Kriegsbilder, WAZ, Guttenberg

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Kampagne des Verteidigungsministeriums”
(sueddeutsche.de, Marc Felix Serrao)
Die “taz” protestiert gegen die Werbung der Bundeswehr in “Bild”-Produkten. “Nach derzeitiger Planung” sollen aber nur 600.000 Euro, also 12.5 Prozent des Werbebudgets “auf Bild, BamS und bild.de” entfallen. “In welchen anderen Printmedien Anzeigen erscheinen, steht dem Sprecher zufolge noch nicht fest.”

2. “Journalismus in solchen Ländern ist immer riskant”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Die Redaktionsspitze von “Bild am Sonntag” verteidigt die Recherchereise zweier Reporter in den Iran, die mit einer monatelangen Inhaftierung endete: “Journalismus in Ländern mit autoritären Regimen ist immer riskant, wie aktuell die Verhaftung auch deutscher Reporter in China gezeigt hat. Pauschal auf solche Recherchen zu verzichten und, wie es einige Schlaumeier jetzt empfehlen, grundsätzlich nur in Risikoländer zu reisen, wenn man dort erwünscht ist, wäre das Ende von unabhängigem Journalismus.”

3. “Die meisten Bilder sind gestellt”
(journal21.ch, Helmut Scheben)
Helmut Scheben, langjähriger Redakteur der “Tagesschau” des Schweizer Fernsehens, über Bilder aus dem Krieg: “Die meisten Bilder von Kampfhandlungen sind gestellt. Das ist eine banale Weisheit, denn jedem ist klar, dass ein Kameramann oder eine Kamerafrau keine Kampfhandlungen aus der Nähe filmen kann, es sei denn sie sind lebensmüde.”

4. “Der Nachwuchs ist unpolitisch”
(fr-online.de, Andreas Schwarzkopf)
Über Krieg und Journalismus spricht auch der erfahrene Reporter Christoph Maria Fröhder. “Viele Kollegen, die aus Geldnot oder aus Sicherheitsgründen etwa mit den Isaf-Truppen in Afghanistan unterwegs sind, werden manipuliert, bekommen nicht das ganze Bild zu sehen. Ich habe mehrfach erlebt, wie Kollegen verboten bekamen, Übergriffe von Soldaten auf Zivilisten aufzunehmen.”

5. “Briefkastenmüll (I)”
(revierflaneur.de)
Der Revierflaneur erhält Post vom Chefredakteur der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung”, Ulrich Reitz. Er soll ein “Bürgervotum” ausfüllen, was ihm mit einem kostenlosen Probeabo der “WAZ” und der Aussicht auf Gewinn eines Reisegutscheins im Wert von 1.000 Euro schmackhaft gemacht wird. “Vermutlich denken die Marketingprofis bei der WAZ, dass sie die Adressaten ihrer Umfrage in Zeiten des Wutbürgertums mit dem Aufruf zu einem ‘Bürgervotum’ eher zur Teilnahme motivieren können.”

6. “Wie Ken den Kopf verlor”
(faz.net, Volker Zastrow)
Ein langes Lesestück zum Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg: “Wer sich nicht blenden lässt, kann sehen, dass Guttenberg, gemessen an den üblichen, erst recht den an ihn angelegten Maßstäben, in seinem Leben nicht viel auf die Reihe bekommen hat. Er ist ein auffallend intelligenter Mensch, aber seine äußeren, zertifizierten Leistungen lagen deutlich unter diesem Niveau. Durchgestartet ist er erst in der Politik, dort aber mit ungeheurem Druck.”

Uneindeutiger im Tank

Nachdem Karl-Theodor zu Guttenberg vergangene Woche als Verteidigungsminister zurückgetreten war, stellten die deutschen Medien fest, dass es auch noch andere Themen gibt, über die man berichten könnte. Seitdem sind die Fernsehsendungen, Hörfunkprogramme und Zeitungen voll mit dem Chaos rund um die Einführung des neuen Bio-Kraftstoffs E10.

In der Berichterstattung scheinen zwei Prinzipien besonders hervor zu stechen: 1.) “Nichts genaues weiß man nicht.” 2.) “Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.” Dementsprechend handelt die “Bild”-Familie konsequent inkonsequent.

Gestern bemühte sich “Bild am Sonntag”, “zehn Irrtümer über den Bio-Sprit” aufzuklären. Konkret etwa so:

5. E10 zerstört den Motor.

Kfz-Meister Erhard Schwind: “Steht das Auto auf der Positivliste der Hersteller, kann dem Motor nichts passieren, ansonsten drohen Motorschäden.”

Schon gestern Mittag berichtete Bild.de dagegen:

Laut Thomas Brüner, Leiter der Mechanikentwicklung beim Autobauer BMW, könnte E10 dafür sorgen, dass Motoren schneller verschleißen.

Durch den hohen Ethanolanteil von zehn Prozent im Benzin nehme die Wassermenge im Motor zu, erklärte der Experte der “Welt am Sonntag”.

Dieser Widerspruch hat auch die Redakteure der gedruckten “Bild” irritiert, weswegen sich die Zeitung heute darum bemüht, alle Klarheiten zu beseitigen:

BILD fragte nach: Was stimmt denn nun?

BMW-Sprecher Bernhard Ederer: “Entgegen aktuellen, anderslautenden Medienberichten ist E10 für alle BMW-Pkw unbedenklich.” Lediglich einige ältere Modelle benötigten unabhängig vom Ethanolgehalt aufgrund der höheren Oktanzahl Super Plus.

Auch der ADAC stellte klar, Kondenswasser sei kein Problem für die Motoren. Technik-Experte Reinhard Kolke zu BILD: “Das ist Quatsch! Motorenöl wird beim Fahren sehr heiß. Das Wasser verdunstet also wieder.” Anstatt für Verwirrung zu sorgen, sollten die Autobauer ihre Kunden sofort schriftlich über das Kraftfahrtbundesamt aufklären, ob ihr Auto E10-tauglich ist oder nicht.

Alles klar? Dann zum nächsten “Irrtum”, den “Bild am Sonntag” widerlegen wollte:

6. Es gibt keine Erfahrungswerte mit E10.

Schwind: “E10 wird seit mehreren Jahren von der Automobilindustrie getestet. Nur so konnte man feststellen, welche Modelle geeignet sind.” [Automobilexperte Prof. Dr. Ferdinand] Dudenhöffer: “In Brasilien fahren 50 Prozent der Autos mit E80 oder E100, und es funktioniert perfekt.”

Dazu wieder der BMW-Entwickler bei Bild.de:

Ob es so weit kommt oder der in Deutschland verkaufte E10-Sprit gut genug ist, wissen die Autobauer Brüner zufolge noch nicht.

BMW will nun gemeinsam mit dem Konkurrenten Daimler entsprechende Tests durchführen, so die “Welt am Sonntag”.

Und noch einmal die “Bild am Sonntag” bei der Irrtums-Bekämpfung:

8. Durch E10 werden Anbauflächen für Nahrungsmittel knapper.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU): “Die Politik stellt sicher, dass die Produktion der Biokraftstoffe nachhaltig ist und Produktion und Anbau der dafür verarbeiteten Pflanzen nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion steht.”

Gut, dass Bild.de heute “die wichtigsten Fragen zum neuen Öko-Kraftstoff” beantwortet. Darunter auch diese:

WERDEN JETZT DIE LEBENSMITTEL TEURER?

Nach Angaben der “WirtschaftsWoche” gab es binnen sechs Monaten eine Preissteigerung von 75 Prozent bei Mais, Weizen und Zucker – getrieben wird dies von der Biospritproduktion in den USA, wo schon 33 Prozent der Maisernte hierfür verwendet würden. Eine Entwicklung, die sich auch in Deutschland abzeichnet!

“Wir bekommen in Deutschland so gut wie keinen Hafer mehr. Unser Getreide müssen wir jetzt teuer aus dem Ausland beziehen”, so DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann in der “WirtschaftsWoche”. “Das sind die Folgen des Bioenergiebooms, der den klassischen Anbau verdrängt. Auch deshalb steigen die Nahrungsmittelpreise.”

Bei der finalen Klärung der Verbraucherfragen zu E10 scheint der Einsatz eines Misthaufens und eines darauf krähenden Hahns also unverzichtbar zu sein.

Mit Dank an Clemens W.

Nominativ

Der Fall, den ganz Deutschland bewegte:

Nachtrag, 8. März: Die Unfallfahrt eines Musikers ist jetzt auch für Bild.de ein Fall, “der ganz Deutschland bewegte”.

Jetzt mal plastisch vorgestellt

Bilanzpressekonferenzen sind selten bunt und unterhaltsam — selbst, wenn sie von einem Spielzeughersteller abgehalten werden.

Bild.de hat die Meldung über den Rekord-Gewinn bei Lego deshalb mit ein paar Fakten über die bunten Plastiksteinchen aufgelockert, mit der man beim nächsten Smalltalk punkten kann. Darunter:

Lego-Figuren sind mit einer Anzahl von 4 Billionen die weltweit größte "Bevölkerungsgruppe".

Ja, fast. Lego selbst hatte vor zweieinhalb Jahren zum 30. Geburtstag der Legomännchen eine Pressemitteilung veröffentlicht, die neben anderen “interessanten Fakten über die Figur” auch diese enthielt:

Minifigures represent the world’s largest population, more than 4 billion people strong, making it 3 times larger than China, 12 times larger than the United States and 120 times larger than Canada.

Wenn man diese Information übersetzen will, sollte man aber bedenken, dass das Englische “billion” im Deutschen bekanntlich eine “Milliarde” bezeichnet. Aber das reicht ja immer noch für die größte Bevölkerungsgruppe.

Mit Dank an Lothar Z.

Badische Zeitung, Gold, Al Jazeera

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1. “Copy and Paste bei der ‘Badischen Zeitung'”
(dradio.de, Thomas Wagner)
Eine Journalistin hat für die “Badische Zeitung” in mehr als zehn Fällen Texte aus anderen, bereits bestehenden Geschichten zusammengesetzt. Details dazu sind im Blog von Rudi Raschke nachzulesen.

2. “Jäger des verlorenen Quatsches”
(sueddeutsche.de, Peter Burghardt)
“Bild” sucht in Guatemala nach Gold: “Der Deutsche Joachim Rittstieg will ermittelt haben, dass das Gewässer eine versunkene Stadt der Maya sowie acht Tonnen Gold verbirgt. Unter seiner Leitung ist ein Team der Bild mit Reportern, Kameramann und Taucher eingetroffen, was manche Guatemalteken verblüfft.”

3. “Respekt! Die Talkshows im Fernsehen sind einer uralten Tradition der Unterhaltung verpflichtet”
(chrismon.evangelisch.de, Arnd Brummer)
Arnd Brummer, Chefredakteur der Zeitschrift Chrismon, wird von der Redaktion einer öffentlich-rechtlichen Talkshow wieder ausgeladen: “Es ist immer dasselbe Problem mit euch Evangelen. Ihr seid zu vernünftig, zu differenziert. Wir brauchen klare, knappe, deutliche Ja- oder Neinstimmen.”

4. “Wie China Journalisten knebelt”
(stern.de, Janis Vougioukas)
“Stern”-Korrespondent Janis Vougioukas wird in Shanghai kurzzeitig verhaftet und muss ein “Geständnis” unterschreiben. “Wer sich den Regeln widersetzt, dem drohen die Behörden inzwischen offen mit der Ausweisung. Inzwischen geht die Stasi sogar so weit, unsere Vermieter und chinesischen Freunde zu bedrohen.”

5. “Stimme der Revolution”
(nzz.ch, Christoph Plate)
Christoph Plate schreibt über den TV-Sender Al Jazeera: “Als Foster nach Ad-Dauha zog, schnödete sein Bruder in Amerika, er verdinge sich bei einem Terror-Sender. Das war die Zeit, als Donald Rumsfeld behauptete, auf al-Jazira würden nicht nur Botschaften Usama bin Ladins veröffentlicht, sondern auch die Enthauptungen westlicher Geiseln im Irak gezeigt. Erstes stimmt, Zweites nicht.”

6. “Der Tag, an dem die Erde stillstand”
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Peter Praschl)
Peter Praschl ist mit 28 und mit 50 Vater geworden: “1988 wurde ich nach der Geburt nach Hause geschickt, ich ging an die Nachttankstelle, kaufte mir eine Packung Zigaretten und etwas zu trinken, dann schlief ich mich aus. Dieses Mal verbrachte ich die Nacht im Krankenhaus, Fanny auf der Brust, ihren schnellen Atem an meinem Ohr.”

Bild  

“Bild” bringt Baby in Gefahr

Die Berliner Ausgabe von “Bild” ist entsetzt:

Mit Baby zur Randale-Demo: Wie kann eine Mutter ihr Kind so in Gefahr bringen?

Anne Pauly und Victor Reichardt, Experten für die Erstellung von Horror-Szenarien, beschreiben eindringlich, was sich da ihrer Ansicht nach in Friedrichshain abgespielt hat:

Die junge Mutter in einem Pulk von Demonstranten, die den Eingang des besetzten Ladens blockieren. Ihr Baby hat sie vor sich geschnallt. In ihrer Hand hält sie ein Protest-Schild. Wenig später gehen Chaoten brutal auf Polizisten los…

MIT BABY ZUR RANDALE-DEMO! (…)

Als die Chaoten den Eingang blockierten, gingen die Beamten gegen sie vor, trugen sie weg. Einige wehrten sich. Gleichzeitig versuchten 60 Linksextreme, die Polizisten zu überrennen. Sie gingen mit Schlägen und Tritten auf die Beamten los.

Und die Mutter mit Baby war mittendrin! Wie kann man sein Kind nur so in Gefahr bringen?

Etwas anders stellt sich die Situation beim “Tagesspiegel” dar, der von “friedlichem Protest” spricht und mit seinem Foto auch ein etwas anderes, “fast entspanntes”, Bild zeigt:

Friedlicher Protest: Tausend Luftballons für den Gerichtsvollzieher. Sitzblockade. Die Stimmung in der Scharnweberstraße wirkte fast entspannt. Foto: dpa - Foto: dpa

Sogar die Pressestelle der Berliner Polizei erweckt nicht den Eindruck, als seien die Beamten jüngst von einer “Randale-Demo” zurückgekehrt: sie bezeichnet den Einsatz als “weitgehend problemlos”.

Auch die Szene mit den “60 Linksextremen” liest sich bei der Polizei – anders als bei “Bild” – nicht so, als sei das Kind am Kundgebungsort in unmittelbarer Gefahr gewesen:

Eine angemeldete Kundgebung an der Colbe- Ecke Scharnweberstraße verlief bis 10 Uhr 15 ohne Zwischenfälle. Erst als etwa 30 Personen mit Luftballons in den Händen aus einem Hauseingang in der Nähe in die Richtung des von der Räumung betroffenen Hauses zogen, liefen zeitgleich etwa 60 Personen ohne Absprache vom Kundgebungsort los. Die Menge versuchte, Polizeibeamte einer Einsatzhundertschaft zu überrennen, wobei es vereinzelt zu Tritten und Schlägen gegen die absperrenden Polizisten kam, die in der Folge auch Pfefferspray einsetzten. Einzelne Angreifer konnten festgenommen werden, zwei Beamte wurden leicht verletzt.

Mit Dank an Benjamin S. und Dani E.

Bild, Spiegel, Kommentare

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Der Preis der Kooperation”
(freitag.de, Gerhard Henschel)
Gerhard Henschel schreibt über den Brief von Judith Holofernes: “Dagegen ist inzwischen der recht klägliche Einwand erhoben worden, dass Judith Holofernes sich nur wichtigmachen wolle. Aber weshalb gibt es dann nicht ein paar Prominente mehr in Deutschland, die den Mut zu solcher Wichtigmacherei besitzen?”

2. “SPIEGEL: Im Zweifel unrecherchiert”
(bild.de, Nicolaus Fest)
Nicolaus Fest wehrt sich gegen die “Spiegel”-Kritik an der “Bild”-Geschichte über den Selbstmord einer 16-jährigen. Er wirft der Zeitschrift mangelnde Recherche und “ungeprüfte Parteilichkeit” vor.

3. “Die Medien-Obsession mit der BILD-Zeitung”
(visdp.de, Sebastian Esser)
Sebastian Esser sieht die Macht von “Bild” im Einfluss auf andere Journalisten: “Seinen größten Einfluss übt BILD nicht bei seinen Lesern aus, sondern in den unzähligen Morgenkonferenzen, wo sich gestandene Blattmacher aus Bequemlichkeit von großen Buchstaben die Agenda diktieren lassen; wo Fernsehsender BILD das ‘Drehbuch’ nennen, nach dem sie die Abendnachrichten abfilmen; wo Journalisten glauben, die Boulevardzeitung wüsste besser, was die Leute denken.”

4. “Netz der Selbstkontrolle”
(freitag.de, Jimmy Wales)
Für Wikipedia-Mitgründer Jimmy Wales zeigen Projekte wie GuttenPlag und Churnalism, “dass das Netz sehr wohl in der Lage ist, seine eigenen Auswüchse zu korrigieren”.

5. “Aller Anfang des Neuen ist der Schrecken”
(nachtkritik.de, Nikolaus Merck)
In einem Vortrag macht sich Nikolaus Merck, Mitgründer der Theaterkritik-Plattform nachtkritik.de, Gedanken über Kommentare. “Wir haben Fehler gemacht, wir haben Kommentare ins Netz gestellt, die wir heute nicht einmal mehr mit der Kneifzange anfassen würden. Aber – wir haben unsere Praxis unter heftigen Diskussionen sukzessive verändert. (…) Wenn Verballhornung, Verhöhnung, Verächtlichmachung wichtige und vielgenutzte Mittel der Kritik an politischen Persönlichkeiten sind – warum sollte das nicht auch für andere Leute gelten? … Wieso nimmt der Befindlichkeitsbürger für sich in Anspruch, Politiker straffrei als Idioten bezeichnen zu können, aber strengt eine Beleidigungsklage an, wenn man ihn so nennt?”

6. “Plakatierte Plagiate: ‘Guttenbergs Ghostwriter: Ich schrieb sie in einer Nacht'”
(mucbook.de, Marco Eisenack)
“Mitglieder einer NGO haben in den frühen Morgenstunden etwa 50 Zeitungsständer in München mit verschiedenen Schlagzeilen-Plagiaten plakatiert.”

Sheen sein allein reicht nicht

Für diese Fehleinschätzung von Bild.de gibt es zwei Lösungswege:

Jetzt hat die Polizei durchgegriffen! Sie hat die Kinder von Charlie Sheen (45, "Apocalypse Now") aus seiner sündigen Hollywood-Villa geholt!

Der Schauspieler wurde unter anderem durch das Kriegsdrama "Apocalypse Now" zum Hollywood-Star

Entweder sie haben Charlie mit seinem Vater Martin Sheen verwechselt, der tatsächlich in “Apocalypse Now” mitgespielt hat, oder sie haben “Apocalypse Now” mit “Platoon” verwechselt, jenem Kriegsfilm, durch den Charlie Sheen unter anderem berühmt geworden ist.

Die erste Stelle hat Bild.de inzwischen korrigiert, die zweite in der Klickstrecke nicht.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Nachtrag, 4. März: In der Klickstrecke erklärt Bild.de jetzt, Charlie Sheen sei durch “Platoon” zum Star geworden.

Das Khan doch nicht wahr sein!

Wenn eine Geschichte zu schön klingt, um wahr zu sein, dann stehen die Chancen hoch, dass sie schlichtweg nicht wahr ist.

Die Geschichte, wonach Karl-Theodor zu Guttenberg die letzten Worte seiner Rücktrittsrede ohne Quellenangabe aus dem Film “Star Trek II — Der Zorn des Khan” abgeschrieben haben soll, war dementsprechend auch nicht wahr. Der Journalist Daniel Bröckerhoff hat in seinem Blog dokumentiert, wie sich die Falschmeldung vor allem via Twitter verbreitete und es dort bis in den Twitter-Account der “taz” schaffte (die den Fehler inzwischen irgendwie eingestanden hat).

Das alleine wäre schon peinlich genug, aber wenn die Causa Guttenberg eines gezeigt hat, dann: es geht immer noch peinlicher — und mindestens eine MetaEbene ist immer drin.

Die “Hamburger Morgenpost”, einschlägig aufgefallen bei ihrer ungekennzeichneten Weiterverwendung von Twitter-Witzen, veröffentlichte gestern die Kolumne “Moin Moin”, in der David Siems folgende Behauptung aufstellte:

Gute Laune bekam ich aber gestern Abend wieder, als ich “Star Trek II” sah: “Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht”, sagt der Klingone Khan. Häh? Karl-Theodor konnte es einfach nicht lassen …

Ergänzend dazu, dass Siems den besagten Satz im Film gar nicht gehört haben kann, ist Khan auch kein Klingone, sondern ein genetisch verbesserter Mensch.

Mit Dank an M.K.

Die Gerüchteküchenprofis

Die Website der Schweizer Gratiszeitung “20 min” zeigt eindrucksvoll, wie man Gerüchte in Umlauf bringt. Auch solche, die es bisher noch gar nicht gegeben hat:
Gerüchte, einzelne Fans würden Anzeige gegen die Securitys erstatten, wollte niemand bestätigen. Bisher gab es auch keine solchen.

Mit Dank an Christoph W.

Nachtrag, 12.30 Uhr: Unser Leser Simon K. hat eine plausible Erklärung für den merkwürdig erscheinenden Nachsatz gefunden: Das Demonstrativpronomen “solchen” bezieht sich demnach nicht auf die Gerüchte, sondern auf die Anzeigen. Insofern hätte 20min.ch nur unglücklich formuliert.

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