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Die Rügen-Könige aus dem Axel-Springer-Hochhaus

Im Axel-Springer-Hochhaus in Berlin klirren gerade die Champagnergläser. Julian Reichelt dreht an seinem Arbeitsrechner Queens “We Are The Champions” noch ein Stück lauter, Freddie Mercurys Stimme knarzt aus den kleinen Lautsprecherboxen. Die Mitarbeiter von “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de sind zusammengekommen. Sie liegen sich in den Armen und pusten Luftschlangen durch den großen Newsroom. Denn die große “Bild”-Familie hat es mal wieder geschafft: Sie sind die Nummer eins, unangefochten in ganz Deutschland, ein weiterer Grund, mächtig stolz auf sich zu sein. Alle drei Rügen, die der Deutsche Presserat in seiner letzten Sitzung verteilt hat, gehen an “Bild”-Medien.

***

Jeweils eine Rüge bekamen “Bild am Sonntag” und Bild.de für ihre Berichterstattung über das Attentat vor und im Münchener Olympia-Einkaufszentrum. Konkret geht es um das Zeigen von Fotos der teilweise noch minderjährigen Opfer:


Der Presserat schreibt dazu:

Der Ausschuss kritisierte, dass beide Veröffentlichungen Fotos zeigten, die ohne Einwilligung der Hinterbliebenen veröffentlicht worden waren. Einige Opfer waren minderjährig. Es handelt sich um einen schwerwiegenden Verstoß gegen Richtlinie 8.2. des Kodex, nach der die Identität von Opfern besonders zu schützen ist. Die Hinterbliebenen der Verstorbenen sollten nicht unvermittelt mit Fotos ihrer toten Angehörigen konfrontiert werden. “Nicht alles, was in sozialen Netzwerken verfügbar ist, darf auch ohne Einschränkung veröffentlicht werden. Die eigene Darstellung, z. B. in einem Facebook-Profil, bedeutet nicht zwingend eine Medienöffentlichkeit”, sagte die Vorsitzende des Ausschusses 2, Katrin Saft.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Dass die “Bild”-Medien dazu diametral entgegengesetzte Ansichten haben, kann man täglich in den vielen “Bild”-Regionalausgabe und bei Bild.de beobachten.

Der Presserat beschäftigte sich übrigens auch mit Beschwerden zur Berichterstattung über den Täter von München. Im Veröffentlichen der Fotos, die ihn zeigen, und Nennen seines Namens sah das Gremium allerdings keinen Verstoß gegen den Pressekodex:

Die Tat in München hatte ein großes öffentliches Interesse ausgelöst und Fragen nach dem Motiv und nach den Hintergründen der Tat aufgeworfen. Das öffentliche Interesse am Täter ist höher zu bewerten als der Schutz der Persönlichkeit nach Ziffer 8 des Kodex, die Darstellung war presseethisch akzeptabel, urteilte der Beschwerdeausschuss.

***

Die dritte Rüge ging an Julian Reichelts Bild.de, womit er “Bild”-interner Rügen-König wurde. Sein Portal berichtete im Mai über einen Messerangriff in einem Dortmunder Kaufhaus. Bild.de zeigte ein Video, in dem das Opfer neben einer Blutlache auf dem Bauch lag, das Messer steckte noch in seinem Rücken:

Der Beitrag unter der Überschrift “Brutale Messerattacke auf Video aufgenommen” zeigt den Handymitschnitt eines Passanten, auf dem das Opfer zu sehen ist, wie es mit einem Messer im Rücken blutend auf dem Boden liegt. Diese Passage wurde sogar mehrfach wiederholt. Im Hintergrund sind die Schreie einer Frau zu hören. Die Berichterstattung hält der Beschwerdeausschuss für eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt.

Bei all der Schrecklichkeit dieses Artikels: Immerhin ist der Kopf des Opfers bei Bild.de verpixelt. Die Ruhrgebiets-Ausgabe der “Bild”-Zeitung berichtete in dem Fall noch rücksichtsloser, ohne Unkenntlichmachung, dafür aber mit einer Großaufnahme des im Rücken steckenden Messers (Bildunterschrift: “Am Messergriff hängt noch die Diebstahlsicherung”):

Folgen hatte dieser Voyeurismus für die Redaktion allerdings keine. Eine Sprecherin des Presserats sagte uns, dass gegen den Printartikel keine Beschwerde eingegangen sei. Und dann wird der Presserat auch nicht aktiv.

  • Neben den drei Rügen verteilte der Presserat noch zwölf Missbilligungen und 32 Hinweise an verschiedene Medien.

“Bild” schon wieder am Grab von Andreas L.

Als Andreas L., der Co-Pilot des “Germanwings”-Flugs 4U9525, vor etwas mehr als einem Jahr beerdigt wurde, hatten die “Bild”-Redaktionen im Vorfeld glücklicherweise nichts davon mitbekommen. So konnten ihre Fotografen nicht mit Teleobjektiven auf dem Friedhof von Montabaur lauern, und ihre Reporter nicht schmierige Zeilen über die Trauergäste verfassen.

“Bild” und Bild.de berichteten aber trotzdem, einige Tage später, und zeigten in Großaufnahmen das Grab von Andreas L. Damals gab es das volle Bilder-Programm: das Holzkreuz aus verschiedenen Perspektiven, die Blumen und Trauerkränze der Angehörigen, den Grabschmuck der Freundin, ihre Abschiedsworte.

Gestern veröffentlichten “Bild” und Bild.de erneut einen Bericht über das Grab von Andreas L.:


Der einzige Grund für die neuen, großen Berichte: Das Holzkreuz wurde inzwischen durch eine Granitsäule ersetzt.

Neun Monate nach seiner heimlichen Beisetzung auf dem Friedhof in Montabaur, unweit des Segelflugplatzes, auf dem L[.] seine Leidenschaft fürs Fliegen entdeckte, wurde inzwischen das einfache Holzkreuz (“Andy”) durch die Grabsäule ersetzt.

Wieder gibt es große Fotos vom Grab, außerdem eine Nahaufnahme einer “runden Plakette”, auf der eine persönliche handschriftliche Widmung zu lesen ist, vermutlich von der Mutter von Andreas L. Im Text kommt eine Frau zu Wort, die bei dem Absturz zwei Angehörige verloren hat. Sie ist auch die Zitatgeberin für die Überschrift bei Bild.de (“Für mich als Angehörige der Opfer ist das sehr verletzend …”). Dass sie über das Grab ebenfalls sagt: “Für die Eltern von L[.] verständlich”, erfährt man erst im Artikel. Dort wird auch noch ein Anwalt zitiert, der mehrere Opfer-Familien vertritt und analysiert, dass durch die neue Grabsäule die “Ich-Bezogenheit” von Andreas L. “über seinen Tod hinaus in Stein gemeißelt” bleibe. Und dazu erinnern die beiden “Bild”-Autoren noch einmal mit deutlichen Worten daran, wer dort überhaupt begraben liegt:

Wir sehen das Grab von Todes-Pilot Andreas L[.] Das Andenken an einen Massenmörder!

Die “Bild”-Medien nutzen weiterhin jede noch so kleine Gelegenheit, um die Tat von Andreas L. aufs Neue aufrollen zu können, mit all den Beteiligten — Täter, Opfer, den Angehörigen beider Seiten. Ob es sich dabei um ansatzweise relevante Informationen handelt, spielt schon lange keine Rolle mehr.

Bild.de und die offizielle Nominierung für den Friedensnobelpreis

Ein wichtiger Punkt vorweg: Es soll in diesem Beitrag nicht um eine Bewertung der Arbeit der sogenannten “White Helmets” gehen, einer Organisation, die sich selbst “Syria Civil Defence” nennt und im grauenvollen und elendigen Konflikt in Syrien nach verwundeten und verschütteten Menschen sucht und diesen hilft. Nach eigenen Angaben haben die “White Helmets” bereits über 56.000 Menschen vor dem Tod gerettet.

Es soll auch nicht um die Frage gehen, ob die “White Helmets” für ihren enormen Einsatz einen Friedensnobelpreis verdient haben, sondern um die Unfähigkeit von Bild.de, ordentlich zu informieren.

Am vergangenen Dienstag veröffentlichte das Portal diesen Artikel ganz groß ganz oben auf der Startseite:

Darin auch folgende Passage:

Die Retter der syrischen Zivilverteidigung, die sogenannten “White Helmets”, rücken täglich in den von Rebellen gehaltenen Gebieten Syriens aus. Mission: Denen zu helfen, die durch die Luftangriffe Assads und Putins oder durch Raketen und Autobomben von ISIS verletzt wurden.

Darum sind sie für den diesjährigen Friedensnobelpreis nominiert. Die Entscheidung, ob sie die hohe Auszeichnung bekommen, gibt es am 9. Oktober 2016.

Nun ist das mit Medienberichten über Nominierungen für den Friedensnobelpreis so eine Sache. Daher erstmal ganz grundsätzlich zum Nominierungsprozess: Die Gruppe der Personen, die Vorschläge einsenden darf, ist vom “Norwegischen Nobel-Institut” recht klar abgesteckt. Das erklärt Olav Njølstad, der Direktor des Instituts, in einem “Questions and Answers about the Nomination Process for a Nobel Peace Prize”:

Who can nominate?
Nominations for the Nobel Peace Prize requires no invitation. Eligible nominators are university rectors or chancellors, professors of political and social science, history, philosophy, law and theology; leaders of peace research institutes and institutes of foreign affairs; members of national assemblies, governments, and international courts of law; previous Nobel Peace Prize Laureates; board members of organizations and institutions that have received the Nobel Peace Prize; present and past members of the Norwegian Nobel Committee; and former advisers of the Norwegian Nobel Institute.

Für den diesjährigen Friedensnobelpreis sind 376 vorgeschlagene Kandidaten zusammengekommen (228 Einzelpersonen und 148 Organisationen) — so viele wie noch nie. Das “Norwegische Nobel-Institut” veröffentlicht direkt vor der Verleihung allerdings keine offizielle Liste, wer alles nominiert ist. Nie:

Is there a list of all of the nominees for this year’s Nobel Peace Prize?
Contrary to common belief, there is no public list of the current year’s nominees. The complete list of eligible nominees of any year’s prizes is not disclosed for another 50 years — a restriction as governed by the Nobel statutes since 1901.

Vom zuständigen Institut gibt es also keine Mitteilung, die die Aussage von Bild.de-Autor Julian Röpcke, dass die “White Helmets” nominiert seien, offiziell bestätigt. Nicht einmal die Nominierten selbst erfahren vom “Norwegischen Nobel-Institut” vorab von ihrer Nominierung. Lediglich die Person, die den Vorschlag eingeschickt hat, könnte die Information weitergeben:

Do you share any information about who is nominated for the Peace Prize this year?
No. In fact, none of the Nobel Committees do announce the names of nominees, neither to the media nor to the candidates themselves. In so far as certain names crop up in the advance speculations of potential nominees or candidates — it’s either sheer guesswork or information put out by the person or persons behind a nomination.

All diese Aussagen von Njølstad sind ziemlich eindeutig. Sicherheitshalber haben wir trotzdem in Oslo angerufen und nachgefragt, ob es nicht sein könne, dass die “White Helmets” von einer möglichen Nominierung offiziell erfahren haben. Es sei alles so wie immer, sagte man uns: keine offiziellen Informationen an oder über die Nominierten, keine Aussage zu den “White Helmets”. Man kenne die Vorberichte vieler Medien und wundere sich immer wieder darüber. Und man appelliere jedes Mal an die Personen, die Vorschläge einschicken, dies nicht weiterzuerzählen, doch manchmal bringe das eben nichts.

Dass das “Norwegische Nobel-Institut” kein besonders großes Interesse an einer Veröffentlichung der Nominierten hat, dürfte unter anderem auch daran liegen, dass eine Nominierung für den Friedensnobelpreis noch nicht viel aussagt, wie Direktor Olav Njølstad erklärt:

What does it mean to be nominated for a Nobel Peace Prize?
Any person or organization can be nominated by anyone eligible to nominate. The Norwegian Nobel Committee has no say in submissions that arrives according to the criteria, strictly in who is actually awarded the prize in October. To simply be nominated is therefore not an endorsement or extended honour to imply affiliation with the Nobel Peace Prize or its related institutions.

Theoretisch könnte also zum Beispiel auch Simbabwes Präsident Robert Mugabe Ex-“Bild”-Chef Kai Diekmann und Bild.de-Chef Julian Reichelt für ihre Werbekampagne “Wir helfen” nominieren. Über die Qualität von Diekmanns und Reichelts Arbeit sagt das aber erstmal überhaupt nichts aus.

Es ist gut möglich, dass jemand, der dazu berechtigt ist, die “White Helmets” für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen hat (auf einer extra eingerichteten Website zählt die Organisation jedenfalls eine Reihe “nominators” auf, von denen einige nominierungsberechtigt sein dürften). Dass das aber erstmal nichts bedeutet, außer dass jemand sie für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen hat, erklärt Julian Röpcke seinen Lesern nicht. Im Gegenteil: Er verkauft es in seiner Bild.de-Aufmacherstory als ein Qualitätsmerkmal, das es schlicht nicht ist.

Und auch die Sache mit der offiziellen Bestätigung einer Nominierung scheint er nicht so recht verstanden zu haben:

Das hat Röpcke vor fünf Tagen angekündigt. Überraschung: Bis heute gab es keine “offizielle, verbindliche Bekanntgabe”.

Kakerlaken im Gesicht


(Screenshot: BILDblog, Rahmen: Theen Moy)

“‘Bild’ ist ein Gesamtkunstwerk”, sagte der Medienwissenschaftler Norbert Bolz vor Jahren. Doch während “Bild”-Texte und -Überschriften schon einige literarkritische Behandlung erfahren haben, steckt die kunstwissenschaftliche Würdigung der “Bild”-Bilder noch in den Kinderschuhen. Die Kolumne “Bildbetrachtung” soll hier nachbessern.

“Kunst ist es, die Kunst zu verstecken”, hieß es bei den Römern, und auch die Kunst von “Bild” ist eine des Versteckspiels — eine Art Topfschlagen für zwei bis zehn Erwachsene von 7 bis 77, auf Speed und ohne Hosen. Im Fall der Porträtkomposition “Kakerlaken, aufgepaßt!” dient dieses Spiel auch einem höheren moralischen Zweck, nämlich der Menschenwürde. Der Porträtierte, kurz “ER” genannt, ist durch eine Art Montage-Technik verfremdet: Ähnlich wie bei den “assoziativen Bildern” von Giuseppe Arcimboldo, der menschliche Gesichter aus Obst und Gemüse zusammensetzte, bestehen “SEINE” Gesichtszüge aus den Körpern von Kakerlaken. Der Porträtierte wird entstellt, durch diese Entstellung jedoch zugleich in seiner Anonymität geschützt; seine Würde wird gewahrt.

Leo Fischer hat mit seinen 35 Jahren bereits alles erreicht: Als Chefredakteur der “Titanic” wurde er vom Papst verklagt, ein CSUler wollte ihm “die Lizenz zum Schreiben” entziehen, als Politiker holt er regelmäßig unter 0,1 Prozent der Stimmen. Aktuell schreibt Fischer für die “Titanic”, die “Jungle World”, “Neues Deutschland” und die “taz”. Fürs BILDblog untersucht er die Bildsprache der “Bild”-Zeitung.
(Foto: Tom Hintner)

Sogar die Frau an seiner Seite kann diese Würde nicht verringern — sein edler Anzug, seine noble Haltung heben ihn heraus aus der Sphäre des Skandals. Während Gina-Lisa raubtierartige Körpermuster und eine insektenhaft verborgene Augenpartie präsentiert, sich dazu hinter einer klauenartig erhobenen Hand verbirgt wie ein Tier auf der Hatz, gewinnt der verborgene Gentleman gleichzeitig an Menschlichkeit, an Sympathie — gerade dadurch, daß er nicht prima facie in “Bild” stattfindet. Ähnlich gewinnen auch die Kakerlaken, die von Bild.de — aufgepaßt! — gewarnt und gewissermaßen vor den beiden Promis gerettet werden. Hier zeigt sich auch die legendäre Tierliebe von Bild.de.

Daß es sich bei dem Insektenherrn um Florian Wess handelt, erfährt nur, wer dumm genug ist, der Witwe Springer jeden Monat 4,99 Euro in den Bettelstock zu werfen, oder wer kostenlos meinen Text liest. Es spielt aber auch keine Rolle, ist in Wahrheit doch Gina-Lisa Zentrum dieser Erzählung — wer sich an ihre Seite stellt, so die Aussage, wird selbst Teil des Dschungels, schmutzig, von Parasiten befallen. Parasiten, denen Bild.de mehr Respekt und Ansprache schenkt als den beiden Menschen dahinter.

Heißt es doch von Herrn Wess im Begleittext, er sei seiner Freundin “zur Seite” gestanden, “als sie im Fall wegen angeblicher Vergewaltigung vor Gericht musste”, und dieser Satz, abgesegnet und verantwortet von Stilgott und Bild.de-Chef Julian Reichelt, ist so wundervoll zerstört und zerschunden wie nur das Gesicht von Herrn Wess selbst — man kann ihn so lesen, als sei Gina-Lisa diejenige, welche vergewaltigt habe, und man kann ihn so lesen, als sei sie wegen einer Lüge bestraft worden.

Dies paßt ganz hervorragend zu dem sog. “Sex-Video”, das “Bild” am Wochenende veröffentlicht hat — nicht etwa eins zu eins, das wäre ja auch zu teuer gekommen, sondern als kostengünstige Textabschrift, aus der man im Detail erfährt, welche Körperteile wann zum Einsatz kamen. “Bild” veröffentlichte dieses Dokument der Brutalität mit dem Vorsatz, es den Lesern zu überlassen, wie sie diese Brutalität zu bewerten hätten, und überließ damit auch gleich die ganze Frau zehntausend wichsenden “Bild”-Lesern.

Zum Dank für ihre preiswerte Mitarbeit am Blatt wird sie nun selbst als halbes Tier gezeichnet, als flüchtige Dschungelkreatur, die durch ihre Berührung verunreinigt und gut angezogene Burschen in die Welt der Kakerlaken reißt. Immerhin: Es ist diese Tierwelt ganz bestimmt eine schönere und angenehmere als diejenige, in der solche Bilder, solche Texte entstehen. Wir, das Ungeziefer vom BILDblog, wünschen Frau Lohfink und Herrn Wess auf diesem Wege alles Gute dafür!

Was, wenn Bild.de den Flüchtlingsdeal platzen lässt?

Stellen Sie sich mal Folgendes vor:

  • Die Türkei kündigt den sogenannten “Flüchtlingsdeal” mit der EU.
  • Zehntausende Geflüchtete ziehen bedrohlich von der Türkei aus Richtung Deutschland.
  • Bilder von Geflüchteten, die die Grenze zwischen der Türkei und Griechenland durchbrechen.
  • Die USA schalten sich ein. Türken verbrennen bei Demonstrationen US-Flaggen.
  • Die bulgarische Polizei entdeckt bei einem Geflüchteten Spuren von Sprengstoff.
  • Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán schließt nicht mehr aus, auf Geflüchtete zu schießen.
  • Europäische Regierungen brechen auseinander.
  • In Österreich wird FPÖ-Mann Norbert Hofer zum Bundespräsidenten gewählt.
  • Die AfD erreicht in einer Umfrage 28 Prozent. Inzwischen ist Rechtsaußen Alexander Gauland der Vorsitzende der Partei.
  • 5000 Geflüchtete stehen vor Passau, Hundertschaften der Polizei sind vor Ort, Hubschrauber kreisen über der Region.
  • Innenminister Thomas de Maizière schließt den Einsatz von Soldaten im Bundesgebiet nicht mehr aus.

Was wie der große Wunschzettel von Rechtspublizist Jürgen Elsässer und seinem Wirrmagazin “Compact” für noch mehr Hetzmöglichkeiten klingt, stammt von Bild.de. Autor Albert Link hat dort gestern ein “BILDplus-Szenario” entworfen:

In Kurzform geht das Szenario so: Keine Visafreiheit für die Türken. Die Türkei stellt “ihre Maßnahmen zur Eindämmung der Migration” ein und löst Flüchtlingslager im Süden des Landes auf. Bus-Konvois machen sich auf zum Drei-Länder-Eck Bulgarien-Griechenland-Türkei. Bulgarien lässt die Geflüchteten durch. Serbien lässt die Geflüchteten durch. Kroatien lässt die Geflüchteten durch. Slowenien lässt die Geflüchteten durch. Österreich lässt die Geflüchteten durch. Tausende Geflüchtete stehen vor der deutschen Grenze. Und dazu noch all die anderen Punkte von oben.

Kurz gesagt: Sodom und Gomorra in Europa.

Es gab mal eine Zeit, da haben sich Julian Reichelt und Kai Diekmann und einige andere “Bild”-Mitarbeitern — zumindest theoretisch — bei den vielen Flüchtlingshelfern in diesem Land untergehakt und “refugees welcome” und “Wir helfen” geschrien. Diese Zeit ist offensichtlich vorbei. Inzwischen schüren die “Bild”-Medien wieder die Angst vor Zuwanderern.

Nun also das bedrohliche Szenario, “WENN DER FLÜCHTLINGSDEAL PLATZT”. Und diese Panikmache in einer Zeit, in der eine Versachlichung dieser komplexen weltpolitischen Lage eine der größten Leistungen von Journalisten sein dürfte.

In der Einleitung zum “BILDplus-Szenario” schreibt Bild.de übrigens:

Was wirklich passiert, wenn die Türkei ihre Drohung wahrmacht, kann niemand präzise vorhersagen. Das Szenario, das BILD hier beschreibt, ist nur eine Option unter vielen.

Die Redaktion hat sich für eine der Optionen mit den dramatischsten Auswirkungen entschieden.

Das besondere “Bild”-Mitgefühl

Was mag in Eltern und Freundin des Todes-Piloten vorgehen? Sind sie mit der Tat des Sohnes nicht gestraft genug?

Gemeint sind in diesen zwei Fragen die Eltern und die frühere Freundin von Andreas L., dem Co-Piloten des Germanwings-Flugs 4U9525. L. hatte im März vergangenen Jahres ein Flugzeug in die französischen Alpen gelenkt, wodurch er und 149 weitere Menschen ums Leben kamen. Die oben zitierte Passage stammt aus einem Artikel, den “Bild” und Bild.de am Dienstag veröffentlichten:



(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Artikel durch uns.)

Der Mann, der Anzeige gegen die Eltern von Andreas L. erstattet hat, hat bei dem Unglück vor 16 Monaten seine Tochter und sein Enkelkind verloren. Der Lebensgefährte seiner Tochter ist ebenfalls gestorben. Die “Bild”-Medien schreiben dazu:

Der schwere Vorwurf des Düsseldorfer Unternehmers: Die Eltern [von L.] hätten sich mitschuldig gemacht. […]

Konkret geht es um die zahlreichen Arztbesuche des kranken L[.]. Eltern und Freundin hätten davon gewusst und den späteren Amok-Piloten zu den Medizinern begleitet, ihn jedoch nicht davon abgehalten zu fliegen, so die Anzeige. […]

Sein juristischer Beistand, Klaus Brodbeck, zu BILD: “Die Anzeige ist für uns die einzige Möglichkeit, dass in diese Richtung ermittelt wird.” Für ihn komme der Straftatbestand der Beihilfe zur fahrlässigen Tötung in 149 Fällen in Frage.

Und nun fragt das Dreierautorenteam von “Bild” also mitfühlend, ob die Eltern von Andreas L. nicht schon genug gestraft seien.

Dass “Bild”-Mitarbeiter sich ums Wohlbefinden von Angehörigen von Tätern sorgen, ist, gelinde gesagt, überraschend. Gerade im Fall von Andreas L. Denn die “Bild”-Medien hatten wenige Tage nach der Tat von L. kein Problem damit, auch seine Eltern in den Fokus der Berichterstattung zu zerren:

Autor Tim Sönder nannte in dem Artikel die Berufe der beiden Eltern und ließ einen “Trauma-Experten” eine Ferndiagnose über sie anstellen.

Nur wenige Tage später ging es in einem weiteren Artikel noch einmal um das Ehepaar L.:

Erneut wurden die Berufe genannt, dieses Mal von “Bild”-Mitarbeiter Philipp Blanke. Er ließ den “Trauma-Experten” ebenfalls zu Wort kommen. Und bei seiner Recherche hat er offenbar auch im Umfeld der Familie rumgeschnüffelt — eine Nachbarin der Großeltern von L. erzählt in dem Text nämlich über die Kindheit des Piloten.

Nun kann man Andreas L. aufgrund seiner Tat als Person der Zeitgeschichte sehen. Doch seine Eltern sind kein Teil dieser Tat, dieses zeitgeschichtlichen Ereignisses. Sie haben das Recht auf Privatsphäre.

Davon unabhängig sollte man ihnen auch ein Recht auf Trauer zugestehen. Neben dem Verlust ihres Sohnes müssen sie auch verarbeiten, dass dieser für den Tod vieler weiterer Menschen verantwortlich ist. Doch wie soll das funktionieren, wenn die “Bild”-Medien jede Kleinigkeit nutzen, um über ihren Sohn zu berichten? Zum Beispiel wenn sich ein früherer Bekannter im Fernsehen über ihn äußert …

… oder wenn die “Tagesschau” zum Jahrestag des Unglücks sein Gesicht nur verpixelt zeigt …

… oder wenn “Bild” einen Mann findet, der genauso heißt wie ihr Sohn:

Sie müssen mit ansehen, dass Bild.de Fotos vom Grab ihres Sohnes veröffentlicht. Und dass Bild.de aus angeblichen privaten E-Mails ihres Sohnes zitiert:

Und dass Bild.de, gerade erst vor zwei Wochen, Fotos aus Ermittlungsakten veröffentlicht, die die private Wohnung von L. …




… und auch sein Kinderzimmers im Haus der Eltern zeigen:

Autor des Artikels ist Mike Passmann. Passmann ist es auch, der am Dienstag mit seinen zwei Kollegen fragte, ob die Eltern von Andreas L. nicht schon gestraft genug seien.

Bild.de befördert Edward Snowden zum Russen-Spion

Neben unverpixelten Opferfotos hat Bild.de-Chef Julian Reichelt eine zweite große Leidenschaft: Mit Hingabe kämpft er für die Theorie, dass Edward Snowden auf seiner Flucht vor der NSA nie ein anderes Ziel als Russland hatte und dass er nun ein russischer Spion ist.

Am vergangenen Samstag war es dann soweit:

Das klingt doch mal so, als hätte Bild.de den ultimativen Beweis gefunden. Autor des Artikels ist John R. Schindler*, Reichelts Mann für groben Unfug fürs Grobe. Schindler* ist laut Bild.de “Sicherheitsberater und früherer Geheimdienst-Analyst und Offizier für Gegenspionage”, vor einiger Zeit präsentierte ihn das Portal auch als “ehemaligen Beamten der NSA-Spionageabwehr”. Bei Bild.de trifft man ihn nur mit Sternchen am Namen und Erklärtext zu seinen Positionen an.

Schindler* darf sich auf Reichelts Portal immer wieder austoben, mal mit einer Psychoanalyse “des Orlando-Killers”, mal mit Vermutungen zu russischen Hooligans bei der Fußball-EM. Und immer wieder mit Beiträgen über Edward Snowden. Die Taktik hinter Schindler*s Anti-Snowden-Texten scheint zu sein: Den Whistleblower als Verbrecher und Überläufer zu diskreditieren, um dadurch auch seine Enthüllungen über die US-Geheimdienste zu diskreditieren.

Da passte ein vierminütiges Radiostück aus den USA perfekt in seine Agenda. Die Journalistin Mary Louise Kelly hat darin unter anderem mit Franz Klintsevich gesprochen, den sie als “equivalent of a senator here in Russia and deputy chairman of the powerful defense and security committee” einführt. Ein “bemerkenswertes Interview”, wie Schindler* schreibt:

In einem bemerkenswerten Interview von dieser Woche erklärte Franz Klintsevich — ein hochrangiger russischer Sicherheitsbeamter — ganz nüchtern: “Seien wir ehrlich. Snowden hat Geheiminformationen weitergegeben. Dafür sind Sicherheitsdienste ja da. Wenn es eine Möglichkeit gibt, an Informationen zu gelangen, dann werden sie es auch tun.”

Das ist der endgültige Beweis (“Jetzt gibt es endlich Fakten!”) für John R. Schindler* und Reichelts Bild.de: die Aussage Das wurde schon immer so gemacht. Das wird auch beim Snowden so gemacht worden sein. Schindler* erklärt einen Mann, den er in die Nähe des russischen Militärnachrichtendienstes rückt und der nach seiner und Julian Reichelts Logik damit so gar nicht als Zeuge taugt, zum Kronzeugen seiner Der-Snowden-ist-doch-ein-oller-Russen-Spion-Theorie.

Klintsevich war es, der 2012 Geld sammeln und davon Adolf Hitlers Geburtshaus kaufen wollte, um es dann direkt abreißen zu lassen. Und Klintsevich war es auch, der vor Kurzem forderte, Russland solle den kommenden Eurovision Song Contest boykottieren, weil in diesem Jahr die Ukraine “nur aus politischen Gründen gewonnen” habe.

Und so hat “Spiegel”-Korrespondent Benjamin Bidder auch eine ziemlich klare Meinung zu Franz Klintsevich:

Ob nun Wirrkopf oder nicht — was Franz Klintsevich offenbar nicht “gesteht”, jedenfalls wird er von Mary Louise Kelly nirgendwo so zitiert: Dass Edward Snowden “ein Russen-Agent” ist. Und auch der Kreml gibt nichts zu. Doch was interessiert das Bild.de bei der Jagd nach Klicks?

Und auch im Text heißt es eindeutig:

Nun hat der Kreml die Frage ein für allemal geklärt, indem er verlautbaren ließ, Edward Snowden arbeite in der Tat für ihn.

Ob Edward Snowden ein russischer Spion ist? Keine Ahnung.

Ob Edward Snowden irgendeinem der russischen Geheimdienste irgendetwas verraten hat? Keine Ahnung.

Ob John R. Schindler* und Bild.de hier unsauber arbeiten und Zitate zu Fakten verbiegen? Ganz sicher.

Mit Dank an Michael G., Martin und @mausraster!

Experimentierfeld, Textfeld, Fussballfeld

1. Was ein Reporter erlebt, der das Gespräch mit den „Lügenpresse“-Kritikern sucht
(Christian Fuchs, blog.zeit.de)
Im Blog der “Zeit” schreibt Christian Fuchs von den vergeblichen Bemühungen, mit den Machern des Magazins “Compact” ins Gespräch zu kommen. Dahinter stand der Wunsch, ein Porträt über den überraschenden und seltenen Auflagenerfolg des neuen politischen Magazins anzufertigen. Doch die Sache gestaltet sich schwieriger als erwartet. Zwar habe man mit über 60 Personen aus dem Umfeld der Zeitschrift, mit Weggefährten des Chefredakteurs und mit Experten im In- und Ausland gesprochen, die Magazinmacher hätten sich jedoch bis zum Schluss beharrlich verweigert.

2. Zeitung wird zum Buchstabenkino
(faz.net, Adrian Lobe)
Spleen oder kluges Investment? Immer mehr Milliardäre legen sich renommierte Zeitungen zu. Nun hat der Biotech-Unternehmer Patrick Soon-Shiong die bekannten, amerikanischen Blätter „Los Angeles Times“ und „Chicago Tribune“ gekauft. Soon-Shion wolle “experimentieren” und die Blätter zu einem “Technologie-Hub” voller künstlicher Intelligenz umbauen, berichtet Adrian Lobe in der “FAZ”. Es stelle sich die Frage, ob der Unternehmer den Journalismus wirklich revolutionieren oder Zeitungen nur als Experimentierfeld für seine Biotech-Unternehmungen nutzen wolle.

3. Silent News
(heise.de, Hans-Jürgen Krug)
Angeblich sollen 80 Prozent aller Facebook-Nutzer Videos im Silent-Modus, also mit abgeschaltetem Ton, nutzen. Die Medien haben darauf reagiert und statten ihre Nachrichtenclips mit Untertiteln aus. Doch um geklickt zu werden, bedarf es mehr. Und deshalb würden in den Filmschnipseln, wie beim Beispiel “heute plus”, zunehmend große grelle Textbanner mit Fragen eingeblendet. “”Facebook first” verändert nicht nur die – zeitliche – Platzierung von Neuigkeiten. Es prägt auch zutiefst ihre Machart. Silent Audioplay macht Nachrichten zu Worthäppchen. Gelbe Kästchen erzählen eigene Geschichten.”

4. „Planwirtschaftliches Fernsehen“
(taz.de, Klaus Raab)
Die “taz” hat mit dem Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister über die Gegenwart der deutschen Talkshow gesprochen. Hachmeister auf die Frage, warum es derart viele Talkshows gäbe: “Weil es planwirtschaftliches Fernsehen ist. Man kann ungefähr die Quote absehen. Es ist im Vergleich zu anstrengenden Recherchen billig. Und es schafft eine strukturelle Regelmäßigkeit, die den Programmmanagern gefällt. Risikovermeidung ist das Lebenselexier technokratischer Programmplanung.”

5. Absurder Streit um Syrien-Berichterstattung
(Petra Sorge, cicero.de)
Vor einigen Tagen hat der Presserat eine sogenannte Missbilligung gegen die Syrien-Berichterstattung von “bild.de” ausgesprochen. “Bild Online”-Chef Julian Reichelt veröffentlichte daraufhin einen offenen Brief und bezeichnete den Presserat als „Handlanger des Kreml“. Petra Sorge vom “Cicero” erklärt, warum für sie bei dem Konflikt beide Seiten kein gutes Bild abgeben würden.

6. Gauland
(facebook.com, Maxim Biller)
“Nachdem der stellvertretende Vorsitzende der AfD, Alexander Gauland, in einem „Kicker“-Interview über Omri Bunsenstein, den Mittelfeldregisseur von Makkabi Wedding, gesagt hatte, die Leute fänden ihn zwar als Fußballspieler gut, wollten ihn aber nicht als Nachbarn haben, erklärte der Trainer von Makkabi Wedding, niemand fände Bunsenstein als Fußballspieler gut, schon gar nicht er selbst, aber er müsse ihn trotzdem immer aufstellen, weil ohne die Spenden von Bunsensteins Vater Makkabi Wedding längst pleite wäre.”

Hinter den Kulissen von BILDblog

Noch vier Tage, dann wir das BILDblog analog — jedenfalls für ein paar Stunden:

Disziplin Nummer zwei des modernen BILDblog-Dreikampfs an diesem Abend: Anekdoten und Redaktionsinterna aus zwölf Jahren Bloggerei. Dazu versammeln sich verschiedene BILDblogger aus unterschiedlichen Epochen, erzählen von ihrer Arbeit und antworten auf Fragen des Publikums:

  • BILDblog-Gründer Stefan Niggemeier wird von der Anfangszeit und den ersten Jahren des Projekts erzählen: Wer war eigentlich “lupo”? Und warum ist es eine ganz blöde Idee, für ein Fotoshooting mit der “New York Times” auf einen Berg zu klettern?
  • Der aktuelle BILDblog-Chef Mats Schönauer wird erklären, warum es die Seite nach zwölf Jahren mehr denn je braucht — und wie er es geschafft hat, aus Julian Reichelt so einen besonnenen Journalisten zu machen.
  • Und “6 vor 9”-Kurator Lorenz Meyer spricht über die Qual des nächtlichen Linksammelns, die Qual der Wahl und die Qual des erneuten nächtlichen Linksammelns.
  • Hier noch einmal alle wichtigen Infos zum BILDblog-Abend im Überblick:

  • Was gibt’s zu sehen?

    Zuerst: “Seite Eins — Theaterstück für einen Mann und ein Smartphone” von Johannes Kram, in dem Ingolf Lück den Boulevardjournalisten Marco spielt. Ein lustiges, realistisches, erschreckendes Stück über die perfiden Methoden einer skrupellosen Zeitung.



    (Fotos: Volker Zimmermann)

    Anschließend erzählen mehrere BILDblog-Autoren von ihrer Arbeit und beantworten Fragen der Zuschauer.

    Und zum Schluss gibt’s Musik — von wem, geben wir noch bekannt.

  • Durch den Abend leitet “aspekte”-Moderator Jo Schück.

  • Wann?

    Am Dienstag, 3. Mai 2016, um 19:30 Uhr (Einlass ab 19:00 Uhr).

  • Wo?

    Im Heimathafen Neukölln.
    (Karl-Marx-Straße 141, 12049 Berlin, U7-Haltestelle Karl-Marx-Straße)

  • Wie viel?

    Die Karten für den Abend kosten 20 Euro (plus Vorverkaufsgebühr). Mit den Einnahmen wollen wir den künftigen Betrieb des BILDblogs sichern — ein Benefizabend in eigener Sache also.

    Tickets gibt es hier …



    … oder direkt beim Heimathafen Neukölln oder bei “Koka 36”. (Die Tickets werden auf den Namen des Käufers ausgestellt, können aber auch gerne verschenkt werden.)

  • Wer uns bei der Gelegenheit noch gleich etwas mehr unterstützen möchte, kann auch eines der limitierten Supporter-Tickets kaufen:

    – für 50 Euro bekommen Sie einen weltexklusiven BILDblog-Jutebeutel obendrauf.

    – für 200 Euro stehen wir Ihnen bei der Party persönlich Rede und Antwort. Die Getränke gehen natürlich auf uns.

    – für 500 Euro laden wir Sie einen Tag nach der Veranstaltung zum Abendessen in unsere liebste Dönerbude in Neukölln ein.

    Dafür einfach eine kurze Mail an [email protected] schreiben.

  • Eine Facebook-Veranstaltung gibt’s auch, und zwar: hier.
  • Mit freundlicher Unterstützung von:

Presserat hält “Galgenmann”-Fotos für unzulässig

Ja, da freute er sich, der Online-Chef der „Bild“-Zeitung:

Äh, ja.

In der Geschichte ging es um einen Mann, der auf einer „Pegida“-Demo einen selbstgebauten Galgen getragen hatte („Reserviert“ für Angela Merkel und Sigmar Gabriel). „Bild“ hatte den Mann kurz darauf zu Hause besucht, dabei offenbar heimlich in seiner Wohnungstür fotografiert und die Fotos groß in der Print-Ausgabe und bei Bild.de veröffentlicht (BILDblog berichtete).

Darüber haben wir uns beim Deutschen Presserat beschwert. Der sieht es — anders als Julian Reichelt suggeriert — so wie wir:

Die Mitglieder des Beschwerdeausschusses sind mehrheitlich der Ansicht, dass die Beschwerde begründet ist. Die Verwendung der Fotos, die den Mann in seiner Wohnungstür zeigen, verstoßen gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.8 des Pressekodex.

Der Ausschuss halte es zwar für presseethisch zulässig, „den Betroffenen auch an seiner Wohnungstür mit den Äußerungen, die er auf der Demonstration getätigt hat, zu konfrontieren“, heißt es in der Begründung. Aber:

Die Veröffentlichung heimlich angefertigter Bildaufnahmen hält er hingegen für unzulässig. (…) Auch die politischen Umstände des Sachverhalts oder die mögliche strafrechtliche Relevanz der Äußerungen des Betroffenen auf der Demonstration rechtfertigen ein heimliches Vorgehen nach Ansicht der Ausschussmehrheit nicht.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Der Presserat sprach deshalb einen „Hinweis“ gegen „Bild“ und Bild.de aus. Julian Reichelt hatte zwar noch wortreich argumentiert …

Wir betrachten es als eine unserer herausragenden Aufgaben, politischen Bewegungen und Einzelpersonen, die Deutschland offenkundig aus dem grundgesetzlichen Rahmen herausreißen wollen, konsequent entlarvende Recherche und Berichterstattung entgegen zu setzen. Es wäre gefährlich, Berichterstattung auf das Umfeld zu beschränken, in dem sich radikale Bewegungen und Einzelpersonen nach Belieben inszenieren können. (…)

Es ist (leider) ein historisch belegtes Phänomen, dass sich in radikalen Organisationen soziale Außenseiter sammeln und durch das gemeinsame Auftreten den Eindruck von Stärke, Entschlossenheit, Tatkraft und vor allem gesellschaftlicher Legitimation zu erwecken. In der Masse treten sie quasi als Stimme der schweigenden Mehrheit auf. Die These der „schweigenden Mehrheit“, der Denk- und Redeverbote gehört zu ihrem ideologischen Standard-Repertoire.

Wir halten es daher für zwingend geboten, journalistisch gerechtfertigt und als Lehre aus der Geschichte unumgänglich, die Träger einer solch Staats- und Grundgesetzfeindlichen Ideologie in ihrem banalen Alltag zu konfrontieren und zu zeigen und den Kontext ihres Gedankenguts abseits choreographierter Flaggen- und Fackelzüge zu dokumentieren.

Ob die Fotos heimlich aufgenommen wurden, wollte Reichelt dem Presserat aber nicht verraten.

Inzwischen hat Bild.de die Fotos gelöscht.

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