Autoren-Archiv

Journalisten in Haft, Mafia-Berichte, Projekt “Schmalbart”

1. Justiz muss führende Journalisten freilassen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Seit über zwei Wochen sitzen die myanmarischen Journalisten Than Htut Aung und Wai Phyo in Untersuchungshaft. Sie hatten in einem Kommentar Korruptionsvorwürfe gegen einen Politiker der regierenden “Nationalen Liga für Demokratie” angedeutet. Die “Reporter ohne Grenzen” fordern ihre sofortige Freilassung und berichten in ihrem Appell über die aktuelle Situation der Pressefreiheit in Myanmar, das auf der “Rangliste der Pressefreiheit” auf Platz 143 von 180 Staaten liegt.

2. Flüchtlinge — Presserat bietet “Checkliste” für Berichterstattung
(derstandard.at)
Der Presserat in Österreich hat eine Checkliste zum “verantwortungsvollen Journalismus in der Flüchtlingsberichterstattung” veröffentlicht. Zehn Fragen sollen dabei helfen, sachlich über das Thema zu berichten, das “in der Bevölkerung, aber auch in den Medien ’emotional und kontrovers’ diskutiert” werde. Kostprobe: “Würde ich über ein Fehlverhalten auch dann berichten, wenn es nicht von einem Ausländer/Asylwerber/Migranten gesetzt worden wäre?” oder “Bin ich mir im Klaren darüber, welche Absichten meine Hinweisgeber/ Recherchequellen verfolgen?”

3. “Ich gewinne leider nie”
(taz.de, Ambros Waibel)
Claudio Cordova hat vor vier Jahren die Webzeitung “il dispaccio” gegründet, die über die Mafia und das Beziehungsgeflecht der Ndrangheta berichtet. Im Interview mit “taz”-Redakteur Ambros Waibel erzählt er von investigativer Arbeit im Umfeld der organisierten Kriminalität, einer Million Euro Schadenersatz und das Problem mit Werbekunden, die zur Mafia gehören könnten.

4. Staunen über eine Nachricht zur ARD-Struktur: Wenn “Bild” medienpolitisch aktiv wird
(medienkorrespondenz.de, Dietrich Leder)
Vergangene Woche meldeten die “Bild”-Medien, es gebe einen Fusionsplan für die “ARD”: Statt den bisher neun Anstalten könnte es bald nur noch vier geben. Das Presseteam der “ARD” sagte ziemlich schnell, dass das “blanker Unsinn” sei. Dietrich Leder erkennt in der steten Diskussion “um etwaige oder reale Reformpläne des öffentlich-rechtlichen Systems” Interessen der Zeitungsverlage: “Die Zeitungsverleger haben sich mit der Existenz dieses nicht-privatwirtschaftlichen Mediensystems bis heute nicht abfinden können und delegieren deshalb an dieses öffentlich-rechtliche System permanent die Ursachen ihres eigenen Versagens, etwa was ihre Situation im Internet betrifft.”

5. Wie geht das genau mit dem Gegenlesen?
(tagesanzeiger.ch, Philipp Loser)
“Nun sag, wie hast du’s mit dem Gegenlesen?” Philipp Loser erklärt, wie der “Tages-Anzeiger” es mit dem Autorisieren von Interviews, Zitaten und ganzen Texten hält. Er hofft auf mehr Politiker, Verwaltungsangestellte, Funktionäre, die souverän aufs Gegenlesen verzichten, auch im Sinne eins guten Journalismus: “Wer von Anfang weiss, dass der Politiker nicht mehr draufschauen wird, formuliert exakter, wortgetreuer.”

6. Projekt “Schmalbart” — eine Einladung
(christophkappes.de)
Die Ankündigung von “Breitbart”, bald auch in Deutschland einen Ableger der “Alt-Right”-“Nachrichten”-Seite aufzubauen, führte bei einigen Leuten zur gleichen Reaktion: “Dagegen muss man doch was tun!” Auch bei Christoph Kappes. Damit auch wirklich was dagegen getan wird, hat er ein schon ziemlich detailliertes Konzept entwickelt für das “Projekt ‘Schmalbart'”. Mitstreiter sind sehr willkommen.

Pistenbully-PR-Gag, Olympia im Privaten, Regenbogen-Klon

1. Pistenbully auf Abwegen war PR-Aktion
(ndr.de, Jörg Jacobsen)
Ein LKW-Fahrer mit einem Bully für Schneepisten auf der Ladefläche fährt nach Seefeld (Schleswig-Holstein) statt nach Seefeld (Tirol). Haha, hihi, große Freude auf den Panorama-Seiten von Zeitungen und Online-Portalen. Jetzt zeigt sich: War alles nur eine PR-Aktion, und viele Medien sind drauf reingefallen. Manchen Redaktionen kann man durchaus Vorwürfe machen, weil sie die Story zu leichtgläubig aufgeschrieben haben; anderen aber nicht: Sie haben recherchiert, bei den zuständigen Personen nachgefragt — und die blieben frech bei ihrer Mogelgeschichte. Auch die “dpa” ist auf den PR-Gag reingefallen und nun selbstkritisch der Angelegenheit nachgegangen.

2. Die dunkle Seite der Macht
(spiegel.de, Jan Fleischhauer)
Die Geschichte zu dieser Geschichte geht zusammengefasst so: Nach der Wahl von Donald Trump lässt der Mediendienst “Meedia” unter anderem “Weltwoche”-Boss und Rechtsaußen-Politiker Roger Köppel die Leistung deutscher Medien bewerten. Überschrift: “‘Am schlimmsten ist der Spiegel’: Weltwoche-Chef Köppel rechnet mit deutscher Trump-Berichterstattung ab”. Gestern antwortete “Spiegel Online”-Kolumnist Jan Fleischhauer und schoss gegen Medienkritik im Allgemeinen und “Meedia” im Speziellen: “Köppel zu Blättern wie dem SPIEGEL oder der ‘Süddeutschen’ zu befragen, ist in etwa so, als ob man eine katholische Nonne bitten würde, Herrenmagazine zu rezensieren.” Daraufhin meldete sich “Meedia”-Chef Georg Altrogge: “Leider gibt es zu ‘positiver Berichterstattung’ über den Spiegel aktuell wenig Anlass, und genau das scheint der Grund zu sein, warum die Nerven in der Chefredaktion blank liegen.” Das Popcorn steht bereit.

3. Was ARD und ZDF mit den gesparten Olympia-Ressourcen machen müssen
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Die Olympischen Sommer- und Winterspiele 2018 bis 2024 wird es nicht live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen geben. “Für ARD und ZDF sieht das Scheitern der Verhandlungen auf den ersten Blick natürlich aus wie eine Niederlage”, schreibt Hans Hoff, doch: “Richtig ist aber auch, dass ARD und ZDF weiter über Probleme hinter den Kulissen berichten können, berichten müssen. Das ist der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Und vielleicht gelingt die Erfüllung dieses Auftrags noch ein Stückchen besser, wenn man nicht abgelenkt ist, weil man nebenbei noch die Übertragung stemmen muss.”

4. Die Lügner sind immer die anderen
(deutschlandradiokultur.de, Nana Brink & Mark Heywinkel, Audio, 6:26 Minuten)
Mal poltern sie heftig gegen Hillary Clinton, mal geben sie Tipps, welche Waffen man am besten an Weihnachten verschenken kann: Die Website “Breitbart” ist eines der großen Sprachrohre der sogenannten “Alt-Right”-Bewegung in den USA, “Breitbart”-Chef Steve Bannon inzwischen Chefstratege von Donald Trump. “Ze.tt”-Redakteur Mark Heywinkel hat eine Woche lang “Breitbart” gelesen. Bei “Deutschlandradio Kultur” erzählt er, was er dort entdeckt hat.

5. Bürgerjournalismus belebt das Mediensystem
(de.ejo-online.eu, Tobias Eberwein & Colin Porlezza)
Graswurzeljournalismus, Laienberichterstattung, Jekami-Journalismus (“Jeder kann mitmachen”) — das war vor einigen Jahren ein großes Thema, verbunden mit einigen Hoffnungen für die Medienbranche. Tobias Eberwein und Colin Porlezza haben geschaut, wie es heute “in sechs europäischen Ländern” beim digitalen Bürgerjournalismus ausschaut. Ihre Studie zeigt: Zur Medienvielfalt habe er zwar beigetragen, die einst prophezeite Revolution von unten sei allerdings weitgehend ausgeblieben.

6. Wunderheilung durch Wiederholungsdrama
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Die große Titelgeschichte des zweimonatlich erscheinenden Regenbogenblatts “Freizeit Total” im Dezember/Januar: “Familien-Drama”. Im Februar/März: “Familien-Drama”. Im April/Mai: “Schock-Nachricht”. Im Juni/Juli: “Familien-Drama”. Im August/September: “Familien-Drama”. Im Oktober/November: “Familien-Drama”. Erkennen Sie ein Muster?

Für Sie geklickt (12)

Wir haben unserer Clickbait-Taskforce in den vergangenen Wochen eine kleine Pause gegönnt, damit sie jetzt wieder so richtig loslegen und sich durch große Teaser-Versprechen und Wahnsinnsüberschriften wühlen kann. Der Vorteil für Sie: Sie sparen Lebenszeit und Gehirnzellen und sind trotzdem top-informiert.

Heute: die vergangene Woche auf der Facebookseite der “Bravo”.

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1. “Ein großes Geschäft auf der Toilette!”
2. “Heftig furzen!”
3. “Gleiches gilt für in der Badewanne furzen!”
4. “Mit dem oder der Ex schreiben!”
5. “Den Tampon wechseln!”
6. “Heftig popeln!”
7. “Dicke Pickel ausdrücken!”

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Mythos.

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“Schon lange”.

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Ein Duschgel namens “Regenbogendusche”.

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Sehnsucht und Neugier oder aber die Verarbeitung von Erlebtem.

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Der Fan hat vorher durch die runtergekurbelte Fensterscheibe in Justin Biebers Auto gegriffen.

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Fürs Döneressen werde es gar keine Strafe geben. Dafür aber, wenn man vom Ordnungsamt ohne einen Kassenbon erwischt werde. Bald solle nämlich “eine Art ‘Beleg-Pflicht’ gelten”. Auch für den Döner. So wie für alles andere, was man sich kauft.

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Klauen bei einer gemeinsamen Shoppingtour.

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1. Po-Massage.
2. Blowjob mit Po-Sicht.
3. Doggystyle.
4. Reiterstellung rückwärts.
5. Analsex.
(man solle aber nur das machen, worauf beide Partner Lust haben)

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Sie hat eine eigene Schuhkollektion.

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In einem schwarzen Kleid mit bunten Blumen drauf. Aber vielleicht doch in Weiß.

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Weil sie auf eine betrügerische Fake-Message reingefallen sind.

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Wenn’s nicht gut wird: Beim nächsten Mal kann’s besser werden.

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1. Humor (“Findet Ihr die gleichen Sachen lustig, habt Ihr also auch jede Menge Spaß in Eurer Beziehung!”)
2. Kommunikation (“Gute Konversationen festigen jede Beziehung <3")
3. Ehrlichkeit (“Wer mit seinem Partner immer offen über alles sprechen kann, hat bisher alles richtig gemacht ;)”)
4. Vertrauen (“Wer weiß, dass er seinem Partner blind vertrauen kann, hat beste Karten für eine glückliche und langanhaltende Beziehung!”)
5. Freundschaft (“Wenn Du für Deinen Schatz nicht nur Liebe, sondern auch eine tiefe Freundschaft empfindest, hast Du den absoluten Jackpot geknackt! :)”)

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Nur Mädels täuschen Orgasmen vor — falsch

Es ist begrenzt, wie oft Jungs im Leben Sex haben können — falsch

Sex ist genauso effektiv wie Sport — falsch

Schamhaar erfüllt keinen Zweck — falsch

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Die eine Hälfte der Haare blau färben, die andere Hälfte pink. Die Haare dann so legen, dass man immer nur eine der Farben sieht. Zum Ändern der Haarfarbe die Haare auf die andere Seite legen.

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Sie hat einen bunten Ring zum Geburtstag bekommen. Nach der “TRENNUNG” von ihrem alten Ring ist sie “IHN” (also den alten Ring) nun “ENDLICH” los. Warum “ER” doch nicht gepasst hat? Keine Ahnung.

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1. “Mädels sagen ihren besten Freundinnen wirklich alles!”
2. “Mädels wollen ihre Freiheit!”
3. “Mädels haben manchmal ein Problem mit seiner Mutter!”
4. “Mädels stalken ihre Ex-Freunde!”
5. “Mädels mögen Komplimente von anderen Jungs!”
6. “Mädels denken viel über die Zukunft nach!”

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Aus Kanada. Auf Platz 6: Südkorea.

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Sex-Fantasien, Ausgaben beim Shopping, Nachrichten vom Ex, was Dich nervt.

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“Nicht lecker, nicht schlimm, eher salzig!”

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Nee, ist nicht komisch. Außer wenn er einen Knick hat oder eine Krümmung wie eine Banane. Dann sollte man zum Arzt gehen.

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Bitte. Keine Ursache.

Ein Einschub voller Verachtung

Heute hat Gabor Steingart noch einmal nachgelegt, und er hat es tatsächlich geschafft, inhaltliche Argumente zu bringen. Der “Handelsblatt”-Herausgeber hat sich in seinem morgendlichen Newsletter “Morning Briefing” noch einmal den möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz vorgenommen. Steingart erklärt, was ihm an Schulz nicht passt: Der Präsident des Europäischen Parlaments sei “ein parteipolitisches Schlitzohr, aber kein Staatsmann”, er liebe die Ränkespiele des Parteienstaates mehr als die Sachpolitik, er habe in Brüssel deutsche Interessen hintangestellt und plädiere stets für zusätzliche Schulden und weniger Sparsamkeit. Schulz sei “ein Umverteilungspolitiker alter Schule” sowie ein “Europäer des Brüsseler Establishments”.

Diese Einschätzungen und Beurteilungen kann man richtig oder falsch finden. Sie orientieren sich aber immerhin an der Sache. Das sah am vergangenen Freitag noch ganz anders aus. Da hatte Gabor Steingart — ebenfalls im “Morning Briefing” — Martin Schulz auf persönlicher Ebene angegriffen:

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

auf vielen Titelseiten wird EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der von Brüssel nach Berlin umziehen will, heute wie ein Erlöser gefeiert. Dass viele Medien diesem im Volk weithin unbekannten Mann — der die Zulassung zum Abitur nicht schaffte, wenig später zum Trinker wurde, bevor er als grantelnder Abstinenzler für 22 Jahre im Brüsseler Europaparlament verschwand — plötzlich die Befähigung zur Kanzlerschaft zutrauen, ist nur mit journalistischer Telepathie zu erklären.

Ein kleiner Einschub, drei Stichpunkte, um einen Politiker, einen Menschen schnellstmöglich zu diskreditieren, niederzumachen. Natürlich könnte man die Punkte auch umdrehen, wenn man wollte: “Beeindruckend, dass Martin Schulz, der aus seiner früheren Trinkerei kein Geheimnis macht, es trotz einer schwierigen Biographie bis zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gebracht hat.” Steingarts Worte sind stattdessen voller Häme und Menschenverachtung.

Nach “Handelsblatt”-Angaben haben mehr als 500.000 Personen das “Morning Briefing” abonniert:

All diesen Leuten schickt Steingart einen Text, der exakt in die Kerbe haut, in die sonst Politikverdrossene, Stimmungsmacher, die AfD schlagen. Unsachlich und persönlich gegen Politiker und das politische Establishment.

Heute morgen haben wir bei “6 vor 9” einen Text verlinkt, der sich ebenfalls mit den Äußerungen von Gabor Steingart beschäftigt. Peter Ruhenstroth-Bauer schreibt dort:

Da wird in kurzem Staccato einer niedergemacht. Ein Politiker, also einer, bei dessen Kritik man sich des Beifalls des Publikums schnell sicher sein kann.

Nun fand Gabor Steingart seine Einfälle zu Martin Schulz wohl so bemerkenswert, dass er sie gleich zweimal bei Facebook gepostet hat:


Und unter beiden Beiträgen zeigt sich erfreulicherweise, dass Peter Ruhenstroth-Bauer mit seiner Beifall-Prognose danebenlag. Vereinzelt gibt es zwar Zustimmung für Steingarts Worte. Zum größten Teil aber klingen die Kommentare so:

Sehr geehrter Herr Steingart, Ihr Kommentar ist leider ein gutes Beispiel, weshalb heute kaum noch gute Leute in die Politik gehen wollen. Da schafft man es trotz mangelndem Abi bis nach Brüssel, vertritt dort die europäische Idee in schwierigsten Zeiten gegen Separatisten, Nationalisten und Populisten und muss sich dann von Journalisten wegen einer traurigen und für den Betroffenen übrigens ohnehin schon quälenden und zehrenden Erkrankung ans Bein pinkeln lassen. Ich finde das unfair, unwürdig und mies. So eine Beschimpfung hat ein Mensch nicht verdient, der sich so für die Gesellschaft einsetzt!

Fangen jetzt auch noch Journalisten an mit diesem billigen Politikerbashing, das jeden Respekt vermissen lässt? Unglaublich.

Das ist unterste Schublade und hat mit Journalismus nichts mehr zu tun.

das ist niveaulos!!

Seit wann benötigt man Abitur um Kanzler zu werden?
Und nur weil ein Mann mit jungen Jahren einen Fehler gemacht hat soll ihn das ein Leben lang verfolgen?
Dann hätte Herbert Wehner, einer der populärsten Politiker der Nachkriegszeit, niemals etwas werden können.
Ihr Text liest sich mit viel Verachtung die ihnen nicht steht und die Herr Schulz nicht verdient hat.

Lieber Herr Steingart, Ihr Teasing auf den Artikel ist reißerisch — auf Schulz Biografie geht der Text nicht ein. Das Alkoholthema nur auszupacken, um Stimmung zu machen, ist billig.

Das muss dieser Qualitätsjournalismus sein, den wir vor Trump beschützen müssen.

Ich verstehe nicht, weshalb man gleich so persönlich werden muss? Es ist doch hoch anzuerkennen, was für eine Karriere Schulz, trotz seiner Probleme in frühen Jahren, gemacht hat. Ein bisschen mehr Respekt im
Umgang mit anderen Menschen tut immer gut!

Mensch, Herr Steingart. Das zeugt wirklich von journalistischer Größe und inhaltlicher Auseinandersetzung, wie sie hier dem grantelnden Trinker einen mitgeben. Genau der Journalismus, auf den Deutschland gewartet hat. Stark. Weiter so.

Und Sie nennen sich Journalist? Einfach nur billig! Sie widern mich an, Herr Steingart!

…das nicht vorhandene Abitur und seine überwundene Alkoholkrankheit als Argumente für eine fehlende Eignung zum Kanzler zu machen, ist wirklich sehr unangebracht.

Herr Steingart, nach dem abwertenden Kommentar über Frau Merkel jetzt ein sehr abwertender Kommentar zu Herrn Schulz. Man muss Herrn Schulz nicht mögen, aber diese Art der Berichterstattung ist weit unter Ihrem Niveau und Ihrer Zeitung unpassend. Diese polemische Art zu schreiben vergiftet auch die politische Kultur.

Wow, hämisch auf einer Krankheit herumhacken — echtes Format! Hut ab!

Ojee, ein Versager … Unglaublich, dass das Handelsblatt zum Ramschblatt verkommt.

Klasse finden ich die vielen kritischen Kommentare zu Steingarts beleidigenden und voll daneben liegenden Eingangskommentar zu Schulz!!!

Für ein solches Geschreibsel hat FB leider keinen Button.
Herr Steingart, ihren Text kann man nur mit unterirdisch bezeichen.

Beleidigender Kommentar

Ähm, ich bin ja wirklich sehr oft Ihrer Meinung, Herr Steingart, aber das ist unwürdiges Bashing. Martin Schulz hat es auch ohne Abitur, aber mit vielen Fremdsprachen, geschafft, Karriere zu machen. Ein Alkoholproblem haben weitaus mehr “Führungskräfte” als ein Herr Schulz und er hat es wohl im Unterschied zu vielen anderen überwunden, oder

Mein Gott, ist das billig.

Lieber Herr Steigart, egal welche Meinung Sie über Herrn Schulz haben verbreiten Sie diese bitte ohne Beleidigungen. Ich weiß, gutes Benehmen ist aus der Mode gekommen, aber als Journalist sollten Sie eigentlich den Ehrgeiz haben in Ihren Texten ohne Beschimpfungen auszukommen.

Immerhin das hat Gabor Steingarts Martin-Schulz-Bashing gebracht: Die Erkenntnis, dass die Kommentar-Kultur im Internet doch noch nicht völlig hinüber ist.

Steingart in “Stürmer-Manier”, Anti-Brexit-Boulevard, Liebe statt Hass

1. Mit Gabor Steingart in der Welt von Streichers “Stürmer”
(carta.info, Peter Ruhenstroth-Bauer)
“Handelsblatt”-Herausgeber Gabor Steingart schrieb am Freitag in seinem morgendlichen Newsletter dem SPD-Politiker Martin Schulz die Fähigkeiten als Kanzlerkandidat ab: kein Abitur, früher mal Trinker, jetzt grantelnder Abstinenzler.
Peter Ruhenstroth-Bauer sieht im Erledigen eines Menschen “in sechs Sätzen” eine “Stürmer-Manier”: “Es läuft etwas schief bei uns, wenn der Herausgeber einer weithin nicht unbekannten Wirtschafts- und Finanzzeitung in sechs Sätzen einen Politiker so menschenverachtend beschreibt. Das, was da als journalistisch flotter morgendlicher Anreißer daherkommt, ist in Wahrheit eine ganz bewusste Grenzüberschreitung.”

2. Neun Tage für eine neue Zeitung
(nzz.ch, Viola Schenz)
Viola Schenz schreibt über den überraschenden Erfolg der britischen Wochenzeitung “The New European”, die sich an die Brexit-Gegner richtet: “Dabei ist sie nicht einmal hübsch: Mit der plumpen Typografie, den grossen, sehr bunten Fotos und Karikaturen gleicht sie einem aus der Zeit gefallenen Boulevardblatt. Aber um Ästhetik geht es bei dieser Schnellgeburt nicht, sondern um Inhalte und Symbolik. Jede Ausgabe ist 48 Seiten dick, entsprechend dem Prozentsatz der Brexit-Gegner, gefüllt mit meist klugen Essays über den Unsinn eines EU-Austritts und die Vorzüge gesamteuropäischer Lebensart, mit Karikaturen und britischem Humor (‘Warum wir Lego lieben und die Brex Pistols hassen’).”

3. “Trump ist die Bewunderung der ‘New York Times’ wichtig”
(zeit.de, Daniel-C. Schmidt)
Was Donald Trump von den meisten US-Medien und ihren Vertretern hält, ist inzwischen ziemlich klar: die Presse sei verlogen, Journalisten seien Abschaum, er entzog manchen Redaktionen die Akkreditierungen für seine Veranstaltungen. Bei vielen Publikationen ist inzwischen ähnlich klar, was sie vom künftigen US-Präsidenten halten: nicht viel. Aber, das zeigte sich schon früh im Wahlkampf, Trump bringt Quote. Daniel-C. Schmidt spricht mit Margaret Sullivan, Kolumnistin bei der “Washington Post”, über das komplizierte, ambivalente Verhältnis zwischen Trump und den Medien.

4. Last man standing
(taz.de, Markus Sehl)
Am Mittwoch wird die letzte Ausgabe der türkischen Zeitung “Zaman” an Kiosken in Deutschland liegen. Dann ist Schluss, Ende, finito. Markus Sehl hat das Verlagsgebäude und die Druckerei in Offenbach besucht. Dort, wo früher mal 150 Menschen gearbeitet haben, sieht es jetzt aus wie in einem Geisterhaus.

5. VW-CEO Matthias Müller im Interview-Check-Up
(pressesprecher.com, Stefan Zuber)
Vorletzte Woche erschien in der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” ein Interview mit VW-Chef Matthias Müller, das für einigen Wirbel sorgte — Müller setzte darin gleich zweimal zur Attacke in Richtung Kunden an. Stefan Zuber bewertet Schritt für Schritt “die Performance” von Müller und des VW-Kommunikationsteams aus Sicht eines Pressesprechers (“Aufgabe der Medienleute ist es, den Chef sorgsam vorzubereiten und gegebenenfalls durch eine behutsame Nachbearbeitung der Zitate Unschärfe zu bereinigen.”). Sein Fazit: lief nicht so gut für VW. Achtung, kann Spuren von PR-Sprache enthalten.

6. Liebe gegen Hasskommentare — ein Selbstversuch
(faz.net, Friederike Haupt)
Hass, Hass, Hass, wohin man im Internet nur schaut. Friederike Haupt wollte mal was Nettes dagegensetzen: “Ich wollte einen Tag lang nur Liebeskommentare schreiben: Komplimente, Dankeschöns, Besinnliches. Nichts davon sollte gelogen sein.” Spoiler: Der Erfolg war mittelmäßig.

Opfer bringen

Jörg Völkerling ist selbst für “Bild”-Verhältnisse ein besonderer Fall. Wenn sich beispielsweise eine Angeklagte vor einem Gerichtsprozess einen Aktenordner vors Gesicht hält, dann machen alle Fotografen Fotos von der Frau mit dem Aktenordner vor dem Gesicht. “Bild”-Polizei-und-Gerichtsreporter Völkerling sucht sich hingegen einen Platz im Saal, von dem aus er hinter den Ordner fotografieren kann. Ha, mal wieder alle reingelegt!

Völkerling war es auch, der Wetter-Moderator Jörg Kachelmann beim Hofgang in der Justizvollzugsanstalt Mannheim fotografierte — unerlaubter Weise, wie ein Gericht später feststellte. Als Kachelmann dann bei Twitter ein Foto von Völkerling auf der Lauer verbreitete, ging der “Bild”-Reporter vergeblich dagegen vor.

Jetzt hat Jörg Völkerling wieder mit einer für ihn typischen Aktion zugeschlagen.

Vor dem Landgericht Aschaffenburg läuft seit Donnerstag ein Prozess wegen zweifachen versuchten Totschlags, über den Völkerling berichtet. Der Fall in Kurzform: Ein Mann soll mit seinem Auto ziemlich dicht an zwei jungen Fußgängern vorbeigerast sein. Diese sollen ihm daraufhin einen Vogel und den Mittelfinger gezeigt haben. Der Mann soll gebremst, den Rückwärtsgang eingelegt und die beiden Fußgänger über den Haufen gefahren haben. Diese schleuderten gegen eine Hauswand und mussten mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Der Angeklagte sagt, er habe die jungen Männer lediglich zur Rede stellen wollen, er könne sich nicht erklären, warum sein Auto auf den Gehweg ausbrach.

“Bild” brachte gestern in der Bundesausgabe einen großen Artikel über den Prozessauftakt:


(Unkenntlichmachungen durch uns.)

Und auch Bild.de berichtete:


(Zusätzliche Unkenntlichmachungen durch uns.)

Dass die “Bild”-Medien ganz selbstverständlich ein Foto des (noch nicht verurteilten) Angeklagten veröffentlichen, ist zwar bedenklich, aber nicht ungewöhnlich. Schließlich scheint im Axel-Springer-Hochhaus der Grundsatz zu gelten: Leute, denen etwas vorgeworfen wird, wird man ja wohl noch zeigen dürfen!

Jörg Völkerling hat aber auch die zwei Opfer fotografiert.* Und das — so wirkt das Foto jedenfalls –, obwohl sie es nicht wollten: Das eine Opfer hat sich eine Kapuze übergezogen; das andere Opfer hat blöderweise keine Kapuze, hält sich dafür aber die Hand vors Gesicht. Beide haben sich von Völkerlings Kamera weggedreht. Und dennoch veröffentlichen “Bild” und Bild.de dieses Foto:


(Zusätzliche Unkenntlichmachungen durch uns.)

Im Pressekodex des Deutschen Presserats steht zum “Opferschutz”:

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

Nach Zustimmung sieht es in diesem Fall wahrlich nicht aus. Dennoch bedrängt “Bild”-Spezialfall Jörg Völkerling mit seiner Kamera die zwei Opfer, die eigentlich nur zu ihrem Gerichtsprozess und dabei nicht fotografiert werden wollen.

An dem Fall in Aschaffenburg kann man übrigens ganz gut sehen, nach welchen Kriterien die “Bild”-Medien Anonymisierungs-Balken und Verpixelungen verteilen: offenbar nach keinen. Bei Bild.de hat der Angeklagte einen schwarzen Balken vor die Augen gesetzt bekommen, das Gesicht des Opfers ohne Kapuze hat die Redaktion verpixelt. In der Print-Version gibt es weder das eine noch das andere.

Mit Dank an Philipp für den Hinweis!

*Korrektur, 27. November: Jörg Völkerling sagt, dass er von den Opfern “selbstverständlich” eine Zustimmung zur Veröffentlichung des Fotos hatte:

Unser Fehler tut uns leid, wir ziehen die Kritik an der Veröffentlichung des Opferfotos zurück. An den anderen Kritikpunkten (Veröffentlichung eines Fotos des Angeklagten, willkürliche Anonymisierung bei “Bild” und Bild.de) halten wir hingegen fest.

ARD-Fusions-Irrsinn bei “Bild”

Was “Bild” und Bild.de vom Rundfunkbeitrag halten? Nun ja …











Kurz gesagt: alles Abzocke, Verschwendung, Geldverbrennung, Zwangsgebühren. So geht das seit Jahren. Allein, dass die “Bild”-Medien auch aktuell noch konsequent von der “GEZ” schreiben, die es seit 2012 gar nicht mehr gibt.

Heute dann, fast wie eine Erlösung für die Beitrags-geschröpften “Bild”-Mitarbeiter, diese Meldung auf der Titelseite des Blatts und bei Bild.de als kostenpflichtiger “Bild plus”-Artikel:


Statt bisher neun ARD-Anstalten (NDR, WDR, Radio Bremen, RBB, MDR, SWR, SR, HR, BR) solle es bald nur noch vier geben: Nord, Ost, Süd, West:

Nach BILD-Informationen befürworten Mitglieder einer im Februar von den Ministerpräsidenten eingesetzten Arbeitsgruppe, eine Zusammenlegung zu vier größeren Anstalten.

“Bild” und Bild.de zitieren auch “ARD-Chefin” Karola Wille, allerdings nur mit allgemeinen Aussagen (“‘Wir stehen vor einem tiefgreifenden Reformprozess'”, “Wille sprach vom ‘größten Reformprogramm’ in der Geschichte der ARD”, “‘Wir werden uns verändern. Wir werden uns verändern müssen'”). Darin liest die “Bild”-Redaktion dann eben eine Bestätigung der großen “ARD”-Zusammenlegung.

Und was sagt die “ARD”? Die hat heute morgen mit einer Pressemitteilung reagiert:

Die Spekulationen der Bild-Zeitung über Fusionen von ARD-Landesrundfunkanstalten entbehren jeder Grundlage. Die in dem Beitrag skizzierten angeblichen “Geheimpläne” sind blanker Unsinn und frei erfunden.

Schlecht, schlechter, Geschlechtertrennung

Gestern Abend lief im WDR ein interessanter Reisebericht: “Eberl entdeckt den Iran — Reform unter Beobachtung”. TV-Journalist Jens Eberl ist mit seiner Kollegin Zoya Ghoraishi durch den Iran gereist, rausgekommen ist eine knapp 30-minütige “Weltweit”-Reportage.

Darin auch dieser Dialog an einer Bushaltestelle (ab Minute 6:14):

Ghoraishi: Na, fällt Dir bei den Bussen was auf?

Eberl: Haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel, würde ich sagen.

Ghoraishi: Aber was anderes meine ich jetzt.

Eberl: Was denn?

Ghoraishi: Guck mal, wo die Frauen sitzen und wo die Männer sitzen. Wenn der Fahrer ein Fahrer und nicht eine Fahrerin ist, dann sitzen Männer vorne und Frauen hinten. Wenn der Bus aber von einer Frau gefahren wird, dann sitzen Frauen vorne und Männer hinten.

Schnitt. Ab in die U-Bahn in Teheran …

… dazu sagt ein Sprecher:

Strikte Trennung auch in der U-Bahn: Frauen links, Männer rechts.

Das Social-Media-Team der “Tagesschau” hat diese kurze Passage aus Eberls Iran-Beitrag genommen und bei Facebook gepostet. Dazu eine deutliche Ansage, wie es mit der Geschlechtertrennung im öffentlichen Nahverkehr im Iran aussieht:

Ganz so einfach ist es allerdings nicht. In Stadtbussen gilt in der Tat eine klare Trennung nach Geschlechtern. Bei Nacht- und Reisebussen scheinen die Iraner diese Trennung nicht ganz so genau zu nehmen — jedenfalls berichten einige Touristinnen, dass sie bei Fahrten neben Männern saßen.

In der U-Bahn in Teheran wird, anders als vom WDR im TV und von der “Tagesschau” bei Facebook behauptet, nicht “strikt getrennt”. Es gibt im Iran zwar — wie in anderen Ländern — “women only”-Abteile, Frauen dürfen sich aber auch in alle anderen Waggons setzen oder stellen. So steht es in Reiseblogs, bei “Wikipedia”, im “Guardian” und so ist es in Videos zu sehen.

Es gibt sicher einiges, was man an der rechtlichen Situation der Frauen im Iran kritisieren kann. U-Bahn-Fahrten gehören aber nicht dazu. Die “women only”-Waggons könnte man sogar als Zusatzangebot für Frauen interpretieren, die in überfüllten Zügen nicht zwischen Männern eingeklemmt sein wollen.

Der Videoclip im Facebook-Post der “Tagesschau” hat inzwischen mehr als 250.000 Aufrufe. Im Kommentarbereich darunter regen sich zahlreiche User auf:

Das stimmt einfach mal nicht!

Im Iran ist bei Leibe nicht alles Friede Freude Eierkuchen und mit Frauenrechten ist es nicht weit her aber dieser Bericht ist schlicht falsch!

Das stimmt doch gar nicht, ich war in Teheran, bin mit der U Bahn gefahren und stand zwischen Männern und Frauen.

Diese Art der Berichterstattung ist schlicht und ergreifend eine Unverschämtheit. Dass selbst die Tagesschau sich auf dieses Niveau herab lässt ist wirklich traurig und armselig.

Ach du meine Güte! Ich bin leider gerade etwas schockiert über die Berichterstattung der tagesschau.

Wow… Wieder einmal verlogene hetze von den öffentlich Recht-lichen???

LügenMedien halt!

Andere User glaubten dem Beitrag, fanden den Inhalt aber trotzdem blöd und kommentierten im “Danke Merkel”-Stil:

Die bringen so ein Post weil se uns das Schmackhaft machen wollen… bald wird es hier auch so sein #wirschaffendas

Na das werden wir auch bald einführen müssen. Besonders für Frauen die allein unterwegs sind, wird das wohl interessant. Andererseits würde es bei uns aber eigentlich nichts bringen, da es keine Strafen geben würde wenn sich jemand nicht dran hält. Es sei denn wir führen die Scharia Polizei ein. Allerdings müssten wir vorher erstmal alle zum Islam konvertieren. Genau, das ist doch die Idee. Nicht die Migranten passen sich an, sondern die Deutschen müssen sich anpassen, oder?

Kommt bei uns auch bald. Deutschland soll sich ja under dieser Regierung gefälligst an den Islam besser anpassen.

Nach etwa 400 Kommentaren, von denen geschätzt 70 Prozent den Inhalt des Videos als falsch bezeichnen, reagierte das Social-Media-Team der “Tagesschau”:

Nach der “Konkretisierung” des “Teasertextes” heißt es nun nicht mehr “Im Iran gilt eine strikte Geschlechtertrennung in Bussen und U-Bahnen”, sondern:

Mit Dank an Helena und Kai für die Hinweise!

“Bild” spricht Reisewarnung für Bochum aus

Es klingt ja fast nach echter Empörung, wenn Bild.de heute auf der Startseite fragt:

In der Ruhrgebiets-Ausgabe der “Bild”-Zeitung wird auf den ersten Blick immerhin etwas klarer, worum es bei dem möglichen China-Bochum-Zwist überhaupt geht:

Zum Hintergrund: Vergangene Woche wurde eine chinesische Studentin der Bochumer Ruhr-Universität in der Nähe des Campus vergewaltigt. Die Polizei sucht noch mit Phantombild nach dem Täter. Inzwischen hat sich auch das chinesische Generalkonsulat in Düsseldorf eingeschaltet und den in Deutschland lebenden Chinesen auf der eigenen Website einige Sicherheitshinweise in der Landessprache gegeben.

Daraus stricken “Bild” und Bild.de (als kostenpflichtiger “Bild plus”-Artikel) nun eben ihre Geschichten. Das chinesische Konsulat warne “Frauen vor NRW-Stadt”, heißt es bei Bild.de in der Dachzeile. Und “Bild” schreibt:

Jetzt hat sich die Botschaft der Volksrepublik China eingeschaltet: Sie warnt chinesische Frauen vor dem Sex-Täter von Bochum!

Das stimmt nicht. Die Veröffentlichung des Konsulats vom vergangenen Freitag resultiert natürlich aus dem Vorfall in Bochum, es handelt sich aber um eine allgemeine Warnung und nicht um eine konkrete vor der Stadt Bochum oder “vor dem Sex-Täter von Bochum”. Das haben einige Medien auch verstanden. “Der Westen” schreibt beispielsweise:

Verschiedene Medien berichteten, das chinesische Generalkonsulat habe konkret vor Bochum oder dem Täter vom 16. November gewarnt. In der Mitteilung heißt es allerdings allgemein: “Aufgrund der aktuellen öffentlichen Sicherheitssituation in seinem Zuständigkeitsbereich weist das Generalkonsulat erneut die chinesischen Staatsbürger darauf hin, auf ihre persönliche Sicherheit zu achten, insbesondere an abgelegenen und unbelebten Plätzen.”

Den “Bild”-Medien ist das wurscht. Sie machen gleich die ganz große Nummer draus und tun so, als hätte das chinesische Generalkonsulat in Düsseldorf eine “Reisewarnung” für Bochum oder für Deutschland oder für wasauchimmer ausgesprochen:

Gleichzeitig veröffentlichte das Generalkonsulat einen “konsularischen Hinweis”: Alle Chinesen werden darin aufgefordert, “ernsthaft auf die persönliche Sicherheit zu achten, insbesondere wenn sie sich an entlegenen Orten befinden”. Das entspricht einer Reisewarnung, wie sie auch das deutsche Außenministerium für bestimmte Regionen oder Länder aussprechen kann.

Um es kurz zu machen, liebe “Bild”-Reiseführer: nein. Der “konsularische Hinweis” sei nicht mit einer Reisewarnung zu vergleichen, sagte eine Sprecherin der chinesischen Botschaft dem WDR.

Mit Dank an Lukas H. für den Hinweis!

“Die Sensation liegt in der Luft”

Es gibt ja das hartnäckige Gerücht, dass beim Wrestling alles geplant und abgesprochen sei. Die Schläge seien gar keine richtigen Schläge, die Fehden nur ausgedacht. Also nix da mit großen sportlichen Überraschungen, stattdessen ein bis ins kleinste Detail ausgeklügeltes TV-Spektakel.

Und so könnte man die Nachricht, dass der frühere Wrestling-Superstar Bill Goldberg nach zwölf Jahren Ring-Abstinenz sein Comeback gibt und dabei mal eben den normalerweise alles dominierenden Brock Lesnar in gerade mal 90 Sekunden fix- und fertigmacht, schulterzuckend zur Kenntnis nehmen und sich denken: “Nun gut, ist eben alles nur Show und soll ja Quote bringen.”

Man könnte aber auch so tun, als wäre bei der Veranstaltung “Survivor Series” in der Nacht von Sonntag auf Montag wirklich was passiert. Etwas Ungewöhnliches. Etwas Bemerkenswertes. Eine “WRESTLING-SENSATION”:

“Bild”-Redakteur Enrico Ahlig schrieb gestern dazu:

Die Wrestling-Welt steht unter Schock!

Die Sensation liegt in der Luft.

Jetzt diese Szenen!

Der Ringrichter zählt … 1…2…3! Die Sensation ist perfekt.

Das Match war so kurz, die WWE konnte alle Aktionen in der Wiederholung zeigen. Das gab es noch nie!

Das ist so, als würde man aus dem Theater kommen und völlig aufgelöst in den WhatsApp-Familienchat tippen: “Oh Gott, oh Gott, Ihr glaubt es nicht! Da haben sich gerade zwei junge Menschen das Leben genommen 😢😭”

Ahlig fragte dann noch: “Was steckt hinter dem kurzen Match?” Wir würden vermuten: Der Wunsch des Veranstalters, der sogenannten “WWE”, dass möglichst viele Medien den Goldberg-Auftritt zu einer “WRESTLING-SENSATION” hypen. Der “Bild”-Redakteur hat aber noch eine andere Idee:

Außerdem sieht jetzt alles nach einem weiteren Match von Goldberg aus. Denn obwohl er zunächst nur für einen Kampf unterschrieben hat, wird die WWE alles tun, um die beiden erneut aufeinander loszulassen.

Und heute dann die Nachricht bei Bild.de:

Man könnte fast meinen, beim Wrestling ist alles geplant und abgesprochen.

Mit Dank an @ralfheimann für den Hinweis!

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