Archiv für Juni 6th, 2012

Bild  

Stadt, Land, Krebs

Fußball, Stars, Brüste und Krebs — es fehlen eigentlich nur noch niedliche Tiere und die heutige Titelseite von “Bild” Leipzig wäre perfekt gewesen:

Krebs! Der große Report für Sachsen

(Tatsächlich ist unter dem Bruch ein Foto von toten Walen im blutroten Wasser zu sehen, aber das dürfte nirgendwo als niedlich durchgehen.)

Der “große Krebs-Report für Sachsen” wartet mit ein paar knackigen Zahlen und trockenen Daten auf. Sie stammen offenbar aus dem aktuellen “Kreisdatenblatt”, einer Veröffentlichung (PDF) des Gemeinsamen Krebsregisters der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen.

Leider haben sich die Redakteure nicht mit dem Weitertragen nackter Zahlen und dem Zitieren von fachkundigen Wissenschaftlern zufrieden gegeben, sie haben sich auch an einer eigenen Einordnung versucht:

Auch auffällig: Bei der Brustkrebshäufigkeit zeigt sich ein deutliches Stadt- Land-Gefälle. Während z.B. in Leipzig durchschnittlich insgesamt 437 Neuerkrankungen pro Jahr diagnostiziert werden, sind es etwa im Landkreis Leipzig “nur” 233.

Das musste natürlich schief gehen: Während in der Stadt Leipzig 517.157 Einwohner leben, sind es im Landkreis Leipzig 270.770. Die Stadt kommt also auf 84,5 Brustkrebsneuerkrankungen pro 100.000 Einwohner, der Landkreis mit 86,1 sogar auf einen etwas höheren Wert.

Noch deutlicher ist das Stadt-Land-Gefälle übrigens bei den gesamten Krebsneuerkrankungen — wie man auch in dieser Tabelle ablesen kann, die “Bild” heute gedruckt hat:

Neuerkrankungen je 100.000 Einwohner/Jahr: Leipzig 608,4, Landkreis Leipzig 621

Mit Dank an Rico K.

Lisa Feldmann, Luka Rocco Magnotta, Closer

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Ist das Wirtschaftsjournalismus?”
(falter.at, Reinhard Christl)
Die Ressorts Politik und Wirtschaft hängen eng zusammen, deshalb sollten sie sich einerseits vermehrt füreinander interessieren, sich andererseits mehr der Sache als den Personen zuwenden. Die “Intelligenteren unter den Lesern” würden nämlich den Eindruck gewinnen, “dass es herzlich wenig bringt, sich etwa ein TV-Interview mit einem österreichischen Minister zur Finanzmarktkrise anzusehen. Denn erstens hat er keine Lösung anzubieten. Und zweitens spricht er über Dinge, die er selber bestenfalls halb, das Publikum oft gar nicht versteht: über EFSF, ESM, CDS, CDO und Acta.”

2. “Zweitabdruck statt Unterlassung”
(sueddeutsche.de, Katharina Riehl)
Das Klatschmagazin “Closer” druckt zwei mal ein Foto, das die Ehepaare Günter Jauch, Thomas Gottschalk und Guido Westerwelle beim Abendessen zeigt. Auf eine Unterlassungsforderung geht der Bauer-Verlag nicht ein.

3. “Kioskklatsch (KW 23): Brad, Bushido, Babs & Boris”
(klatschkritik.blog.de, Antje Tiefenthal)
Antje Tiefenthal gleicht verschiedene Klatschmagazine der Woche mit der Realität ab.

4. “Ein Drink an der Bar mit Lisa Feldmann”
(bar-storys.ch, Christian Nill)
Christian Nill spricht mit Lisa Feldmann, Chefredakteurin der Schweizer Frauenzeitschrift “Annabelle”: “Sagen wir, dass eine Frauenzeitschrift auch eine Ghettoisierung ist: Jedes special interest schliesst immer andere Themen aus. Positiv gesagt ist es eine Auswahl, die mich daran hindert, jeden Mist lesen zu müssen, der mich gar nicht interessiert.”

5. “The Queen Who Stares at Boats”
(thedailyshow.com, Video, 4:35 Minuten)
Wie begeistert CNN das 60. Thronjubiläum von Queen Elisabeth II. feiert.

6. “Das Berliner Opfer des Kanada-Kannibalen”
(vice.com, Johannes Niederhauser)
Johannes Niederhauser besucht Kadir Anlayisli in Berlin Neukölln. Er machte die Polizei darauf aufmerksam, dass sich der international gesuchte Luka Rocco Magnotta aktuell im Internet-Café befindet, in dem er angestellt ist, worauf dieser verhaftet wurde. Nun wird der Laden von Reportern belagert, Umsatzeinbussen sind die Folge.