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Vorab Twittern? Wer macht denn sowas?

“Gefährliches Zwitschern” ist ein Artikel im aktuellen “Spiegel” überschrieben. Mit dem “Zwitschern” sind die Kurznachrichten des Online-Dienstes Twitter gemeint, und “gefährlich” sind die nach Ansicht des Bundeswahlleiters und von Politikern, wenn durch sie vor dem Schließen der Wahllokale die vertraulichen Ergebnisse von Wählerbefragungen veröffentlicht werden. Das könnte eine “verfassungswidrige” Beeinflussung der Wahl sein, weiß der “Spiegel” und warnt:

Bürger oder Parteien könnten das Ergebnis anfechten, womöglich müsste die Wahl wiederholt werden.

Weil sich “mögliche Twitter-Informanten” laut “Spiegel” möglicherweise nicht einmal von einer drohenden Geldbuße abschrecken lassen würden, sei sogar ein Verbot der Befragungen am Wahltag im Gespräch.

Bundeswahlgesetz § 49a

Ordnungswidrig handelt, wer (…) Ergebnisse von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung vor Ablauf der Wahlzeit veröffentlicht.

Aber wer macht sowas überhaupt: vertrauliche Umfrageergebnisse vorzeitig per Twitter in Umlauf bringen, anonym womöglich und aus den geheimnisvollen “rechtsfreien Zonen”, von denen die Verlage gerade so viel raunen? Der “Spiegel” bleibt an dieser Stelle sehr vage, lenkt aber den Verdacht auf die Politiker, die bei der Bundespräsidentenwahl das Handy nicht aus lassen konnten. Doch das war vielleicht stillos, konnte die Wahl aber nicht mehr beeinflussen und war auch nicht gesetzlich verboten.

Anders war es bei diesen Umfrageergebnissen vom Tag der Europawahl vor drei Wochen (die sich hinterher allerdings als nicht wirklich treffend herausstellen sollten):

Und wer ist der gefährliche Zwitscherer, der diese Zahlen deutlich vor der Schließung der Wahllokale verbotenerweise per Twitter öffentlich machte? Jan Fleischhauer, Redakteur bei einem großen deutschen Nachrichtenmagazin.

NYT, Fischöl, Castingshows, Wolf

1. “Der angezählte Champion”

(zeit.de, Michael Naumann)

“Die ‘New York Times’ ist die beste Zeitung der Welt – aber ihrem Verlag droht die Insolvenz: Das Internet macht Konkurrenz, Anzeigen bleiben aus. Muss die Zeitung bald ihren eigenen Tod vermelden?”

2. “Callcenter der SPIEGEL-Gruppe verkauft Fischölkapseln für den Springer-Konzern”

(spiegelblog.net, T. Engelbrecht)

Der Spiegel und die Firma QS Quality Service haben die gleiche Adresse, nämlich Brandstwiete 19, Hamburg. Die Spiegel Gruppe macht was mit Journalismus, die Tochterfirma QS, zuständig für die Aboverwaltung der Muttergesellschaft, verkauft Fischölkapseln.

3. “Ich bring dich groß raus!”

(merkur.de, Jürgen Bräunlein)

“Warum tun sich junge Leute das an, vor einem Millionenpublikum gedemütigt zu werden? Kein Masochismus zwingt sie dazu, sondern die Sehnsucht nach deutlichen Worten, die ihnen die Gesellschaft verweigert.”

4. “Festrede von Armin Wolf”

(derstandard.at)

Armin Wolf, twitternder Moderator der ORF-Nachrichtensendung “Zeit im Bild”, hält eine Rede vor FH-Absolventen und gibt Tipps: “Ein guter Journalist sollte jeden Tag fünf neue Menschen kennenlernen. Pressesprecher und andere Journalisten zählen nicht. Schaffen sie sich ein ordentliches Adressbuch an, egal ob digital oder noch ganz analog auf Papier – und dieses Adressbuch sollte jeden Tag um fünf Namen voller werden.”

5. “Statement-Journalismus”

(ad-sinistram.blogspot.com, Roberto J. De Lapuente)

“Diese Ich-muß-zu-jedem-Thema-meinen-Senf-dazugeben-Mentalität dominiert das Medienspektakel. Nachrichten sind ein Sammelsurium aneinandergereihter Ein-Satz-Statements und hohler Schnellphrasen.”

6. Online Journalismus vor einigen Jahren …

(thenextweb.com, Grafik)

… und heute.

Ein Wort sagt mehr als taussend Worte

“Sicher werde ich für einige immer
der Kinderporno-Politiker bleiben.”
(Jörg Tauss im “BILD-Verhör” vom 30.3.2009)

Und siehe da: Als sich die Bild.de-Redaktion heute entschied, abermals (siehe BILDblog von vorgestern) über den SPD-Abgeordneten Jörg Tauss zu berichten, tat sie das zunächst unter der Dachzeile:

Kinderporno-Abgeordneter: Dreht er jetzt durch?

Dass das bei Tauss vielleicht irgendwie herabwürdigend vorverurteilend nicht ganz okay ist, hat man offenbar auch bei Bild.de erkannt* und die Dachzeile nachträglich lieber wie folgt geändert:

Nach Kinderporno-Sperre

*) Sollte Bild.de Tauss jedoch gar nicht in Anspielung auf das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren (wegen des Besitzes von Kinderpornographie), sondern einfach nur wegen seiner kinderpornographiekritischen Arbeit “Kinderporno-Abgeordneter” genannt haben, freuen wir uns natürlich schon auf künftige, ähnlich sachliche Zeilen im, ähm, “Kinderporno-Portal” Bild.de über unsere “Kinderporno-Ministerin” Ursula von der Leyen oder die “Kinderporno-Unterhändlerin” Martina Krogmann.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Einzelne negative Schlagzeilen

Letzten Freitag war der SPD-Mann Björn Böhning für “Bild” der “Verlierer des Tages”. Er hatte sich gegen die geplante Einrichtung von Internetsperren gegen Kinderpornographie ausgesprochen, weil diese nur “Sichtblenden” seien, die Inhalte aber nach wie vor verfügbar (BILDblog berichtete).

So gesehen ist es wohl nur konsequent, dass “Bild” heute die Frau zur “Gewinnerin” macht, die das Gesetz zu den Internetsperren vorangetrieben hat: Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, von ihren Gegnern auch als “Zensursula” bezeichnet.

Sie kämpft mit Verve für den Schutz unserer Kinder: Familienministerin Ursula von der Leyen (50, CDU) forderte seit Langem ein Gesetz, das den Zugang zu Kinderporno-Seiten im Internet erschwert. Jetzt hat sich die Koalition auf einen Gesetzentwurf geeinigt. Geplant sind u. a. Stoppschilder, die vor einschlägigen Websites warnen.

BILD meint: Frauenpower!

Kritiker der Internetsperren werfen der SPD vor, vor CDU/CSU und “Bild” “eingeknickt” zu sein:

Jetzt kann man, wenn man pervers veranlagt ist, seine Phantasie mit den Wörtern: “Bild”, “Kampagne”, “SPD” und “Kinderpornographie” spielen lassen, und hat ein ungefähres Bild dessen, wovor den Genossen graust. Das gegen Böhning, war nur ein kleiner Stupser.

Der SPD-Internetexperte Jörg Tauss wandte sich gestern in einem offenen Brief an seine Fraktionskollegen, in dem er unter anderem schrieb:

Wir sollten mehr Sorge um unseren Ruf [im Internet] haben, als vor einzelnen negativen Schlagzeilen in der BILD.

Schon heute kann Tauss am eigenen Leib die Wirkung negativer Schlagzeilen in “Bild” überprüfen:

Politiker unter Kinderporno-Verdacht sorgt für Zoff in SPD: Jörg Tauss wehrt sich gegen Internet-Sperre. Der Abgeordnete verlangt namentliche Abstimmung im Parlament

Im März war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft wegen des Besitzes von Kinderpornographie gegen Tauss ermittelt. Der begründete den Besitz (auch im “‘Bild’-Verhör”) damit, er habe sich ein eigenes Bild von der Szene und ihren Verbreitungswegen machen wollen. “Zeit Online” berichtete erst heute wieder über seinen Fall.

Der gleiche Paul Ronzheimer, der Tauss Ende März für “Bild” interviewt hatte, schreibt heute:

Dieses Thema lässt ihn einfach nicht los… Der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss wehrt sich plötzlich wieder massiv gegen die geplante Kinderporno-Sperre im Internet – und das, obwohl die Staatsanwaltschaft gegen ihn noch immer wegen Kinderporno-Verdacht ermittelt.

Dabei ist die Formulierung “plötzlich wieder” ziemlicher Quatsch: Tauss war schon früh ein Kritiker der geplanten Internetsperren und hat diese auch im Mai kritisiert.

Das Wörtchen “obwohl” hingegen ist mehr als perfide — wie auch der Rest des Artikels:

Tauss und die Internetsperre – das Thema bewegt ihn seit Langem. Die Vorwürfe, selbst kinderpornografisches Material besessen zu haben, beendeten aber von einem Tag auf den anderen seine politische Karriere. Obwohl er seine Unschuld beteuert, die Kontakte in die Szene mit der Recherchetätigkeit als Abgeordneter begründete, zog er seine erneute Kandidatur für die Bundestagswahlen zurück. Der Druck aus der Partei war zu groß geworden. Vor dem Hintergrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die immer noch andauern, hielt sich Tauss zurück. BIS JETZT!

Trotz der aktuellen Berichterstattung gibt sich Tauss entspannt. So twitterte er am heutigen Nachmittag:

hatte nettes Gespraech mit BILD;) Man muss wissen:Die #Zensursula Berichterst.der Union,Krogmann,ist mit dem stv.BILD-Chef verheiratet:)
(Tauss bezieht sich dabei auf die CDU-Abgeordnete Martina Krogmann, die Ehefrau des stellvertretenden “Bild”-Chefredakteurs Alfred Draxler)

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

Einmal Internetsperren und zurück

Dieter Wiefelspütz ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und ein streitbarer Mann.

Die “Berliner Zeitung” titelte am Samstag:

Wiefelspütz für Ausweitung von Internetsperren - SPD-Politiker will an Gesetz zu Kinderpornos anknüpfen

Die Nachrichtenagenturen:

“Wiefelspütz will noch mehr Internetsperren” (AP)

“Innenexperte plädiert für weitere Internet-Sperren” (Reuters)

“Wiefelspütz für Ausweitung von Internetsperren” (AFP)

“Wiefelspütz für weitere Internetsperren” (dpa)

Die führenden Nachrichtenagenturen verbreiteten die Nachricht (s. Kasten) und der Aufschrei der Netzgemeinde war gewaltig.

Wiefelspütz habe in Aussicht gestellt, die geplante Sperrung kinderpornographischer Inhalte im Internet auch auf andere Inhalte auszuweiten, schrieb die “Berliner Zeitung” und ließ den Politiker zu Wort kommen:

“Natürlich werden wir mittel- und längerfristig auch über andere kriminelle Vorgänge reden”, sagte der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz der Berliner Zeitung. “Es kann doch nicht sein, dass es im Internet eine Welt ohne Recht und Gesetz gibt.” Er könne sich vorstellen, so Wiefelspütz, auch Seiten mit verfassungsfeindlichen oder islamistischen Inhalten zu blocken: “Eine Zeitung darf ja auch keinen Mordaufruf veröffentlichen.”

Auf seine Forderungen angesprochen, erklärte Wiefelspütz am Samstag auf dem Bürger-fragen-Volksvertreter-antworten-Portal abgeordnetenwatch.de:

Der Bericht der Berliner Zeitung überrascht mich nicht nur. Ich halte den Artikel für eine bösartige Fälschung meiner Auffassungen. So etwas ist mir bislang nicht untergekommen. Der Bericht gibt an keiner Stelle meine Meinung wieder, schon gar nicht die Auffassung der SPD. Was die Berliner Zeitung mir in den Mund legt, ist nahezu komplett Schwachsinn. Keine Silbe ist von mir autorisiert. Ich werde mich baldmöglichst an die Chefredaktion der Berliner Zeitung zwecks Richtigstellung wenden. Zu dem groben politischen Unfug, den die Berliner Zeitung mir andichtet, bin ich nicht fähig.

Inzwischen hat sich Wiefelspütz mit dem Journalisten “versöhnt”, wie er uns gegenüber angab.

Entsprechend titelte die “Berliner Zeitung” gestern:

Wiefelspütz will keine Zensur im Internet - SPD-Innenpolitiker fühlt sich missverstanden

Auf Anfrage von BILDblog erklärte der SPD-Politiker, er sei “sehr verärgert” gewesen über die “sehr verkürzte Darstellung”, die ihn in ein “völlig falsches Fahrwasser” gedrängt habe (im Gespräch mit “RP Online” war Wiefelspütz am Wochenende noch “stinksauer” gewesen).

Wer Positionen vertrete, wie sie ihm die “Berliner Zeitung” untergeschoben habe, “den würde ich massiv kritisieren”. Weder er noch seine Partei hätten irgendwelche Ambitionen, die Internetsperren, die Wiefelspütz als “Notbehelf” bezeichnete, auf irgendeinen Bereich außerhalb von Kinderpornographie auszuweiten.

Wie aber kann es passieren, dass ein Politiker laut einer Zeitung Dinge fordert, die seinen eigenen Ansichten laut eigener Aussage widersprechen?

Wiefelspütz glaubt nicht, dass ihm jemand absichtlich schaden wollte. Der Journalist der “Berliner Zeitung” erklärte die Situation damit, dass er in einem indirekten Zitat aus den “strafrechtlich relevanten” Inhalten, von denen Wiefelspütz gesprochen hatte, “verfassungsfeindliche oder islamistische” gemacht habe.

Und da besteht in der Tat ein großer Unterschied: Verfassungsfeind oder Extremist darf in Deutschland jeder sein, solange er keine Gesetze verletzt. Das stellte Wiefelspütz auch anschließend noch einmal klar.

Und die Überschrift? Der Reporter der “Berliner Zeitung” will Wiefelspütz bei dessen “markigen Äußerungen” ursprünglich so verstanden haben, dass dieser die Internetsperren als ultima ratio auf andere Bereiche ausweiten wolle. Inzwischen glaube er Wiefelspütz aber, dass dieser keine weiteren Sperren anstrebe.

Ein Missverständnis. So einfach ist das manchmal.

Mit Dank auch an Sven und André G.

Enteignet Springer, Twitter, Lebrument

1. “Augstein finanzierte ‘Enteignet Springer'”

(meedia.de, ga)

In einem online (noch?) nicht zugänglichen Feuilleton-Artikel in der Frankfurter Allgemeinen schreibt Peter Schneider, dass in die “Enteignet Springer”-Kampagne “beträchtliche Summen” von “Spiegel”-Chefredakteur Rudolf Augstein und “Stern”-Chefredakteur Henri Nannen geflossen seien. Auf Anfrage von Meedia sagt Peter Schneider: “Springer war der größte Haifisch im Becken, das weckte auch Konkurrenzgefühle. Sicherlich waren da nicht nur noble Motive im Spiel, sondern auch der Versuch, einen marktbeherrschenden Verlag kleiner zu machen.”

2. “‘Angemessene’ Vergütungen”

(bildjournalisten.djv-online.de)

“Was die Verleger jetzt anbieten – 22 bis 33 Euro fürs Bild”.

3. “Chinas Medien zum Tiananmen-Massaker”

(faz.net, Mark Siemons)

Noch immer wird in China jede Diskussion zum Tian’anmen-Massaker “im Keim erstickt”: “Seit zwanzig Jahren herrscht ein Schweigegebot, das in einem immer groteskeren Missverhältnis zu den Bemühungen der regierenden Partei steht, sich ein rechtliches und souveränes Ansehen zu geben – und diese von innen her vergiftet.”

4. “Rote Köpfe im Präsidium des Verbands Schweizer Presse”

(kleinreport.ch)

Hanspeter Lebrument, Präsident des Verbands Schweizer Presse, plant offenbar ein “politisches Manifest”: “Die rasant voranschreitende Medienkonzentration könne nur mit verbesserten Rahmenbedingungen gestoppt werden.”

5. “Die Dialektik des Jens Jessen”

(falk-lueke.de)

Das Netz als Feind” hiess es vor zwei Wochen, “Das Netz trügt“, heisst es heute. Falk Lüke dazu: “Abgesehen davon, dass mich der EBolschewismusvergleich angesichts des Leninbildes in Herrn Jessens Büro leicht amüsiert: Soziale Umgangsformen einzufordern und eine zweifelsohne höchst pluralistische Gruppe wie die der Internetnutzer pauschal als ‘großmäulig’ abzutun, das ist in einem Absatz schon mehr als Dialektik: Es ist einfach nur verlogen.”

6. “How Twitter Will Change the Way We Live”

(time.com, Steven Johnson)

Während deutschsprachige Publikationen über immer neue Technologien meckern, ehrt Time die Website twitter.com mit einer Titelgeschichte.

Bild.de, RTL, stern.de  etc.

Die Opfer des Todesfluges

Der Online-Ableger der Illustrierten “Stern” präsentiert die Opfer der im Atlantik abgestürzten Air-France-Maschine in einer großen Bildergalerie. Unter dem ersten Foto heißt es:

Doch das ist nicht das ganze Zitat von der DLRG-Seite. Das ganze Zitat geht so:

Aus irgendwelchen Gründen fand stern.de das mit der Bitte an die Medien um Zurückhaltung nicht so zitierwürdig. Womöglich hätte der Satz am Anfang dieser Bildergalerie auch nur ungewollt ironisch gewirkt.

Um einige der Opfer zeigen zu können, hat sich stern.de — wie andere Medien auch — offenkundig einfach auf den Internetseiten von Arbeitgebern oder Vereinen bedient. Man hört das ja auch immer wieder in den Medien, dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei, in dem auch das Urheberrecht dauernd verletzt werde.

Das RTL-Elendsmagazin “Explosiv” hat sich beim Ausschlachten der Tragödie gestern auch auf die Expertise einer Frau gestützt, die auf die nötigen Grenzüberschreitungen quasi spezialisiert ist: Inken Ramelow, deren Arbeit das NDR-Medienmagazin “Zapp” vor kurzem einen eigenen Beitrag gewidmet hat.

Nach dem Amoklauf von Winnenden hatten wir uns bei “RTL aktuell” erkundigt, wie der Sender unter Chefredakteur Peter Kloeppel grundsätzlich mit den Fotos von Betroffenen in Unglücks- oder Verbrechensfällen umgeht. Wir fragten zum Beispiel:

“Ist nach Ansicht des Senders eine Einwilligung des Urhebers nicht notwendig, wenn man sich die Fotos einfach im Internet besorgen kann? Muss jeder, der sein Bild bei StudiVZ oder anderen Angeboten einstellt, damit rechnen, es in einer RTL-Nachrichtensendung wiederzufinden? Oder bemüht sich RTL auch in solchen Fällen in der Regel um eine Einwilligung?”

Die Antwort des Senders lautete:

“Die Redaktion möchte keine Stellungnahme zu redaktionellen Abläufen abgeben.”

Das ist ziemlich genau dieselbe Antwort, die der “Stern” auf ganz ähnliche Fragen des Magazins “Panorama” gab:

“Zu Redaktions-Interna erteilen wir keine Auskunft.”

Von der “Bild”-Zeitung (die in einem Verlag erscheint, dessen Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner ironischerweise gerade für eine Verschärfung des Urheberrechtes im Internet kämpft) würden wir natürlich im Zweifel nicht einmal diese Antwort bekommen. Sie scheint sich gestern bei der Aufmachung des Themas in ihrem Online-Angebot vorgenommen zu haben, ein lehrbuchhaftes Beispiel dafür zu produzieren, was der Pressekodex meint, wenn er er von einer “unangemessen sensationellen Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid” spricht:


(Unkenntlichmachung, natürlich, von uns.)

Mit Dank an Heiko J. und viele andere sowie Peer S. und DWDL.

Tages-Anzeiger, TV-Flops, Güner Balci

1. “Die Nabelschau”

(medienspiegel.ch, Andrea Masüger)

Der publizistische Direktor der Südostschweiz Medien rechnet den Personalabbau beim Tamedia-Blatt Tages-Anzeiger durch und hält ihn für gar nicht so vermessen: “Was derzeit in der Medienszene und in der Öffentlichkeit rüberkommt, ist aber etwas ganz anderes. (…) Die Kürzungsrunde beim ‘Tages-Anzeiger’ gilt als Anschlag auf die journalistische Qualität. Die Belegschaft demonstriert und die Gewerkschaften verfassen ihre stereotypen Communiqués im Duktus der Sechzigerjahre, in denen Verleger noch immer den Klassenfeind Nummer 1 repräsentieren.”

2. “10 Strategien für den Journalismus 2.0”

(medialdigital.wordpress.com)

Mit dabei: “Diskussion ermöglichen”, “Multimedial denken”, “Die Weisheit der Masse nutzen”, “Hyperlokal denken”, “Neue Technologien umarmen” und “Tue, was Du am besten kannst, und verlinke zum Rest”.

3. “In 10 Jahren gibt es keine Tageszeitungen mehr”

(netzwertig.com, Marcel Weiss)

“Werbebudgets verlagern sich Richtung Internet. Damit bricht die Haupt-Einnahmequelle für den Print-Sektor weg. Print wird dadurch mittel- bis langfristig defizitär und ökonomisch nicht mehr tragfähig.”

4. “Die größten Misserfolge der TV-Saison”

(dwdl.de, Uwe Mantel)

Wie viel doch in nur einer TV-Saison durchrauscht, also wieder eingestellt wird und als Flop abgebucht werden muss. Der Branchendienst DWDL hat 82 TV-Flops gesammelt und präsentiert sie in einer Bildergalerie.

5. “Und, wer bezahlt Journalimus?”

(zeit.de, Eva Schweitzer)

Der “Kern der Krise” im Spannungsfeld Journalismus und Geldverdienen im Internet ist gefunden: “Wer lesen will, wie viel Geld Lobbyisten von AIG an den Kongress gegeben haben, klickt noch lange nicht auf die Fotostrecke mit Paris Hilton.”

6. Gespräch mit Güner Balci

(kuechenradio.org, Audio, 107 Minuten)

Eine sehr interessante Diskussionsrunde über extrem gewalttätige Wiederholungsdeliquenten, über Migrationspolitik, über Deutsche und Ausländer. Mit einer, die sich tatsächlich mal auskennt: Der in der Berlin Neukölln aufgewachsenen Journalistin und Buchautorin (“Arabboy“) Güner Yasemin Balci.

Erwachsen auf Probe, Verzettelung

1. “Die Hysterie um ‘Erwachsen auf Probe'”

(faz-community.faz.net/blogs/fernsehblog, Stefan Niggemeier)

“Ist es nicht toll, in einem Land zu leben, in dem es mehr Kinderschutzvereine gibt als Kinder? Und in dem die größte Gefahr, die diesen Kindern droht, die Produktion und Ausstrahlung einer Fernsehsendung ist?”

2. Interview mit Helmut Thoma

(tagesspiegel.de, Joachim Huber und Kurt Sagatz)

Auch Helmut Thoma äussert sich zur RTL-Sendung “Erwachsen auf Probe“: “Als ob da Babys an völlig Unbekannte gegeben würden. Es sind doch alle Teilnehmer gecastet, und es steht dauernd jemand dabei. Im realen Leben ist die Gefahr viel größer, dass Eltern an einen jungen Babysitter geraten, der noch völlig unerfahren ist.”

3. “Das Magazin – Schluss mit Kommentieren im Web”

(persoenlich.com)

Finn Canonica, Chefredakteur des “Magazins“, versteht das “Gerede um die Möglichkeiten des Citizen Journalism” nicht und ist “skeptisch geworden gegenüber den journalistischen Möglichkeiten im Internet”. Deshalb stellt er ohne Ankündigung nach zwei Jahren die Online-Kommentare ein, die ihm “manchmal sehr ‘dahingerotzt'” erschienen. Mehr dazu im Henusode Blog und beim Journalistenschredder.

4. “Journalismus am Nullpunkt”

(heinz.typepad.com)

“Journalismus kann sich nicht mehr so finanzieren wie bisher, und zugleich verändern sich seine Rolle und seine Formen radikal. Wer heute Journalist wird, weiß weder, wovon er in Zukunft leben wird, noch wie seine Arbeit aussehen wird.”

5. “Sex sells, again and again”

(presseverein.ch)

“Blech, Blut und Busen. Im Boulevard braucht’s niedere Reize. Ob Pornosprüche im Dutzend auf 20 Minuten oder anzügliche Schlagzeilen zu irgendwelchen Themen beim Blick. Die verlegenen Verleger hatten sich das anders vorgestellt.”

6. “Cogitus interruptus – Googeln, Bloggen und Twittern”

(nzz.ch, Eduard Kaeser)

Der Physiker und Philosoph Eduard Kaeser schreibt über die neuzeitlich alltägliche Verzettelung: “Ehe ich michs versah, war meine Hauptaufmerksamkeit auf zwei oder drei Nebenspuren verzettelt. Ich fand nicht mehr zur Konzentration auf die ursprüngliche Arbeit zurück. ‘Cogitus interruptus’ nenne ich das für mich. Dagegen kenne ich zwei Mittel: Sex oder Joggen. Sie fügen mich wieder zusammen.”

Meckel, Stellenkürzungen, ARD-Börse

1. Miriam Meckels Antwort
(miriammeckel.de, Miriam Meckel)
Miriam Meckel antwortet auf Stefan Niggemeiers Artikel in der FAZ. Sie hält die momentane Debattenkultur um die Zukunft des Journalismus (online wie offline) für ein “Trauerspiel”. Sie selbst sei zu einem “Gegner (…) stilisiert” worden, der sie nicht sei. Sie habe “viele sehr kluge und interessante Kommentare in den Blogs gefunden, aber auch ziemlich viel Bullshit.”

2. Kein öffentliches Echo auf Stellenkürzungen
(nzz.ch)
Die drastischen Stellenkürzungen bei den Schweizer Zeitungen “Tagesanzeiger” und “Bund” werden laut NZZ zwar wahrgenommen, es finde aber “kein Aufschrei, höchstens ein wenig Stirnrunzeln und ein bisschen Empörung vonseiten der schwachen Arbeitnehmerorganisationen” statt. Gründe für die lauen Reaktionen seien die allgemein schlechte Wirtschaftslage sowie das Überangebot an Medientiteln.

3. ARD-Börsenexpertin arbeitet für DAX-Firmen
(carta.info, Marvin Oppong)
Anja Kohl, Börsenexpertin der ARD und oft persiflierte Figur, ist regelmässig für die Privatwirtschaft tätig, so Marvin Oppong. Er wirft ihr vor, Veranstaltungen moderiert zu haben, die von “DAX-Firmen, die auch Gegenstand von Kohls Börsenberichterstattung in der ARD sind” mitfinanziert worden sind.

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