Uni-Ranking, Tauss, Public Viewing

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Sorry, unsere Uni-Rankings waren Quatsch”
(spiegel.de, Christoph Titz und Jochen Leffers)
Phil Baty vom britischen Hochschulmagazin “Times Higher Education” kritisiert das eigene Hochschulranking, für das er seit 2009 die Verantwortung trägt und “auf das seit 2004 viele Unis auch in Deutschland jeden Oktober gespannt warten”. “Aus Deutschland – ‘ich schäme mich fast, es zuzugeben’, so Baty – kamen ‘lächerliche 182 Antworten als Rücklauf’. Deutschland hat immerhin fast 400 Hochschulen mit über 13.000 Studienangeboten.”

2. “Meine Vierte-Gewalt-Bilanz”
(blogs.taz.de/hausblog, Sebastian Heiser)
Der für Berliner Landespolitik zuständige Redakteur Sebastian Heiser fragt sich, in welchem Umfang es ihm gelungen ist, “die Regierung kritisch zu begleiten, sie gut zu analysieren und auf Missstände hinzuweisen”.

3. “Jörg Tauss und der Qualitätsjournalismus”
(bruchsal.org, Rolf Schmitt)
Neben Tauss selbst und “Telepolis” (Teil 1 / Teil 2, folgt später) berichtet auch Rolf Schmitt von der Rolle der Medien im zu Ende gegangenen Strafprozess gegen Jörg Tauss: “Ich war selbst an jedem der fünf Prozesstagen im Gerichtssaal und habe miterlebt, wie am ersten Tag die Pressebank bis zum Bersten gefüllt war, wie leer die Pressebank sich an den drei darauf folgenden Verhandlungstagen zeigte und wie wieder voll besetzt am letzten Tag, dem Tag der Urteilsverkündung.”

4. “The Twitter Devolution”
(foreignpolicy.com, Golnaz Esfandiari, englisch)
Golnaz Esfandiari zweifelt an der Revolution durch Twitter im Iran: “Through it all, no one seemed to wonder why people trying to coordinate protests in Iran would be writing in any language other than Farsi.”

5. “Warum Fußball?”
(novo-argumente.com, Stefan Chatrath)
Stefan Chatrath macht sich zum Start der Fußball-WM Gedanken zum Public Viewing: “Viele ‘echte’ Fans sprechen gar davon, dass die Stätten professionellen Fußballs heute ‘klinisch rein’ seien. Vermutlich ist das einer der wichtigsten Gründe dafür, dass mittlerweile so viele von ihnen das ‘Public Viewing’ vorziehen.”

6. “Press You’re Stuck”
(thedailyshow.com, Video, 4:49 Minuten, englisch)
Nach dem Abgang der bald 90-jährigen Helen Thomas aus der ersten Reihe im James S. Brady Press Briefing Room streiten sich die Journalisten, wer nun diesen Platz einnehmen darf.

Jeden Sommer das Gleiche …

Das Thermometer ist schon ein paar mal über 25 Grad geklettert, die Gastronomen haben ihre Tische draußen aufgestellt und manche Menschen in den Innenstädten haben fast so wenig an wie die Frauen auf Seite 1 von “Bild” — mit anderen Worten: Es ist Sommer.

Und damit die Saison der Wiederholungen:

Nur die WM kann uns jetzt noch retten: Gähn-Programm im TV-Sommer

Gottschalk, Schmidt, Kerner – die beliebtesten TV-Gesichter lassen uns jetzt wochenlang allein. Ausgezappt durch die Sommerpause auf allen Sendern. Jetzt droht: Das große Gähn-Programm – Wiederholungen, Archiv-Zusammenschnitte, Herz-Schmerz-Filme in Dauerschleife. Einschlafdosis garantiert!

(Bild.de am 9.6.2010)

2009:

Wofür zahlen wir eigentlich TV-Gebühren? 1442 Minuten Wiederholungen am Wochenende

Haben SIE sich am Wochenende auch so vorm Fernseher gelangweilt?

Gegen hohe Gebühren liefern ARD und ZDF auch diesen Sommer wieder Gähn-TV in Einschlafdosis! Satte 492 Minuten Wiederholungen leistete sich die ARD am Samstag. (…) Gähn gegen Gebühren – müssen TV-Zuschauer sich das gefallen lassen?
(“Bild” vom 20.7.2009)

2007:

Gebühren-Skandal: 865 Minuten Wiederholungen am Wochenende

Wie gut, dass die Meteorologen fürs Wochenende besseres Wetter vorausgesagt haben! Denn im Fernsehen erwartet uns nur Langeweile…

Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF präsentieren den TV-Zuschauern von heute bis Sonntag in der Hauptsendezeit geschlagene 865 Minuten Wiederholungen!

Im Klartext: Mehr als 14 Stunden Gähn-TV! (…)
(“Bild” vom 3.8.2007)

2005:

Das ist der Gipfel aller TV-Unverschämtheiten!

Dieses Wochenende über 44 Stunden Wiederholungen Und dafür zahlen wir auch noch TV-Gebühren! Erst im April wurden die Gebühren fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen um 88 Cent auf monatlich 17,03 Euro erhöht. Und jetzt bekommen wir von ARD und ZDF trotzdem einen TV-Sommer voller Wiederholungen. Allein an diesem Wochenende bringen es die beiden Anstalten fertig, an drei Tagen 2669 Minuten aus dem Altfilm-Lager zu füllen. Das sind 44 Stunden und 29 Minuten!
(“Bild” vom 30.7.2005)

2004:

Schlimmste Fernseh-Woche… Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung…
(“Bild” vom 23.6.2004)

Weniger Gebühren für Gähn-TV im Sommer
(“Bild” vom 8.7.2004)

2003:

Zum Gähnen! Der TV-Sommer der Wiederwiederwiederholungen

TV-GÄHN! Egal, wohin man zappt — fast nur noch Wiederholungen. Gähnende TV-Langeweile. Bei dem Programm droht akute Einschlafgefahr! Falls Sie sich z. B. heute auf einen tollen Fernsehabend freuen, ein gutgemeinter Tipp: Verabreden Sie sich lieber zu einer Grillparty. Denn im TV verpassen Sie nichts! (…) Wofür zahlen wir eigentlich noch TV-Gebühren!
(“Bild” vom 16.7.2003)

2002:

Wiederholungsterror im Fernsehen — Politiker fordert: TV-Gebühren im Sommer halbieren!

Jeden Sommer der gleiche Ärger über Wiederholungen im TV.
(“Bild am Sonntag” vom 14.7.2002)

2001:

Gähn-TV: Wofür zahlen wir im Sommer eigentlich Gebühren? (…) Politiker fordern weniger Gebühren wegen Gähn-TV
(“Bild am Sonntag” vom 28.7.2001)

Gähn-TV immer schlimmer: Das Sommer-Gähn-TV. Nur Wiederholungen, fast alle Show- und Talkmaster im Urlaub.
(“Bild am Sonntag” vom 3.8.2001)

2000:

Der trostlose TV-Sommer — Noch nie sendete das Fernsehen so viele Wiederholungen wie in den kommenden Wochen

Auf die Gebührenzahler kommt ein trostloser TV-Sommer zu — noch nie griff das Fernsehen so tief in die Mottenkiste, wie es in den kommenden Wochen der Fall sein wird. (…) Gähn-TV! Sogar an den Talkshows und Comedy-Sendungen, die bei Gags und Gästen ja eigentlich von der Aktualität leben, geht der Sommerschlaf nicht vorbei. (…)
(“Bild am Sonntag” vom 2.7.2000)

1999:

Das Fernsehen fällt in den Sommerschlaf

Ab Juni fast nur noch Wiederholungen. (…) Das Fernsehen macht Sommerpause, fällt vom Juni an für über drei Monate in den Tiefschlaf. Der Blick ins sogenannte Programm — ein Dauerärgernis. (…) Gähn-TV in den schönsten Monaten des Jahres. (…)
(“Bild am Sonntag” vom 30.5.1999)

1997:

Fernsehen fällt drei Monate in Sommerschlaf

Nur noch Wiederholungen — Frechheit! Noch 21 Tage bis zum Sommeranfang! Doch das Fernsehen geht schon jetzt in Urlaub, fällt in einen dreimonatigen Tiefschlaf. Sommerzeit, Wiederholungszeit! Der Blick ins TV-Programm wird zum Ärgernis. Wohin man auch zappt — fast alles schon gesehen. (…)
(“Bild am Sonntag” vom 1.6.1997)

PS: Zugegeben: Auch dieser Eintrag ist – natürlich – eine Wiederholung.

Lass die Finger von Vuvuzela

Wir unterbrechen unser Programm für eine wichtige Warnung im Bezug auf diese komischen Fußballtröten:

Der Hörgerätehersteller Phonak fand in einer Studie heraus, dass Vuvuzelas Hörschäden verursachen können. Die Tröte bringt es auf über 120 Dezibel und ist damit lauter als eine Kettensäge oder ein Schlagzeug.

Geräusche in dieser Lautstärke können neben dem akutem Hörversagen auch irreparable Schäden wie Tinnitus-Geräusche verursachen.

Soweit Bild.de.

Und damit zu etwas völlig Anderem:

Viele Fußballfans wollen trotz der Warnungen kräftig in die Vuvuzela blasen. Wenn Sie auch Spaß daran haben, dann machen Sie doch mit!

Zum Beispiel beim größten Vuvuzela-Flashmob der Welt: Fußball-Fans auf der ganzen Welt sollen vor dem Eröffnungsspiel zwischen Südafrika und Mexiko gleichzeitig in die Riesen-Tröte blasen. Am 11. Juni um 12 Uhr soll es weltweit losgehen. In Berlin ist der Treffpunkt der Pariser Platz am Brandenburger Tor. Mehr Infos unter www.thisissouthafrica.de, ein Online-Projekt der Axel Springer Akademie.

So Bild.de … im selben Artikel.

Mit Dank an Michael Sch.

Was schief gehen kann, geht schief

Also, das mit den Türmen ist so:

Im “Guinness World Records Buch” findet sich unter der Überschrift “Schiefster Turm” folgender Eintrag:

Laut Messung vom 17. Januar 2007 hat der Turm der protestantischen Kirche in Suurhusen (nördlich von Emden) eine Neigung von 5,1939°. Damit wurde der zuvor von dem berühmteren schiefen Turm von Pisa (I) gehaltene Rekord gebrochen – der Turm in Pisa hat nur eine Neigung von 5,08°.

Mutmaßlich ab der nächsten Ausgabe wird sich unter der Überschrift “Schiefster künstlicher Turm” (oder so ähnlich) ein Eintrag finden, wonach der Capital Gate Tower in Abu Dhabi der höchste, absichtlich mit einer seitlichen Neigung gebaute Turm der Welt ist.

Der Turm von Suurhusen und der Capital Gate Tower sind also in ihrer jeweiligen Kategorie Rekordhalter, der Schiefe Turm von Pisa hat dafür (noch?) den Trost, der bekannteste schiefe Turm der Welt zu sein.

Oder, für Journalisten: Zwei Kategorien. Zwei Paar Stiefel. Ein anderes Fass.

So viel zur Theorie. Kommen wir nun zur Realität …

Bild.de hat es geschafft, die gestrige Falschinformation noch ein bisschen falscher zusammenzufassen:

Jetzt haben sich die Arabischen Emirate auch noch den Titel "schiefster Turm" geschnappt. Den hatte sich seit Jahrhunderten Pisa gepachtet.

Die “Rheinische Post” war auf dem richtigen Weg, ist dann aber falsch abgebogen:

Schiefster Turm der Welt steht in Abu Dhabi. Der Capital Gate Tower in Abu Dhabi ist laut Guinness-Buch der Rekorde der schiefste Turm der Welt. Bisher stand der schiefste Turm offiziell in Suurhusen in Ostfriesland.

sueddeutsche.de verheddert sich in Titeln und Jahreszahlen:

Berühmt, weil er so schräg ist: Der Turm von Pisa begann noch während des Baus, in den morastigen Boden einzusinken. Dennoch wurde der Glockenturm nach hundert Jahren Bedenkzeit weiter aufgestockt und schließlich mit einer Neigung von 3,97 Grad zum berühmtesten Turm Italiens und der Welt. Doch der schiefste ist er längst nicht mehr. Diesen Titel verlor er im Jahr 2009 an ...

... die Kirche in Suurhusen: Deren Turm neigt sich sogar um 5,19 Grad, so dass der schiefste Turm der Welt nun in Ostfriesland zu finden war. Doch der Ruhm währte nur kurz: Der neue schiefste Turm, der von Menschenhand erbaut wurde, steht absichtlich so schräg in der Landschaft.

Der 160 Meter hohe Capital Gate Tower neigt sich in Abu Dhabi um 18 Grad - und damit viermal so stark wie der berühmte Turm in Pisa. Die Macher des Guinness-Buchs der Rekorde maßen nun nach Fertigstellung des Äußeren des 36-Stockwerke-Hochhauses akribisch nach - und reichten den Titel "Schiefster Turm der Welt" nach Abu Dhabi weiter. Wenn auch der Innenausbau Ende 2010 abgeschlossen ist, zieht unter anderem das Fünf-Sterne-Hotel Hyatt Capital Gate ein

“Spiegel Online” hat es hingegen geschafft, nichts Falsches zu berichten: Zwar wird die Neigung des Capital Gate Towers dort mit der des Schiefen Turms von Pisa verglichen und der Eintrag ins Guinness-Buch verkündet, aber das ist für sich genommen alles richtig und deckt sich auch mit der Meldung auf guinnessworldrecords.com.

Falsch verstehen könnte man die Überschrift aber trotzdem:

Ganz schön schräg: Guinness-Buch kürt schiefstes Gebäude der Welt

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber und an Eric für den Scan.

Nachtrag, 11. Juni: Wie hatten wir Yahoo übersehen können?

Abu Dhabi verdrängt Pisa: Der schiefste Turm der Welt. Der schiefste Turm der Welt steht nicht mehr in Italien, sondern in Abu Dhabi.

Mit Dank an Oliver K.

Bravo  

Rache ist ein Kinderspiel

Laut Selbstbeschreibung der Bauer Media Group ist die Zeitschrift “Bravo” das “Original unter den Jugendzeitschriften und unangefochtener Marktführer” und “wöchentlich das wichtigste Entertainment- und Informationsmagazin” für die “Kernleserschaft zwischen 12 und 17 Jahren”. Das Magazin “weiß, welche Themen die Jugendlichen wirklich bewegen”, “schafft einzigartiges Vertrauen” und “setzt seit 2006 ein Zeichen gegen Gewalt an Schulen”.

Wir sind uns nicht ganz sicher, welche dieser Kompetenzen sich in der Liste widerspiegeln, die “Bravo” letzte Woche veröffentlicht hat. Aber die Kernleserschaft zwischen 12 und 17 Jahren dürfte dankbar sein für die wertvollen Lebenshilfetipps, die ihr wichtigstes Informationsmagazin da für sie bereithält:

10 Wege, wie Du Dich an Deinem Ex rächen kannst ... 1. Du erzählst seiner neuen Freundin, dass er eine Niete im Bett ist. 2. Du hinterlässt im Männer-Klo auf dem Bahnhof seine Handy-Nummer mit der Nachricht: "Suche neuen Lover!" 3. Du lässt 30 Stück von seiner absoluten Hass-Pizza an seine Adresse liefern. 4. Zum Geburtstag seiner Mutter bestellst Du eine Stripperin, die sich als neue Freundin seines Vaters ausgibt. 5. Seinen kitschigsten Liebesbrief hängst Du am Schwarzen Brett in der Schule auf. 6. In der Umkleidekabine seiner Fußball-Mannschaft verteilst Du zehn rosa Strings mit der Message: "Du hast deine Unterwäsche bei mir vergessen!" 7. Auf seiner Online-Pinnwand postet Du: "Ich hab Windeln in deiner Größe gefunden. Jetzt musst du nicht mehr täglich die Bettwäsche wechseln!" 8. Du stellst eine geöffnete Flasche Cola auf seinen Schultisch - in die Du vorher Abführmittel gekippt hast. 9. Du setzt das Gerücht in die Welt, dass er seine Unterhose mit Socken ausstopft! 10. Du schreibst der Lehrerin, die er nicht ausstehen kann, eine Liebes-E-Mail von seinem Account.

10 Wege, wie Du Dich an Deiner Ex rächen kannst ... 1. Du legst sie mit einem selbst gebastelten Flyer rein, auf dem steht, ihr Lieblings-Shop veranstalte einen Mitternachts-Sale. 2. Du schmeißt ein benutztes Kondom in ihren Briefkasten mit der Notiz: "Du wolltest doch eine Erinnerung an mich!" 3. Du läufst gegen einen Pfosten und erzählst nachher, die blauen Flecken stammen von ihr! 4. Du klaust die Lieblings-Barbie ihrer Kindheit und opferst sie einem Voodoo-Ritual. 5. Du erzählst allen in der Schule, dass sie höchstens einmal pro Woche geduscht hat. Iiiiih! 6. Du schleichst Dich beim Sport-Unterricht in die Mädchen-Umkleide und streust Juckpulver in ihren BH. 7. Du setzt mit einem Bildbearbeitungs-Programm ihren Kopf auf ein Nacktmodell und schickst das Foto an all ihre Bekannten! 8. Du datest ihre Erzfeindin! 9. Du drohst ihr mit der Veröffentlichung einen angeblich heimlich aufgenommenen Sex-Videos! 10. Du plauderst ganz offen über ihre Cellulite.

Wir haben den Rechtsanwalt und Lawblogger Udo Vetter um eine Einschätzung gebeten, welche Straftatbestände erfüllt sein könnten, wenn man den kreativen Vorschlägen von “Bravo” folgt.

Seine Antwort fiel auch für uns überraschend umfangreich aus:

I. (Rache am Ex)

1. Beleidigung, (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren), ggf. auch üble Nachrede (§ 186 StGB, Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr — sofern die Tatsache “Niete im Bett” nicht nachweislich wahr ist, wobei der Beweis kaum zu führen sein wird), oder sogar Verleumdung (§ 187 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren — wenn er keine Niete im Bett ist und das “wider besseres Wissen” behauptet wird).

2. Beleidigung, (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

3. Betrug gegenüber dem Pizzadienst (§ 263 StGB, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren)

4. Betrug gegenüber der Stripperin (§ 263 StGB, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren), Beleidigung gegenüber Mutter und Vater (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

5. Beleidigung, (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

6. Beleidigung, (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

7. Beleidigung, (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

8. Körperverletzung, ggf. Versuch (§ 223 StGB, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren)

9. Beleidigung, § 185 StGB (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren), ggf. auch üble Nachrede (§ 186 StGB, Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr — sofern die Tatsache “Socken in der Unterhose” nicht nachweislich wahr ist, wobei der Beweis kaum zu führen sein wird), oder sogar Verleumdung (§ 187 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren – wenn die Behauptung “wider besseres Wissen” aufgestellt wird).

10. Wegen des Zugangs zum Account ggf. Ausspähung von Daten (§ 202a StGB, Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren) oder Vorbereitung des Ausspähens von Daten (§ 202c StGB, Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr). Überdies wieder Beleidigung etc.

II. Rache an der Ex

2. Beleidigung (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

3. Verleumdung (§ 187 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

4. Diebstahl (242 StGB, Freiheitsstrafe bis fünf Jahren), außerdem Sachbeschädigung (§ 303 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

5. Verleumdung (§ 187 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

6. Körperverletzung, ggf. Versuch (§ 223 StGB, Freheitsstrafe bis zu fünf Jahren)

7. Beleidigung (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

9. Nötigung (§ 240 StGB, Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren)

10. Beleidigung (§ 185 StGB, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren)

Nun sind die angegebenen Höchststrafen natürlich nicht gerade das Strafmaß, mit dem bisher unbescholtene Jugendliche zu rechnen hätten — aber dass sie sich gegebenenfalls strafbar machen, wenn sie die Ratschläge von “Bravo” befolgen, das hätte das Magazin, das einzigartiges Vertrauen schafft, seinen jungen Lesern dann vielleicht doch mit auf den Weg geben sollen.

Mit Dank an Stefan W.

Assouline, Bauerntheater, Zapp

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Das tägliche Brot der Demokratie”
(blaetter.de, Heribert Prantl)
Heribert Prantl schreibt in einem langen, historisch ausholenden Text, was Wissenschaft, Publizistik und Politik miteinander zu tun haben: “Mich erinnern die Blogger von heute an die politisierten Bürger von 1848/49 – Blogs sind mehr Demokratie. Soll da wirklich der professionelle Journalismus die Nase hochziehen, so wie es vor 160 Jahren die etablierten fürstlichen Herrschaften und die monarchischen Potentaten getan haben?”

2. “Doku-Soaps ohne Wahrheitsgehalt”
(ndr.de, Tina Schober, Video, 6:21 Minuten)
Im Nachmittagsprogramm der Privatsender haben sich die mit Laienschauspieler besetzten Doku-Soaps als Quotenerfolge festgesetzt. “Die moderne Form des Bauerntheaters” sei wahnsinnig erfolgreich.

3. Interview mit Julia Stein und Steffen Eßbach
(meedia.de, Christine Lübbers)
Die Macher des medienkritischen NDR-Magazins “Zapp” (siehe Link 2) in einem ausführlichen Interview: “Journalisten sind so groß im Austeilen, aber so ganz schlecht im Einstecken. Deshalb wird man als Medienjournalist häufig als Nestbeschmutzer wahrgenommen.”

4. “Promis am Pranger”
(taz.de, Christian Rath)
Christian Rath fragt, ob verdächtige Prominente wie Jörg Kachelmann, über den fast täglich berichtet werde, vor den Medien geschützt werden müssen. “Selbst wenn er am Ende freigesprochen würde, droht seiner Karriere ein schwerer Dämpfer, weil in der öffentlichen Wahrnehmung meist eben doch etwas hängen bleibt.”

5. “Der Online-Reich-Ranicki”
(freitag.de, Frank Fischer)
Frank Fischer stellt das französische Literaturblog “La république des livres” von Pierre Assouline vor, das mit fast jedem Beitrag hunderte von Kommentaren hervorruft. “Wenn es ein deutsches Pendant zu Pierre Assouline gäbe, es handelte sich wahrscheinlich um ein Mischwesen aus Marcel Reich-Ranicki, Martin Walser, Hans Magnus Enzensberger, Matthias Matussek und Don Alphonso.”

6. “Boston Globe Tailors Print Edition For Three Remaining Subscribers”
(theonion.com, Video, 2:19 Minuten, englisch)
Der “Boston Globe” richtet sich angeblich ganz auf seine drei verbleibenden Abonnenten aus.

Star Wars Kid forever!

Der Fall des “Star Wars Kid” ist ein Lehrstück für neue Öffentlichkeiten. Ein gestohlenes, peinliches Video wird 2003 auf Youtube ins Internet hochgeladen und wird unerwartet zum Klickerfolg. Unzählige Überarbeitungen folgen, das Medium “Webvideo” zeigt sein volles Potenzial. Millionen sehen und amüsieren sich über die unbeholfenen Versuche eines dicklichen Jungen aus Kanada, einen Lichtschwert-Kampf nachzuspielen.

Doch dieses Internet-Mem hatte auch eine Schattenseite, wie die Online-Ausgabe des “Standard” weiß:

Vielmehr verfiel der damals dreizehnjährige Kanadier in Depressionen und musste in eine psychiatrische Anstalt für Kinder. Daraufhin klagten seine Eltern 250.000 US-Dollar bei den Familien jener ehemaligen drei Klassenkameraden erfolgreich ein. Die Urteilsbegründung: Ghyslain musste, und muss auch heute noch, Belustigung und Spott durch seine High-School-Freunde und die Öffentlichkeit in großem Ausmaß ertragen.

Und was zeigt der Standard direkt darunter? Genau – das Video, das das Trauma ausgelöst hat. Ist halt zu drollig, da interessieren Persönlichkeitsrechte einfach nicht. Und wenn “Techcrunch”, “Huffington Post” und “Slashdot” den vollen Namen, Universität und Arbeitgeber des Medienopfers ohne jeden Anlass publizieren – warum sollte man in Österreich darauf verzichten?

Versagen bei der Pisa-Studie

Es muss ein schwerer Schlag für die Bewohner der italienischen Stadt Pisa gewesen sein, als sie heute auf Bild.de gingen:

Bye, bye Pisa! Abu Dhabi hat jetzt den schiefsten Turm

Was ist passiert?

Der Capital Gate Tower in Abu Dhabi ist jetzt laut Guinness-Buch der Rekorde der schiefste Turm der Welt.

Bisher assoziierte man mit “schiefer Turm” nur einen Ort auf der Welt: Pisa.

Natürlich hat Abu Dhabi gar nicht Pisa verdrängt, werden sich die Einwohner einer ganz anderen Stadt gedacht haben — das weiß auch Bild.de:

Der schiefe Turm von Pisa ist zwar der bekannteste, allerdings stand der bisher schiefste Turm offiziell in Suurhusen in Ostfriesland mit einem Neigungswinkel von 5,1939 Grad.

Warum also “Bye, bye Pisa!” und nicht “Bye, bye Suurhusen”?

Ach, letztlich wäre beides falsch: In der Kategorie “Schiefster Turm” gibt es keine Veränderung, wie uns die Redaktion des Guinness-Buchs auf Anfrage mitteilte.

Ein absichtlich schiefer Neubau könne da nämlich gar nicht aufgenommen werden:

Grundsätzlich geht es bei dieser Rekordkategorie um die Gesamtneigung inklusive Fundament, bzw. Bodenplatte. Aus diesem Grund kann ohnehin kein Nachbau eines schiefen Turms anerkannt werden, da nach den Gesetzen der Statik dort mit einem horizontalen Fundament gearbeitet wird, auf das der (schiefe) Turm gesetzt wird.

Und wenn Bild.de die Pressemitteilung (PDF) des Capital Gate Tower aufmerksam gelesen hätte, wäre das auch aufgefallen: Der Name “Pisa” fällt dort nur im Zusammenhang mit dem Neigungswinkel (“mehr als vier mal so viel wie der berühmte Schiefe Turm von Pisa”).

Die Kategorie, in der der Turm von Abu Dhabi anerkannt wurde, ist eine ganz andere als die von Pisa und Suurhusen und heißt “World’s Furthest Leaning Manmade Tower” — ungefähr “Der schiefste künstliche Turm”.

Mit Dank an Thomas M. Phillip S. und S.B.

Nachtrag, 10. Juni: Bild.de hat es tatsächlich geschafft, die Fakten für seinen Startseiten-Teaser noch ein bisschen stärker durcheinander zu werfen:

Jetzt haben sich die Arabischen Emirate auch noch den Titel "schiefster Turm" geschnappt. Den hatte sich seit Jahrhunderten Pisa gepachtet.

Neonazis gibt es immer noch nicht

Am 30. Juni wird in Berlin ein neuer Bundespräsident gewählt. Aber wer steht eigentlich zur Wahl, wie viele Kandidaten gibt es?

Drei Kandidaten, zwei Blickrichtungen
(“Frankfurter Allgemeine Zeitung”)

Ginge es nach den meisten Meldungen, so “sind” es jetzt “drei”, “Drei für Bellevue” (Audio-Link), seit Luc Jochimsen Christian Wulff und Joachim Gauck “herausfordern” soll.

All diese Berichte übergehen den Kandidaten der NPD, den rechten Liedermacher Frank Rennicke.

Das Phänomen ist nicht neu: Bereits bei seiner Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl im vergangenen Jahr mühten sich viele Medien, Rennicke totzuschweigen — mit dem zweifelhaften Ergebnis, dass der jetzt mit dem “Bericht eines totgeschwiegenen Bewerbers” hausieren gehen kann.

In den Agenturmeldungen der vergangenen Tage hat es Rennickes Kandidatur auf zwei anekdotische Erwähnungen gebracht. Größer gemeldet wurde dagegen, dass die “Freien Wähler” (anders als ursprünglich angekündigt) keinen eigenen Kandidaten aufstellen werden.

“Spiegel Online” immerhin hat Rennickes Kandidatur bereits in einem Bericht über den NPD-Parteitag erwähnt und führt ihn (anders als letztes Jahr) in der Auflistung der Kandidaten:

Kandidaten: Joachim Gauck (parteilos), Christian Wulff (CDU), Luc Jochimsen (Die Linke), Frank Rennicke (tritt für die rechtsextreme NPD an)

Die Deutsche Presseagentur (dpa) hat es hingegen geschafft, einen Hintergrundbericht über “Zählkandidatinen” (und -kandidaten) zu veröffentlichen, in dem alle Bewerber um das Amt des Bundespräsidenten seit 1979 aufgelistet werden — nur die der rechten Parteien (Hans Hirzel 1994, Rennicke 2009 und ’10) fehlen.

So macht man es den Rechtsextremen natürlich besonders leicht, sich in einer Opferrolle zu inszenieren.

Mit Dank an S.W. und Georg S.

Weltuntergang, iPhone, Luczak

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die Meinungsmacher”?!
(kriminalakte.wordpress.com, Axel Bussmer)
Für Axel Bussmer ist “die journalistische Kaste” selbst verantwortlich für die Boulevardisierung und den damit verbundenen Qualitätsverfall: “Sie orientiert sich an Talkshows, die mehr Theater als politische Aufklärung sind. Sie entwickelt einen Herdentrieb, der eine eigenständige Analyse ersetzt. Denn die Hauptstadtjournalisten sehen sich, bei all ihren Unterschieden in Einkommen, Anstellung und Renommee, einerseits als Elite und folgen andererseits einfach dem lautesten Rufer, der oft zu der kleinen Gruppe der bundesweit bekannten Alpha-Journalisten und Leitmedien wie Spiegel Online gehört.”

2. “Weltuntergang 2012, die Deutsche Bahn und mieser Journalismus”
(scienceblogs.de/astrodicticum-simplex, Florian Freistetter)
Florian Freistetter liest in “mobil”, der Kundenzeitschrift der Deutschen Bahn, zwei kurze Spalten über den Weltuntergang und die Sonne: “Erstaunlich! Das sind nur 7 Sätze – und trotzdem so wahnsinnig viel Unsinn.”

3. “Gefangen zwischen Leistungsschutzrecht und Zensurdebatte”
(iphoneblog.de, alex olma)
Alexander Olma nervt das Gejammer der Verleger. Er kann nicht verstehen, warum sie sich mit Apple “hilflos in die Abhängigkeit eines einzelnen Anbieters begeben”. Sein Rat: “Macht was Eigenes, über das ihr Kontrolle habt, die kompletten Umsätze einfahrt und die registrierten Nutzerdaten ‘weiterverarbeiten’ könnt. Ein Anfang: Eine iPhone OS-freundliche Webseite, die nicht nervt!”

4. “Das iPhone unter der Lupe”
(abendzeitung.de, Richard Gutjahr)
Richard Gutjahr besucht die Präsentation des iPhone 4. Ein direktes Gespräch mit Steve Jobs ist nicht erlaubt: “Ein Raum voller Journalisten, aber keiner wagt es, den Mann, um den sich alles dreht, auch nur anzusprechen! So etwas erlebt man selten.”

5. Interview mit Hania Luczak
(mediummagazin.de, Daniel Kastner)
Die Gewinnerin des Henri-Nannen-Preises 2010 im Gespräch: “Schauen Sie sich an, welche Kollegen Preise gewinnen – das sind fast alles Festangestellte. Ich habe ein großes Privileg, glücklicherweise.”

6. “Tessiner TV-Kommentator darf nicht nach Südafrika”
(nzz.ch)
Armando Ceroni darf keine Fußball-WM-Spiele für das Fernsehen der italienischen Schweiz kommentieren. Ihm wird vorgeworfen, ein nicht autorisiertes Interview mit dem Schweizer Trainer, Ottmar Hitzfeld, geführt zu haben. “Damit habe er riskiert, ‘die delikaten Beziehungen zur Nationalmannschaft’ zu gefährden, schreibt die RSI in einem Communiqué.”

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