Vielleicht wäre es am besten, wenn die “Bild”-Zeitung zukünftig gar keine Fotos mehr veröffentlichen würde. Sie hat ja einen “BILD-Zeichner”. Der hat bekanntlich genügend Fantasie, um sich beispielsweise vorzustellen, wie der Amokläufer von Winnenden in einem Kampfanzug ausgesehen haben könnte, als er vorgestern 15 andere Menschen tötete (dabei trug er womöglich gar keinen Kampfanzug [siehe Kasten]).
Kampfanzug? Sweatshirt?
Eine Augenzeugin heute in “Bild” über den Amokläufer:
Etwas weiter unten auf derselben “Bild”-Seite:
Und sicher hätte der “BILD-Zeichner” auch kein Problem damit, sich vorzustellen, wie der Amokläufer Tim K. im Alter von zehn Jahren ausgesehen hätte, während er an einem Schießstand mit einem Luftgewehr zielte. Er hätte eine große Zeichnung davon machen können, und “Bild” hätte dazu schreiben können:
So sieht es der BILD-Zeichner: Da war er erst 10! Das Auge am Visier, den Finger am Abzug. Früh lernte Amokläufer Tim K. den Umgang mit Waffen. Die Zeichnung zeigt ihn als Zehnjährigen beim Schießen mit einem Luftgewehr
Doch “Bild” beschäftigt schließlich eine Menge Leute, die quasi darauf spezialisiert sind, Fotos zu beschaffen – auf welchen Wegen auch immer. Und manchmal, so wie heute, schreibt “Bild” inzwischen sogar “Fotobeschaffung” in den Quellennachweis.
“Fotobeschaffung” heißt hier offenbar (wie so oft), dass “Bild” sich ein Foto eines jungen Luftgewehrschützen aus dem Internet besorgt hat, ohne den Rechteinhaber um Erlaubnis zu fragen.
Das Ergebnis dieser “Fotobeschaffung” kann man heute groß auf Seite 2 als Blickfang unter der Überschrift “Die kranke Welt des Killers” sehen (Unkenntlichmachung von uns):
Der Text beginnt mit den Worten:
Doch das Foto zeigt nicht den Amokläufer Tim K. Es zeigt einen ganz anderen, völlig unbeteiligten Jungen aus einem von Winnenden rund 80 Kilometer entfernten Schützenverein, wie man uns dort bestätigt.
Mit Dank an Mario S.