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“Bild” lässt Grand-Prix-Video in Zypern ausfallen

Rätselhafte “Bild”-Zeitung. In ihrem Online-Ableger behauptete sie, dass Österreich den Eurovision Song Contest 2006 nicht gezeigt habe — dabei weiß sie es längst besser. Zumindest in der Berliner “Bild”-Ausgabe steht eine andere Fassung des gleichen Artikels (siehe Ausriss). Darin heißt es korrekt: “Österreich verzichtete in diesem Jahr freiwillig auf eine Teilnahme.” (Ausgestrahlt hat ORF 1 die Show aber.)

Anders als Bild.de behauptet die gedruckte “Bild” in Berlin auch nicht, dass das Video der Band Lordi in Griechenland verboten worden sei. Die gedruckte “Bild” in Berlin behauptet, dass das Video in Zypern verboten worden sei. Das ist immerhin eine nachvollziehbare Aussage — allerdings eine falsche. “Bild” ist auf einen Aprilscherz hereingefallen, wonach der zypriotische Sender CyBC sich weigere, das Video zu zeigen. Das ist seit Wochen dementiert, und von einem “Verbot” war ohnehin nie die Rede.

Ob es auch “Bild”-Ausgaben gibt, in denen die Bild.de-Fassung des Artikel steht (also ohne Zypern und mit der Formulierung “In Österreich wurde der Grand Prix gar nicht übertragen”), wissen wir noch nicht.

Vielen Dank an Sara S. und all die anderen Hinweisgeber!

“Bild” lässt Grand-Prix in Österreich ausfallen

Vor einem Jahr versuchte die “Bild”-Zeitung am Tag nach dem Eurovision Song Contest eine große Kampagne gegen die ARD zu starten. Sie forderte ihre Leser auf, sich mit einem vorbereiteten Beschwerdecoupon ihre Rundfunkgebühren “zurückzuholen”, weil die Show eine an “Inkompetenz nicht zu überbietende TV-Katastrophe” gewesen sei.

Weil sich die “Bild”-Zeitung in Sachen Inkompetenz aber so schnell von niemandem die Butter vom Brot nehmen lässt, stützte sie ihren Vorwurf auf einen erstaunlichen Wust falscher Behauptungen. Vom Erfolg der großen Beschwerde-Aktion war später in “Bild” nichts mehr zu lesen — dafür aber anderswo.

Nun war wieder Song Contest, und das, was “Bild” von der Veranstaltung berichtet, lässt sich durch Inkompetenz kaum erklären. Eher durch einen Willen zur Desinformation. “Bild” staunt über den Erfolg der als Monster verkleideten Band Lordi und tut so, als hätte Österreich in weiser Voraussicht abgeschaltet:

In Österreich wurde der Grand Prix gar nicht übertragen (…).

ORF-Unterhaltungschef Edgar Böhm (52): “Wir wollten keine Auftritte zeigen, für die sich jemand genieren muß.”

Der erste Satz ist schlicht falsch: Der ORF übertrug “das musikalische Megaevent” wie immer live auf ORF 1. Und weil das so ist, kann auch das zweite Zitat nicht stimmen — jedenfalls muss Herr Böhm es anders gemeint haben. In der Tat: Böhm sprach in einem Interview mit dem “Kurier” nicht von Auftritten wie dem von Lordi, die er nicht zeigen wolle, sondern von potentiell peinlichen österreichischen Auftritten. Österreich schickte diesmal keinen eigenen Teilnehmer. Das Niveau der Veranstaltung sei so, dass man “keinen ernst zu nehmenden Musiker” zum Mitmachen ansprechen könne: “Wir sind es aber den Künstlern, den Sehern und unserem Land schuldig, dass es beim Contest Auftritte gibt, für die sich niemand genieren muss.”

Außer dem ORF zitiert die “Bild”-Zeitung auch Spiegel Online als Kronzeugen für das Verkommen der Veranstaltung und behauptet:

“Spiegel online” schrieb entsetzt: “Der Eurovision Song Contest hat sein Gesicht verloren, um eine Fratze zu bekommen.”

“Bild” hat das Zitat böswillig seines Zusammenhanges beraubt. Spiegel Online ist belustigt und angetan — von “Entsetzen” keine Spur:

(…) ein Eurovisions-Finale, das ausgerechnet von den finnischen Trashrockern Lordi beflügelt wurde.

Der Eurovision Song Contest hat sein Gesicht verloren, um eine Fratze zu bekommen. Man kann dies bedenklich finden. Oder amüsant. (…)

Mit 292 Punkten ehrte das europäische Publikum den hohen Unterhaltungsfaktor der Band — und setzte ein Zeichen gegen Balladen-Seligkeit (…).

Wer sich heute aufschwingen will zum Gipfel der gesamteuropäischen Schlagerwelt, braucht Flügel. Guten Flug, Monstermann.

Bereits am Sonntag übte sich Bild.de bei dem Thema im Zitateverkürzen und schrieb:

“Wir können ja nur gewinnen”, meinte Sänger Lordi selbstbewußt vor der Show — und er behielt recht.

Unwahrscheinlich, dass er das so gemeint hat. Die International Herald Tribune zitierte ihn mit den Worten: “Even if we lose the contest, we have already won.” Bei esctoday.com und Laut.de liest es sich ähnlich: “Wir haben doch schon längst gewonnen! Soviel Aufmerksamkeit hat eine finnische Gruppe beim Contest noch nie bekommen.”

Den Versuch, den Text des Siegertitels zu übersetzen, scheint “Bild” übrigens mittendrin abgebrochen zu haben — noch bevor sich jemand zwischen mehreren Möglichkeiten entscheiden konnte.

PS: “Bild” behauptet auch, in Griechenland sei das Lordi-Video “verboten” worden. Auch das ist offensichtlich Unsinn. Wir konnten nichts entsprechendes finden. Weiß einer unserer Leser, ob das Video in Griechenland gezeigt wurde — und wenn nein, warum nicht? (Mehr dazu hier.)

Danke an Stefan M., Tobias J., Andreas M., Christian S., Frederik P., Manuel K., Tim W. und Herbert G.

(Mehr über die Song-Contest-Kompetenz der “Bild”-Zeitung steht hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.)

Nachtrag, 14.55 Uhr. Bild.de hat den Artikel aus der heutigen Zeitung jetzt unter einer neuen Adresse veröffentlicht. Am Anfang stehen einige neue Sätze über eine Leserumfrage. Dafür hat Bild.de alles, was sich auf Österreich bezog, unauffällig aus dem Text herausgefräst.

Kurz korrigiert (72)

Unter der Überschrift “Schon wieder Pannen bei der Discovery” ist Bild.de schon wieder eine Panne passiert. Anders als in quasi allen anderen Medien heißt es dort fälschlicherweise:

"Der deutsche Astronaut Thomas Reiter soll mit der Discovery zur russischen ISS fliegen. Neuer Starttermin: Anfang Juli"

Bei Wikipedia heißt es dazu:

“Die Internationale Raumstation (engl. International Space Station, ISS) ist eine in internationaler Kooperation entstehende große Raumstation. Früher war sie auch unter der Bezeichnung Alpha bekannt, doch nach dem Beitritt Russlands zum Projekt wurde dieser Name verworfen, da er aus der Sicht der Russen eine Pionierleistung suggerierte und die früheren sowjetischen Raumstationen nicht berücksichtigte. (…) Am Bau der Raumstation ist neben der amerikanischen NASA, Russland, Japan, Brasilien und Kanada auch die ESA beteiligt. Allerdings nehmen nicht alle Mitglieder der ESA an dem ISS-Programm teil – Großbritannien, Irland, Portugal, Österreich und Finnland beteiligten sich von Anfang an nicht, und Griechenland trat der ESA erst später bei.”

Die russische Raumstation Mir hingegen wurde in den frühen Morgenstunden des 23. März 2001 zum kontrollierten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre gebracht. Ihre nicht verglühten Trümmer stürzten um 6.57 Uhr in den Pazifik.

Mit Dank an Stephan R. für den Hinweis.

Nachtrag, 14.10 Uhr: Bild.de hat den Fehler inzwischen dahingehend korrigiert, das Wort russischen ersatzlos zu streichen.

Allgemein  

“Verbrecherorganisation”

“Bild” berichtet ja heute über “Gotteslästerung in Deutschland” und “erklärt” ihren über elf Millionen Lesern, “was deutsche Gerichte als ‘Blasphemie’ (…) beurteilen”. Und heute mittag hatten wir ja schon darauf hingewiesen, dass ein Fall, in dem jemand in Griechenland angeklagt und freigesprochen wurde, nicht dazuzählt.

Das ist aber leider noch nicht alles. Denn unter der Zwischenüberschrift “Das ist verboten” heißt es außerdem:

“Christliche Kirchen dürfen nicht als ‘Verbrecherorganisation’ bezeichnet werden, so ein Urteil des Landgerichts Göttingen von 1985.”

Doch auch das ist falsch*. Christliche Kirchen dürfen sehr wohl als “Verbrecherorganisation” bezeichnet werden, sogar als “größte Verbrecherorganisation aller Zeiten”, und ein entsprechendes Urteil stammt zwar aus dem Jahr 1985, jedoch nicht vom Landgericht Göttingen, sondern vom Amtsgericht Bochum.

Und für alle, die das jetzt noch genauer wissen wollen, war’s nämlich so: Im November 1984 wurde in ein paar deutschen Städten ein Flugblatt verteilt, das ein Bochumer Medizinstudent verantwortete und in dem sich das “Kommitee zur Abschaffung von §166 StGB” kritisch damit auseinandersetzte, dass ein Mitglied des “Internationalen Vereins zur Verbreitung der Lebensfreude e.V.” wegen des Verteilens von Aufklebern mit den Aufschriften “Lieber eine befleckte Verhütung als eine unbefleckte Empfängnis” sowie “Masochismus ist heilbar” in Göttingen zu einer Geldstrafe von 400 D-Mark verurteilt worden war. In dem Flugblatt hieß es u.a. dazu: “(…) wer über die Machtpolitik der Kirche aufklärt und beim Namen nennt, daß sie die größte Verbrecherorganisation aller Zeiten ist, die einen in der Geschichte einmaligen Rekord an Folter und Mordopfern aufweist – 22 Millionen allein während der Kreuzzüge – (…) muss mit hohen vom Staat verhängten Strafen rechnen.” Im Zuge der Ermittlungen gegen den Studenten fanden drei Hausdurchsuchungen bei ihm statt. Doch nachdem es dem Kirchenkritiker Karlheinz Deschner mit einem 30-seitigen Gutachten offenbar gelungen war, dem Gericht glaubhaft zu machen, dass es sich bei der christlichen Kirche tatsächlich um die größte Verbrecherorganisation aller Zeiten handeln könnte, endete die mündliche Verhandlung im Oktober 1985 nach wenigen Stunden mit einem Freispruch.

Und eigentlich sollte eine Zeitung wie “Bild”, die immer wieder die Nähe zur Katholischen Kirche sucht und deren Chefredakteur und Herausgeber selbst bekennender Katholik ist, sowas wissen (oder in einem Buch nachlesen), statt ihren über elf Millionen Lesern die Unwahrheit zu erzählen* nur die halbe Wahrheit zu erzählen.

Mit Dank auch an Zeljko K. für den Hinweis!

*) Nachtrag, 8.2.2006:
Wir müssen uns korrigieren: Auch im Fall der in Göttingen zu 400 D-Mark Strafe verurteilten Birgit Römermann ging es nicht nur um die oben erwähnten Aufkleber, sondern ebenfalls um ein Flugblatt mit der Äußerung: “Sieht man sich die Geschichte der Kirchen an, ist man Mitglied einer der größten Verbrecherorganisationen der Welt. Hexenverfolgungen, 6 Millionen Frauen verbrannt, Völkermorde, Religionskriege, Kreuzzüge, Unterdrückung und Verarschung des Volkes durch alle Jahrhunderte, Judenverfolgung, Segnung von Waffen, Verteufelung der Lust und und und, um nur einige Beispiele zu nennen.” Und auch in der Bezeichnung “Verbrecherorganisation” erkannte das Landgericht Göttingen 1984 (!) einen Verstoß gegen § 166 StGB. Insofern stimmt, was “Bild” behauptet. Allerdings entschied ein anderes Gericht ein Jahr später in einem anderen Fall anders. Die Frage, ob die Bezeichnung “Verbrecherorganisation” verboten ist oder nicht, hängt also im Einzelfall u.a. davon ab, ob sie den öffentlichen Frieden stören kann oder nicht.

Deutschland ist immer und überall

“Was wird bei uns bestraft?” fragt “Bild” – und berichtet heute in großer Aufmachung über “Gotteslästerung in Deutschland” (siehe Ausriss) und “erklärt, was deutsche Gerichte als ‘Blasphemie’ (griechisch: Schmähung, Verleumdung) beurteilten – und was nicht!”

Nach einem Zitat aus dem deutschen StGB und unter der Zwischenüberschrift “Das ist verboten” schreibt “Bild”:

“Ein Gericht verurteilte den Karikaturisten Gerhard Haderer in Abwesenheit zu sechs Monaten Haft. Sein Comic ‘Das Leben des Jesus’ zeigte Gottes Sohn als ‘Weihrauchkiffer’, den Gang über den See Genezareth als ‘Surf-Trip’. Das Urteil wurde später aufgehoben.”

Und mal abgesehen davon, dass es einigermaßen verwunderlich ist, ein Urteil, das “später aufgehoben” wurde, in der Rubrik “Das ist verboten” unterzubringen: Der österreichische Karikaturist war im Januar 2005 in Griechenland (!) zu sechs Monaten Haft verurteilt und per Europäischem Haftbefehl zur Festnahme ausgeschrieben, ein Vierteljahr später aber im Berufungsverfahren von einer höheren Instanz in Athen freigesprochen worden. (Außerdem war gegen Haderer auch im österreichischen Wien ein Strafverfahren eröffnet, bald darauf aber wieder eingestellt worden.)

Mit Dank an Christian S. für den Hinweis.

Mehr dazu hier.

Kurz korrigiert (8): Papst und Busenmädchen

Ja, “Bild” hat ein seltsames Weltbild.

Und gelegentlich tritt das sogar offen zutage – vorgestern zum Beispiel, als “Bild” behauptete, Zakynthos sei “eine wunderschöne griechische Insel in der Ägäis”, obwohl Zakynthos doch gar nicht in der Ägäis, sondern im Ionischen Meer liegt.

Oder heute. Da heißt es nämlich bei Bild.de der “Turning Torso” in Malmö sei “Europas höchstes Wohnhaus”. Dabei steht Europas höchstes Wohnhaus doch mitten in Europas größter Hauptstadt.

Und wer sich jetzt glaubt, dass Bild.de mit Europa womöglich die EU gemeint haben könnte: Nee, nee, die EU hat Bild.de nicht gemeint.

Mit Dank an Jan I. und andere für den Hinweis.

Kann ich als “Bild”-Leser ein Flugzeug landen?

Kann ich als Passagier ein Flugzeug landen?

fragt die “Bild”-Zeitung angesichts des Flugzeugunglücks in Griechenland, und vielleicht hätte sie den Experten glauben und einfach “Nein” antworten sollen.

Stattdessen hat sie noch eine Anleitung mit dem Titel: “Was Sie im Cockpit einer Boeing 737 tun müßten” hinzugefügt. Das ist (womöglich) nett gemeint, aber so hilfreich, dass wir fast vor dem Betreten einer 737 warnen möchten, wenn sich überzeugte “Bild”-Leser unter den Passagieren befinden.

Es fängt damit an, dass “Bild” nicht das richtige Cockpit zeigt. Zu sehen ist zwar eine Boeing 737, aber das Modell 737-NG. Das abgestürzte Flugzeug war eine 737-300, und wenn Sie meinen, dass der Unterschied doch wirklich nicht so groß sein könnte, vergleichen Sie mal diese beiden Bilder.

Ist kein Flugplatz in der Nähe, mit Hilfe des Kompasses (6) ein gerades Stück Straße (mindestens 1,5 km Länge) ansteuern.

Ja, in Flugzeugen steckt die erstaunlichste Technik, und sicher sind Flugzeug-Kompasse ganz besonders tolle Kompasse, nur den Weg zum nächsten geraden Stück Straße kennen auch sie nicht. Auch nicht zum nächsten geraden Stück Straße, das breit genug wäre, einer 737 mit einer Spannweite von rund 30 Metern Platz zu bieten, und zwar möglichst ohne störende Mittelleitplanke…

Gut gemeint ist sicher auch der Ratschlag von “Bild”, die “Benzinanzeige” zu beachten. Mal abgesehen davon, dass dieses “Benzin” eigentlich “Kerosin” heißt, und ebenfalls abgesehen davon, dass das, was “Bild” als Treibstoffanzeige angibt, die Umdrehung der Turbine anzeigt — was wäre zu tun, wenn sich zeigen sollte, dass der Tank fast leer ist? Den Reservekanister suchen?

Man könnte jetzt noch mit erfahrenen Piloten diskutieren, ob es hilft, “Mayday” zu rufen, ohne Airline und Flugnummer dazu zu sagen, ob das empfohlene Anflugtempo von 130 Knoten wirklich eine gute Faustregel ist, ob die manuellen Bremsen, die man laut “Bild” betätigen soll, nicht sofort überhitzen und Feuer fangen würden, ob man ohne Schubumkehr und Bremsklappen die Maschine je rechtzeitig zum Stehen bringen würde und ob nicht der wichtige Hinweis fehlt, wie man den Autopiloten ausschaltet.

Einfacher ist es vielleicht, darauf zu verweisen, was “Bild” selbst von der Idee hält, es sei für “jedermann leicht, ein Flugzeug zu landen, wenn man nur von jemandem mündlich dazu angeleitet wird” (oder, fügen wir hinzu, einen entsprechenden “Bild”-Artikel gelesen hat):

P.S.: Mindestens ebenso nützliche Tipps, was man im Fall eine Katastrophe im Cockpit tun kann, gibt die “Zeit”.

Vielen Dank an zahlreiche Hinweisgeber, vor allem an Manos R.

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