Alkohol soll ja am Besten in Maßen konsumiert werden — und wo ginge das besser als beim Münchener Oktoberfest, wo die gängige Ausgabegröße für Bier eine sogenannte Maß (überall sonst auf der Welt: ein Liter) ist?
Ebenso Folklore wie das Oktoberfest selbst sind die jährliche Wasserstandsmeldungen, wie viel (mehr) denn im aktuellen Jahr für so eine Maß berappt werden müsse (2012: “zwischen 9,10 und 9,50 Euro”, 2010: “zwischen 8,30 und 8,90 Euro”, 2007: “ab 7,80 Euro. Rekord!”, …).
Aber das sind vergleichsweise trockene Zahlen. Hilfreich wäre natürlich eine Einordnung ins internationale Preisspektrum.
Drum danket dem Herrn für Bild.de:
Oder genauer: für “ECA International”.
Das Beratungsunternehmen “ECA International” mit Dependance in München hat die Bierpreise von 16 Besuchernationen mit denen der Wiesn verglichen. Besonders hart trifft es demnach Oktoberfest-Fans aus Südafrika, die gegenüber den Heimatpreisen das Doppelte für eine Maß Bier bezahlen müssen.
Bild.de hat sich aber auch die Mühe gemacht und Vergleiche angestellt:
Links oben sehen Sie die Bierpreise in 16 Nationen weltweit sowie die Abweichung vom Maß-Preis – ausgehend vom Preis im eigenen Land.
Die Bierpreise dieser 16 Nationen sind – wohl damit sie nicht so einfach miteinander zu vergleichen sind – nicht etwa in einer Tabelle aufgeführt, sondern in einer 16-teiligen Klickstrecke.
Auch gibt es eine gewisse Abweichung beim Ausgangsmaterial: Während “ECA International” mit 8,65 Euro rechnet (“Die Maß Bier kostet in den Festzelten zwischen 8,30 Euro und 8,90 Euro – im Durchschnitt über alle Zelte gerechnet sind das 8,65 Euro.”), geht Bild.de von einem anderen Preis aus: “Durchschnittlich 9,32 Euro zahlen Wiesn-Besucher dieses Jahr für den berühmten Humpen Bier.”*
Aber das sind alles noch keine befriedigenden Erklärungen für dieses Kraut und Rüben, das Bild.de da in seiner Übersicht präsentiert:
Land | Preis | Abweichung laut Bild.de | Tatsächliche Abweichung |
Norwegen | 20,98 Euro | 56 Prozent teurer | 125 Prozent teurer |
Japan | 15,10 Euro | 38 Prozent teurer | 62 Prozent teurer |
Schweiz | 14,54 Euro | 36 Prozent teurer | 56 Prozent teurer |
Dänemark | 13 Euro | 28 Prozent teurer | 39 Prozent teurer |
Frankreich | 12,18 Euro | 23 Prozent teurer | 31 Prozent teurer |
Australien | 11,68 Euro | 20 Prozent teurer | 25 Prozent teurer |
Kanada | 11,26 Euro | 17 Prozent teurer | 21 Prozent teurer |
Neuseeland | 10,88 Euro | 14 Prozent teurer | 17 Prozent teurer |
Italien | 10,74 Euro | 13 Prozent teurer | 15 Prozent teurer |
Argentinien | 10,48 Euro | 11 Prozent teurer | 12 Prozent teurer |
Niederlande | 9,46 Euro | 1 Prozent teurer | 1,5 Prozent teurer |
USA | 9,02 Euro | 3 Prozent billiger | 3 Prozent billiger |
Österreich | 8,08 Euro | 15 Prozent billiger | 13 Prozent billiger |
Großbritannien | 7,28 Euro | 28 Prozent billiger | 22 Prozent billiger |
Spanien | 6,92 Euro | 35 Prozent billiger | 26 Prozent billiger |
Südafrika | 4,66 Euro | 100 Prozent billiger | 50 Prozent billiger |
Am Schluss bekommt man wenigstens eine Ahnung, was da falsch gelaufen sein könnte: Ein Bier, das “100 Prozent billiger” ist als auf dem Oktoberfest, müsste exakt 0 Cent kosten. Bild.de hat offenbar aus der anderen Richtung gerechnet:
Besonders hart trifft es demnach Oktoberfest-Fans aus Südafrika, die gegenüber den Heimatpreisen das Doppelte für eine Maß Bier bezahlen müssen.
Mit Dank an Jens und Blox.
Nachtrag, 18.20 Uhr: Unser Leser Sönke B. hat einen plausiblen Lösungsweg herausgefunden: Bild.de rechnet offenbar in der Tat “ausgehend vom Preis im eigenen Land”.
Das heißt, bezogen auf das Beispiel Norwegen: Bild.de teilt die vollen 100 Prozent durch 20,98 und rechnet dieses Zwischenergebnis (4,77) mal dem deutschen Preis von 9,32 Euro. Dabei kommt ein Wert von 44,4 heraus, die Abweichung zu 100 Prozent beträgt also gerundet 56 Prozent, weswegen Bild.de zu dem Ergebnis kommt, das Bier in Norwegen sei “56 Prozent teurer”. Tatsächlich ist es aber in Deutschland 56 Prozent billiger, was aber nicht aufs Gleiche rauskommt, wie man spätestens am Beispiel Südafrika sehen kann.
2. Nachtrag, 21. September: Bild.de hat die Klickstrecke komplett überarbeitet und dabei offenbar unsere Werte übernommen.
Außerdem gibt es diesen Hinweis:
Leider hat sich bei unserer ersten Berechnung der Fehlerteufel eingeschlichen, das tut uns sehr leid. Wir haben das geändert. Vielen Dank an die vielen Hinweisgeber!
*) 3. Nachtrag/Korrektur: Und jetzt haben wir auch eine ganz einfache Erklärung für die Werte von Bild.de: In der Pressemitteilung von “ECA International” findet sich eine Grafik, aus der Bild.de offenbar die Werte übernommen und diese dann falsch zugeordnet hatte. Die Legende der Grafik sagt nur “Wieviel teurer/billiger ist die Maß Bier auf dem Münchener”, was tatsächlich ziemlich verwirrend sein kann.
Wir hatten gestern dämlicherweise die Pressemitteilung von vor zwei Jahren zum selben Thema verlinkt, was die Abweichungen im Durchschnittspreis erklärt, die wir in der inzwischen durchgestrichenen Passage beschrieben haben. Entschuldigung!
Mit Dank an Tobias F.