Suchergebnisse für ‘BILD’

Wechsel bei “Bild”, Geschwisterzoff wg. Wendler-Doku, SLAPP-Richtlinie

1. Axel Springer wirft komplette »Bild«-Führung raus
(spiegel.de, Anton Rainer)
Wie der Axel-Springer-Verlag gestern überraschend mitteilte, trennt man sich von allen drei Führungskräften der bisherigen “Bild”-Chefredaktion. Johannes Boie, Alexandra Würzbach und Claus Strunz scheiden demnach aus ihren “bisherigen Rollen” aus. Über “mögliche künftige Aufgaben” im Hause Springer werde man zu einem späteren Zeitpunkt informieren. Mit den zwei “Bild”-Rückkehrern Marion Horn und Robert Schneider steht die Nachfolge bereits fest.

2. Neuer Anlauf für ein Hinweisgeberschutzgesetz
(whistleblower-net.de)
Am heutigen 17. März wollen die Regierungsfraktionen einen neuen Anlauf zur überfälligen Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie unternehmen und gleich zwei neue Gesetzentwürfe in den Bundestag einbringen. Das Whistleblower-Netzwerk befürchtet eine “Verschlimmbesserung statt Mängelbeseitigung”. Es sei bedauerlich, dass die Ampelfraktionen den neuen Anlauf nicht dazu genutzt hätten, “zwei offensichtliche Mängel des vorherigen Gesetzesbeschlusses zu beheben”.

3. SLAPP-Richtlinie in Gefahr
(verdi.de)
“SLAPP” ist die englische Abkürzung für “Strategic Lawsuits Against Public Participation”. Derartige Klagen sollen Medienschaffende sowie Aktivistinnen und Aktivisten einschüchtern und von ihrer Arbeit abhalten. Die EU will solche missbräuchlichen Verfahren verhindern und hat eine entsprechende Richtlinie vorgelegt. Nun befürchtet ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Gewerkschaften, Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen einen faulen Kompromiss.

Bildblog unterstuetzen

4. Mehr Kontrolle bei ARD und ZDF
(tagesspiegel.de)
Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder haben sich auf einen vierten Medienänderungsstaatsvertrag und einheitliche Regeln zur Stärkung von Transparenz und Kontrolle bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geeinigt. Ausschlaggebend für die Reformdiskussion sei die RBB-Affäre um Verschwendung und Vetternwirtschaft gewesen.

5. Medienkritik professionalisieren: Medienwatchblog Kobuk sammelt Geld
(derstandard.at, Oliver Mark)
Das österreichische Medienwatchblog “Kobuk”, das wir auch gern hier in den “6 vor 9” verlinken, will sich professionalisieren und setzt künftig auf ein Mitglieder- und Spendenmodell, das von 3 bis 35 Euro im Monat reicht. Die Artikel sollen aber nicht hinter einer Bezahlschranke verschwinden. Mit den Einnahmen sollen Honorare für Autorinnen und Autoren sowie neue Inhalte finanziert werden.

6. RTL gegen RTL 2: Geschwisterzoff wegen Wendler-Doku
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Nachdem RTLzwei die (mittlerweile abgesagte) Dokusoap mit dem umstrittenen Ex-Schlagersänger und Verschwörungsideologen Michael Wendler angekündigt hatte, meldete sich RTL zu Wort. Die Staffel werde weder vor noch nach der TV-Ausstrahlung auf dem Portal RTL+ verfügbar sein. Matthias Schwarzer erklärt, warum es mit der von “Respekt und Wertschätzung” getragenen “vertrauensvollen Zusammenarbeit” der Sender nicht so weit her ist.

Kriegt auch Bild.de irgendwann die Wendler-Kurve?

Tanja May und Sarina Roocks sind erleichtert. Beinahe hätten sie mitansehen müssen, wie ein deutscher TV-Sender einem “Extremisten” eine Plattform bietet. Denn beinahe hätte RTLzwei eine Dokusoap über Michael Wendler und Laura Müller, “den umstrittenen Sänger und seine schwangere Frau”, wie May und Roocks schrieben, gedreht. Über den Michael Wendler, der “2021 beim Nachrichten-Dienst Telegram Corona-Regeln mit einer erschütternden Holocaust-Verharmlosung kommentiert” hatte, der immer wieder “mit kontroversen Aussagen, Verschwörungstheorien und Werbung für Krisen-Produkte (z.B. Entgiftungskuren, Strom-Aggregatoren und ‘Das große Buch der Überlebenstechniken’) die Öffentlichkeit” schockierte, der “Schwurbel-Geschäfte im Netz” machte, so May und Roocks. Doch soweit wird es nun doch nicht kommen: RTLzwei hat sich nach heftiger Kritik und großem Entsetzen von dem Projekt verabschiedet.

Tanja May und Sarina Roocks, bei “Bild” für die Promi-Berichterstattung zuständig, können aufatmen:

Gut, dass RTLZWEI die Kurve gekriegt hat.

Man stelle sich mal vor, es gäbe eine Redaktion, die durch ihre Berichterstattung einen Typen normalisiert, der auf seinem Telegram-Kanal allen möglichen Unsinn und jegliche Schrecklichkeiten zu “Ufos, Chemtrails, Impf-Panikmache, Antisemitismus, Reichsbürger-Ideologie, Pro-Putin-Propaganda, Wahlbetrug-Lügen, Klimawandelleugnung, Gewaltverherrlichung” verbreitet, wie das Team vom “Volksverpetzer” dokumentiert. Eine Redaktion, die, wenn Michael Wendler und Laura Müller ihr “Mietshaus in der Palmetto Street in Punta Gorda (Südflorida) verlassen” müssen, berichtet:

Screenshot Bild.de - Traumhaus-Aus! Warum der Wendler seine Sachen packen muss

Eine Redaktion, die, wenn Michael Wendler und Laura Müller kurz darauf ein neues Haus gefunden haben, berichtet:

Screenshot Bild.de - Ein Tag im neuen Leben der Wendlers - Neue Bude, Supermarkt und ein Luxus-Auto für Laura

Eine Redaktion, die dann auch noch “Exklusiv! Die Fotos!” dazu zeigt:

Screenshot Bild.de - Kein Pool, Nörgel-Nachbarn und die Ex um die Ecke - Wendlers neues Haus - ob Luxus-Laura darauf abfährt? Exklusiv! Die Fotos!

Eine Redaktion, die selbstverständlich auch über Michael Wendlers “NEUES BOOT” berichtet:

Screenshot Bild.de - Wendler hat ein neues Boot - Hier schlackern nicht nur Lauras Hund die Ohren

Oder eine Redaktion, die einfach mal nur “die wahre Liebesgeschichte” von Michael Wendler und Laura Müller erzählen will:

Screenshot Bild.de - Laura war 16, als sie den Wendler traf - Bei Edeka saß sie an Kasse 3 - Bild hat ihre Mitschüler und Mama Müller getroffen - Die wahre Liebesgeschichte von Laura und Michael Wendler

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der umfassenden Wendler-Berichterstattung der “Bild”-Medien der vergangenen Monate und Jahre. All diese Beiträge da oben sind nach 2021 bei Bild.de erschienen, also nachdem Michael Wendler “beim Nachrichten-Dienst Telegram Corona-Regeln mit einer erschütternden Holocaust-Verharmlosung kommentiert” hatte. Die meisten Artikel befinden sich hinter der “Bild-plus”-Paywall, die Redaktion will mit Michael Wendler Geld verdienen.

Auch über Laura Müllers Schwangerschaft, also das Thema der für kurze Zeit geplanten RTLzwei-Dokusoap, deren Ausfall Tanja May und Sarina Roocks so erleichtert, berichtet die “Bild”-Redaktion ausführlich. Natürlich erstmal über die Nachricht an sich:

Screenshot Bild.de - Unser großes Glück ist unterwegs - Wendlers Laura schwanger!

Sie lässt eine alte Familienfehde aufleben:

Screenshot Bild.de - Bild hat mit Michaels Vater gesprochen - Ein Wendler-Baby? Ich habe erst mal Brechreiz gekriegt!

Schreibt über die Nachwuchsfreude in der Familie:

Screenshot Bild.de - Michaels Vater hat Brechreiz - Wer sich wirklich aufs Wendler-Baby freut!

Und dokumentiert den wachsenden Babybauch (“Und SO schön entspannt sieht ihre Schwangerschaft aus”):

Screenshot Bild.de - Exklusive Babybauch-Fotos! So schön schwanger ist Laura - und der Wendler auch

SIE trug ein schlichtes, schwarzes Kleid aus dehnbarem Material, die Haare schnell hochgesteckt. Zeigte glücklich ihre Kugel.

Hoppla! Auch Michael Wendler scheint etwas zugelegt zu haben. Sein Golf-Shirt spannt am Bauch.

Sind sie nicht herrlich normal, die Wendlers?

Die “Bild”-Redaktion rätselt auch über das Geschlecht des Kindes (und will selbst “Kohle” dafür):

Screenshot Bild.de - Laura und der Wendler - Jetzt wollen sie sogar Kohle fürs Baby-Geschlecht - BILD kennt es schon

Und lässt die Leserschaft einen Blick auf den “Schwangerschafts-Alltag bei Wendlers” werfen:

Screenshot Bild.de - Porsche-Cabrio, Weihnachtsmann und ein alter Sauger - Was der Wendler alles in seiner Garage parkt

Da ist Laura Müller “mit süßer Babykugel” unterwegs, Michael Wendler kümmert sich per Aufsitzmäher um den Rasen, und die “Bild”-Redaktion schaut in die offene Garage:

Ob die werdenden Eltern hier bald schon Teile ihrer Baby-Ausstattung parken werden?

Wir werden es zu gegebener Zeit ganz bestimmt erfahren. Denn eigentlich gibt es schon längst eine Dokusoap über Michael Wendler und Laura Müller, in verschriftlichter Form, garniert mit Fotos, bei Bild.de.

Tanja May und Sarina Roocks werden intern sicherlich dafür kämpfen, dass diese Praxis bald ein Ende hat, egal wie geil dieser Wendler-Content geklickt wird, egal wie viele “Bild-plus”-Abos man damit verkaufen kann. Denn wer will schon einen Verbreiter von Verschwörungstheorien und Holocaust-Verharmlosungen zu größerer Prominenz verhelfen?

Kulturkämpfe der “Bild”, Germany’s Next Topmobbing, Oscars

1. Heißer gegessen als gekocht: Wie “Bild” mit falschen Zutaten Kulturkämpfe zubereitet
(uebermedien.de, Martin Rücker)
“Wer sich für seine Berichterstattung ein gleich dreifaches Dementi einfängt, kann sicher sein: Es geht um was.” Martin Rücker nimmt die Berichterstattung der “Bild”-Redaktion zu Plänen von Cem Özdemir auseinander, der sich im Kabinett um Landwirtschaft und Ernährung kümmert. Rückers Fazit: “Man kann Özdemirs Pläne richtig oder falsch finden, angemessen oder irgendwie drüber – die Frage ist nur, ob immer gleich Kulturkampf sein muss, der noch dazu losgelöst von den Fakten ausbricht.” Siehe dazu auch unseren Beitrag: Bild.de schiebt Özdemir radikales Werbeverbot für Milch unter.
Weiterer Lesetipp, auch die “Bild”-Berichterstattung betreffend: Falschmeldung der “Bild”-Zeitung: Habeck kostet uns keine Billion (taz.de, Tobias Schulze).

2. ARD-Korrespondentin zum Fall Lineker
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Der Ex-Fußballer und prominente BBC-Moderator Gary Lineker hat in einem Tweet die britische Einwanderungspolitik kritisiert und dabei die Sprache der konservativen Regierung mit der Deutschlands der 1930er-Jahre verglichen. Darauf war Lineker von der BBC suspendiert worden, was auf vielfältigen Protest stieß. So zeigten sich BBC-Kollegen solidarisch mit ihm, so dass die Fußball-Berichterstattung der BBC am Wochenende stark eingeschränkt war. Inzwischen soll Tim Davie, Generaldirektor des Senders, Lineker wieder zurück auf Sendung haben wollen. Joachim Huber hat sich mit der Londoner ARD-Korrespondentin Annette Dittert über den Fall und die politischen Hintergründe unterhalten.

3. Enthüllung über Heidis Statement: Die Wahrheit über die Zukunft von GNTM
(youtube.com, Lijana Kaggwa, Video: 27:48 Minuten)
Die ehemalige “Germany’s-Next-Topmodel”-Kandidatin Lijana Kaggwa hat im vergangenen Jahr ein viel beachtetes Video veröffentlicht, in dem sie schwere Manipulationsvorwürfe gegen die ProSieben-Show erhebt: Die Produktionsfirma habe die Teilnehmerinnen monatelang isoliert, von der Außenwelt abgeschnitten, auf Zuckerentzug gesetzt, gegeneinander ausgespielt. Außerdem seien einigen Teilnehmerinnen vor dem Auftritt auf dem Laufsteg die Füße eingecremt worden, um Stolperszenen zu provozieren. ProSieben dementierte, die Produktionsfirma klagte, und Heidi Klum äußerte sich in der Auftaktsendung der neuen Staffel. Nun gibt es Gerichtsurteile dazu, was man über die Methoden von “Germany’s Next Topmodel” sagen darf – und das ist eine ganze Menge. Ex-Teilnehmerin Kaggwa hat sich für ihr neues Statement Rechtsanwalt Chan-jo Jun ins Boot geholt und nutzt die Gelegenheit, um auf ihre Anti-Cybermobbing-Initiative aufmerksam zu machen.

Bildblog unterstuetzen

4. Top Ten der Vergessenen Nachrichten 2023
(derblindefleck.de)
Die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) hat ihre “Top Ten der vergessenen Nachrichten 2023” vorgestellt. Dabei handelt es sich um Themen und Geschichten, die aus Sicht der INA in der medialen Berichterstattung weitgehend unsichtbar blieben, obwohl sie von gesellschaftlicher Bedeutung sind. Auf den ersten drei Plätzen: die Verdunkelung der Meere in Küstennähe, die Aufgabe von Schiffen und ihrer Besatzung und Mangelhafte Psychotherapieangebote für Menschen mit geistigen Behinderungen.

5. Facebook-Konzern erwägt dezentrale Twitter-Alternative
(zeit.de)
“Zeit Online” berichtet über die Pläne des Facebook-Mutterkonzerns Meta, ein neues Soziales Netzwerk zu schaffen, das womöglich mit Mastodon kompatibel ist.
Dazu eine aktuelle Podcast-Empfehlung: In der heutigen Ausgabe von “Haken dran” sprechen Dennis Horn und Gavin Karlmeier über eine sich abzeichnende technologische Entwicklung, die Metas Vorhaben in den Schatten stellen könnte.

6. Oscar für den besten Film geht an “Everything Everywhere All at Once”
(spiegel.de)
Zum 95. Mal wurden in Hollywood die Oscars verliehen. Die großen Gewinner sind die Fantasy-Komödie “Everything Everywhere All at Once” und die deutsche Literaturverfilmung “Im Westen nichts Neues”. “Wie lief die Oscar-Nacht? Wer hat triumphiert, worüber wurde gelacht, geweint – und getwittert?”
Interessant zum Vergleich: Die Ausführungen von Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt, der sich bereits vor ein paar Wochen Gedanken über die Nominierten gemacht hat (youtube.com, Video: 25:27 Minuten).

Waffe der Autokraten, “Bild”-Chef besteht Drogentest, Schlämmer

1. Die Waffe der Autokraten
(tagesschau.de, Petra Nagel & Svea Eckert & Stella Peters & Ciara Cesaro-Tadic & Petra Blum & Tobias Dammers)
Autokraten und Populisten nutzen zunehmend Soziale Medien, um ihre Macht auszubauen oder Demokratien zu untergraben. Im Jahr 2021 hatte die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen genau davor gewarnt. Jetzt haben Reporterinnen und Reporter von WDR, NDR und “Süddeutscher Zeitung” Haugens Facebook-Dateien erneut ausgewertet. Mit erschreckendem Ergebnis: “Zahlreiche Gruppen, Netzwerke oder Accounts, die Mitarbeiter von Facebook intern schon vor Jahren als schädlich gelistet hatten, waren immer noch aktiv. Meta hatte sie weder gelöscht noch gesperrt. Der Konzern äußert sich dazu nicht.”

2. Robert Schneider wird ab Mitte April Co-Chef von “Bild”
(spiegel.de)
Der bisherige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins “Focus”, Robert Schneider, hat offenbar seinen Drogentest bestanden und darf am 17. April seinen neuen Job als Co-Chefredakteur der “Bild”-Zeitung antreten. Nach “Spiegel”-Informationen war Schneider erst nach Vertragsunterzeichnung zu einem solchen Test aufgefordert worden. Der Springer-Verlag habe die ungewöhnliche Maßnahme zur neuen Routine erklärt.

3. Euronews entlässt die Hälfte der Redaktion in Lyon
(dwdl.de, Alexander Krei)
Der Fernsehsender Euronews entlasse die Hälfte seiner Redaktion in Lyon und wolle die Sendezentrale von Lyon nach Brüssel verlegen: “Der Wechsel nach Brüssel kommt wohl nicht zufällig, schließlich dürften die Verantwortlichen mit dem Schritt hoffen, mehr Geld von der EU und den nach wie vor an Euronews beteiligten Sendern zu bekommen, mutmaßt die ‘FAZ’. Immerhin 13 Millionen Euro an Subventionen soll es im kommenden Jahr geben.”

Bildblog unterstuetzen

4. Chinas globaler Einfluss auf Medien
(deutschlandfunk.de, Anh Tran & Brigitte Baetz)
Der Deutschlandfunk berichtet über die aktuelle Kommunikationsstrategie Chinas. Das Land versuche, seinen Einfluss auf allen Ebenen zu stärken, auch in den Medien. Die Journalistin Joyce Lee erklärt, wie und welche Narrative die chinesische Parteiführung gezielt weltweit verbreitet.
Weiterer Lesehinweis: Regime schränkt Korrespondenten weiter ein: “Überwachung, schleppende Visavergabe, Behinderungen durch die Polizei, Einschüchterung der Interviewpartner: Korrespondentinnen und Korrespondenten in China recherchieren unter schwierigsten Bedingungen.” (reporter-ohne-grenzen.de)

5. Neues Argumentationspapier der Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen
(sos-save-our-spectrum.org)
Die Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen hat ein neues Argumentationspapier veröffentlicht (PDF). Hintergrund ist der Verteilungskampf um Frequenzen, der Rundfunk und Kultur massiv schaden könnte: “Rundfunk und Kultur benötigen Sicherheit über die künftige Nutzbarkeit ihrer Kernressource von Frequenzen im Bereich 470 – 694 MHz. Davon hängen Investitionsentscheidungen und Arbeitsplätze, aber auch flächendeckende Informationswege für den Katastrophenfall und die Wettbewerbsfähigkeit des Eventstandorts Deutschland ab.”

6. Sahra Wagenknecht ist die neue Horst Schlämmer
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Medienkritiker Stefan Niggemeier hatte ein kleines Déjà-vu: Angesichts der medialen Umfrageeuphorie um Sahra Wagenknechts Eventuell-Partei fühlt er sich an Hape Kerkelings Kunstfigur Horst Schlämmer erinnert.

Bild.de schiebt Özdemir radikales Werbeverbot für Milch unter

Cem Özdemir und sein Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wollen an Kinder gerichtete “Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt in allen relevanten Medien” verbieten. So soll es im Fernsehen und Radio zwischen 6 und 23 Uhr keine entsprechenden Werbespots mehr geben, auch bestimmte Printmedien wären betroffen, ebenso Soziale Netzwerke und das dort stattfindende Influencer-Marketing, genauso Sponsoring, das sich an Kinder richtet, und so weiter. Es ist ein recht umfassendes Vorhaben zum Schutz von Unter-14-Jährigen, so das Ministerium. Einen Überblick darüber, welche Auswirkungen eine Umsetzung des Gesetzesentwurfs hätte, bietet Jost Maurin in der “taz” – allein schon wegen der vielen konkreten Beispiele sehr lesenswert.

Am vergangenen Freitag wollte auch die “Bild”-Redaktion ihren Leserinnen und Lesern erläutern, welche Folgen Özdemirs Plan hätte:

Screenshot Bild.de - Sogar Milch ist dabei! Özdemirs Werbe-Verbotsliste

In einer früheren Version lautete die Überschrift:

Screenshot Bild.de - Bild hat die ganze Liste - Özedmir will sogar Werbung für Milch verbieten

Zwischenzeitlich hatte es die aktuell in der Dachzeile genannte Milch also – neben einen fehlerhaften Ministernamen – sogar in die Bild.de-Überschrift geschafft. Und es klingt ja auch erstmal ziemlich irre: Ein wichtiger Calciumlieferant wie Milch soll auf einmal so gefährlich für Kinder sein, dass diese vor Milchwerbung geschützt werden müssen. Warum denn das?

Die Antwort ist recht simpel: Es stimmt schlicht nicht, was die “Bild”-Redaktion titelt.

Bereits am 27. Februar hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine Pressemitteilung zu Cem Özdemirs Gesetzesvorhaben veröffentlicht, in der unter anderem steht:

Milch (hinsichtlich des Fettgehalts) und Säfte (ohne zusätzlichen Zucker oder Süßungsmittel) sollen von der Regelung ausgenommen sein.

Am selben Tag hat “taz”-Redakteur Jost Maurin einen Artikel zum Thema veröffentlicht, in dem er schreibt:

Betroffen sind nur die Lebensmittel, die das Ministerium als zu fettig, zuckerig und salzig einstuft. Dabei will es sich nach eigenen Angaben an den Nährwertprofilen der Weltgesundheitsorganisation WHO orientieren. Sie gibt für 17 Kategorien Obergrenzen für diese Inhaltsstoffe vor. […] Bei Milch und Säften dagegen wolle man von den WHO-Grenzen abweichen, sagte [die zuständige Abteilungsleiterin des Ministeriums Eva] Bell der taz.

Vier Tage später titelt Bild.de: “Özedmir will sogar Werbung für Milch verbieten”. Im Text von “Bild”-Autor Elias Sedlmayr klingt es allerdings schon etwas anders:

Diese radikalen Werbeverbote plant Özdemir

► Milch und Milchgetränke, Getränke aus Soja, Nüssen oder Saaten, die Zuckerzusatz oder Süßstoff enthalten, dürfen nicht mehr beworben werden. Absurd: Normale Vollmilch hat einen Milchzucker-Gehalt von 4,7 Prozent.

Es scheint also gar nicht um Milch zu gehen, wie die “Bild”-Redaktion es in ihrer Überschrift wirken lässt, sondern um Milch mit zusätzlichem Zucker. Nur ist das dann keine Milch mehr (außer man würde auch Milch mit Orangensaft oder Milch mit Sojasauce oder Milch mit Rattengift als Milch einstufen). Im deutschen Milch- und Margarinegesetz ist ziemlich klar geregelt, was Milch ist:

Milch: das durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnene Erzeugnis der normalen Eutersekretion von zur Milcherzeugung gehaltenen Tierarten

Ein von “Bild” bei Twitter geposteter Ausschnitt des eigentlich nicht-öffentlichen Referentenentwurfs des Ministeriums bestätigt noch mal, dass es sich ausschließlich um ein mögliches Werbeverbot für Milch mit zusätzlichem Zucker oder Süßungsmittel handelt. Der in der Milch vorhandene Milchzucker spielt dabei keine Rolle.

Die “Bild”-Redaktion scheint das eigentlich auch verstanden zu haben. Einen Tag später, in der Samstagsausgabe der gedruckten “Bild”, erschien ebenfalls ein Artikel zu “Özdemirs absurder Werbeverbotsliste”. Weder in der Überschrift noch in der Dachzeile ist von “Milch” die Rede (in der Dachzeile lediglich von “Milchprodukten”). Im Artikel, ebenfalls von Elias Sedlmayr verfasst, steht nur zutreffend:

Auch Milch mit Zuckerzusatz ist vom Verbot betroffen.

Online bleibt die “Bild”-Redaktion hingegen bei ihrer falschen Milch-Behauptung.

Ob nun an Kinder oder an Jugendliche gerichtet, an Erwachsene oder an alle – welchen Stellenwert Lebensmittelwerbung als Einnahmequelle für “Bild” und den Axel-Springer-Verlag hat, erkennt man, wenn man sich das Blatt regelmäßig anschaut und nach Anzeigen durchsucht. In der zurückliegenden Woche, also seit vergangenem Mittwoch, sind in der “Bild”-Bundesausgabe insgesamt 52 Anzeigen erschienen. 22 davon stammten von Supermärkten oder Lebensmitteldiscountern – also über 42 Prozent (der Anteil erhöht sich noch einmal deutlich auf über 61 Prozent, wenn man die 16 Eigenanzeigen für “Bild”, “Bild am Sonntag” oder andere Springer-Veröffentlichungen rausrechnet). Nun kann es sich dabei ja um sehr unterschiedliche Anzeigengrößen und damit um sehr unterschiedliche Anzeigenpreise handeln. Also: Alle acht halbseitigen Anzeigen, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, kamen von Supermärkten oder Discountern. Sie schalteten auch fünf der insgesamt sieben ganzseitigen Anzeigen. Und auch die einzige doppelseitige Anzeige, die in diesem Zeitraum erschienen ist, hat ein Lebensmitteldiscounter geschaltet (nur zwei große Elektromärkte können da vielleicht noch mithalten: Sie haben in derselben Zeit zwar keine Anzeigen gebucht, dafür aber an drei Tagen mehrseitige Prospekte beilegen lassen).

Nicht wirklich überraschend, dass die “Bild”-Redaktion sich mit Verve und einer falschen Behauptung einem geplanten Werbeverbot entgegenstellt.

Bildblog unterstuetzen

Bild.de zeigt Hinrichtung eines Menschen

Wenn auf der Bild.de-Startseite ein Artikel mit der Überschrift “Mann erschießt Obdachlosen auf dem Bordstein” zu finden ist und in der dazugehörigen Dachzeile steht: “SCHOCKIERENDES VIDEO AUS USA”, dann ist zu befürchten, dass die “Bild”-Redaktion eben dieses Video auch zeigt. Und genau so ist es: Bei Bild.de ist seit gestern zu sehen, wie ein Mensch regelrecht hingerichtet wird (auf jegliche Verlinkungen verzichten wir in diesem Fall bewusst).

Screenshot Bild.de - Schockierendes Video aus den USA - Mann erschießt Obdachlosen auf dem Bordstein
(Die Unkenntlichmachung stammt von uns. Mehr dazu weiter unten im Beitrag.)

Am Montag soll in St. Louis ein Mann einen anderen am helllichten Tag auf der Straße erschossen haben. Ein Passant hat einen Teil der Tat mit seiner Handykamera aus kürzerer Distanz, leicht versteckt gefilmt. Dieses Video hat die “Bild”-Redaktion in ihren Artikel eingebettet. Zu Beginn blendet sie einen Warnhinweis ein:

Screenshot Bild.de - Achtung gewaltsame Szenen

Anschließend ist eine Straßenszene zu sehen, in der ein Mann auf dem Bordstein sitzt. Ein anderer steht neben ihm und hantiert mit einer Waffe. Nichts ist verpixelt, nicht das Opfer, nicht der Täter. Nach kurzer Zeit streckt der stehende Mann den Arm aus und richtet die Waffe auf den Kopf des sitzenden Mannes. In diesem Moment friert bei Bild.de das Video ein (dieses Standbild ist auch die Aufnahme, die bei Bild.de auf der Startseite zu sehen ist, und die wir weiter oben unkenntlich gemacht haben). Die Tonspur des Videos läuft hingegen weiter, ein Schuss ist zu hören und die Aussage der filmenden Person: “Oh my God, he just fucking killed him.”

Was nicht in dem Video zu sehen ist, aber aus einem Polizeiprotokoll hervorgeht: Dem Opfer wurde vom Täter zuvor bereits in den Rücken geschossen. Der Mann sitzt völlig wehrlos auf dem Bordstein, während der Täter seine Waffe nachlädt. Es ist eine regelrechte Hinrichtung, die die “Bild”-Redaktion da zeigt. Und sie zeigt sie nicht nur einmal – in dem 1:21 Minuten langen Clip zeigt sie die Szene insgesamt dreimal. Es scheint dabei einzig um Sensationsgier zu gehen.

In einem recht ähnlichen Fall sprach der Deutsche Presserat im September 2020 eine Rüge gegen die “Bild”-Redaktion aus:

Als unangemessene Darstellung von Brutalität und Leid nach Ziffer 11 des Pressekodex beurteilte der Presserat das Video einer Tötungsszene. Unter dem Titel “Mann in New York aus Auto erschossen” zeigte BILD.DE, wie ein Mann beim Überqueren einer Straße erschossen wird und zu Boden fällt. Die Redaktion hatte das Fahndungsvideo vom Twitter-Account der New Yorker Polizei übernommen. Nach Ansicht des Presserats bediente das Video – in dem die Tötung wiederholt gezeigt wurde – reine Sensationsinteressen. Der ursprüngliche Fahndungszweck des Videos hatte in der deutschen Öffentlichkeit keine Bedeutung. Für die Presse gilt bei der Veröffentlichung von Ermittler-Material der Pressekodex, betonte der Beschwerdeausschuss.

Die “Bild”-Redaktion weiß von dieser Kritik, sie hat die Rüge damals unter dem entsprechenden Bild.de-Artikel wie vorgeschrieben veröffentlicht.

Ein Unterscheid zwischen dem aktuellen Video aus St. Louis und dem aus New York, für das Bild.de die Rüge bekommen hat: Während in dem New Yorker Fall das Video nach einem Schnitt auch die Szene nach dem Schuss und damit den Übelebenskampf des Opfers zeigt, friert das Video aus St. Louis bei Bild.de, wie gesagt, direkt vor der Schussabgabe ein. Allerdings sollte man das nicht als Rücksichtnahme auf Opfer und Leser-/Zuschauerschaft und als letztes Fünkchen Anstand der “Bild”-Mitarbeiter deuten. Im Originalvideo, das uns vorliegt, schwenkt die filmende Person genau in diesem Moment weg. Die Redaktion konnte also gar nichts weiter zeigen.

Stellenabbau bei “Bild” und “Welt”, Werbung für “Zuckerbomben”, TikTok

1. Springer-Verlag kündigt Stellenabbau an
(spiegel.de)
Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner habe sich am gestrigen Dienstag in einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und “deutliche Reduzierungen von Arbeitsplätzen” angekündigt. Von dem Stellenabbau seien auch die Redaktionen von “Bild” und “Welt” betroffen. Zudem habe Döpfner die wachsende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz thematisiert, die “Journalismus und Mediengeschäft revolutionieren” werde. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert den geplanten Stellenabbau. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Springer ab Mitte des Jahres die Zustellung von “Bild am Sonntag” und “Welt am Sonntag” einstellen wird.

2. “Für die Finanzierung der Presse sind Werbeeinnahmen unverzichtbar”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat ein Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel angekündigt, um Kinder besser vor “Zuckerbomben” zu schützen. Was viele Eltern freuen dürfte, stößt bei der Werbewirtschaft auf Unmut. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der Medienverband der freien Presse und der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft lehnen die Pläne ab.

3. Es ging nie um Journalismus
(taz.de, Steffen Grimberg)
Medienmogul Rupert Murdoch musste vor Gericht einräumen, dass es im Rahmen der US-Wahlberichterstattung seines TV-Senders Fox News zu Falschaussagen und unbewiesenen Unterstellungen gekommen ist. Das könnte Fox News und Murdoch teuer zu stehen kommen, wie Steffen Grimberg erklärt: “Konkret geht es bei dem Verfahren in Delaware um eine Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion. Weil Trump und Konsorten Dominion unterstellten, sie hätten Stimmen für Trump einfach Biden zugeschlagen, laufen aktuell diverse Klagen. Dominion fordert 1,6 Milliarden Dollar von Fox beziehungsweise Murdoch wegen Verleumdung.”

Bildblog unterstuetzen

4. Organisationen fordern starke Plattformaufsicht
(reporter-ohne-grenzen.de)
Gemeinsam mit zwölf weiteren Organisationen fordert Reporter ohne Grenzen die Bundesregierung auf, im Zuge der Umsetzung des europäischen Digital Services Act eine starke Plattformaufsicht einzurichten. Ein gestern veröffentlichter offener Brief (PDF) beschreibt, was geschehen muss, um Rechte im digitalen Raum besser zu schützen und die Sorgfaltspflichten von Plattformen stärker zu kontrollieren.

5. Null Covid, viel Repression
(sueddeutsche.de, Philipp Riessenberger)
Der Verband der Auslandskorrespondenten in Peking beklagt die erschwerten Arbeitsbedingungen in China. Das Spektrum der Schikanen reicht von einer restriktiven Visavergabe, staatlichen Kontrollen, Behinderungen durch die Polizei und lokale Behörden bis hin zur Einschüchterung und Verfolgung von Gesprächspartnern.

6. TikTok muss von allen Dienstgeräten der US-Behörden verschwinden
(zeit.de)
Die chinesische App TikTok muss nach einer Anordnung der US-Regierung innerhalb von 30 Tagen von allen Geräten der US-Bundesbehörden gelöscht werden. Kanada hat einem Zeitungsbericht zufolge TikTok bereits seit diesem Dienstag von den Diensthandys der Regierung verbannt, “um die Sicherheit von Regierungsinformationen zu gewährleisten”. Auch die EU-Kommission habe ihren Beschäftigten die Nutzung von TikTok auf Diensthandys und Laptops untersagt. Grund seien Bedenken hinsichtlich der Cybersicherheit (gemeint ist wohl die Angst vor Ausspähung durch China).

Bei der Union völlig legitim, bei Rot-Grün ein Skandal, bei Bild.de klammheimlich

Da hat die “Bild”-Redaktion gestern also die Vorbereitungen für einen “Wahl-Klau” durch Rot-Grün bei der anstehenden Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ausgemacht. Und wenn man das jetzt alles noch einmal bei Bild.de nachlesen will, um heute Abend beim Stammtisch gut vorbereitet über diese rot-grün-rote Schweineaktion lospoltern zu können, findet man: nichts.

Screenshot Bild.de - Bild.de-Suche, Übersicht der Ergebnisse eins bis zehn von insgesamt 25 Treffern Ihrer Suche nach Wahl-Klau

Der “Wahl-Klau” ist spurlos von Bild.de verschwunden. Die Formulierung findet sich in dem Artikel von “Bild”-Autor Carl-Victor Wachs an keiner Stelle mehr. Die ursprüngliche Überschrift

Screenshot Bild.de - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - Rot-Grün bereitet Wahl-Klau gegen die CDU vor

… wurde geändert:

Screenshot Bild.de - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - CDU vorne? So will Rot-Grün trotzdem weiterregieren

Der Absatz “Erst das Wahl-Debakel! Und jetzt auch noch Wahl-Klau?” wurde ersatzlos gestrichen. Genauso der Absatz “Im Klartext: Rot-Rot-Grün will der CDU den Sieg klauen!”

Dafür wurden die Zitate des CDU-Generalsekretärs Mario Czaja, des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner und des ersten parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsbundestagsfraktion Thorsten Frei ausgebaut sowie die Ergebnisse einer aktuellen INSA-Umfrage hinzugefügt.

Das alles ist klammheimlich passiert. Was es nämlich nirgends gibt: Eine transparente Erklärung der Redaktion, dass und warum sie den Artikel verändert und die “Wahl-Klau”-These verworfen hat. Erst recht gibt es nirgends eine ansatzweise Entschuldigung dafür, dass man einen legitimen demokratischen Vorgang – auch ohne den Wahlsieger eine Regierung zu bilden, sofern die dafür erforderliche Mehrheit vorhanden ist – prophylaktisch mit Schmutz beworfen und Rot-Grün-Rot unlauteres Verhalten unterstellt hat. Stattdessen nur die Verachtung für die eigene Leserschaft, die es aus Sicht der “Bild”-Redaktion offenbar nicht wert ist, all das mitgeteilt zu bekommen.

“Bild”-Autor Carl-Victor Wachs schrieb gestern kämpferisch bei Twitter über seinen “Wahl-Klau”-Beitrag:

Wenn Du heftig für einen Text angefeindet wirst, hast Du einen Nerv getroffen.

Ja, genau, so könnte es sein. Oder aber du hast einfach zündelnden Blödsinn geschrieben, den selbst deine eigene Zündel-Redaktion inzwischen nicht mehr mittragen will.

Bildblog unterstuetzen

Das Ende von Gruner + Jahr?, “ÖRR-Blog”, Katastrophenbilder

1. “Gruner wird sich auf die Haupttitel konzentrieren”
(wiwo.de)
Was viele befürchtet haben, tritt nun ein: Nach der Verschmelzung der Magazinsparte des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr mit RTL kommt es zur Einstellung mehrerer Zeitschriftentitel sowie zu Stellenstreichungen. Insgesamt 46 Titel sollen entweder vom Markt genommen oder verkauft werden – mit bitteren Folgen für die dort Beschäftigten: “Mit dem Wegfall von rund 700 Stellen wäre das mehr als jede dritte der 1900 Vollzeitstellen im Zeitschriftensegment, die vorwiegend in Hamburg angesiedelt sind.”
Weiterer Lesehinweis: Imre Grimm kommentiert den “Kahlschlag bei Gruner + Jahr”: “Es fehlte an Mut und Ideen” (rnd.de).

2. Gegen ARD und ZDF: Watchblog mit politischer Agenda
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Das “ÖRR-Blog” kritisiert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Twitter und Instagram und hat bereits mehrere zehntausend Follower. Nur wenige wissen, dass sich hinter dem Account ein CSU-Kommunalpolitiker verbirgt. Matthias Schwarzer hat sich die Arbeitsweise des “ÖRR-Blogs” genauer angesehen und kritisiert die seiner Meinung nach unlauteren Mittel: “Zwar findet sich zum Teil in den Beiträgen fundierte Kritik – etwa wenn der NDR in einer Bürger-Talkshow die Parteizugehörigkeit seiner Gäste verschweigt. Nicht selten aber werden Begebenheiten mit Screenshots oder abgeschnittenen Videobeträgen derart aus dem Zusammenhang gerissenen und ad absurdum geführt, dass vom Vorwurf bei näherer Betrachtung kaum noch etwas übrig bleibt.”

3. Das Wunschkonzert verstummt
(taz.de, Ralf Leonhard)
Robert Ziegler, bisheriger Landesdirektor und ehemaliger Chefredakteur des ORF-Landesstudios Niederösterreich, ist am 3. Februar freiwillig zurückgetreten, weil ihm die “massive mediale Berichterstattung und die damit verbundene Belastung” die Ausübung seines Amtes unmöglich gemacht hätten. Wie Ralf Leonhard in der “taz” berichtet, sei Ziegler so der Veröffentlichung eines kritischen Berichts über seine Amtsführung und seinem wohl sicheren Rauswurf zuvorgekommen.

Bildblog unterstuetzen

4. Welche Schwierigkeiten es im Umgang mit Katastrophenbildern gibt
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein & Annika Schneider, Audio: 6:17 Minuten)
Welche Bilder Medien von Katastrophen und Kriegen zeigen (und welche sie vielleicht nicht zeigen sollten), wird immer wieder diskutiert, so auch nach dem Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Der Deutschlandfunk geht der Frage nach, wo die ethischen Grenzen liegen, und was Journalistinnen und Journalisten beachten sollten, wenn sie über Katastrophen berichten.

5. Unzu­läs­sige Ein­wir­kung auf den Wahl­kampf
(lto.de, Christian Conrad)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Ministerpräsidentin von Hessen werden und hat dafür ihren bisherigen Twitter-Account umgewidmet. Der Jurist Christian Conrad findet das in seinem Gastbeitrag bei “Legal Tribune Online” sehr bedenklich: “Der Wechsel eines bislang (auch) amtlich betreuten und auch derart wahrgenommenen Accounts zu einem parteipolitischen Wahlkampfaccount ist nicht nur rechtswidrig, sondern wegen des damit verbundenen Eingriffs in den demokratischen Willensbildungsprozess auch demokratiefeindlich und verfassungswidrig.”

6. Bayerische Staatsbibliothek stellt Fotos aus dem “Stern”-Archiv online
(sueddeutsche.de)
Das umfassende Bildarchiv des Magazins “Stern” ist nun online verfügbar. Die ersten 250.000 Bilder hat die Bayerische Staatsbibliothek auf einer eigenen Website zur Verfügung gestellt. Das Archiv, das das Hamburger Magazin der Bibliothek in München 2019 geschenkt hat, umfasst insgesamt 15 Millionen Fotos, Dias, Negative und Abzüge, die nach und nach erschlossen und digitalisiert werden sollen. Bis Ende 2025 will die Staatsbibliothek die ersten drei Millionen Negative samt Kontaktbögen online verfügbar machen.

“Bild”-Bericht teils rechtswidrig, Im Dienste ihres Kanzler, Rote Armee

1. Bild-Bericht über Tod von Lisa Mar­tinek teils rechts­widrig
(lto.de)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bestätigt, dass Trauer und Angst um einen nahen Angehörigen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sind. Eine Berichterstattung über eine solche Gefühlslage verletze das Persönlichkeitsrecht des Angehörigen auch dann, wenn seine Gefühlswelt nur “zwischen den Zeilen” wiedergegeben werde. Gleichzeitig kann ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an den Umständen des Todes eines Menschen bestehen. Zum Hintergrund: Ein Kläger, der Ehemann der verstorbenen Schauspielerin Lisa Martinek, hatte den Axel-Springer-Verlag auf Unterlassung der “Bild”-Berichterstattung über den Tod seiner Frau verklagt und vom BGH teilweise Recht bekommen.

2. Im Dienste ihres Kanzlers
(taz.de, Sebastian Erb)
Die Digitalkonferenz “Republica” konnte im vergangenen Jahr einen prominenten Gast gewinnen: den amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz. Die bekannte Moderatorin Linda Zervakis sprach mit ihm über “Digitalpolitik in Zeiten des Umbruchs”. Im Nachhinein wurde Kritik laut, dass das Gespräch zu freundlich und unkritisch gewesen sei. Nun stellt sich heraus, dass Zervakis offenbar direkt vom Kanzleramt und nicht vom Veranstalter der Konferenz ausgewählt und als Moderatorin des Talks engagiert wurde.

3. US-Behörden werfen Iran geplanten Auftragsmord an Journalistin vor
(zeit.de)
Die US-Justizbehörden haben die Festnahme von drei Männern bekannt gegeben, die an einem vom Iran unterstützten Mordkomplott gegen die Journalistin Masih Alinejad beteiligt gewesen sein sollen. Die drei Männer seien Mitglieder einer osteuropäischen kriminellen Vereinigung mit Verbindungen zum Iran. Alinejad, die in der Vergangenheit iranische Frauen ermutigt hatte, ihr Kopftuch abzulegen, werde von iranischen Behörden die “Verbreitung von Hass” vorgeworfen.

Bildblog unterstuetzen

4. Wie Big Oil mit Big Tech Klima-Desinformation streut
(futurezone.at, Tina Wirnsberger)
Das Bündnis Climate Action Against Desinformation hat einen Bericht veröffentlicht (PDF), der gezielte Klima-Desinformation während der UN-Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh (COP27) aufdecke. Der Bericht zeige, dass Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe während der COP27 rund 4 Millionen US-Dollar in bezahlte Werbung auf Facebook und Instagram investiert hätten, um irreführende Behauptungen über die Klimakrise zu verbreiten.

5. Moderatorin verwechselt Rote Armee mit RAF
(spiegel.de)
Nachrichtenmoderatorin Franca Lehfeldt hat mit einem Fehler zum Holocaust-Gedenktag für Spott und Häme gesorgt. Sie sagte beim TV-Sender “Welt”: “Heute vor 78 Jahren befreite die Rote Armee Fraktion die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz”, was nicht korrekt ist, denn es handelte sich bei den Befreiern um Soldaten der UdSSR, also die Rote Armee, und nicht um die erst deutlich später gegründete linksextremistische Terrorgruppe Rote Armee Fraktion. Lehfeldt ist “Welt”-Chefreporterin und mit dem FDP-Bundesvorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner verheiratet.
Weiterer Lesetipp: Lehfeldt klagt über “Welle von Häme und Sexismus” (dwdl.de, Alexander Krei).

6. “Ich bin ein Star” und die Hodendämmerung im Dschungel
(dwdl.de, Peer Schader)
“Nach 16 ‘Ich bin ein Star’-Staffeln wirkt nicht nur die Inszenierung der berüchtigten Essensprüfungen völlig aus der Zeit gefallen; auch der Effekt des Verzehrs von Schweinepenis, Krokodilaugen und Bullenhoden hat sich längst erschöpft.” Peer Schader plädiert dafür, die Ekelprüfungen beim “Dschungelcamp” abzuschaffen und wendet sich direkt an RTL: “Hör endlich auf mit den überflüssigen Essensprüfungen. Sonst bleibt dir vielleicht aus Versehen irgendwann vor lauter Gewiehere der vegane Räucherlaxx deines Sponsors im Halse stecken.”
Lesenswert ist auch Imre Grimms Beitrag “Wie RTL nett werden wollte – und grandios scheiterte”: “RTL wollte endlich weg vom alten Krawallimage: Man schmiss Dieter Bohlen raus und förderte freundliche Formate. Jetzt ist Bohlen wieder DSDS-Chef – und auch im Dschungel ist Radau wie immer. Stattdessen musste der Mann gehen, der das ‘neue RTL’ erfand.” (rnd.de)
Und noch ein Hörtipp: Im “Übermedien”-Podcast sprechen Holger Klein und Samira El Ouassil über Dieter Bohlens “Rückfall ins sexistische Steinzeitfernsehen bei DSDS” (Audio: 34:47 Minuten). Hörenswert auch wegen El Ouassils vielen guten Gedanken zur Entwicklung des Trash-TV.

Blättern:  1 ... 3 4 5 ... 1026