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Medieninvestor Montgomery: “Er hat die Zeitung abgeschlachtet”
(taz.de, H. Pidd und K. Raab)
Mitarbeiter der “Berliner Zeitung” befürchten, Redaktion und Anzeigen werden näher zusammengeführt. Ex-Weggefährten des Investors Montgomery warnen vor dessen Zeitungspolitik.

Empörung über abgehörte Journalisten-Gespräche
(spiegel.de, Yassin Musharbash und Jörg Diehl)
Journalistenverbände sprechen von einem Skandal, SPD und Grüne wollen das Thema im Bundestag diskutieren: Die Bundesanwaltschaft ließ es zu, dass Protokolle von abgehörten Telefonaten eines Terrorverdächtigen mit Journalisten ohne Anonymisierung an Anwälte gingen.

Interview: Web 2.0 verändert die Gesellschaft fundamental
(golem.de)
Duane Nickull ist “Senior Technical Evangelist” bei Adobe und kümmert sich um Unternehmenslösungen in den Bereichen SOA und Webservices sowie Web 2.0. Golem.de sprach am Rande der Web 2.0 Expo in Berlin mit ihm darüber, was Web 2.0 eigentlich ausmacht und wozu wir proprietäre Plattformen wie AIR (Adobe Internet Runtime) brauchen.

Strom aus der Dose: Die Leibspeise der virtuellen Welt
(woz.ch, Nils Boeing)
Klimakiller Internet: Nur schon eine kleine Suchanfrage bei Google verbraucht fünf Wattstunden

Racebook
(madial.blogspot.com)
“Seit einigen Tagen bin ich bei Facebook angemeldet. Wollte mal reinschauen. Vielleicht eine Erklärung finden, wieso viele Leute das so toll finden.”

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(imaginary-animals.com)

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Wettbewerb der Meinungen
(fr-online.de, Ulrike Ackermann)
Wollte man in Deutschland eine Umfrage unter Feuilleton-Journalisten über ihre frühmorgendliche erste Amtshandlung veranstalten, wäre die Antwort – so sie ehrlich ist – mit Sicherheit recht einvernehmlich: Natürlich gehe ich im Internet zuerst auf die Seite des Perlentauchers.

Warten auf die Internetrevolution
(focus.de)
Nicht nur im afrikanischen Alltag, auch bei der Internetnutzung müssen sich Europäer oder Nordamerikaner an ein anderes Zeitgefühl gewöhnen: Es dauert eine Viertelstunde, bis im Internetcafé eine Webseite aufgebaut ist.

«Prominent sein mästet das Ego»
(nzz.ch, Susanna Heim)
Katja Kessler ist Klatschkolumnistin der grössten Boulevardzeitung Europas, der deutschen «Bild». Im Interview sagt sie, wie Prominenten-Partys funktionieren und warum Prinzessin Caroline zu empfindlich ist.

Weltrettung mit Reclamheft
(taz.de, Diedrich Diederichsen)
“Free Rainer”, das semi-satirische Feelgood-Movie von Hans Weingartner (“Die fetten Jahre sind vorbei”), kämpft gegen Untiefen des Trash-TVs – und nutzt dessen Mittel.

Branche hofft auf Heldentaten im Web
(spiegel.de, Frank Patalong)
Es ist lang her, dass Comic-Auslagen im Einzelhandel für Quengel-Stress mit dem Nachwuchs sorgten: Die Auflagen sind im Keller, die Hefte fast nur noch im Fachhandel zu haben. Jetzt sucht die Branche die jungen Leser dort, wo sie sich herumtreiben – Spider-Man und Co. gehen online.

Google macht Masseurin zur Multimillionärin
(welt.de)
Bonnie Brown knetete vor einigen Jahren ein paar Internetfreaks durch. Die gaben ihr dafür einige Hundert Dollar im Monat und Aktienoptionen der jungen Firma mit diesem komischen Namen: Google. Jetzt ist Frau Brown sehr reich – und lässt sich selbst verwöhnen.

“Bild” hat Rentenbeschwerden

"Jede 4. Rentenbeschwerde berechtigt!"

Falsche Berechnungen, zu hohe Abzüge — viele Rentenbescheide stecken voller Fehler. Eine Statistik der Deutschen Rentenversicherung enthüllt jetzt: Ein Viertel aller Bescheide, gegen die Widerspruch eingelegt worden ist, musste zugunsten der Senioren geändert werden.

Die Zahlen, die der “Bild”-Behauptung “Jede 4. Rentenbeschwerde berechtigt!” zugrunde liegen, sind korrekt. Tatsächlich wurde in den Jahren 2003 bis 2006 gegen 870.547 Rentenbescheide Widerspruch eingelegt, und in 216.964 Fällen wurde diesen Widersprüchen stattgegeben, wie uns ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung bestätigt. Allerdings sei die Interpretation der “Bild”-Zeitung, dass die Bescheide “voller Fehler” steckten, falsch.

Deshalb sah sich die Deutsche Rentenversicherung veranlasst, eine Pressemitteilung herauszugeben, in der es heißt:

Die Gründe, die zu einer Abhilfe im Widerspruchsverfahren führen, sind in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht auf eine fehlerhafte Rentenberechnung zurückzuführen. Verdeutlichen lässt sich dies an den vom Bundesverband der Rentenberater [in “Bild”] erhobenen Vorwürfen, die wohl das Ziel haben, sich zusätzliche Kunden zu verschaffen: (…)
(Link von uns)

Ohne allzu sehr ins Detail gehen zu wollen: Zu zwei der insgesamt drei “Bild”-Vorwürfe schreibt die Deutsche Rentenversicherung, sie entbehrten “jeder Grundlage” bzw. seien “unberechtigt”.

Was den dritten “Bild”-Vorwurf angeht, Beitragszeiten würden “wegen Lücken in den Rentenbiografien vorschnell gar nicht oder zu niedrig bewertet”, sagt die Deutsche Rentenversicherung, das liege daran, dass Versicherte oft nicht rechtzeitig Nachweise über Beitragszeiten einreichten (oder, wie die “Süddeutsche” in ihrer morgigen Ausgabe schreibt, “selbst Schuld” seien). Die Rente müsse jedoch trotzdem festgesetzt werden, damit die Versicherten sobald sie in Rente gehen auch Geld bekommen. Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens würden dann “die notwendigen Nachweise beigebracht und führen dann zu einer Überprüfung des Rentenbescheides.”

Aus welchen Gründen Widersprüche gegen Rentenbescheide nun wirklich berechtigt waren, ist Spekulation. Weder die Deutsche Rentenversicherung, noch offenbar “Bild” haben konkrete Zahlen hierzu. Aber vielleicht sollte man der Vollständigkeit halber, und weil “Bild” es unerwähnt lässt, noch Folgendes anmerken: Von 2003 bis 2006 wurden laut Deutscher Rentenversicherung rund 6,36 Millionen Rentenbescheide erteilt. Bei rund 217.000 erfolgreichen Widersprüchen ergäbe das rein rechnerisch eine “Fehlerquote” von etwa 3,4 Prozent.

Wie hoch die Fehlerquote von “Bild” ist, wissen wir nicht. Und wir wollen auch nicht über ihre Ursachen spekulieren. Das wäre unseriös.

Mit Dank an Christian für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 14.11.2007 (mit Dank an Marcus B.): Beim Saarländischen Rundfunk hat man in der Online-Redaktion offenbar gar nicht gut aufgepasst. Auf der Nachrichtenseite von sr-online.de heißt es nämlich unter Berufung auf einen “Bericht der Bildzeitung”: “Jeder vierte Rentenbescheid fehlerhaft”. Hoffen wir mal, dass das so nicht über den Sender gegangen ist.

Nachtrag, 15.11.2007: Wie uns mehrere Leser schreiben, sei die Nachricht tatsächlich genau so über den Sender gegangen, wie sie im Internetangebot des SR stand, wo sie inzwischen entfernt wurde. Und anders, als wir zunächst vermuteten, liegt der Fehler offenbar nicht bei der Online-Redaktion des SR, sondern bei der Hörfunkredaktion. Die Hörfunknachrichten, so ein Leser, würden nämlich automatisch auf sr-online eingespeist.

Noch hat Bohlen nicht verloren

Manche Leute können einfach nicht verlieren.

Dieter Bohlen zum Beispiel. Als die Quoten von “Deutschland sucht den Superstar” im November 2005 richtig gut waren, war der Gewinner des Tages für “Bild”: Juror Dieter Bohlen. Als die Quoten von “Deutschland sucht den Superstar” im Dezember 2003 richtig mies waren, war der Verlierer des Tages für “Bild”: RTL-Chef Gerhard Zeiler.

Als die Firma Müller-Milch im Dezember 2004 einen Werbevertrag mit Bohlen für Buttermilch fristlos kündigte, weil er Buttermilch-Käufer als “50-jährige alternative Bio-Latschen-Trägerinnen” bezeichnet hatte, machte “Bild” deshalb nicht Bohlen zum Verlierer des Tages, sondern den Firmenchef Theo Müller.

Jetzt ist es amtlich: Wenn Dieter Bohlen (53) in der Jury von "Deutschland sucht den Superstar" Sprüche klopft, ist das Kunst! Sechs Stunden sah sich das Sozialgericht Köln Aufzeichnungen der RTL-Show an. Ergebnis: Der Sender muss 173 000 Euro an die Künstlersozialkasse zahlen. Der Richter: "Die Kommentare tragen zum Unterhaltungscharakter der Show bei!" BILD meint: Bohlen-Sprüche geadelt!Und auch heute ist Dieter Bohlen wieder Gewinner des Tages in “Bild”.

Gestern hat nämlich das Kölner Sozialgericht geurteilt, dass es sich bei dem, was die Juroren von “Deutschland sucht den Superstar” in der Show machen, um Kunst handele. Der Sender RTL hatte versucht, Sozialabgaben zu sparen, indem er erklärte, Shona Fraser, Thomas Bug, Heinz Henn und die anderen erbrächten keine eigene künstlerische Leistung. Die Künstlersozialkasse, die freie Künstler absichert, hatte deshalb gegen RTL geklagt und nun Recht bekommen.

Bohlen selbst betrifft das nur indirekt. Aber natürlich hat er es nun, wie “Bild” richtig schreibt, “amtlich”: Seine Sprüche in der Sendung sind Kunst. Und macht ihn das zum Gewinner?

BILD meint: Bohlen-Sprüche geadelt!

Ach ja? Ein nicht ganz unwesentliches Detail aus der Urteilsbegründung hat “Bild” bei seiner Gewinnererklärung weggelassen. Der Richter sagte, für die Einordnung als Kunst sei künstlerische Niveau egal: Schon ein sehr geringer Grad der schöpferischen Eigenleistung reiche aus, um eine Tätigkeit als künstlerisch einzustufen. Auf eine “hohe Qualität” oder das “Niveau des Gebotenen”, so der Richter wörtlich, komme es nicht an.

Allgemein  

Californication

Seit Anfang des Jahres hat die Axel Springer AG eine Tochter, die sich um die neuen Möglichkeiten kümmert, Fernsehen im Internet zu machen. Sie heißt Axel Springer Digital TV (ASDTV), und ihr Geschäftsführer Klaus Ebert sagt auf die Frage “Wohin geht der Trend?”:

Eindeutig hin zur Qualität. Das ist eine immer gleiche und sich stets wiederholende Entwicklung: Erst wird sich und alles ausprobiert, dann reicht es mit der immer gleichen und beliebigen Unübersichtlichkeit und guter Journalismus sowie gute Unterhaltung setzen sich durch. Die Leute wollen eine Zeitlang spielen, dann aber ihre Zeit nicht mehr mit Krimskrams vergeuden.

In welcher Phase der Entwicklung ASDTV ist, sagt Ebert nicht ausdrücklich, aber Mutmaßungen sind möglich, wenn man sich die Filmchen ansieht, die die Firma seit kurzem für Bild.de produziert. Wie den Bericht von einer Werbeveranstaltung von T-Mobile in Köln zur deutschen Markteinführung des iPhones. Darin staunt der begeisterte Reporter:

“Und da sind sie endlich: die ersten iPhones in Deutschland. Und zur Premiere kam sogar Hamid Akhavan, der Chef von T-Mobile International in Kalifornien, denn schließlich wird’s das iPhone zunächst nur bei T-Mobile geben.”

Das muss wahrhaftig ein Weltereignis gewesen sein, wenn sogar der Chef von T-Mobile International diesen Weg auf sich nahm, für den man bei Stau sicher gut und gerne mal eine Stunde braucht — vom Firmensitz von T-Mobile International in Bonn zum Kölner Palais im Rheintriadem. Und womöglich ist er gar nicht aus seinem Büro angereist, sondern hat sich zuhause in Bad Godesberg noch umgezogen, was den Weg locker noch einmal fünf Minuten verlängert hätte.

Danke an DauerKind für den sachdienlichen Hinweis!

Bei Englisch kann Bild.de einpacken

Bild.de berichtet seit gestern über ein Tagebuch, das “Schmuddel-Rocker” Pete Doherty geschrieben habe, als er im September in einer Entzugsklinik weilte.

Aus dem Tagebuch “zitiert” Bild.de wie folgt:

Ihm ist klar, wie dreckig es ihm geht: “Wenn ich keine Drogen bei mir habe, vor allem Crack und Heroin, würde ich wahrscheinlich sterben, pleite gehen, verrückt werden oder dauerhaft eingewiesen. Ich bin ohnehin auf dem direkten Weg dahin.”

Das klingt aber ganz schön wirr, denken Sie? Klar, der Mann war ja auch schwer drogensüchtig.

Es wäre natürlich auch möglich, dass der Bild.de-Mitarbeiter, der die Meldung aus der britischen “Sun” abpinnen sollte, ein Vokabelproblem hatte. Laut “Sun” hat Doherty nämlich dieses geschrieben:

“If I don’t pack in drugs, particularly crack and heroin, I am likely to either die, go bankrupt, go mad or end up permanently institutionalised. I’m on a direct course for all four.”

Nun wollen wir nicht behaupten, der zuständige Bild.de-Mitarbeiter habe kein Wörterbuch benutzt. Es ist durchaus möglich, dass er “(to) pack in” nachgeschlagen, dort “einpacken” gefunden und den Text entsprechend übersetzt hat.

Allerdings lernt man schon im Englischunterricht sehr früh, dass man sich nicht auf die erste Variante im Wörterbuch verlassen sollte. Und wenn man dahinter umgangssprachlich aufgeben; hinschmeißen” liest, könnte einem natürlich dämmern, dass “einpacken” nicht so ganz wörtlich (und in Dohertys angeblichem Tagebuch schlichtweg das Gegenteil gemeint) war.

Aber dann hätte man die Geschichte natürlich nicht so anpreisen können, wie Bild.de es tut:

Pete Doherty: "Ohne Drogen würde ich sterben, pleite oder verrückt sein"

Mit Dank an Katja D., Thomas S. und Bidisch.

Nachtrag, 12.10 Uhr: Bild.de hat’s korrigiert.

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Spanische Journalisten erfinden Nachrichten
(medien-mittweida.de, Tobias Karth)
Unsere neue Serie befasst sich mit fragwürdigen Praktiken bei ausländischen Medien. Im ersten Teil befassen wir uns mit dem Nachrichtengeschäft in Spanien. Denn einer aktuellen Studie zufolge sind spanische Medien keineswegs unabhängig. Bei 83 Prozent der Nachrichten stammen die Informationen aus lediglich einer Quelle. Oft werden sogar falsche Berichte veröffentlicht.

Netz, Blogs und Rock ‘n’ Roll
(futurezone.orf.at, Patrick Dax)
Social-Networking-Plattformen, personalisierte Web-Radios und MP3-Blogs zeigen Möglichkeiten auf, neue Musik zu entdecken. Der britische Psychologe David Jennings hat darüber ein Buch geschrieben. ORF.at sprach mit ihm über die neue Musiklandschaft im Netz.

Nach einem Jahr Krieg…
(mediatrend.ch)
Im dänischen Medienmarkt hat die zweite Gratiszeitungswelle bereits vor einem Jahr eingesetzt. Heute zeigt sich, dass viel Geld verbrannt wurde und den etablierten Kaufzeitungen viele Leser verloren gingen.

Freundliche Übernahme im Literaturbetrieb
(novo-magazin.de)
Die Verwandlung des freien Autors in den Dipl.-Schriftsteller.

Future Reading
(newyorker.com, Anthony Grafton)
Digitization and its discontents.

Die Nazibestie in uns allen?
(zeit.de, Video, 4:21 Minuten)
Harald Martenstein über Rechtsextreme in den Medien.

Der RWE-Chef im “Bild”-Nichtverhör

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von “Bild”-Interviews unterscheiden. Die eine Art wird tendenziell eher mit Politikern geführt, die Steuern erhöhen oder Verbrecher laufen lassen wollen, und nennt sich “BILD-Verhör”. Die andere Art wird gerne mit Spitzenfunktionären großer Unternehmen geführt und hat keinen eigenen Titel, was vermutlich daran liegt, dass “Das offene Mikrofon”, “Der ungestörte Monolog” oder “Es geht auch ohne Nachfragen” nicht so rubriktauglich sind.

Jedenfalls ist es vermutlich eher kein Zufall, dass am selben Tag, an dem der “Spiegel” davon berichtet, dass die vier Stromriesen “mit einer Charme-Offensive” die drohende Zerschlagung verhindern und “ihre Milliardengewinne sichern” wollen, der Chef eines der vier Stromriesen der “Bild”-Zeitung ein Interview gibt, das man nüchtern “kein Verhör” nennen könnte.

Es beginnt so:

BILD: Immer mehr Politiker fordern eine Zerschlagung der Stromkonzerne und die Trennung von Netz und Kraftwerken. Senkt das die Preise?

[RWE-Chef Jürgen] Großmann: Ein klares Nein! Die Zerschlagung schafft Beschäftigung, aber nur für Rechtsanwälte und Bürokraten. Die Verbraucher gewinnen leider nichts. Glauben Sie ernsthaft, dass die Milch im Supermarkt billiger wird, wenn die Milchtheke von den übrigen Regalen getrennt wird?

Nein, das glaubt natürlich niemand ernsthaft, genauso wenig wie irgendjemand glauben sollte, dass das Bild von der einsam in der Ecke stehenden Milchtheke irgendwie ein treffender Vergleich für die Trennung von Strom-Produzenten und –Netzen ist. Dabei geht es nämlich darum, dass nach Ansicht von Monopolkommission und Politikern aller Parteien die Stromriesen anderen Produzenten, die für mehr Wettbewerb und niedrigere Preise sorgen könnten, das Leben dadurch schwer machen, dass sie sie beim Zugang zu den Netzen diskriminieren (oder sie nur dann mit ihrer Milch in die Monopolkühltheke lassen, wenn sie dafür ordentlich extra zahlen).

Aber im “Bild”-Nichtverhör kann Großmann einfach so vor sich hin assoziieren, ohne dass ein Journalist ihn (oder die Leser) dezent darauf hinwiese, wie irreführend seine Metaphern sind.

Die letzte Frage von “Bild” lautet so:

BILD: Die Monopolkommission hat festgestellt: Es gibt bei Strom und Gas keinen Wettbewerb. Freuen Sie sich als großer Energieversorger darüber?

Und Großmann antwortet:

Ich widerspreche der Kommission: Jeder Haushalt kann bei Strom unter mindestens fünf verschiedenen Anbietern wählen, in Großstädten sind es noch mehr.

Und wäre es nicht schön gewesen, wenn der “Bild”-Mann den RWE-Mann an dieser Stelle unterbrochen hätte, um etwas zu sagen wie:

Ja, Moment, aber an der Zahl der Anbieter lässt sich das doch gar nicht messen. Erstens weil die Stromanbieter so miteinander verflochten sind, wie die Monopolkommission kritisiert hat, und die Energieriesen oft auch an den Stadtwerken beteiligt sind. Und zweitens, weil das Bundeskartellamt nach eigenen Angaben Belege dafür hat, dass die Strommanager konkurrierender Unternehmen die Preise untereinander abgesprochen haben (die EU-Kommission ermittelt ja auch gegen Ihr Unternehmen und hat jede Menge Akten beschlagnahmt).

Ja. Wär schön gewesen. “Bild”-Interviewer Oliver Santen aber sagte:

nichts.

Symbolfoto XLIX

Man muss das vielleicht einfach erst mal zeigen:

Denn so berichtete “Bild” am Samstag groß auf Seite 2.

“Bild”-Redakteurin Ulrike Brendlin und der Leiter des “Bild”-Hauptstadtbüros, Rolf Kleine, schreiben dazu:

Gestern: Voller Bundestag debattiert über höhere Diäten und Pensionen

Wenn es im Bundestag mal richtig voll ist…
… dann wird wahrscheinlich gerade über eine Diätenerhöhung (…) debattiert.

Und tatsächlich wurde am vergangenen Freitag im Bundestag über eine Diäten-Erhöhung debattiert. Und richtig voll war’s auch. Das Foto allerdings, mit dem “Bild” zu illustrieren behauptet, wie voll es deswegen im Bundestag gewesen sei, hat mit der “Bild”-Behauptung (“so voll”) nichts zu tun.

Das Foto (“voller Bundestag”)* zeigt vielmehr, wie uns der Bundestag an Anfrage mitteilt, den Plenarsaal gegen 13.58 Uhr — also kurz vor der namentlichen Abstimmung [pdf] über das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung**, die am Freitag (neben anderen Themen wie Tempolimit, Einheitsdenkmal, Unterhaltsrecht und Diäten-Erhöhung) ebenfalls auf der Tagesordnung stand.

Augenzeugen berichten uns, dass viele Abgeordnete nur kurz für die Abstimmung in den Saal gekommen seien. Und dass es beim Thema Diäten-Erhöhung nicht leer, aber deutlich leerer war als auf dem “Bild”-Foto, zeigt nicht zuletzt das offizielle Parlamentsfernsehen des Bundestages.

*) Das zweite “Bild”-Foto (“Leerer Bundestag”) zeigt übrigens den Plenarsaals am 13. Juni 2007 während der “2. und 3. Beratung (…) eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR”.

**) Die Meldung zur beschlossenen Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung findet sich in “Bild” in einer kleinen 7-Zeilen-Meldung (rechts neben dem Wort “DIÄTEN-ERHÖHUNG”).

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Missing Montenegro: Der Karten-GAU der Tagesschau
(umblaetterer.de)
Die ARD-Tagesschau blendete in seiner Sendung am 14.10.2007 eine Karte ein, auf der Serbien und Montenegro einen Staat bilden. Montenegro ist allerdings seit dem 03.06.2006 ein unabhängiger Staat.

Recherchen unter Staatsaufsicht
(tagesschau.de)
Online-Durchsuchungen, Vorratsdatenspeicherung, Lauschangriff: Wie weit der Staat in die Privatsphäre, aber auch in das berufliche Umfeld, eingreifen darf, wird derzeit heftig diskutiert. Und im Zusammenhang mit Informanten- und Quellenschutz ist der Beruf des Journalisten besonders stark betroffen.

Der Westen und die Hobby-Chirurgen
(blog-cj.de)
“Zwei Dinge sind für mich die Flops des Jahres – oder nennen wir sie, etwas weniger unfreundlich, die am meisten überschätzten Dinge. Das eine ist der Westen, dieses groß beworbene und angekündigte WAZ-Portal, gestartet nach der enormen Entwicklungszeit von fast eineinhalb Jahren und erwartet als der völlig neue Standard für Onlineauftritte von Tageszeitungen.” (Das andere: “User Generated Content”).

Augen zu und durch!
(derwesten.de, Hans-Martin Groß, Video, 6:09 Minuten)
Rock´n Roll 2.0: Wie macht man in Zeiten von Downloads, illegalen Kopierens und allmächtigen Klingeltönen noch Musik – und lebt davon. DerWesten im Gespräch mit Phillip Boa.

Rede des DJV-Bundesvorsitzenden Michael Konken
(djv.de)
“Das Internet ist eine Plattform auch für Schmierfinken ganz besonderer Art. Schmierfinken, die sich als Journalisten bezeichnen, die aber Persönlichkeitsrechte verletzen, sich nicht an unsere Postulate wie Wahrhaftigkeit, Objektivität, Vollständigkeit halten. Sie treiben ihr mieses Geschäft mit Veröffentlichungen, gegen die wir oft rechtlich nicht vorgehen können, die aber nicht selten ihre Voyeure finden.”

Bionade-Biedermeier (Lesetipp)
(zeit.de, Henning Sussebach)
Der Berliner Szene-Stadtteil Prenzlauer Berg ist das Experimentierfeld des neuen Deutschlands. Doch wer nicht ins Raster passt, hat es schwer im Biotop der Schönen und Kreativen.

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