Suchergebnisse für ‘Presserat’

Rügen für Nahost-Berichterstattung, Weniger Meinungsfreiheit, Jimmy Lai

1. Presserat erteilt Rügen für Nahost-Berichterstattung
(n-tv.de)
Der Deutsche Presserat hat mal wieder Rügen verteilt. Die Hälfte der insgesamt 14 öffentlichen Rügen geht an die Springer-Medien “Bild” und “Welt” (beziehungsweise an deren Onlineableger). Bild.de wurde beispielsweise für eine Schlagzeile über den getöteten “Al-Jazeera”-Korrespondenten Anas Al-Sharif gerügt, die diesen zum Terroristen erklärt und damit eine unbewiesene Behauptung der israelischen Armee als Tatsache dargestellt habe. Generell geht es bei einer Großzahl der Entscheidungen des Presserats um die Nahost-Berichterstattung deutscher Medien, zu der seit Oktober 2023 über 650 Beschwerden zu mehr als 200 Artikeln eingegangen seien.

2. Regierung kritisiert Vorgehen gegen Deutsche Welle in Russland
(zeit.de)
Russland habe die Deutsche Welle als “unerwünschte Organisation” eingestuft. Die Bundesregierung verurteile den Schritt scharf und werfe Moskau vor, unabhängige Berichterstattung über den Angriffskrieg in der Ukraine unterdrücken zu wollen. Der deutsche Auslandssender erreiche mit seinem russischsprachigen Angebot wöchentlich zehn Millionen Menschen. Die neue Einstufung verschärfe den Druck auf die Deutsche Welle, weil eine Zusammenarbeit mit ihr und sogar das Verbreiten ihrer Inhalte in Russland nun strafbar sein könne.

3. Presse- und Meinungsfreiheit laut Unesco weltweit stark verschlechtert
(rnd.de)
Laut der UN-Kulturorganisation UNESCO habe sich die Situation der weltweiten Presse- und Meinungsfreiheit zwischen 2012 und 2024 stark verschlechtert. Der “Freedom of Expression Index” sei in diesem Zeitraum um zehn Prozent gefallen, wobei sich die Situation besonders stark ab 2020 verschlechtert habe. Diese Entwicklung zeige sich vor allem in zunehmender Selbstzensur von Journalistinnen und Journalisten, dem missbräuchlichen Einsatz von Gesetzen gegen sie und digitaler staatlicher Überwachung. Als Lichtblicke nenne die UNESCO mehr internationalen Investigativjournalismus sowie mehr anerkannte Bürgermedien.

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4. Wegen “Hass und Groll” gegen China verurteilt
(tagesschau.de, Eva Lamby-Schmitt)
Der Medienunternehmer und Demokratieaktivist Jimmy Lai sei in Hongkong wegen Verstoßes gegen das umstrittene Staatssicherheitsgesetz schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß folge zu einem späteren Zeitpunkt, doch Lai müsse damit rechnen, den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen. Der Schuldspruch in allen Anklagepunkten gegen den 78-jährigen Gründer der inzwischen eingestellten prodemokratischen Zeitung “Apple Daily” werde international als politisch motiviert kritisiert.

5. Mit dem Rücken zur Wand
(taz.de, Dinah Riese)
Am Beispiel von Guy Peleg zeigt Dinah Riese, unter welchen Bedingungen Journalistinnen und Journalisten derzeit in Israel arbeiten müssen. Gegen Peleg, der unter anderem über den Korruptionsprozess gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und über Misshandlungen palästinensischer Gefangener berichtet habe, gebe es massive Bedrohungen. Eine Sprecherin der israelischen Journalistengewerkschaft erkenne einen “Masterplan der israelischen Regierung” zur Schwächung der freien Presse durch Gesetzesvorhaben, gezielte Kampagnen gegen kritische Medien und die Förderung regierungstreuer Redaktionen.

6. Offener Brief: Thüringer Intendanten protestieren gegen Sparpläne beim MDR
(thueringer-allgemeine.de, Michael Helbing)
Zahlreiche ostdeutsche Kultureinrichtungen, darunter Theater, Opernhäuser und Festivals aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, hätten in einem offenen Brief an den MDR scharfe Kritik an geplanten Programmkürzungen in der Kulturberichterstattung geübt, insbesondere an der möglichen Einstellung des Radiosenders MDR Klassik.

Nennen der Nationalität, Haltet euch raus!, Über eigene Fehler sprechen

1. Nennen der Nationalität: Presserat besorgt über bayerische Anweisung
(medien.epd.de)
Der Deutsche Presserat zeige sich besorgt über die neue Anweisung des bayerischen Innenministeriums, wonach die dortige Polizei seit dem 1. Oktober in Pressemitteilungen grundsätzlich die Nationalität von Tatverdächtigen und Opfern nennen soll. Der Presserat warne vor der Gefahr, dadurch Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen zu verstärken. Die Änderung markiere einen Bruch mit der bisherigen, am Pressekodex orientierten Praxis.

2. Haltet euch raus! Ein Plädoyer für die Rückkehr zur Staatsferne
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader warnt davor, dass politische Einflussnahme auf ARD und ZDF zunehmend als normal angesehen werde. Statt um sachliche Kritik gehe es dabei oft um vage Vorwürfe, persönliche Angriffe und die Verbindung von Programmfragen mit der Finanzierung. Schaders Fazit: “Es ist nicht so kompliziert. Sondern, im Gegenteil, supereinfach: Die Staatsferne ist das Fundament unabhängiger Berichterstattung. Wer sie wissentlich untergräbt, beschädigt die Demokratie. Nicht nur gefühlt, sondern: ganz konkret.”

3. Sprecht über eure Fehler!
(journalist.de, Felix Rohrbeck)
Felix Rohrbeck schreibt über die mangelnde Fehlerkultur im Journalismus und darüber, wie diese zum Vertrauensverlust in Medien beitrage. Er zeigt, dass nicht die Fehler selbst das Hauptproblem seien, sondern das Schweigen oder Abwiegeln danach, was bei vielen Menschen Misstrauen und Verschwörungserzählungen befeuere. Als positives Beispiel hebt Rohrbeck das Experiment der “Spiegel”-Redaktion hervor, die sich von Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen öffentlich analysieren und kritisieren ließ.

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4. “Die Filterblase ist oft ein Phantom”
(taz.de, Regina Roßbach)
Die Kommunikationswissenschaftlerin Merja Mahrt erklärt im Interview mit der “taz”, dass die oft diskutierten “Filterblasen” und “Echokammern” in der Realität weniger verbreitet seien als angenommen. Die meisten Menschen würden unterschiedliche Medien parallel nutzen, was extreme Abschottung selten mache. Medien sollten auf Vielfalt, Transparenz und lokale Berichterstattung setzen, um einer gesellschaftlichen Fragmentierung entgegenzuwirken.

5. Exxpress setzt nach Kirk-Attentat auf erfundene Skandale
(kobuk.at, Andrea Gutschi)
Andrea Gutschi beschreibt in ihrem Artikel bei “Kobuk”, wie das österreichische Rechtsaußenmedium “Exxpress” nach dem Attentat auf den US-Aktivisten Charlie Kirk gezielt Falschinformationen verbreitet habe, um politisch Stimmung zu machen. Die Seite konstruiere Skandale, unter anderem rund um angeblichen “Trans-Terror”, Gewaltaufrufe auf Bluesky oder einen vermeintlichen Skandal um Österreichs Justizministerin. Gutschi zeigt anhand zahlreicher Beispiele, wie der “Exxpress” systematisch Tatsachen verdreht, Einzelaussagen aufbauscht und Narrative der radikalen Rechten bedient.

6. Stephen King ist der meistverbannte Autor an US-Schulen
(spiegel.de)
Der Schriftsteller Stephen King sei laut dem Autorenverband PEN America der am häufigsten aus Schulbibliotheken verbannte Autor in den USA. Seine Werke seien im Schuljahr 2024/25 insgesamt 206 Mal aus Schulbibliotheken entfernt worden. Die Autorenvereinigung warne vor einer weiterhin alarmierenden Entwicklung. Dies betreffe besonders die republikanisch regierten Bundesstaaten wie Florida, Texas und Tennessee, wo der Großteil der Zensurfälle verzeichnet worden sei.

Gaza-Brief, Schweigen nach dem Beitrags-Knall, Gekaperte Medien

1. Gaza: Offener Brief an die Bundesregierung
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen und 16 weitere Medienorganisationen fordern in einem offenen Brief (PDF) die Bundesregierung auf, sich für die teilweise oder vollständige Aussetzung des EU-Israel-Assoziierungsabkommens einzusetzen und internationalen Medien ungehinderten Zugang nach Gaza zu ermöglichen. Sie verlangen unter anderem eine humanitäre Versorgung für Medienschaffende und die Aufhebung der Blockade der Einreise ausländischer Journalistinnen und Journalisten.

2. Rügen für Vorverurteilungen und Diskriminierungen
(presserat.de)
Der Deutsche Presserat hat insgesamt 21 Rügen ausgesprochen, vor allem wegen Vorverurteilung, identifizierender Berichte, Diskriminierung, Sensationslust und mangelnder Sorgfalt in der Berichterstattung. Unter den gerügten Medien tauchen erneut Titel aus dem Axel-Springer-Konzern auf (“BZ” und mehrfach Bild.de), daneben waren auch andere Häuser betroffen, beispielsweise die “FAZ”, die “Berliner Zeitung” und Focus.de.

3. ARD, ZDF und das große Schweigen nach dem Beitrags-Knall
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie Timo Niemeier bei “DWDL” berichtet, werde das Bundesverfassungsgericht erst 2026 über die Beschwerden von ARD und ZDF zum Rundfunkbeitrag entscheiden. In der Folge müssten die Sender die Zeit bis zu einer richterlichen Entscheidung mit Sparprogrammen und Rücklagen überbrücken, doch ohne schnelle oder rückwirkende Erhöhung seien Einschnitte wahrscheinlich. Damit komme auch die Reform der Rundfunkfinanzierung nicht voran, wodurch sich die Unsicherheit bis in die nächsten Haushalte verlängere.

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4. Gekaperte Medien gefährden Demokratie
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben hat die Jahrestagung des Journalistinnenbundes (jb) in Leipzig besucht und ihre Eindrücke zusammengefasst. Susanne Baer, ehemalige Bundesverfassungsrichterin sowie Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien, habe vor einer “gekaper­ten” Öffentlichkeit gewarnt und betont, Medienfreiheit sei an Würde und Gleichheit gebunden. Die Tübinger Medienforscherin Mandy Tröger sehe in Ostdeutschland Rückschritte bei Geschlechtergerechtigkeit, Vertrauensdefizite und eine Unterrepräsentation ostdeutscher Frauen in Redaktionen. Außerdem seien Projekte vorgestellt und jb-Preise für sensible Berichte über Gewalt gegen Frauen vergeben worden.

5. Wie die Bundesregierung das Fediverse fördern könnte
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Das Zentrum für Digitalrechte und Demokratie schlage ein Förderprogramm vor, das dezentrale und gemeinwohlorientierte Infrastrukturen wie das Fediverse und das AT-Protokoll stärken soll, um die Abhängigkeit von großen Tech-Plattformen zu verringern: “Neben diesen Maßnahmen solle auch die Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen: Nach dem sogenannten +1-Prinzip sollten alle Ministerien mindestens eine gemeinwohlorientierte, dezentrale Plattform nutzen.”

6. “Wer liest heute schon noch gedruckte Zeitungen?”
(taz.de, Plutonia Plarre)
Die “taz” hat Jürgen Rademacher interviewt, der früher auch die “taz” druckte und sich im Alter von 57 Jahren zum S-Bahn-Fahrer ausbilden ließ. Rademacher erzählt vom harten Umstieg, von den Reizen des neuen Jobs zwischen Nachtschichten, Wetter und Verantwortung und davon, wie ihm Technikkenntnisse aus der Druckerei in der S-Bahn helfen. Er begrüßt den digitalen Kurs der “taz” und verweist dabei auf schwindende Leserschaft sowie die Umweltbelastung beim Drucken durch Papier, Farbe und Chemie.

Groks Hitler-Verherrlichung, Rügen für “Bild”-Medien, Dokus auf Ego-Trip

1. Hitler-Verherrlichung durch Grok – EU will Elon Musks Chatbot ins Visier nehmen
(spiegel.de)
Nach antisemitischen und Hitler-verherrlichenden Aussagen des Chatbots Grok auf der Plattform X prüft die EU-Kommission mögliche Konsequenzen. Die Grok-Beiträge gälten als Teil der laufenden Ermittlungen gegen X wegen unzureichender Moderation verbotener Inhalte. Die Künstliche Intelligenz wurde von Elon Musks Firma xAI entwickelt und ist bereits mehrfach durch problematische Aussagen aufgefallen.
Weiterer Lesetipp: Shoah-Leugnung auf X: Plattform findet Schlupfloch vor dem Kammergericht Berlin (hateaid.org)

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2. EU muss Israel-Abkommen aussetzen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Gemeinsam mit über 180 internationalen Organisationen fordert Reporter ohne Grenzen die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und Israel. Hintergrund seien “die massiven Menschenrechtsverletzungen durch das israelische Militär im Gazastreifen, darunter gezielte Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten.”

3. Rügen für Verletzungen des Persönlichkeits­schutzes
(presserat.de)
Der Deutsche Presserat hat in seiner aktuellen Sitzung acht öffentliche Rügen ausgesprochen. Allein Bild.de und “Bild am Sonntag” sind für sechs massive Verstöße gegen den Pressekodex gerügt worden (hinzu kommt noch eine Rüge für das Springer-Blatt “B.Z.”), unter anderem wegen unangemessener Gewaltdarstellung, Verstößen gegen den Opferschutz, Falschbehauptungen und vorverurteilender Berichterstattung. Diese Häufung zeigt einmal mehr die traurige Dominanz der “Bild”-Medien im Negativranking presseethischer Fehltritte.

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4. Türkei: Regierung schaltet TV-Sender ab
(verdi.de)
In der Türkei sei der oppositionelle Fernsehsender Sözcü TV von der Medienaufsicht Rtük gesperrt worden, nachdem er über die Verhaftung des Erdoğan-Herausforderers Ekrem İmamoğlu berichtet hatte. Auch andere kritische Sender wie Halk TV seien von Repressionen betroffen. Beobachter sehen darin eine zunehmende Repressionswelle gegen Medien, Opposition und Kulturschaffende.

5. KI-Fakes mit Promi-Ärzten
(youtube.com, “Zapp”, Video: 2:58 Minuten)
Das NDR-Medienmagazin “Zapp” berichtet in einem kurzen Clip über gefälschte Werbevideos, in denen mit KI-generierten Deepfakes von bekannten Experten wie Christian Drosten oder Matthias Riedel für das angeblich heilende Produkt “Shilajit” geworben wird. Die Videos würden massenhaft auf Plattformen wie Facebook und Instagram verbreitet und durch professionelle Aufmachung Glaubwürdigkeit vortäuschen. Die Plattformbetreiber würden bislang jedoch nur unzureichend gegen solche Fälschungen vorgehen.

6. Eitel oder innovativ: Doku-Formate auf dem Ego-Trip?
(ardaudiothek.de, Michael Meyer & Kai Schmieding, Audio: 17:01 Minuten)
Im Podcast “Medien – Cross und Quer” sprechen Michael Meyer und Kai Schmieding mit dem Medienwissenschaftler Janis Brinkmann über moderne Doku- und Reportageformate. Im Fokus steht die Frage, ob die zunehmende Selbstdarstellung von Reporterinnen und Reportern vor der Kamera die Glaubwürdigkeit erhöht oder eher eitel wirkt. Brinkmann hat dazu eine Untersuchung für die Otto-Brenner-Stiftung durchgeführt.

Erfundene Merz-Zitate, X ist ein rechtsfreier Raum, Weltbühne wankt

1. KI-Fake-News: Radio Monster erfindet Merz-Zitate
(msn.com, Jochen Zenthöfer)
Jochen Zenthöfer berichtet, dass das Onlineradio “Radio Monster” bei der Erstellung von Nachrichten Künstliche Intelligenz eingesetzt habe, die falsche Informationen über und erfundene Zitate von Bundeskanzler Friedrich Merz verbreitet habe. So seien angebliche Aussagen von Merz zu Plagiatsvorwürfen erfunden worden. Auf Nachfrage der “FAZ” habe die Betreiberin von “Radio Monster” geantwortet, sie wolle “mit Blick auf unsere geschäftlichen Interessen von einer öffentlichen Darlegung absehen.”

2. X ist ein rechtsfreier Raum
(arminwolf.at)
Der österreichische Journalist und Moderator Armin Wolf berichtet, dass es auf X (früher Twitter) praktisch unmöglich sei, gegen anonyme Hasspostings juristisch vorzugehen, da die Plattform kaum mit Behörden zusammenarbeite und bestehende Gesetze zu schwach seien. Trotz umfassender juristischer Bemühungen sei es ihm nicht gelungen, die Löschung eindeutig strafbarer Postings oder die Herausgabe von Nutzerdaten zu erreichen. Wolfs Fazit: “Es ist mir unbegreiflich, dass noch irgendein anständiger Mensch dieses Medium nützt.”

3. Die Weltbühne wankt
(taz.de, Andreas Speit)
Die von Verleger Holger Friedrich neuaufgelegte “Weltbühne” stehe wegen Antisemitismus-Vorwürfen und einer Nähe zur Neuen Rechten in der Kritik. Friedrich habe den Publizisten Thomas Fasbender trotz dessen rechter Verbindungen als Co-Herausgeber engagiert. Als Reaktion darauf habe die Redaktion des antifaschistischen Magazins “Der Rechte Rand” ihre Zusammenarbeit mit einer Druckerei aufgekündigt, die mit Friedrich kooperiere.

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4. Journalistische Standards und neue Themen: Wie sich Telepolis neu aufstellt
(telepolis.de, Philipp Hahnenberg)
Das Onlinemagazin “Telepolis” habe sich laut eigener Angabe unter Chefredakteur Harald Neuber journalistisch neu aufstellt und dabei klare Standards, neue Themenbereiche und eine Trennung von alten, problematischen Inhalten eingeführt. Rund 70.000 alte Artikel seien vorübergehend offline genommen worden, würden aber bald archiviert und getrennt vom aktuellen Angebot zurückkehren.

5. Rügen für Berichte über Messerangriff von Aschaffenburg
(presserat.de)
Der Deutsche Presserat hat sich mit insgesamt 141 Beschwerden über Medienberichte befasst. Mehrere Beschwerden betrafen dabei die “Bild”-Medien, denen Verstöße gegen journalistische Standards, etwa dem Opferschutz oder dem Wahrhaftigkeitsgebot sowie der Sorgfaltspflicht, vorgeworfen wurden. Insgesamt habe der Presserat 28 öffentliche Rügen, 26 Missbilligungen und 33 Hinweise verteilt.

6. Newsletter Netzwerk Recherche 246 vom 27.06.2025
(netzwerkrecherche.org, Greta Linde)
Wie immer eine Empfehlung wert, nicht nur für investigativ arbeitende Journalistinnen und Journalisten: der Newsletter des Netzwerk Recherche (NR). Die aktuelle Ausgabe beginnt mit einem Dank des ehemaliges Vorstandsmitglieds Martin Kaul und einem Rückblick auf die diesjährige NR-Jahreskonferenz in Hamburg. Außerdem gibt es einen Überblick über medienrelevante Nachrichten, Veranstaltungen, Preise und Stipendien.

Amoklauf-Videos, Angriff auf Journalistin, Prozessauftakt

1. Medienethikerin Paganini: Videos in Medien vom Amoklauf in Graz “inakzeptabel”
(derstandard.at, Oliver Mark)
Die Medienethikerin Claudia Paganini kritisiert die Veröffentlichung von Videos, die den Amoklauf in Graz zeigen, durch die Redaktionen von Krone.at und oe24.at als medienethisch und medienrechtlich “inakzeptabel”. Die Portale hätten die Ängste der betroffenen Schülerinnen und Schüler für Klicks instrumentalisiert. Paganini bemängele zudem die fehlende Kontextualisierung sowie die Gefahr zusätzlicher Traumatisierungen. Der österreichische Presserat habe bereits Beschwerden gegen diese Berichterstattung erhalten.

2. Australien empört über Angriff auf Journalistin in Los Angeles
(tagesspiegel.de)
Die australische Journalistin Lauren Tomasi sei beim Berichten über die Proteste in Los Angeles, die sich gegen die US-Einwanderungspolitik richten, von einem Gummigeschoss der Polizei getroffen worden, obwohl sie als Pressevertreterin zu erkennen gewesen sei. Australiens Premierminister Anthony Albanese habe den Vorfall verurteilt: “Wir finden es inakzeptabel, dass das passiert ist, und denken, dass die Rolle der Medien besonders wichtig ist”.

3. Warten auf die “Blatt­schüsse”
(lto.de, Markus Sehl & Felix W. Zimmermann)
“Durfte das BMI das rechtsextreme Compact-Magazin verbieten? Wurde die Pressefreiheit ausreichend berücksichtigt? Was ist verfassungsfeindlich, was politisch legitime Kritik?” Bei “Legal Tribune Online” berichten Markus Sehl und Felix W. Zimmermann über den Prozessauftakt vor dem Bundesverwaltungsgericht, bei dem zentrale medien- und verfassungsrechtliche Fragen zum staatlichen Verbot des “Compact”-Magazins verhandelt werden. Dabei gehe es insbesondere um die Frage, ob das Vereinsrecht ein legitimes Instrument darstellt, um ein journalistisches Medium dauerhaft zu verbieten, oder ob mildere Alternativen ausreichend sind.

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4. Zwei Männer wegen Beihilfe zu Mord an maltesischer Journalistin verurteilt
(spiegel.de)
Auf Malta seien rund acht Jahre nach dem Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia zwei Männer wegen Beihilfe zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden, da sie die Autobombe geliefert hatten, mit der Galizia 2017 ermordet wurde. Der mutmaßliche Auftraggeber des Mordes, der Geschäftsmann Yorgen Fenech, stehe noch vor Gericht. Ihm werde vorgeworfen, den Mord in Auftrag gegeben zu haben, um Daphne Caruana Galizia und ihre Enthüllungen zum Schweigen zu bringen.

5. ARD-Nachrichtentag: Mehr Transparenz
(verdi.de, Claudia Krieg)
In ihrem Beitrag berichtet Claudia Krieg über den “ARD-Nachrichtentag”, bei dem bundesweit Regionalredaktionen ihre Türen öffneten und vor allem jungen Menschen ermöglichten, hinter die Kulissen der Nachrichtenproduktion zu schauen und daran aktiv mitzuwirken. Ziel sei es gewesen, mehr Transparenz zu schaffen, Vertrauen gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken und dessen Bedeutung für eine unabhängige, demokratische Berichterstattung zu verdeutlichen.

6. Leuchtturm 2025 an Robert Pausch für Enthüllung der “Operation D-Day”
(netzwerkrecherche.org)
Wie das Netzwerk Recherche (NR) bekanntgibt, erhält “Zeit”-Journalist Robert Pausch die Auszeichnung “Leuchtturm 2025” für seine investigative Recherche “Das liberale Drehbuch für den Regierungssturz” (nur mit Abo lesbar), in der er aufdeckte, wie die FDP im Jahr 2024 ihren Ausstieg aus der Ampelkoalition gezielt vorbereitet hatte. Pausch habe in seinem Bericht anhand vertraulicher Dokumente und Insider-Gespräche detaillierte Einblicke in die strategischen Überlegungen und internen Spannungen innerhalb der FDP gegeben, wodurch die Hintergründe des Koalitionsbruchs nachvollziehbar geworden seien. Der Preis werde am 13. Juni auf der NR-Jahreskonferenz verliehen.

Interessenkonflikte, Verkauf der Traditionsmarken, Abzocksender

1. Trump beschimpft »Atlantic«-Journalist als »Widerling« und die Europäer als »Schmarotzer«
(spiegel.de)
Gestern hatten wir in den “6 vor 9” über eine schwerwiegende Sicherheitspanne in den USA berichtet: Versehentlich wurde Jeffrey Goldberg, Chefredakteur von “The Atlantic”, in einen geheimen Gruppenchat der Trump-Regierung aufgenommen, in dem detaillierte Kriegspläne zum Jemen besprochen wurden. Nun folgt das politische und mediale Nachspiel: Während US-Präsident Donald Trump versuche, die Panne herunterzuspielen, und den Journalisten beschimpfe, gehe der Streit über den Vorfall im US-Senat weiter.

2. Schon 20 gezielte Angriffe seit Jahresbeginn
(reporter-ohne-grenzen.de)
Seit Beginn dieses Jahres dokumentierte die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) mindestens 20 gezielte Angriffe israelischer Streitkräfte auf palästinensische Medienschaffende im Westjordanland, “alle in der Nähe von Lagern für Geflüchtete”. Auch die Palästinensische Autonomiebehörde gehe repressiv gegen kritische Journalistinnen und Journalisten vor, insbesondere mit Festnahmen wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Sender Al Jazeera. RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus fordert: “Wir dürfen uns an diese Normalisierung der Gewalt nicht gewöhnen.”
Weiterer Lesetipp: Daniel Bax schreibt in der “taz” über den Tod des palästinensischen Journalisten Hossam Shabat: Reporter im Fadenkreuz (taz.de).
Und noch ein Lesetipp: Wie ebenfalls die “taz” berichtet, hat die israelische Polizei den “FAZ”-Journalisten Christian Meier im Westjordanland festgenommen: Willkür in der Westbank (taz.de, Nicholas Potter).

3. “Lieber Möbel als Zeitschriften verkaufen, oder wie?”: Das sagt die Branche zum Verkauf von Brigitte & Co
(kress.de, Marc Bartl)
RTL hat einige seiner Gruner+Jahr-Traditionsmarken (“Gala”, “Eltern”, “Brigitte”) an die Funke Mediengruppe veräußert. Marc Bartl hat sich umgehört, wie die Medienbranche auf den Ausverkauf reagiert – beziehungsweise “wie Media-Berater Thomas Koch, Carsten Erdmann (Funke), Christian Meier (Welt), Thomas Lückerath (DWDL), Maike Schiller (Hamburger Abendblatt) und Christian Bartels (MDR/Altpapier) den Groß-Deal zwischen RTL und Funke kommentieren.”

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4. Redaktionen müssen Interessenkonflikte offenlegen
(presserat.de)
Der Deutsche Presserat hat seine Richtlinien für die journalistische Arbeit in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte geändert: “Wer journalistisch oder verlegerisch tätig ist, muss wie bisher diese Tätigkeit von anderen Funktionen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft trennen. Liegt ein Interessenkonflikt nahe, sollte die Redaktion nicht befangene Autorinnen oder Autoren für die Berichterstattung einsetzen oder zumindest den Konflikt der Leserschaft gegenüber offenlegen.” Konkrete Beispiele für die Anwendung der Vorgabe befinden sich hier.

5. Universal Music erweitert Klage gegen Internet Archive
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die Universal Music Group habe eine Klage gegen das “Internet Archive” erweitert, weil man dort 70 bis 120 Jahre alte Schellackplatten im “Great 78 Project” digitalisiert und online gestellt habe. Der angebliche Schaden erhöhe sich damit auf 700 Millionen US-Dollar. Musikerinnen und Musiker sowie das Archiv selbst hätten die Klage kritisiert und betont, das Projekt diene dem Erhalt von Kulturgut und stelle keine ernsthafte Konkurrenz für kommerzielle Musikplattformen dar.

6. Locken, verbocken & abzocken – Wie 9Live gleich zweimal aufflog
(dwdl.de, Christian Richter)
Die aktuelle DWDL-“Telegeschichte” beleuchtet anhand zweier aufsehenerregender Vorfälle die fragwürdigen Methoden des einstigen Call-In-Senders 9Live und zeigt, wie gezielte Manipulation und Intransparenz das Geschäftsmodell prägten. Der Beitrag liefert nicht nur spannende Einblicke hinter die Kulissen, sondern dokumentiert auch eindrucksvoll den medialen und regulatorischen Umgang mit den Skandalen. Wer sich für Mediengeschichte, Fernsehkritik oder die dunklen Seiten der Fernsehunterhaltung interessiert, kommt hier voll auf seine Kosten.

551 Fragen der Union, Eingriff von Bezos, Höchststand an Rügen

1. Union empört mit Fragen zu NGOs
(tagesschau.de)
Die Unionsfraktion hat Anfang der Woche eine sogenannte Kleine Anfrage zur politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen in den Bundestag eingebracht. In der sonst auf wenige Punkte beschränkten Anfrage werden 551 Fragen zu zivilgesellschaftlichen Initiativen gestellt, darunter auch zu Organisationen wie “Correctiv” und Netzwerk Recherche. Dagegen regt sich breiter Widerstand: Reporter ohne Grenzen sieht darin den Versuch, kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft einzuschüchtern. Netzwerk Recherche hält das Vorgehen für “eine gefährliche Entwicklung, wenn die Union die Gemeinnützigkeit etablierter journalistischer Organisationen in Frage stellt”. Die Deutsche Journalisten-Union in Verdi spricht von einem “parteipolitischen Angriff auf die Demokratieförderung”. Auch der Deutsche Journalisten-Verband übt massive Kritik an dem Vorgang. Attac spricht von einem “Großangriff auf die demokratische Zivilgesellschaft”. Die Amadeu Antonio Stiftung von einer “Misstrauenskampagne gegen die Zivilgesellschaft”. Die ebenfalls von der Anfrage betroffene Organisation Campact hat einen Appell gestartet: “Merz gegen uns alle: Angriff auf die Zivilgesellschaft abwehren!” Und in der “Frankfurter Rundschau” kommentiert Leo Fischer: “Man kann die Gefahren benennen, die darin bestehen, wenn eine künftige Kanzlerpartei die kritische Zivilgesellschaft auf eine Weise angreift, die man bisher nur von Trump und Orbán kannte. Man kann aber auch ganz anders fragen – beispielsweise so: Habt ihr eigentlich alle den Arsch offen?!”

2. Bezos mischt sich in Meinungsbeiträge der “Washington Post” ein
(sueddeutsche.de)
Wie die “Süddeutsche Zeitung” berichtet, nimmt Amazon-Gründer Jeff Bezos zunehmend Einfluss auf die “Washington Post”, deren Eigentümer er ist. Bezos lenke das Meinungsressort in eine libertäre Richtung mit Fokus auf persönliche Freiheiten und freie Märkte. Zuvor hatte er bereits eine Wahlempfehlung der Zeitung für Kamala Harris verhindert, was zu Abo-Kündigungen und Kritik innerhalb der Redaktion führte. Die “New York Times” sähe darin einen Rechtsruck in der Ausrichtung der “Washington Post”.

3. Weißes Haus sucht Reporter künftig selbst aus
(taz.de)
Das Weiße Haus will offenbar die regierungsunabhängige White House Correspondents’ Association (WHCA) entmachten, die darüber entscheidet, welche Journalistinnen und Journalisten aus dem Oval Office oder der Präsidentenmaschine berichten dürfen. Damit würde eine jahrzehntelang eingeübte Praxis zu Ende gehen. WHCA-Präsident Eugene Daniels kommentiert: “In einem freien Land dürfen Anführer nicht in der Lage sein, ihr eigenes Pressekorps auszuwählen.”

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4. Trump droht Medien und Autoren bei Verwendung anonymer Quellen
(spiegel.de)
Und noch einmal Donald Trump: Der US-Präsident drohe Medien, Autoren und Verlagen mit rechtlichen Schritten, wenn diese sich auf anonyme Quellen berufen, und stelle die Möglichkeit eines entsprechenden neuen Gesetzes in den Raum. Hintergrund ist offenbar ein Enthüllungsbuch des Autors Michael Wolff, das Trump unter anderem als psychisch angeschlagen nach einem Attentat beschreibt.

5. Presserat: Höchststand an Rügen
(verdi.de)
Der Deutsche Presserat verzeichne einen Höchststand bei den öffentlichen Rügen, insbesondere wegen Verstößen gegen die journalistische Sorgfaltspflicht wie mangelnde Recherche und irreführende Überschriften. Zudem habe es zahlreiche Rügen wegen Verletzungen des Persönlichkeitsschutzes gegeben, etwa durch die Veröffentlichung von Opferfotos ohne Einwilligung der Angehörigen. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 2.215 Beschwerden eingegangen, von denen ein Drittel als unbegründet eingestuft worden sei.

6. Zurück in die Zukunft: Der Rachefeldzug des Stefan Raab
(rnd.de, Imre Grimm)
Imre Grimm beschreibt Stefan Raabs TV-Comeback als Rachefeldzug, bei dem dieser mit alten Erfolgsrezepten versuche, “die deutsche ESC-Ehre” zu retten und das deutsche Fernsehen neu zu prägen. Dabei inszeniere sich Raab als unerschütterlicher Perfektionist, der nicht verlieren kann, aber möglicherweise den Anschluss an die veränderte Medienwelt verpasst hat. Raabs Ehrgeiz scheine ungebrochen, aber es bleibe fraglich, ob sein alter Stil und seine alten Methoden heute noch funktionieren.

7. Friede Springer als Berliner Ehrenbürgerin
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:27 Minuten)
Zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator die Verleihung der Berliner Ehrenbürgerwürde an Friede Springer: “Eine Stadt, die demokratische Werte und sozialen Zusammenhalt ernst nimmt, sollte ihre höchste Ehrung nicht an jemanden vergeben, dessen Medien jahrelang zur gesellschaftlichen Spaltung beigetragen haben. Berlin kann mehr. Aber Berlin sollte auch mehr wollen.”

Schlecht hören, gut schleichen

Thomas Gottschalk hat wirklich Glück. Er bekomme …

nun ein Super-Hörgerät von Geers, das KI-gestützt ist und 4500 Euro kostet.

Das berichtete Chefreporter Stephan Kürthy am vergangenen Mittwoch in der gedruckten “Bild”. Und auch bei Bild.de schreibt Kürthy über die tolle Hilfe, die das Unternehmen Geers Gottschalk biete:

Der Entertainer hat kein Problem damit, diese Hilfe auch anzunehmen. Am Dienstag bekam er in München bei Geers World of Hearing den Prototypen der Zukunft angepasst und erklärt: den KI-gestützten Phonak Audeo Sphere Infinio (Kosten ab 4000 Euro).

Thomas Gottschalk hat wirklich Glück. Er ist rein zufällig auch das offizielle Werbegesicht des Hörgeräteherstellers Geers und dürfte dafür eine ordentliche Stange Geld bekommen.

Und dann hat Thomas Gottschalk noch einmal wirklich Glück: Dass die “Bild”-Redaktion kein Problem damit hat, diese Schleichwerbung als ganz normalen Artikel zu veröffentlichen, ohne “Anzeige” darüber zu schreiben und ohne irgendeinen Hinweis auf Gottschalks Werbetätigkeit für Geers. Stattdessen tarnt sie das Ganze als Beziehungsschmonzette:

Screenshot Bild.de - Thomas Gottschalk über sein Ohr-Problem - Ich höre immer auf Karina

Thomas Gottschalk (74) und seine Frau Karina (62) haben ein kleines Streitthema: die Fernseh-Lautstärke im gemeinsamen Schlafzimmer.

Hach, diese herrlich normalen Gottschalks.

Die Nummer erinnert uns an etwas: Erst im März dieses Jahres bekam die “Bild”-Redaktion vom Deutschen Presserat eine Rüge für einen Artikel mit der Überschrift “So kloppe ich meine Kilos weg!” In dem Beitrag ging es um “die FETT-WEG-TIPPS” von Fußballtrainer Jürgen Klopp:

Der Star-Trainer selbst nutzt ein Peloton-Bike, bei dem digital an voraufgezeichneten sowie Live-Kursen teilgenommen werden kann, die von Trainern angeleitet werden.

Dass Klopp zu dieser Zeit auch Peloton-Werbebotschafter war, hat die “Bild”-Redaktion im Artikel nicht erwähnt. Der Presserat wertete die Veröffentlichung als Schleichwerbung.

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16 Jahre alt, mit Foto, Vor- und Nachnamen

Achtung, nicht erschrecken: Bei “Bild” hat sich was verbessert. Zumindest ein bisschen und auch nur teilweise.

Die Redaktion scheint ein kleines Stück sensibler geworden zu sein im Umgang mit Fotos, die Opfer von Verbrechen und Unglücksfällen zeigen. Allein in der heutigen Print-Ausgabe findet man zwei Bildunterschriften, die auf diese Entwicklung hindeuten. Zu einer Geschichte mit der Überschrift “Handwerker Yusuf wurde auf der Autobahn erstochen” schreibt “Bild” zu einem Foto, auf dem das Opfer unverpixelt zu sehen ist:

Yusuf C. bei seiner standesamtlichen Trauung. BILD zeigt das Foto mit dem Einverständnis seiner Familie

In einem anderen Artikel, in dem es um einen aktuell laufenden Prozess in Frankreich geht, zeigt die “Bild”-Redaktion ein unverpixeltes Foto des Opfers und schreibt dazu:

Gisèle P. (72) besteht darauf, dass der Prozess gegen ihren Mann öffentlich geführt wird. Vor Gericht ließ sie sich fotografieren

Nun ist es noch mal eine andere Frage, ob man, wie im Fall des “Handwerkers Yusuf”, eine trauernde Familie in dieser Situation unbedingt mit der Frage behelligen muss, ob man denn ein Foto des Verstorbenen bekommen und veröffentlichen kann. Diese im Artikel geschilderte Szene klingt jedenfalls stark nach Witwenschütteln:

BILD trifft die Familie des gelernten Dachdeckers an seinem Wohnort in der Nähe des Tatorts. Frauen liegen sich schluchzend in den Armen, Männer können ihre Tränen nicht zurückhalten.

Gemessen an dem niedrigen Niveau, von dem “Bild” kommt und für das der Deutsche Presserat der Redaktion zahlreiche Rügen erteilt hat, ist das Einräumen eines Mitspracherechts bei der Fotoveröffentlichung, selbst unter Ausnutzung eines emotionalen Ausnahmezustands, aber schon eine Verbesserung.

Doch es gibt auch noch das alte Muster: Vergangenen Donnerstag berichtete die “Bild”-Redaktion über eine “Horror-Attacke vor Jamaika”. Und zeigte auf der Bild.de-Startseite und im Artikel das 16-jährige Opfer unverpixelt:

Screenshot Bild.de - Horror-Attacke vor Jamaika - Hai beißt Schüler (16) Kopf ab
(Die Unkenntlichmachung stammt von uns.)

Einen Hinweis wie “BILD zeigt das Foto mit dem Einverständnis seiner Familie” findet sich nicht im Artikel. Dafür aber der vollständige Vor- und Nachname des Jugendlichen.

Zum “Opferschutz” schreibt der Presserat in Richtlinie 8.2 seines Pressekodex:

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich.

Und konkretisiert in Richtlinie 8.3:

Insbesondere in der Berichterstattung über Straftaten und Unglücksfälle dürfen Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in der Regel nicht identifizierbar sein.

Auch RTL.de veröffentlichte gestern einen Artikel zum “blutigen Drama vor der Küste von Jamaika”, zeigt darin ein unverpixeltes Foto des 16-Jährigen und nennt dessen kompletten Namen.

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