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Heidi Klums schwere Geburt

Jetzt wissen es alle: Heidi Klums viertes Kind hat die Welt erblickt — und das bereits am vergangenen Freitag, wie das Model auf seiner Homepage bekannt gibt. Drei Tage mussten sich die Medien in Ungewissheit wiegen, drei Tage gab es keinen Kommentar von der Familie, drei Tage schwankte die Promi-Presse zwischen Euphorie und Selbstzweifeln.

Schon am Freitag hatte das Celebrity Paparazzi-Magazin radaronline.com die Geburt gemeldet. In zwölf kurzen Zeilen verriet der Dienst Zeitpunkt der Geburt und den Namen des Babys. Quelle: unbekannt. Verlässlichkeit: gering.

Doch ein Internet-Gerücht ist ein Internet-Gerücht — also muss man die Leser schnell informieren. So sieht das zumindest die Redaktion von “Bild am Sonntag” und schickte prompt die ersten Geburtstagsglückwünsche:

BamS gratuliert zu Töchterchen Lou! Die Kleine soll Freitagnacht auf die Welt gekommen sein

Da nun ein deutsches Medium mit Millionenauflage berichtet hatte, durfte das Gerücht natürlich in die vermeintlich seriöseren Medien vordringen. So fand sich in der “Welt am Sonntag” diese Meldung:

Model Heidi Klum ist laut Medienberichten zum vierten Mal Mutter geworden. Das berichtete

“Unter Berufung auf amerikanische Internetseiten” kann man offenbar jedes Gerücht ins Blatt heben — vorausgesetzt, jemand anderes hat es vor einem getan.

Doch Heidi Klum ließ sich von dieser Eile nicht beeindrucken: Sie gab weder eine Bestätigung, noch ein Dementi heraus. Gleichzeitig widersprach zum Beispiel das Klatschblatt Usmagazine.com dem Bericht von radaronline, was die Redakteure von Bild.de in eine Sinnkrise stürzte. Wenn zwei unterschiedliche Meldungen im Internet kursieren, welcher soll man glauben?

Und so legte Bild.de am Sonntag nach:

Heidi Klum und Seal - Rätselraten um Heidis Baby

Darin hieß es:

Offiziell bestätigt hat das Topmodel das aber noch nicht. Mit Gerüchten auf Internetseiten “habe ich nichts zu tun”, steht auf Heidis Homepage. “Meine Anmerkungen finden ausschließlich hier statt und nirgendwo sonst.”

Dass die Autoren dieser Meldung nach anderthalb Tagen auf die Idee gekommen sind, auf Heidi Klums Homepage nachzusehen, ist zwar schon ein Fortschritt — mit dem Lesen haperte es aber etwas. Denn das zitierte Dementi hat mit der Geburt von Heidi Klums Tochter nichts zu tun. Wie man der Überschrift des Statements entnehmen kann, ging es nicht um die Geburt, sondern um Nachrichten auf Twitter, MySpace und Co. Dort hatte ein Virus Nachrichten mit angeblichen Videos von Heidi Klum verbreitet.

Ein Gerücht, ein gegenteiliges Gerücht und ein Dementi zu einer völlig anderen Geschichte. Wer denkt, daraus sei keine journalistische Meldung zu machen, arbeitet offenbar nicht für den ORF, die Münchner “Abendzeitung”, gala.de oder Focus.de, die sich (häufig über den Umweg der Nachrichtenagentur ddp) alle der Baby-Spekulationen von Bild.de und “Bild am Sonntag” anschlossen.

Den Vogel schoss freilich das “Hamburger Abendblatt” ab, indem es die Meldung noch etwas ausschmückte:

Doch bisher ist die Ankunft des Kindes offiziell nicht bestätigt. Auf ihrer eigenen Homepage dementiert Heidi Klum die Gerüchte um die Geburt und erklärt, sie habe keinen dieser Berichte bisher bestätigt. Alle aktuellen Informationen liefen ausschließlich über ihre offizielle Homepage.

Doch hatten die Redakteure des “Abendblatts” offenbar Hemmungen, bei Bild.de etwas abzupinnen, was alleine auf den Angaben eines US-Klatschmagazins beruhte. Also recherchierten sie nach googelten sie flüchtig und fanden tatsächlich eine Bestätigung für die Geburtsmeldung:

Der amerikanische Internetdienst RadarOnline.com berichtete exklusiv über die angebliche Geburt des vierten Klum-Sprösslings und auch Indien gratulierte via oneindia.in dem Model zur Geburt ihrer zweiten Tochter.

Woher ganz Indien das wohl wusste? Das “Abendblatt” hat den Bericht sogar verlinkt:

Supermodel Heidi Klum has become a proud mum for the fourth time, giving birth to her first daughter with husband Seal, according to reports. The supermodel welcomed baby Lou Samuel on Friday morning, according to RadarOnline.com.

(Supermodel Heidi Klum ist zum vierten Mal stolze Mutter geworden und hat nach Berichten ihre erste Tochter mit Ehemann Seal bekommen. Das Supermodel begrüßte Baby Lou Samuel am Freitagmorgen, berichtete RadarOnline.com)

Als Beleg für das Gerücht verwendet das “Abendblatt” die Wiedergabe des gleichen Gerüchts. Wie soll man das nennen? Möbius’sche Quellenvermehrung?

Gerdemann, Brigitte, Irre

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Präsentation: gewaltig. Beweislage: lausig”
(faz.net, Michael Eder)
Die ARD-Sportschau stellt Radprofi Linus Gerdemann aufgrund von Schwankungen bei den Hämoglobinwerten unter Dopingverdacht. Anti-Doping-Experte Klaus Pöttgen hält das für “absolut unseriös”: “Zwei solche Werte einfach in die Öffentlichkeit knallen, das geht nicht, das ist eine Katastrophe für den betreffenden Sportler.”

2. “Times Metro Desk Cancels All Newspaper, Magazine Subscriptions”
(observer.com, John Koblin, englisch)
Die Stadtredaktion der “New York Times” muss sich die Konkurrenzblätter auf Papier zukünftig selbst kaufen. Das eingesparte Geld soll für die Bezahlung von freien Journalisten verwendet werden.

3. “Tipps für Journalisten”
(stigma-videospiele.de)
Ein Dossier über “Killerspiele” für Journalisten, das “Autoren ein bisschen Recherchearbeit abnehmen und einige allgemeine Schwachstellen bei Artikeln” aufzeigen soll. “Ich hoffe, dass diese Ratschläge für den einen oder anderen eine Hilfe darstellen und vielleicht zu einer sachlicheren Berichterstattung über gewaltdarstellende Videospiele führen.”

4. “Perfide Aktion”
(epd.de, Katrin Schuster)
Katrin Schuster nennt die Aktion “Ohne Models” der Zeitschrift “Brigitte” eine perfide PR-Aktion, die “schon wieder die (und nur die)” treffe, “die in dieser Branche ohnehin keine Stimme haben, weil sie tatsächlich die seelenlosen, rechtlosen und charakterlosen Geschöpfe sind, die die Designer und Produzenten sich heranziehen”. Frauenzeitschriften wie die “Brigitte” seien jahrelang darum bemüht gewesen, “Frauen auf Stromlinienform zu trimmen – und dann werfen sie ihnen genau das vor.”

5. “Jamaika steht für Einfalt bei den Symbolfotos im Online-Journalismus”
(pottblog.de, Jens)
Abendzeitung.de, faz.net, stern.de und focus.de berichten mit den gleichen Symbolfotos über die Jamaika-Koalition im Saarland.

6. “IRREIRRE!”
(irreirre.tumblr.com)
Die Website irreirre.tumblr.com sammelt “irre” Schlagzeilen von Bild.de.

Blau, Ahmadinedschad, tz

6 vor 9

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1. Interview mit Wolfgang Blau
(carta.info, Doris Raßhofer)
Lesenswertes Gespräch mit dem Chefredakteur von zeit.de, Wolfgang Blau: “Die Leser lernen gerade, zu unterscheiden, welche Redaktion sauber zwischen Werbung und Journalismus trennt, wer am saubersten recherchiert, wer integer ist und wer nicht.”

2. “Reporter meldete Obama-Ehrung vorab”
(taz.de, Reinhard Wolff)
Peter Lindholm vermeldete die Verleihung des Friedensnobelpreises an Barack Obama schon am Freitagmorgen, Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe, in der Gratiszeitung “Metro”. “Er hatte es mit Hilfe der Liste der Gäste der Nobelgala, die am Tag nach der Preisverleihung stattfindet und zur persönlichen Huldigung des Preisträgers gedacht ist, selbst herausgefunden.”

3. “Irans Präsident ein jüdischer Konvertit?”
(nzz.ch, Kristina Bergmann)
Kristina Bergmann arbeitet die von “Daily Telegraph” ausgelöste Story, der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad “stamme aus einer jüdischen Familie”, auf. Ein Artikel, der auf bild.de unter dem Titel “Hat der Irre von Teheran jüdische Vorfahren?” stand, wurde wieder zurückgezogen.

4. “Offener Brief der User von torwart.de im Fall Burchert”
(torwart.de)
Fußball: Der von “Bild” als “Kopfball-Torwart-Trottel” bezeichnete Torhüter Sascha Burchert wird von Nutzern des Forums der Website torwart.de in Schutz genommen: “Sascha Burchert hat nach unserer Auffassung in den jeweiligen Spielsituationen alles getan, um die Gegentreffer zu verhindern und mit seinen beiden Flugkopfbällen nicht nur sein torhüterisches Können bewiesen, sondern auch vorbildlichen Einsatz für seine Mannschaft gezeigt.”

5. “tz: die nachrichtenfreie Zeitung”
(dirkvongehlen.de)
Dirk von Gehlen zeigt mit einem Bild eines Zeitungsaushangs der Münchner Boulevardzeitung “tz” den Trend auf, nicht mehr mit Nachrichten, sondern mit Ratgeber- und Servicethemen aufzumachen.

6. “Höchstrichterlicher Schutz für den Gastro-Journalismus”
(presseverein.ch/blog)
Ein Journalist, der 2001 am Weltwirtschaftsforum WEF “von der Polizei weggewiesen, und somit an der Ausübung seines Berufs gehindert” wurde, klagte dagegen und erhält nun Recht: “Die Strassburger Richter argumentierten, das Polizeigesetz erlaube Einschränkungen der Grundrechte nur für potenzielle Unruhestifter. Der Journalist habe nicht zu dieser Kategorie gehört. Die Schweiz muss dem Kläger nun gut 1500 Franken Schmerzensgeld zahlen.”

WAZ, Köhler, Gebrselassie

6 vor 9

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1. “Sonntagsredner telefonieren billiger”
(stefan-niggemeier.de)
Wie “der Handyvertragsverkäufer WAZ vom Vertrauen profitiert, das die Leser der scheinbar unabhängigen Redaktion ihrer Regionalzeitung” entgegenbringen.

2. Rede von Horst Köhler
(bundespraesident.de, Horst Köhler)
Anlässlich der Veranstaltung “60 Jahre Bundespressekonferenz” sprach der deutsche Bundespräsident zu Journalisten: “Sie starren gebannt auf sinkende Auflagen und einbrechende Werbebuchungen, und alles, was ihnen zur Abwehr einfällt, sind noch mehr Drama, noch mehr Personalisierung, noch mehr zur Schau gestellte Distanzierung von der Welt der Politik. Ich glaube, es gibt einen anderen Weg, und ich bin froh, dass er aufgezeigt wird von Leuten aus der Branche selbst.”

3. “Eine Minute für den Quellencheck”
(journalistik-journal.lookingintomedia.com, Thomas Schnedler)
“Zeitnot und Arbeitsverdichtung beherrschen den redaktionellen Alltag, Journalisten verzichten auf Überprüfungsrecherchen und aufwändige Recherche-Methoden, die rasche Verarbeitung von PR-Informationen ersetzt journalistische Kerntätigkeiten. Wie die Recherche unter die Räder gerät – ein Überblick.”

4. “Visionen für Tageszeitungen in der Krise”
(ymc.ch/weblog, Kai Krämer)
Kai Krämer ist dafür, keine Zeit für das Umformulieren von Agenturmeldungen zu verschwenden: “Kein Supermarkt käme auf die Idee, die vom Grosshändler bezogenen Äpfel einzeln zu polieren. Ganz ähnlich sollten Journalisten eingekauften Content behandeln.”

5. “Angst spielt mit”
(merkur.de, Tilmann P. Gangloff)
Drehbuchautor Benedikt Röskau sieht den Fehler im Fall Heinze im System: “Die Konzentration der Entscheidungen in den Sendern auf die Führungsebene, die alles absegnen muss und die Redakteure praktisch entmachtet, hat den Fall Heinze erst ermöglicht. Hätten die Redakteure wie früher selbst Entscheidungskompetenz, wäre das viel schwieriger gewesen”

6. “Auf dem Schulweg trafen wir häufig auf Hyänen”
(zeit.de, Ralph Geisenhanslüke)
Der Weltrekordhalter im Marathon, Haile Gebrselassie, erzählt aus seinem Leben: “Mit elf Jahren baute ich mir mein eigenes kleines Haus. Eine Hütte aus Holz und Lehm. Ich baute mein eigenes Bett, mit einer weichen Matratze aus Gras. Normalerweise schliefen wir auf Tierhäuten.”

Schöner Schnüren mit der Berliner Sparkasse

Bevorzugtes Zahlungsmittel im Ausland, sicherer als Bargeld, weltweite Akzeptanz – von den Vorteilen einer Kreditkarte sind bereits heute viele überzeugt.

Toll, so eine Kreditkarte, nicht wahr? Aber: Wo kriegt man so ein Teil? Viele versuchen ihr Glück im Schreibwarenladen, weil es dort auch Glückwunschkarten gibt, andere gehen in den Buchhandel, weil man dort Straßenkarten bekommt, wieder andere versuchen es – ebenso vergeblich! – beim Kartenvorverkauf an der Theater- oder Kinokasse.

Völlig falsch! Aber zum Glück gibt es ja die “B.Z.”, die auf ihrer Internetseite Aufklärung betreibt:

Für unterwegs: Berliner Sparkasse schnürt Reisepakete

Zusätzlich zum Girokonto und zum Girokonto Comfort hat die Berliner Sparkasse zwei Reisepakete im Angebot.

“Das Reisepaket ist für 2 Euro 50 im Monat erhältlich. Es enthält eine Classic-Kreditkarte, mit der weltweit bargeldlos bezahlt werden kann. Ein weiterer Pluspunkt ist die kostenlose Bargeldabhebung im Ausland mit der SparkassenCard”, erklärt Susanne Klein von der Berliner Sparkasse. Neben der Guthabenverzinsung enthält das Reisepaket einen Reise-BuchungsService mit Kostenrückerstattung auf den Reisepreis in Höhe von 3 Prozent.

“Gibt’s denn so was nicht auch bei anderen Banken?”, fragen sich da vielleicht einige Leser, aber auch die können überzeugt werden: Mit dem “Reisepaket Gold”, das “noch mehr Extras” bietet, z.B. eine “attraktive Guthabenverzinsung”. Oder mit den “mehr als 25 Millionen Akzeptanzstellen in über 200 Ländern” und den “mehr als 762.000 Geldautomaten im In- und Ausland”, an denen die Kreditkarten der Berliner Sparkasse “übrigens” gelten. Toll, was? Auch alles noch mal nachzuhören im Podcast der Berliner Sparkasse, direkt eingeklinkt in den Artikel der “B.Z.”, und nachzulesen auf der Internetseite der Berliner Sparkasse, die natürlich direkt verlinkt ist.

Wenn in dem Artikel von “unseren Kooperationspartner” die Rede ist, bei denen man Geld sparen kann, dann ist das nur vordergründig verwirrend, denn natürlich sind es keine Kooperationspartner der “B.Z.”, die damit gemeint sind. Es sind die der Autorin des Textes:

01. Oktober 2009 13.21 Uhr, Berliner Sparkasse

Und diese Frau Sparkasse hat nicht nur diesen einen B.Z.-Online-Artikel geschrieben. Im Archiv finden sich ganze 22, wortgleich für jeden verdammten Berliner Bezirk einzeln:

Bezirk Prenzlauer Berg, Bezirk Pankow, Bezirk Neukölln, Bezirk Mitte, Bezirk Marzahn, Bezirk Lichtenberg, Bezirk Kreuzberg, ...

Natürlich könnte man die Texte, die aussehen wie redaktionelle Inhalte, angekündigt werden wie redaktionelle Inhalte und über die Suche im “B.Z.”-Archiv zu finden sind, für redaktionelle Inhalte halten. Aber dann hätte man vermutlich einfach das kleine Wort “Anzeige” übersehen, das in jedem Artikel das dazugehörige Foto (“Ihre Filiale der Berliner Sparkasse finden Sie auch …”, “Foto: Berliner Sparkasse”) Weiß auf Grau ziert:

Anzeige

(Abbildung verkleinert)

Mit Dank an Götz N.

Nachtrag, 9. Oktober, 13:50 Uhr: Na sowas! Statt “Für unterwegs” lauten die Dachzeilen über den Artikeln plötzlich etwas anders:

Anzeige: Berliner Sparkasse schnürt Reisepakete

Heddesheim, Matthäus, Hombach

6 vor 9

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1. “Blog statt Zeitung”
(evangelisch.de, Miriam Bunjes)
Miriam Bunjes porträtiert Hardy Prothmann, der auf heddesheimblog.de Lokaljournalismus in seiner Heimatstadt Heddesheim betreibt. Kritischen Journalismus: “So etwas fehlt hier völlig. Politische Entscheidungen werden unter dem Tisch getroffen. Berichterstattung darüber gibt es keine.”

2. “Bruch mit europäischen Freiheitstraditionen”
(perlentaucher.de, Matthias Spielkamp)
“Umfassende Leistungsschutzrechte wie Hubert Burda, Springer und FAZ sie gern hätten, wären das Ende der Informationsfreiheit.”

3. Interview mit Axel Bruns
(boell.de, Jan Engelmann)
Lob aus Australien für die deutsche Medienlandschaft, von Medienforscher Axel Bruns: “Gegenüber den besonders in den Jahren nach dem 11. September ja geradezu gleichgeschalteten privaten Massenmedien in den USA oder gegenüber dem Medienoligopol einer streng begrenzten Zahl marktbeherrschender Anbieter in Australien zeichnen sich deutsche Medien in durchaus wohltuendem Maße durch Vielfalt und Pluralismus ab.”

4. “Die Liaison von ‘Bild’ und Matthäus”
(ndr.de, Video, 4:18 Minuten)
Auch das Medienmagazin “Zapp” beschäftigt sich mit der engen Beziehung zwischen “Bild” und Lothar Matthäus (siehe auch “Die Matthäus-Obsession”). Gleich dreimal gesendet wird dieser Satz von Matthäus: “In jedem anderen Land wird jemand, der so viel für den Sport, für den Fußball oder generell was gemacht hat, wird ganz anders gewürdigt wie in Deutschland.”

5. “Die Angst vor dem Kontrollverlust”
(zeit.de, Susanne Gough)
Ob Basketball, Football oder Eishockey – in den Profiligen der USA herrschen Nutzungsverbote von elektronischen Kommunikationsmedien. “Betroffen sind jedoch nicht nur Sportler. Auch Trainer und alle für die Spiele relevanten Personen, wie zum Beispiel Team-Ärzte, müssen sich an das Verbot halten. Die Profiligen fürchten die Veröffentlichung von Insider-Informationen.”

6. “Offener Brief an Bodo Hombach”
(blog.handelsblatt.de/indiskretion, Thomas Knüwer)
Späte Reaktionen auf das Internet-Manifest werden veröffentlicht. Von Journalistik-Professoren und auch von Bodo Hombach, WAZ-Verlagsmanager. Thomas Knüwer antwortet Hombach ausführlich und lädt ein zur Diskussion: “Seit Jahren gelingt es Veranstaltern von Diskussionen nicht, hochrangige Verlagsmanager auf ein Podium mit Kritikern zu bringen. Stattdessen bleiben Verlagsvertreter in ihrer Komfortzone und treffen sich auf Branchenveranstaltungen in Fulda, wo ihnen Pseudo-Innovationen präsentiert werden, die Jahre hinter dem Stand der Technik liegen.”

Und falls Sie auch gerne mal kotzen möchten…

Was macht eigentlich der Fußballer Lukas Podolski? So kurz vor dem vermutlich wichtigsten Nationalelf-Spiel des Jahres kann man dieser Frage schon mal nachgehen. “Bild” kommt dabei zu einer ganz erstaunlichen Neuigkeit (die, so darf man vermuten, auch noch ziemlich exklusiv ist, woanders jedenfalls war dieser Scoop noch nicht zu lesen).

Unter dieser Überschrift wird die Neuigkeit behandelt, dass Podolski mit einem auffälligen Kleidungsstück in den Kreis der Mannschaft einrückte. Das Motiv auf seinem Pulli ist, Sie ahnen es, ein sich übergebender Clown. Und natürlich mag man als Leser dann auch wissen, woher man solch ein exklusives Stück bekommen kann. Bild.de hat da ganz den Servicegedanken verinnerlicht und beschreibt detailliert:

Aktuell heißt es also, dass Podolski sich das Shirt “gekauft” habe. Das war nicht den ganzen Tag so — und es ist natürlich reine Spekulation, ob die frühere Version (nämlich, dass Poldi das gute Stück als Werbeträger geschenkt bekommen hat) der Wahrheit nicht näher kommt. Da hieß es nämlich bei Bild.de ebenso wie in der gedruckten “Bild”:

In jedem Fall ist die Preisangabe von “Bild”  ein wenig, nunja, euphemistisch. Tatsächlich bewegt sich, wie ein Blick in den verlinkten Shop zeigt (der gleich mit dem Foto von Poldi aufmacht), das Preisniveau schon eher in fußballprofigerechten Dimensionen: 398 Euro sind fällig, das gute Stück ist nämlich aus Kashmir. Und wer dann immer noch nicht restlos überzeugt ist von den Qualitäten des kotzenden Clowns, des Labels und der vertreibenden Firma, dem sagt es Poldi auch nochmal ganz persönlich mit gewohnt eindringlichen Worten:

“Ich finde den Laden cool.”

Ach, Sie vermissen was? Einen Vermerk wie “Anzeige” oder ähnliches? Nicht lange suchen — Sie werden ihn nicht finden.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

DJV-Umfrage, Quality, Sonneborn

6 vor 9

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1. “DJV-Umfrage Freie Journalisten”
(frei.djv-online.de)
Eine Umfrage des Deutschen Journalistenverbands (DJV) unter 2000 freien Journalistinnen und Journalisten ist online (PDF-Datei).

2. “Nur für geladene Gäste”
(taz.de, Steffen Grimberg)
“Die LBBW Stuttgart spricht nur mit handverlesenen Journalisten. Dabei ist sie kein privates Geldinstitut, sondern Deutschlands größte Landesbank.”

3. “Micropayments im Online-Journalismus”
(carta.info, Robert G. Picard)
“Mit Journalismus im Netz Geld zu verdienen, verlangt daher mehr als einfach nur zu sagen: ‘Okay, wir nehmen jetzt mal Geld dafür’. Man muss die ganze Wertschöpfungskette, die gesamte Art, wie Inhalte erzeugt und angeboten werden, überdenken. Und vor allem, sich mit der Frage beschäftigen: ‘Was hat der Leser davon?’ – Eine Frage, die bislang kaum vorkam.”

4. “Boykottiert Quality!”
(print-würgt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris kritisiert das Magazin “Quality” von Constantin Rothenburg, das sich offenbar sehr viel Zeit lässt mit der Ausbezahlung von Honoraren.

5. “England-Spiel nur im Internet”
(tagesspiegel.de, Annegret Ahrenberg)
Fußball: Das WM-Qualifikationsspiel zwischen England und der Ukraine wird in Großbritannien erstmals nur im Internet zu sehen sein. Verlangt dafür wird 4.99 Pfund, umgerechnet etwa 5.20 Euro. “Wer erst am Samstag bucht, zahlt 11.99 Pfund für das Spiel.”

6. Interview mit Martin Sonneborn
(meedia.de, Alexander Becker)
Ex-“Titanic”-Chefredakteur Martin Sonneborn ist nicht sauer auf den WDR. “Nein, ich bin nur irritiert, dass hier rund 250.000 Euro GEZ-Gebühren in den Sand gesetzt wurden.” Sonneborn wurde in die Sendung “Zimmer frei” eingeladen – nun musste er erfahren, dass die Sendung “inhaltlich” nicht den WDR-Maßstäben genügte und deshalb nicht ausgestrahlt wird.

“Sehr exklusiv”

Bei einem Artikel, der mit den Worten “Mainz im Ausnahmezustand!” beginnt, erwartet vielleicht der eine oder andere Leser dramatischere Vorkommnisse als den Aufenthalt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in einem Hotel. Doch um nichts anderes geht es Bild.de heute unter der Überschrift:

“So schön wohnt die Nationalelf in Mainz”.

Besonders relevante Informationen sind das nicht, aber auch sie müssen irgendwoher kommen. Zum Beispiel von der Website des Luxushotels “Hyatt Regency Mainz”, auf die Bild.de sogar mit einem Textlink verweist. Von dort stammen auch die Fotos des Hotels in einer Bildergalerie, in der korrekt vermerkt wird:

BILD_hyatt_fotonachweis

Nicht vermerkt wird allerdings, dass sich auch der Artikel selbst großzügig bei Hyatt.de bedient:

Hyatt.de Bild.de
Das Hyatt Regency Mainz liegt am Rheinufer in der zentralen Rhein-Main-Gegend. Die historische Altstadt und berühmte Museen sind nur wenige Schritte entfernt. Das Hyatt Regency, das einzige 5-Sterne-Hotel in Mainz, liegt am Rhein-ufer unweit der Altstadt, sehr exklusiv.
Die 268 Gästezimmer verfügen über eine moderne Ausstattung und das Neueste an Komfort und Technik, so etwa großzügige Schreibtische mit High-Speed-Internetzugang, (…) Zimmerservice rund um die Uhr. Die 268 Gästezimmer verfügen über modernste Ausstattung mit High-Speed-Internetanschluß, Zimmerservice rund um die Uhr.
Das großzügige Badezimmer verfügt über eine Badewanne, eine separate begehbare Dusche sowie einen flauschigen Bademantel. [Beschreibung des King Zimmers] Ein Bademantel liegt für jeden Spieler bereit.
Das Hyatt Regency Mainz integriert die historische Festung Fort Malakoff aus dem 19. Jahrhundert in seine großzügige und moderne Architektur. [Beschreibung Mainz Hotel] Im Hotel ist die historische Festung Fort Malakoff aus dem 19. Jahrhundert in seiner großzügigen und modernen Architektur integriert.
Die Einrichtungen im Club Olympus verschaffen nach einem anstrengenden Tag die nötige Entspannung für Körper und Geist. [Beschreibung Fitnesscenter] Abwechslung bietet der Club Olympus. Entspannung pur für Körper und Geist mit verschiedenen Massagen.
Das historische Fort Malakoff verbindet die moderne Architektur des Hyatt Regency Mainz mit einem Stück Stadtgeschichte. [Beschreibung Veranstaltungsräume] Stellt schon was dar: Das Hyatt Regency, das Historisches, wie die Festung Fort Malakoff, mit moderner Architektur verbindet [Text in der Bildergalerie]

Zieht man im Artikel mal alle Sätze ab, in denen sich “Bild”-Autor Günter Nicklas von den Hyatt-Werbetexten “inspirieren” ließ, verbleibt als Eigenleistung von Bild.de nicht viel mehr als:

BILD zeigt: So schön wohnen unsere Fußball-Helden um Philipp Lahm und Co. (…)

Alles nobel, nobel. (…)

Was soll bei solch tollen Bedingungen da noch am Samstag schief gehen?

Nachtrag, 7. Oktober.
Wir haben “Bild” unterschätzt. Aus der werblichen Selbstdarstellung eines Hotels hat die Redaktion nicht nur einen Bild.de-Text gemacht, sondern auch einen gleichlautenden Artikel von stattlicher Größe in der Mainzer Ausgabe der gedruckten Zeitung (siehe Ausriss links).

Mit Dank an Eta C. sowie Schorsch und Nina!

Hamburger Verklärung, Murdoch, Russ

6 vor 9

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1. “Hamburger Verklärung”
(print-würgt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris findet es absurd, wenn Verlage an den Einnahmen von Google beteiligt werden wollen. Dieser Logik nach müsste auch Adidas als Hersteller von Fußbällen an den Einnahmen von Fußballclubs wie dem HSV beteiligt werden. “Man kann es ganz kurz halten: Google verdient Geld mit einem guten, beliebten Produkt – der Suche – und die Verleger verdienen im Moment nicht so viel Geld, weil sie kein auch nur annähernd so beliebtes oder gutes Produkt im Internet anbieten.”

2. Porträt von Rupert Murdoch
(vanityfair.com, Michael Wolff, englisch)
Verleger Rupert Murdoch kann eine komplexe Druckmaschine auseinandernehmen, doch sein Interesse an Digitaltechnologie tendiert gegen Null. “Murdoch’s abiding love of newspapers has turned into a personal antipathy to the Internet: for him it’s a place for porn, thievery, and hackers.”

3. Interview mit Eugen A. Russ
(persoenlich.com, Matthias Ackeret)
Eugen A. Russ musste mit dem gescheiterten Gratiszeitungsprojekt “.ch” einen Verlust “im siebenstelligen Bereich” hinnehmen. Was die Digitalisierung von Prozessen angeht, sei die Medienbranche “im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen” rückständig. “Obwohl vieles heute technisch möglich ist, ist unsere Branche in weiten Bereichen zurückgeblieben.”

4. “Die Angst des Torwarts vor ‘Bild'”
(blogmedien.de, Horst Müller)
Horst Müller ärgert sich über die “Bild”-Schlagzeile “Herthas Torwart Trottel”. “Das hat mit Journalismus überhaupt nichts zu tun – das ist die Verbreitung von Stammtischparolen auf unterstem Niveau zu Lasten eines 19jährigen, der sich selbst kaum wehren kann und dem möglicherweise auch niemand aus dem Verein beistehen wird.”

5. “Schlechtester Text seit immer”
(11freunde.de, Dirk Gieselmann)
Fußball: Dirk Gieselmann nervt die Zuspitzung mit dem Wort “seit”: “Reporter schleppen Leitz-Ordner voller ‘Seit’-Statistiken in ihre Kabinen und feuern sie in Salven ab: Das war der kürzeste Einwurf seit zweieinhalb Tagen! Schon seit einer Minute kein Tor mehr! Ding seit Bums! Bla seit Bla!”

6. “Wochenzeitung für Deutsche in der Schweiz”
(kleinreport.ch)
In der Schweiz startet am 6. November die “Deutsche Wochenzeitung Schweiz”. Verlagsleiter und Chefredakteur Ole Glausen: “Wir möchten integrativ tätig sein, die Deutschen näher an die Menschen in ihrer neuen Wahlheimat heranführen.”

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