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Als mit Akif Pirinçci noch gut Currywurst essen war

Die Medien diskutieren momentan, wie Akif Pirinçci seine grässliche KZ-Aussage (“Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.”) am Montagabend bei der “Pegida”-Kundgebung genau meinte. Dass seine Rede in Dresden furchtbar war, darauf können sie sich hingegen einigen. Auch “Bild” und Bild.de:

Das sei eine “Hetzrede des irren Autors” gewesen. Sowieso falle Pirinçci schon seit 2012 “durch rechte Äußerungen in Blogs auf.” Und seine Bücher erst:

Im März 2014 hetzt er in seinem Buch “Deutschland von Sinnen” gegen Frauen, Schwule und Zuwanderer (“Manuscriptum”-Verlag).

Nanu? Damals, “im März 2014”, fanden die “Bild”-Medien Pirinçcis “Deutschland von Sinnen” eigentlich noch ganz spannend:

Von Hetze ist im Currywurstbudenbericht von “Bild am Sonntag”-Reporterin Anja Hardenberg keine Rede. Das Buch sei “schonungslos”, von einem geschrieben, “der politisch völlig unkorrekt ist.”

Ein paar Tage später legte Hardenberg bei einem zweiten Treffen mit Pirinçci noch einmal nach:

Pirinçci — laut Teaser möglicherweise ein Genie — liebe den “kalkulierte[n] Tabubruch”:

Wer ist dieser Pirinçci, der mal eben die politische Korrektheit schreddert?

Antwort:

Pirinçci, in dessen Krimis das Blut in Strömen fließt, ist eigentlich ein sympathisches Weichei.

Und:

Der Mann, der sich so wortmächtig über deutsches Schubladendenken und kulturelle Arroganz ereifert, ist ein verkappter Romantiker.

Während Akif Pirinçci aus heutiger “Bild”-Sicht in “Deutschland von Sinnen” “gegen Frauen, Schwule und Zuwanderer” “hetzt”, hieß es vor eineinhalb Jahren über das “Pöbel-Buch” noch:

Darin ledert er gegen Frauenquote, Homosexuelle, Öko-Fundamentalisten und anmaßende Zuwanderer.

“BamS” und Bild.de fanden das Abledern damals anscheinend so interessant, dass sie nicht nur werbewirksam Preis und Verlag des Buches nannten, sondern ihren Lesern auch noch eine Leseprobe spendierten:

Kurz darauf durfte Akif Pirinçci in “Bild am Sonntag” und auf Bild.de sogar als Gastautor über einen Deutschlandauftritt des türkischen Präsidenten Erdoğan schreiben:

Ein Hetzer als “Bild”-Autor. Unvorstellbar.

Siehe auch:

Wer Hass sät

“Bild” hat also beschlossen, noch ein wenig im Mittelalter zu verweilen.

So viel offener Hass war noch nie in unserem Land! Und wer Hass sät, wird Gewalt ernten. (…) BILD reicht es jetzt: Wir stellen die Hetzer an den Pranger!


(Alle Unkenntlichmachungen von uns.)

So präsentiert “Bild” heute knapp 40 Kommentare von Facebook (ganz prangermäßig natürlich samt Fotos und Namen der Verfasser). Zum Beispiel von Marco W.:

Verpisst euch aus Deutschland

Oder von Waldemar B.:

An die Wand,mit dem Dreckspack.

Oder von von Silvio B.:

Sind wir nicht alle ein bisschen Nazi

Dazu erklärte “Bild”-Chef Kai Diekmann heute:

Man kriegt Angst, wenn man sich dieser Tage die Nachrichten anschaut. Eine Politikerin, die sich für Flüchtlinge einsetzt in Köln, wird einfach abgestochen, niedergestochen. Da gibt es Demonstrationen, da laufen Leute rum mit selbstgebastelten Galgen, an denen Politiker hängen. Und das alles hat angefangen mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien. Und da gilt einfach, wir sehen es jetzt: Wer Hass sät, der wird Gewalt ernten. Das können wir nicht zulassen, da müssen wir „Halt, Stopp!“ rufen. Da wird ein Klima erzeugt, was wir nicht wollen. Und deshalb ist es richtig, diese Leute, die glauben, hier mit ihrem Gesicht diesen Hass, diesen Rassismus verbreiten zu müssen – die müssen wir an den Pranger stellen.

Die eigentliche Frage lässt er allerdings unbeantwortet: Warum „Bild“ die Hetzer an den Pranger stellt. Was soll das bewirken? Dass die 40 Abgebildeten jetzt stellvertretend für all die Dumpfnasen sozial geächtet, von ihrer Familie verstoßen und von ihrem Boss gefeuert werden? Oder dass sich die rechtschaffenden Leser dazu aufgefordert fühlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen?

Der Medienanwalt Christian Solmecke hat die Aktion heute stark kritisiert. In einer Pressemitteilung schreibt er, „Bild“ hätte die Fotos und Nachnamen verpixeln müssen:

Unabhängig davon welche Straftat möglicherweise durch ein Bürger begangen wurde, gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Dieses Prinzip gehört zu den fundamentalen Grundlagen unseres Rechtsstaates und wird durch einen solchen undifferenzierten Internetpranger mit Füßen getreten. Hinzukommt, dass die Verfolgung von Straftaten ausschließlich den zuständigen Behörden zukommt. Wer die Namen potentieller Straftäter veröffentlicht, verurteilt diese, bevor die Strafverfolgungsbehörden überhaupt Ermittlungen aufgenommen haben. Dies widerspricht unserem Rechtssystem und greift tief in die Grundrechte der einzeln aufgeführten Personen ein.

Gerade diejenigen, „die zwar moralisch verwerfliche Kommentare von sich geben, jedoch die Grenze der Strafbarkeit noch nicht erreichen“, würden „besonders stark in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt“, schreibt Solmecke. Das Gleiche gelte für jene, die einen ähnlichen Namen tragen „und durch die Berichterstattung nun mit rechtswidrigen Äußerungen in Verbindung gebracht werden“.

Beim Presserat sind schon die ersten Beschwerden eingegangen, was in den Springer-Chefetagen freilich nur für eines sorgte:

Aber zurück zu den Hetzern, also denen bei Facebook.

Angefangen habe alles „mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien“, sagt Kai Diekmann. Aber das ist nicht ganz richtig.

Ab ins Arbeitslager, und die Alte gleich mit !!!

Garnicht erst reinlassen diesen Abshaum
raus aus der EU und die Grenzen wieder dicht !!!

Die Familie sofort abschieben, meine Steuern sind mir zu Schade für solche Menschen, der wird sonst sein Leben lang auf Kosten der anderen leben. Kein Wunder, wenn die Deutschen immer mehr nach rechts rucken, so kann es nicht weitergehn!!!

Diese Hass-Botschaften sind nicht bei Facebook oder Twitter veröffentlicht worden, sondern in der Kommentarspalte von Bild.de. Und sie waren auch nicht der Anfang, sondern eine Reaktion – auf diesen Artikel:

Dass die beiden in Wirklichkeit Deutsche sind, haben die „Bild“-Medien damals natürlich verschwiegen. Dort war nur von „Roma“ die Rede.

Und dieses Pack füttert der Steuerzahler durch, sofort dort hin wo sie hin gehören.
Sehe es auch so, dass später nur krumme Dinger gedreht werden. Haben doch genug von den Romas in Deutschland Der größte Teil ist wie die oben genannte Sippe. Ein Kind nach dem anderen kriegen. Geld kassieren und nicht arbeiten.

Viele solcher Hass-Posts kamen nicht aus dem Nichts. Sie kamen, weil „Bild“ sie provoziert hat.

Das ist unser D E U T S C H L A N D!!!
Wir, das Volk sollte mitbestimmen dürfen, wen wir hier reinlassen oder nicht!
Ich möchte nicht, mit einer S&W Cal .357 schlafen, bzw. jeden Tag draussen rum laufen müssen,
aus Angst wegen ein paar Cent ausgeraubt zu werden!
Aber, ich denke, das ist so gewollt mit der Unterwanderung anderer Völker in Deutschland.
Siehe I. und II.WK!

Ich bin nur noch traurig. Haben diese Richter keine Verantwortung oder Gespür für das deutsche Volk.
Wer hier schreib es gibt keine Menschen erster od. zweiter Klasse gibt, hat eigentlich recht. Mitlerweile komme ich mir, als hier geborener,also echter Inländer, schon vor wie in der dritten Klasse.

[…] jetzt müssen wir noch Rumänen und Bulgaren, die arbeitsscheu sind unterstützen. Für einen Normalverdiener mit Kindern ist es doch jetzt schonj uninteressant in die Arbeit zu gehen. […] Aber für Asylanten und sonstige haben wir scheinbar genug Geld. Armes Deutschland.

Diese Kommentare sind erschienen, weil „Bild“ geschrieben hatte:


Dabei war das nur ein winziger Teil der Wahrheit. Das Urteil bezog sich nämlich nicht nur auf Rumänen und Bulgaren, sondern auf alle EU-Bürger, die in Deutschland leben und keinen Job finden, völlig unabhängig davon, aus welchem EU-Land sie kommen.

Nächstes Beispiel.

Solche Dreckspatzen sollte man verrecken lassen!!!!!!!

Großes Schiff. Care-Paket für die Reise, Bundeswehr“reisebegleiter“ mit genügend Waffen im Anschlag und gute Heimreise. Ganz einfach.
Wer tatsächlich vor Krieg und Tot fliehen MÜSSTE, benimmt sich nicht so , sondern würde vor Dankbarkeit den ganzen Tag arbeiten und fleißig deutsch lernen, um sich möglichst schnell in die Kultur und Gesellschaft einzubringen und anzupassen…!

Gleich eine Injektion aufziehen mit Fentanyl und Dormicum dazu noch ein bißchen Lidocain und fertig..

All das sind Reaktionen auf den „Bild“-Artikel, in dem behauptet wird, Rettungssanitäter in Bautzen müssten jetzt Schutzwesten tragen – „aus Angst vor Attacken im Asyl-Hotel“. Was überhaupt nicht stimmt.

Nächstes Beispiel.

Der deutsche Steuerzahler blecht dafür, dass brutale Ausländer in Deutschland sicher leben können, muss aber damit rechnen, von ihnen verprügelt zu werden!

Ah, nee. Das stammt von „Bild“ selbst.

Diese hier aber …

bekomme ein immer größeren Hass auf den rückständigen sch**** Islam, und das ist auch gut so. Lange lebe PEGIDA. Und Gauck, du Urmel aus dem Eis, gehe dahin wo die Baumwollpflücker leben….over and out.

WIE BESCHEUERT UND VERRÄTERISCH GEBEN SICH DIESE ISLAM-ARSCHKRIECHER NOCH BEI DER ABSCHAFFUNG UNSERER KULTUR UND UNSERER WERTE?!

Und genau darum bin ich dabei, genau darum werde ich im Neuen Jahr weiter argumentieren, mich streiten, mit linkem PACK anlegen, demonstrieren, zum N.A.S.I gemacht, und ich werde es aushalten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Und der Gemeinde noch ein schönes Weihnachtsfest !

… sind ebenfalls Reaktionen auf einen zurechtgebogenen „Bild“-Artikel, in dem das Blatt behauptete, Politiker würden „fordern“, dass im christlichen Weihnachtsgottesdienst muslimische Lieder gesungen werden.

Eine Idee, die in Wahrheit von „Bild“ kam, nicht von den Politikern.

Es gibt unzählige solcher Beispiele: Islam-Rabatt, Weihnachtsmarktverbot, Sonne-Mond-und-Sterne-Fest, Schnitzelkrieg, Moslem-Feiertag, Sarrazin, Ehrenmorde, Roma, Griechen, kriminelle Ausländer und so weiter und so weiter. Seit Jahren verschweigen die „Bild“-Medien bei diesen Themen entscheidende Tatsachen, sie verdrehen die Fakten zu knalligen Schlagzeilen, sie tricksen und lügen, sie heizen die Stimmung an, sie säen den Hass, über den sie sich heute empören.

Oder anders:

Mit Dank auch an Saskia K., Geesje R., Thomas R., Christian B. und bluspot.

Siehe auch:

Wie „Bild“ Ausländerfeindlichkeit fördert
Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt
„BILD lässt Vorurteile wachsen“

Geier Sturzflug

Die Auflagen von “Bild” und “Bild am Sonntag” sinken weiter rapide.

Laut IVW hat “Bild” im Vergleich zum Vorjahr fast zehn Prozent verloren, die “Bild am Sonntag” 6,5 Prozent. Im Online-Bereich wachsen die Nutzerzahlen dagegen: Im September zählte “Bild-Plus” gut 293.000 zahlende Leser, 50.000 mehr als im Jahr zuvor.

Da die IVW-Zahlen nur bis 1998 vorliegen, hat unser Leser Richard B. mal die früheren Daten rausgesucht:

Und man sieht: Die heutige “Bild”-Auflage ist die niedrigste seit 60 Jahren.

Galgen und Pranger

Dieses Foto hat vergangene Woche viel Empörung ausgelöst.

“Bild” schickte gleich jemanden auf die Jagd nach dem “Galgen-Mann”, und siehe da:

Ein heruntergekommenes Mehrfamilienhaus. Die Wohnung liegt im Erdgeschoss. Alles wirkt trist. Der BILD-Reporter klingelt – nach wenigen Sekunden öffnet Bernd A. in Jogginghose und T-Shirt.

Und genau so — in Jogginghose und T-Shirt an seiner Wohnungstür — präsentierte “Bild” den Mann am Samstag groß und unverpixelt in der Bundesausgabe (und online gegen Bezahlung).

(Unkenntlichmachung von uns.)

Die Fotos wurden der Perspektive nach aus Hüfthöhe aufgenommen. Den Namen des Fotografen geben “Bild” und Bild.de nicht an.

In einem Interview mit dem rechtspopulistischen Magazin “Compact” (ab Minute 6:00) sagt der Mann, die Fotos seien “still und heimlich” gemacht worden und obwohl es “eindeutig untersagt war, dass da Fotos gemacht werden”.

Bevor hier Missverständnisse aufkommen (Herr Reichelt, gut aufpassen): Es geht nicht um den Galgen, der war schäbig und hatte mit “Satire”, wie es der Mann nennt, nichts zu tun. Es geht darum, dass auch besorgte Flachzangen Grundrechte haben.

Die ungenehmigte Veröffentlichung von Fotos, die den Abgebildeten in seinem Privatbereich zeigen, verletzt grundsätzlich dessen Persönlichkeitsrecht. Das gilt auch für Personen, die aufgrund ihres Ranges oder Ansehens, ihres Amtes oder Einflusses, ihrer Fähigkeiten oder Taten besondere öffentliche Beachtung finden. (Udo Branahl: Medienrecht, 2009, siehe auch: § 201a StGB)

Ein öffentliches Informationsinteresse an seinem Aussehen besteht ohnehin nicht, zumal “Bild” und Bild.de schon am Mittwoch Fotos von der Demo veröffentlicht hatten, auf denen sein Gesicht zu sehen war.

Die “Bild”-Medien zeigen aber nicht nur Fotos, sie schreiben auch, wo der Mann wohnt, welchen Beruf er ausübt, welche Seiten er bei Facebook “mit ‘Gefällt mir’ angeklickt” hat, welche Musik er mag, welche Kommentare er geschrieben und welche Fotos er gepostet hat. Sie stellen ihn bloß, in Jogginghose und T-Shirt, als wäre ein medialer Pranger zielführender als ein symbolischer Galgen.

Nachtrag, 12. April 2016: Der Presserat hat die Veröffentlichung der Fotos für unzulässig erklärt.

Wo laufen sie denn?

Der “Fan Run” sollte der nächste Höhepunkt der selbstlosen “Wir helfen”Werbekampagne der “Bild”-Zeitung werden. Die Idee: Gemeinsam mit dem FC Bayern München einen Fünf-Kilometer-Lauf initiieren (als besonderes Leckerli dürfen die Teilnehmer im Innenraum des Bayern-Stadions eine Runde drehen), die Startgebühr von knapp 30 Euro pro Person soll — nach Abzug der Steuern — an die “Bild”-Stiftung “Ein Herz für Kinder” gehen. Und, schwups, wieder einmal den Feuerlöscher gemimt.

Seit Bekanntwerden der Pläne haben die “Bild”-Medien eifrig für den “Fan Run” getrommelt:




Klar, es gab auch Gegenwind. Gleich zu Beginn hatten Bayern-Fans in ihrem Blog “Miasanrot” moniert, dass nicht genau klar sei, wofür die Teilnahmegebühren verwendet werden, die Organisationsstruktur undurchsichtig sei und Daten der Läufer an den Axel-Springer-Verlag weitergeben würden. Einige der Punkte haben die Veranstalter ausgemerzt. Doch bis zuletzt gab es Kritik.

Alles kein Problem für die “Bild”-Profis, die direkt den Werbekonter einleiteten: Der frühere Fanliebling Hasan Salihamidzic forderte bei Bild.de:

Und “Bild”-Kumpel Lothar Matthäus jubelte:

Total super und riesig werde das alles, kündigten “Bild” und den FC Bayern an. “Tausende” Menschen würden teilnehmen:

Vergangenen Samstag fand der “Traum für alle Fans” schließlich statt. Es kamen: “über 500 Läufer”.

Mit Dank an Florian E.

“Bild” in die Tonne (3)

Hui, da war ja was los!

Eine größere Galerie mit Beispielbildern haben wir hier zusammengestellt (dauert einen Moment, bis alles geladen ist).

Über 5.500 Menschen, ein Dutzend Tiere und eine Pflanze haben sich an #BILDindieTonne beteiligt und ihre Gratis-“Bild” unschädlich gemacht. Viele haben auch gleich ihren Nachbarn einen Dienst erwiesen oder ihr Exemplar kurzerhand zurückgeschenkt. Mit so viel Einsatz hatten wir nicht gerechnet. Vielen Dank dafür!

Wir werden also alle der versprochenen 1.000 Lernhefte an Flüchtlingsunterkünfte verteilen. Und wir werden alle Spenden, die wir seit Dienstag bekommen haben, verwenden, um weitere Hefte zu besorgen (wie viele es am Ende geworden sind, tragen wir dann hier nach). Das Lernmaterial ist am besten für Unterkünfte geeignet, in denen es betreute Deutschkurse gibt. Wenn Sie Tipps haben, welche Unterkunft noch Hefte gebrauchen könnte, melden Sie sich gerne bei uns.

Die Gewinner der Verlosung kontaktieren wir in den nächsten Tagen.

Und falls Sie bisher ein schweres Rückenleiden daran gehindert haben sollte, die Gratis-“Bild” zu entsorgen: Hier kann man noch was Nützliches damit anstellen.

Bild.de hat den letzten

Auf den ersten Blick — und auch auf den zweiten — ist bei dieser Bild.de-Überschrift nicht so ganz klar, um wen es hier eigentlich geht: Um den vor zwei Tagen verstorbenen Hellmuth Karasek? Oder um “Bild”?

In der Gratis-“Bild”, die heute in allen Briefkästen des Landes stecken soll und die vermutlich schon im Druck war, als der Tod Karaseks bekannt wurde, klingt die Überschrift noch etwas weniger “Bild”-zentristisch:

Durch den Tod des Literaturkritikers wird eine Liste mit 25 Lesetipps, keiner davon länger als drei Sätze, für Bild.de und “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann (der es nicht hinbekommt, Karaseks Vornamen richtig zu twittern) also zum “Vermächtnis” Karaseks, der auch über 20 Bücher und für “Zeit” und “Spiegel” geschrieben hat und Teil des “Literarischen Quartetts” war und, und, und.

Nun gibt es aber noch ein Problem bei Karaseks Vermächtnis Liste: Sie hat ein paar Fehler. Zum Beispiel direkt bei Tipp Nummer eins, Günter Grass’ “Blechtrommel”:

Buchstäblich mit einem Paukenschlag meldete sich in diesem Schelmenroman der kleine Oskar Matzerath in die Literatur. Er weigerte sich zu wachsen und beobachtete mit dem Blick eines bösen Zwerges die schreckliche Erwachsenenwelt nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Ebenso erfolgreich wie das Buch war die Verfilmung von Volker Schlöndorff, die mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.

Mit dem “Ausbruch des Ersten Weltkriegs” hat die Blechtrommel zeitlich nichts zu tun. Protagonist Oskar Matzerath wird erst 1924 geboren, also sechs Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs.

Und auch bei Tipp Nummer drei, Theodor Fontanes “Effi Briest”, passt der zeitliche Rahmen nicht so recht:

“Effi Briest” ist neben Tolstois “Anna Karenina” und Gustave Flauberts “Madame Bovary” der berühmteste Ehebrecherroman des 20. Jahrhunderts. Er beschreibt, an welchen Grenzen damals bürgerliche Frauen zerbrachen.

Theodor Fontane ist 1898 gestorben, also noch im 19. Jahrhundert. “Effi Briest” erschien wenige Jahre vor seinem Tod und ist damit — genau wie “Anna Karenina” und “Madame Bovary” — kein Roman “des 20. Jahrhunderts”.

Schade eigentlich, dass Hellmuth Karaseks letzter Text an diesen Details und dem offenbar nicht vorhandenen Gegenlesen der “Bild”-Redaktion krankt. Aber immerhin: Es ist ja nicht sein Vermächtnis.

Mit Dank an @SchaerWords.

Nachtrag, 16:53 Uhr:

Und auch bei Tipp Nummer 23 stimmt was nicht, diesmal sogar recht grundsätzlich:

Der große Roman der Wirtschaftskrise der kleinen Leute in Berlin zur Zeit des Börsenkrachs. Fallada beschreibt ein mutiges Paar, das trotz seiner “Stehaufmännchen”-Qualitäten unter die Räder zu kommen droht.

Diese Zweisatzbeschreibung soll laut “Bild” und Bild.de Hans Falladas Roman “Jeder stirbt für sich allein” zusammenfassen, klingt aber eher nach Falladas “Kleiner Mann — was nun?”.

Mit Dank an @JohannesFreytag und Jens.

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“Bild” in die Tonne (2)

Morgen startet unsere große Umtauschaktion Gratis-“Bild” gegen Deutsch-Lernheft.

Hier noch mal die Anleitung im Schnelldurchlauf: Gratis-“Bild” aus dem Briefkasten holen, ungelesen zusammenknüllen, in den Mülleimer werfen und das Endprodukt fotografieren. Dieses Foto dann per Twitter (mit dem Hashtag #BILDindieTonne), Facebook (als Kommentar zu diesem Post) oder E-Mail ([email protected]) an uns schicken. Wir tauschen dann die Fotos im Kurs 1:1 in Deutsch-Lernhefte für Flüchtlinge um.

Und damit sich der Einsatz doppelt lohnt, verlosen wir unter allen #BILDindieTonne-Einsendern folgende Bücher, die uns die Verlage freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben:

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“Bild” in die Tonne

Am Donnerstag will der Axel-Springer-Verlag mal wieder eine Gratisausgabe der “Bild”-Zeitung ungefragt “an alle Haushalte in Deutschland” verteilen. Anlass ist dieses Mal “das 25. Jubiläum der Deutschen Einheit”, wie es in einer Broschüre für Werbekunden (PDF, Update: Inzwischen wurde die Folie zur Gratis-“Bild” aus der verlinkten Datei entfernt) heißt:

Für Widersprüche wie in den vergangenen Jahren ist es jetzt zu spät (wenige Tage vorher behauptet der Verlag immer, die Widersprüche könnten aus logistischen Gründen nicht mehr beachtet werden; schlauerweise hat er die Aktion bis heute nur seinen Werbekunden angekündigt und tut auf Anfrage so, als wisse er selbst noch gar nichts von einer Gratis-“Bild”), aber zum Einen gibt es ja noch ein paar schöne Anti-“Bild”-Briefkasten-Sticker zum Selberausdrucken. Oder aber: Sie tun mit dem Gratisexemplar noch etwas Gutes für Flüchtlinge — indem Sie es ungelesen wegschmeißen.

Denn hiermit präsentieren wir Ihnen die Gratis-“Bild”-Müll-Upcycling-Aktion: #BILDindieTonne.

So geht’s: Zerknüllen Sie am Donnerstag Ihre ungelesene Gratis-“Bild” und werfen Sie sie direkt in den Mülleimer. Machen Sie ein Foto davon und posten Sie es bei Facebook (als Kommentar zu diesem Post) oder Twitter (mit dem Hashtag #BILDindieTonne) oder schicken es uns per E-Mail ([email protected]). Für jedes Foto, das uns so erreicht, besorgen wir ein Exemplar eines Deutsch-Lernhefts für Asylbewerber. Das Lehrmaterial stellen wir dann Deutschkursen in Flüchtlingsunterkünften zur Verfügung.

Übrigens wird “Bild” mit der Sonderausgabe nicht nur 25 Jahre Deutsche Einheit, sondern vor allem natürlich sich selbst feiern. Und Einnahmen bringt die riesige Eigen-PR-Kampagne auch: Eine ganzseitige Anzeige kostet Werbekunden 4,2 Millionen Euro.

(Da unsere finanziellen Mittel etwas begrenzter sind, können wir vorerst maximal 1.000 Flüchtlinge mit Lernheften versorgen. Wenn Sie uns dabei unterstützen wollen, finden Sie hier alle Infos. Sollten wir am Donnerstag mehr Fotos bekommen, werden wir versuchen, Sponsoren für weitere Exemplare (Preis pro Deutsch-Lernheft: circa 5 Euro) zu gewinnen.)

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Wer gegen Massenunterkünfte ist, muss gegen Flüchtlinge sein

In Potsdam sieht es derzeit so aus, wie in vielen anderen Städten und Gemeinden: Die Verwaltung sucht dringend nach möglichem Wohnraum für Geflüchtete. Bei der durchaus schwierigen Suche nach freien Plätzen hat die Stadt Potsdam auch beim örtlichen Kulturzentrum “freiLand” nachgefragt. Und das hat in einem offenen Brief geantwortet:

Am Montag dem 14.09.2015 erreichte uns über eine Arbeitsgruppe der Stadt Potsdam die Anfrage, ob auf dem freiLand-Gelände über einen längeren Zeitraum Unterkünfte für Geflüchtete aufgestellt werden könnten. Längerer Zeitraum bedeutet hier eine Unterbringung von Flüchtlingen über mehrere Jahre und nicht ein vorübergehendes Provisorium.

Die Pläne sähen vor, “zwei Container mit Stoffdächern” aufzustellen, die “jeweils 48 Geflüchteten Platz bieten sollen.” In diesen Containern befänden sich lediglich Schlafplätze, “Sanitäreinrichtungen würden zusätzlich auf dem Gelände installiert werden.” Gemeinschaftsräume und Küchen seien nicht vorgesehen, die Beheizung solle per Heißluftgebläse erfolgen.

Das ist nach Meinung des Kulturzentrums keine angemessene Lösung:

Aus unserer Sicht ist diese Form der massenhaften Unterbringung von Geflüchteten über Monate und Jahre hinweg unzumutbar. Sie nimmt den Menschen die letzten Möglichkeiten, selbstbestimmt zu leben und zu handeln.

Das “freiLand”, nach eigenen Angaben recht aktiv in der Flüchtlingshilfe vor Ort, schreibt aber auch, dass es “absolut bereit” sei, “Menschen einen Zufluchtsort — auf bestimmte oder unbestimmte Zeit — zu bieten.”

Also: Ein Angebot, Flüchtlingen einen Platz zu bieten, gleichzeitig die Forderung nach einer würdevollen Unterbringung — müsste doch eigentlich was für die “Wir Helfer” der “Bild”-Zeitung sein. Oder?

Mal abgesehen von der Verkürzung, der Verdrehung und der einseitigen Auslegung des offenen Briefes: Einer Einrichtung, die sich für eine würdevolle Unterbringung von Geflüchteten stark macht, vorzuwerfen, sie sei “richtig herzlos”, ist so, als würde man dem FC St. Pauli vorwerfen, er hätte “Kein Herz für Flüchtlinge”.

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