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1. “Die Zeitungen. Lügen wie gedruckt.”
(stefan-niggemeier.de)
“Die ‘ZMG Zeitungs Marketing Gesellschaft‘ ist die ‘zentrale Marketingorganisation der Zeitungen und Zeitungsgruppen in Deutschland’. Sie leidet nicht nur an einer eklatanten Binde Strich Allergie, sondern hat gerade unter dem Slogan ‘Die Zeitungen. Wer liest, versteht.’ eine große Desinformationskampagne gestartet.”

2. “Schawinskis Radio 1 verliert massiv Hörer”
(tagesanzeiger.ch, David Vonplon)
“Seit einem halben Jahr ist Radio 1 im Zürcher Stadtgebiet auf Sendung. Noch unveröffentlichte Zahlen der Publica Data zeigen: Nach starkem Start laufen dem Erwachsenenradio von Roger Schawinski die Hörer davon.”

3. “Grenzenlos kostenlos?”
(tagesspiegel.de, Sonja Pohlmann)
“Nach dem Aus von Dänemarks ‘Nyhedsavisen’ prophezeien Experten das Ende der Gratiszeitungen.”

4. “Wie leicht der König beleidigt ist”
(fr-online.de, Ralph Schulze)
“Medienfreiheit in Marokko: Zensoren passen auf, ein Blogger muss ins Gefängnis und ein Fernsehsender wird abgeschaltet.”

5. “Start-Bilanz der TV-Saison: Viel Schatten, wenig Licht”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
“In einer Branche, in der schon eine schlechte Quote reichen kann, um ein Format aus dem Programm zu kicken, kann man nicht früh genug Bilanz ziehen. DWDL.de wirft einen ersten Blick auf die noch sehr junge TV-Saison und ihre Neustarts. Die Liste der Flops ist schon jetzt lang. Aber es gibt auch Erfolge zu feiern…”

6. “Unten-rum-Fragen”
(taz.de, Anja Maier, 11.09.2008)
Oswalt Kolle im O-Ton: “Ich habe eine wahnsinnig geliebte Frau, die da ist und für mich sorgt. Und dann ist da auch meine Tochter, die auch. Meine zwei Frauen. Manchmal sitze ich so da – meine Tochter auf der einen, meine Freundin auf der anderen Seite. Und dann reden sie über mich. Als wäre ich nicht da, als wäre ich ein Hund: ,Er hat wieder das und das gemacht, da müssen wir aufpassen, dass er das nicht wieder macht.’ Das ist Liebe.”

Serkan A., “Bild” und der Rechtsstaat

Vermutlich weiß die “Bild”-Zeitung genau, warum sie Meldungen wie diese am vergangenen Freitag als Riesenschlagzeile auf die Seite 1 setzt:

Sie tut es vermutlich, weil sie weiß, dass sie damit bei vielen Lesern eine Reaktion erreicht wie die von Norbert S., dessen Leserbrief sie am folgenden Tag veröffentlichte:

Das klingt nach einer legitimen Meinungsäußerung — so wie auch die Frage von “Bild” legitim scheint, ob der “U-Bahn-Prügler Serkan A. (21)” seine langjährige Freundin, mit der er ein gemeinsames Kind hat, nur heiratet, “um die drohende Abschiebung zu verhindern”.

Nach Ansicht von “Bild” wäre das ein “Trick”. Ein treffenderer Begriff wäre in diesem Fall “sein gutes Recht”. Das ist keine Lappalie. Man nennt die Bundesrepublik Deutschland einen “Rechtsstaat”, weil zu seinen Grundsätzen gehört, dass das Recht für alle gilt. Auch für Menschen wie Serkan A.

Tatsächlich ist es so, wie “Bild” schreibt, dass durch die Heirat eine (von “Bild” dringend herbeigewünschte) Abschiebung von Serkan A. schwieriger würde. Dabei würden, wie uns der Strafverteidiger und Lawblogger Udo Vetter auf Nachfrage erklärte, die verschiedenen Interessen gegeneinander abgewogen werden. “In der Regel wird darauf abgestellt, ob die Ehegatten vorher zusammengelebt haben oder ob zu erwarten ist, dass sie zusammenleben werden. Bei einem gemeinsamen Kind hat der Betroffene gute Karten.” Dass Serkan A. aber eine Beziehung nur vortäuscht, beide gar nicht verlobt sind oder das Kind nicht von ihm ist, behauptet nicht einmal “Bild”.

Vetter kommentiert die Aufregung der “Bild”-Zeitung so:

Ich glaube, die Empörung ist mehr darin begründet, dass Serkan von seinen Rechten Gebrauch macht und sich im Rahmen seiner Möglichkeiten wehrt. Wenn man allerdings anfängt, Rechtsschutz zu kritisieren, sollte daran denken, dass man ihn vielleicht mal selbst braucht. Die Zeitungen sind voll davon, wie Deutsche mitunter im Ausland behandelt werden. Da regt man sich regelmäßig auf, wenn sie ohne fairen Prozess auf Jahre weggesperrt werden. Hier bei uns hätte man dann aber keine Probleme mit etwas mehr Bananenrepublik. Bemerkenswert!

Das ist ein Motiv, das immer wieder in der Berichterstattung der “Bild”-Zeitung durchschimmert: Dass sie es empörend findet, dass auch Kriminelle Rechte haben — und es sogar wagen, sie in Anspruch zu nehmen. (Manchmal findet “Bild” das sogar nicht nur bei Tätern, sondern auch bei Opfern empörend.)

Mit jedem solchen Artikel, in dem die “Bild”-Zeitung den Volkszorn schürt und Leser wie Norbert S. in ihrem Gefühl bestätigt, dass ausländische Straftäter ihr Recht auf das Recht verwirkt haben, nimmt sie in Kauf, den Rechtsstaat zu unterminieren.

Dieter Bohlen bleibt für “Bild” der Froschkönig

Der Fernsehsender RTL hat die 100.000 Euro Bußgeld akzeptiert, die die Jugendmedienschutz-Kommission (KJM) gegen den Sender verhängt hatte, weil er gegen den Jugendschutz bei der Wiederholung von “Deutschland sucht den Superstar” im Nachmittagsprogramm verstoßen hat. Der “Bild”-Zeitung ist diese Meldung einen Artikel auf der ersten Seite wert.

Das Blatt schreibt:

Die Jugendmedienschutz-Kommission "KJM" hatte die Strafe im Juni verhängt. Sätze wie "Du klingst wie Kermit, wenn hinten einer drauftritt", waren den Jugendschützern zu scharf für die Superstar-Wiederholungen am Nachmittag.

Na, da weiß man ja, was man von diesen “Jugendschützern” und ihren Urteilen zu halten hat, wenn denen schon solche harmlosen Sprüche “zu scharf” sind.

Es stimmt bloß nicht. Der einigermaßen berühmte Kermit-Satz fiel bereits vor knapp sechs Jahren, im November 2002 in der ersten Staffel von “DSDS”, und er wurde nicht beanstandet.

Beanstandet wurde unter anderem die Nachmittags-Wiederholung einer Sendung, deren Verlauf “Bild” selbst damals so schilderte:

Über sechs Millionen Zuschauer schalteten am Mittwochabend bei der RTL-Castingshow ein — und waren schockiert, wie rüde Jury-Mitglied Bohlen die Bewerber zum Start der 5. Staffel abfertigte. (…) Raymund bekommt plötzlich Schnappatmung, fängt an zu zittern. (…) Der Teenager bricht weinend in den Armen der Jury-Lady zusammen (…).

Der Kandidat hyperventilierte und kollabierte schließlich fast. Bohlen rief einem Mitarbeiter anschließend zu: “Kannst du noch mal hinterhergehen und sagen: ‘Dreimal nein?'” Die KJM bemängelte grundsätzlich neben dem “herabwertenden Verhalten der Jury”, dass die redaktionelle Gestaltung “die Kandidaten gezielt lächerlich machte und damit dem Spott eines Millionenpublikums aussetzte”. “Beleidigende Äußerungen und antisoziales Verhalten” würden “als Normalität dargestellt”.

Kein Wunder vielleicht, angesichts der besten Freundschaft zwischen “Bild” und Bohlen, dass die Zeitung das Urteil falsch wiedergibt. Aber weil ganze Medien davon leben, das zu glauben und weiterzuverbreiten, was “Bild” schreibt, steht die Falschmeldung nun auch anderswo, zum Beispiel beim Online-Ableger der “Rheinischen Post”:

“Du klingst wie Kermit, wenn hinten einer drauftritt” – die Sprüche dieses Kalibers waren der Kommission für Jugendmedienschutz KJM zu viel, sie verhängte die drastische Strafe gegen den Kölner Sender.

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1. “Sarah Palin – Das Paradox aus der Provinz”
(faz.net)
“Woher auch immer der Verdacht kommt, dass es schon reicht, aus einer dünn besiedelten Region zu kommen, um bei der chronisch metropolitanen öffentlichen Meinung in Ungnade zu fallen: er ist auf dem besten Weg, zum globalen Merkspruch zu werden. Die Medien, das weiß man von Alaska bis in die Pfalz, haben sich gegen die Provinz verschworen.”

2. Stefan Aust im Interview
(zeit.de, Christoph Amend und Giovanni di Lorenzo)
“Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass sie sich mit den Regierenden anlegen, dass sie in Krisengebiete reisen. Wer das tut, hat keine Angst vor einem Chefredakteur, der ja auch nur ein Angestellter ist. Und wer vor ihm Angst hat, ist beim Spiegel fehl am Platz. Ich glaube, das ist auch nur eine dieser Legenden, gestreut von Leuten, die generell Angst vor einem offenen Wort haben, die lieber intrigieren und aus dem Hinterhalt agieren.”

3. “Wenig ‘falsche Journalisten’ in der Schweiz”
(presseverein.ch)
“Falsche Journalisten? Vor allem in England, Italien und Kanada gibt es offenbar Dutzende Zeitgenossen, die sich akkreditieren zum gratis Reisen, Essen, Schlafen, aber eine geplante Berichterstattung bloss vortäuschen.”

4. “Umbruch bei Associated Press”
(dradio.de/dlf, Gerti Schön)
“Associated Press, Amerikas größte Nachrichtenagentur, wurde vor 162 Jahren von Tageszeitungen gegründet. Mittlerweile aber macht die Agentur vor allem mit den ärgsten Konkurrenten der Printpresse gute Geschäfte und liefert beispielsweise für Google oder Yahoo die Inhalte. Die Zeitungen reagieren verärgert und fangen an, der AP die Treue aufzukündigen.”

5. “Give Facts A Chance”
(coffeeandtv.de, Lukas)
Wann wurde John Lennon erschossen? Die Welt am Sonntag und Bild können sich nicht richtig daran erinnern.

6. “A No-Paper Newspaper”
(newsweek.com, Daniel McGinn)
Besonders weit weg scheint die elektronische Zeitung nicht mehr zu sein. Russell Wilcox, CEO von E Ink, sagt: “You’ll see, in the next 12 to 18 months, a wave of electronic-newspaper devices.”

Kurz korrigiert (480)

Peter Heinlein, der “Bild”-Medienkolumnist, der sich mit Medien ungefähr so gut auskennt wie Andreas Englisch mit dem Vatikan, schreibt aktuell nicht nur darüber, was der ehemalige “Spiegel”-Chefredakteur Stefan Aust über seine Nachfolger sagt. Bemerkenswert findet Heinlein vor allem, wo Aust es sagt:

Auch dem öffentlich-rechtlichen Medienmagazin Zapp vom NDR, dem er, wie viele andere auch, Zeit seines Amtslebens beim Spiegel die kalte Schulter gezeigt hatte, stand Aust nun zu Werbezwecken ausführlich Rede und Antwort.

Nö.

Aust hat auch jetzt nicht mit “Zapp” gesprochen und nannte die Sendung in dem Gespräch, auf das sich Heinlein bezieht, “diese merkwürdige Sendung”. “Zapp” zeigte nur Ausschnitte aus dem Interview, das Aust dem NDR-Vorabendmagazin “DAS!” gab, und hatte darauf in der Anmoderation auch unmissverständlich hingewiesen.

Und wer die verpasst hatte, konnte es zur Not an den drei Buchstaben zwischen Aust und der Moderatorin erkennen:

Mit Dank an Thomas P.!

Wochenrückblick Nr. 37

Die Gratiszeitung kommt nach Deutschland, kein Schmerzensgeld für Günther Jauch, ein Offizier mit Loch im Strumpf und die Leserzahlen der Schweizer Printpresse in unserem Rückblick auf die 37. Kalenderwoche.

Kate McAlpine (Keystone/AP/Anja Niedringhaus)

Das Bild der Woche: Mit einem YouTube-Video erklärt Kate McAlpine, was Physiker mit dem gerade in Betrieb genommenen Teilchenbeschleuniger CERN erforschen. Der “Large Hadron Rap” der 23-Jährigen wurde bereits rund drei Millionen Mal abgerufen, McAlpine zur Internet-Berühmtheit.

Kurt W. Zimmermann (ca. 57) wurde am Verleger-Kongress in Montreux zusammen mit Jürg Ramspeck (Alter unbekannt) gelobt. Nicht von irgendwem, sondern vom CEO des Axel-Springer-Verlags, Mathias Döpfner. Seine Worte werden vom Klein Report so kolportiert: “Solche Leute würden interessanteren Journalismus betreiben als Blogs und User generated Content, kritisierte er jene, die die Zukunft der Publizistik in den elektronisch verbreiteten Tagebüchern und Leserbriefen zu sehen glauben.”

Der gleiche Kurt W. Zimmermann analysierte in der Weltwoche die neuen Leserzahlen der schweizer Printpresse (nur für Abonennten zugänglich). Wir empfehlen dazu Blogeinträge, nämlich “Kurt W. Zimmermann rechnet. Wir rechnen auch” von Bettina Büsser und “Schönschreiber Kurt W. Zimmermann” von Thomas Benkö. Nochmal Döpfner: “Die Zukunft gehört den Journalisten, bei denen die Selbstkritik wichtiger ist als die Selbstzufriedenheit”.

Read On…

Heiße Spuren für alle!

Heute kochen wir uns eine heiße Spur. Das ist kinderleicht. Man nehme:

  • einen Kriminalfall, der die Menschen gerade bewegt
  • einen Verdächtigen in einem anderen Kriminalfall
  • ein Telefon

Nun rufen wir bei der Polizei an und fragen sie nicht, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Verdächtige in dem einen Kriminalfall etwas mit dem anderen Kriminalfall zu tun hat, sondern nur, ob sie einen Zusammenhang ausschließen kann. Weil es zum Wesen solcher Ermittlungen gehört, möglichst wenig auszuschließen, wird die Antwort vermutlich “Nein” lauten, und, voilà: Wir haben unsere exklusive Spur, heiß gemacht durch eine Formulierung wie: “Die Polizei bestätigte, einen Zusammenhang nicht ausschließen zu können.”

Ein ähnliches Rezept hat “Bild” schon nach dem Mord an der achtjährigen Michelle aus Leipzig angewandt, als sie immer wieder ein Phantomfoto aus einem anderen Fall zeigte und als möglichen Täter und “heiße Spur” präsentierte — was nach den Worten des Polizeipräsidenten die Ermittlungen “erheblich behinderte”.

Gestern kochte sich “Bild” aber schon wieder eine mögliche “heiße Spur” zusammen. In Lyon war im Zusammenhang mit dem Mord an einem elfjährigen Jungen eine Frau festgenommen worden. Deutsche Ermittler im Fall der sogenannten “Phantomkillerin”, die unter anderem im vergangenen Jahr in Heilbronn eine Polizistin tötete, überprüften die DNA der französischen Frau — routinemäßig.

“Wenn Sie mich fragen, ist die Spur noch nicht einmal lauwarm, geschweige denn heiß”, sagte ein Polizeisprecher der “Badischen Zeitung”. Allerdings wäre es fahrlässig, eine solche Spur nicht abzugleichen — das werde bei jedem Gartenhauseinbruch so gemacht.

Das ist aber natürlich keine “Bild”-Geschichte. Eine “Bild”-Geschichte wurde es dadurch, dass sich “Bild”-Redakteur Bernd Strehlau von der Polizei bestätigen ließ, dass sich ein Zusammenhang nicht ausschließen lässt. Dann konnte er das Foto der Frau zeigen, die Worte “Ist SIE die Phantomkillerin?” daneben setzen und exklusiv berichten:

Die Polizei in Heilbronn bestätigte: Ein Zusammenhang mit dem Heilbronner Mord im April 2007 und dem Tod des Elfjährigen nahe Lyon im Juli sei nicht auszuschließen.

An dieser Stelle könnte die Geschichte zuende sein. Man könnte sagen: Mei, so sind sie halt bei “Bild”, das weiß man doch und kann damit umgehen. Die Nachrichtenagentur dpa aber weiß das offenbar nicht. Und so meldete sie gestern vormittag:

Heilbronn (dpa) – Eine Spur im Fall des Polizistinnenmordes in Heilbronn im vergangenen Jahr führt möglicherweise nach Frankreich. Die Polizei in Heilbronn schließe einen Zusammenhang zwischen der kaltblütigen Tat im April 2007 und einem grausamen Mord an einem Elfjährigen Ende Juli in der Nähe von Lyon nicht aus, teilte ein Sprecher am Donnerstag mit und bestätigte damit einen Bericht der “Bild”-Zeitung.

Wohlgemerkt: Er bestätigte, dass er bestätigte, dass er einen Zusammenhang nicht ausschließt. Um 14 Uhr zitierte dpa in einem längeren Text immerhin den Heilbronner Sprecher der Polizei nun plötzlich auch mit den Worten, es handle sich um eine “routinemäßige Überprüfung wie bei hunderten von anderen Fällen auch”.

Nicht einmal zwei Stunden später, um 15:47 Uhr, meldete dpa schließlich, die Spur sei “kalt”: Der Vergleich der DNA-Spuren habe keine Übereinstimmungen ergeben.

Bild.de-Leser wissen davon noch nichts. Und die “Heiße Spur?”-“News” ist aktuell immer noch eine der meistgelesenen auf Bild.de.



Mit Dank an die “Badische Zeitung”!

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1. “Springer wagt Tabubruch”
(ftd.de, Jennifer Lachman und Ulf Brychcy)
“Das wird die Zeitungsbranche erschüttern: Ausgerechnet Springer wirft in Berlin ein Gratisblättchen auf dem Markt. Dabei hatte sich der Konzern stets am stärksten gegen solche Publikationen gewehrt. Und Kooperationspartner ist auch noch die Post.”

2. “Polizistenmord Heilbronn: heiße Spur ganz kalt”
(badische-zeitung.de)
“Bild prescht vor und alle schreiben ab: Spiegel, dpa und dutzende Medien meldeten die angeblich heiße Spur zur Heilbronner Polizistenmörderin. Dabei ist das Ganze nur ein Lehrstück darüber, wie aus reiner Polizeiroutine eine Schlagzeile wird.”

3. “Wie leicht Film Wirklichkeit wird”
(freitag.de, Matthias Dell)
“Der Spiegel macht mit seiner Titelgeschichte der Einfühlung Marketing für Eichingers neuen Erfolgsfilm.”

4. “Aus dem Wertekanon”
(jungewelt.de, Volker Bräutigam)
“Weil ihre Beiträge nicht in die Anti-China-Berichterstattung paßten, wird eine Redakteurin der Deutschen Welle kaltgestellt.”

5. Jonathan Landman von der New York Times im Interview
(sueddeutsche.de, Stephan Weichert und Alexander Matschke)
“Beiträge von Amateuren sind nicht zu unterschätzen. Sie können sich Amateurfotos auf der Online-Plattform flickr ansehen, Texte von Amateuren in der Huffington Post lesen und so weiter. Und ein kleiner Teil davon ist gut, ein großer sehr schlecht. Die Trefferquote bei professionellen Journalisten ist naturgemäß höher, weil sie dafür entlohnt werden. Das ist bei Amateuren anders, was aber nicht heißt, dass sie nichts beitragen können.”

6. “Bang Bang Berlin” in der Video-Rezension
(achtmilliarden.wordpress.com, Oskar Piegsa, Video, 3:53 Minuten)
Oskar Piegsa testet die Zeitschrift “Bang Bang Berlin“. Fazit: “Sieht gut aus”, “Textqualität mittel”, “Aber: zukunftsweisend?”

Von Äpfeln, Birnen, Weintrauben und Kiwi

Anfang der Woche verkündete “Bild” “eine echte TV-Sensation”: Andrea Kiewel, von der sich das ZDF im vergangenen Jahr wegen Schleichwerbevorwürfen getrennt hatte, wird im Oktober als Gast bei einer Gala der Welthungerhilfe auftreten, die das ZDF zeigt. “Bild” glaubt, dass das “eine behutsame Vorbereitung – auf Kiewels Komplett-Rückkehr” sein könnte und fragt:

Kriegt Andrea Kiewel wieder den Fernsehgarten?

Tja, wer weiß. “Bild” offenbar nicht, und das ZDF sagt, es handele sich um “reine Spekulation”, was natürlich nicht bedeutet, dass es nicht am Ende so kommen könnte.

Die Nachrichtenagentur AP und viele Medien berichteten über die mögliche Rückkehr Kiewels zum ZDF, und sie übernahmen nicht nur die (nicht nachprüfbare) Spekulation, sondern auch (leicht nachprüfbare) Tatsachenbehauptungen von “Bild”. AP zum Beispiel meldet unter Bezug auf “Bild”:

[Kiewel] habe als Moderatorin des “Fernsehgartens” im Durchschnitt 2,3 Millionen Zuschauer gehabt, ihr Nachfolger Ernst-Marcus Thomas im August nur 1,3 Millionen.

“Spiegel Online” kürzte aus der Formulierung sogar noch die Zeitangaben und berichtete:

[Kiewel] habe als Moderatorin des “Fernsehgartens” im Durchschnitt 2,3 Millionen Zuschauer gehabt. Ihr Nachfolger Ernst-Marcus Thomas habe dagegen nur 1,3 Millionen erreicht.

Das ist noch falscher als das, was “Bild” geschrieben hatte:

Sieben Jahre lang hatte [Kiewel] tolle Quoten für die TV-Show geholt – im Schnitt 2,3 Millionen Zuschauer. Nach ihrer Kündigung versuchte Kiewels Nachfolger Ernst-Marcus Thomas (35) sehr engagiert sein Glück – vergeblich.

Im August lag die Zuschauerzahl bei nur noch bei [sic] 1,3 Millionen.

Eigentlich muss man nicht einmal recherchieren, um zu erkennen, wie unfair die Rechnung wäre, selbst wenn sie stimmen würde: “Bild” vergleicht die Quoten von sieben Jahren mit den Quoten von einem Monat.

Aber die angegebenen Zahlen stimmen nicht einmal. 1,3 Millionen Zuschauer hatte die schlechte Sendung im August — insgesamt lag die Zahl in dem Monat bei 1,46 Millionen.

In den sieben Jahren, in denen Kiewel moderierte, hatte der “Fernsehgarten” im Schnitt 1,94 Millionen Zuschauer (wie “Bild” auf 2,3 Millionen kommt, ist dem ZDF schleierhaft). Und im Jahr 2008 hatte die Sendung mit Ernst-Marcus Thomas bisher im Schnitt 1,53 Millionen Zuschauer — wodurch der Abstand zu Kiewel nicht, wie “Bild” in der Kiwi-Euphorie seiner Exklusiv-Spekulation behauptet, eine Million Zuschauer beträgt…

… sondern nur rund 400.000.

Die “Bild”-Zeitung vergleicht Äpfel mit als Birnen getarnten Weintrauben. Und AP, “Spiegel Online” und die anderen kaufen ihr die Grütze auch noch ab.

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