefrau erschossen, weil sie Taschentücher herumliegen ließ", dazu ein Foto des Hauses, in dem die Tat stattfand, sowie ein großes Foto der Frau

Gedruckt wurde auch ein Foto einer Frau und ihres Babys, die an einer Bushaltestelle ums Leben kamen:

Ausriss aus der BILD-Zeitung: "Mutter und Baby an Haltestelle totgefahren", dazu mehrere Fotos des Unfallorts sowie ein großes Foto der Mutter uns ihres Kindes

Bild.de zeigte auch das Gesicht eines Rettungsschwimmers, der vom Blitz erschlagen wurde:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "US-Rettungsschwimmer vom Blitz getroffen - tot", dazu ein großes Foto des Mannes

Und das einer Frau, die von ihrem Ehemann durch eine Explosion getötet worden sein soll:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Ehefrau und Hund in die Luft gejagt - Drei Tatorte, eon Todesdrama", dazu ein Foto des zerstörten Hauses sowie ein Foto der Frau, ihres Mannes und ihres Hundes, sowie das BILD-Plus-Logo

Und das Foto eines Vaters und seines Kindes, die in einer Kellerwohnung ertrunken sind:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Dramatische Flut in New York - Familie ertrinkt in Kellerwohnung", dazu ein Foto der zerstörten Wohnung sowie ein Foto des Mannes und seines Kindes

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Drei Monate lang haben wir diese Praxis nun etwas genauer beobachtet. In dieser Zeit haben die “Bild”-Medien mindestens 355 Mal Fotos von Menschen gezeigt, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind. In 40 Fällen von Minderjährigen.

In 22 Fällen waren die Gesichter verpixelt, in elf Fällen die Augen. In 322 Fällen verzichtete “Bild” auf jede Unkenntlichmachung.

Nur in 14 Fällen haben Angehörige der Veröffentlichung laut “Bild”-Angabe zugestimmt.

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Nach einem Verbrechen oder Unglück in Social-Media-Profilen zu wühlen und daraus Fotos der Opfer zu veröffentlichen, ist redaktioneller Alltag bei “Bild”. Häufig erscheinen solche Fotos ohne jede Verpixelung und ohne Zustimmung der Angehörigen oder Hinterbliebenen.

In vielen Fällen werden Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder sogar von Reportern bedrängt, damit sie Fotos der Menschen herausrücken, die sie gerade verloren haben.

“Bild” begründet die Veröffentlichung solcher Bilder damit, dass “nur so” die Tragik “deutlich und fassbar” werde.

Wie jedoch viele Betroffene selbst darüber denken, kann man zum Beispiel hier nachlesen. Dort sagt der Vater eines Mädchens, das beim Amoklauf von Winnenden getötet wurde und deren Foto in den Tagen darauf immer wieder in der “Bild”-Zeitung erschien:

Die “Bild”-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder [unserer Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.

Pressekodex Richtlinie 8.2

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

In einem Interview in unserem Buch sagt ein anderer Betroffener, dessen Bruder bei einem Skiunfall gestorben ist und später ohne Erlaubnis der Angehörigen groß auf der Titelseite der ”Bild”-Zeitung zu sehen war:

Das war eines der schlimmsten Dinge an der Geschichte: Dass die “Bild” die Kontrolle darüber hat, mit welcher Erinnerung mein Bruder geht. Dass das letzte Bild von der “Bild”-Zeitung kontrolliert wird und nicht von ihm selbst oder von uns.

Auch in anderen Medien kommt es vor, dass solche Fotos veröffentlicht werden. Doch niemand macht es so häufig und so eifrig wie “Bild”. Mehr als die Hälfte aller Rügen, die der Presserat je gegen die “Bild”-Medien ausgesprochen hat, bezog sich auf die unzulässige Veröffentlichung von Opferfotos.

Um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß “Bild” auf diese Weise Profit aus dem Leid von Menschen zieht, wollen wir hier regelmäßig dokumentieren, wie häufig die “Bild”-Medien solche Fotos veröffentlichen.

“Nö, Bild, ihr nicht” – und “Bild” macht es trotzdem

“Sorry, aber mit euch niemals”, antwortet @Zigoooo1. “Nö, Bild, ihr nicht”, schreibt @MarwKiel.

Die zwei Twitter-User reagieren damit jeweils auf Anfragen der “Bild”-Redaktion. Die möchte in ihrer Berichterstattung nämlich Videos verwenden, die @Zigoooo1 beziehungsweise @MarwKiel zuvor bei Twitter hochgeladen haben. Die Aufnahmen zeigen, wie gestern ein Tornado durch Kiel zieht.

Screenshot eines Tweets Bild News - Guten Tag, wir würden das Video gerne für unsere Berichterstattung Online, Social, TV und Print nutzen. Natürlich nennen wir sie auch als Quelle, wenn sie der Urheber sein sollten. Vielen lieben Dank.

Anderen Medien, darunter CNN, CBS News, die dpa, die European Broadcasting Union, Weather.com, erlauben @Zigoooo1 und @MarwKiel auf Nachfrage, das Videomaterial zu verwenden. Dass auch “Bild” es verwendet, wollen sie offenbar nicht.

Die “Bild”-Redaktion benutzt die Videos aber einfach trotzdem.* Gestern Abend veröffentlichte sie bei Bild.de einen Artikel zum Kieler Tornado:

Screenshot Bild.de - Mehrere Menschen ins Wasser gespült - Tornado-Chaos in Kiel - Im Video! Hier schraubt sich der Tornado ans Ufer

Darin zu sehen: ein etwas mehr als eine Minute langer Videozusammenschnitt. Auch die Aufnahmen, die die zwei Twitter-User hochgeladen haben, sind dabei. Beim Video von @MarwKiel steht eine Quelle am rechten Bildrand:

Screenshot Bild.de - Videoaufnahme aus Kiel mit Quellenangabe

Beim Video, das @Zigoooo1 online gestellt hat, nicht mal das:

Screenshot Bild.de - Videoaufnahme aus Kiel ohne Quellenangabe

Bei einem dritten Video schreibt die “Bild”-Redaktion als Quelle “Wetterwarnungen Norddeutschland/Florian S.”, dabei gibt die Facebookseite “Wetterwarnungen Norddeutschland” selbst als Quelle “Alina Nissen” an.

Für “Bild” und den Axel-Springer-Verlag sind Urheberrechte immer ganz wichtig, vor allem dann, wenn es um die eigenen Urheberrechte geht. Geht es um die von anderen, nehmen sie es nicht so genau.

Inzwischen ist bei Bild.de ein längeres Video zum Tornado in Kiel erschienen, nun gut zwei Minuten lang. Die Aufnahmen, die @Zigoooo1 und @MarwKiel bei Twitter gepostet haben, sind darin weiterhin zu sehen.

Mit Dank an @daarin für den Hinweis!

*Nachtrag, 14:39 Uhr: Die “Bild”-Redaktion hat offenbar einen Umweg genommen, um an die Videos zu kommen: Sie hat sich die Aufnahmen bei einer Agentur besorgt. Zumindest bei einem der zwei Videos konnten wir eine vorherige Zustimmung des Urhebers der entsprechenden Agentur gegenüber finden. Über die Agentur ist das Video dann bei Bild.de gelandet, auch wenn die “Bild”-Redaktion wusste, dass der Urheber das nicht möchte.

Und bitte nicht wundern, dass manch ein Link in diesem Beitrag ins Nichts führt – der Twitter-User @Zigoooo1 hat seinen Account inzwischen gelöscht.

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Russland droht, Nasen-OP von “Zeit Campus”, Klima-Fossile beim ZDF

1. Russland droht mit Sperrung von YouTube
(spiegel.de)
Am Dienstag hat Youtube die deutschsprachigen Kanäle des kremltreuen Senders RT gesperrt. Nun droht Russland der Onlineplattform mit Vergeltungsmaßnahmen. Man fordert das US-Unternehmen auf, die Sperrungen aufzuheben. Andernfalls könnten “Maßnahmen zur vollständigen oder teilweisen Beschränkung” gegen Youtube getroffen werden. Das russische Außenministerium spreche von einem “beispiellosen Akt der Medienaggression” und vermute eine Unterstützung vonseiten deutscher Behörden. Die Bundesregierung weist die Vorwürfe zurück – es handele sich allein um eine Entscheidung von Youtube.

2. Bearbeitetes Foto auf dem Cover von ZEIT Campus
(blog.zeit.de, Chefredaktion von ZEIT Campus)
Am Dienstag ist eine Ausgabe von “Zeit Campus” mit einem Cover-Foto der Bestsellerautorin Şeyda Kurt erschienen. Auf diesem Foto wurde ihre Nase mit einem Bildbearbeitungsprogramm verändert. Bei Instagram kommentiert Kurt: “Das ist natürlich besonders absurd, wenn das in einer Ausgabe passiert, in der es u.a. um Menschenfeindlichkeit, Schönheitsnormen und Feminismus etc geht.” Sie schlägt vor: “Für jede in Umlauf gebrachte falsche Nase sollte der Zeit-Verlag 2 Euro an die Seebrücke spenden.” Ein Vorschlag, den die “Zeit-Campus”-Chefredaktion in ihrer Bitte um Entschuldigung dezent ausklammert.

3. Volker Angres (ZDF): Fossile im Fernsehen
(klima-luegendetektor.de)
“Hä? Neue Kohlekraftwerke sind das Erste, was dem obersten Umweltjournalisten des ZDF als europäische Klimaschutzmaßnahme einfällt? Und die einzige überhaupt, die er hier vor riesigem Publikum nennt?” Der “Klima-Lügendetektor” ist entsetzt über Äußerungen des Leiters der ZDF-Umweltredaktion Volker Angres und erklärt, was Angres stattdessen hätte sagen können.

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4. Geld wie Heu
(taz.de, Wilfried Urbe)
Die Streamingdienste pumpen immer mehr Geld in den Markt. Netflix kündigte zum Beispiel jüngst an, im deutschsprachigen Raum in drei Jahren 500 Millionen Euro in lokale Inhalte investieren zu wollen. Bei dem Streaming-Riesen hätten sich jedoch über 15 Milliarden US-Dollar Verbindlichkeiten angehäuft, schreibt Wilfried Urbe: “Viele Bran­chen­be­ob­ach­te­r*in­nen gehen davon aus, dass Streaming-Anbieter aus wirtschaftlicher Sicht nur eine Chance haben: Ein noch größerer Mediengigant kauft ihn.”

5. “Bild TV” übernimmt Inhalte von ARD und ZDF ohne Zustimmung – Debatte um CC-Lizenzen im öffentlichen Rundfunk
(irights.info, Maya El-Auwad)
Die nicht genehmigte Übernahme von öffentlich-rechtlichen Inhalten durch den Privatsender “Bild TV” am Wahlabend treibt eine Debatte um CC-Lizenzen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk voran. Einer generellen Freigabe der Inhalte stünden derzeit einige Dinge entgegen, trotzdem tue sich etwas bei dem Thema, wie Maya El-Auwad bei irights.info berichtet.

6. Gruppenbild mit Dame: Wie ein grün-liberales Selfie Geschichte schreibt
(rnd.de, Imre Grimm)
Es gab kaum eine Chance, dem Bild zu entgehen: Das grün-liberale Vierer-Selfie mit den Spitzen von FDP und Grünen dominierte einen Tag die Sozialen Netzwerke – ob als Original oder abgewandelte Parodie. Imre Grimm hat dazu eine unterhaltsame Bildanalyse verfasst und zeigt, was das Netz an kreativen Einfällen hatte.

“Bild”, das große gewollte Missverständnis

Wie sehr kann man etwas missverstehen wollen? Und wie stark kann man sich dann auf Grundlage dieses gewollten Missverständnisses empören? Die “Bild”-Redaktion versucht momentan, genau das auszuloten.

CDU-Politikerin Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Teil von Armin Laschets “Zukunftsteam”, schrieb gestern bei Twitter:

Screenshot eines Tweets von Karin Prien - Handy-Alarm ist die traurige Chiffre für die Totengräber jedweder vertrauensvollen Zusammenarbeit. Ein Anschlag auf unsere Demokratie

Mit dem “Handy-Alarm” greift Prien einen “Bild”-Begriff auf. Seit einigen Tagen blendet die Redaktion im “Bild-TV”-Programm ein großes “Handy-Alarm” ein, wenn auf dem Smartphone des stellvertretenden Chefredakteurs Paul Ronzheimer wieder frische Interna aus den Sitzungen der kürzlich gewählten Bundestagsfraktionen eingetroffen sind:

Screenshot Bild-TV - Handy-Alarm

In den meisten Fällen handelt es sich dabei derzeit um Aussagen aus Priens CDU. Bei diesen Sitzungen ist unter den Teilnehmern eigentlich eine Vertraulichkeit vereinbart. Aber manch einer füttert Ronzheimer (und auch andere Journalisten) mit den internen Infos, die dann umgehend als “Handy-Alarm” bei “Bild TV” landen. Auf nichts ist die “Bild”-Redaktion derzeit stolzer als auf Paul Ronzheimers Handy.

In Karin Priens Tweet stecken zweifelsohne große Worte und schwere Vorwürfe. Aber in welche Richtung zielen sie? Wer sind in Priens Augen die “Totengräber”? Wer verübt einen “Anschlag auf unsere Demokratie”?

Man kann es bereits aus ihrem Tweet recht problemlos herauslesen, wenn man denn will. Schließlich verortet Prien das Problem der durchgestochenen Interna bei den “Totengräbern jedweder vertrauensvollen Zusammenarbeit”. Sie kann damit nur die ursprünglich als vertrauensvoll gedachte Zusammenarbeit in den Gremien der Union meinen und mit den “Totengräbern” die CDU-Maulwürfe, die Ronzheimer die Infos stecken. Sie kann damit nicht die Arbeit von Medien meinen und mit den “Totengräbern” die “Bild”-Redaktion, auch wenn sie den von “Bild” geprägten Begriff “Handy-Alarm” aufgreift. Und damit sieht sie auch nicht in der Berichterstattung einen “Anschlag auf die Demokratie”, sondern im Weiterreichen eigentlich vertraulicher Aussagen.

Deutlich wird das auch durch einen Tweet, den Karin Prien einen Tag zuvor zum selben Thema verfasst hat:

Screenshot eines Tweets von Karin Prien - Journalistischer Jagdinstinkt in allen Ehren. Aber wenn wir es nicht hinkriegen, einige Grundregeln des fairen und solidarischen Miteinanders wieder in unseren Gremien zu etablieren, werden wir aus der Krise nicht heraus kommen.

Und auch nach ihrem “Totengräber”-Tweet machte Prien noch einmal deutlich, dass ihr Vorwurf nicht der “Bild”-Redaktion galt.

Doch die interessiert das alles nicht. Sie will sich hier als Opfer eines “Frontalangriffs” und als notwendige Verteidigerin einer (in diesem Fall gar nicht attackierten) Pressefreiheit sehen:

Screenshot Bild.de - CDU-Frau greift BILD an - Merkwürdiger Frontalangriff von Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien auf BILD. BILD berichtet seit Stunden transparent aus der Fraktionssitzung der Union, veröffentlicht Politiker-Statements live unter dem Titel Handy-Alarm. Prien nennt das auf Twitter einen Anschlag auf unsere Demokratie. Für eine Bildungsministerin ein fragwürdiges Verständnis von Journalismus.

“Bild”-Reporter fordern eine Entschuldigung von Karin Prien:

Screenshot eines Tweets von Mo Rabie - Wenn Pressefreiheit zu Anschlag auf unsere Demokratie erklärt wird, dann ist das mehr als Skandalös! Das ist eine Frechheit Frau Karin Prien entschuldigen Sie sich!

“Bild”-Redakteure erklären Priens Aussage zum “Anschlag auf die Demokratie”:

Screenshot eines Tweets von Willi Haentjes - Ganz liebe Grüße zurück Karin Prien, beruflich Bildungsministerin. Journalismus als Anschlag auf unsere Demokratie zu bezeichnen ist dann wirklich ein Anschlag auf die Demokratie.

Bei “Bild TV”, der Heimat des “Handy-Alarms”, ist die Empörung besonders groß. Paul Ronzheimer spricht von “einem wirklichen Skandal”, Prien habe offenbar ein “höchst zweifelhaftes Verständnis von Pressefreiheit”. “Bild-TV”-Moderator Thomas Kausch sagt, dass Prien sich “dermaßen im Ton vergriffen” habe. “Bild”-“Show-Expertin” Özlem Evans hält das alles für eine “Frechheit”. “Eine absolute Frechheit”, findet auch Ronzheimer. Und auch er will Priens Tweet noch einmal missverstehen:

Ich verstehe das ja, dass man sich als Politikerin ärgert darüber, dass wir darüber informieren.

In einer anderen “Bild-TV”-Sendung regt sich “Bild”-Meinungschef Filipp Piatov goldenehimbeereverdächtig auf: “Also ich bin wirklich fassungslos, wenn ich das lese.” Und: “Wirklich, ich bin sprachlos.”

Den bisherigen Empörungshöhepunkt gab es gestern Abend in der Empörungssendung “Viertel nach Acht”. “Bild-TV”-Programmchef Claus Strunz erklärt Karin Prien zu seiner “absoluten Negativfigur des Tages” – “die hat sich heute nämlich wahnsinnig erregt über den ‘Handy-Alarm’ bei ‘Bild live’.” Man könnte, so Strunz, “fast sagen, sie ist durchgeknallt”:

Screenshot Bild-TV - Man kann fast sagen, sie ist durchgeknallt

“Ein Anschlag auf unsere Demokratie”? Also lassen Sie mich mal kurz nachdenken. Es ist doch Journalismus, es ist Informationsbeschaffung, es ist Pressefreiheit. Wer das als “Anschlag auf die Demokratie” sieht oder wertet, der will Pressefreiheit relativieren, vielleicht sogar abschaffen, das will ich nicht unterstellen. Auf jeden Fall hat der- oder diejenige große Probleme mit der Pressefreiheit.

Einen kurzen Lichtblick gibt es in der Sendung dann aber doch. “Welt”-Redakteur Constantin van Lijnden, der ebenfalls in der “Viertel-nach-Acht”-Runde sitzt, sagt über Karin Priens Aussage:

Die wohlwollendere Lesart ihres Tweets ist ja noch die, dass er sich nicht an die Journalisten richtet, weil das wäre nun wirklich unsinnig, denen irgendwie das Recht abzusprechen, solche Dinge zu veröffentlichen, sondern dass er sich nur in Anführungsstrichen an diejenigen Politiker, Parteikollegen richtet, die Dinge durchstechen.

Claus Strunz und die anderen Mitdiskutanten aus der “Bild”-Redaktion sind an diesem Gedanken aber nicht weiter interessiert.

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Was erlaubt sich “Bild”?, Macht der Bilder, Youtube löscht “RT Deutsch”

1. Was erlaubt sich “Bild”? Warum ist das nicht allen erlaubt?
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
“Bild TV” hat sich am Wahlabend ausgiebig bei ARD und ZDF bedient, sieht sich dabei jedoch im Recht. Stefan Niggemeier kommentiert: “Für die Dreistigkeit der Übernahme – und die Bigotterie, das als vorgeblicher Kämpfer für das Urheberrecht zu tun – kann man sich nur wünschen, dass die Sache für den Verlag wenigstens halbwegs teuer wird. Zu befürchten ist, dass ARD und ZDF eine entsprechend eindeutige Forderung oder auch ein juristisches Vorgehen gegen ‘Bild’ scheuen werden – um die ohnehin vorhandenen Spannungen nicht weiter anzuheizen.”
Weiterer Lesehinweis: Im “Tagesspiegel” findet Joachim Huber deutliche Worte für die ungenehmigte Übernahme der Inhalte: “Eigener Krawall in Ehren, Schreihälse-TV meinetwegen, aber die Vorstellung, dass mein Rundfunkbeitrag am Ende auf dem Bild-TV-Schirm landet, damit will und werde ich mich nicht anfreunden. Bild TV soll zahlen, was zu zahlen ist, und künftig sein querdenkerisches Programm veranstalten – auf eigene Kosten.”

2. Youtube löscht Konto von RT Deutsch dauerhaft
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Youtube hat die beiden kremlnahen Kanäle “RT DE” und “Der Fehlende Part” abgeschaltet. Dem sei laut Youtube ein Upload-Verbot vorausgegangen: “Bei YouTube gelten seit jeher klare Community-Richtlinien, welche definieren, was auf der Plattform erlaubt ist und was nicht. RT DE hatte einen Strike für das Hochladen von Inhalten erhalten, die unsere Richtlinie gegen Covid Misinformation verletzt haben. Die Folge dafür war eine Suspendierung der Erlaubnis, auf dem Kanal Videos hochzuladen.” Erst als RT versucht habe, dieses Upload-Verbot über einen Ausweichkanal zu umgehen, habe man beide Kanäle stillgelegt.

3. Nemi El-Hassan wird “Quarks” nicht moderieren
(faz.net)
Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Journalistin Nemi El-Hassan hat sich der WDR nach einiger Überlegung dazu entschieden, die 28-Jährige die Wissenschaftssendung “Quarks” nicht moderieren zu lassen. Das Problem sei nicht unbedingt ihre Teilnahme an einer Demonstration vor sieben Jahren gewesen (von der sie sich inzwischen distanziert hat), sondern “problematische Likes” von ihr in Sozialen Netzwerken. Womöglich bleibe sie der Sendung jedoch als Autorin erhalten.

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4. Die Macht der Bilder im Wahlkampf
(deutschlandfunk.de, Michael Meyer, Audio: 4:57 Minuten)
Beim Deutschlandfunk geht es um die Suggestivkraft von Bildern in der politischen Kommunikation. Für viele Wahlkampfbeobachter war das Lachen von Unionskandidat Armin Laschet im Hochwassergebiet mitentscheidend für die Wahlniederlage. Doch wie einflussreich sind solche Bilder wirklich? Die Medienwissenschaftlerin Stephanie Geise findet, das Bild sei stark überbewertet worden, immerhin lachten sogar Rettungssanitäter in einer angespannten Situation einmal – einfach nur, um Druck abzulassen. Das Bild des lachenden Laschet sei jedoch auf eine bereits zweifelnde Öffentlichkeit getroffen.

5. Wie Facebook Trauma und Angst verstärkt
(netzpolitik.org, Rahel Lang)
Facebook sammelt Daten, um seinen Nutzerinnen und Nutzern gezielt Werbung anzeigen zu können. Eine Studie der polnischen Panoptykon Foundation in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftler Piotr Sapieżyński zeigt anhand eines konkreten Falls, wie Facebooks Algorithmen Angststörungen und Traumata für Werbezwecke ausnutzen können.
Weiterer Lesehinweis: “Auf Facebook & Co. lassen sich Anzeigen passgenau auf Zielgruppen zuschneiden. Eine Spiegel-Auswertung zeigt: Im Bundestagswahlkampf haben die Parteien davon rege Gebrauch gemacht” – Parteien schalteten Werbung für vier Millionen Euro (spiegel.de).

6. TikTok meldet eine Milliarde aktive Nutzer
(spiegel.de)
Vor vier Jahren hat das chinesische Unternehmen ByteDance seine Videoplattform TikTok gestartet. Nun habe man nach eigenen Angaben die Schwelle von einer Milliarde monatlich aktiven Nutzerinnen und Nutzern überschritten. TikTok ist vor allem bei Kindern und Jugendlichen beliebt. Im vergangenen Jahr war TikTok die am häufigsten heruntergeladene App.

Widerlich

Gestern hat eine Jury in New York den Sänger R. Kelly schuldig gesprochen. In der Anklage ging es unter anderem um sexuellen Missbrauch Minderjähriger. Die Verkündung des Strafmaßes soll erst im Mai kommenden Jahr stattfinden.

Auch die “Bild”-Redaktion berichtet über das Urteil gegen den Musiker. Und sie versucht, mit den Geschichten der meist weiblichen Opfer noch ein bisschen Geld zu verdienen:

Screenshot Bild.de - R. Kelly des Missbrauchs schuldig - Die widerlichen Prozess-Details - Wie der Sänger Mädchen jahrelang in die Sex-Falle lockte

Lesen Sie mit BILDplus, welche furchtbaren Details über R. Kellys Missbrauch in den Verhandlungen offengelegt wurde

Für “Bild” ist kein Detail “widerlich” und “furchtbar” genug, um damit nicht doch noch ein paar Abos zu verkaufen.

Neonazi im ZDF, “Bild” kapert TV-Signal, Performance statt Positionen

1. ZDF lässt verurteilten Neonazi zu Wort kommen
(spiegel.de)
Das ZDF hat sich für eine Umfrage zur Bundestagswahl bei Menschen auf der Straße umgehört – und dabei auch einen wegen Volksverhetzung verurteilten Neonazi und Holocaust-Leugner befragt. Auf Twitter kommentiert der Journalist Andrej Reisin den Fall mit den Worten: “Sorry, aber wenn die ganze Redaktion den ‘Volkslehrer’ Nikolai Nerling nicht (er-)kennt, hat sie schlichtweg ein Expertise-Defizit im Bereich Rechtsextremismus. Das ist nicht gut und zu wenig für den Anspruch, den man an öffentlich-rechtlichen Journalismus haben darf.”

2. Bild kapert TV-Signal: “Gerne bereit, Ansprüche zu begleichen”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Der Fernsehsender “Bild TV” hat am Wahlabend fast eine Viertelstunde lang die “Berliner Runde” parallel zur eigentlichen Ausstrahlung bei ARD und ZDF live übertragen. Die Öffentlich-Rechtlichen zeigen sich erstaunt und erwägen rechtliche Schritte. Der Springer-Verlag rechtfertigt sein Vorgehen mit der “überragenden Bedeutung” der Sendung. Falls sich aus der Übernahme durch “Bild” Ansprüche von ARD und ZDF ergeben sollten, sei man jedoch “gerne” bereit, diese zu begleichen. Listig fügt der Verlagssprecher hinzu: “Wir würden dann allerdings davon ausgehen, dass ARD und ZDF Leistungsschutzrechte auch gegenüber den GAFA-Plattformen in gleicher Konsequenz geltend machen” (gemeint sind Google, Amazon, Facebook und Apple).

3. Performance statt Positionen: Was im Wahlkampf 2021 zählte
(uebermedien.de, Johannes Hillje)
“Übermedien” hat Johannes Hilljes Wahlkampf-Analyse (ursprünglich am 17. September erschienen) vor die Bezahlschranke geholt. Der Politikberater und Buchautor stellt sich die Frage, welcher Partei es gelungen ist, der Wahldebatte ein Thema aufzudrücken. Die kurze Antwort lautet: keiner. Die lange Antwort liefert Hillje in seinem lesenswerten Text.

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4. Welche Rolle NFTs im Journalismus spielen könnten
(deutschlandfunk.de, Peter Weissenburger, Audio: 5:31 Minuten)
Die Abkürzung NFT steht für Non-Fungible Token und ist ein nicht ersetzbares digital verschlüsseltes Objekt. NFTs finden laut Wikipedia “überall dort Verwendung, wo sie virtuellen Gütern, also digitaler Kunst, Musik oder Einzelobjekten in Computerspielen gleich einem Etikett zugeordnet und damit wie die einmaligen Objekte selbst gesammelt und gehandelt werden können.” Nun setzen auch die ersten Medienunternehmen auf die neue Technologie. Wie funktioniert das? Und wie könnten NFTs im Journalismus eingesetzt werden?

5. Instagram setzt Entwicklung von Kinderversion aus
(zeit.de)
Instagram will Kindern ab zehn Jahren eine spezielle Variante der App anbieten, was zu einiger Kritik führte. Nun hat das Unternehmen die Entwicklung der neuen Kinderversion ausgesetzt. Man wolle zunächst mit Expertinnen, Eltern und Politikern sprechen. In den vergangenen Wochen war der Mutterkonzern Facebook in die Kritik geraten, da er laut internen Unterlagen genau wisse, dass sich die Instagram-Nutzung negativ auf die psychische Gesundheit zahlreicher Teenager auswirke, vor allem von Mädchen. Siehe dazu: Facebook Knows Instagram Is Toxic for Teen Girls, Company Documents Show (Wall Street Journal, englisch).

6. Faktenchecks zur Wahl
(correctiv.org)
Die Faktenchecker von “Correctiv” hatten bereits im Vorfeld der Bundestagswahl jede Menge zu tun, doch es sollte noch schlimmer kommen: “Am Wochenende kursierten dann Behauptungen über Wahlurnen mit aufgebrochenen Siegeln, Bleistifte in Wahlkabinen, Wahlsoftware oder angebliche Geheimpläne, Saskia Esken zur Bundeskanzlerin zu machen. Überall witterte man die Gefahr des Wahlbetrugs, sei es in einer Panne der ARD am Freitag oder einer angeblichen Reduzierung von OSZE-Wahlbeobachtern in Deutschland. All das stellte sich bei näherer Betrachtung als Irreführung heraus.”

TV-Chronik des Wahlabends, “Bild” mopst Material, Sievers nach Kleber

1. Zahlengewitter, Sauflieder – und wer weckt Jörg Schönenborn? Die TV-Chronik des Wahlabends
(rnd.de, Imre Grimm)
Imre Grimm hat sich siebeneinhalb Stunden durch das Wahlfernsehen gezappt und anschließend eine TV-Chronik des vergangenen Wahlabends verfasst. Gleich zu Beginn hat er sich einer besonderen Herausforderung gestellt und “Bild TV” eingeschaltet: “17.24 Uhr. Thomas Gottschalk, der große alte Mann der Politberichterstattung, verrät beim ambitionierten Newcomer Bild TV (Marktanteil: 0,1 Prozent) wortreich nicht, wen oder was er gewählt hat. Politexperte Oliver Pocher kommentiert den Stimmzettel-Fauxpas von Laschet: ‘Das war dumm.’ Substanzieller wird es an diesem Abend an diesem Ort nicht mehr.”

2. “Bild”-Berichterstattung könnte Konsequenzen haben
(t-online.de, Steven Sowa)
“Bild” schießt gerne gegen die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, und mit “Bild TV” hat die Redaktion seit etwa einem Monat sogar einen eigenen TV-Kanal am Start. Am Wahlabend bediente sich “Bild TV” jedoch bei ARD und ZDF. War die Übernahme des fremden Sendematerials rechtens oder abgesprochen? Zumindest von der ARD habe es keine Genehmigung dafür gegeben, hat t-online.de herausgefunden. Wie sich der Sachverhalt beim ZDF darstellt, sei derzeit noch unklar.

3. Taliban-Medienregeln bedrohen Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen ist zutiefst beunruhigt über die “Elf Regeln für den Journalismus”, die die Taliban bei einem Treffen mit Medien angekündigt haben. Sie seien vage formuliert, gefährlich und könnten zur Verfolgung von Journalistinnen und Journalisten genutzt werden: “Für die Zukunft der journalistischen Unabhängigkeit und der Medienvielfalt in Afghanistan verheißen die Taliban-Medienregeln nichts Gutes. Anstatt einen Schutzrahmen zu schaffen, der es Journalistinnen und Journalisten ermöglicht, unter zumindest akzeptablen Bedingungen weiterzuarbeiten, zementieren sie Grundsätze und Methoden, die der journalistischen Praxis widersprechen und Raum für eine höchst repressive Auslegung lassen.”

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4. 20 Jahre Netzwerk Recherche – das Magazin zum Jubiläum
(netzwerkrecherche.org)
Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche setzt sich für investigativen Journalismus, Informationsfreiheit und die Vermittlung von Recherchetechniken ein. Zum zwanzigjährigen Bestehen gibt es ein Magazin, in dem die Vereinigung sowohl zurück als auch nach vorne schaut: “Handwerk & Haltung” bietet wertvolle Beiträge für alle Journalismus-Interessierten und ist kostenlos als PDF verfügbar. Runterladen lohnt sich!

5. Justizministerium geht gegen rechte Social-Media-Seite vor
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
Das Bundesjustizministerium hat nach Informationen des “Spiegel” ein Bußgeldverfahren gegen die rechte Social-Media-Seite gab.com eröffnet. Im Kern geht es um die unterbliebene Nennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland, was von der Plattform weiterhin abgelehnt werde. Das Bundesamt für Justiz habe einen Bußgeldbescheid in Höhe von 30.000 Euro erlassen und an die US-amerikanischen Betreiber des Unternehmens geschickt. Bei gab.com werde der Holocaust geleugnet und gegen Juden gehetzt.

6. Der Mann, der Claus Kleber beerbt
(sueddeutsche.de, Claudia Tieschky)
Christian Sievers übernimmt zum Jahresende das “heute journal” von Claus Kleber, der in den Ruhestand geht. Die “Süddeutsche” stellt den neuen Mann vor, der bereits auf ein bewegtes Reporterleben zurückblicken kann und als langjähriger Nahost-Korrespondent des ZDF vom Studio Tel Aviv aus gearbeitet hat.

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