Archiv für Bild.de

Bauerntheater (Wiederholung)

Über Wochen haben “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de die RTL-Kuppelshow “Bauer sucht Frau” mit ihrer Berichterstattung flankiert. “Bild” verriet “Liebesgeheimnisse” (“Stina aus dem Ruhrgebiet und Lukas aus dem Sauerland werden ein echtes Paar.”), zeigte sich verwirrt (“Was ist bloß mit Bäuerin Karina passiert?”) und zeigt sich milde enttäuscht empört (“Die Macher hatten für die dralle Brünette auch eine Duschszene vorgesehen. Moni lehnte ab.”).

Ein Fall hatte es der Redaktion jedoch besonders angetan: der von Milchbauer Johannes.

Bereits im November (und damit lange vor der TV-Ausstrahlung) berichtete “Bild am Sonntag”, dass Johannes’ Auserwählte Anja von einem anderen Mann schwanger sei, eine andere Frau wiederum ein Kind von Johannes erwarte:

Mit dieser Marion hatte Johannes kurz vor Beginn der Dreharbeiten eine Affäre. Und diese Affäre hat Folgen.

Im März soll das Kind auf die Welt kommen, und ein Wunschkind sei es nicht, flüstern die Dorfbewohner.

Marions Eltern werden da schon etwas lauter. Ihre Tochter sei ja schon 41, erzählen sie BILD am SONNTAG, und sie habe bereits bessere Männer ziehen lassen.

Doch damit nicht genug:

Bauer Johannes hat nämlich noch eine Ehefrau. Sie heißt Simone*. Und die beiden leben zwar getrennt, geschieden sind sie aber noch nicht.

Am 8. Dezember enthüllte Bild.de “Die ganze Wahrheit über Bio-Bauer Johannes” (“er arbeitet hauptberuflich als angestellter Fensterbauer”, “Anja ist mittlerweile zu ihrem Johannes gezogen – vergangenen Sonntag brachte sie eine gesunde Tochter zur Welt.”).

Darunter:

Apropos Nachwuchs: Im März wird Johannes selbst ein zweites Mal Vater – eine Frau, mit der der kernige Landwirt vor Beginn der Dreharbeiten eine Affäre hatte, erwartet von ihm ein Baby. Und ganz nebenbei ist Johannes auch noch verheiratet. “Aber die Scheidung ist bald durch; meine Frau und ich trennen uns einvernehmlich und ohne Streit.”

Gestern dann enthüllte “Bild” (zum wiederholten Male), was RTL verschwiegen hatte:

Was das TV gestern verschwieg: RTL-Bauer lässt schwangere Freundin sitzen

Als wäre es irgendwie neu, berichtete John Puthenpurackal:

“Er hat mein Leben zerstört”, sagt Bärbel (41, Name geändert). Sie sitzt im Rinderstall in einem kleinen Dorf bei Heidelberg. “Johannes wünschte sich doch ein Kind von mir, ich wurde schwanger.”

UND DANN?

“Dann wollte Johannes unbedingt ins Fernsehen”, erzählt Bärbel. Er bewarb sich als angeblicher Single bei “Bauer sucht Frau”.

Noch etwas Neues hatte der Reporter herausgefunden:

Johannes ist in Wahrheit übrigens auch nicht Biobauer sondern Fensterbauer. Baut der denn nur Mist?

Und womöglich hat Puthenpurackal die gesamte bisherige Berichterstattung seines eigenen Auftraggebers tatsächlich nicht verfolgt — so überrascht, wie er heute im Interview wirkt:

BILD: Wollen Sie heiraten?
Johannes: “Ja, ich bin aber noch verheiratet …”
BILD: Wie bitte?
Johannes: “… aber die Scheidung läuft! Ideal ist das alles nicht.”

Mit Dank an Christian G.

Nachtrag, 23. Dezember: Es geht weiter.

Soldatensender Powerplay


(“Bild”-Eigenwerbung aus dem Jahr 2006)

Wir unterbrechen unser Programm für eine wichtige Nachricht: Die ARD hat die Ausstrahlung ihres Programms über den Satelliten Hotbird/Eutelsat eingestellt. Am 8. Juni 2010.

Was sagen Sie? Das sei keine wichtige Nachricht — und vor allem keine aktuelle? Na, da kennen Sie aber “Bild” und Bild.de schlecht.

So berichtet Bild.de seit gestern über die mehr als sechs Monate zurückliegende (und noch viel länger angekündigte) Abschaltung:

Truppe guckt in die Röhre: ARD sperrt TV-Empfang für Soldaten in Afghanistan. 20.12.2010 - 00:29 UHR Das nennt man eine "schöne Bescherung"!

Die ARD, der “Bild” sonst bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Verschwendungssucht unterstellt, nennt finanzielle Erwägungen als Grund, doch die will Bild.de ausnahmsweise nicht gelten lassen:

Grund für das Aus der ARD: Angeblich ist die Übertragung über den Satelliten “Hot Bird” zu teuer.

Merkwürdig nur: Die Bundeswehr hat der ARD sogar angeboten, einige Programmteile – Tagesschau und Regionalprogramme aus den Heimatregionen der Soldaten – über ihre eigene Satellitenverbindung nach Afghanistan zu übermitteln.

Das lehnten die ARD-Sender mit Hinweis auf rechtliche Gründe bisher ab.

Dass Bild.de – anders als der ARD – die Rechte am Material Dritter eher egal sind, hat die Seite schon oft genug bewiesen.

Klar, dass die Empörung nicht lange auf sich warten ließ:

Kein TV-Empfang für Afghanistan-Soldaten: BILD.de-Leser sauer auf die ARD. "Da setzen die Männer für uns und andere ihr Leben ein und werden auch noch mit gesperrtem TV bestraft."

Zu diesem Zeitpunkt hielt sich Bild.de nicht länger mit einseitiger Berichterstattung auf — jetzt wurde schlicht gelogen:

Keine Christvesper, keine Christmette und schon gar keine Tagesschau für die Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan!

Denn: Die ARD stellt die Ausstrahlung ihres Programms am Hindukusch ein. Und das ausgerechnet kurz vor Weihnachten!

(Hervorhebung von uns.)

Noch am Nachmittag hatte sich die ARD bemüht, über Pressemitteilungen ihre Entscheidung zu verteidigen, und erklärt:

Die Berichterstattung über den Fernsehempfang für Soldaten in Afghanistan sorgte heute für einige Irritationen und erweckt in weiten Teilen einen falschen Eindruck.

Die Ausstrahlung von Das Erste über den Satelliten Hotbird/Eutelsat wurde bereits im Juni 2010 eingestellt, da die Nutzung dieses zusätzlichen Angebots in Deutschland kaum noch nachgefragt wird. Auch wirtschaftliche Gesichtspunkte waren angesichts der Sparbemühungen für diese Entscheidung ausschlaggebend. Für eine weitere Ausstrahlung über Hotbird/Eutelsat hätte die ARD einen Betrag von knapp einer Million Euro pro Jahr zahlen müssen.

Außerdem falle eine Versorgung außerhalb Deutschlands eh nicht in den Aufgabenbereich der ARD:

Für den Auslandsrundfunk hat der Bundesgesetzgeber eigens die Deutsche Welle geschaffen. Zudem können ARD-Angebote auch über das Internet genutzt werden, etwa über www.tagesschau.de oder die Mediatheken.

Den drei “Bild”-Reportern, die da bereits an einem großen Artikel arbeiteten, war diese Stellungnahme freilich egal: Rolf Kleine, Paul Ronzheimer und Guido Brandenburg veröffentlichten heute einen großen Seite-2-Artikel, der die selbst geschürte “Riesenwut auf die ARD” aufgriff.

Riesenwut auf die ARD! 5,3 Mrd. Euro Gebühren – aber bei den Afghanistan-Soldaten wird gespart

Politiker wie der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier; der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP); der CDU-Verteidigungsexperte Ernst-Reinhard Beck; der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und der FDP-Medienexperte Burkhardt Müller-Sönksen dürfen sich lautstark über die Abschaltung empören und werden damit bewusst oder unbewusst zu Kronzeugen der “Bild” Kampagne. Im Büro des Wehrbeauftragten Königshaus sagte man uns, man wisse natürlich seit Juli von der Abschaltung, freue sich aber über die Aufmerksamkeit, die bisher ausgeblieben sei.

Rolf Kleine, auch sonst nicht für ruhige Töne bekannt, erklärt in seinem Kommentar:

Kleine sieht seine Chance gekommen, eine direkte Brücke von den ARD-losen Soldaten hin zu den (laut “Bild” ja eh schon immer viel zu hohen) Gebühren zu schlagen, und betätigt sich als Milchmädchen:

Was machen die ARD-Gewaltigen eigentlich mit den Gebühren-Milliarden, die wir ihnen Jahr für Jahr in die Kassen spülen – wenn am Ende nicht mal 300000 Euro für die Übertragung nach Afghanistan übrig sind? Denn die restlichen 700000 Euro zahlen die Soldaten mit ihren GEZ-Gebühren ohnehin selbst.

Nun zahlen die Soldaten ihre “GEZ-Gebühren” natürlich primär für die Erstellung von Inhalten bei den Radio- und Fernsehprogrammen von ARD, ZDF und Deutschlandfunk und nicht ausschließlich, um damit die Übertragung des ARD-Fernsehprogramms zu finanzieren.

Kleine verkündet:

Aus Solidarität mit unseren Soldaten schmeißt BILD heute das ARD-TV-Programm raus! Wir sind sicher: Unsere Leser sind genauso empört über die ARD wie wir!

Dabei muss man sich jetzt nicht vorstellen, dass ein armer Praktikant die ARD aus den Redaktionsfernsehern bei “Bild” löschen musste — “Bild” war viel pragmatischer:

Warum die Solidarität von “Bild” ein halbes Jahr auf sich warten ließ, wissen wir nicht. Vielleicht wollte die Zeitung ihrem Liebling Karl-Theodor zu Guttenberg mal wieder Gelegenheit bieten, sich zu profilieren — oder es handelt sich um die Rache für die brandneue iPhone-App der “Tagesschau”, die viele Verleger als “Wettbewerbsverzerrung” empfinden.

Mit Dank an K.N., noir, Matthias B., Peter, Sebastian D., André H. und Alex F.

Nachtrag, 16.10 Uhr: Dafür wird sich “Bild” morgen sicher noch gebührend feiern:

Afghanistan-Soldaten können ARD sehen. Stuttgart – Die Versorgung der Afghanistan-Soldaten mit ARD-Programm ist gesichert. Die ARD hat sich in einer Blitzaktion darum gekümmert, dass die Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan noch vor Weihnachten das bereits seit Juni 2010 nicht mehr über den Eutelsat-Satelliten abgestrahlte ARD-Programm wieder empfangen können. Dazu wurde eine Sondervereinbarung mit dem Satelliten-Betreiber SES-Astra in Luxemburg geschlossen, der bereits seit Jahren die Satellitenverbreitung für sämtliche ARD-Landesrundfunkanstalten gewährleistet. ARD-Vorsitzender Peter Boudgoust: "Wir hatten bereits geraume Zeit nach Lösungen für dieses komplexe juristische Problem gesucht und können nun gemeinsam mit SES Astra eine kostenneutrale Lösung präsentieren, die schnell und unbürokratisch das gewünschte Ergebnis bringt."

Friede sei mit uns

Am Samstag lief ja im Zweiten die große Spendengala “Ein Herz für Kinder”. Schon seit Tagen dreht sich die Berichterstattung in “Bild” vor allem um den Stargast der Veranstaltung: Prinz Harry. Er wurde für sein Engagement für HIV-infizierte Kinder in Lesotho mit dem “Goldenen Herzen” geehrt.

Grund genug für Bild.de, die Dankesrede des Prinzen noch einmal “im Wortlaut” zu veröffentlichen. Angeblich begann Harry seine Rede so:

Vielen Dank, Frau Springer, Frau Wulff, und “Ein Herz für Kinder” für diese tolle Ehrung.

Hört man sich die Dankesrede jedoch im Original in der ZDF-Mediathek (ab 6:00) an, dann hört man Folgendes:

Vielen Dank, Frau Wulff und “Ein Herz für Kinder” für diese tolle Ehrung.

Friede Springer, die Verlegerin von “Bild”, wird von Harry mit keinem Wort erwähnt.

Verstanden sich glänzend: Friede Springer und Prinz Harry.

Mit Dank an Tobias V.

Nachtrag, 21. Dezember: Bild.de hat Frau Springer unauffällig wieder aus der Prinzenrede verschwinden lassen.

Geht ‘ne Journalistin zum Arzt …

Der Begriff “Symbiose” bezeichnet die Vergesellschaftung von Individuen unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist. Zu einer Symbiose kann es nicht nur im Tier- und Pflanzenreich kommen (z.B. Clownfisch und Anemone), symbiotisch scheint auch das Verhältnis zwischen der Stuttgarter “Bild”-Reporterin Alexandra zu Castell-Rüdenhausen und dem Stuttgarter Arzt Dr. Bernd Kölmel zu sein, der aktuell Schlagzeilen mit seiner launigen Einstellung gegenüber älteren Patienten macht:

Arzt genervt von Alten: "Ich kann das Gejammer der Rentner nicht mehr hören"

Der Internist, der bereits 65 Jahre alt ist und damit selbst irgendwie zu den “Alten” gehört, die ständig in der Arztpraxis sitzen, jammert als “erster Arzt” über das Gejammer der Rentner:

Mir gehen die Alten oft auf den Keks. Morgens sitzen sie schon früh im Wartezimmer und führen sich auf, als wären sie beim Kaffeeklatsch. Viele von ihnen kommen aus Langeweile. Im Fernsehen läuft morgens noch nichts. Für den Tratsch auf der Straße ist es zu kalt.

Dieser Tonfall zieht sich durch den ganzen Artikel. Am Ende erklärt Kölmel noch:

Früher hatte ich noch den Lesezirkel abonniert. Da gab es zur Unterhaltung auch noch kostenlose Zeitschriften. Wie beim Friseur. Als ich die abbestellt hab, haben sich die Patienten tatsächlich beschwert …

Die Abrechnung mit alten Patienten, die auch noch einen Folgeartikel über die nun wegen Kölmel verärgerten Rentner und sogar einen Kommentar von Gesundheitsminister Philipp Rösler im “Deutschen Ärzteblatt” nach sich zog, ist jedoch nicht das erste Beispiel der erfolgreichen Symbiose zwischen Journalistin mit Schlagzeilendruck und Arzt mit gesteigertem Mitteilungsbedürfnis. Alexandra zu Castell-Rüdenhausen und Dr. Bernd Kölmel sind schon seit Jahren ein eingespieltes Team.

Bereits im Mai 2007 mockierte sich Kölmel gegenüber zu Castell-Rüdenhausen nicht nur über Alte, sondern über unpünktliche, zahlungsunwillige, besserwisserische, faule und stinkende Patienten im Allgemeinen:

Ärzte schlagen zurück ++ Viele Patienten sind unpünktlich ++ Sie wissen alles besser ++ Manche müffeln nach Schweiß und alten Socken ++

Im März 2009 gestand Dr. Bernd Kölmel laut “Bild” als “erster Arzt”, er nehme Vorkasse, bevor er bestimmte Patienten behandele:

Erster Arzt gesteht: Ich nehme Vorkasse

Im August 2009 verkündete Kölmel – selbstverständlich als “erster Arzt” – gegenüber Frau zu Castell-Rüdenhausen, Stuttgart sei der Schweinegrippe nicht gewachsen:

Stuttgart ist der Seuche nicht gewachsen ...klagt dieser Arzt die Behörden an

Kölmel selbst stellte zur Sicherheit ein Schild auf mit den Worten: “Patienten, die eine Schweinegrippe bei sich für möglich halten, haben keinen Zutritt zur Praxis…” Außerdem kritisierte er das baden-württembergische Gesundheitsministerium wie folgt:

Ich hole mir derzeit meine Infos aus der BILD. Vom zuständigen Ministerium kommt nichts. Das ist skandalös.

Das ist praktisch, denn zur SchweinegrippenPanikberichterstattung von “Bild” trug Kölmel fleißig selbst mit bei. Im September 2009 tauchte er in einem weiteren Artikel der Stuttgarter Regionalausgabe von “Bild” – natürlich von Alexandra zu Castell-Rüdenhausen – auf:

Es kommt noch schlimmer! Internist Dr. Bernd Kölmel (62) warnt: “Eine große Erkrankungswelle steht unmittelbar bevor.” Er erklärt, warum: “Die Ferien sind zu Ende, fast alle Verreisten aus dem Urlaub zurück.” Viele davon könnten das Schweingerippe-Virus aus anderen Ländern (z.B. Spanien) mitgebracht haben. Außerdem, so der Arzt: “Das Wetter wird schlechter. Regen, kühler Wind. Damit steigt die Infektanfälligkeit.” Und dann die Feste. Kölmel: “Weindorf und Cannstatter Volksfest sind guter Nährboden für die Viren. Überall, wo Menschenansammlungen sind, besteht sehr große Ansteckungsgefahr.”

Wann Dr. Kölmel endlich genug von lästigen Patienten hat und selbst in Rente geht und mit wem Frau zu Castell-Rüdenhausen (bekannt auch für Schlagzeilen wie “Darum ging mein Mann mit
meiner Mama in den Swinger-Club”
) dann eine neue Symbiose eingeht, werden wir sicher erfahren. In “Bild” natürlich, wo sonst?

Mit großem Dank an Ralf M.

Nachtrag, 20. Dezember: Zahlreiche Leser haben uns auf Diskrepanzen bei Kölmels Alter hingewiesen. Der Fehler liegt bei “Bild”: Kölmel war 2007 62 Jahre alt und ist heute 65. 2009 hatte “Bild” lediglich vergessen, Kölmels Alter anzupassen, weswegen er immer noch als 62-jähriger angeführt wurde.

Pizza Kuriosa

Bild.de vermeldet aus Stuttgart eine Sensation:

Fast-Food-Sensation: In Stuttgart steht Deutschlands erster Pizza-Automat

Was wahr sein könnte, wenn denn nicht schon seit dem 25. September 2010 in Jena ein Pizzaautomat stehen würde, wie ein am 27. September auf YouTube hochgeladenes Video zeigt:

Ob der Pizzaautomat in Jena tatsächlich der erste in Deutschland ist, der nicht nur zu Vorführzwecken aufgestellt wurde, kann uns Kevin Büttner von der Firma “quickpizz”, die den Automaten dort betreibt, auch nicht mit Sicherheit sagen. Über die Story bei Bild.de hat er sich aber auch gewundert.

Assange des Jahres

Egal ob Super-Schurke oder nicht — Wikileaks-Chef Julian Assange ist immer eine Schlagzeile wert. Und da der Informations-Rebell nach einer Leser-Abstimmung großer Favorit für den renommierten Titel “Person of the Year” der US-Zeitschrift “Time” war, wollte sich Bild.de in der Reihe der Gratulanten ganz vorne anstellen:

Time Magazine, Rolling Stone, Death + Taxes: Magazine weltweit feiern den Wikileaks-Chef – für sie ist Julian Assange (39) der Mann des Jahres.

Allein: Die Redaktion von “Time” hat Julian Assange den Titel gar nicht verliehen, sondern Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zur “Person of the Year” gekürt. Das Titelbild mit Assanges Gesicht zierte schon die Ausgabe vom 13. Dezember und hat mit der Auszeichnung nichts zu tun.

Inzwischen hat Bild.de den Artikel eiligst umgeschrieben: Nun ist Assange nur noch für “manche” Magazine “DER Mann des Jahres”.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Knapp Salbei ist auch daneben

Investigative Journalisten erkennt man daran, dass sie nach den Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen im Leben suchen. Bild.de macht heute vor, wie’s geht:

Skandal-Video aufgetaucht Was raucht Miley Cyrus in der Wasserpfeife? Teenie-Star bekommt Halluzinationen ++ Vater: Ich bin traurig

Besagtes “Skandal-Video”, das ursprünglich auf der amerikanischen Promiklatschseite tmz.com erschienen war, hat Bild.de selbstverständlich auch gleich parat. Und eine messerscharfe Analyse:

Die Pfeife verfehlt dabei nicht ihre Wirkung! Miley kichert und redet wirres Zeug

Apropos “wirres Zeug”: Was die Beantwortung der Eingangsfrage angeht, erfährt der interessierte Leser Folgendes:

Angeblich sollen sich in der Bong nur Salbei-Kräuter befunden haben, die nicht verboten sind. Bei den Bildern fällt es jedoch schwer zu glauben.

So schwer zu glauben ist das nicht, wenn man weiß, dass es hier nicht um herkömmlichen Heilsalbei (Salvia officinalis) geht. Tatsächlich soll Miley Cyrus laut tmz.com und anderen Medien sogenannten Azteken-Salbei (Salvia divinorum) konsumiert haben — ein in Deutschland nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht-verkehrsfähiges Rauschmittel, dessen Wirkstoff Salvinorin A als das potenteste natürlich vorkommende Halluzinogen gilt.

In Kalifornien, wo das Video auf der Feier zum 18. Geburtstag von Miley Cyrus entstand, ist Azteken-Salbei jedoch erlaubt. Und zwar ab 18.

Mit Dank an Bruder B!

Hier richtet der Staatsanwalt noch selbst

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat, in dem Gewaltenteilung praktiziert wird. Die Strafverfolgungsbehörden gehören dabei der Exekutive, die Gerichte der Judikative an. In Strafprozessen erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, der Angeklagte hat das Recht auf einen fairen Prozess und juristischen Beistand, am Ende urteilt das Gericht.

Soweit die graue Theorie der Juristerei. Und jetzt schnell wieder hinein in die bunte Wunderwelt von Bild.de:

Im Prozess gegen Schauspieler Karsten Speck ("Hallo Robbie") ist das Urteil gefallen! Speck wurde am Montagvormittag von der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) zu fünf Jahren Haft wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt!

Mit Dank an Lisa H. und Robert K.

Nachtrag, 16.15 Uhr: Bild.de hat aus der “Staatsanwaltschaft” das “Landgericht Frankfurt (Oder)” gemacht.

Ohne Gewähr

Wer sich am Sonntagabend auf Bild.de vielleicht schon auf einen Millionengewinn im Lotto gefreut hatte, hat Pech gehabt.

Glück gehabt? Die Lottozahlen Gewinnzahlen 6 aus 45, 49. Veranstaltung 2010  5 - 7 - 11 - 12 - 15 - 40  Zusatzspiel: 21  (ohne Gewähr)

Bei diesen Zahlen handelt es sich nicht um die Lottozahlen, sondern um die Ergebnisse der Toto-Auswahlwette 6 aus 45.

Inzwischen wurde die Meldung aus der Übersicht im Bild.de-Newsticker entfernt.

Mit Dank an Mario.

Super-Schurke Wikileaks

Wikileaks bestimmt noch immer die Schlagzeilen. Doch heute bekommen die Enthüllungen auf der Plattform selbst kaum Raum, vielmehr konzentriert sich die redaktionelle Aufmerksamkeit ganz auf den “Hacker-Krieg” um die Enthüllungsplattform. Die lose Gruppierung “Anonymous” hat zu Attacken auf vermeintliche Wikileaks-Feinde aufgerufen — und tatsächlich waren einige Webseiten für kurze Zeit nicht erreichbar.

Grund genug für Bild.de, drängende Fragen zu stellen:

Kristinn Hrafnsson – die Nummer 2 bei Wikileaks - Steuert dieser Isländer den Cyberkrieg?

Die Antwort jedoch enthält Bild.de seinen Lesern vor. Dass beide Gruppierungen betonen, keine direkte Verbindungen untereinander zu haben und dass “Anonymous” bereits zahlreiche andere Kampagnen durchgeführt hat, kommt weder in diesem, noch in den zwei anderen Artikeln zum Thema vor.

Stattdessen hat Bild.de ganz exklusiv erfahren wie teuer die Aktionen der “Wikileaks-Hacker” sind:

"Die negativen Begleitfolgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind sehr ernst zu nehmen", so Fritsche. "Vertrauensverluste, Arbeitplatzverluste für Arbeitnehmer oder Wettbewerbsverzerrungen."  Den möglichen Schaden der Wikileaks-Angriffe würden Experten auf 20 bis 50 Milliarden Euro schätzen.

Die Zahl ist besonders beeindruckend, wenn man berücksichtigt, dass keine der bisher angegriffenen Organisationen ihren Sitz in Deutschland hatte. Die Schäden in den Ländern, die tatsächlich Ziel der Angriffe waren, müssen in die Trillionen gehen.

Oder auch nicht. Bei den Kollegen von “Welt Online” klingt es nämlich ganz anders:

Aber auch ohne Wikileaks sind deutsche Unternehmen seit Jahren in höchstem Maße durch Computerspionage gefährdet. Grobe Schätzungen sprechen von Schäden in Höhe von 20 bis 50 Milliarden Euro jedes Jahr. Laut einer Statistik des Wirtschaftsberatungsunternehmens KPMG wurde jedes vierte deutsche Unternehmen in den letzten drei Jahren Opfer von Cybercrime.

Bild.de hat also mal eben alle digitalen Straftaten in Deutschland auf das publizistische Konto von Wikileaks geschrieben. Weitere Exklusiventhüllungen um den Super-Bösewicht “Dr. Leaks” lassen damit bestimmt nicht lange auf sich warten.

Warum Assanges Aktivitäten so überaus verwerflich sind, erklärt Profi-Rechercheur ”Bild”-Kolumnist Ernst Elitz heute in einem Kommentar:

Journalismus wägt ab und gräbt tiefer, denn er weiß: Die Wahrheit liegt meist unter der Oberfläche. Der Journalist will die Welt erklären. Assange will nur bloßstellen und Vertrauen zwischen den Staaten zerstören. Damit erklärt er sich selber zum Staatsfeind.

Zum Staatsfeind wird man also, wenn man keinen ordentlichen Journalismus betreibt, die Wahrheit unter der Oberfläche ignoriert und nur bloßstellen will. Wenn es danach geht, müsste Elitz eigentlich in Kürze zum Einsatz der Bundeswehr gegen Bild.de aufrufen.

Mit Dank auch an Alex.

Blättern:  1 ... 144 145 146 ... 174