Gerade in der Konditorei: Ja, gut, das sei schon ein ärgerlicher Fehler, so der Meister, dass er und sein Team beim Teig für die Sahnetorte Gips statt Mehl genommen haben, und dass sich in dem Glas, auf dem Salz steht, kein Zucker befindet, nun ja, das hätte vielleicht auch auffallen können. Aber sonst sei das alles Top-Qualität! Ach, warum die Creme so merkwürdig schmeckt? Das könne daran liegen, dass sie Rasierschaum statt Sahne verwendet hätten. Aber sonst stimme so gut wie alles.
So würde es klingen, wenn Julian Reichelt seine Ware nicht als “Bild”-Chefredakteur unter die Leute bringen würde, sondern als Konditor.
Drüben bei Twitter rühmt er sich damit, dass seine Redaktion nur ein paar grobe Schnitzer in einem Artikel untergebracht hat — abgesehen davon habe “so gut wie alles” gestimmt in der “BILD kennt den geheimen Ablauf”-Geschichte über Stefan Raabs Bühnencomeback. Zur Erinnerung: Das Raab-Team hatte auf der “TV Total”-Facebookseite einem “Bild”-Beitrag deutlich widersprochen. Der Artikel sei in großen Teilen schlicht erfunden.
Das ist also der journalistische Anspruch von “Bild” unter Julian Reichelt: Ist doch super, wenn “so gut wie alles stimmt”:
Leider stimmt nicht mal Reichelts “so gut wie alles stimmt”. Da der “Bild”-Chef von sich aus nur den “ärgerlichen Fehler” mit der “Schalte zu ProSieben” anspricht, helfen wir ihm — mit Blick auf den Auftritt von Stefan Raab gestern Abend in Köln — gern noch einmal auf die Sprünge:
Nein, Lena Meyer-Landrut war nicht, wie von “Bild” angekündigt, Teil der Show.
Nein, Aaron Troschke war nicht, wie von “Bild” angekündigt, Moderator der Show.
Nein, es waren nicht, wie von “Bild” angekündigt, 20.000 Zuschauer, sondern rund 14.000.
Nein, es gab keine “Aufarbeitung verschiedener Ereignisse der letzten Wochen”, wie von “Bild” angekündigt.
Nein, Raab gab keinen “(beruflichen) Rückblick auf seine TV-Abstinenz”, wie von “Bild” angekündigt.
Nein, Raab sprach nicht, wie von “Bild” angekündigt, “über seine zukünftigen Pläne”.
Mathias Döpfner sagte neulich in einem Interview zur angeblichen neuen Fehler-Kultur bei “Bild”:
Und was ich toll finde: Dass Julian Reichelt, wenn er Fehler macht, sich dafür entschuldigt und sofort Transparenz herstellt.
Dem Springer-Chef könnte ein Konditor Reichelt vermutlich auch ein Stück Sahnetorte andrehen.
Wie es bei Stefan Raabs Bühnencomeback tatsächlich war:
- Er ist wieder da: So lief das große Raab-Comeback (haz.de, Imre Grimm)
- Es gibt ihn wirklich noch! (faz.net, Sebastian Eder)
- Raabs musikalische Retro-Revue: Kleinkunst ganz groß (dwdl.de, Thomas Lückerath)