Wenn man bei “Zeit Online” nach “Jan Ullrich” sucht, findet man aus den vergangenen Wochen vier Beiträge.
Wenn man bei Stern.de sucht, findet man vierundfünfzig.
Als Ullrich nach seinem Ausraster auf Til Schweigers Grundstück erklärte, dass er nun eine Therapie machen wolle, erschien bei Stern.de:
Und ein paar Stunden später:
Und ein paar Stunden später:
Als Ullrich ein paar Tage darauf nach einem mutmaßlichen Angriff auf eine Escort-Dame in Frankfurt festgenommen wurde, erschien bei Stern.de:
Und ein paar Stunden später:
Und ein paar Stunden später:
Und ein paar Stunden später:
In den Beiträgen (die von verschiedenen Agenturen stammen) steht zwar überall das gleiche, aber hey, mehr Artikel bedeuten schließlich: mehr Klicks.
Und viel mehr Artikel bedeuten viel mehr Klicks. Das weiß niemand besser als das Team von “Focus Online”. Ganze 65 Artikel hat das Portal in den zweieinhalb Jan-Ullrich-Skandal-Wochen veröffentlicht — fast doppelt so viele wie “Zeit Online” (4), “Spiegel Online” (12) und FAZ.net (19) zusammen. Und sogar deutlich mehr als Bild.de (43).
Denn “Focus Online” veröffentlicht nicht nur endlos Agenturmaterial, sondern auch Beiträge von anderen Medien. Zum Beispiel:
Von “GQ” nacherzählte Witze des “Postillon” nochmal recyceln. “Focus Online” weiß eben, wie man mit minimalem Aufwand maximale Klicks einfährt.
Aber: Hin und wieder macht die Redaktion tatsächlich mal was selbst.
Da schläft also ein Reporter von “Focus Online” eine Nacht später im selben Hotel, und was passiert? Nix.
Wen man im Hotel zum Vorfall fragt, erklärt freundlich, nichts zu wissen.
Auch am Bar-Tresen, wo man normalerweise viel über das Leben in einem Hotel erfährt, halten sich die Angestellten bedeckt zu den Vorgängen der letzten Nacht.
Was macht der Reporter also? Setzt sich bis nachts an die Bar.
1.30 Uhr, Freitagnacht: Der allerletzte Gast ist aus der Bar verschwunden. Das Klirren der letzten Gläser, die vom Tisch geräumt werden, läutet den Feierabend für die Nachtschicht am Tresen ein. Der Fahrstuhl kommt so geräuschlos, wie der dichte Teppich jeden Schritt im Haus schluckt.
Aber damit “Focus Online” die “bis zu 6000 Euro”, die hier pro Nacht fällig werden, nicht völlig umsonst ausgegeben hat, schreibt er noch schnell:
Mein Deluxe-Zimmer ist hell und freundlich. 35 Quadratmeter Wohlfühlzone mit Sitzecke und schwerem Holzschreibtisch, ein elegantes Milchglasfenster lässt Licht in das riesige Badezimmer fallen.
Die Matratze vom Doppelbett ist dick und solide. Vielleicht war es genau dieses Bett, auf das sich Ullrich sich mit der Escort-Dame legte?
Vielleicht!
Und vielleicht darf sich der Reporter ja bald über ein Jobangebot der “FAZ” freuen, denn auch für die ist am wichtigsten, dass sie Zeilen gefüllt bekommt. Was drinsteht, ist wumpe:
In welchem Ausmaß deutsche Onlinemedien sonst noch über Jan Ullrich berichtet haben, haben wir in dieser Übersicht (PDF, mit Links zu den jeweiligen Artikeln) zusammengestellt:
Dazu auch:
- Ulle from the block (“taz”)
- Til Schweiger und Jan Ullrich im Medienpuff von “Bunte” und RTL (“Übermedien”)
- “Eine Person, die Jan Ullrich sehr ähnlich sieht” (WDR 5, Audio, ab Minute 38:52)
- “Wir dürfen Ullrich nicht fallen lassen” (BILDblog bei Twitter)