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Interner EU-Unfall

Eine ernste Meldung in eigener Sache: Soeben mussten wir unseren Chefredakteur in ärztliche Behandlung bringen lassen.

Zuerst hörten wir aus seinem Büro nur ein langgezogenes “Neeeeeiiiiin!”, dann vernahmen wir einen dumpfen Schlag und ein “wahnsinnig” zu nennendes Lachen, das langsam erstarb. Als wir sein Büro betraten, fanden wir ihn mit blutiger Stirn auf dem Fußboden vor, die Hände verkrampft. Seine Schreibtischplatte war in zwei Teile zerbrochen.

Auf seinem Computerbildschirm war noch dieser Artikel von sueddeutsche.de geöffnet:

EU-Grundsatzurteil zur Asylpolitik: Rüge für Griechenland und Belgien. Das EU-Menschenrechtsgericht hat gesprochen: Zwei Mitgliedsstaaten verstoßen mit ihrer Asylpolitik gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung. Die Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern sind so schlimm, dass Deutschland niemanden mehr dorthin zurückschickt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem Grundsatzurteil die Asylpolitik der EU scharf kritisiert.

Wir vermuten, dass Herrn Heinsers außergewöhnliche Reaktion etwas mit der wiederholten Verwechslung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit einem “EU-Gericht” zu tun hat, und wünschen ihm auf diesem Wege eine baldige Genesung!

Mit Dank an David H.

Nachtrag, 18.15 Uhr: sueddeutsche.de hat reagiert und aus dem “EU-Grundsatzurteil” in der Dachzeile ein “Grundsatzurteil” gemacht.

Der erste Satz des Artikels lautet indes immer noch:

Das EU-Menschenrechtsgericht hat gesprochen

2. Nachtrag, 18.36 Uhr: Jetzt ist auch der erste Satz des Artikels korrigiert:

Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat gesprochen

Skandale, Verschwörungstheoretiker, Fotos

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die Medien-Gier nach dem täglichen Skandal”
(ndr.de, Video, 10:21 Minuten)
Die Medienkarawane skandalisiert Woche für Woche neue Themen, nur um sie gleich wieder zu vergessen. Nur wenige bleiben bis zum Ende dran und berichten, wie sich eine Sachlage entwickelt, wie eine Geschichte ausgeht, ob es sich nach Berücksichtigung aller Fakten überhaupt um einen Skandal handelt, wer wie verantwortlich ist, welche Konsequenzen daraus folgen.

2. “Die wütende Stimme Amerikas”
(zeit.de, Heike Buchter, mit Videos)
Fox News habe in den Vereinigten Staaten “zu einem Trend geführt, Inhalte mit einem bestimmten Dreh zu versehen”, schreibt Heike Buchter. “Das gilt nicht nur für die Art, wie Ereignisse eingeordnet und bewertet werden, sondern auch für die Themen, die aufgegriffen werden.”

3. “Sport Bild-Watch (11)”
(el-futbol.de, Sidan)
Sidan fragt sich “ernsthaft und immer noch, was Sport Bild gegen Griechenland hat”. “Der Stachel aus dem Kleinkrieg mit Ioannis Amanatidis scheint doch ziemlich tief zu sitzen, anders kann man sich diese chronischen Kindergarten-Dissattacken auf Griechenland nicht erklären.”

4. “Verschwörungstheoretiker sind Menschen wie du und ich”
(dradio.de, Matthias Hanselmann)
Matthias Hanselmann redet mit Michael Butter von der Uni Freiburg über Verschwörungstheoretiker: “Verschwörungstheorien füllen im Grunde eine Lücke, die durch Säkularisierung entsteht, wo aber das Bedürfnis noch da ist, den Zufall, das Chaos auszuschließen. Und deshalb ist es für Verschwörungstheoretiker vielleicht manchmal einfacher zu akzeptieren, dass es irgendwelche dunklen Gestalten gibt, die im Geheimen die Geschicke lenken, als einzugestehen, dass die Welt vielleicht chaotisch ist, Dinge durch Zufall passieren.”

5. “Die Sache mit den Fotos”
(offensichtlich.wordpress.com, Daniela Warndorf)
Daniela Warndorf stört es, wenn sie an Anlässen ungefragt fotografiert wird und diese Fotos darauf im Web publiziert werden. “Ein ‘Ich möchte selber kontrollieren können, wann wo welche Bilder von mir im Netz stehen’, erntet meist nur mitleidige Blicke.”

6. “The Most Amazing Press Release Ever Written”
(techcrunch.com, englisch)
“PR Professional Distributes Groundbreaking Press Release”

Bild  

Wünsch Dir was!

Wie auch schon in den vergangenen Jahren, so hat “Bild” auch in der Silvester-Ausgabe 2010 eine Liste mit Schlagzeilen veröffentlicht, die “wir” (also in diesem Fall wirklich mal nur die “Bild”-Mitarbeiter) “uns für 2011 wünschen”.

Die Vorschläge oszillieren zwischen “leidlich lustig”, …

Emma statt ICE: Jim Knopf neuer Bahn-Chef, NASA entdeckt intelligentes Leben bei RTL 2, Urknall Schuld an Heesters

… “eher taktlos”, …

Käßmann predigt: Freie Fahrt für volle Bürger, Neuer Job bei Vox: Kachelmann moderiert "Wahre Hiebe"

… “unnachgiebig hetzerisch” …

Ohne Sauerstoffgerät: Messner erklimmt Griechenlands Schuldenberg, Raus aus den Schulden: Zwegatos rettet Griechenland

… und “womöglich selbstironisch”.

Endlich! Ein deutscher Royal: Papst krönt Kaiser Karl den Gutten, Wie schafft die das? Frau zu Guttenberg schnappt Bin Laden

Eine der Überschriften (zur Erinnerung: “Schlagzeilen, die wir uns für 2011 wünschen!”) fällt aber etwas aus dem Rahmen. Sie betrifft Arno Dübel, den “Bild” seit einem Jahr und in über 35 Artikeln nur “Deutschlands frechsten Arbeitslosen” nennt:

Arno Dübel: Arbeits-Unfall!

Mit Dank an Daniel H., Axel Sch., Robert W. und Thomas H.

Österreich, Jahrtausendwinter, Udo Reiter

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “‘Wetten dass’: Geheimauftritt von ‘Take That'”
(politblogger.eu)
Die Sonntagsausgabe der Boulevardzeitung “Österreich” titelt “So rockte Robbie Gottschalk” und “Gottschalk: Robbie holte Show aus Koma”, obwohl Robbie Williams am Samstagabend gar nicht in der Sendung “Wetten, dass..?” auftrat. Wegen eines Unfalls bei einer Wette wurde die Sendung vorzeitig abgebrochen. Siehe dazu auch “‘Österreich’: Wenn Kaltschreiben pietätlos wird” (kobuk.at, Yilmaz Gülüm)

2. “Die Jahrtausendwinter – Ente”
(wissenslogs.de, Stefan Rahmstorf und Olivia Serdeczny)
Der polnische Wissenschaftler Michał Kowalewski sieht von ihm getätigte Aussagen zu einem Artikel vermengt, “der so geschickt seine Worte mit einigen meiner Sätze ohne ihren Kontext vermischte, dass eine ganz neue Bedeutung entstand. Eine absolut absurde These. Meine Zitate sind für sich genommen aber korrekt, daher konnte ich keine Richtigstellung verlangen.” Stefan Rahmstorf und Olivia Serdeczny zeigen auf, wie sich die Meldung fortpflanzt.

3. “Reiter: MDR-Intendant löscht Twitter-Account, Nachspiel im Rundfunkrat”
(flurfunk-dresden.de, owy)
Peter Stawowy kommentiert den Rückzug von MDR-Intendant Udo Reiter (@mdrreiter) aus Twitter: “Es war ein schlechter Witz, ja, Reiter hat sich gleich darauf entschuldigt – so what? Diese und ähnliche Erfahrungen werden eins zur Folge haben: Wir werden in Deutschland noch sehr lange warten müssen, bis sich Politik und andere Entscheiderkreise an Twitter und Co. herantrauen.”

4. “Niebel: ‘Spiegel’ hat keinen verantwortungsvollen Journalismus betrieben”
(lvz-online.de, Dieter Wonka)
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel ist unzufrieden mit der Aufarbeitung der ihn betreffenden Wikileaks-Diplomatendepeschen durch den “Spiegel”: “Nachdem ich den Originalbericht über meine Person gelesen habe, kann ich die Aufarbeitung des ‘Spiegel’ nicht als verantwortungsvollen Journalismus bezeichnen. Auch durch Weglassen kann man falsche Informationen streuen.”

5. “Facie prima”
(ad-sinistram.blogspot.com, Roberto J. De Lapuente)
Roberto J. De Lapuente beschreibt von den Medien ausgewählte Bilder von Julian Assange: “Die Manipulationsmacht, die ein Bild verströmen kann, selten ist sie so zielgerichtet, wie im Falle Assanges; selten wird so manipulativ auf solche Fotos zurückgegriffen, auf denen die Person, über die man berichtet, so unvorteilhaft zur Geltung kommt.”

6. “Medien machen Geschichte(n)”
(heise.de/tp, Wassilis Aswestopoulos)
Nicht nur in Neapel stapelt sich der Müll, sondern auch in Griechenland. Wassilis Aswestopoulos über den aktuellen Zustand des Lands.

Anmerkung: Wegen Serverüberlastung ist Link 1 zwischenzeitlich deaktiviert.

Bild  

Bomben-Stimmungsmache

Vor einem halben Jahr wurden sie noch kollektiv als “Pleite-Griechen” abgestempelt, doch diesen zweifelhaften Ruf dürften die Hellenen – “Bild” sei Dank – jetzt wieder los sein:

Polizei jagt Bomben-Griechen! Woher kommt plötzlich dieser Hass auf Deutschland

Gut, die Attentate wurden von einer für Griechenland wenig repräsentativen anarchistische Gruppe mit dem albernen Namen “Verschwörung der Zellen des Feuers” durchgeführt, weswegen “Bomben-Griechen” etwas arg verallgemeinernd wirkt. Richtig unsinnig ist aber die fragezeichenlose Frage “Woher kommt plötzlich dieser Hass auf Deutschland” bei Bild.de, die im Artikel noch etwas weiter gefasst gestellt wird:

Aber woher kommt plötzlich in Griechenland dieser Hass auf Deutschland, seine Kanzlerin und seine Freunde in der EU?

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Autoren Rolf Kleine und Paul Ronzheimer diesen Hass speziell als “Hass auf Deutschland” und im weiteren Sinne “seine Freunde in der EU” interpretieren. Neben der deutschen Botschaft in Athen und dem Bundeskanzleramt in Berlin wurden nämlich auch an folgende Personen und Einrichtungen Bombenpakete geschickt:

An den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, an den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, an die französische Botschaft, an die bulgarische Botschaft, an die belgische Botschaft, an die niederländische Botschaft, an Europol (Den Haag) und an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Und von wegen “Deutschland und seine Freunde in der EU”: Die Attentäter schickten ihre Sprengsätze auch noch an die Botschaften Russlands, der Schweiz, Chiles und Mexikos.

Der Anschlag galt also nicht allein Deutschland. Die Begründung für den angeblichen “Hass auf Deutschland” in Griechenland, der zu den Bombenattentaten geführt hat, liefern die Autoren trotzdem gleich mit:

Tatsache ist: Bereits während der griechischen Euro-Krise im Frühjahr machten örtliche Medien mächtig Stimmung gegen Berlin. Nach dem EU-Gipfel am vergangenen Wochenende in Brüssel brachen dann alle Dämme – weil vor allem Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Sarkozy sich für besonders harte Strafe für Defizit-Sünder im Euro-Raum stark gemacht hatten.

Diese Aussage von Paul Ronzheimer ist nur noch zynisch — hatte er sich doch selbst vor einem halben Jahr, als “Bild” eine regelrechte Hetzkampagne gegen Griechenland führte, besonders eifrig beteiligt und sich unter anderem dadurch hervorgetan, dass er nach Athen reiste und den Pleite-Griechen symbolisch die Drachme zurückgab.

Wie es übrigens wirklich aussieht, wenn eine Zeitung “mächtig Stimmung” gegen ein Land macht, sieht man an diesen Ausrissen von vor einem halben Jahr:
"Bild" hetzt weiter gegen Griechen

Fritzl, Eichel, Street View

6 vor 9

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1. “‘Bild’-Interview mit Josef F.: ‘Faszination des Bösen'”
(diepresse.com, Anna-Maria Wallner)
Ein “Bild”-Reporter führt in der Justizanstalt Stein ein Interview mit Josef Fritzl und dreht dazu ein Video. Wie das Wiener Justizministerium mitteilt, habe die zuständige Vollzugsdirektion für das in der Verhörzone entstandene Gespräch kein Gesuch erhalten und auch keine Bewilligung erteilt.

2. “Hans Eichel, der Oberschurke”
(sueddeutsche.de, Claus Hulverscheidt)
Anders als “Bild” glaubt Claus Hulverscheidt nicht, dass der frühere Finanzminister Hans Eichel Hauptverantwortlicher für die Folgen des griechischen Euro-Beitritts ist.

3. “Wie der ‘Bundesverband der im Haushalt helfenden Männer’ die faule Presse narrte!”
(wasmitmedien.de, daniel)
Ein Gespräch mit Dirk Emig (auch als Audio), der vor rund zehn Jahren zusammen mit einem Kollegen die Website bdhm.de.vu aufsetzte und damit dem nicht existierenden “Bundesverband der im Haushalt helfenden Männer” Nachdruck verlieh. Die beiden wollten damit beweisen, “dass man mit einer skurrilen Geschichte, angereichert mit dem Konflikt Mann-Frau, ein bisschen Sex dazu, ein paar krude Thesen, wirklich einen Selbstläufer produzieren kann.”

4. “Manege frei!”
(journalist.de, Ralf Geißler)
Ralf Geißler schreibt über die immer aufgeregter daherkommenden “Medienskandale”: “Mit einigen Jahren Abstand staunt das Publikum oft, warum es sich einst so aufgeregt hat. Trotz BSE essen die Deutschen heute wieder unbesorgt Rindfleisch. Sie tanken seit der An-Land-Entsorgung der Ölplattform Brent Spar wieder bei Shell und fahren durch den Wald, der nach den apokalyptischen Szenarien der 80er Jahre längst verschwunden sein müsste. Weiß eigentlich noch jemand, wie ansteckend die Lungenseuche SARS ist?”

5. “Die Handschrift des Reporters”
(magda.de, Wolfgang Michal)
Wolfgang Michal kommentiert ein Urteil des Landgerichts Hamburg. Die GEO-Redaktion habe bei der Redigatur eines Text des freien Journalisten Christian Jungblut “ihr Bearbeitungsrecht überschritten”. “So manche Redaktion hat sich in den letzten Jahren angewöhnt, Texte freier Autoren als bloßes ‘Materialangebot’ zu betrachten, als ‘Rohmasse’, die ohne Rücksicht auf Stil und individuelle Herangehensweise eines Autors verformt werden darf. Diese Fehlentwicklung wird im Urteil des Landgerichts deutlich benannt und kritisiert.” Siehe dazu auch “Gericht erklärt ‘Geo’: Autoren haben Rechte” (stefan-niggemeier.de).

6. “Germany, what have you done?”
(buzzmachine.com, Jeff Jarvis, englisch)
Jeff Jarvis zum Datenschutzwahnsinn der Deutschen in Sachen Google Street View: “This is not a matter of privacy. And don’t tell me it has a damned thing to do with the Nazis and Stasi; that’s patently absurd. If anything, the Stasi would have exercised their Verpixelungsrecht to obscure their buildings from public view, taking advantage of the cloak of secrecy the idea provides.”

Prominenzierungsmaschinerie, FSK, Kummer

6 vor 9

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1. “‘Schnitzel’-Posse – Alter Aufreger statt neuer Fakten”
(ndr.de, Video, 6:09 Minuten)
“Zapp” besucht in der Causa “Schnitzelkrieg” Betzdorf und befragt unter anderem den Schulleiter der Christopherus-Schule, Alexander Waschow, von dem auch ein offener Brief veröffentlicht wird. Auf taz.de schreibt Cigdem Akyol dazu.

2. “Rangliste der Pressefreiheit weltweit”
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Rangliste zur weltweiten Situation der Pressefreiheit im Jahr 2010. Die Schweiz teilt sich mit Finnland, Island, Norwegen, Schweden und der Niederlande Platz 1. Österreich ist auf Platz 7, Deutschland auf Platz 17 zu finden. Die EU-Mitglieder Griechenland und Bulgarien teilen sich mit Kenia, Benin und den Komoren Platz 70. Am wenigsten Pressefreiheit gibt es in Nordkorea und Eritrea.

3. “Geht’s noch, FAS? Schon wieder eine Medienkampagne”
(epd.de, Sabine Horst)
Der Evangelische Pressedienst (!) findet die “Kampagne” der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” zu angeblich zu laschen Kontrollen der FSK übertrieben: “Ich bin auch Mutter. Und wenn Sie mich fragen: Ich schaue mit meinem Sohn, der wird demnächst zwölf, lieber einen großen, wilden, traurigen Film wie ‘There Will Be Blood’ oder einen erschütternden wie ‘Schindlers Liste’, als ihn im Nirwana der Toggo-Werbung und Primetime-Schmonzetten versacken zu lassen.” (…) “Die Aktion des Sonntagsblattes ließe sich vielleicht als bloße populistische Kampagne abtun, wären nicht so viele Medienpolitiker und sogar die Familienministerin flugs darauf eingestiegen.”

4. “Wie man Promis produziert”
(de.ejo.ch, Marlis Prinzing)
Marlis Prinzing stellt fest, dass die Prominenzierungsmaschinerie längst auch den Journalismus erfasst habe: “Die Bildschirmmedien inszenieren die Popularität von Ansagern, Moderatoren und Talkern, aber auch von exponierten Printjournalisten. Sie machen deren Gesichter prominent und erleichtern so deren Vermarktung. Bei Promi-Events und auf Podien begegnen die Klatsch-Reporter immer wieder denselben Gesichtern und reproduzieren immer wieder dieselben Gesichter und Geschichten.”

5. “Zehn Thesen zur Zukunft der Zeitung”
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
“1. Das Zeitungssterben kommt schneller als angenommen. 2. Die Wochenzeitung wird die neue Tageszeitung – und nicht umgekehrt. 3. Die Tageszeitungen sparen sich zu Tode. 4. Die Tageszeitungen vergreisen in den Redaktionen. 5. Als nächstes wandert der Lokaljournalismus ins Netz ab. 6. Journalisten und Verleger haben das Netz nicht begriffen. 7. Tageszeitungen verschwinden in der Nische. 8. Das iPad beschleunigt den Niedergang. 9. Der generalistische Journalismus überholt sich. 10. Die Tageszeitung sitzt zwischen allen Stühlen — und hat nirgends mehr Platz.”

6. Interview mit Tom Kummer
(persoenlich.com, Adrian Schräder)
Tom Kummer spricht ausführlich mit Adrian Schräder: “Ich hab mich komplett sicher gefühlt, geschützt von einer Gruppe junger Journalisten, die sich selbstsicher als so eine Art Avantgarde des Neuen Journalismus in Deutschland bewegten.” Ein zweites Interview gibt es mit dem Regisseur von “Bad Boy Kummer”, Miklós Gimes.

Kronen Zeitung, Daily Star, Love Parade

6 vor 9

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1. “Griechenlands Medien”
(sueddeutsche.de, Kai Strittmatter)
Kai Strittmatter stellt den griechischen Medien ein miserables Zeugnis aus. “Die meisten griechischen TV-Sender und Zeitungen gehören Firmen, die gleichzeitig in der Schifffahrt, im Bausektor, in der Telekommunikation, in der Pharma- oder Ölindustrie tätig sind. Sie existieren, um den Interessen dieser Firmen zu dienen.”

2. “WDR hält Wallraff-Film unter Verschluss”
(spiegel.de, Vorabmeldung)
Der WDR schneidet angeblich juristisch heikle Szenen aus dem Film “Informationen aus dem Hinterland”, die Günter Wallraff als Hans Esser bei “Bild” zeigen. Während der Springer-Verlag juristische Schritte dementiert, hält Wallraff das Vorgehen für einen klaren “Fall von Selbstzensur”.

3. “Die jungen Milden vom Kleinformat”
(diepresse.com, Rosemarie Schwaiger)
Rosemarie Schwaiger sieht das führende Boulevardblatt Österreichs, die “Kronen Zeitung”, nach dem Tod von Hans Dichand bereits deutlich verändert und fragt, ob sich eine “Revolution in Richtung Normalität” anbahne: “Kann der heimische Durchschnittsphilanthrop schon bald ohne schlechtes Gewissen das Kleinformat lesen?”

4. “Britische Zeitung behauptet Rockstar plane Amoklauf-Spiel”
(onlinewelten.com, Tobias Ritter)
Eine bemerkenswert ausführliche Gegendarstellung und Entschuldigung veröffentlicht der “Daily Star” nach einer Geschichte über ein nichtexistierendes Videospiel. Onlinewelten.com übersetzt: “Wir haben keinen Versuch unternommen, die Geschichte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, bevor wir sie veröffentlicht haben, (…). Wir haben nun eingesehen, dass es niemals Pläne von Rockstar Games gab, einen solchen Titel zu veröffentlichen, und dass die Geschichte offensichtlich falsch war.”

5. “Shirley Sherrod’s ‘Racism’ And Fox News”
(youtube.com, Video, 8:56 Minuten, englisch)
Rachel Maddow fasst zusammen, wie Rassismusvorwürfe des Senders “Fox News” zum Rücktritt der Politikerin Shirley Sherrod führten.

6. “Tod und Spektakel”
(hdschellnack.de)
HD Schellnack denkt in einem langen Artikel über das Unglück bei der Loveparade in Duisburg nach und darüber, wie es von Medien und Medienkonsumenten aufgenommen wird.

Bild  

“Ein Missbrauch der Pressefreiheit”

Was der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt von der Griechenland-Berichterstattung in “Bild” hält, hat er Giovanni di Lorenzo im aktuellen “Zeit-Magazin” verraten:

ZEITmagazin: Wo ist die Grenze zwischen rhetorischer Überzeugungskraft und purer Demagogie?

Schmidt: Ich kann das an einem Beispiel festmachen: Wenn ich lese, wie die auflagenstärkste europäische Tageszeitung, genannt Bild, in den letzten Wochen beinahe jeden Tag den Lesern klargemacht hat, dass man sein eigenes Geld nicht dafür verwenden sollte, dem aus eigener Schuld in Not geratenen Nachbarstaat Griechenland zu helfen, dann ist das in Wirklichkeit Demagogie oder, wenn Sie so wollen, ein Missbrauch der Pressefreiheit.

ZEITmagazin: Es ist auch ein Indiz dafür, dass Zeitungen in Versuchung geraten, solche Positionen einzunehmen, wenn es im Parteienspektrum niemanden gibt, der das tut.

Schmidt: Für Demagogie, sei es seitens einzelner Politiker oder politischer Parteien, einer Zeitung oder einer Fernsehanstalt, gibt es niemals eine Entschuldigung. Es gibt immer eine Erklärung, aber keine Entschuldigung.

Mit Dank an Martin Sch. für den Hinweis.

Salzburger Nachrichten, ESC, Westergaard

6 vor 9

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1. “Salzburger Nachrichten lassen die DDR wiederauferstehen”
(kobuk.at, Helge Fahrnberger)
Auf einer Europakarte in den “Salzburger Nachrichten” (E-Paper) geht eine Grenze durch Deutschland. “Interessanterweise sind die Ex-YU-Staaten korrekt eingezeichnet, inklusive Montenegro – einem Staat, den es erst seit 2006 gibt, als die DDR und die ebenfalls abgebildete Tschechoslowakei längst Geschichte waren. Ein solches Europa hat also nie existiert.”

2. Interview mit Lena Meyer-Landrut
(haz.de, Imre Grimm und Jan Sedelies)
Lena Meyer-Landrut ist manchmal ziemlich genervt von Journalisten, die ihr blöde Fragen stellen. “Es sind ja nicht alle hier so nette und intelligente Menschen. Und manchmal finde ich es komisch, in der Zeitung Dinge über mich zu lesen, die ich so nie gesagt habe oder die bewusst falsch interpretiert wurden.”

3. “Kritische Berichte?”
(ad-sinistram.blogspot.com, Roberto J. De Lapuente)
“Bild” schreibt in einer Kurzmeldung, dass “nach Meinung von SPD-Chef Gabriel” die Kanzlerin “die kritischen Berichte der BILD-Zeitung über die Finanzkrise Griechenlands” hätte stoppen müssen. “Was er eher meinte, das war diese Mesalliance aus nationalem Dünkel und chauvinistischer Herablassung, aus unaufgeklärter Verbalwucht und willkürlicher Strafpredigt, aus unterhaltsamen Boulevard und vergnüglichen Griechenkloppen – kritische Berichte standen ja gar nicht zur Auswahl.”

4. “Kurt Westergaard bereut nichts”
(faz.net, Matthias Hannemann)
Der Besuch von Kurt Westergaard bei Markus Lanz, “Ein Leben in ständiger Angst” (zdf.de, Video, 27:53 Minuten), konnte nun doch aufgezeichnet werden. “Statt des Publikums waren Polizisten und Nachrichtendienstler im Raum. Und Markus Lanz selbst, nervös ausnahmsweise, nutzte zwar jede Gelegenheit, sein Verständnis für die verletzten Gefühle der Muslime zu unterstreichen – ein Wort wie ‘Meinungsfreiheit’ aber brachte er nicht wirklich heraus. Das musste Westergaard schon selbst übernehmen.”

5. “Willkommen im Überwachungsstaat: Alpine Ski-WM 2011”
(jensweinreich.de)
Jens Weinreich ergänzt den Artikel “Berichterstattung über Ski-WM: Alle sind verdächtig” (taz.de, Jürn Kruse) mit erhaltenen Datenschutzinformationen.

6. “Schmetterlinge und Waldgeister”
(oslog.tv, Herm)
Eine ausführliche Analyse des ersten ESC-Halbfinals: “Serbien hat in diesem Jahr ein androgynes Wesen ins Rennen geschickt, was die ganze Zeit grinst. Also eine Art Lordi nur andersrum.”

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