“Wir hätten das niemals erlaubt”

“Nicht jugendfrei”, das Jugendportal der “Waiblinger Zeitung” hat mit dem Vater von einem der Mädchen geredet, die bei dem Amoklauf in Winnenden am vergangenen Freitag ums Leben gekommen sind, und über deren Leben und Sterben auch “Bild” in größter Aufmachung berichtet hat:

Uwe Schill kann reden in seiner Trauer. Von sich aus hat der Vater der getöteten Chantal unsere Redaktion aufgesucht, und es hat sich ein Gespräch ergeben über die Dankbarkeit des Hinterbliebenen für den großen Beistand. Und über den Schmerz darüber, wie Bild-Zeitung und Fernsehsender sich des Bildes der getöteten Tochter bemächtigen; und wie Bekannte über Opfer und Täter sprechen und er dies wehrlos im Fernsehen mitverfolgt.

Zwei Stunden nachdem Chantal gestorben war, stand ein Reporter bei Schills in der Haustür und wollte Bilder von Chantal. “Kein Ausdruck des Beileids, keine Rücksicht, kein Mitgefühl . . . Mein ältester Sohn hat ihn dann von der Tür gewiesen.” (…)

Das Bild der getöteten Tochter wird fremdbestimmt: “Die Bild-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder von Chantal erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt.” (…)

Schill vermutet, dass die Fotos seiner Tochter aus dem Schüler-VZ stammen, einem Internetverzeichnis, das bei Schülern äußerst beliebt ist und in das die große Mehrheit der Schülerinnen und Schüler Fotos von sich hineinstellt — meist in dem Gefühl, dass nur andere Schüler dieses Verzeichnis anschauen, dass Jugendliche und Kinder unter sich wären in dieser Abteilung des Internets. Aber Internet ist immer Weltöffentlichkeit. Die Bildbeschaffer bestimmter Medien nützen dies aus. “Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen”, sagt Schill. (…)

“Bild” lässt Schläger-Opfer für sich kämpfen

Es ist nicht Neues, dass “Bild” Probleme mit der Tatsache hat, dass für Kriminelle die gleichen Rechte gelten wie für alle anderen Bürger.

Wenn ein junger Mann, der wegen versuchten Mordes im Gefängnis sitzt, seine langjährige Freundin heiraten will, mit der er ein Kind hat, ist das für “Bild” etwa ein “Trick”, um der Abschiebung zu entgehen. Wenn ein Anwalt nach Unregelmäßigkeiten während der Polizei-Verhöre Freispruch für seinen Mandanten fordert, nennt die Zeitung diesen Vorgang “unfassbar”.

Auch braucht es in der Regel mehrere Gerichtsurteile, bis “Bild” zähneknirschend und unter “Aber die Pressefreiheit!”-Gemurmel darauf verzichtet, aktuelle Fotos von freigelassenen Ex-Terroristen zu zeigen.

Was also ist es für “Bild”, wenn einer der Münchener “U-Bahn-Schläger” vor dem Landgericht Hamburg erwirkt, dass die Zeitung sein Foto nicht mehr unverfremdet zeigen darf?

Na sicher:

Skandal um U-Bahn-Schläger

“Bild” ereifert sich aber nicht selbst, sondern überlässt die Empörung jemandem, bei dem sie jeder noch so skeptische Leser nachvollziehen kann: dem Opfer.

Prügelopfer entsetzt über Gerichtsurteil

Spiridons Opfer Bruno N. (76): “Ich kann das nicht verstehen. Die wollten mich totschlagen. Bei so einer Tat gibt es keinen Anspruch auf Privatsphäre. BILD hat die Leser aufgeklärt, indem Fotos der Täter veröffentlicht wurden.”

Quasi über Bande kann die “Bild”-Redaktion so deutlich machen, was sie von dem Urteil hält, ohne sich selbst zu Wort zu melden.

Na ja, fast:

Gegen das Foto-Urteil wird BILD Berufung einlegen.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

Unverbesserlich VII

"Die Mutter vom Container-Baby: Sie hielt ihrem Jungen Mund und Nase zu, bis er nicht mehr atmete"

So berichtet “Bild” heute über eine Mutter, die ihren Säugling umgebracht und in einem Altkleider-Container abgelegt haben soll. “Bild” zeigt ein unverfremdetes Foto der Frau und nennt die Straße und den Stadtteil, wo sie wohnt.

Die “Bild”-Zeitung tut also das, was sie andauernd in solchen Fällen tut: Sie zeigt, dass der Pressekodex und die Spruchpraxis des Presserats ihr herzlich egal sind – vom Persönlichkeitsrecht der Mutter ganz zu schweigen.

ProSieben, Schwarzer, Stewart, Davies

1. “Winnenden: 100 Euro für eine Tränen-Aufnahme”
(wuv.de, Jochen Kalka)
“Schülern wurde gegen Cash diktiert, was sie vor laufender Kamera sagen sollten. Auch der Satz ‘Tim wurde von seinen Mitschülern gemobbt’, soll gekaufte Filmware gewesen sein. Andere Schüler wurden, ebenfalls gegen ein Entgeld von 20 bis 100 Euro, gebeten, Blumen oder Kerzen abzulegen und sich dann weinend zu umarmen.”

2. “Gibt es noch recherchierende Journalisten?”
(carta.info, Marvin Oppong)
Alice Schwarzer belegt ihre Thesen in der Welt und im Standard zu den Auswirkungen von Pornografie mit Untersuchungen von Henner Ertel vom G.R.P. Institut für Rationelle Psychologie. Dieses wurde aber 2008 von Jochen Paulus in der Zeit als unseriös enttarnt. Gegen Henner Ertel läuft ein Strafverfahren, ihm “wird vorgeworfen, die Grade ‘Doktor’ und ‘Professor’ zu Unrecht zu führen.”

3. Pro7 Newstime täuscht Nachrichten vor
(dwdl.de, Jochen Voß)
“Am Wochenende verstörte ProSieben seine Zuschauer mit Programmtrailern im Stil einer echten Nachrichtensendung.” Auf YouTube zu sehen einmal das in Rekordzeit gealterte Baby, einmal der von Insekten angegriffene Mann.

Read On…

“Bild” im Abwrackwahn

Die Rechnung mit der Abwrackprämie ist im Grunde ganz einfach: Jeder, der seit mindestens einem Jahr Halter eines mindestens neun Jahre alten Autos ist, bekommt, wenn er es verschrotten lässt und sich einen Neu- oder Jahreswagen kauft, einen Zuschuss von 2.500 Euro (erstaunlicherweise können laut “Bild” offenbar auch neun Jahre alte Autos noch “fast neu” sein). Da die Bundesregierung dafür insgesamt 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat, reicht das also für 600.000 Fahrzeuge.

Laut dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sind bis heute, 16. März 2009, “bereits 246.853 Anträge auf Gewährung der Umweltprämie eingegangen”:

Bei der Berechnungsgrundlage von 600.000 möglichen Anträgen können noch 353.147 Anträge gestellt werden.

Vergangenen Freitag schrieb “Bild”:

"Abwrackprämie nur noch für 147.000 Autos"

“Bild” hat diese Zahl vom Kfz-Händlerverband ZDK, laut dem bis vergangenen Donnerstag “rund 453.000 Neu- und Jahreswagen mit Prämie (2500 Euro) verkauft” worden seien. Das ist durchaus möglich, da es sicherlich einige Zeit dauert, bis alle Anträge beim BAFA eingehen.

Am Samstag aber berichtete “Bild”:

"Ansturm auf die Autohäuser: Abwrackprämie heute ausverkauft?"

Das scheint weniger eine Überschrift zu sein, als eine Text-Aufgabe, deren Beantwortung selbst Leuten mit rudimentären Mathe-Kenntnissen leicht fallen dürfte. Denn der ZDK rechnete laut “Bild” damit, dass am Samstag “noch mal 30.000 Autos mit Abwrackprämie abgesetzt werden.” Das machte dann also 483.000 Autos, wenn man die ZDK-Zahlen vom Freitag zugrunde legt, und die Prämie würde noch für rund 117.000 Fahrzeuge reichen. “Bild” löst die Aufgabe im Text denn auch richtig, aber nicht sehr präzise:

Damit dürften bis heute Abend rund 500 000 Autos mit Prämie verkauft worden sein. Das Geld (1,5 Milliarden Euro) reicht für insgesamt 600 000 Fahrzeuge, ist in Kürze aufgezehrt.

Und während “Bild” es sich offenbar zum Ziel gesetzt hat, die Leute scharenweise in die Autohäuser zu treiben, indem sie einen so nicht vorhandenen Zeitdruck suggeriert (vergangenen Donnerstag hieß es in “Bild” noch: “Abwrackprämie reicht nur noch für vier Wochen”), berichtet beispielsweise die “Welt” heute schon über das “Risiko Abwrackprämie”:

Das Staatsgeld verführt manche auch bei leerer Haushaltskasse zum Autokauf

(…) Verbraucherzentralen warnen bereits, dass die Abwrackprämie Menschen verlockt, sich ein neues Auto zu kaufen, obwohl sie es sich eigentlich nicht leisten könnten. “Die Kunden fühlen sich wie im Schnäppchenmarkt, und die Autohändler nutzen diese Situation aus”, sagt Leif Rättig von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.

Es sieht nicht so aus, als ob die “Bild”-Zeitung sich die Aufgabe gesetzt hat, dem entgegen zu wirken.

Mit Dank an Rainer S., Georg G., Heiko T., Melvin B., Björn K., Philipp W.

Dieter Althaus in der “Bild”-Reha

Ob die “Bild”-Zeitung positiv über jemanden berichtet, ist unter Chefredakteur Kai Diekmann nicht unbedingt eine Frage der Ideologie. Viel entscheidender ist es, ob jemand bereit ist, mit “Bild” zu kooperieren. Das wichtigste Prinzip ist das des Geben und Nehmens.

Wie das funktioniert, lässt sich sehr plastisch am Fall des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus zeigen. Althaus gibt der “Bild”-Zeitung exklusive Informationen. Dafür gibt “Bild” ihm die Berichterstattung, die er sich wünscht.

  • Schon im vergangenen Sommer nutzte Althaus die “Bild”-Zeitung, um Gerüchte zu dementieren, er habe ein Kind mit seiner Sekretärin. “Bild” nannte diese Gerüchte prompt eine “BABY-LÜGE”.
  • Im Februar veröffentlichte “Bild” das erste Foto von Althaus nach dem Unfall. Es zeigt ihn beim Spaziergang in Konstanz, in der Nähe seiner Reha-Klinik. “Bild” druckte es unter der Überschrift: “Es geht ihm endlich wieder besser!”
  • Bei der Beerdigung seines Vaters wurde Althaus von Polizisten und Sicherheitsleuten mit Regenschirmen abgeschirmt; Fotos und Fernsehaufnahmen waren nicht erlaubt. Für den Fotografen der “Bild”-Zeitung scheint Althaus dann aber noch einmal am Grab posiert zu haben, so dass sie ein Exklusiv-Foto präsentieren konnte. Wie zum Dank machte die Zeitung eine Kehrtwendung und beschrieb sein Auftreten bei der Beerdigung nun nicht mehr als “geschwächt”, sondern stark — ganz wie der designierte Spitzenkandidat und seine Partei es wünschten (wir berichteten).
  • Auch über die Verurteilung Althaus’ zu einer Geldstrafe berichtete “Bild” ganz in seinem Sinne (wir berichteten).

Vorgestern nun nominierte die CDU Althaus zu ihrem Spitzenkandidaten — in Abwesenheit. Der Kandidat war offensichtlich noch nicht fit genug, um vorbeizuschauen, er schickte nicht einmal eine Videobotschaft. Die Aufgabe, alle Zweifel auszuräumen, ob sein Gesundheitszustand gut genug ist, übernahm — “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann höchstpersönlich.

“Exklusiv” und “als erster Journalist” traf er “jetzt” den Ministerpräsidenten “in der Reha-Klinik” und berichtet darüber in größter Aufmachung in der gestrigen “Bild am Sonntag” und der heutigen “Bild”:

Daran, wie es Althaus geht, lässt Diekmann nicht den Hauch eines Zweifels:

Gedanken, Erwartungen: Wie wird er wohl aussehen? Gebrechlich? Vielleicht sogar gebrochen? Stützen ihn seine Leibwächter vom Landeskriminalamt? Muss er nach Worten ringen? Verliert er im Gespräch immer wieder den Faden? NICHTS VON ALLEDEM. Es ist kurz nach 13 Uhr, als der Ministerpräsident Dieter Althaus vor dem Hotel aus einem schwarzen Suzuki-Geländewagen steigt. Aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe. Er trägt eine schwarze Hose, einen schwarzen Pullover, dazu ein weißes Hemd mit dunkelrot gestreifter Krawatte. Mit schnellen Schritten durchquert er den Kreuzgang des uralten Hauses, sein Händedruck ist kräftig. Ein wenig schmaler ist er geworden, seine Augen schauen hell und wach, als hätte es den Albtraum auf der Riesner-alm nie gegeben. Ein älteres Ehepaar schaut verblüfft herüber, sie flüstert: "Ist das nicht der Althaus, der mit dem Unfall?"

Heute in “Bild” muss man sogar nur die Bildtexte lesen, um die entscheidende Botschaft des Interviews zu erfahren (die Botschaft, die mit der identisch ist, die Althaus und seine Partei den zweifelnden Wählern, Parteimitgliedern und Kommentatoren vermitteln wollen):

So funktioniert “Bild”: “Bild” hat eine große Exklusiv-Geschichte, Althaus hat eine Berichterstattung in seinem Sinne, und alle sind glücklich. (Außer vielleicht diejenigen, die eine unabhängige, wahrheitsgemäße Berichterstattung erwarten.)

Wohlgemerkt: Es kann durchaus sein, dass Althaus wirklich wieder stark und gesund ist und einen kräftigen Händedruck und helle, wache Augen hat. Nur ist “Bild” dafür keine verlässliche Quelle.

Mit Dank an Falk H.

Neven DuMont, Darwin, Winnenden

Fordert Charaktere in den Medien: Alfred Neven DuMont (Keystone, Archiv)
1. Interview mit Cigdem Atakuman
(spiegel.de, Daniel Steinvorth)
Cigdem Atakuman, Chefredakteurin von Bilim ve Teknik, wird nach einer Titelgeschichte über Charles Darwin entlassen: “Die Titelgeschichte über Darwin sei ein großer Fehler gewesen, ein unentschuldbarer Fehler. Im jetzigen politischen Klima in der Türkei könne so was als Provokation verstanden werden.”

2. Interview mit Alfred Neven DuMont
(sueddeutsche.de, Hans Werner Kilz)
Verleger Alfred Neven DuMont glaubt, den Zeitungen heute brauchen vor allem Charakter, um sich unentbehrlich zu machen: “Wenn Sie unsere Öffentlichkeit anschauen – von den Bischöfen bis zur Politik, Unternehmer, Gewerkschaften -, es ist eigentlich mehr ein ineinander übergehender Einheitsbrei. Ich will nicht gerade sagen charakterlos, das klingt vielleicht ein bisschen wild, aber charakterarm, profilarm.”

3. “Die hohle Hand beim Staat ist kein Rezept gegen die Medienkrise”
(onlinereports.ch, Peter Knechtli)
“Wenn sich die Medieninhalte immer stärker am Showbizz-, Beauty- und Promi-Barometer und seinem beliebigen Wahrheitsgehalt orientieren, während gleichzeitig die Mittel für tiefgründige Analysen und Recherchen fehlen, dann verlieren die Medien ihre fundamentale Funktion als Informations-Vermittlerin.”

Read On…

Die Amok-Opfer der “Bild am Sonntag”

Aus einem Internetforum:

Mein geschäft ist genau neben dem Geschäft von Herr K        , was meinst du wie viele Reporter zu mir kommen und mich belagerten und fragen gestellt haben. Am Samstag war es so gar so das die Bild am Sonntag für ein Bild von Herr K         mir 1500 € geboten und wenn die ganze Familie drauf sein sollte würde er sagar 4500 € zahlen, das meinte ich damit !!! Ich bekomm da ein hass !

Wir haben diese Behauptung sorgfältigst nicht überprüft. Wir können nicht sagen, ob sie stimmt. Unwahrscheinlich ist es nicht.

In der heutigen Ausgabe der “Bild am Sontag” findet sich kein Foto von Herrn K., dem Vater des Attentäters von Winnenden, sondern nur ein Foto, mit dem Tim K. sich für die kaufmännische Privatschule bewarb, ein Foto, das seine zugedeckte Leiche auf dem Parkplatz zeigt, ein Foto von ihm als Zweijähriger (“ein unschuldiges Lächeln”), ein Foto von Tim K. mit seiner Großmutter (“Der Amokläufer liebte ihre handgeriebenen Spätzle”), ein Foto vom Haus seiner Familie, ein Foto von ihrem Türschild und ein Foto, das angeblich den Teich im Garten zeigt (“Vater […] und Sohn Tim waren leidenschaftliche Sammler von Koi-Karpfen”).

Die “Bild am Sonntag” hat sich zudem entschieden, ihre Anteilnahme mit den Todesopfern dadurch auszudrücken, dass sie alle, von denen sie Fotos auftreiben konnte, und das sind 14 von 15, auf der Titelseite groß herausbringt:


(Unkenntlichmachung von uns.)

Auf fünf Seiten im Inneren zeigt sie noch einmal Fotos und erzählt Details aus dem Leben von jedem einzelnen der meist jungen Mädchen.

“Witwenschütteln” nennt man in der Branche die übliche Recherchemethode für solche Geschichten. Besonders groß scheint die Bereitschaft vieler Angehöriger und Freunde, der “Bild am Sonntag” den Stoff zu liefern, allerdings nicht gewesen zu sein. Einige der Artikel sind offenkundig mühsam aus dem zusammengestrickt, was die Internetseiten der Opfer zum Beispiel über ihre Hobbys verrieten. In den sozialen Netzwerken wie Kwick hat sich “Bild am Sonntag” auch bedient, um Fotos der Opfer zu bekommen.

Und über eines der getötetes Mädchen schreibt die “Bild am Sonntag”:

[…] hatte an die Haustür des Mehrfamilienhauses in […] einen Zettel geklebt, auf dem sie sich bei den Nachbarn entschuldigte, sollte die Party lauter werden. Unter den Gästen: bestimmt auch ihre beste Freundin, mit der sie oft zu Hip-Hop-Musik auf der Straße tanzte. Sie stellte ein Foto von […] am Ort des Schreckens auf. “Abf 4 ever” steht darauf — “Allerbeste Freunde für immer”. Es zeigt die beiden Mädchen in inniger Umarmung.

Auf dem Foto, das die “Bild am Sonntag” von dem Opfer zeigt, ist nur ihr Kopf zu sehen. Aber man kann noch erkennen: Es zeigt sie in inniger Umarmung mit einem anderen Mädchen. Auf dem Fotopapier scheinen Regentropfen zu liegen. Es ist leicht zu erraten, wie die “Bild am Sonntag” wohl an dieses Foto gekommen ist.

Mit Dank an Andreas S.!

Die kranke Welt der “Bild”-Zeitung (2)

Am Freitag zeigte “Bild” in gewaltiger Größe ein aus dem Internet stammendes Foto eines zehnjährigen Jungen und behauptete fälschlicherweise, es handele sich um den Amokläufer von Winnenden, Tim K. (wir berichteten).

Gestern veröffentlichte “Bild” neben Fotos von Tim K. als Tischtennisspieler, als Konfirmand und als Zweijähriger folgenden Text:

Der Amoklauf von Winnenden. Fotoverwechslung! Bei der Berichterstattung über den Amoklauf von Winnenden ist es in unserer gestrigen Ausgabe zu einem bedauerlichen Fehler gekommen. Zu einem Artikel auf Seite 2 zeigten wir das Foto eines zehnjährigen Jungen mit einem Luftgewehr und schrieben: "Das Auge am Visier, den Finger am Abzug: Früh lernte Amokläufer Tim K. den Umgang mit Waffen. Das Foto zeigt ihn als Zehnjährigen beim Schießen mit einem Luftgewehr." Das ist falsch! Der Junge auf dem Foto ist nicht Amokläufer Tim K. als Kind, mit dem Drama von Winnenden hat er nichts zu tun. BILD bittet den Jungen und seine Eltern um Entschuldigung. Dass diese Verwechslung trotz sorgfältigster Prüfung geschehen ist, bedauert niemand mehr als wir selbst. Die BILD-Redaktion

Nachtrag, 16.3.2009: Wie die “Stuttgarter Nachrichten” berichten, wurde wegen der Foto-Veröffentlichung inzwischen eine Einstweilige Verfügung gegen die “Bild”-Zeitung erwirkt. Außerdem soll “Bild” dem Jungen “bereits Schadenersatz angeboten” haben.

Vom Nutzen des Latinums im Alltag

Wenn dpa meldet, dass aus den Trümmern des Kölner Stadtarchivs Dokumente von Konrad Adenauer und dem Philosophen Albertus Magnus (Albert der Große) geborgen werden konnten, welche Überschrift wird Bild.de dem Ganzen geben?

Genau:

Archivschätze von Adenauer und Magnus in Köln geborgen

(Die Formulierung im Text von den “Magnus-Handschriften” stammt allerdings von dpa.)

Mit Dank an Norbert W. aus Köln, der die viel schönere Überschrift “Vom Alten und Großen” vorschlug.

Blättern:  1 ... 779 780 781 ... 1145