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Der öffentliche Tod einer jungen Mutter

Am vergangenen Mittwoch ist in Emmerich eine 26-jährige Frau im Beisein ihrer kleinen Kinder erstochen worden. Laut Polizei war ein Nachbar der Familie über den Balkon in die Wohnung eingedrungen, hatte dort zuerst die 45-jährige Oma schwer verletzt und dann im Schlafzimmer, wo sich auch die Kinder aufhielten, brutal auf die junge Mutter eingestochen. Sie war schon verblutet, als die Rettungskräfte eintrafen.

Der mutmaßliche Täter, der auf seiner Flucht noch einen dritten Menschen attackierte, wurde am Tag darauf festgenommen; er habe die Taten gestanden, teilte die Polizei mit.

Die Medien interessierten sich natürlich sehr für den grausamen Fall, allerdings verzichteten sie in ihren Berichten auf Fotos der Opfer, änderten alle Namen und nannten auch sonst kaum persönliche Details, eine Praxis, die eigentlich selbstverständlich sein sollte, es aber bei Weitem nicht ist, nicht mal in den sogenannten seriösen Medien, wie man ja zuletzt an den fürchterlichen Opfergalerien zum MH17-Unglück sehen konnte. Umso erfreulicher, dass sich die Medien diesmal so zurückgehalten haben.

Bis auf „Bild“ natürlich.

Dort gab es mal wieder das volle Sensationsprogramm: Die Zeitung druckte Fotos vom Abtransport der Leiche und davon, wie die (immerhin verpixelten) Kinder aus dem Haus getragen werden; zeigte (sowohl in der Print- als auch in der Online-Ausgabe) Fotos vom Haus, in dem die Tat geschah, von der Wohnungstür der Familie, von der Wohnungstür des mutmaßlichen Täters und vom Haus des dritten Opfers. „Bild“ ist auch das einzige Medium, in dem die Namen der Betroffenen nicht geändert wurden. Und das einzige, das ein unverpixeltes Foto der getöteten Frau veröffentlicht hat — und zwar einmal am Mittwoch …

… und zweimal am Donnerstag …


… außerdem in der Bundesausgabe …

… in der Regionalausgabe (Ruhrgebiet) …

… nochmal in der Bundesausgabe …

… und nochmal in der Regionalausgabe:

(Alle Unkenntlichmachungen von uns.)

Als Foto-Quelle ist in der Printversion (wenn überhaupt) „Privat“ angegeben. Online heißt es:

In Wahrheit stammt das Foto aber natürlich nicht von „Bild“-Mann Stefano Laura, sondern vom Facebookprofil des Opfers. Auch das (mit schwarzem Alibi-Balken versehene) Foto des mutmaßlichen Täters hat sich „Bild“ kurzerhand bei Facebook besorgt, Quellenangabe: keine.

Am Donnerstag haben wir den Axel-Springer-Verlag um eine Erklärung zu dem Fall gebeten. Eine Antwort haben wir bis heute nicht bekommen.

Übrigens: Wie gestört die Leute von “Bild” mit diesem Thema umgehen, zeigt sich in der heutigen Ausgabe in ganz besonderer Weise. In einem Artikel über die Wild-Unfälle vom Wochenende hat die Zeitung einem Reh (!) das gewährt, was die meisten menschlichen Opfer nicht bekommen: ein verpixeltes Gesicht.

Mit Dank an Stephan T. und Kurt Wolfgang S.

Helmut Markwort, Nicolaus Fest, New York Times

1. “News zu News bei Google”
(google-produkte.blogspot.de, Philipp Justus)
Nach einer via der Verwertungsgesellschaft VG Media von deutschen Printverlegern eingereichten Klage kündigt Google an, “Snippets und Thumbnails einiger bekannter Webseiten wie bild.de, bunte.de oder hoerzu.de nicht mehr anzeigen, also jener Verlage, die in der VG Media organisiert sind. Für diese Seiten werden wir nur noch den Link zum Artikel sowie dessen Überschrift anzeigen.”

2. “Verlage empört: Jetzt will Google nicht mal mehr ihr Recht verletzen!”
(stefan-niggemeier.de)
VG Media reagiert mit einer Pressemitteilung unter dem Titel “Google erpresst Rechteinhaber” (vg-media.de, PDF-Datei) auf die Nachricht. Stefan Niggemeier schreibt dazu: “Die Verlage haben sich zuerst darüber beklagt, dass Google ihre Inhalte (angeblich) rechtswidrig nutzt. Nun beklagen sie sich darüber, dass Google ihre Inhalte nicht mehr rechtswidrig nutzt. Man kann den Irrsinn kaum noch angemessen kommentieren.”

3. “Mutig: Reporter bringen die Welt nach Nordkorea”
(ndr.de, Video, 8:55 Minuten)
Journalisten, die Bilder aus der Welt nach Nordkorea schmuggeln. Und Journalisten, die Bilder aus Nordkorea herausholen und der Welt zeigen.

4. “Fakten, Fakten, Fakten”
(zeit.de, René Martens)
Helmut Markwort, Mitglied des Aufsichtsrats des FC Bayern München, steht unter Verdacht, in seiner Zeit als “Focus”-Chefredakteur unter dem Pseudonym Moritz Rodach “Focus”-Texte über den Fußballverein verfasst zu haben.

5. “Nicolaus Fest verlässt die ‘Bams’-Chefredaktion”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Wie die Axel Springer AG mitteilt, verlässt Nicolaus Fest “das Unternehmen auf eigenen Wunsch, um in Zukunft als freier Journalist zu arbeiten”. Uwe Mantel schreibt: “Zuletzt fiel Nicolaus Fest, seit 2013 stellvertretender Chefredakteur der ‘Bild am Sonntag’, mit seinem Kommentar ‘Islam als Integrationshindernis’ auf, für den die ‘BamS’ auch eine Rüge durch den Presserat kassierte.” (BILDblog berichtete).

6. “Here’s The Unfortunate Math That Will Likely Force The New York Times To Make Even More Cuts…”
(businessinsider.com, Henry Blodget, englisch)
Henry Blodget rechnet aus, wie viele Journalisten die “New York Times” im digitalen Zeitalter beschäftigen könnte: “So the New York Times might eventually be able to support a newsroom budget of $140 million as compared to the ~$200 million budget it has today. Using the same $150,000-per-journalist all-in estimate, this budget would support ~930 top-notch journalists. (…) But 930 journalists is about 300 fewer than the New York Times will employ after this latest round of cuts.”

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Schutzwesten gegen Asylbewerber (2)

Vor gut zwei Wochen haben wir darüber geschrieben, wie die “Bild”-Zeitung Stimmung gegen ein Asylbewerberheim in Bautzen macht.

Das Blatt hatte in der Dresdner Ausgabe behauptet:


(Unkenntlichmachung von uns.)

In dem Artikel hieß es:

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Bautzen kaufte dem Rettungsdienst stich- und schusssichere Westen. (…) Offenbar geht es vor allem um Einsätze im Spreehotel – der Vier-Sterne-Herberge, wo neuerdings Asylbewerber untergebracht sind.

Die Polizei, das DRK und der Betreiber des Heims haben allerdings mehrfach klargestellt, dass diese Darstellung falsch ist.

Zunächst mal: Das Heim ist gar keine “Vier-Sterne-Herberge” mehr. Der Hotelbetrieb wurde schon vor geraumer Zeit eingestellt, das Gebäude dient jetzt ausschließlich als Unterkunft für die Asylbewerber. Und die Westen, die sich das DRK tatsächlich besorgt hat, sind auch nicht schusssicher, sondern schützen “nur” gegen Schläge und Stiche.

Vor allem aber wurden sie nicht “aus Angst vor Attacken aus dem Asyl-Hotel” besorgt, wie “Bild” behauptet, sondern um die Rettungskräfte ganz allgemein und bei allen Einsätzen zu schützen. Ganz unabhängig vom Einsatzort. Der Polizei ist in dem Heim auch “kein Übergriff auf Rettungspersonal bekannt”.

Wir kommen nochmal auf diese Geschichte zurück, weil vorgestern der Betreiber des Heims bei Maybrit Illner zu Gast war (Sendung in der Mediathek, ab ca. 19:10). Dort erzählte er, dass es “natürlich” auch “ein paar vielleicht nicht so freundliche Bewohner” gebe, aber der Großteil sei vollkommen friedlich:

In diesen drei Monaten [seit die Asylbewerber in dem Heim wohnen], ist bei mir eine Sache vorgefallen, die wirklich nachweislich kriminell war, die war nicht in Ordnung, und die wird auch dementsprechend verfolgt. Es ist sonst nachweislich nichts passiert. Das einzige, was die Asylbewerber leider Gottes machen: Sie atmen die Luft der Bautzner. Und ich glaube, das ist wirklich nicht schlimm. Also es gibt nun gar keinen Grund, gegen diese Menschen zu sein. Sie tun niemandem was, und sie wollen sich integrieren.

Auch die Polizei und das DRK appellieren an die Bürger, …

nicht alle der 150 Asylbewerber zu verurteilen. Meist handelt es sich nur um vereinzelte Personen, die mit einem deutlichen Fehlverhalten alle Einwohner in ein schlechtes Licht rücken.

Über dieses Fehlverhalten haben sich einige Bautzner auch vor ein paar Tagen in einer “Sicherheitskonferenz” beschwert (nachzulesen etwa hier), doch sowohl die Polizei als auch die Stadt weisen immer wieder darauf hin, dass man nicht alle Bewohner über einen Kamm scheren dürfe und die Anzahl der Fälle verhältnismäßig gering sei.

Anfang des Monats berichtete auch der MDR:

Eine wachsende Anzahl Straftaten – wie von einigen Bautznern befürchtet – verzeichnete die Polizei indessen nicht. Laut Sprecher Thomas Knaup sind der Polizei seit dem Einzug der ersten Asylbewerber in das Spreehotel [im Juli, Anm.] 15 Fälle gemeldet worden. Im Vergleich zu den insgesamt 3.700 Straftaten, die sich 2013 in der Region ereignet hätten, sei der Anteil damit verschwindend gering, so Knaup.

Im “Bild”-Artikel heißt es allerdings nur, dass “das Miteinander der Nationalitäten” “nicht problemlos” ablaufe und die Polizei zu mehreren Einsätzen ausrücken musste. Eingeordnet werden diese Fälle nicht.

Ebenso wenig erwähnt “Bild”, dass es auch mindestens einen Übergriff gegen die Bewohner des Asylbewerberheims gegeben hat. Vor drei Wochen schrieb der Oberbürgermeister von Bautzen auf der Facebook-Seite der Stadt:

Liebe Bautzenerinnen und Bautzener!

Es sollte ein ganz besonderer Tag für das Kind einer tunesischen Asylbewerberfamilie werden. Doch am Morgen des ersten Schultages sah sich die junge Mutter dem Fremdenhass eines bislang unbekannten Mannes ausgeliefert. Die junge Frau wurde beschimpft und durch einen Schlag verletzt. Dieser Vorfall am hellen Tag, mitten in der Stadt Bautzen, ist widerlich. Ich bin zutiefst entsetzt darüber und entschuldige mich im Namen der Stadt und der friedliebenden toleranten Menschen ausdrücklich bei der jungen Familie für dieses Verhalten.

Über diesen Vorfall verliert der “Bild”-Reporter kein Wort. Auch nicht darüber, dass das Heim mit einem zwei Meter hohen Zaun umzogen worden ist — nicht, um die Leute zu kasernieren, “sondern um die Gefahr von außen abzuwenden”, wie der Betreiber des Heims bei Maybrit Illner erklärte.

Er fügte aber auch hinzu, dass viele Bautzner sehr hilfsbereit seien. Grundsätzlich sei Bautzen “ein guter Ort”:

Ich möchte nicht, dass die Idee entsteht, dass Bautzen eine völlig rechte Ecke Deutschlands ist. Es gibt aber leider Gottes eben einen ganzen Haufen rechtgesinnte Menschen, auch NPD-Mitglieder, die mir das Leben sehr schwer gemacht haben.

Er habe zwei Morddrohungen erhalten, werde — ebenso wie die Bewohner — häufig beleidigt, und in drei Geschäften sei ihm angetragen worden, dort bitte nicht mehr einzukaufen, weil es schlecht für ihr Image wäre.

Das alles sei Ausdruck einer …

Hysterie, die ich nicht nachvollziehen kann. Wenn die Asylbewerber nachweislich Ungedeih gemacht hätten, dann würde ich sagen: okay, verständlich. Aber es ist nichts passiert! Die reine Anwesenheit. Es ist die Angst vor dem Fremden.

Und diese Angst schürt auch die “Bild”-Zeitung, indem sie lügt, Fakten verschweigt und einseitig berichtet. Obwohl längst klar ist, dass der Artikel einen völlig falschen Eindruck erweckt und obwohl der Redaktion bekannt ist, dass sie damit Menschen gegen die Asylbewerber aufhetzt, ist bislang keinerlei Korrektur erschienen.

Im Gegenteil: Der Artikel ist immer noch online.

Mit großem Dank auch an Tobias M.

Nachtrag, 17. März 2015: Die Berichterstattung ist nun auch vom Deutschen Presserat missbilligt worden.

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Schutzwesten gegen Asylbewerber

Davy S. (deutscher Steuerzahler) ist empört.

und solche wilde bringt man in einem hotel unter! ein schlag ins gesicht für die eigenen leute und für jeden deutschen steuerzahler!

Mit “solche wilde” meint Davy S. die 150 Asylbewerber, die seit einigen Wochen in einem Hotel in Bautzen (Sachsen) untergebracht sind. Und er ist so sauer, weil er diesen Artikel gelesen hat:


(Unkenntlichmachung auf Wunsch des DRK von uns.)

Der Text war am Montag der große Aufmacher in der Dresdner “Bild”-Ausgabe. Darin heißt es, das Rote Kreuz in Bautzen werde in Zukunft Schutzwesten einsetzen. “Offenbar”, so der “Bild”-Reporter, gehe es “vor allem um Einsätze” in besagtem Hotel.

Um es kurz zu machen: Das ist falsch.

Es stimmt zwar, dass sich das Rote Kreuz Schutzwesten besorgt hat. Doch diese Anschaffung steht …

in keinem Zusammenhang mit dem Asylbewerberheim Bautzen.

Das schreiben die “Lausitz News”, die gestern nochmal beim DRK nachgefragt haben. Und bei der Polizei, deren Pressesprecher in Wahrheit ebenfalls keine Notwendigkeit sieht, …

explizit für Einsätze im Asylbewerberheim solche Westen für die Sanitäter einzusetzen.

Dort sei ihm nämlich …

kein Übergriff auf Rettungspersonal bekannt.

Das DRK hat die Westen also nicht wegen des Asylbewerberheims angeschafft, sondern einfach damit die Sanitäter “bei Einsätzen mit alkoholisierten, drogenabhängigen oder geistig verwirrten Personen” besser geschützt sind — völlig unabhängig vom Einsatzort. Der “Bild”-Reporter dreht sich die Fakten aber so zurecht, als sei das “Asyl-Hotel” das Problem. Als wimmle es dort nur von Gewalttätern, die es auf “unsere” Sanitäter abgesehen haben.

Beim deutschen Steuerzahler Davy S. ist diese Botschaft offensichtlich angekommen. Bei vielen anderen “Bild”-Lesern auch, wie ein Blick in die Leserkommentare bei Bild.de zeigt:

Das ist eine Schande. Deutschland nimmt Asylanten auf und unsere Helfer, Mitbürger werden bedroht. Alle sofort nach Hause schicken !!! Drogen und Alkohol…woher haben sie denn das Geld?

ja,ja,ja und alles friedliebende,arbeitsame,integrationswillige, neubürger unseres landes!! aber ihr habt es ja nicht anders gewollt,in dem ihr plagiate gewählt habt statt der originale!!!!

Sind die Asylbewerber eigentlich medizinisch untersucht? Ebola ist wohl kaum anzunehmen, aber es gibt ja in der Dritten Welt noch jede Menge andere übertragbare Infektionskrankheiten wie Aids/HIV etc

Warum nehmen wir überhaupt Asylanten auf, Deutschland hat schon mehr als genug getan ! Ich als Deutscher hab es satt mir was von Scharia Polizei und gewalttätigen Siri Clans hier durch zu lesen. Wer hier nicht gebraucht wird, braucht nicht zu kommen. Und wundert Euch nicht, wenn die AfD mal mehr als 40 % bekommt,ich glaube nicht das ich der einzige bin der so denkt.

sind das unsere viel gepriesenen Fachkräfte, die jeden Tag herauf beschworen werden?

Da zeigt es sich doch mal wieder wie es um unsere “GÄSTE” bestellt ist und wir Idioten zahlen für die alles. Auch noch ein 4Sterne Hotel. Hallo liebe Politiker gehts noch!!!! WEG mit denen ab nauch Hause… wer Waffen Drogen hat oder zu Gewalt neigt hat hier nix zu suchen !!!

Das ist allerdings noch harmlos im Vergleich zu dem hysterischen Hetzmob, der seit zwei Tagen auf den Facebook-Seiten der AfD tobt.

Die Partei hat den Bild.de-Artikel am Montag geteilt (“Dass nun sogar schon unsere Rettungssanitäter das Asylbewerberheim in Bautzen nur mit Schutzwesten betreten dürfen, ist mehr als bedenklich”) und seitdem über 1.000 Kommentare geerntet, von denen sehr, sehr viele so klingen:

Solche Dreckspatzen sollte man verrecken lassen!!!!!!!
(3 Leuten gefällt das.)

Raus mit dem kriminellem Pack. Basta !
(7 Leuten gefällt das.)

Grenzen schließen. dieses ungebildete Pack von Asylanten braucht kein Mensch !
(3 Leuten gefällt das.)

Rettungsdanitäter mit Rettungswesten????
Geht ja gar nicht!!!!!
Für was brauchen Asylanten Sanitäter??? Die müssen dankbar sein, dass wir Deutschen so dreckiges Gesocks überhaupt aufnehmen!! Die Füßen müssen sie uns Deutschen küssen!!!!
Statt dessen werden wir von solchen abgegriffen!!!
Ich finde kein Sanitäter sollte solchen Undankbaren helfen!!!! Sollen doch verrecken, wäre besser für uns und kein Sanitäter würde zu schaden kommen!!!!!!!
(5 Leuten gefällt das.)

Raus mit dem Pack…und den gefährlichen Islamisten Gesindel, und von wegen Moscheen, sind hier nur Gäste!
Außerdem was soll die doppelte Staatsbürgerschaft!!!
(5 Leuten gefällt das.)

Soweit sind wir durch unsere übertriebene Multi-Kulti-Loyalität gekommen. Normaler Weise müssten alle im Rettungsdienst Tätigen mal für einen Tag ihre Arbeit niederlegen und so gegen die Zustände protestieren.
(26 Leuten gefällt das.)

Toll, diese herzlichen Fachleute in ihrer Bunten Vielfalt. Ich wuerde als Sani gar nicht mehr da rein gehen.
(9 Leuten gefällt das.)

Großes Schiff. Care-Paket für die Reise, Bundeswehr”reisebegleiter” mit genügend Waffen im Anschlag und gute Heimreise. Ganz einfach.
Wer tatsächlich vor Krieg und Tot fliehen MÜSSTE, benimmt sich nicht so , sondern würde vor Dankbarkeit den ganzen Tag arbeiten und fleißig deutsch lernen, um sich möglichst schnell in die Kultur und Gesellschaft einzubringen und anzupassen…!
(20 Leuten gefällt das.)

Solange wir nur im Hintergrund quasseln wie hier bei Facebook so wird sich das nicht ändern. Es wird Zeit auf die strasse zugehen und zu handeln
(4 Leuten gefällt das.)

darum wähle ich AfD
(9 Leuten gefällt das.)

Achja, darauf habe ich nur wieder gewartet, wann der erste Kommentar kommt, wegen “rechts” usw. Ihr linken Gutmenschen, versteht endlich mal, das der deutsche Michel langsam die Schnauze voll hat. Die AfD wird nicht mehr verschwinden und das ist auch gut so.
(22 Leuten gefällt das.)

Diese ganzen “Facharbeiter” gehören alle bei den Wählern der Grünen einquartiert, die wollen das Pack doch hier haben!
(21 Leuten gefällt das.)

Und wieder Asylanten! Boar ich bin es langsam leid das Deutschland immer mehr Probleme & Leid hat durch diese “Migranten”!!! Härtere Strafen & Gesetze einführen!!! Wer sich nicht an die Regeln hält wird abgeschoben und fertig!!!
(5 Leuten gefällt das.)

Das ist unfassbar !!!! Traurig was in unserem Land passiert ….. Und letztendlich nehmen wir es einfach hin , weil jeder Angst hat gleich als Rechtradikal und Nazi beschimpft zu werden ….. Ich versteh das nicht …. echt traurig .
(15 Leuten gefällt das.)

Wer Pack ins Land lässt, muss sich drum kümmern…..!!!!!
(4 Leuten gefällt das.)

Zum gesetzlosen Bereich erklären und keine Rettungskräfte mehr reinschicken. Wenn da drin jemand verreckt …. Pech gehabt …. Aber geht ja nicht wegen unserer ganzen grünen Gutmenschen
(4 Leuten gefällt das.)

Gleich eine Injektion aufziehen mit Fentanyl und Dormicum dazu noch ein bißchen Lidocain und fertig..
(4 Leuten gefällt das.)

soweit sind wir also schon,das sich sanitäter schützen müssen mit sicherheitswesten..da kann ich nur sagen die sich falsch benehmen,,AB nach Hause wo sie her gekommen sind,,,,so ein pack brauchen wir hier nicht,,ist genug im land.
(5 Leuten gefällt das.)

Wenn es also das Ziel der “Bild”-Zeitung war, mit falschen Behauptungen Angst und Hass gegenüber Ausländern zu schüren, dann hat sie alles richtig gemacht.

Mit Dank an stitch, Johannes S. und Sabine B.

Nachtrag, 16.10 Uhr: Bild.de hat Dreiviertel aller Leserkommentare gelöscht. Der Artikel ist aber unverändert geblieben.

Die AfD hat inzwischen auch Kommentare gelöscht — aber nur die, die einen Link zu unserem BILDblog-Eintrag enthielten. Die Hetzkommentare sind nach wie vor online.

Nachtrag, 11. September: Jetzt hat die AfD den Facebook-Eintrag ganz gelöscht.

Fortsetzung: hier und hier und hier.

Rüge für Anti-Islam-Kommentar von Nicolaus Fest

Der islamfeindliche Kommentar von Nicolaus Fest in der “Bild am Sonntag” (BILDblog berichtete) ist heute vom Presserat öffentlich gerügt worden.

215 Beschwerden waren dazu eingegangen, erklärte das Gremium in einer Pressemitteilung. Fest hatte unter anderem geschrieben:

Mich stört die weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund. Mich stört die totschlagbereite Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle. (…)

Nun frage ich mich: Ist Religion ein Integrationshindernis? Mein Eindruck: nicht immer. Aber beim Islam wohl ja. Das sollte man bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen!

Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.

Der Beschwerdeausschuss befand, dass der Kommentar “pauschalisierende Aussagen über das Verhalten von Muslimen im Allgemeinen” enthalte und diese “eine diskriminierende Wirkung für Angehörige dieses Glaubens entfalten”. Er verletze nicht nur die Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen), sondern sei auch “mit dem Ansehen der Presse nach Ziffer 1 des Pressekodex unvereinbar”. Der Kommentar spreche zudem dem Islam “die Integrationsfähigkeit an sich ab und verletzt damit die Ziffer 10 des Kodex”. Ursula Ernst, die Vorsitzende des Ausschusses, sagte:

Kommentare dürfen pointiert sein, starke Kritik – auch an Religionen – enthalten und manchmal auch an Grenzen gehen. Hier wird jedoch die Grenze der Meinungsfreiheit deutlich überschritten, indem alle Muslime unter einen Generalverdacht gestellt werden. Die Angehörigen der Religion fühlen sich verständlicherweise diskriminiert.

Darf man das Gesicht eines mutmaßlichen Täters zeigen?

Viele Leser haben uns heute empört auf die Berichterstattung über ein Verbrechen in Norddeutschland hingewiesen. Es geht um diese Geschichte:




(Alle Unkenntlichmachungen von uns.)

Der Mann ist gestern festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Mord aus.

Unsere Hinweisgeber kritisieren nun vor allem, dass die Medien ein unverpixeltes Foto des mutmaßlichen Täters zeigen und seinen Klarnamen nennen, also identifizierend über ihn berichten. Auch unser erster Gedanke war: Das dürfen die doch nicht!

Aber: Sie dürfen es. Oder besser gesagt: Sollte der Mann rechtlich gegen die Berichterstattung vorgehen, stünden seine Erfolgschancen nur sehr schlecht.

Das liegt zum einen daran, dass er Politiker ist. Und für die gelten andere Maßstäbe als für Nicht-Politiker, denn: “Personen, die ein öffentliches Amt bekleiden oder eine herausgehobene gesellschaftliche Position innehaben, müssen sich bereits bei geringen Verfehlungen öffentlicher Kritik stellen.” So schreibt es der Medienrechtler Udo Branahl in seiner Einführung ins Medienrecht — und gibt dazu folgende Beispiele:

Über den Ladendiebstahl eines Landesministers darf zutreffend berichtet werden.

Auch ein Polizeibeamter, der als “Hüter von Recht und Ordnung” in besonderer Weise öffentlicher Kontrolle und Kritik ausgesetzt ist, muss die Nennung seines Namens selbst bei weniger schweren Delikten eher dulden als ein vergleichbarer Arbeiter oder Angestellter. (…)

Ein Mitglied des Gemeinderats kann sich gegen die Veröffentlichung eines Fotos, das zeigt, dass er während einer Ratssitzung “eingenickt” ist, nicht erfolgreich zur Wehr setzen.

Und wenn die Gerichte schon bei solch vergleichsweise kleinen Vorwürfen eine identifizierende Berichterstattung erlauben, würden sie es bei einem Mordverdacht wohl nicht anders sehen.

Aber was ist mit der Unschuldsvermutung? Auf Anfrage erklärte uns Udo Branahl: Wenn es so gewesen sei, wie es die Medien schildern — angeblich schoss der Mann aus Wut über seinen Steuerbescheid (niedrige Beweggründe), war während der Tat mit dem Opfer allein in einem Raum und wurde noch am Tatort festgenommen –, spreche einiges für die Täterschaft des Mannes, also auch in diesem Punkt hätte er vor Gericht wahrscheinlich keine guten Chancen.

Kurzum: Aus juristischer Sicht kann man den Medien zum jetzigen Zeitpunkt keinen großen Vorwurf machen.

Und der Pressekodex? Auch der gestattet in bestimmten Fällen die identifizierende Berichterstattung über Tatverdächtige. Voraussetzung ist aber ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Dafür, dass ein solches Interesse vorliegt, spricht zum Beispiel, wenn “eine außergewöhnlich schwere (…) Straftat vorliegt” oder “ein Zusammenhang bzw. Widerspruch besteht zwischen Amt (…) einer Person und der ihr zur Last gelegten Tat”. Beides trifft, wenn man der Darstellung der Medien glaubt, in diesem Fall zu. Auch halten sich die meisten Medien daran, den Mann als “mutmaßlichen” Täter zu bezeichnen, die Beschreibungen sind zudem überwiegend sachlich. Sollte sich der Presserat also demnächst mit den Artikeln befassen, wäre es nicht überraschend, wenn er zu dem Entschluss käme, dass kein Verstoß gegen den Kodex vorliegt.

Doch auch wenn die Berichterstattung weder gegen das Gesetz noch gegen den Pressekodex verstößt — ob man sie als Medium so prominent bringen muss, ist natürlich eine andere Frage.

Gerade die Verdachtsberichterstattung ist ein Gebiet, auf dem Journalisten extrem sorgfältig vorgehen müssen. Schon viel zu oft wurden Tatverdächtige von den Medien verurteilt, obwohl sie, wie sich dann später herausstellte, mit der Sache nichts zu tun hatten. Und selbst wenn sie etwas damit zu tun hatten und das sogar gestehen:

Ziel der Berichterstattung darf in einem Rechtsstaat nicht eine soziale Zusatzbestrafung Verurteilter mit Hilfe eines “Medien-Prangers” sein. (Pressekodex, Richtlinie 13.1)

Mit Dank an Anonym, Torsten K. und T.D.!

Unverpixelte Propaganda

Nach der mutmaßlichen Enthauptung des US-Journalisten James Foley durch die Terrorgruppe “Islamischer Staat” haben sich die meisten deutschen Medien dazu entschlossen, das Video der Hinrichtung nicht zu zeigen, auch keine Ausschnitte davon.

Damit handeln sie so, wie es auch der Presserat empfiehlt, dessen Geschäftsführer Lutz Tillmanns im Gespräch mit der dpa zu einem respektvollen Umgang mit den Bildern aufgerufen hat:

Die Medien sollten zurückhaltend mit der Veröffentlichung von Fotos umgehen und sich nicht als Propagandainstrument der Terroristen missbrauchen lassen.

Und wenn sie die Bilder doch unbedingt zeigen wollen, etwa die Szenen kurz vor der Ermordung, dann sollte das Opfer dabei “auf jeden Fall unkenntlich gemacht werden”, sagt Tillmanns. “Wer Bilder veröffentlicht, auf denen der Journalist erkennbar wird, macht sich ethisch angreifbar”. Die Würde Foleys stehe im Mittelpunkt. Letztlich müsse sich aber jede Redaktion selber die Frage stellen, wie sie mit solchen Fotos konkret umgehen wolle.

“Spiegel Online” beantwortete sie so: “Die Bilder zu zeigen, wäre reine Propaganda für den IS” — darum zeige das Portal sie nicht. Weder Videoausschnitte noch Fotos. Ähnlich argumentieren auch die ARD, das ZDF, die “Süddeutsche Zeitung”, die “FAZ”, die “taz”, “Zeit Online”, RTL und die dpa. Selbst die Online-Portale von “Bild” und “Berliner Kurier” haben das Gesicht des Mannes verpixelt.

“Focus Online” nicht.

“Focus Online” haut mal wieder alles raus und zeigt in mehreren Artikeln sowohl Standbilder als auch Sequenzen des Videos vor der Enthauptung. Das Gesicht des Opfers ist in keinem Fall unkenntlich gemacht worden.

Dabei schreibt das Portal selbst:

Unterstützer riefen dazu auf, das Video nicht anzuschauen oder zu teilen

Der Satz steht, fettgedruckt, genau unter dem eingebetteten Video.

Mit Dank an Karsten B.

Nachtrag, 22. August: Wir haben gestern Abend bei “Focus Online” nachgefragt, warum das Portal die Bilder unverpixelt zeigt — eine Antwort haben wir bislang nicht bekommen. Inzwischen sind sie aber gelöscht worden.

Das “heute journal” hat vorgestern ebenfalls ein Standbild aus dem Video gezeigt, Claus Kleber moderierte es aber mit klarer Einordnung an. Er sagte:

Es gehört zu den perversen Praktiken dieser Milizen, Videos von solchen Gräueltaten als Propaganda zu nutzen. Deshalb zeigen wir davon allenfalls unbewegte Bilder, bei denen die Opfer verdeckt bleiben, um ihre Menschenwürde zu schützen.

Dieses eine Mal haben wir anders entschieden, weil wir die gefasste Haltung von James Foley angesichts seines Todes eine Würde ausstrahlt, die dem fanatischen Killer neben ihm unbegreiflich geblieben sein muss.

Auch “Spiegel Online”, FAZ.net und “Zeit Online” zeigen — entgegen ihren Ankündigungen — Standbilder aus dem Video. Zumindest indirekt. Sie haben ein Reuters-Video übernommen, in dem britische Zeitungen abgefilmt werden, die die Fotos gedruckt hatten. Das Gesicht Foleys ist nicht unkenntlich gemacht worden — weder von den englischen Zeitungen noch von Reuters noch von den deutschen Medien.

Danke an Christian S., Sascha, Christoph S. und Andreas!

Rügen, Thomas Helmer, Ignoranzallianz

1. “Jede vierte Rüge des Presserats betraf ‘Bild'”
(ndr.de, Fiete Stegers)
Fiete Stegers wertet Rügen des Deutschen Presserats aus: “Mit 157 Rügen seit 1986 liegen Deutschlands auflagenstärkste Zeitung und ihre Ableger unübersehbar vorn. (…) Im Auswertungszeitraum gab es nur 1989 und 1990 keine Rüge für einen ‘Bild’-Titel. In fast jedem anderen Jahr war ‘Bild’ dagegen negativer Spitzenreiter und kassierte manchmal mehr als 40 Prozent der insgesamt ausgesprochenen Rügen.”

2. “‘Jetzt kann ich die blöden Fragen selbst stellen, statt sie beantworten zu müssen'”
(abzv.de, Mario Müller-Dofel)
Thomas Helmer berichtet von seinen Erfahrungen mit “Bild” und “Spiegel”: “Der Spiegel-Beitrag war leider die größte Fehleinschätzung, die ich je über mich lesen musste. Da wurden zum Beispiel Aussagen von mir verdreht und in falschen Kontexten zitiert, sodass sie nachteilhaft für mich waren. Und es wurden stilistische Mittel benutzt, um Thesen zu belegen, die nur der subjektiven Sicht des Journalisten entsprachen, ohne meine Sicht der Dinge ausgewogen einzubeziehen.”

3. “Stellungnahme der Redaktion”
(daserste.de)
Eine Stellungnahme zur vielfältigen Kritik (“mehrere Tausend Briefe, Mails und Anrufe”) an der Sendung “Mission unter falscher Flagge – Radikale Christen in Deutschland” (daserste.de, Video, 43:20 Minuten).

4. “Die Presse echauffiert sich”
(opalkatze.wordpress.com, Vera Bunse)
Vera Bunse nennt die Reaktion auf die Vorwürfe an die deutsche Presse, sie sei “gleichgeschaltet”, “eine wahre Ignoranzallianz”: “Hinter scheinbar unsachlichem Meckern vermuten die Beleidigten nicht einmal begründete Kritik. Den ernsten Hintergrund nehmen sie nicht wahr.”

5. “Verletzte Gefühle”
(wahrheitueberwahrheit.blogspot.de, Thomas Steinschneider)
Wie steht es um den Vorwurf, “deutsche Journalisten beteiligten sich an einem Propagandafeldzug”? Thomas Steinschneider prüft “drei kleine Einzelfälle”: “Menschen, bei denen davon auszugehen ist, daß sie bei einem tragischen Versehen ums Leben gekommen sind, wurden laut Spiegel also ‘ermordet’. Menschen, bei denen davon auszugehen ist, daß sie ermordet wurden, sind laut Tagesschau ‘ums Leben gekommen’. Und eine ‘unstreitig demokratisch legitimierte’ Regierung ist in der Tagesschau auch mal ein ‘Regime’.”

6. “Wer beim Tagesspiegel die Befehle erteilt”
(tagesspiegel.de, Johannes Schneider)
Johannes Schneider skizziert “einen hyperrealistischen Tagesablauf” der “Tagesspiegel”-Redaktion, “für alle Verschwörungsfans”.

Gefährlicher Journalismus

Journalisten sollten den Werther-Effekt kennen. Jene Tatsache also, dass sich mehr Menschen das Leben nehmen, wenn zuvor ausführlich über einen Suizid berichtet wurde. Dieser Effekt ist schon in vielen Untersuchungen bestätigt worden: Je länger und prominenter über einen Suizid berichtet wurde, desto größer war der folgende Anstieg der Selbstmordrate.

Darum fordern viele Institutionen — darunter der Deutsche Presserat, die Weltgesundheitsorganisation und die Deutsche Depressionshilfe –, dass Medien zurückhaltend über Suizide berichten sollen. Insbesondere dann, wenn es sich um einen Prominenten handelt.

Journalisten wissen also, dass sie eine große Verantwortung tragen, wenn sie über solche Fälle berichten. Dass sie ganz genau abwägen sollten, was und wie sie berichten — weil sie im schlimmsten Fall dazu beitragen könnten, dass sich Menschen das Leben nehmen.

Doch vielen scheint das egal zu sein.

Nach dem Tod von Robert Enke hatten etliche Medien tagelang ohne jede Rücksicht über dessen Suizid berichtet. Die Zahl der Selbsttötungen stieg daraufhin massiv an. „In Anbetracht früherer Befunde zum Werther-Effekt scheint sich dieser Zusammenhang ohne Einfluss der Medienberichterstattung kaum zu erklären“, schrieben Kommunikationswissenschaftler der Uni Mainz später in einer Analyse der Enke-Berichterstattung. Auch sie kamen zu dem Ergebnis, dass sich in der Berichterstattung über Selbstmorde einiges ändern muss, um Nachahmungstaten zu verhindern.

Nur leider ist das vielen Journalisten immer noch egal.

Gestern wurde bekannt, dass sich der Schauspieler Robin Williams das Leben genommen hat.

Genügt das nicht schon an Informationen? Ist es für das Verständnis dieses Ereignisses wirklich erforderlich zu erfahren, wo, wie und womit er sich umgebracht hat, was er dabei anhatte, wie er aufgefunden wurde? Reicht es nicht, wenn die Leser erfahren, dass es ein Suizid war?

Offenbar nicht:




Viele Überschriften wollen wir gar nicht zitieren, weil sie einzig aus der Beschreibung der Suizidmethode bestehen. Und es sind nicht nur die Boulevardmedien, die ausführlich auf die “traurigen Details seiner letzten Minuten” eingehen. Beschrieben werden die Begleitumstände unter anderem bei den Agenturen AFP und AP, in der “Berliner Morgenpost”, im “Südkurier”, im “Express”, bei “RP Online”, “Focus Online” und der “Huffington Post”, auf den Internetseiten der “Tagesschau”, der “Welt”, der “FAZ”, der “Deutschen Welle”, der “tz”, des “Hamburger Abendblatts”, der “Mopo”, der “Gala”, der “Bunten”, der “inTouch”, von N24, RTL, der österreichischen “Krone”, dem Schweizer “Blick” und vielen, vielen mehr.

Aber es gibt zum Glück auch positive Entwicklungen. Ein paar Medien halten sich tatsächlich zurück, etwa die dpa, die nicht auf die Begleitumstände von Williams’ Tod eingegangen ist. Eine bewusste Entscheidung, wie uns dpa-Sprecher Christian Röwekamp auf Anfrage mitteilte. Es habe “intensive Gespräche” gebeben, auch mit den Kollegen in den USA, woraufhin die Agentur beschlossen habe, “eine sehr zurückhaltende Linie zu fahren”.

Und die “Bild”-Zeitung nennt unter ihrem heutigen Artikel immerhin die Nummer der Telefon-Seelsorge. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass ihr wirklich etwas daran liegt, die Zahl der Nachahmer gering zu halten — ein paar Zeilen weiter oben beschreibt auch sie ganz ausführlich, wo und wie sich Williams das Leben genommen hat.

“NZZ” zieht blank

Jetzt hat auch die Schweiz ihren eigenen Sommerloch-Twitter-Porno-Skandal. Die “Neue Zürcher Zeitung” berichtete heute Morgen über …

Nach “Recherchen der NZZ”, heißt es dort, mache eine Sekretärin des Bundeshauses in ihrem Büro regelmäßig Nacktfotos von sich und veröffentliche diese auf ihrem Twitter-Profil.

Dass diese Bilder früher oder später jemand sehen könnte, mit dem sie beruflich zu tun hat, ist ihr bewusst. «Das Thema beschäftigt mich ständig», sagt die Frau, der auf Twitter über 11 000 Nutzer folgen, auf Anfrage. Da die Aufnahmen jedoch Teil ihres Privatlebens seien, sehe sie keinen Interessenkonflikt mit ihrer beruflichen Funktion.

Ob sie damit falschliegt, konnte die “NZZ” nicht sagen. Und auch sonst war sich die Zeitung offensichtlich nicht sicher, was sie der Frau nun eigentlich vorwerfen soll. Sie schreibt lediglich, dass “der Sachverhalt” nicht “ganz so einfach” sei — “immerhin sind auf den Bildern die Büroräumlichkeiten erkennbar”.

Das Eidgenössische Personalamt (EPA) wollte sich gegenüber der Zeitung nicht dazu äußern, weil jede Verwaltungseinheit die Regeln im Umgang mit den Sozialen Medien selbständig umsetze.

Das EPA verwies jedoch auf den Verhaltenskodex der Bundesverwaltung, der vorsieht, dass Angestellte auch im Privatleben darauf achten sollten, den guten Ruf und das Ansehen des Bundes nicht zu beeinträchtigen. Ob dies durch Nacktaufnahmen am Arbeitsplatz geschieht, ist eine Interpretationssache.

Ein von der “NZZ” zitierter Arbeitsrechtler hegt jedoch starke Zweifel daran, dass die Frau mit einer Kündigung rechnen muss:

«Es sei denn, der Arbeitgeber stuft die Tätigkeit als Sicherheitsrisiko ein» (…). Dies könnte der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zum Schluss kommt, die Angestellte könnte durch die Bilder erpressbar werden.

Die Schweizer Boulevardmedien jedenfalls fanden die Sache auch so skandalös genug und sprangen eifrig mit auf. Zum Beispiel die Online-Ausgabe des Gratisblatts “20 Minuten”:

Dass die Fotos “während ihrer Arbeit” veröffentlicht wurden, hatte die “NZZ” übrigens nie behauptet.

Und weil das Blatt auch weder den richtigen noch den Twitter-Namen noch sonst irgendwelche persönlichen Informationen der Sekretärin verraten hatte, begann sogleich die Jagd nach ihrer Identität — und natürlich: nach ihren Fotos.

Kleine Auswahl aus den Kommentaren bei “20min.ch”:

Auch die Journalisten wollten unbedingt mehr wissen, darum bat “20 Minuten” die Leser sogar um sachdienliche Hinweise:

Die “NZZ” versuchte zwar noch, die von ihr ausgelösten Wogen zu glätten…

… doch der Zwischenruf verhallte im tosenden Sturm der Sekretärinnenjäger.

Kurze Zeit später tauchten dann auch die ersten (halbherzig verpixelten) Fotos auf. Der Schweizer “Blick” zeigt sie online, inklusive abgekürztem Namen der Frau:

(Unkenntlichmachung von uns.)

Auch 20min.ch konnte nun endlich verkünden:

… und den Lesern in einer Klickstrecke die lang ersehnten Nacktfotos zeigen.

Inzwischen hat der “Skandal” einen eigenen Namen (natürlich: “Selfiegate”), der Account ist gelöscht, die Identität der “Porno-Sekretärin” weitestgehend bekannt, die ersten Politiker fordern die Kündigung der Dame und Journalisten wie Leser machen sich weiterhin empört aber sabbernd über die Fotos her. Und uns bleibt nur der Verweis auf den Schweizer Presserat, der mal geschrieben hat:

Auch Amtspersonen haben ein Recht darauf, dass ihre Privatsphäre respektiert wird. Wenn Medien darüber berichten, dass von einer solchen Personen Sexbilder im Internet abgerufen werden können, befriedigt das allenfalls die Neugier des Publikums. Ein schützenswertes öffentliches Interesse an solchen Informationen gibt es in der Regel nicht – selbst dann nicht, wenn die Amtsperson eine hohe Stellung hat oder prominent ist.

Mit Dank an Flavio F.

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