Was die „Bild“-Zeitung vom gestern beendeten Streik der Lokführer, pardon, vom gestern beendeten „MONSTER-STREIK“ der Lokführer hielt, dürfte spätestens seit der Telefonterrorkampagne gegen GDL-Chef Claus Weselsky klar gewesen sein.
(Unkenntlichmachung von uns.)
Am Donnerstag, pünktlich zum Beginn des Streiks, schoss „Bild“ dann mit einer ganzen Anti-Streik-Seite nach, auf der die wütenden Gegner und Opfer nochmal ordentlich rumwettern durften:
Die Lokführer-Gewerkschaft GDL hat zum bisher längsten Streik in der Bahn-Geschichte aufgerufen! Doch nicht alle folgen dem Aufruf: Einige sind Beamte, dürfen nicht streiken, andere Lokführer halten den Monster-Streik der GDL für völlig überzogen.
In BILD sagen vier von ihnen, warum sie heute zur Arbeit gehen – und den Streik bescheuert finden
Da wäre zum Beispiel ein Lokführer aus München, der sagt:
Dieser viertägige Streik ist voll daneben. Er trifft einfach zu viele Reisende, Familien, Pendler. Ich merke auch, dass ein Teil der GDL-Lokführer den Streik nicht mehr mitträgt, weil sie der Ausstand Lohn kostet. Ich bin für heute in der ICE-Bereitschaft eingesetzt und werde mit Sicherheit einen Zug fahren.
Was der Mann allerdings nicht sagt: Er ist gar kein Mitglied bei der GDL, sondern bei der konkurrierenden Gewerkschaft EVG, die überhaupt nicht mitgestreikt hat und den Tarifkonflikt stark kritisiert.
Auch zwei weitere, also insgesamt drei der vier interviewten Lokführer sind laut Gewerkschafts-Website Mitglied in der EVG und setzen sich unter anderem für die Eingliederung der Lokführer in die EVG ein. Es ist also keine Überraschung, dass sie nicht am Streik teilgenommen haben, dass sie ihn „voll daneben“ finden und auch sonst fleißig gegen die Konkurrenz von der GDL stänkern.
Und es ist keine Überraschung, dass die „Bild“-Zeitung diese Fakten auf ihrem Feldzug gegen Weselsky und den „MONSTER-STREIK“ ganz einfach verschwiegen hat.
1. “Mehr Grautöne, bitte!” (ostpol.de)
Was sich Osteuropa-Korrespondenten von deutschen Redaktionen wünschen. Baltikum-Korrespondentin Birgit Johannsmeier: “Ein Problem, dem wir als Auslandskorrespondenten in den Medien begegnen, ist das große Vertrauen der Redakteure in die Nachrichtenagenturen, die meiner Meinung nach gerne Vorurteile bedienen und mit reißerischen Aufmachern um Kunden werben.”
2. “Eigenwillige Schelme” (literaturkritik.de, Nils Demetry)
Nils Demetry sieht die Redaktionen vom Gewinn des Literaturnobelpreises durch Patrick Modiano überrumpelt. “Dass ein vermeintlich unbekannter und dazu für die mediale Verwertung denkbar ungeeigneter Schriftsteller den Literaturnobelpreis gewinnt (‘Er macht den Literaturbetrieb nicht mit.’), stellt Redaktionen in Zeiten von Klickzahlen und Sekundenjournalismus zunächst einmal vor ein Problem. (…) Nur Stunden nach der Bekanntgabe empörte sich beispielsweise der Cicero auf seiner Facebookseite über die Entscheidung (‘Gratulation an die Jury, die es seit Jahr und Tag schafft, die großen amerikanischen Erzähler zu ignorieren.’) und freute sich höhnisch ‘mit allen Feuilletonisten und Redaktionen, die sich das Werk Modianos jetzt im Schnelldurchlauf ergoogeln’ mussten.”
3. “Spazieren gehen kann man auch mit Rollstuhl – TV-Experimente” (leidmedien.de, Judyta Smykowski)
“Eine Behinderung auszuprobieren, ist im Fernsehen so beliebt geworden wie Kochshows, Casting-Shows und DIY-Shows”, findet Judyta Smykowski und schaut sich diese Sendungen genauer an.
1. “Nestbeschmutzung: Das bequeme Märchen vom aufrechten Magazinjournalismus” (wortvogel.de, Torsten Dewi)
Torsten Dewi geht auf Entlassungen von festen Textredakteuren bei der “Brigitte” ein und erklärt den Unterschied zwischen Journalisten und Textern: “Der Journalist steht für eine Sache, manchmal sogar für eine Geisteshaltung. Er verkauft auch seine Sprache, seine ganz bestimmte Art, Themen aufzuarbeiten. Wer ihn anheuert, will ihn haben – keinen anderen. Er ist nicht beliebig, nicht austauschbar, auch weil er Netzwerke, Erfahrung und Insiderwissen mitbringt. Der Texter füllt einen Textkasten zu einem Thema. Locker, lesbar, verständlich, auf Zeile genau. Er kann Kinokritiken ebenso schreiben wie Starklatsch und einen Abriss über die Geschichte der Badewanne. Im Idealfall hat er KEINE eigene Sprache, weil das in einem generischen Umfeld auffallen würde. Er ist nicht gut, weil er aufdeckt oder entlarvt, sondern weil er pünktlich und verlässlich liefert.”
2. “Von Putinverstehern und Journalistenverstehern” (stefan-niggemeier.de)
Stefan Niggemeier beschäftigt sich mit den Reaktionen von Journalisten etablierter Medien auf den Verlust von Vertrauen durch das Publikum. “Ich glaube nicht, dass viele deutsche Journalisten in irgendeinem engeren oder weiteren Sinne gekauft sind. Ich glaube aber, dass sie nicht unvoreingenommen sind.”
3. “Wie der Protektionismus der Verlage Googles Marktposition stärkt” (presseschauer.de, Daniel Schultz)
Mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger haben die Verlage “die Vormachtstellung von Google nicht nur gefördert, sondern zementiert”, findet Daniel Schultz – “zu Lasten kleinerer Wettbewerber und damit zu Lasten der Allgemeinheit”. “Es bleibt zu prüfen, ob die in der VG Media organisierten Verlage mit diesen exklusiven ‘Gratislizenzen’ ihr Monopolrecht als wettbewerbsfeindliches Kartell missbrauchen.”
4. “Verfahren gegen Dieter Nuhr eingestellt” (ndr.de, Stefan Schölermann)
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück stellt das Ermittlungsverfahren gegen Dieter Nuhr wegen des Verdachts auf Islambeleidigung ein. “Zur Begründung hieß es, für die Erfüllung des Volksverhetzungsparagrafen fehle es in den Werken von Nuhr an der ‘fremdenfeindlichen Gesinnung’. Auch das Kriterium der Beschimpfung einer Religionsgemeinschaft sei nicht erfüllt, da es sich erkennbar um Satire handle.”
Die Füchse von der “Bild”-Zeitung, sie haben’s immer noch drauf. 25 Jahre nach dem Mauerfall, gerade rechtzeitig zum Jubiläum, enthüllen sie “exklusiv”, dass die Sache damals anders lief, als alle bisher dachten: Die DDR hatte den Mauerfall angekündigt!
“Bild”-Hauptstadt-Korrespondent Peter Tiede staunt:
Nicht am 9. November 1989, aber im Dezember sollte die Mauer fallen. Das geht aus einem Brief hervor (liegt BILD vor), den Berlins früherer Regierender Bürgermeister Walter Momper (69, SPD) am 6. November 1989 — drei Tage vor dem tatsächlichen Mauerfall — an den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl schickte.
Darin schrieb Momper: Er gehe “davon aus, dass voraussichtlich im Dezember 1989 für die Einwohner Ost-Berlins und der DDR eine weitgehende Reisefreiheit hergestellt wird”. Mehr als vier Millionen DDR-Bürger würden in der Folge binnen kürzester Zeit West-Berlin besuchen. Darauf sei seine Stadt nicht vorberiete.
Momper stützte sich nach BILD-Informationen bei dem Brief auf Informationen aus einem Geheim-Gespräch mit dem damaligen Ost-Berliner SED-ZK-Sekretär Günter Schabwoski (85).
Wir wissen natürlich nicht, wer “Bild” dieses brisante Dokument nach all den Jahren zugespielt hat. Ob es “Bild”-Freund Helmut Kohl war. Oder Schabowski. Oder doch das ZDF.
Das hatte vor fünf Jahren, zum 20. Jubiläum des Mauerfalls, eine Dokumentation mit dem Titel “Der schönste Irrtum der Geschichte” gesendet. In der Pressemitteilung zur Ankündigung hieß es damals:
ZDF-Recherchen belegen jetzt, dass sowohl der West-Berliner Senat als auch das Bundeskanzleramt vorgewarnt waren. Bei einem Gespräch am 29. Oktober 1989 hatte ZK-Sprecher Günter Schabowski Berlins Regierendem Bürgermeister Walter Momper mitgeteilt, dass die DDR-Regierung eine kurzfristige Grenzöffnung für alle Bürger anstrebe. Erstmals zitiert der Film aus einem Brief, in dem Momper am 6. November 1989 auch Bundeskanzler Helmut Kohl informierte: “Der Senat geht davon aus, dass voraussichtlich im Dezember 1989 für die Einwohner Ost-Berlins und der DDR eine weitgehende Reisefreiheit hergestellt wird (…) Es ist daher davon auszugehen, dass nahezu alle Einwohner der DDR bald reisen können.”
Na sowas.
Momper selbst hatte von dem Treffen mit Schabowski schon im Juni 2009 im RBB-Inforadio erzählt, woraufhin die “B.Z.” meldete:
Momper wusste zehn Tage vor dem Mauerfall vom Mauerfall
Über den Brief Mompers an Kohl, über den “Bild” heute “exklusiv” berichtet, berichtete Ende Oktober 2009 auch schon die “Badische Zeitung”:
Neue Übergänge müssten geöffnet werden, die BRD müsse Kontakt mit der DDR aufnehmen, man müsse Eisenbahnzüge bereitstellen und endlich das Begrüßungsgeld regeln. Im Kanzleramt von Helmut Kohl scheint der Brief in irgendeiner Posteingangsmappe stecken zu bleiben. Oder er wird geprüft. Intensiv. Niemand reagiert.
Oder wie es im WDR-Rundfunk ebenfalls zum 20. Geburtstag des Mauerfalls hieß:
Am 6. November schreibt [Momper] an Bundeskanzler Helmut Kohl, um ihn über die Vorkommnisse zu informieren: “Es ist davon auszugehen, dass nahezu alle Einwohner der DDR bald reisen können”. Die sensationelle Nachricht bleibt auf dem Dienstweg stecken. Helmut Kohl erreicht sie nicht.
Die alte Legende von der vorzeitigen Information Walter Mompers durch Schabowski am 29. Oktober 1989 wird erneut präsentiert. Tatsächlich gab es das Gespräch, wie seit Jahren bekannt ist; dabei sagte Schabowski den Vertretern des West-Berliner Senates aber nur, dass im Dezember Reisefreiheit geplant sei. Auch ein Brief von Momper an Bundeskanzler Helmut Kohl vom 6. November 1989, in dem genau diese Information steht, ist bereits seit über zehn Jahren bekannt und nicht erstmals in der Dokumentation zu sehen.
Aber was zum 20. Jubiläum schon alt und bekannt war, kann eine “Bild”-Zeitung auch zum 25. noch exklusiv enthüllen.
Nachtrag, 9:15 Uhr. Die Nachrichtenagentur AFP glaubt die “Bild”-Behauptungen unbesehen. Anstatt im Archiv nachzusehen oder wenigstens eine paar Begriffe in eine Suchmaschine einzugeben, erweckt sie ebenfalls den Eindruck, “Bild” habe neue Informationen. Entsprechend meldet AFP nun:
Bericht: Momper frühzeitig in Plan zu Maueröffnung eingeweiht Zeitung zitiert aus Brief des SPD-Politikers an Kohl
Berlin (AFP) – Berlins damaliger Regierender Bürgermeister Walter Momper (SPD) war 1989 einem Bericht zufolge schon frühzeitig in der Plan der DDR-Führung zur Öffnung der Mauer eingeweiht. Bereits im Monat vor der Grenzöffnung am 9. November habe Momper davon gewusst, wie aus einem Brief des SPD-Politikers an den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hervorgeht, aus dem die “Bild” am Donnerstag zitierte.
In diesem auf den 6. November 1989 datierten Dokument kündigte Momper gegenüber Kohl an, dass “voraussichtlich im Dezember 1989 für die Einwohner Ost-Berlins und der DDR eine weitgehende Reisefreiheit hergestellt wird”. Nach seinen Informationen dürften die DDR-Bürger ab diesem Zeitpunkt mit ihren Personalausweisen die innerdeutsche Grenze passieren, schrieb Momper demnach.
Momper stützte sich dabei nach “Bild”-Informationen auf Erkenntnisse aus einem Geheimgespräch mit dem SED-Funktionär Günter Schabowski. Beide hätten sich Ende Oktober im Ost-Berliner Palast Hotel auf Wunsch von Schabowski getroffen. (…)
Die Sache ist zwar jetzt schon ein paar Tage her, aber weil dieser Fehler immer wieder gerne gemacht wird, wollen wir noch kurz darauf eingehen.
Und zwar hat die “Tagesschau” am Sonntag über den Weltklimarat berichtet, der fordert, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 40 Prozent zu reduzieren (Mediathek, ab 7:30).
Illustriert hat die “Tagesschau” das mit folgender Grafik:
Um auf das 2050-Rechteck zu kommen, hat die Redaktion beide Seiten des großen Rechtecks einfach auf 60 Prozent gestaucht. Das ist aber falsch, denn damit weist das kleinere Rechteck nur 0,6 x 0,6 = 36 Prozent des Flächeninhalts des großen Rechtecks auf. Eigentlich müssten es aber 60 Prozent sein.
Richtig sähe es also ungefähr so aus:
Oder die “Tagesschau” hätte das kleine Rechteck genauso breit machen müssen wie das große:
1. “In der DDR gab es keinen echten Journalismus” (thueringer-allgemeine.de, Hanno Müller)
Hanno Müller erinnert an den Journalismus in der DDR: “In der DDR gibt es 1989 zwei Fernsehprogramme, fünf Radiostationen und die zentral gelenkte Nachrichtenagentur ADN. Dazu eine überregionale und 15 regionale SED-Zeitungen sowie 18 Zeitungen der sogenannten Blockparteien. Unabhängige Medien – Fehlanzeige. Journalisten sind Teil des Systems.”
2. “Traktat über einen Mann, den es so gar nicht gibt” (ad-sinistram.blogspot.de, Roberto De Lapuente)
Die Berichterstattung über Wladimir Putin: “Er gebiert Meldungen, die dem Konsumenten ein Bild vermitteln, das nicht über wirkliche Geschehnisse aufklärt, sondern etwaige Vorurteile nur bestätigt. Der beschriebene Putin ist eine Konstruktion, die nicht mit Ergebnisoffenheit recherchiert wird, sondern nach verplanten Attributen. Er ist so voller einseitiger Boshaftgkeit, Durchtriebenheit und Heimtücke, dass er nur als Personifikation verstanden werden kann.”
3. “Unter Druck” (zeit.de, Charlotte Parnack)
Peter Noßeks “Harburger Blatt”: “Noßek, 55 Jahre alt, ist Erfinder des Harburger Blatts und dessen Herausgeber. Er ist weiterhin: Chefredakteur, Chefreporter, Artdirector, Fotograf, Anzeigenleiter, Vertriebschef, Buchhalter, Sekretär, Zeitungsbote. (…) Alle zwei Wochen bringt er acht Seiten Lokalnachrichten heraus. Acht Seiten Print. Nur Print.”
4. “Wie TV TOTAL arglose Jugendliche vorführt” (youtube.com, Video, 6:53 Minuten)
Welche Rechte sich die TV-Produktionsfirma Brainpool von Jugendlichen einräumen lässt, die gemäß einer einzelnen Aussage im Glauben gelassen wurden, sie nähmen an einem Casting teil.
6. “‘Wir verschießen ständig Potenzial'” (krautreporter.de, Theresa Bäuerlein)
Ein Interview mit einer 32-Jährigen, die während einigen Jahren als Prostituierte in Berlin gearbeitet hat.
1. “Wie islamophob ist der ‘Focus’?” (blog.zeit.de/radikale-ansichten, Yassin Musharbash)
Yassin Musharbash schaut sich den aktuellen “Focus” an, der sich unter dem Titel “Ein Glaube zum Fürchten” mit dem Islam beschäftigt: “Der Islam braucht einen Luther, schreibt der Focus als Fazit. Mindestens genauso dringend braucht der Focus allerdings Journalisten. Sollte diese Titelgeschichte ein ernst gemeinter Versuch gewesen sein, reale und diskussionswürdige Probleme anzusprechen, dann ist er gescheitert.”
2. “Deutschlands Richter sehen fern” (faz.net, Michael Hanfeld)
Michael Hanfeld fragt sich, warum deutsche Gerichte keine Ausnahmen beim Rundfunkbeitrag anerkennen wollen und hat den Eindruck, die Richter schrieben nur noch voneinander ab: “Die Kläger laufen mit ihren Argumenten gegen eine Wand. Mit ihren Einwänden, was die Ungleichbehandlung im Einzelnen angeht, vor allem aber mit der generellen Kritik, dass es sich bei diesem Beitrag nicht um eine Abgabe handelt, mit der man eine erwünschte Gegenleistung bezahlt, sondern um eine Steuer. Der Einwand, man wolle ARD und ZDF nicht hören und sehen, zählt nicht, ja nicht einmal, dass der Empfang von öffentlich-rechtlichem Rundfunk am Arbeitsplatz nicht erwünscht, nicht möglich oder aus guten Gründen untersagt ist.”
3. “Doppelagenten der Comedy” (haz.de, Imre Grimm)
Imre Grimm berichtet von einem Mangel an Comedy-Autoren in Deutschland: “Es gibt halt nicht viele Gute. Die politische Spaßindustrie hierzulande ist ein kleiner, tapferer Haufen wehrhafter Recken, die im Dienste der Satire munter die Lager wechseln.”
4. “Die große Chance auf ein erfrischend zurückhaltendes Nachrichtenmedium” (netzwertig.com, Jürgen Vielmeier)
Jürgen Vielmeier sammelt einige technische Entwicklungen rund um die Smartwatch: “Medienhäuser haben hier eine gute Chance, die Nutzer schneller zu erreichen und personalisierter zu informieren. Besser fahren sie dabei mit zugeschnittenen Informationshappen und nur so vielen Nachrichten wie unbedingt nötig.”
5. “Onlinejournalismus: Konfetti für den Weilchenbeschleuniger” (spiegel.de, Peter Glaser)
Ein Text von Peter Glaser zu 20 Jahren “Spiegel Online”. “Früher öffnete sich einmal pro Abend mit der Tagesschau das Nachrichtenfenster in die Welt. Heute fließen Meldungen, Informationen, Unterhaltung permanent. Etwas so Sonderbares wie ‘Sendeschluss’ kennen junge Mediennutzer nicht mehr.”
Die “Bild”-Zeitung liebt Klaas Heufer-Umlauf, diesen “TV-Witzbold” (Bild.de) und “Moderatoren-Spaßvogel” (Bild.de), der ja so “herrlich abgedreht” ist (Bild.de) und “immer einen lustigen Spruch auf den Lippen” hat (Bild.de).
Allerdings scheint diese Liebe nicht gerade auf Gegenseitigkeit zu beruhen.
Vor anderthalb Wochen hat Heufer-Umlauf den “Fernsehgipfel” auf den Medientagen in München moderiert. Im Vorfeld hatten die Organisatoren einige Journalisten zu einer Telefon-Pressekonferenz eingeladen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, “Herrn Klaas Heufer-Umlauf direkt fragen zu können, warum er die Moderation des Fernsehgipfels übernommen hat, wie er sich auf seine Moderation inhaltlich vorbereitet hat” und so weiter.
Die “Bild”-Zeitung wurde aber kurzfristig wieder ausgeladen.
Der Geschäftsführer der Medientage erklärte später in einer Mail, die von “Bild”-Chef Kai Diekmann bei Twitter veröffentlicht wurde:
Uns wurde vom Management von Klaas Heufer-Umlauf kurz vor dem Telefoninterview kommentarlos mitgeteilt, dass Herr Heufer-Umlauf nicht wünschen würde, dass die Bild an dieser Telefon-Konferenz teilnimmt.
So fand die Konferenz dann auch statt: ohne “Bild”.
Darüber war Kai Diekmann eher weniger begeistert. Sein Kommentar:
In der Mail an “Bild” betont der Geschäftsführer der Medientage übrigens noch mehrmals, wie unendlich leid ihm die Sache doch tue. Er und seine Kollegen hätten “Bild” sehr gerne dabei gehabt, schließlich seien die “Bild München, die Bild und der Axel Springer Verlag” in den vergangenen Jahren “treue und verlässliche Partner” gewesen. Und dann so was! Er schreibt: “Uns hat das gar nicht gefallen”.
Uns schon.
Nachtrag, 5. November: In der ZDF-Sendung “Pelzig hält sich” hat Heufer-Umlauf gestern über die Sache gesprochen (Mediathek, ab ca. 56:00):
Pelzig: Was ich bei Ihnen wirklich klasse finde: Sie wollen natürlich Karriere machen, das wollen ja alle, aber nicht um jeden Preis. Jetzt habe ich gelesen, Sie hätten sich geweigert, mit der „Bild“-Zeitung zu reden, obwohl die Sie so lieben, und die waren total beleidigt. Da hat man aber schon Eier!
Heufer-Umlauf: In diesem Fall war es ein bisschen eine komische Kommunikation, die tatsächlich nicht so genau war, aber ich glaube, wenn eine Zeitung, und da geht’s nicht um die „Bild“-Zeitung, sondern um welche Zeitung auch immer, ein Foto abdruckt, was heimlich gemacht wurde, und da ist mir egal, welcher Verlag, welche Zeitung das macht, dass man da ein irritiertes Verhältnis dazu hat, ist ja klar.
Pelzig: Ach, die haben ein heimliches Bild gemacht?
Heufer-Umlauf: Naja, das ist ja keine neue Sache. In diesem Fall muss man sagen, und das muss man der kompletten Wahrheit getreu noch hinzufügen, dass das eine Pressekonferenz war, zu der man selber natürlich kein deutsches Medium ein- oder auslädt, weil das ist eine öffentliche Pressekonferenz, das hätte ich so nicht gemacht, aber dass man grundsätzlich — und das beschränkt sich nicht auf diese Zeitung, da gibt’s auch ein paar andere, da gibt’s auch eine Zeitung, die „Closer“ heißt, die komplett davon lebt, dass man einfach nur heimlich gemachte Fotos veröffentlicht und dann damit rechnet, dass man verklagt wird — ich finde, das übertritt eine gewisse Moral, an die man sich auch als Boulevardmedium halten kann.
1. “Content essen Seele auf” (siegstyle.de, Alf Frommer)
“Was läuft eigentlich gerade falsch im Journalismus?” Alf Frommer antwortet: “Viele Marken verkaufen gerade ihre Seele an den Content: gut ist, was beliebt ist und Klicks generiert. (…) Durch Zusammenlegung von Redaktionen spart man eben nicht nur Kosten, sondern schrumpft auch seine eigene Wiedererkennbarkeit. Wenn aber alles eine Soße ist, warum soll ich das noch am Kiosk kaufen oder im Internet dafür bezahlen? Da werden Marken kaputt gespart und ein Image zerstört.”
2. “Journalismus unter Verdacht” (faz.net, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier erkennt eine zunehmende Kritik am etablierten Journalismus: “So wie aus Politikverdrossenheit bei vielen Menschen Politikverachtung geworden ist, ist aus Journalismusverdrossenheit Journalismusverachtung geworden – und Journalistenverachtung. (…) Viele der seriösen Medien scheinen noch nicht zu ahnen, wie groß die Erosion des Vertrauens in ihre Arbeit ist und dass dieses Vertrauen die Grundlage für alles ist.”
3. “Warum ich mich ohne schlechtes Gewissen von Apple einladen lasse” (nzz.ch, Henning Steier)
Henning Steier reagiert auf den Artikel “Der Apfel fällt nicht weit vom Bann” (krautreporter.de, Richard Gutjahr): “Bei jeder Apple-Veranstaltung frage ich mich, wie die vielen Live-Ticker zu erklären sind, die mindestens 30 Minuten vor der Apple-Keynote beginnen und mit Banalitäten wie ‘Coldplay säuseln aus den Boxen’ gefüllt werden. Die Antwort der Kollegen ist ebenso einfach wie scheinheilig: Die Leser verlangen das. Ich bin nicht sicher, ob sie ungefilterte Verlautbarungen schätzen. Auffällig ist in jedem Fall, dass bei den meisten Publikumsmedien nur Apple einen Live-Ticker bekommt – obwohl doch etwa Google und Facebook für die meisten Nutzer mindestens genauso wichtig sind und ebenfalls diverse Veranstaltungen pro Jahr abhalten.”
4. “Der stumme Schrei” (welt.de, Dirk Schümer)
Dirk Schümer erinnert an den vor zehn Jahren auf offener Straße ermordeten Theo van Gogh, “mittelmäßiger Filmregisseur”, “williger Talkshowpöbler und rüder Zeitungskolumnist”: “Mit dem Mord war die Epoche der tabufreien Debatten im Leser- und Plaudervolk der Niederlande schlagartig vorbei. ‘Gnade! Wir können doch drüber reden!’, waren van Goghs letzte Worte an seinen Killer, und sie beschreiben messerscharf den Abgrund, der sich auftut.”
5. “Angst ist keine Option” (taz.de, Anne Fromm)
Anne Fromm besucht die Redaktion der “Lausitzer Rundschau” in Spremberg, die gegen Schmierereien und Drohungen ankämpft. “Er wäre einfach, jetzt zu denken: die braune Lausitz, mit all diesen ‘Idioten’. Aber Wappler ist sich sicher: Wenn andere Journalisten vor ihrer Haustür genau gucken würden, würden sie ähnliche Geschichten finden. Die Nazi-Krawalle in Köln am vergangenen Wochenende, SS-Siggi in Dortmund, der NSU in Jena.”
6. “20 Jahre ‘Extra’ – Wir ‘gratulieren'” (medienkritisch.ch, Stephan Stulz)
Stephan Stulz schaut sich die Jubiläumsausgabe des RTL-Boulevardmagazins “Extra” an: “Immerhin bringt mich ein Statement von Moderator Kena Amoa zum Schmunzeln: ‘Naja, es wirkte halt immer so, als suchte man irgendeinen journalistischen Grund, Menschen nackt zu zeigen.’ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.”