8.52 Uhr: Viele Journalisten und Fotografen warten darauf, dass die angeklagten Geschwister in den Gerichtssaal geführt werden. Vor dem Beginn der Verhandlung darf für einige Minuten fotografiert werden. Einzige Bedingung, die Gesichter der Angeklagten müssen vor Veröffentlichung in den Medien unkenntlich gemacht werden.
Und so (also ohne die gelben Kleckse, die sind von uns) berichtet die “Bild”-Zeitung heute über den Prozess:
P.S.: Außer “Bild” (und Bild.denatürlich) ist uns kein anderes Medium untergekommen*, das sich nicht an die Bedingung des Gerichts gehalten hätte.
Mit Dank an Martin V.!
*) Nachtrag, 16.18 Uhr(mit Dank an Tim): Während das ZDF am Mittwoch in der “drehscheibe deutschland” die Angeklagten noch unkenntlich gemacht hatte, verzichtete der Sender darauf in späteren Sendungen ebenfalls.
Der heutige 30. April ist ein besonderer Tag für New York City: Das “One World Trade Center”, das die beiden Zwillingstürme ersetzt, die am 11. September 2001 zerstört wurden, soll die Marke von 381 Metern erreichen — und damit das Empire State Building als höchstes Gebäude der Stadt ablösen.
Doch der “Freedom-Tower” auf der größen [sic!] Baustelle Manhattans hat noch viel mehr vor: In den nächsten Jahren soll er das höchste Gebäude der USA werden, dann sogar das höchste der Welt.
Äääääääh … nein!
Das Gebäude soll, in Anspielung an das Jahr der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, 1776 Fuß hoch werden, das entspricht 541,32 Metern. Der Burj Khalifa in Dubai ist mit 828 Metern dann doch noch mal um 1,8 Kölner Dome höher. Daran ändern auch die unterschiedlichen Zählweisen von Gebäudehöhen wenig.
Die Wikipedia hält allerdings zwei Alternativformulierungen für Bild.de bereit:
Das 541,3 Meter hohe Gebäude wird bei seiner Fertigstellung das höchste Gebäude in New York und den Vereinigten Staaten sein, sowie eines der höchsten der Welt. […]
Das One World Trade Center wird den Taipei 101 in Taipeh (508 Meter; offiziell bis 2010 das höchste Gebäude der Erde) nach seiner Vollendung als höchstes nur für Bürozwecke genutztes Gebäude der Welt übertreffen.
Mit Dank an Anonym.
Nachtrag, 16.15 Uhr: Bild.de hat den Satz auf “In den nächsten Jahren soll er das höchste Gebäude der USA werden” zusammengekürzt.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Fehlerlos genug? Journalisten profitieren von Selbstkritik” (evangelisch.de, Miriam Bunjes)
Medienwissenschaftler Colin Porlezza im Interview zum Umgang mit Fehlern in den Redaktionen: “Es nützt der Glaubwürdigkeit von Journalisten, wenn sie Fehler zugeben und korrigieren. Das sagen die von den Fehlern betroffenen Quellen und das haben jetzt auch die befragten Journalisten mehrheitlich gesagt. Werden die Fehler nicht korrigiert, schadet es den Journalisten hingegen enorm. Die Informationsquelle wird sich gut überlegen, ob sie dem betreffenden Journalisten und vielleicht auch dem gesamten Medium noch einmal Informationen gibt.”
2. “Unvollständiges Bild: Berichterstattung aus Syrien” (ndr.de, Video, 7:09 Minuten)
Der freie Kameramann Marcel Mettelsiefen setzt sich dafür ein, im Syrien-Konflikt auch die nicht so spektakuläre Seite der Assad-Anhänger abzubilden: “Es herrscht ein Ungleichgewicht in der Berichterstattung.” Ab 4:20 Minuten: Ein Mann aus Syrien taucht auf YouTube-Videos, die innerhalb weniger Tage veröffentlicht wurden, in verschiedenen Rollen auf: als Journalist, als Rebell, als Opfer.
3. “Schnurstracks ins Lokale” (drehscheibe.org, Stefan Wirner)
Carlo Imboden beobachtet das Verhalten von Zeitungslesern: “Die Verlage müssen sich noch bewusster darüber werden, dass das Lokale immer entscheidender wird für die Kaufbereitschaft der Leser. Wenn ich die Mantel-Informationen online besser und gratis bekommen kann – vom Wall Street Journal bis zur FAZ – aber keine guten Inhalte im Lokalen bekomme, dann ist niemand mehr bereit, etwas dafür zu bezahlen.”
5. “Die neuen Presseplayer” (neunetz.com, Marcel Weiß)
Marcel Weiß schreibt zum von Presseverlegern angestrebten Leistungsschutzrecht: “Die Vertreter der Presseverlage sagen das nicht, aber ein Presseleistungsschutzrecht könnte auch die Wikipedia gefährden. Man fängt bei neuen weitreichenden Gesetzen natürlich bei den vermeintlichen bösen und übergroßen Unternehmen an, die man zähmen / zu ‘Fairness’ zwingen will (hier: Google), langfristig geht es aber natürlich darum, Kontrolle am Markt auszuüben, und damit sind dann alle Akteure gemeint, egal ob sie überhaupt am Markt agieren oder außerhalb stattfinden.”
Ich weiß, was Sie jetzt denken: “Seit wann ist der sympathische Herr Radcliffe denn so gewalttätig, tätowiert und dick bzw. kahlköpfig?”
Sie müssen aber auch bedenken, dass diese Schlagzeile bei Bild.de erschienen ist — und damit naheliegenderweise etwas ganz anderes ausdrücken soll.
Wenn Sie jetzt aber denken: “Ach, Herr Radcliffe spielt einen gewalttätigen, tätowierten und dicken bzw. kahlköpfigen Mann?” — dann liegen Sie immer noch falsch.
“Harry Potter”-Star Daniel Radcliffe (22) wurde am Set seines neuen Films “Kill your Darlings” Zeuge eines brutalen Schauspiels: eine Prügelei, die nicht im Drehbuch stand!
Radcliffe hatte gerade Feierabend, als vor seinem Wohnwagen im New Yorker Stadtteil Brooklyn ein Streit eskalierte: Zwei Kerle kloppten sich mit Händen und Füßen, landeten auf dem Boden und wollten einfach nicht voneinander lassen. Einer der Männer blutete im Gesicht.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “API – das bald wichtigste Werkzeug des Journalisten” (blog.zeit.de, Kai Biermann)
Kai Biermann regt Journalisten dazu an, vermehrt Schnittstellen auszulesen und zu verarbeiten: “Noch sind viele Verlage leider sehr mit der Idee beschäftigt, ihre Inhalte so gut wie möglich gegen eine Nutzung durch andere abzuschotten. Es wäre nicht schlecht, wenn sich das bald änderte. Immerhin sind auch Zeitungsarchive riesige Datenschätze, aus denen sich neue Erkenntnisse gewinnen lassen.”
2. “dapd sagt: Schadenersatzforderung gegenstandslos” (jensweinreich.de)
Die Nachrichtenagentur dapd zieht die am 9. März durch eine Anwaltskanzlei verschickte Schadenersatzforderung wegen einer Urheberrechtsverletzung an Jens Weinreich zurück. “Ein Problem besteht darin, dass nicht nur die dapd, sondern viele andere Medienunternehmen mit Kanonen auf Spatzen schießen. Sie schicken Heerscharen von Abmahn- und Inkasso-Anwälten in die Spur. Irgendwas bleibt dann schon hängen, weil manche Betroffene, selbst wenn sie sich nichts zu Schulden kommen ließen, vielleicht nicht die Laune, nicht den Mut oder was auch immer nicht hatten, um sich zur Wehr zu setzen.”
3. “Marvin Oppong und PR in der Wikipedia” (blog.oldmedia.de)
Der “Spiegel Online”-Artikel “Das geschönte Bild vom Daimler-Konzern” berichtet über die Tatsache, “dass jemand einen kritischen Abschnitt im Wikipedia-Artikel des Autobauers gelöscht hat. Die (anonyme) Bearbeitung wurde schnell rückgängig gemacht, sie hatte gerade mal eine Minute Bestand. So etwas ist nichts Ungewöhnliches und passiert tagtäglich in der Wikipedia. In diesem Fall konnte die IP des Bearbeiters aber zur Daimler AG zurückverfolgt werden.” Siehe dazu auch “Der pöse Daimler” (dieganzewahrheit.org, Thomas Weiss).
4. “In Syrien riskieren Berichterstatter ihr Leben” (drs.ch, Fredy Gsteiger)
Verschiedene Hintergründe zu journalistischen Aktivitäten in Syrien: “Zwar lädt das Regime in Damaskus ihm wohlgesonnene Leute ein, aus Deutschland etwa Peter Scholl-Latour oder Jürgen Todenhöfer. Mit ihnen trinkt Syriens Präsident Bashar al-Assad Tee und erkauft sich so ihm zusagende Berichte. Unabhängige Berichterstatter jedoch will der Diktator fernhalten oder loswerden.”
5. “Handelsblatt-Leser schlecht beraten” (heise.de/tp, Peter Mühlbauer)
Peter Mühlbauer erinnert an die “Handelsblatt”-Aktion “Wir kaufen griechische Staatsanleihen!” von 2010 (“Es geht um ein Zeichen der Mitverantwortung, auch unter Inkaufnahme eines nicht bestreitbaren finanziellen Risikos. Am Freitag habe ich daher für 5.000 Euro griechische Staatsanleihen geordert. Gabor Steingart, Chefredakteur des Handelsblatt.”
6. “…dann schreibe ich halt ein paar Zeilen” (blog.bernerzeitung.ch, Johannes Hofstetter)
Ein Interview mit Walter Krebs, der der “Berner Zeitung” in zwölf Monaten 60 Leserbriefe geschrieben hat.
Mit “Stylebook” (“Powered by Bild.de”) versucht die Axel Springer AG, am Erfolg von Fashionblogs und Modewebsites teilzuhaben. Die Verlinkungen auf der Startseite von Bild.de dürften ordentlich Klicks bringen, zum Beispiel bei dieser Geschichte:
Iris, die elfjährige Tochter von Schauspieler Jude Law (39) und Sadie Frost (46), sorgte jetzt auf der Londoner Fashion Week für Entsetzen. Grund: Zu einer Show trug sie ein Kleid mit makaberen Sprüchen: “fall tot um”, “trink Gift”, “iss Schei***”. Mama Frost will von nichts gewusst haben, obwohl sie daneben saß.
Den Eltern des Kindes war das offenbar sehr unangenehm:
Iris’ Mutter, Schauspielerin Sadie Frost, schien nicht bemerkt zu haben, was für ein Kleid ihre Tochter anhatte. Sie twitterte:
“Ich scheine Leute aufgeregt zu haben. Ich bin selbst schockiert über das Kleid, das Iris trug. Es war ein Geschenk.”
Und:
Auch Iris’ Vater, Schauspieler Jude Law (39), reagierte. Laut “Daily Mail” soll er die Zeitung gebeten haben, in ihrer Berichterstattung Rücksicht zu nehmen. Er soll gebeten haben, Iris’ Gesicht auf den Fotos, auf denen sie das entsprechende Kleid trägt, zu pixeln. Die Zeitung kam der Aufforderung nach.
Tatsächlich hat die “Daily Mail” ihrer Berichterstattung folgenden Hinweis vorausgestellt:
HINWEIS: Es ist nicht die übliche Verfahrensweise von MailOnline, die Gesichter von Prominentenkindern zu anonymisieren, wenn diese in Begleitung ihrer Eltern öffentliche Veranstaltungen besuchen, wo sie erwarten müssen, fotografiert zu werden, wie etwa in der ersten Reihe bei einer Modenschau.
Trotzdem haben wir uns entschieden, Iris Laws Gesicht zu verpixeln, angesichts der für ein junges Mädchen peinlichen Art des Vorfalls, wir folgen damit einer höflichen Anfrage ihres Vaters, Jude Law.
Mit Dank an Simon, Daniel, Anticlimbpaint und Leo.
Nachtrag, 18.45 Uhr: “Stylebook” hat die Fotos verpixelt und folgenden Hinweis in den Artikel eingefügt:
(Nachtrag der Redaktion, 16.30 Uhr: Sorry, lieber Jude Law, das ist uns zunächst durch die Lappen gegangen. Deiner Bitte kommen wir natürlich auch nach.)
Es sieht nicht so aus, als ob sie sich bei “Welt Online” überhaupt Gedanken darüber hätten, ob sie die Angeklagten, die da im Ausland vor Gericht standen, anonymisieren sollten: Das Aufmacherfoto zeigt den Hauptangeklagten “beim Verlassen des Gerichts” bzw. beim nicht wirklich geglückten Versuch, sein Gesicht vor den Kameras zu verbergen. Unter dem Foto steht sein Name, der im Artikel noch weitere Male auftaucht, ebenso wie sein ehemaliger Arbeitgeber, sein Alter und die Namen, Altersangaben und Berufe der Mitangeklagten.
“Welt Online” schrieb im vergangenen August nicht über ein brutales Kapitalverbrechen, wo das Medium die identifizierende Berichterstattung noch mit dem immensen “öffentlichen Interesse” an dem Fall hätte rechtfertigen können, sondern über einen vergleichsweise unspektakulären Fall von “white collar crime” — Wirtschaftskriminalität, über die kaum ein anderes deutschsprachiges Medium berichtet hat.
Ein Leser des Artikels beschwerte sich beim Deutschen Presserat über die identifizierende Berichterstattung. Die Chefredaktion von “Welt Online” erklärte in ihrer Stellungnahme, “dass die Berichterstattung nicht die Intim-, Geheim- und Privatsphäre berühre, sondern allein die Sphären des Wirtschafts- und Berufslebens”. Die Berichterstattung betreffe “ausschließlich die Sozialsphäre”, in der das Persönlichkeitsrecht hinter dem Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit (außer in Ausnahmefällen) zurückstehen müsse.
Die “Maßnahmen” des Presserates:
Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:
einen Hinweis
eine Missbilligung
eine Rüge.
Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.
Der Beschwerdeausschuss wollte sich dieser Meinung nicht anschließen: Zwar bestehe “ohne Zweifel” ein öffentliches Interesse daran, über die im Ausland erhobenen Vorwürfe gegen eine Frau und einen Mann aus Deutschland zu berichten. Im konkreten Fall finde die Berichterstattung jedoch ihre Grenzen in den Persönlichkeitsrechten der Angeklagten. Zur vollständigen und verständlichen Unterrichtung der Öffentlichkeit über die im Raum stehenden Vorwürfe seien die identifizierende Abbildung des Mannes und die Erwähnung beider Namen nicht notwendig gewesen. Mit Blick auf die Sozialsphäre und das persönliche Umfeld, welches die Angeklagten in Deutschland hätten, hätte “Welt Online” anonymisiert berichten müssen.
Insgesamt sah der Presserat den Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex durch “Welt Online” als so schwerwiegend an, dass er eine “Missbilligung” (s. Kasten) aussprach.
Und – zack! – ist auch schon der 24. Dezember da. Der Heilige Abend, der Beginn des Weihnachtsfestes und das Ende unseres BILDblog-Adventskalenders 2011.
Wir danken für die Aufmerksamkeit, die Mitarbeit und das Interesse und wünschen allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!
Wir sehen uns im Januar 2012.
Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise des Jahres 2011 an Achim S., Albrecht K., Alex A., Alexander B., Alexander H., altautonomer, Amelie, Amon T., Andi, Andi, Andre P., Andre S., André, Andreas G., Andreas K., Andreas L., Andreas N., Andreas R., Andreas Sch., Andreas T., Andreas, Anne, Anonym, Anonymous, Ares, Arne M., Arne P., Arno, Autoresponder, Axel Sch., B.W., Basti, Bastian B., Bastian K., Bastian, Bene, Benedikt, Benjamin M., Benjamin S., Benjamin T., Bernd A., Bernd H., Bernhard W., Bertolt, Birgit H., BJ, Bjoern S., Björn Sch., Björn, bono, Boris, Brainfucker, Bruder B., C., C.W., CaOs., Carapinha, Carsten B., Carsten H., Carsten Z., Cat D., Christian G., Christian H., Christian M., Christian N., Christian P., Christian S., Christian, Christiane P., Christina H., Christof K., Christoph A., Christoph E., Christoph G., Christoph S., Christoph T., Christoph W., Christoph, Clemens B., Clemens W., Conny S., Cornelius, D.N., Dan, Dani E., Daniel B., Daniel F., Daniel G., Daniel H., Daniel K., Daniel M., Daniel W., Daniel, Daniela B., David D., David H., David K., David P., David R., David, Dennis H., Dennis R., Dennis S., Dennis, DerPhi, Diana B., Diekmann, Dieter, Dimitrios P., Dirk T., Dirk, DJ, Dominik B., Dominik B., Dominik H., Dr. Nötigenfalls, E.K., egal, Elias P., Erik G., Erkan A., Eva, Fabian R., Fal H., Falke,Flo M., Flo, Florian B., Florian S., Frank H., Frank M., Frank Sch., Frank, Franky H., Frederik Sch., FreSch, Gabriel W., Gert M., Giovanni, H.K., H.N., Hainz M.,Hannes, Hanno B., Hans E., Hans K., Hans P., Hauke H., Heinz M., Helga B., Hendrik G., Hendrik, Henman, Henning, Henry W., Holger K., Horst B., Horst M., Horst W., I.M., Icke, Ilonka L., Irgendwer555, Ivo B., Jaanus, Jakob B., Jakob V., Jakob, Jan C., Jan D., Jan G., Jan H., Jan S., Jan T., Jan-Christoph K., Jan, Jan, Janek W., Janine K., Jens D., Jens G., Jens L., Jens Sch., Jens W., Jens, JJZ, Jo A., Joachim K., Joachim L., Jochen H., Joe, Johannes G., Johannes K., Johannes, John Doe, Jojo, Jonas I., Jonas, Jonathan O.,Jörg A., Jörg E., Jörg S., Josef N., Josef Sch., josspam, Juli, Julia M., Julian H., ,Jürgen H., Jürgen L., Jürgen N., Juri S., Kai H., Kai, Karl H., Karsten, Katharina, Kathrin G., Katrin Sch., Kevin R., KiB, Kieler, Kiki W., Klaus M., Klaus Sch., Konstantin K., Krischn, Kritiker123, Lars B., Lars H., Lars L., Lecra, Leo, Leo, Lieven R., Lina, Lothar Sch., Lothar Z., Lothar, Low87, Lukas K., Lukas M., Lukas, Lutz K., M. Sch., M.K., Machete04, Magnus G., Maik H., Marc, Marcel G., Marco G., Marco L., Marco S., Marco, Marcus M., Marcus W., Mareike H., Maria M., Mark K., Markus K., Markus L., Markus M., Markus S., Markus Sch., Markus T., Martin D., Martin E., Martin G., Martin H., Martin L., Martin R., Martin S., Martin Sch., Martin T., Martina Y., Matthias B., Matthias K., Matthias L., Matthias M., Matthias Sch., Matthias T., Matthias U., Matti, Maximilian K., Maximilian, MB, MCalavera, Michael B., Michael H., Michael H., Michael K., Michael L., Michael M., Michael R., Michael W., Michel V., Miguel T., miguel, Miguel, Mike W., Mithrandir, Moritz G., Moritz N., Moritz, Mr. X, Murry, Mutlu Y., Nico N., Nico S., Nicolas S., Nicole B., Nicole H., Niels, Niklas R., Nils K., Nils, noir, Nora T., Norbert E., Norbert P., Nordbergh, nothing, O. St., Oliver K., Patrick D., Patrick P., Patrick, Paul Z., Paulchen, Pekka R., Per K., Peter M., Peter S., Peter, Petra O., Petra S., Philip L., Philip Z., Philipp E., Philipp K., Philipp M., Philipp O., Philipp S., Philipp T., Philipp W., Ploegi, PM, Pottblogger, Ralf H., Ralf M., Raphael S., Rayko M., Rebecca, Reinhold, Rene W., Richard F., Richard S., Robert D., Robert L., Robert Sch., Robert W., Robin A., Roland W., Rolf M., Rolf, Roman S., Ronald F.,Ronald P., Rüdiger F., Sabine B., Sabrina T., Sanni, Sarah E., Sascha, Schreiberling, Sebastian A., Sebastian C., Sebastian K., Sebastian K., Sebastian L., Sebastian, Simon G., Simon G., Simon W., Simon, Simone, spot, spot, Stefan J., Stefan K., Stefan K., Stefan M., Stefan M., Stefan W., Stefan, Steffen F., Steffen K., Steffen M., Steffen S., Steffi, Stephan K., Stephan R., Stephan T., Stephan U., Stephanie H., stickytape, Sven G., Sven S., Svenja W., Takuro K., tharcel, Therese, Thomas A., Thomas B., Thomas D., Thomas F., Thomas G., Thomas H.,Thomas P., Thomas S., Thomas Sch., Thomas T., Thomas U., Thomas, Thorsten K., Till G., Tilman Sch., Tim G., Tim L., Tim W., Timo H., Timo Sch., Timo W., Timon S., Timon, Tino M., Tobias F., Tobias G., Tobias N., Tobias P., Tobias R., Tobias W., Tobias, Tom Z., Tom, Tomek, Torben I., Torben K., Torben S., Torsten B., Torsten B., Torsten R., Torsten S., Torsten, tuennes, Uwe R., V., Vincent M., Volker K., Webreporter, Widerspenst, Wolfgang, Yorrik B. — und alle anderen, auch die vielen, deren sachdienliche Hinweise wir nicht berücksichtigen konnten!
Im Juli hatte “Bild” groß über einen Mann berichtet, der ein siebenjähriges Mädchen in Thüringen sexuell missbraucht und getötet hatte. Im Rahmen ihrer Berichterstattung bezeichnete die Zeitung den geständigen mutmaßlichen Täter als “Schwein” und zitierte einen BKA-Beamten mit den Worten “Wenn er sich nicht selbst etwas antut, gäbe es im Knast genügend andere, die das gerne übernehmen würden.”
Wie um es den genügend Anderen im Knast einfacher zu machen, hatte “Bild” den Fall mit einem großen, unverfremdeten Foto des Mannes illustriert (BILDblog berichtete):
Wir haben uns beim Deutschen Presserat über die Berichterstattung von “Bild” und Bild.de beschwert. Wie in solchen Fällen üblich nahm die Abteilung Verlagsrecht der Axel Springer AG dazu Stellung und erklärte unter anderem, es entspräche der ständigen Spruchpraxis des Deutschen Presserats, dass bei vorliegendem Geständnis auch identifizierend über Tatverdächtige berichtet werden dürfe. (Der Presserat merkt dazu an, dass sich das Justiziariat dabei “auf den einzigen Fall mit diesem Tenor” berufe.)
Die Bezeichnung “Schwein” drücke nach Ansicht der Axel Springer AG aus, was der “weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung” über den Mann und die ihm zur Last gelegten Taten denke. Wer das Vertrauen und die Unterlegenheit eines Kindes ausnutze, um es sexuell zu misshandeln und es dann qualvoll umzubringen, sei nach herrschender Ansicht als “Schwein” zu bezeichnen. Auch die Einordnung als “beruflich und privat ein ewiger Verlierer” sei zulässig, da der mutmaßliche Täter sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich sein Leben nicht “auf die Reihe” bekommen habe, wie der Verlag weiter ausführte.
Den Abdruck des Fotos rechtfertigten die Springer-Juristen so:
Schon die Tatsache, dass jemand ein siebenjähriges Mädchen sexuell misshandele und sie danach ermorde, sei so außergewöhnlich, dass damit eine Fotoveröffentlichung gegen den Willen des Abgebildeten gerechtfertigt sei. Ein Großteil der deutschen Tagespresse haben über den Fall Mary-Jane berichtet.
Auszüge aus dem Pressekodex:
Ziffer 8 – Persönlichkeitsrechte
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.
Richtlinie 8.1 – Nennung von Namen/Abbildungen
(1) Bei der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (s. auch Ziffer 13 des Pressekodex) veröffentlicht die Presse in der Regel keine Informationen in Wort und Bild, die eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen würden. Mit Rücksicht auf ihre Zukunft genießen Kinder und Jugendliche einen besonderen Schutz. Immer ist zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse allein können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen.
Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats ließ sich von dieser Begründung nicht beeindrucken und kam zu der Überzeugung, dass die Beiträge von “Bild” und Bild.de die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten verletzten und damit gegen Ziffer 8 in Verbindung mit Richtlinie 8.1 (s. Kasten) des Pressekodex verstoße.
Die identifizierbare Abbildung des Täters ist aus Sicht des Beschwerdeausschusses “ethisch nicht vertretbar”. Ein Tatverdächtiger könne ausnahmsweise abgebildet werden, wenn dies im Interesse der Verbrechensaufklärung liege oder wenn das Verbrechen unter den Augen der Öffentlichkeit begangen werde. Eine solche Ausnahme sei im konkreten Fall aber nicht gegeben, “Bild” hätte auch ohne Abbildung der Person oder mit ausreichend unkenntlich gemachten Bildern umfassend über den Fall berichten können.
Einen Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex, die zur Achtung der Menschenwürde mahnt, konnte der Beschwerdeausschuss jedoch nicht feststellen. Durch die Verwendung der Bezeichnung “Schwein” werde deutlich, “dass die Tat von der Redaktion als Schweinerei verstanden werde”. Sie bringe mit “bildhafter Sprache” eine zulässige Bewertung zum Ausdruck.
Die “Maßnahmen” des Presserates:
Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:
einen Hinweis
eine Missbilligung
eine Rüge.
Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.
Die letzten Ausführungen sind bemerkenswert, hatte der Presserat den Begriff “Schwein” (anders als etwa den Begriff “Bestie”) oder “Dreckschwein” doch bisher meist als Verletzung der Menschenwürde angesehen.
Insgesamt wertete der Beschwerdeausschuss den Verstoß gegen Ziffer 8 aber als so schwerwiegend, dass er eine “Missbilligung” aussprach (s. Kasten). Nach § 15 Beschwerdeordnung besteht zwar keine Pflicht, Missbilligungen zu veröffentlichen. Als Ausdruck fairer Berichterstattung “empfiehlt” der Beschwerdeausschuss jedoch die Veröffentlichung.
Neben Euro-Rettung, Randalen in Griechenland, der Tochter von Nicolas Sarkozy und Carla Bruni und dem Tod von Muammar al-Gaddafi trieb “Bild” und Bild.de diese Woche vor allem eine Frage um:
Der Fall des deutschen Abenteurers Stefan R., der in Französisch-Polynesien verschwunden war, inspirierte die Reporter dazu, jahrhundertealte Horrorgeschichten zu entstauben und neu aufzukochen.
Sebastian Brauns, freier Journalist aus Konstanz, hat sich die Geschichte und ihre Hintergründe für uns angesehen und einen Gastbeitrag verfasst: