Suchergebnisse für ‘Klima’

Babyfotos mit Nazi-Symbolen, Žižeks Assange-Appell, Late-Night-Handwerk

1. Kein Filter für Rechts
(correctiv.org, Alice Echtermann & Arne Steinberg & Celsa Diaz & Clemens Kommerell & Till Eckert & viele weitere)
Über einen Zeitraum von mehreren Monaten hat “Correctiv” untersucht, wie sich die rechte Szene auf Instagram vernetzt, und hat dazu rund 4.500 Accounts analysiert. Eine unbedingt lesenswerte Recherche, die zeigt, wie geschickt und planvoll dort hinsichtlich Propaganda und Neurekrutierung vorgegangen wird. Lohnenswert ist auch ein Blick in den Begleitartikel “So sind wir vorgegangen”, in dem genau beschrieben wird, wie die Datenrecherche im Einzelnen erfolgte.

2. Sie töten ihn langsam
(freitag.de, Slavoj Žižek)
Der Philosoph Slavoj Žižek vertritt im “Freitag” eine klare Haltung. Wer über den Umgang mit dem Wikileaks-Gründer Julian Assange nicht reden wolle, möge über Menschenrechtsverletzungen weltweit schweigen: “Die Kräfte, die seine Rechte verletzen, sind dieselben Kräfte, die den effektiven Kampf gegen die Erderwärmung und die Pandemie verhindern. Es sind die Kräfte, derentwegen die Pandemie die Reichen noch reicher macht und die Armen am stärksten trifft. Es sind die Kräfte, die rücksichtslos die Pandemie ausnutzen, um unsere sozialen und digitalen Räume zu regulieren und zu zensieren. Kräfte, die uns schützen, aber auch vor unserer Freiheit.”

3. Die Welt braucht Worte
(sueddeutsche.de, Judith Wittwer)
Anlässlich des 75. Geburtstags der “Süddeutschen Zeitung” blickt “SZ”-Chefredakteurin Judith Wittwer auf die vergangene und die bevorstehende Zeit. Der digitale Wandel habe dem Journalismus neue Möglichkeiten eröffnet, doch die klassische Zeitung bleibe wichtig: “Sie hält sich neben dem hoch getakteten digitalen Programm, weil Beschleunigung die Entschleunigung als Gegenstück hat, das Tempo die Muße, das Video das ruhende Bild. Das Scrollen auf kleinen Bildschirmen ersetzt nicht das Blättern in einer Zeitung. Die Seite-Drei-Reportage oder das Buch Zwei lesen viele noch immer mit Vorliebe auf Papier.”

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4. Die Qualität der Berichterstattung über Wissenschaft
(de.ejo-online.eu, Senja Post)
Ob Luftverschmutzung, Klimawandel oder Corona-Pandemie – Wissenschaftsthemen finden in letzter Zeit viel Beachtung. Senja Post ist Professorin für Wissenschaftskommunikation an der Universität Göttingen und wünscht sich zur Qualitätssicherung der Berichterstattung eine entsprechende wissenschaftliche Beobachtung: “Hierzu sollten Themen, die ein hohes Maß an Medienaufmerksamkeit auf sich gezogen haben, in passgenauen, repräsentativen Fallstudien regelmäßig wissenschaftlich analysiert und anschließend diskutiert werden. Dies würde die Qualität der Wissenschaftsberichterstattung vermutlich langfristig erhöhen, den Wert eines qualifizierten Wissenschaftsjournalismus stärken und einen Beitrag dazu leisten, gesellschaftliche Debatten um Umwelt, Technologie und Wissenschaft zu depolarisieren und zu versachlichen.”

5. Die interaktiven Storyteller
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Isabelle Klein, Audio: 6:59 Minuten)
Instagram ist nicht nur ein Ort für extrovertierte Social-Media-Junkies und Narzissten, sondern auch eine Plattform für Wissensvermittlung und Journalismus. Gerade junge Nutzerinnen und Nutzer holen sich ihre Informationen oft von dort. Die “Tagesschau” erreicht bei Instagram zum Beispiel mehr als zwei Millionen Menschen. Selina Bettendorf hat einen Leitfaden für Instagram-Journalismus entworfen und verrät, worauf es bei der Berichterstattung auf der Plattform ankommt.

6. Ringlstetter: “Late Night ist scheißschwieriges Handwerk”
(dwdl.de, Senta Krasser)
Moderator, Kabarettist, Musiker und Schauspieler Hannes Ringlstetter lädt im bayrischen Dritten seit vier Jahren Talkgäste in seine Sendung “Ringlstetter” ein. Nun hat er ein neues, zusätzliches Talkformat im Ersten bekommen. Senta Krasser hat sich mit Ringlstetter unter anderem über die Schwierigkeiten des Late-Night-Formats unterhalten und über die Frage, wie schwer es ist, den richtigen Ton für den Stand-up-Anteil zu finden: “Es hilft dir nicht, was wir am Anfang auch getan haben, die besten Late Night-Autorinnen und -Autoren einzukaufen, wenn das, was sie dir für die 20 Minuten vorne zusammenschreiben, mit dem bricht, wofür du als Präsentator stehst.”

Amerikanische Katastrophe, Unzulässige Bilder, Jabadabaduuuu!

1. Die Fairness aufgegeben
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers)
Anfang der Woche ist das Buch “Im Wahn. Die amerikanische Katastrophe” des ehemaligen “Spiegel”-Chefredakteurs Klaus Brinkbäumer und des Dokumentarfilmers Stephan Lamby erschienen. Im Interview mit dem Deutschlandfunk spricht Lamby über die Entwicklung der US-amerikanischen Medien. Bis zum Jahr 1987 habe die “fairness doctrine” gegolten, nach der bei politischen Kontroversen immer auch die Gegenseite gehört werden solle. In den Jahren der Deregulierung sei dies aufgegeben worden, mit schädlichen Auswirkungen bis in die Gegenwart: “Diese Entwicklungen, die da 1987/88 etwa ihren Anfang nahmen, die sehen wir in voller Blüte heute, so dass da nicht nur Republikaner und Demokraten gegeneinanderstehen, sondern auch ‘Fox News’ und ‘CNN’. Das ist wirklich mit Händen zu greifen im Moment.”
Weiterer Lesehinweis: Die US-Korrespondenten des “Spiegel” haben sich die erste TV-Debatte zwischen Donald Trump und Joe Biden angeschaut: Der Schreikampf (spiegel.de, Roland Nelles & Marc Pitzke).

2. Artikel über Scheidung von Anke Engelke nur ohne Bilder zulässig
(urheberrecht.org)
Die “Bild”-Zeitung und Bild.de hatten über das Scheidungsverfahren der TV-Unterhalterin und Schauspielerin Anke Engelke berichtet und dabei auch Fotos verwendet, die auf dem Weg zum Amtsgericht geschossen wurden. Letzteres sei laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs unzulässig: Die Bilder würden nicht zum Bereich der Zeitgeschichte gehören, sondern seien Teil der Privatsphäre.

3. “Die ARD gibt selbst fürs Wetter mehr aus als für Dokumentarfilme”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Freie Doku-Produzentinnen und -Produzenten hätten in Hessen so gut wie keine Chance, ihre Arbeiten bei der dortigen ARD-Tochter unterzubekommen. Im Gespräch mit “DWDL” erklären zwei langjährige Dokumentarfilmer die für sie unbefriedigende Situation: “Der HR ist der einzige ARD-Sender, der eine sehr strikte Eigenproduktionspolitik fährt. 97 Prozent aller Produktionen des HR stammen direkt aus dem Haus. Freie Dokumentarfilmer oder Nachwuchsfilmer kommen so überhaupt nicht zum Zuge. Das ist kein Zufall, sondern die erklärte Politik des Hauses, die auch vom Rundfunkrat abgesegnet ist. Für uns Dokumentarfilmer ist das existenzbedrohend, gerade jetzt in der Coronakrise.”

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4. Arktis statt Aktien, Dürre statt Dividende: Initiative will ARD-Sendung “Börse vor acht” ersetzen
(klimafakten.de, Nick Reimer)
Eine Gruppe von Klima-Aktivisten will die Börseninformationen im Ersten kurz vor der “Tagesschau” durch Klima-Berichterstattung ersetzen. Das Crowdfunding für eine Testausgabe war äußerst erfolgreich: Statt der ursprünglich anvisierten 20.000 Euro seien mehr als 40.000 Euro zusammengekommen. Nun werde eine sechsteilige Testreihe produziert. Dass diese dann auch bei einem ARD-Sender ausgestrahlt werde, sei eher unwahrscheinlich, aber darum gehe es auch nicht: “Wir wollen zeigen, was gute Klimaberichterstattung ist – und dass es geht.”

5. Forschung, Strategie, Umsetzung: Wie sich der SPIEGEL für junge Leser*innen verändert
(medium.com/@devspiegel)
Nachdem der “Spiegel” mit seinem Jugendportal “Bento” gescheitert ist, unternimmt er einen neuerlichen Versuch, die junge Zielgruppe zu erreichen: “Spiegel Start” heißt das neue “Service- und Orientierungsangebot rund um Ausbildung, Studium und Berufseinstieg”, das in dieser Woche anläuft. Im hauseigenen Entwicklerblog verraten die Macherinnen und Macher, welche Analysen und Überlegungen sie im Vorfeld angestellt haben.

6. Jabadabaduuuu!
(sueddeutsche.de, Fritz Göttler)
Fritz Göttler erinnert an die erste Zeichentrickfilmserie, die es ins US-amerikanische Primetime-Fernsehen schaffte: “The Flintstones” (in Deutschland: “Familie Feuerstein”). Sie wurde von den Animationskünstlern William Hanna und Joseph Barbera entwickelt, die zuvor bei MGM lange Zeit “Tom und Jerry” betreut hatten. Die Serie war in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich, und vielen klingt Fred Feuersteins Urschrei noch heute in den Ohren: “Jabadabaduuuu!”

Die Mär von der “Superspreaderin”, Unnötige “Coronadrehs”, Bedenken

1. Die angebliche Superspreaderin von Garmisch
(tagesschau.de, Andrej Reisin & Patrick Gensing)
In einigen Medien war plakativ von einer “Superspreaderin” die Rede: Eine in Deutschland lebende US-Amerikanerin habe nach der Rückkehr aus einem Griechenland-Urlaub unzählige Menschen mit Corona infiziert. Doch ganz so einfach ist es nicht, wie Andrej Reisin und Patrick Gensing recherchiert haben. Es sei “bislang keine Infektion in Garmisch-Partenkirchen nachweislich auf die Frau zurückzuführen, die von Behörden, Politik und Medien seit Tagen ‘Superspreaderin’ genannt wird. Fragwürdig erscheint in diesem Zusammenhang das Verhalten des Landrats und einiger Medien, die die Verantwortung für den Anstieg der Zahlen eines ganzen Landkreises ohne Beweise dem Verhalten einer jungen Frau anlasten.”

2. Nicht alles braucht einen Coronadreh
(taz.de, Marlene Knobloch)
Zwei Kulturwissenschaftler von der Universität Passau haben die Spezialsendungen von ARD und ZDF zur Corona-Pandemie analysiert. Die Berichterstattung sei zu negativ, zu dramatisierend, zu häufig gewesen, so ihr Fazit. Marlene Knobloch überlegt, wie eine andere Corona-Berichterstattung gelingen kann. Ihr erster Tipp: “Nicht jeder Artikel braucht einen ‘Coronadreh’. Porträts und Reportagen zu anderen Themen funktionieren gut ohne den Hinweis auf die schreckliche Zeit, in der wir aktuell leben.”

3. Wie sich die “Berliner Zeitung” entwickelt hat
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:02 Minuten)
Ein Jahr ist es her, dass die “Berliner Zeitung” vom Unternehmerpaar Silke und Holger Friedrich übernommen wurde. Das Blatt hatte zuvor turbulente Zeiten und einige Eigentümerwechsel durchgemacht, von Gruner+Jahr über Holtzbrinck und den britischen Medieninvestor David Montgomery bis zur Mediengruppe Dumont. Und auch der Verkauf an die Friedrichs habe die Zeitung nicht unbedingt in ruhige Fahrwasser gebracht, wie Deutschlandfunk-Korrespondentin Claudia van Laak berichtet.

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4. Karriere und Journalismus: “Im Medienbereich denken viele über einen Plan B nach”, Teil 1
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Andrea Huss war lange Zeit in leitenden Positionen bei verschiedenen Verlagen beschäftigt und ist jetzt unter anderem als Businesscoach tätig. Im Gespräch mit dem “Fachjournalist” erzählt sie, wie Medienleute sich angesichts der aktuell schwierigen Zeiten neu aufstellen können. Dabei geht es um die innere Haltung, aber auch um praktische Vorschläge.

5. Bedenken in Bellevue
(sueddeutsche.de, Georg Mascolo & Ronen Steinke)
Im Juni wurde das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität beschlossen, doch mehrere Experten haben Zweifel an Ausführung und Umsetzung. Es bestehe sogar die Möglichkeit, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Gesetz die notwendige Unterschrift verweigert – wegen verfassungsrechtlicher Bedenken.

6. »Die Wahrheit liegt allein in der Wahrheit«
(spektrum.de, Christiane Gelitz)
Der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens (“Terra X”, ZDF) hat eine klare Haltung, was den Umgang mit Coronavirusleugnern anbelangt: “Wir dürfen unsere Zeit nicht mit Idioten verschwenden, nicht bei der Klimakrise, nicht beim Artensterben, nicht bei der Corona-Krise. Die Probleme sind zu groß und zu wichtig. Wir müssen überlegen, wann wir die Schulen aufmachen und wo wir Mundschutz tragen sollten. Dazu kann man auch verschiedener Meinung sein. Dass das Coronavirus nicht existiere oder harmlos sei, kann man allerdings nicht als Meinung gelten lassen.” Wo will man die Grenze ziehen? Wie lässt sich über Verschwörungserzählungen berichten? Und wie würde Steffens mit Menschen aus seinem privaten Umfeld umgehen, die derlei Mythen anhängen? All das sind Themen, über die Steffens mit “Spektrum”-Redakteurin Christiane Gelitz gesprochen hat.

Drohende Diskursverschiebung, Der ewige Döpfner, Südtirols Pestizide

1. Warnung vor der Diskursverschiebung
(deutschlandfunkkultur.de, Dieter Kassel, Audio: 10:46 Minuten)
Ein Kommentar einer Deutschlandfunk-Korrespondentin zur Situation im Flüchtlingslager Moria sorgte in den vergangenen Tagen für viel Empörung. Silke Hasselmann hatte unter anderem gesagt: “Nun gehen Fotos von Kindern um die Welt, die nach dem Brand des Lagers Moria auf dem Straßenasphalt schlafen. Doch zumindest solange der begründete Verdacht im Raum steht, dass einige Lagerbewohner nicht nur die Löscharbeiten behindert, sondern die Feuer selbst gelegt haben, darf Deutschland niemanden von dort herholen.” Im Deutschlandfunk hat sich der zuständige Abteilungsleiter Friedbert Meurer hinter seine Korrespondentin gestellt: Man wolle die Meinungsvielfalt wiedergeben. Der Historiker Jürgen Zimmerer hält dies für ein schwaches Argument und warnt vor einer Diskursverschiebung. Zehn Hörminuten, die sich für die Einordnung des Falls unbedingt lohnen. Hinweis in eigener Sache: Der “6 vor 9”-Kurator hat diese Textpassage bereits bei Twitter analysiert und kommentiert.
Weiterer Hinweis: Mittlerweile hat auch Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien Stellung bezogen und das Vorgehen des Senders verteidigt. Auf Twitter kommentiert “FAZ”-Journalist Patrick Bahners in einem Thread: “Unglaublich, aber wahr: Nach einem Tag interner Generaldebatte lautet das Fazit von Chefredakteurin Birgit Wentzien: Es soll im Interesse des ‘Clashs’ der Meinungen noch mehr Kommentare geben, an denen sich Hörer ‘reiben’, mehr Kommentare wie den von Silke Hasselmann.”

2. Wiederwahl: Mathias Döpfner bleibt BDZV-Präsident
(dwdl.de, Alexander Krei)
Trotz verlagsübergreifender Empörung über die menschenverachtende Berichterstattung aus Solingen der “Bild”-Redaktion und einer öffentlichen Rüge des Presserats für den Artikel über eine vermeintlich “grob falsche” Corona-Studie wurde Springer-Chef Mathias Döpfner für weitere vier Jahre zum Präsidenten des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger gewählt. “Übermedien”-Mitbetreiber Boris Rosenkranz kommentiert auf Twitter mit einer Prise Sarkasmus: “Die Zeitungsverleger*innen in Deutschland sind so sauer auf ‘Bild’ und wie die da so arbeiten, dass sie heute den Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner erneut zum Präsidenten ihres Verbands gewählt haben. Einstimmig.”

3. Die Reise als Medium
(journalist.de, Kristina Wollseifen)
Das freiberufliche Reporterpaar Theresa Leisgang und Raphael Thelen hat sich Gewaltiges vorgenommen: einmal um die ganze Welt und dabei über die Klimakrise berichten. Ein kühner Plan, der einiges an logistischer Vorausplanung und finanziellen Reserven erfordert. Und ein Vorhaben, das durch das Coronavirus wahrlich nicht einfacher wird. Doch die beiden lassen sich nicht von ihrem Vorhaben abhalten, wie man auf Instagram sehen kann.
Weiterer Lesehinweis: In der Rubrik “Floskel des Monats” geht es beim Fachmagazin “journalist” um das berühmt-berüchtigte “Wetterchaos”.
Weiterer Hörhinweis: Im Podcast “Was mit Medien” sprechen Daniel Fiene und Sebastian Pähler mit dem Wettermoderator der ARD: Karsten Schwanke, wie können Medien besser über das Klima berichten? (Audio: 51:16 Minuten)
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4. Dilemma bei Tchibo
(taz.de, Svenja Bergt)
Die Bedingungen bei der Produktion von Smartphones bieten vielerlei Ansätze für Kritik – was die ökologischen Aspekte anbelangt, aber auch was die ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse bei der Beschaffung der Rohstoffe sowie bei der Herstellung betrifft. Nun bringt ein großer deutscher Kaffeeröster ein fair produzierte Smartphone in die Läden. Svenja Bergt erklärt, was daran aus ihrer Sicht gut ist und was weniger gut.

5. Können Umweltschützer in Europa künftig Missstände anprangern und ihre Meinung frei äußern?
(twitter.com/BR_quer, Video: 5:04 Minuten)
Die Provinz Südtirol ist für ihre spektakuläre Landschaft bekannt und auch für ihre ausgedehnten Apfelplantagen. Diese werden nach Meinung von Umweltschützern mit viel zu viel Pestiziden behandelt. Nun habe Südtirol zwei Kritiker des übermäßigen Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln verklagt, einen bayrischen Journalisten und einen Umweltexperten. “Niemand legt sich mit den Bauern an. Und wer dies doch tut, kann danach auswandern”, so das bittere Fazit eines der beiden Angeklagten.
Passend dazu ein Gespräch mit dem Agrarreferenten des Vereins Umweltinstitut München aus dem Jahr 2019, der den Pestizideinsatz als einen “Beitrag zum Insektensterben” kritisiert (deutschlandfunk.de, Britta Frecke, Audio: 4:24 Minuten).

6. “Mittwoch ist ein ganz normales Wort”
(spiegel.de, Stefanie Witterauf)
Noch den heutigen Tag über lässt ein großer deutscher Wörterbuchverlag über das “Jugendwort des Jahres” 2020 abstimmen. Zur Auswahl stehen Begriffe wie “lost”, “Digga” und “cringe”, aber auch einfach nur “Mittwoch”. Warum sollte ausgerechnet ein Wochentag zum “Jugendwort des Jahres” gekürt werden? Und was hat ein Frosch damit zu tun? Der “Spiegel” hat sich mit dem Einreicher des Vorschlags unterhalten, der auch für das Meme-Projekt “Stramme Memes” verantwortlich ist.

(K)ein Böhmermann-Interview, Ein Mann wie ein Schrang, Löwenherz

1. Böhmermann veröffentlicht umstrittenes FAZ-Interview auf Twitter
(welt.de)
Jan Böhmermann hat der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” ein großes Interview gegeben, das der Herausgeber Jürgen Kaube unmittelbar vor Drucklegung aus dem Blatt gestrichen haben soll. Böhmermann reagierte mit einem offenen Brief bei Twitter (“Sowas habe ich wirklich noch nicht erlebt”). Warum die “FAS” das Interview gestrichen hat, ist derzeit nicht bekannt.
Update: Kurz vor Mitternacht postete Jan Böhmermann das Interview als 73-teiligen Twitter-Thread. Medienrechtler Markus Kompa fragte sogleich keck: “Wird die FAZ nun ihr Urheberrecht an den Interviewfragen einfordern …?”
Weitere Lesehinweise: Besprechungen des gerade erschienenen Böhmermann-Buchs gibt es unter anderem beim “Spiegel” (Der Robert Habeck der linken Twitterblase, Jonas Leppin) und bei der “Süddeutschen Zeitung” (Früher fand ich mich mal gut, Quentin Lichtblau).

2. Liebe Medien, hier sind 199 unserer Klima-Themenideen, die ihr einfach klauen könnt
(krautreporter.de, Rico Grimm & Isolde Ruhdorfer)
Derzeit wird viel über den medialen Umgang mit der Klimakrise diskutiert. Am Montag wiesen wir in den “6 vor 9” auf die Bemühungen der “taz” hin, besser übers Klima zu schreiben, und auf den Kampf des ZDF-Wettermoderators Özden Terli gegen Klimawandel-Leugner. Gestern ging es in den “6 vor 9” um die Forderung einiger Klima-Aktivisten nach einem neuen Format vor der “Tagesschau”: “#Klima vor 8” (deutschlandfunk.de, Annika Schneider).
Nun haben sich die “Krautreporter” des Themas angenommen: “Liebe Medien, hier sind 199 unserer Klima-Themenideen, die ihr einfach klauen könnt. Ernst gemeint. Nehmt sie, und macht was draus.”

3. Bild Boykott: Wie werden wir die Bild-Zeitung los?
(youtube.com, Sarah Bosetti, Video: 5:40 Minuten)
“Nichts hilft gegen die ‘Bild’-Zeitung. Unsere Empörung ist ihr Frühstück. Unsere Sensationslust ist ihr Viagra. Nichts hilft – außer sie zu ächten.” Die Kabarettistin Sarah Bosetti fragt sich: “Wie werden wir die ‘Bild’-Zeitung los, und ist ein ‘Bild’-Boykott der richtige Weg?”
Weiterer Lesehinweis: In seiner “Medienmacher”-Kolumne bei der “Berliner Zeitung” fragt Kai Hinrich-Renner: Wie sehr wackelt der “Bild”-Chefredakteur?

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4. RTL-Chefredakteure räumen ein: “Wir haben Fehler gemacht”
(uebermedien.de, Jürn Kruse & Boris Rosenkranz)
Nicht nur die “Bild”-Redaktion, sondern auch RTL wurde für die unethische Berichterstattung aus Solingen kritisiert, bei der aus privaten Chat-Nachrichten eines Minderjährigen in einer Extremsituation zitiert wurde. Die offiziellen Statements des Senders klingen relativ kühl und uneinsichtig, intern sei der Vorfall jedoch “intensiv diskutiert und analysiert” worden.

5. Nichts zu dumm, aber alles geheim
(mission-lifeline.de, Felix M. Steiner)
Heiko Schrang ist ein Verschwörungsideologe, der auf seinem Youtube-Kanal regelmäßig seine rund 180.000 Abonnenten mit allerlei Abwegigkeiten und rechtem Unsinn versorgt. Wer ist dieser dauergebräunte “bekennende Buddhist”? Und was unterscheidet Schrang vom Standard-Hetzer rechter Couleur? Felix M. Steiner berichtet über die bizarre Figur: “Wenn man nicht sonderlich anfällig für den Quatsch ist, den Schrang erzählt, ist er ein verdammt lustiges Kerlchen. Bei Schrang ist immer alles ‘geheim’, wird immer die wahre Wahrheit verbreitet oder der ‘Wahnsinn’ hinter den Plänen der Eliten offengelegt. Und das alles gemischt mit einem kräftigen Schuss esoterischem Quatsch auf dem Niveau der Kalendersprüche, die ich früher immer in der Küche meiner Großeltern lesen durfte.”

6. Eklat im Traditions-Verlag Kampfsportler als Boss vorgestellt – dann wird’s turbulent
(mopo.de, Thomas Hirschbiegel)
Die Geschichte liest sich wie eine Mischung aus April-Scherz und Seifen-Oper: Die Verlegerin Alexandra Jahr stellt ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den neuen starken Mann im Haus vor: den Kampfsportler Ardalan Sheikholeslami (Spitzname: das “persische Löwenherz”). Was dann passiert, ist verstörend schön, jedenfalls unter Trash-Gesichtspunkten, aber für die Belegschaft ein ziemlicher Graus. Eine unbedingte Leseempfehlung für alle, denen auch Netflix-Serien wie “Tiger King” gefallen haben.

Döpfner absetzen, Zeitungssterben, Polizeilicher Korpsgeist kommt zu Fall

1. Döpfner beim Wort nehmen – und absetzen
(uebermedien.de, Jürn Kruse)
In seinem Kommentar zur unethischen Solingen-Berichterstattung von “Bild” und RTL lenkt Jürn Kruse den Blick auf das große Ganze. Dazu gehört der Mann, der der Zeitungsbranche als Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) vorsteht: der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner. “Wenn der Rest der Branche wirklich so empört ist über das, was ‘Bild’ unter Reichelt treibt, dann sollten die Kolleg*innen nicht die Verantwortung nach unten delegieren, auf die Reporter*innen, sondern nach oben. Sie sollten Döpfner beim Wort nehmen, auf die eigenen Verlegerinnen und Verleger einwirken, dass sie Verantwortung übernehmen – und sich einen neuen BDZV-Präsidenten suchen.”

2. Brauchen wir eine zentrale Medien-Beschwerdestelle?
(radioeins.de, Daniel Bouhs, Audio: 4:02 Minuten)
Beim Presserat seien mittlerweile mehr als 160 Beschwerden wegen der Solingen-Berichterstattung der “Bild”-Redaktion eingegangen, zur Berichterstattung von RTL seien beim zuständigen Kontrollorgan hingegen gar keine eingegangen (Update: inzwischen sollen es zwei sein). Wie ist das zu erklären? Und brauchen wir vielleicht eine zentrale Medien-Beschwerdestelle? Medienjournalist Daniel Bouhs sieht akuten Handlungsbedarf: “Damit wir alle mit Beschwerden helfen können, dass Medien gut kontrolliert und gerügt werden, wenn sie so in die Schüssel greifen wie jetzt BILD und RTL, braucht es eine und vor allem auch eine sichtbare Beschwerde-Zentrale für unsere Medienlandschaft.”

3. Bauer setzt schachmatt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Das Zeitungssterben hat beängstigende Auswirkungen: Gerade in strukturschwachen Räumen gebe es oftmals “Einzeitungskreise” – das sind Regionen, die von einer einzigen Zeitung mit Nachrichten beliefert werden. In bestimmten Regionen würden sogar “Keine-Zeitung-Kreise” drohen. Steffen Grimberg berichtet über die bedenkliche Marktkonzentration und Marktaufteilung durch Verlagskooperationen und Aufkäufe.

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4. Aktivisten fordern neues Format vor der “Tagesschau”
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:04 Minuten)
In einer Petition samt Crowdfunding setzt sich die Projektgruppe “#Klima vor 8” für mehr Klimaberichterstattung ein: “Wir fordern, in den fünf Minuten vor der Tagesschau abwechselnd zu ‘Börse vor 8’ eine Sendung auszustrahlen, die sich den Themen Umwelt-, Klimaschutz und Nachhaltigkeit widmet – wir fordern #Klima vor 8!” Nachdem das notwendige Geld eingesammelt wurde, sollen nun Pilotfolgen gedreht werden, die man dem Sender vorlegen wolle. Der Deutschlandfunk hat sich umgehört, wie die Aktion bei Experten und Senderverantwortlichen ankommt.

5. “Wir müssen den Leuten zuhören”
(journalist.de, Ute Korinth)
Ute Korinth hat sich mit dem US-amerikanischen Medien-Experten Jeff Jarvis unterhalten. In dem Interview geht es vor allem um die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Journalismus. Von staatlichen Subventionen für die angeschlagene Medienbranche hält Jarvis wenig: “Ich glaube, das ist gefährlich. Und hier muss ich nochmal auf die Unterschiede bezüglich des Marktes, der Regierung und der Kultur zu sprechen kommen. In den vergangenen Jahren, als die Leute gesagt haben, der Staat sollte die Medien hier in Amerika unterstützen, habe ich darauf eine Zwei-Wort-Antwort gegeben: Donald Trump. Es läuft mir ein kalter Schauer den Rücken herunter, wenn ich daran denke, dass er die Kontrolle über das Geld und das Schicksal von Medien hat. Als Antwort für meine europäischen Freunde, die sagen, wir haben ZDF und BBC, habe ich zwei Worte: Boris Johnson.”

6. Fotograf bringt mit seinen Aufnahmen Polizisten in Bedrängnis
(berliner-zeitung.de, Alexander Schmalz)
Der Foto- und Videograf Julian Stähle erlitt gleich doppeltes polizeiliches Unrecht: Zunächst wurde er während seiner Arbeit von Polizisten verletzt und danach wegen angeblichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt. Sein Glück, dass die Speicherkarte seiner (zerstörten) Kamera die ihn entlastenden Beweisbilder konserviert hatte. So konnten die Aufnahmen vor Gericht gezeigt werden – mit drastischen Konsequenzen für den Fortgang der Verhandlung: “Als die Bilder im Gericht gezeigt wurden, soll bei den Polizisten sofort die Stimmung gekippt sein, berichteten Zeugen. Als Stähles Anwalt daraufhin kritische Fragen stellte, brach der Beamte, der seinen Kollegen gedeckt hatte, im Zeugenstand zusammen. Der Polizist musste mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden. Der Fotograf wurde freigesprochen.”

Die Akte Richard Schmitt, Die Methoden von “Spiegel TV”, “Rums”

1. Die Akte Richard Schmitt
(kobuk.at, Helge Fahrnberger)
Der ehemalige Chefredakteur von Krone.at und aktuelle Chefredakteur von Oe24.at Richard Schmitt ist für seine tendenziöse und fehlerhafte Berichterstattung bekannt. Als Helge Fahrnberger, Leiter des Medienwatchblogs “Kobuk”, Schmitts Arbeitsweise in einem vergleichsweise harmlosen Tweet kritisierte, verklagte dieser ihn wegen angeblicher Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung. Doch Fahrnberger setzte sich erfolgreich zur Wehr und nutzt nun die Gelegenheit, einige der “journalistischen Höchstleistungen des Richard Schmitt” vorzustellen. Eine Chronik des journalistischen Grauens, nach deren Lektüre man sich mehr denn je fragt, wie ein Mann mit einem derartigen Berufsverständnis den Weg zum Gericht antreten konnte.

2. “Spiegel TV” schmückt sich mit fremden Mord­drohungen – und lässt den Bedrohten im Stich
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Soeben von der Paywall befreit und unbedingt lesenswert: Stefan Niggemeier berichtet über einen jungen Libanesen, der dem Fernsehmagazin “Spiegel TV” bei Recherchen und Dreharbeiten in Beirut geholfen hat und nun um sein Leben und seine Existenz fürchten muss – während sich die Redaktion mit einer an ihn gerichteten Morddrohung schmückt. “Ich kann nicht beschreiben, wie enttäuscht ich bin. Ich hasse jeden Tag, den ich mit ‘Spiegel TV’ verbracht habe, und bereue es.”

3. Vogelfrei
(message-online.com, Camila Weiss Franco)
Freie Journalisten und Journalistinnen haben es in Corona-Zeiten besonders schwer: überall wird gespart, verkleinert und gekürzt. Sie sind den Sparmaßnahmen der Redaktionen relativ schutzlos ausgeliefert. Camila Weiss Franco über die prekäre Lage der Freien, die vielfach ohne weitere Jobs nicht überleben können, und die Notwendigkeit besserer Honorare sowie krisenfester Tarifverträge.

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4. Schon entdeckt? RUMS
(mmm.verdi.de, Bärbel Ruben)
Die Medienlandschaft in und um Münster wird von einem Verlagshaus dominiert, das im Besitz beider örtlichen Tageszeitungen ist. Doch der Platzhirsch hat seit einigen Monaten Konkurrenz: Mit dem Digitalangebot “Rums” versorgt ein engagiertes Team die Leserinnen und Leser mit Nachrichten aus der Region und stärkt die publizistische Vielfalt. Nach einer ausgedehnten kostenlosen Phase wird das Angebot nun kostenpflichtig.
Transparenzhinweis: Die “Rums”-Redaktion wird von Ralf Heimann und Katrin Jäger geleitet. Ralf Heimann ist auch BILDblog-Autor und hat bei uns beispielsweise die Serie “Kleine Wissenschaft des Fehlers” über die Fehlerkultur in den Medien veröffentlicht.
Weiterer Hörhinweis: Der Deutschlandfunk hat sich mit “Rums”-Redakteurin Katrin Jäger unterhalten: Konkurrenz für die Münsteraner Tageszeitungen (deutschlandfunk.de, Christopher Ophoven, Audio: 5:41 Minuten).

5. “Die Dimension der Krise ist gewaltig”
(journalist.de, Catalina Schröder)
Das Fachmagazin “journalist” hat sich mit Dirk Steffens unterhalten, einem der bekanntesten Wissenschaftsjournalisten Deutschlands. Das Interview ist empfehlenswert, da es einige Kernprobleme und aktuelle Kernthemen des Wissenschaftsjournalismus anspricht, und Steffens kein Blatt vor den Mund nimmt. Es geht unter anderem um den Umgang mit Klimawandel-Leugnern, die Tücken der Pro-und-Contra-Berichterstattung und das Label des “Umweltaktivisten”, das man ihm gelegentlich verpasse und das er für sich ablehne: “Eine Politikjournalistin, die sagt: Natürlich bin ich für die Demokratie und Meinungsfreiheit, würde man ja auch nicht als Aktivistin bezeichnen, nur weil sie Diktaturen blöd findet.”

6. So überwacht Amazon seine Beschäftigten in den USA
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Amazon ist nicht nur Onlineversandhändler, sondern vertreibt unter eigener Marke auch Lesegeräte für elektronische Bücher und intelligente TV-Sticks. Außerdem bietet das Unternehmen die Infrastruktur für Cloud-Computing und ist mit Prime Video selbst zum Medienplayer avanciert. Ein neuer Bericht des Open Markets Institute schildert, auf welche Weise Amazon in den USA mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgeht. Der Internationale Gewerkschaftsbund habe Amazon-Chef Jeff Bezos zum “schlechtesten Arbeitgeber der Welt” gekürt. Eine nachvollziehbare Entscheidung, wenn man liest, wie die Firma ihre Angestellten behandelt.

Studie kritisiert Sondersendungen, Twitternde Abgeordnete, Radiopreis

1. Studie kritisiert Sondersendungen von ARD und ZDF
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:42 Minuten)
Wissenschaftler der Universität Passau haben über 90 Corona-Nachrichtensondersendungen von ARD und ZDF ausgewertet und in ihrem Fazit die Sender deutlich kritisiert. Hauptkritikpunkte: In der Berichterstattung sei ein permanentes Krisen- und Bedrohungsszenario vermittelt worden, außerdem seien die Regierungsmaßnahmen zu wenig hinterfragt worden. ARD und ZDF weisen die Kritik zurück.
Weiterer Lesehinweis: Haben ARD und ZDF die Corona-Angst geschürt? Sender wehren sich gegen Medienstudie (rnd.de, Imre Grimm).

2. “Für junge Kollegen ist Corona eine Katastrophe”
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Der 68-jährige Helge Timmerberg gilt als einer der schillerndsten Reiseschriftsteller Deutschlands. Der Journalist und Autor zahlreicher Bücher ist für seine subjektiven Reisereportagen in Ich-Form bekannt (“Gonzo-Journalismus”). Welche Eigenschaften sollte man als Reisejournalist mitbringen? Was sollte man vermeiden? Wie wirkt sich Corona auf den Reisejournalismus aus? Im Magazin “Fachjournalist” gibt Timmerberg Antworten auf all diese Fragen und beklagt die zunehmende Konkurrenz: “Im Prinzip fühlt sich jeder zum Reisejournalisten berufen, alle möglichen Leute schreiben von unterwegs, jeder kann reisen, Fotos und Texte fabrizieren. Das ist eine Riesen-Konkurrenz für uns ausgebildete Journalisten. Social Media ist ein Grab für den Journalismus.”
Weitere Guckempfehlung: Noch mehr Helge Timmerberg gibt es zum Beispiel in diesem Videointerview von “Weltwach TV” aus dem Jahr 2018 (Erik Lorenz, 1:39 Stunden).

3. Wer wir sind und was wir wollen
(medieninsider.com, Marvin Schade & Matthias Bannert)
Mit “Medieninsider” startet heute ein neues, unabhängiges Informationsangebot für Medienschaffende. Hauptaufmacher (aber hinter der Paywall): ein Bericht über die Dreharbeiten einer Amazon-Doku über “Bild”. Hinter dem “Medieninsider” stehen mit Marvin Schade (früher unter anderem bei “Meedia”) und Matthias Bannert (früher unter anderem bei “Bild”) zwei Kenner der Branche.

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4. Boom für die Gaming-Branche in der Pandemie
(spiegel.de)
Es gibt nicht nur Corona-Verlierer: Die Pandemie hat der Gaming-Branche einen wahren Boom beschert. Immer mehr Deutsche verbrächten seit Beginn der Corona-Krise mehr Zeit mit Videospielen und gäben dafür auch mehr Geld aus. Das habe jedenfalls eine Umfrage des Digital-Branchenverbandes Bitkom ergeben. Demnach hätten mehr als 55 Prozent der Befragten erklärt, mehr zu spielen als zu Vor-Corona-Zeiten. Die deutsche Spielewirtschaft profitiere davon jedoch nur wenig. Lediglich fünf Prozent des Umsatzes stamme von deutschen Spieleherstellern.

5. Erste Nominierungen für den Deutschen Radiopreis stehen fest
(meedia.de)
Am 10. September wird in Hamburg der Deutsche Radiopreis 2020 verliehen. Die Veranstaltung werde von mehr als 50 deutschen Radiosendern übertragen, komme jedoch coronabedingt ohne Gala und ohne Gäste aus. Die unabhängige Jury des Grimme-Instituts hat bereits die ersten Nominierungen bekanntgegeben in den Kategorien “Beste*r Newcomer*in”, “Beste Innovation am Morgen”, “Beste Programmaktion”, “Beste Reportage” sowie “Bestes Nachrichten- und Informationsformat”.

6. Die kleine Welt des Populismus
(de.ejo-online.eu, Gerret von Nordheim)
Gerret von Nordheim und Jonas Rieger haben untersucht, zu welchen Themen Bundestagsabgeordnete auf Twitter Links teilen, und das ist recht spannend, insbesondere, was das Social-Media-Verhalten von AfD-Zugehörigen betrifft. Bei ihnen gehe es vor allem um die vier Kernthemen Migration, Kriminalität, Rechtsextremismus und Minderheiten. Viele andere Themenbereiche wie Daten-, Klima- und Umweltschutz oder Fragen des Mietmarktes spielen in AfD-Tweets, die auf Medieninhalte verweisen, keine Rolle.

Hochgekochtes Satirevideo, Namensnennung, Kotzender Kühnert

1. Polizisten als Mörder: Wie “Bild” aus einer Satire einen ARD/ZDF-Skandal macht
(rnd.de, Imre Grimm)
Ein rund zweieinhalbminütiges Satire-Video beim öffentlich-rechtlichen Jugendportal Funk zum Thema Rassismus bei der Polizei lässt die Emotionen hochkochen. Imre Grimm hält das Filmchen nicht für besonders gelungen, aber daraus ein Generalversagen von ARD und ZDF abzuleiten, sei falsch: “Der Clip ist blöd und beleidigend. Ihn aber – wie mancher Zeuge der Anklage – als weiteren Baustein einer linksgrünmedialen Diffamierungskampagne gegen die Polizei zu brandmarken, schießt weit über das Ziel hinaus.”

2. RBB schafft Sommerinterview-Reihe ab
(sueddeutsche.de)
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) kassierte wegen seines weitgehend unkritischen Sommerinterviews mit Brandenburgs früherem AfD-Chef Andreas Kalbitz viel Kritik. Nun stellt der Sender seine Sommerinterview-Reihe mit brandenburgischen Spitzenpolitikern ein.
Weiterer Lesehinweis: “Das Sommerinterview des RBB mit Andreas Kalbitz sorgte für einen Skandal. Nun hat der MDR den nächsten AfD-Rechtsaußen eingeladen: Björn Höcke. Und will alles besser machen.” Anne Hähnig und Martin Machowecz fragen in der “Zeit”: “Gehört er ins Fernsehen?”

3. Mit Verlaub: Ich kotze im Strahl.
(twitter.com, Kevin Kühnert)
Der SPD-Politiker Kevin Kühnert hat der Newsseite “Watson” ein Interview gegeben, aus dem sich die “Welt”-Redaktion einen Teilaspekt herausgepickt und zugespitzt hat (genauer: eine dpa-Überschrift weitergedreht hat). Entsprechend frustriert reagiert Kühnert auf Twitter: “Wenn der Versuch, differenzierte Antworten zu geben, in solch bewusstem Missverstehen mündet, dann braucht sich niemand wundern, dass Politiker*innen in Interviews nur Blabla von sich geben.” Kühnert weiter: “Diese ‘Zuspitzung’ ist leider auch ein erneutes Beispiel für das verbreitete Desinteresse an politischen Inhalten. Wer mit wem? Wer gegen wen? Welche Koalition hätten’s denn gern? Welches Ministerium wollen Sie führen? Das alles klickt sich leider besser als Steuern/Rente/Klima.”

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4. So geht die tagesschau mit der Nennung von Namen in Gerichtsprozessen um
(blog.tagesschau.de, Marcus Bornheim & Helge Fuhst & Juliane Leopold)
“Tagesschau” und “Tagesthemen” gelten als “Dokumente der Zeitgeschichte”, wodurch den Sendungen eine besondere Verantwortung in der Berichterstattung zukommt: Sie dürfen unbegrenzt online gestellt werden und bleiben unter Umständen Jahrzehnte sichtbar. Ein besonders sensibler Bereich ist die Nennung von Namen in Berichten über Gerichtsprozesse. Für den Verzicht auf Namensnennung kann der Schutz des Persönlichkeitsrechts sprechen, aber auch das Bestreben, sich von einem Angeklagten nicht instrumentalisieren zu lassen, wie ein aktueller Fall zeige. Die Chefredaktion von ARD-aktuell schreibt über das Spannungsfeld dieses Teilbereichs ihrer Arbeit.

5. Aktivisten wollen Facebooks Falschmeldungs-Spreader “bändigen”
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
Die Online-Bewegung Avaaz hat zahlreiche Facebook- und Webseiten untersucht, die falsche oder irreführende Informationen zu medizinischen Themen verbreiten. Avaaz fordert Facebook auf, nicht nur Warnhinweise, sondern auch Richtigstellungen zu veröffentlichen. Studienautor Christoph Schott dazu: “Facebook hat bis heute jenen Nutzerinnen und Nutzern keine spezifischen Korrekturen angezeigt, die die Falschinformation gesehen hatten, dass es als Covid-19-Test ausreiche, zehn Sekunden die Luft anzuhalten. Das ist schon grob fahrlässig aus unserer Sicht.”

6. Vom Newsroom zum Newszoom
(deutschlandfunk.de, Samira El Ouassil, Audio: 3:44 Minuten)
Coronabedingt sind derzeit viele Newsrooms verwaist. Wie kann unter diesen Bedingungen Journalismus gelingen? Können virtuelle Treffen das persönliche Gespräch ersetzen? Samira El Ouassil hat eine einfache Antwort: “Journalismus wird nicht an Orten gemacht, sondern von Menschen”. Außerdem erzählt sie die hübsche Anekdote, wie sie einmal in einem vollbesetzten Newsroom einen O-Ton vom Konsul von Georgien einholen wollte, aber jemanden aus den USA an der Strippe hatte …

Red Bull kappt Flügel, Fachwörter vermeiden, Junger Journalismus

1. Red-Bull-Boss hat keine Lust mehr auf “Addendum”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz startete vor drei Jahren das Medium “Addendum”. Nun hat der österreichische Milliardär anscheinend die Lust an dem Projekt verloren und stellt die Aktivitäten der Plattform ein. In einer offiziellen Mitteilung heißt es dazu: “Der Grund dafür ist, dass es trotz erheblichen Mitteleinsatzes und einer Reihe erfolgreicher und relevanter Rechercheprojekte insgesamt nicht gelungen ist, die Zielsetzungen der Stiftung in ausreichendem Maß zu erfüllen und Dietrich Mateschitz beabsichtigt, die von ihm unterstützen journalistischen Aktivitäten stärker auf lösungsorientierte Projekte jenseits der politischen Alltagsauseinandersetzungen zu konzentrieren.” Von der Stilllegung seien 57 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen.

2. Radikaler als das Mutterschiff
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
“Spiegel” und “Zeit Online” haben lange Zeit versucht, die Generation der sogenannten Millenials über spezielle Medienangebote zu erreichen. Der “Spiegel” mit seinem Portal “Bento”, “Zeit Online” mit dem Online-Magazin “Ze.tt”. Beide Medienhäuser stellten ihre Aktivitäten inzwischen ein und auch andere Mitbewerber gaben auf. Aurelie von Blazekovic fragt sich, ob und wie der junge Journalismus überleben kann.

3. Wissenschaftlicher Jargon: Fachwörter vermeiden – oder besser ganz drauf verzichten?
(klimafakten.de, Claudia Wiggenbröker)
Forschungspublikationen wie die Berichte des Weltklimarats IPCC seien für Laien oft nur schwer verständlich. Man bräuchte fast eine Promotion im jeweiligen Fachgebiet, um die Texte wirklich verstehen zu können, so das vernichtende Ergebnis einer Untersuchung zur Lesbarkeit von IPCC-Texten. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben sich mit der Frage beschäftigt, wie sich komplexe Themen besser vermitteln lassen. Vereinfachung dürfe jedoch nicht zu Vergröberung führen.

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4. Branchenüblicher Vergütungssatz nicht identisch mit vertraglich angebotener Lizenz
(urheberrecht.org)
Der Bundesgerichtshof hat zur sogenannten Lizenzanalogie beim Schadensersatz geurteilt. Hintergrund: Ein Unternehmen hatte auf seiner Website einen Stadtplanausschnitt verwendet, ohne im Besitz der Rechte dafür zu sein, und war dafür vom Rechteinhaber abgemahnt worden. Dieser habe als Schadensersatz eine Jahreslizenz in Höhe von 820 Euro angesetzt, doch konnte sich mit dieser Forderung nicht durchsetzen. Im Rahmen der Lizenzanalogie dürfe nicht einfach der Betrag verlangt werden, welchen der Urheber für eine Lizenz vertraglich verlange. Der Urheber müsse beweisen, dass sich dieser Preis am Markt durchgesetzt habe.

5. Messengerdienst führt Tool zur Bekämpfung von Fake News ein
(zeit.de)
Laut “Guardian” testet WhatsApp ein neues Tool zur Bekämpfung von “Fake News”. Nachrichten, die zuvor mehr als fünfmal weitergeleitet worden seien, würden mit einem Symbol gekennzeichnet, das eine Suchanfrage bei Google auslöse. Dahinter stecke die Absicht, die Weiterleitung von viralen Falschnachrichten einzudämmen.

6. Streaming mit höherem Risiko
(faz.net, Thomas Herrig)
Mit Sooner ist ein neuer Streamingdienst gestartet, der sich, im Gegensatz zu den Platzhirschen Netflix, Amazon Prime und Disney, auf europäische Produktionen fokussieren will, darunter auch Kurzfilme und Dokumentationen aus der Arthouse- und Independent-Szene. Aktuell enthalte das Angebot rund vierzig Serien und zweitausend Filmtitel.

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