“The Republic” campaignt, “Drachenlord”, SWR-Liveschalte

1. Gefährlicher Flirt mit rechtsextremen Narrativen
(belltower.news, Simone Rafael)
Vor einigen Tagen wurde die rechtsalternative Medienseite “The Republic” gestartet. Das Portal setze vor allem auf “Negative Campaigning”, also auf das Schlechtmachen des politischen Gegners, und das populistische Spiel mit Ängsten und Aggressionen. Hinter dem vorgeblich Partei-unabhängigen Medienprojekt stünden Leute wie der ehemalige Leiter der digitalen Kommunikation der CSU im Bundestag. Simone Rafael beschreibt Strategie und Ziele der ultrakonservativen Kampagnenmacher.

2. Die schlechten Gewinner
(t-online.de, Lars Wienand)
“Der YouTuber ‘Drachenlord’ muss in Haft, weil er sich von seinen Hatern provozieren ließ und zuschlug. Was treibt Tausende an, einen Förderschüler jahrelang mit Hohn und Hass zu verfolgen?” Lars Wienand hat sich nach Nürnberg begeben, wo dem selbsternannten “Drachenlord” der Prozess gemacht wurde. Es ist eine Reise in eine Parallelwelt, die einen nachdenklich zurücklässt: Bei dieser verstörenden Geschichte ist nichts, wie es scheint, ist der Täter auch das Opfer, und die Opfer sind auch die Täter.

3. Nach Eklat bei SWR-Liveschalte – Parteiaustritt von CDU-Stadtrat Hornung gefordert
(swr.de)
Bei einer Live-Schalte des SWR auf dem Mannheimer CDU-Kreisparteitag hat ein CDU-Stadtrat die SWR-Reporterin Natalie Akbari so lange unterbrochen und kritisiert, bis diese das Schaltgespräch abbrechen musste. Dafür gibt es nun Kritik von verschiedenen Parteikollegen: “Das war eine Szenerie, wie man sie bislang nur von Pegida-Demonstrationen kannte.” Es sei wichtig, ein solches Verhalten zu unterbinden, “bevor es Schule macht”.

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4. Offener Brief: Der Kopf von Julian Reichelt reicht uns nicht
(genderequalitymedia.org)
Die Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen müsse von allen Medien priorisiert und eingeordnet werden, fordert die Initiative “Gender Equality Media” (“GEM”). Wenn Frauen umgebracht werden und/oder Gewalt erfahren, sei dies kein Einzelfall oder ein Versehen, dahinter stecke ein patriarchales System. In einem offenen Brief (PDF) an die deutschen Verlage und Redaktionen fordert “GEM”, Stellung zu beziehen, im Sinne der Istanbul-Konvention zu handeln und systematische Diskriminierung jeglicher Art abzubauen.

5. Open Parliament TV
(de.openparliament.tv)
“Open Parliament TV” synchronisiert die Videoaufzeichnungen von Plenardebatten mit den Plenarprotokollen und stellt die Inhalte über eine Suchmaschine bereit: “Journalist:innen erhalten mit Open Parliament TV ein Werkzeug, welches das Auffinden, Teilen und Zitieren von Videoausschnitten aus Parlamentsreden enorm erleichtert. So lassen sich basierend auf einzelnen Schlüsselwörtern oder Satzbausteinen in Sekundenbruchteilen die entsprechenden Ausschnitte finden, abspielen und dann als Zitat in andere Plattformen einbinden.”

6. Stadt-Meme-Seiten auf Instagram erzielen krasse Reichweiten und werden nun zu Werbeträgern
(omr.com, Roland Eisenbrand)
Ob “Berlin Club Memes”, “koelnistkool” oder “Münchner Gesindel”: Lokale Meme-Seiten hätten sich innerhalb der vergangenen ein bis zwei Jahre vor allem auf Instagram zu einem Phänomen entwickelt. Roland Eisenbrand erklärt den Erfolg und die Vorgehensweise der Meme-Seiten, die teilweise erfolgreicher sind als die lokalen Nachrichtenmedien.

KW 42: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Die Jagd auf Julian Assange
(zeit.de, Sabine Rückert & Andreas Sentker & Holger Stark, Audio: 1:04:20 Stunden)
In der aktuellen Folge von “Zeit Verbrechen” ist Holger Stark aus dem Investigativressort der “Zeit” zu Gast. Es geht um den WikiLeaks-Gründer Julian Assange, der lange Zeit als Freiheitskämpfer und extravaganter Journalist behandelt wurde, von den USA und Großbritannien jedoch mittlerweile wie ein Schwerverbrecher betrachtet wird. Stark ist ein profunder Experte bei dem Thema, war während seiner Zeit beim “Spiegel” an der Veröffentlichung von Wikileaks-Enthüllungen beteiligt und kennt Assange aus einigen Gesprächen.
Wer sich ausführlicher mit dem Thema beschäftigen will: In unserer Ausgabe vom 14. August haben wir das sehr informative Gespräch mit dem Schweizer Rechtswissenschaftler und UN-Sonderberichterstatter über Folter Nils Melzer verlinkt.

2. Die Wahrheit über das System Julian Reichelt
(youtube.com, Markus Lanz, Video: 27:22 Minuten)
In der ZDF-Sendung “Markus Lanz” versucht Gastgeber Lanz mit den anwesenden Journalistinnen und Journalisten, dem “System Julian Reichelt” näherzukommen. Es diskutieren Daniel Drepper vom Ippen-Investigativ-Team, Melanie Amann vom “Spiegel”, die Journalistin Caroline Rosales, die selbst vier Jahre beim Axel-Springer-Verlag gearbeitet hat, und Hajo Schumacher. Neben “Bild”-Chef Julian Reichelt geht es in dem Talk auch um die Rolle des Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner.

3. Warum Rezo bei seinen “Zerstörungs-Videos” auf sechsstellige Umsätze verzichtet hat
(omr.com, Martin Gardt, Audio: 1:20:05 Stunden)
Im “OMR”-Podcast verrät der Youtube-Star Rezo, warum er bei seinen “Zerstörungs”-Videos auf sechsstellige Umsätze verzichtet hat. Außerdem spricht er über seine neu entdeckte Twitch-Liebe sowie die entscheidenden Youtube-Strategien und erzählt von seinem Social-Analytics-Tool Nindo.

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4. Wie steht es um den Buchmarkt? Carolin Amlinger im Gespräch
(wohlstandfueralle.podigee.io, Ole Nymoen, Wolfgang M. Schmitt , Audio: 56:08 Minuten)
Wie hat sich der Buchmarkt entwickelt? Wie prekär ist die Lage der Autorinnen und Autoren? Darüber sprechen Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt mit der Soziologin Carolin Amlinger, die in einer Studie das literarische Feld und den Literaturbetrieb von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart untersucht hat.

5. Im Radio lernen, Für Podcasts bezahlen, Alte Sagen hören
(viertausendhertz.de, Hendrik Efert & Nicolas Semak & Christian Conradi, Audio: 1:05:39 Stunden)
Im Audio- und Podcastmagazin von “Viertausendhertz” ist die Deutschlandradio–Volontärin Anastasija Roon zu Gast: “Wir sprechen über ihren Weg ins Radio und in unser Studio. Anastasija arbeitet nämlich für fünf Wochen bei uns im Rahmen ihrer Journalistinnenausbildung des Deutschlandradios. Außerdem geht’s um den Bezahlbereich für Podcasts, den Apple mit ‘Podcast Subscriptions’ gestartet hat. Wie funktioniert der Dienst und wo könnte die Reise hingehen? Werden Podcasts bald wie Kinofilme vermarktet?”

6. xHamster: Wer steckt hinter der Pornoplattform?
(youtube.com, Strg_F, Yanna Alfering & Rafael Buschmann & Roman Höfner & Annette Kammerer & Sebastian Meineck & Nicola Naber & Anton Rainer & Patrizia Schlosser, Video: 34:13 Minuten)
In einer monatelangen Recherche haben sich “Spiegel” und “Strg_F” auf die gemeinsame Suche nach den Hintermännern von Deutschlands meist besuchter Pornoseite gemacht: “Viele Jahre wusste niemand, wer genau mit xHamster Geld verdient. Und niemand wusste, wer in oberster Instanz für die teils illegalen, missbräuchlichen Inhalte auf der Seite verantwortlich ist. Bis jetzt.”

Kritik an Döpfner, Debatte um Buchmesse, Helene oder Hindukusch?

1. Medienhäuser üben offene Kritik an Verlegerpräsident Döpfner
(spiegel.de)
Zeitungsverlegerpräsident und Springer-Chef Mathias Döpfner gerät wegen einer privaten Äußerung, die von der “New York Times” zitiert worden war, zunehmend unter Druck. Döpfner hatte darin den damaligen “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt als nahezu einzigen Journalisten in Deutschland bezeichnet, der noch “mutig” gegen den “neuen DDR-Obrigkeitsstaat” aufbegehre. Fast alle anderen seien zu “Propaganda Assistenten” geworden. Nachdem bei anderen Verlegern zunächst vielfach Schweigen herrschte, melden sich nun kritische Stimmen zu Wort. Der “Stern”-Chefredakteur Florian Gless fordert beispielsweise in einem Meinungsbeitrag: “Mathias Döpfner sollte von allen Posten und Ämtern zurücktreten.”

2. Wehrhaft sein und es den Rechten ungemütlich machen
(deutschlandfunkkultur.de, Nicole Dittmer, Audio: 7:13 Minuten)
Erneut wird über rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse debattiert. Dieses Mal sei der Protest allerdings lauter als in den Jahren zuvor, sagt die Journalistin Hadija Haruna-Oelker, die auch Mitglied der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland ist: “Faktisch ist es nun einmal so, dass sie (die Verlage, die Red.) einen sehr prominenten Raum bekommen haben. Und neu ist, dass es total viele Autor:innen gibt, die früher keine Bücher geschrieben haben, die jetzt sehr prominent aus dem Diversitätsspektrum kommend eine Welle ausgelöst haben, eine Dynamik entfacht haben, die Druck ausübt. Und dieser Druck ist neu und stärker.”

3. IVW-Analyse: “Bild” fällt fast unter die Mio.-Marke, “Zeit” gewinnt massiv
(meedia.de, Jens Schröder)
Die Auflagenzahlen für das dritte Quartal 2021 sind draußen. Zu den Gewinnern gehört einmal mehr die “Zeit” (plus 10,8 Prozent), zu den Verlierern einmal mehr “Bild”: “Durch das Minus von 8,5 Prozent in den beiden wichtigsten IVW-Kategorien Einzelverkauf (in Kiosken, Supermärkten, etc.) und Abos fiel ‘Bild’ auf inzwischen 1.006.365 Exemplare zurück. Das Unterschreiten der Mio.-Marke ist also nicht mehr fern und wurde im dritten Quartal nur noch knapp verhindert.”

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4. Coming-out von Karin Hanczewski: Wer darf eigentlich queere Rollen spielen?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Die fortschreitende Diversität bei Filmproduktionen bringe ganz neue Probleme mit sich. Probleme, die auch unter queeren Menschen für hitzige Debatten sorgen würden und für die es aktuell keine zufriedenstellende Lösung zu geben scheine, wie Matthias Schwarzer ausführt: “Es geht um nichts weniger als die Frage: Wer darf heterosexuelle, schwule, lesbische, transsexuelle oder behinderte Menschen überhaupt auf dem Bildschirm darstellen?”

5. Diversity im Fernsehen? “Die Branche ist bemüht”
(dwdl.de)
Bei “DWDL” kommentiert Timo Niemeier eine relativ neue Studie über Sichtbarkeit und Vielfalt im Fernsehen: “Gerade für die Fernsehbranche, in der sich viele selbst gern als tolerant und weltoffen beschreiben, sind durch die Studie eklatante Versäumnisse offengelegt worden. Zwar sind sich alle einig, dass man den eingeschlagenen Weg fortsetzen werde, doch um echte Vielfalt auf den Bildschirmen zu gewährleisten, wird es wohl noch dauern.” Niemeier hat sich in der Branche umgehört, inwieweit auf Diversity-Kriterien Rücksicht genommen werden kann, wenn innerhalb von kurzer Zeit ein Job zu besetzen ist.

6. the time has arrived
(twitter.com/TwitterSpaces)
Anfang des Jahres machte die App Clubhouse von sich reden. Die Audio-Plattform ermöglicht es Menschen, sich in digitalen Räumen zusammenzuschließen und live miteinander zu diskutieren. Twitter hat diese Live-Audio-Funktionalität nun im eigenen Netzwerk integriert und zeigt in einem kleinen Video, wie die Sache funktioniert. Mit Blick auf Medienthemen könnte das vor allem deswegen interessant sein, weil sich bei Twitter viele Journalistinnen und Journalisten tummeln. Und die nutzen die neue Funktion bereits: Erst kürzlich gab es eine mehrstündige Audio-Diskussion zum Aus von Julian Reichelt als “Bild”-Chef – mit über 1000 Personen, die zugehört haben.

7. Helene oder Hindukusch?
(sueddeutsche.de, Mats Schönauer & Moritz Tschermak)
Zusätzlicher Link, weil die Autoren aus unserem Haus stammen: In einem Gastbeitrag für die “Süddeutsche Zeitung” überlegen Mats Schönauer und Moritz Tschermak, wie die Post-Reichelt-Ära bei “Bild” aussehen könnte.

Irrlichternder Wirrkopf Döpfner, Goldene Kartoffel, Muezzin-Ruf

1. “Gedanke und Tonlage dem Amt eines BDZV-Präsidenten nicht angemessen”
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Mathias Döpfner ist nicht nur der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, sondern auch Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), also der oberste Lobbyist der Verlagsbranche. Jüngst ist eine Privatnachricht Döpfners veröffentlicht worden, in der er Deutschland als einen autoritärer Staat beschreibt – mit vielen willfährigen Journalistinnen und Journalisten, die nur dessen Propaganda verbreiten würden. Boris Rosenkranz hat sich bei den Verlegern umgehört, was sie von den Äußerungen ihres Präsidenten halten.
Weiterer Lesehinweis: Beim “Spiegel” stellt Stefan Kuzmany in einer lesenswerten Analyse fest: “Nicht erst seit dem öffentlich gewordenen DDR-Vergleich darf man sich fragen, ob Mathias Döpfner ein politischer Wirrkopf ist. Tatsächlich irrlichtert der Springer-Chef schon lange.”

2. In eigener Sache
(merkur.de, Markus Knall)
Im Zusammenhang mit der nicht veröffentlichten Reichelt-Recherche des “Ippen-Investigativ”-Teams nimmt der Ippen-Digital-Chefredakteur Stellung und bittet die Betroffenen um Entschuldigung: “Zahlreiche Frauen haben sich im Zuge der Recherche zum Fall Julian Reichelt an unsere Redaktion gewandt und den Mut gefasst, uns ihre Geschichte zu erzählen. Wir haben zugesagt, unter Wahrung der Anonymität, über ihre persönlichen Schicksale zu berichten. Dieses Versprechen konnten wir nicht einlösen. Das bedauere ich zutiefst.” Anmerkung des “6-vor-9”-Kurators: Es wäre schön gewesen, wenn der Ippen-Verantwortliche in die Bitte um Entschuldigung auch das “Ippen-Investigativ”-Team einbezogen hätte.

3. “Goldene Kartoffel” 2021 für die unterirdische Debatte über “Identitätspolitik”
(neuemedienmacher.de)
Seit 2018 verleihen die “Neuen deutschen Medienmacher*innen” die “Goldene Kartoffel”, einen Negativpreis für Medienschaffende, die “ein verzerrtes Bild vom Zusammenleben im Einwanderungsland Deutschland zeichnen, Probleme und Konflikte stark übertreiben, Vorurteile verfestigen und gegen journalistische Standards verstoßen”. 2021 geht diese, nun ja, Auszeichnung an die Debatte über “Identitätspolitik” in bürgerlichen Medien: “Die Debatte über ‘Identitätspolitik’ in deutschen Medien 2021 war überzogen, unsachlich, polarisierend und hat rechtsradikale Erzählungen salonfähig gemacht. Deshalb gebührt ihr die ‘Goldene Kartoffel’ und damit, herzlichen Glückwunsch, so gut wie allen Medien des bürgerlichen Spektrums, von der taz bis zur FAZ, von ARD bis ntv, von Deutschlandfunk bis Radio Energy. Das war wirklich ein Gemeinschaftswerk.”

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4. Warum die Mehrheit der Deutschen nicht den Muezzin-Ruf ablehnt (und Civey kein seriöses Umfrageinstitut ist)
(schantall-und-scharia.de, Fabian Goldmann)
Jüngst berichteten viele Redaktionen über eine Umfrage, nach der drei Viertel der Menschen in Deutschland den Muezzin-Ruf ablehnen. Fabian Goldmann hat sich die Sache genauer angeschaut und schnell festgestellt, dass nichts an der Geschichte stimmt: “Die Art und Weise, wie viele Redaktionen in den vergangenen Tagen über eine Umfrage zum islamischen Gebetsruf (Adhan) berichteten, übersteigt allerdings das übliche Maß an Inkompetenz und grenzt teils schon an die bewusste Verbreitung von FakeNews.”

5. Rechte bei der Frankfurter Buchmesse – Schwarze Autorin fühlt sich nicht sicher
(fr.de, Hanning Voigts)
Auch in diesem Jahr wird über die Präsenz rechtsextremer Kleinverlage auf der Frankfurter Buchmesse gestritten. Anlass sei vor allem, dass die Autorin Jasmina Kuhnke ihren Auftritt mit Verweis auf Sicherheitsbedenken abgesagt hat. “Frankfurter-Rundschau”-Redakteur Hanning Voigts erklärt, worum es geht, und gibt die verschiedenen Positionen wieder.
Gucktipp: Auf Youtube beschäftigt sich der Jurist Chan-jo Jun mit der Frage, ob die Buchnesse rechtsradikale Verlage von Rechts wegen dulden müsse. Seine Antwort: “Nein. Buchmesse sollte sich nicht auf Zwänge berufen.” (Video: 6:10 Minuten)

6. Zeitungen kürzen Seiten und verschieben Beilagen
(deutschlandfunk.de, Michael Meyer, Audio: 4:37 Minuten)
Papier ist derzeit knapp und teuer. Das hat zur Folge, dass einige Zeitungen bereits Seiten kürzen und Beilagen verschieben. Der Deutschlandfunk hat sich auf Ursachensuche begeben. Gerade die Zeitungsverlage würden viel Recyclingpapier verarbeiten, und um dieses Material gebe es momentan einen heftigen Kampf, sagt Gregor Andreas Geiger, Pressesprecher des Verbands der Papierindustrie: “Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Druckpapier in den letzten 15 Jahren aber kontinuierlich nach unten gegangen, sodass die Hersteller ihre Kapazitäten abgebaut oder zum Teil Maschinen umgebaut haben. Also eine kurzfristig erhöhte Nachfrage trifft auf eine langfristig reduzierte Angebotsmenge.”

Der Fall Reichelt, Der Fall Döpfner, Der Fall BDZV

1. Der Fall Julian Reichelt
(ndr.de, Kim Kristin Mauch, Video: 15:51 Minuten)
Juliane Löfflers Recherche trug maßgeblich dazu bei, dass “Bild”-Chef Julian Reichelt gehen musste. Das Medienmagazin “Zapp” hat mit ihr über die Hintergründe ihrer Arbeit gesprochen. Bemerkenswert ist Löfflers unaufgeregte, sachliche und faire Art, mit der sie den Fragen zu dem schwierigen Komplex begegnet. 15 absolut lohnende Minuten, die in den Schulunterricht und die Journalistenausbildung eingehen könnten.
Weitere Lesehinweise: Die zum Ippen-Konzern gehörende “Frankfurter Rundschau” hat mit dem gesamten Ippen-Investigativ-Team über die Recherche gesprochen und setzt damit auch ein Zeichen. Schließlich hatte Verleger Dirk Ippen die Veröffentlichung der Recherche des Investigativ-Teams gestoppt. Es geht um die Fragen: Sind die Probleme größer als Julian Reichelt? Was riskieren Frauen grundsätzlich, wenn sie öffentlich Missbrauchsvorwürfe schildern? Und was sind die Lehren aus den Recherchen über “Bild”? (fr.de, Valerie Eiseler & Viktor Funk)
Bei der “Süddeutschen Zeitung” geht Caspar Busse der Frage nach, warum Verleger Dirk Ippen die Enthüllungsgeschichte über Springer verhinderte. Ippen habe mit seinem Veto erheblichen Schaden verursacht – für den Journalismus insgesamt, aber auch für seine eigene Mediengruppe.
Laut Medienanwalt Markus Kompa werfe die Recherche zu Julian Reichelt presserechtliche Fragen auf: “Die Beurteilung wird sich nach der Wallraff-Rechtsprechung richten: Ähnlich wie beim Redaktionsgeheimnis und dem Anwaltsgeheimnis muss es bei interner professioneller Kommunikation geschützte Räume geben, in denen man offen sprechen kann. Kann jedoch ein gesellschaftlich erheblicher Missstand nicht anders recherchiert werden, darf bei überwiegendem Berichtsinteresse der Öffentlichkeit ausnahmsweise auch rechtswidrig beschafftes Material verwendet werden.”

2. Warum musste Reichelt gehen und was wird nun aus Döpfner?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 41:30 Minuten)
Anlässlich der Vorgänge bei Springer und “Bild” haben sich Holger Klein und Medienkritiker Stefan Niggemeier bei “Übermedien” zu einer Podcast-Sonderausgabe getroffen. Schließlich gibt es einiges zu besprechen über den Rauswurf von “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt, die Taktik von Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner und das Eingreifen von Ippen-Verleger Dirk Ippen.

3. Döpfner und die Propaganda-Assistenten: BDZV duckt sich weg
(dwdl.de, Alexander Krei)
Springer-Chef Mathias Döpfner wähnt sich in einem neuen DDR-Staat und hält die meisten Journalstinnen und Journalisten offenbar für “Propaganda-Assistenten”. Ein Weltbild, das sich nach Ansicht vieler nicht mit seiner Funktion als Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) verträgt. Doch dort will man den Vorgang nicht kommentieren. Alexander Kreis Vermutung: “Es scheint, als wolle sich niemand mit Mathias Döpfner anlegen. Ganz egal, was er über die eigene Branche schreibt oder sagt.”
Weiterer Lesehinweis: Thomas Knüwer stellt eine zunehmende Radikalisierung Döpfners über den Verlauf der vergangenen 15 Jahre fest. Dieser reihe sich ein “in die bemerkenswerte Zahl alter, weißer Männer aus der Printmedien-Welt, die im Alter aus dem Konservatismus heraus abdriften in eine rechte Scheinwelt”.
Auch “Meedia”-Chefredakteur Stefan Winterbauer kritisiert Döpfner. Die Kommunikation sei ein Schlag ins Gesicht für Betroffene und offenbare ein verstörendes Verhältnis zum aufklärerischen Journalismus.

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4. Transatlantisch
(sueddeutsche.de, Clara Meyer)
Dass die Skandale bei Axel Springer in den USA für Gesprächsstoff sorgen, hat auch damit zu tun, dass der Konzern dort gerade eine Zeitung samt Onlineportal gekauft hat: “Politico”. Was steckt hinter der erfolgreichen Medienmarke und ihrem europäischen Ableger? Clara Meyer stellt das Nachrichtenportal vor, das aktuell durch bemerkenswerte Zurückhaltung auffällt: “Am Dienstag nach den Enthüllungen über den neuen Käufer aus Deutschland, dem Tag nach dem großen Bericht der New York Times, hat Politico nicht über den Fall berichtet. Auch das ist ja eine Entscheidung.”

5. Auf dem Weg Richtung New Work
(journalist.de, Christian Sauer)
Auf journalist.de fragt Journalist und Coach Christian Sauer: “Wie verändert sich redaktionelle Führung nach Corona?” Verantwortliche in Redaktionen sollten Verantwortung abgeben und sich in Empathie üben: “Die Verantwortung der redaktionellen Führung liegt vor allem darin, Impulse zu geben, Freiräume zu öffnen, Entwicklungspfade anzubieten.”

6. »Und auf einmal filmen zehn 15-Jährige in mein Auto«
(spiegel.de, Markus Böhm)
Die Youtuber “Varion”, “unsympathischTV” und “Trymacs” erreichen mit ihren Videos und Streams Millionen meist junger Menschen. Bei Spotify betreiben sie seit gestern zudem einen gemeinsamen Podcast (“Offline + Ehrlich”). Markus Böhm hat sich mit den erfolgreichen Medienmachern zusammengesetzt und sie zu ihrer Arbeit befragt.

Wer nichts zu verbergen hat

Es dürfte sich herumgesprochen haben: Julian Reichelt ist nicht mehr “Bild”-Chefredakteur. Und es dürfte sich auch herumgesprochen haben, warum: “Nach neuen Erkenntnissen” zum Machtmissbrauch durch Reichelt hat der Springer-Verlag ihn von seinen Aufgaben entbunden:

Die Axel Springer SE hat BILD-Chefredakteur Julian Reichelt mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden. Als Folge von Presserecherchen hatte das Unternehmen in den letzten Tagen neue Erkenntnisse über das aktuelle Verhalten von Julian Reichelt gewonnen. Diesen Informationen ist das Unternehmen nachgegangen. Dabei hat der Vorstand erfahren, dass Julian Reichelt auch nach Abschluss des Compliance-Verfahrens im Frühjahr 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt hat.

… steht in einer Pressemitteilung, die Springer gestern veröffentlicht hat. Es geht dabei um Affären, die Reichelt mit Mitarbeiterinnen hatte, darunter deutlich jüngere Berufsanfängerinnen. Eine Affäre soll es auch nach Abschluss des im Frühjahr durchgeführten Compliance-Verfahrens gegeben haben. Das ist offenbar die “neue Erkenntnis”, die zu Reichelts Aus geführt hat.

Die “Bild”-Redaktion wirbt mit Slogans wie “Wir zeigen, was ist” und “Wir zeigen die Wahrheit” für ihre eigene Arbeit. Wer sich bei seiner täglichen Informationsbeschaffung auf diese Versprechen verlässt und nur auf “Bild” und/oder Bild.de zurückgreift, hat von den Gründen für Julian Reichelts Ausscheiden keinen blassen Schimmer. Auch mehr als 24 Stunden nach Verkündung des Reichelt-Aus findet man weder in “Bild” noch bei Bild.de eine genaue Angabe dazu. Lediglich zwei wortgleiche Artikel sind erschienen, gestern Abend bei Bild.de und heute in der gedruckten “Bild”:

Ausriss Bild-Zeitung - Wechsel in der Bild-Chefredaktion - Axel Springer hat Julian Reichelt als Folge von Presserecherchen von seinen Aufgaben als Bild-Chefredakteur entbunden. Neuer Vorsitzender der Bild-Chefredaktion ist ab sofort Johannes Boie, bislang Chefredakteur der Welt am Sonntag. Axel Springer Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner Julian Reichelt hat Bild journalistisch hervorragend entwickelt und mit Bild live die Marke zukunftsfähig gemacht. Mit Johannes Boie haben wir einen erstklassigen Nachfolger. Er hat unter Beweis gestellt, dass er journalistische Exzellenz mit modernem Führungsverhalten verbindet. Alexandra Würzbach bleibt Chefredakteurin Bild am Sonntag. Claus Strunz ist als Chefredakteur für das Bewegtbildangebot von BILD verantwortlich.

Das ist alles. Es war sicherlich nicht damit zu rechnen, dass die “Bild”-Redaktion heute im Blatt eine Doppelseite mit einer gnadenlosen Abrechnung in eigener Sache bringt. Aber wirklich nicht mehr als ein vages “als Folge von Presserecherchen”?

Es gibt einen ulkig gemeinten “Bild”-Werbeclip, in dem Julian Reichelt eine Art Stromberg spielt. Er sagt darin in einer Redaktionskonferenz: “Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.” Großes Gelächter in der Runde. Besser wäre vielleicht: Wer nichts zu verbergen hat, sollte die eigene Leserschaft nicht dumm halten.

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Feldbett ade, Döpfners autoritärer DDR-Staat, Wetten, dass nicht

1. Ende der Feldbett-Geschichten
(taz.de, Erica Zingher)
Der Axel-Springer-Konzern hat sich von “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt getrennt (offizielle Pressemitteilung). Der Entscheidung vorausgegangen war ein Beitrag in der “New York Times” über die zweifelhafte Unternehmenskultur im Hause Springer und der “Bild”-Redaktion. Auch das Investigativteam der Ippen-Verlagsgruppe, zu der unter anderem die “Frankfurter Rundschau” und der “Münchner Merkur” gehören, hatte zu den Vorwürfen gegenüber Reichelt recherchiert. Die Veröffentlichung war jedoch von Verleger Dirk Ippen gestoppt worden (einige der Ergebnisse flossen in einen neuen Beitrag beim “Spiegel” (nur mit Abo lesbar) mit ein). Erica Zingher fasst den Vorgang zusammen, der viele bemerkenswerte Nebenaspekte hat.

2. BDZV-Präsident hält Deutschland für neuen autoritären DDR-Staat
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Der Rauswurf Reichelts bei “Bild” dürfe nicht ablenken von dem, was für die “New York Times” der eigentliche Grund für ihre Berichterstattung gewesen sei: Das zwielichtige Bild, das der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner an der Spitze von Axel Springer abgebe. Von diesem war eine Nachricht bekanntgeworden, in der er Reichelt wie folgt verteidigt hatte: “Er ist halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeitsstaat aufbegehrt. Fast alle anderen sind zu Propaganda Assistenten geworden.” Lückeraths Kommentar: “Der Kapitän lässt den für ihn wichtigsten Mann über die Planke laufen und alle grölen vor Freude über das Spektakel. Dabei sollte man nicht vergessen, wer auf dem Schiff das Sagen hat.”

3. Offener Brief an die Intendanten, Geschäftsführer und Chefredaktionen von ARD, ZDF, PRO7/SAT1, RTL und N-TV
(klimajournalismus.de)
Das “Netzwerk Klimajournalismus” wendet sich mit einem offenen Brief an die Verantwortlichen von ARD, ZDF, ProSieben/Sat.1, RTL und n-tv, in dem es die Trielle kritisiert: “Wir haben die von einem Millionenpublikum verfolgten und vermutlich die Wahlen mitentscheidenden Trielle analytisch ausgewertet und kommen zu dem Schluss, dass kein Moderator und keine Moderatorin den Ernst der Lage adäquat dargestellt hat.”

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4. Statement zur Frankfurter Buchmesse 2021
(twitter.com, Jasmina Kuhnke)
Die Autorin und Schriftstellerin Jasmina Kuhnke sieht sich als Schwarze Frau seit Längerem Bedrohungen durch Rechtsextreme ausgesetzt. Bei der Frankfurter Buchmesse 2021 sollte sie, wie sie auf Twitter schreibt, als Überraschungsgästin bei der ARD-Buchnacht und der Diskussionsrunde “Die Streiterinnen” auftreten. Nun habe sie erfahren, dass in unmittelbarer Nähe ein Verlag ausstelle, dessen Leiter bereits verkündet habe, sie “gehöre abgeschoben”. Kuhnke sieht angesichts dieses Umfelds und des möglichen Bedrohungspotenzials keinen anderen Weg, als der Buchmesse fernzubleiben: “Ich möchte den Verantwortlichen damit aufzeigen, dass die hier getroffene Entscheidung, Nazis den Raum zu bieten sich darzustellen, vor allem Konsequenzen für Betroffene wie mich hat.”

5. Mörder endlich zur Rechenschaft ziehen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Kurz vor dem vierten Jahrestag der Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia sind Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Organisationen nach Malta gereist: “Wir fordern umfassende Reformen im Bereich der Pressefreiheit, die Anerkennung des Journalismus als vierte Säule der Demokratie und die Schaffung eines sicheren Umfelds für alle in Malta arbeitenden Journalistinnen und Journalisten – durch Gesetze und in der beruflichen Praxis.”

6. Zweitverwertung
(sueddeutsche.de, David Denk)
Am 6. November strahlt das ZDF eine neue Folge der eigentlich lange verabschiedeten Sendung “Wetten, dass..?” mit Thomas Gottschalk aus. In seiner Kolumne kritisiert David Denk: “Wer keine Abos verkaufen muss, sondern sich aus zuverlässig sprudelnden Gebührengeldern bedienen kann, sieht offenbar nicht die Notwendigkeit einer Erneuerung, die diesen Namen auch verdient. So wenig Ehrgeiz kann sich noch nicht mal ein Kommissar im Ruhestand am Bodensee erlauben.”

Bericht über “Bild” gestoppt, “Fair-lesen”, Dreh-Ende der Drehenden

1. Ippen stoppt Investigativ-Berichte über “Bild”-Chef Reichelt
(dwdl.de, Alexander Krei)
Nun beschäftigt sich sogar die “New York Times” mit den Gepflogenheiten bei “Bild” und der Rolle von Springer-CEO Mathias Döpfner. Eines der Details aus dem Compliance-Verfahren gegen “Bild”-Chef Julian Reichelt: Dieser soll laut “New York Times” einer seiner Liebschaften gefälschte Scheidungspapiere vorgelegt haben. Aber auch sonst birgt der Artikel jede Menge Sprengstoff und eine Art Nebenhandlung: Bei der deutschen Ippen-Verlagsgruppe habe zeitgleich zur “NYT”-Veröffentlichung eine aufwändige Investigativrecherche über Reichelts mutmaßlichen Machtmissbrauch erscheinen sollen. Die Veröffentlichung sei jedoch in allerletzter Sekunde vom 81-jährigen Verleger gestoppt worden. Das Investigativ-Team hat daraufhin einen Protestbrief an den Verleger und die Geschäftsführung verschickt.
Tipp: Wer den Artikel der “New York Times” in deutscher Übersetzung lesen möchte, könnte dafür das Übersetzungstool DeepL ausprobieren, das nach subjektiver Empfindung des “6-vor-9”-Kurators die besten Ergebnisse liefert.

2. Schreiben ist nicht umsonst
(initiative-fair-lesen.de)
In einem offenen Brief sprechen sich zahlreiche Autorinnen und Autoren, Verlage und Buchhandlungen gegen die angebliche “Zwangslizenzierung” ihrer Inhalte aus und meinen damit die Möglichkeit öffentlicher Bibliotheken, E-Books für ihre Nutzerinnen und Nutzer zu lizenzieren. Das Anliegen der Initiative und die erhobenen Behauptungen werden derzeit kontrovers diskutiert – nur zwei Beispiele: Zu den Kritikern gehört Enno Park (“pure Propaganda von Teilen der Verlagsbranche”), zu den Befürwortern Hanser-Verleger Jo Lendle (“im Kern aber trifft es die Sache”).

3. Ein klares “Nein” zur Einflussnahme
(freischreiber.de)
Im Interview mit dem “journalist” verteidigte ein Rechtsanwalt vor einigen Tagen die sogenannten Verschwiegenheitsvereinbarungen und gab zu, dass er diese auch dazu nutzt, um Medienschaffende zu lenken oder zu benutzen beziehungsweise um Berichterstattung zu verhindern. Die Freischreiber finden, das darf nicht sein, und wenden sich mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit: “Die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit der Berichterstattung müssen in einer Demokratie für alle heilig sein”.

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4. “Bild” findet nach Jahren erstmals Platz im Blatt für Presserats-Rügen
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Eigentlich sollen Rügen des Presserats vom betroffenen Medium zeitnah veröffentlicht werden, doch der “Bild”-Redaktion scheint diese Vorgabe relativ egal zu sein. Über Jahre druckt man dort keine der Rügen ab, die man sich wegen der eigenen Verstöße gegen den Pressekodex eingefangen hat. Und wenn man es dann doch tut, dann so, dass es möglichst keiner mitbekommt. Medienkritiker Stefan Niggemeier ist der Sache auf den Grund gegangen.

5. Einer der Wichtigsten
(taz.de, Klaus Hillenbrand)
Am Freitag vergangener Woche ist der Journalist Gerd Ruge im Alter von 93 Jahren gestorben. In seinem Nachruf würdigt Klaus Hillenbrand das Leben des Reporters und schließt mit den Worten: “Gerd Ruge hat den Deutschen beigebracht, sich nicht so wichtig zu nehmen in der Welt. So, wie er selbst sich nicht so wichtig genommen hat. Dabei war er einer der Wichtigsten.” Weitere Nachrufe auf Gerd Ruge finden sich unter anderem beim “Spiegel” und bei der “Tagesschau”.

6. “Drehende”: Verein wettert gegen vermeintliche Gendersprache beim ZDF – und blamiert sich
(rnd.de)
Der Verein Deutsche Sprache kämpft seit Jahren gegen genderneutrale Sprache in den Medien. Begriffe wie etwa “die Radfahrenden”, die alle Geschlechter inkludieren sollen, bezeichne der Verein auf seiner Website als “lächerliche Sprachgebilde” und rufe dort zum Widerstand dagegen auf. Nun wettert der Verein gegen die vom ZDF verwendete Formulierung “Drehende”, übersieht dabei aber peinlicherweise, dass es sich um das Wort “Dreh-Ende” handelt.

KW 41: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Shitstorms für Jugendsünden
(wdr.de, Sebastian Sonntag, Audio: 9:31 Minuten)
Die heute 20-jährige Sarah-Lee Heinrich ist seit Kurzem Bundessprecherin der Grünen Jugend und steht wegen Posts, die sie als 14-Jährige bei Twitter verfasst hat, im Zentrum eines Shitstorms. Wie Medien und Betroffene mit derartigen Situationen umgehen sollten, erklärt Martin Fehrensen vom “Social Media Watchblog” im WDR5-Medienmagazin. Die komplette Sendung mit weiteren Medienthemen gibt es hier (40:03 Minuten).
Weitere Lesehinweise: Kampagnen wie die gegen Heinrich zielen auf Unsichtbarmachung und Verdrängung, schreibt Carolina Schwarz in der “taz”: “Wir brauchen die Debatte, welches Verhalten wir als Gesellschaft entschuldbar finden. Und es wird Zeit, dass wir Strategien entwickeln, um das Spiel der Rechten nicht mehr mitzuspielen.” Und bei “Zeit Online” ist ein Interview mit Sarah-Lee Heinrich erschienen, in dem “Zeit”-Redakteur Robert Pausch mit ihr über den Shitstorm spricht.

2. ZDF Magazin Royale vom 15. Oktober 2021
(zdf.de, Video: 31:28 Minuten)
Das Genre True Crime, in dem reale Kriminalfälle nacherzählt werden, scheint seit einigen Jahren zu boomen. Das machen sich selbsternannte “Profiler” und “Profilerinnen” zunutze, die mit viel Selbstbewusstsein und wenig Sachkenntnis durch Medien tingeln und ganze Veranstaltungshallen füllen. Jan Böhmermann und sein Team haben sich drei der erfolgreichsten True-Crime-Expertinnen und -Experten herausgegriffen und zeigen, wie erschütternd wenig übrigbleibt, wenn man genauer auf Lebenslauf und Referenzen schaut.
Weitere Lesehinweise: Bei einer der drei angesprochenen Personen handelt es sich um eine besonders schillernde Figur, die bereits vielfach Gegenstand der Berichterstattung war:

3. Journalismus in Belarus: Tricks gegen Zensur
(ndr.de, Video: 16:02 Minuten)
Bei “Zapp” geht es um die besorgniserregenden Zustände im von Alexander Lukaschenko autoritär geführten Belarus: “Mit brutaler Gewalt werden in Belarus alle unabhängigen Medien zerschlagen, sogar der belarussische Journalistenverband. Viele Journalistinnen und Journalisten müssen Hals über Kopf das Land verlassen. Doch die kritische Berichterstattung geht weiter: Mutige Belarussen überlegen sich Tricks, wie sie die Zensur umgehen können.”

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4. Meteorologe Özden Terli – Jung & Naiv: Folge 536
(youtube.com, Tilo Jung, Video: 2:23:55 Stunden)
Özden Terli arbeitet als Meteorologe und Wettermoderator beim ZDF. Im Gespräch mit Tilo Jung erzählt er von seinem Werdegang, den Zusammenhängen und Unterschieden von Wetter und Klima, Wettervorhersagen und Klimawandel-Fakten im Wetterbericht.

5. Kampf gegen das Urheberrecht
(deutschlandfunknova.de, Sibylle Salewski, Audio: 42:35 Minuten)
Im Vortrag der Literaturwissenschaftlerin Annette Gilbert geht es um das “Manifest zum Urheberrecht” des russischen Dichters und Musikers Kirill Medwedew. Für Gilbert ist Medwedews Manifest “eine Fortführung des Widerstands russischer Autoren gegen ein staatlich reguliertes Verlagswesen”.

6. So gefährlich ist BILD TV wirklich
(youtube.com, Philipp Walulis, Video: 15:02 Minuten)
Philipp Walulis widmet sich in seiner neuesten “Story”-Folge dem Sender “Bild TV”. Ist Springers neuer Fernrsehkanal das deutsche Fox News, das mit rechter Propaganda so überaus erfolgreich ist? “Wie gefährlich es wirklich ist, dass Julian Reichelt und Claus Strunz jetzt bei genau denen abschreiben – das ist unsere Story!”
Weiterer Lesehinweis: Auf Twitter gibt ProSieben die aktuellen Einschaltquoten von Mitbewerber “Bild TV” bekannt: “Der TV-Sender BILD hatte am Donnerstag einen Marktanteil von 0,0 Prozent Marktanteil (14-49). In der PrimeTime (20-23 Uhr) kam BILDTV ebenfalls auf einen Marktanteil von 0,0 Prozent (14-49).”

“Bild” ist Aktuelle-Äpfel-alte-Birnen-Europameister

“Wir setzen uns für eine freie und soziale Marktwirtschaft ein”, lautet einer der fünf “Grundsätze und Werte” des Axel-Springer-Konzerns. Und auch die “Bild”-Redaktion vertritt in ihrer Berichterstattung überwiegend die Ansicht: Soll der Markt es regeln. Aber wenn es ums Autofahren geht oder genauer: um die Spritpreise, ja, dann

Screenshot Bild.de - Zwei-Euro-Marke teilweise schon geknackt - Wann kommt die Spritpreis-Bremse, Herr Scheuer? Wie der Verkehrsminister sein Versprechen halten will

Zum Zapfsäulen-Aktivismus der “Bild”-Redaktion passt auch diese exklusive “Bild”-Meldung von gestern:

Screenshot Bild.de - Auf diesen Titel hätten wir gerne verzichtet - Deutschland ist Spritpreis-Europameister

Keine Frage: Die Preise für Benzin und Diesel sind in letzter Zeit stark gestiegen. Das stellt viele Menschen, die aufs Autofahren angewiesen sind, vor größere finanzielle Herausforderungen. Aber dass die Spritpreise in Deutschland die höchsten in Europa sind, ist schlicht falsch.

Bei Bild.de steht dazu:

Die Preise an deutschen Tankstellen ziehen weiter an: Diesel und Super E10 erreichen 9-Jahre-Hochs, teilte der ADAC am Mittwoch mit. Und damit gewinnt Deutschland das, was Hansis Jungs zuletzt 1996 packten: Wir sind (Spritpreis-)Europameister! (…)

BILD macht den Check, wie es im europäischen Vergleich an den Zapfsäulen anderer Länder preislich derzeit aussieht.

Die erschütternde Bilanz vorab: Deutschland ist Spitzenreiter! Bei teuerstem Super UND Diesel. Dicht gefolgt von Norwegen.

Die “Bild”-Redaktion präsentiert in ihrem Artikel eine Tabelle mit den Super- und Dieselpreisen aus 15 verschiedenen Ländern: Deutschland, Norwegen, Italien, Dänemark, die Niederlande, Frankreich, Griechenland, Spanien, die Schweiz, Tschechien, Kroatien, Österreich, Polen, die Türkei und Bulgarien. Deutschland steht mit den höchsten Preisen ganz oben. Bild.de beruft sich dabei auf die Seite benzinpreis.de. Die schreibt über sich selbst:

benzinpreis.de ist ein Projekt, in dem Benzin- und Dieselpreise weltweit von Benutzern der Seite eingegeben und vom System statistisch aufbereitet werden.

Die Verlässlichkeit der Zahlen von benzinpreis.de hängt also davon ab, wie oft und wie genau die Nutzer dort Preise eintragen. Und das findet nicht so irre häufig statt: Der aktuellste Eintrag für Norwegen beispielsweise stammt sowohl bei Super als auch bei Diesel vom 20. April 2020. Aus den Niederlanden kam die letzte Super-Meldung am 3. August 2020 rein. Für Italien stammt der neueste Eintrag immerhin vom 15. September 2021 – ist damit aber auch schon einen Monat alt. Die Preise aus Kroatien stammen vom 22. Juni 2020. Die aus der Türkei vom 20. April 2020. Und so weiter. Die Preise für Deutschland stammen laut benzinpreis.de hingegen von der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe des Bundeskartellamts.

Die “Bild”-Redaktion vergleicht also aktuelle Zahlen aus Deutschland mit veralteten aus dem Ausland, teilweise von vor eineinhalb Jahren.

Schaut man sich hingegen aktuellere Zahlen an, beispielsweise auf der Seite GlobalPetrolPrices.com, die bei der Preisermittlung laut eigener Angabe auf mehrere voneinander unabhängige Quellen zurückgreift (PDF), sieht man, dass Deutschland bei weitem nicht “Spritpreis-Europameister” ist: Beim Superbenzin lagen am 11. Oktober die Niederlande, Norwegen, Dänemark, Griechenland und Italien mit höheren Preisen vor Deutschland. Nimmt man noch weitere europäische Staaten in den Vergleich mit auf, die, warum auch immer, in der “Bild”-Liste nicht auftauchen, liegen auch noch Schweden, Finnland, Island, Portugal und Monaco vor Deutschland. Beim Diesel waren die Preise in Schweden, Norwegen, Großbritannien, Island, Dänemark, Belgien, Monaco, Finnland, Kroatien, Italien, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz höher als in Deutschland.

Mit Dank an Marian und Theo für die Hinweise!

Nachtrag, 17. Oktober: Noch ein nachgereichter Gedanke: Was in dem (falschen) “Bild”-Ranking überhaupt keine Rolle spielt, ist die unterschiedliche Kaufkraft in den verschiedenen europäischen Ländern.

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