Monokulturen, Druckaufträge, IFG

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Deutschlands Redaktionen – reine Monokulturen”
(blog.tagesschau.de, Marjan Parvand)
Monokulturen in deutschen Redaktionen: “In Deutschland hat jeder fünfte Bürger mittlerweile einen sogenannten Migrationshintergrund, aber nur jeder 50. Journalist.”

2. “Wir haben da mal 10 Fragen”
(journalist.de, Tim Gerber)
Tim Gerber schreibt in zehn Punkten auf, wie man mittels dem Informationsfreiheitsgesetz zu Behördenauskünften kommt. Selbst hat er bisher rund 200 Anfragen gestellt – und so etwa 150 mal Auskunft erhalten.

3. “Forschungsglaube – Journalisten im Studienrausch”
(ndr.de, Video, 4:39 Minuten)
Studienergebnisse werden in den Medien oft aufgepeppt und unhinterfragt wiedergegeben. Es gibt aber auch Journalisten, die sich die Mühe der Einordnung machen.

4. “Ex-DFB-Sicherheitschef Helmut Spahn über Gewalt im Fußball”
(11freunde.de, Ron Ulrich)
Ein Interview mit Helmut Spahn, der während fünf Jahren Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bunds war. “In der Saison 2010/11 gab es 846 Verletzte in Erster und Zweiter Bundesliga, im Übrigen bei weitem nicht alle verursacht aufgrund gewalttätiger Auseinandersetzungen. Jeder Verletzte ist einer zu viel, aber diese Anzahl weist das Oktoberfest an einem einzigen Tag auf. Doch im Fußball wird gleich von bürgerkriegsähnlichen Zuständen gesprochen.”

5. “Druckauftrag als Druckmittel”
(medienwoche.ch, Nick Lüthi)
Nach 60 Jahren wechselt der schweizerische Hauseigentümerverband die Druckerei, als Hintergrund zu vermuten ist eine kritische Berichterstattung der NZZ: “Auch wenn Gmür das so nicht sagen will, liegt es auf der Hand, weshalb er Ringier als neuen Drucker für seine Verbandszeitung gewählt hat. Im Gegensatz zur NZZ hat man ihn dort regelrecht hofiert. Etwa mit einer Homestory bei der Familie Gmür in der Schweizer Illustrierten (…). Kritische Berichterstattung wird abgestraft und Gefälligkeitsjournalismus mit einem Millionenauftrag honoriert.”

6. “Mit 100 Jahren noch Journalist”
(swp.de, KHMT)

El País, Pro Publica, Google

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1. “Fieldreporter: Die härtesten Jungs des Fußballgeschäfts”
(11freunde.de, Philipp Köster)
Ein Leitfaden in 9 Punkten zur Befragung von Fußballern nach dem Spiel.

2. “Wer marschiert mit der Filmbranche?”
(critic.de, Frédéric Jaeger)
Exponenten der deutschen Filmbranche treffen auf Filmkritiker. Frédéric Jaeger schreibt dazu einen langen Artikel: “Gegen den wiederkehrenden globalen Vorwurf, die Filmkritik bespreche internationale Produktionen positiver als deutsche, verwehrten sich die Redakteure sicherlich zu recht. Doch man hätte auch ganz naiv gegenfragen können: Wenn dem so wäre, könnte es dann vielleicht doch auch ein ganz klein wenig an der Qualität der Filme selbst liegen?”

3. “Kasino-Kapitalisten fressen Journalisten”
(faz.net, Paul Ingendaay)
Rund 150 Angestellte, ein Drittel der Redaktion der spanischen Tageszeitung “El País”, sollen entlassen werden. Grund dafür sind “die Schulden des Mutterhauses Prisa, ohne dessen geschäftliches Desaster unter Cebriáns Leitung sich der geplante Kahlschlag bei ‘El País’ nicht verstehen lässt.” Der Betriebsrat bloggt unter elpaiscomite.blogspot.com.es.

4. “Schluss mit dem Google-Lamento!”
(cicero.de, Christian Jakubetz)
“Schafft Alternativen – oder hört auf zu jammern”, antwortet Christian Jakubetz den deutschen Medien, die sich mal wieder über die erfolgreichen Geschäftsmodelle von Google beklagen. Die Kunden seien nämlich zufrieden: “Möglicherweise hat die Zufriedenheit – oder zumindest die mangelnde Wechselbereitschaft – auch damit zu tun, dass die meisten Nutzer mit Google dann vielleicht doch zufriedener sind als mit ihrer Tageszeitung. Oder dem Spiegel. Vielleicht ist es ja auch ganz einfach so, dass der gerne verpönte Deal ‘Daten gegen Produkt’ von vielen gar nicht als so schlimm empfunden wird, weil sie das Gefühl haben, dafür von der anderen Seite auch etwas sehr Ordentliches zu bekommen.”

5. “‘What the frack is going on?'”
(nzz.ch, Thomas Schuler)
Pro Publica versucht, sperrige Rechercheergebnisse in der Form von Comics und Songs an das Publikum zu bringen. Denn wenn eine Enthüllung folgenlos bleibe, “dann liege das oft nicht an der Apathie der Leser, sondern am Versagen des Reporters”.

6. “Der Fluchhafen Berlin”
(zdf.de, Video, 43:14 Minuten)
Die mehrfach verschobene Eröffnung des Flughafen Berlin Brandenburg bringt den Steuerzahlern und der Wirtschaft hohe Mehrkosten. Ein ZDF-Reporterteam versucht herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist.

7000 Gründe für ein Leben als Single

Der Markt der Online-Singlebörsen ist heiß umkämpft. Um den eigenen Namen möglichst weit zu verbreiten, veröffentlichen Partnervermittlungen regelmäßig sogenannte “Studien” zu irgendwelchen absurden Liebes- und Sex-Themen — in der Hoffnung, dass die Medien darauf anspringen.

Auch die Verkupplungsseite “Elitepartner.de” verbreitet solche (größtenteils nicht-repräsentativen) “Studien” am laufenden Band.

Viele Medien greifen die Ergebnisse jener Umfragen seit Jahren dankbar auf. Ein besonders eifriger Abnehmer der “Studien” von “Elitepartner” ist Bild.de: Dort schreiben sie die Pressemitteilungen geringfügig um, verpacken sie als eigene Artikel und versehen sie mit Überschriften, die suggerieren, es sei tatsächlich eine hochwissenschaftliche Studie durchgeführt worden. (Ihren vorzeitigen Höhepunkt erreichte diese Beziehung übrigens am 10. Juli 2009, wo innerhalb von neun Stunden auf Bild.de stolze 17 Artikel erschienen, die auf Umfragen von “Elitepartner” beruhten.)

Gerne übernimmt Bild.de auch die Zitate der Psychologin Lisa Fischbach, verschweigt aber ebenso gerne, dass sie zu “Elitepartner” gehört und nennt sie stattdessen einfach nur “Diplom-Psychologin”, “Paarberaterin”, “Flirt-Coach”, “Beziehungsexpertin” oder “Single-Coach”.

Und so schleicht sich “Elitepartner” mit seinen merkwürdigen Umfragen immer und immer wieder in den redaktionellen Teil von Bild.de:

9. Januar 2007:
Wann Flirten wirklich funktioniert

Im Artikel wird übrigens neun Mal auf folgende Seite verlinkt:
Premium-Mitglied werden - jetzt ohne Aufnahmegebühr. Exklusiv für Bild.T-Online.de-Leser

7. August 2007:
Diese Berufe sind wirklich sexy

12. März 2008:
Berliner Singles sind Kultur-Fans

13. Mai 2008:
Was bei der Partnerwahl wirklich zählt

Read On…

Weniger ist Meer

Mitt Romney, dem republikanischen Bewerber für das Amt des US-Präsidenten, ist im gestrigen TV-Duell mit Amtsinhaber Barack Obama ein “peinlicher Geografiefehler” unterlaufen.

“Die Welt” (vormals “Welt Online”) schreibt:

Syrien sei für den Iran der einzige Verbündete in der arabischen Welt, es sei “dessen Weg zum Meer”, behauptete der 65-Jährige. Das ist falsch: Der Iran grenzt gleich mehrfach an Gewässer: Im Süden an den Golf von Oman und den Persischen Golf, im Norden ans Kaspische Meer.

Um das deutlich zu machen, hatte “Die Welt” extra eine Infografik erstellt:

… auf der prompt das Kaspische Meer fehlte und nördlich des Irans generell etwas merkwürdige Grenzverläufe zu sehen waren.

Inzwischen hat “Die Welt” die fehlerhafte Grafik entfernt und durch eine passende ersetzt.

Mit Dank an Sebastian R.

Sony Nexus X, The Germans, Weltuntergang

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1. “Weltuntergang 2012: Ein Leitfaden für Journalisten”
(scienceblogs.de, Florian Freistetter)
Im Vorfeld des 21. Dezembers 2012 will Florian Freistetter als “kleinen Service für die Journalisten” einiges klarstellen: “Der Maya-Kalender endet nicht! Es gibt keine Maya-Prophezeiung! Es gibt keine besondere Konstellation am Himmel! Wissenschaftler haben keine Katastrophen vorhergesagt! 2012 ist kein besonderes Jahr! Wir müssen nicht abwarten!”

2. “Roma, Romands, Rätoromanen”
(blog.persoenlich.com, Alex Baur)
“Weltwoche”-Redakteur Alex Baur stellt fest, dass verschiedene wegen Rassismusverdacht angestrengte Strafverfahren von den Medien größer vermeldet werden als deren Einstellung. “Das Muster ist immer dasselbe: Die Übung erschöpft sich im grossartigen Verkünden der Strafanzeige und der Eröffnung einer Untersuchung, die später irgendwann stillschweigend eingestellt wird.”

3. “Politisch und gefühlsecht sollt ihr sein”
(welt.de, Marc Reichwein)
Marc Reichwein liest die Zeitschrift “The Germans”: “Schon seit einigen Jahren wandert die Gefühlsduseligkeit des Fernsehens immer stärker auch in die Printmedien ein, die sich einstmals ausschließlich rational gaben. Selbst eine Wochenzeitung wie die ‘Zeit’ gestaltet seit einigen Jahren emotional kuschelige Titelseiten à la ‘Bücher gegen die Kälte’.”

4. “Anatomy Of A Hoax”
(anatomyofahoax.tumblr.com, englisch)
Das Hochladen einiger Bilder, auf denen vorgeblich das neue Sony Nexus X zu sehen sein soll, löst über 500 Berichte aus. “Not sure who fired the first shot, but after the post on XperiaBlog was published, dozens of articles popped up within 15 minutes time. Many of these outlets did the right thing and alluded to the possibility that the images were fake.”

5. “Der ‘Du-darfst-nicht’-Antirassismus”
(taz.de, Deniz Yücel)
Deniz Yücel findet, die Nichtnennung der Herkunft von Tätern habe sich zu “einem Verschleierungsinstrument verselbstständigt; zu einer Ansammlung von ‘Du-darfst-nicht’-Sätzen, die die Glaubwürdigkeit von Medien erschüttern, aber jede Erkenntnis verhindern. (…) Besser: Man sagt, wie es ist.”

6. “‘Er starb in meinen Armen'”
(zeit.de, Özlem Topcu)
Özlem Topcu befragt Ismail Yozgat, dessen Sohn 2006 von der NSU ermordet wurde.

Sportlich, sportlich (5)

Der FC Bayern München gibt sich derzeit viel Mühe, den Kampf um die Deutsche Meisterschaft schon am 8. Spieltag als langweilig und “gelaufen” erscheinen zu lassen.

Oder, in den Worten von n-tv.de:

Wer sieht, wie der FC Bayern durch die Fußball-Bundesliga stürmt, der fragt sich schon, wer diese Münchner noch stoppen kann.

Der Verein hat eine ganze Menge Rekorde und Serien zu feiern:

Die Bayern haben ihre Partien allesamt gewonnen, so viele wie nie zuvor eine Mannschaft zum Start in eine Saison. […] In diesen acht Spielen haben die Münchner 24 Tore geschossen, im Schnitt also drei pro Begegnung. Und ganze zwei Gegentreffer kassiert. Auch das gab es noch nie. Was soll da noch passieren?

Wie man es dreht und wendet: Die Behauptung, das habe es “noch nie” gegeben, dass ein Verein am achten Spieltag “ganze zwei Gegentreffer kassiert” habe, ist falsch.

In der Saison 2001/2002 hatten die Bayern nämlich exakt zwei Gegentore. Und es geht sogar noch besser: Vor einem Jahr hatten sie nur ein Gegentor auf dem Konto, in der Saison 2003/2004 hatte der VfB Stuttgart gar noch kein einziges.

Mit Dank an Joachim.

Nachtrag, 15.10 Uhr: Bayern hat aktuell übrigens 26 Tore geschossen, nicht 24, wie n-tv.de behauptet.

Mit Dank an Ansgar.

2. Nachtrag, 15.55 Uhr: n-tv.de hat die Stelle unauffällig überarbeitet:

In diesen acht Spielen haben die Münchner 26 Tore geschossen, im Schnitt also drei pro Begegnung. Und ganze zwei Gegentreffer kassiert. Was soll da noch passieren?

Christopher Lauer, Jürg Altwegg, ZDF

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1. “Google-Krieg der deutschen Medien: Die Masken sind jetzt gefallen”
(neunetz.com, Marcel Weiss)
Der FAZ-Artikel “Die Masken sind jetzt gefallen” von Jürg Altwegg in der Kritik: “Die schamlosen Unverschämtheiten von Publikationen wie der FAZ beim Thema Presseleistungsschutzrecht zeigen, dass die kommerziellen Massenmedien eher schlecht als recht als Basis für eine tatsächliche demokratische Meinungsbildung geeignet sind, die alle Partikularinteressen einer Gesellschaft deren Bedeutungen entsprechend einbezieht.”

2. “ZDF schummelt bei Beitrag über Steinbrück-Rede”
(focus.de)
Das “heute journal” schneidet Szenen aus dem Bundestag falsch zusammen. Auf die Kritik reagiert man so: “Autor und Redaktion bedauern die ungenaue und deshalb fehlerhafte Bildauswahl. Wir haben den Beitrag aus der Mediathek des ZDF entfernt.”

3. “Familiendrama: Blick und 20 Minuten gehen zu weit!”
(infosperber.ch, Kurt Marti)
Publizierte Fotos von einer Familie, deren Vater nach einer Rettungsaktion stirbt: “Sind solche Fotos wirklich von so grossem, öffentlichem Interesse, dass die Privatsphäre der Familie eine untergeordnete Rolle spielt? In einer solchen Extremsituation?”

4. “Meine ungebetene Laudatio auf den Troll des Jahres”
(dirkvongehlen.de)
Dirk von Gehlen erinnert an CommodoreSchmidtlepp, das jetzt.de-Profil von Christopher Lauer.

5. ” Links! Zwo! Drei! Vier! (Baumgartner Spezial)”
(der-postillon.com)
Eine Auswahl von Kommentaren zur Postillon-Story “Linie übertreten: Rekordsprung aus 39 Kilometern Höhe für ungültig erklärt”.

6. “Roche & Böhmermann”
(zdf.de, Video, 58:09 Minuten)
Ein Best-of der zweiten Staffel Roche & Böhmermann, mit einem rauchenden Markus Lanz und einem rauchenden Christopher Lauer.

Bild  

German Skandal

Um trotz sinkender Auflagen ihrer Zeitungen und Zeitschriften weiter Geld zu verdienen, sind viele Verlage dazu übergegangen, auch Buch-, Film- oder Musikreihen zu veröffentlichen, für die sie irgendwelche mehr oder weniger bedeutenden Werke der Kulturgeschichte lizenziert haben. Deren Veröffentlichung wird meist mit großflächiger Berichterstattung im eigentlichen Hauptmedium flankiert, was man aber nicht mit Werbung verwechseln darf, auch wenn es eigentlich genau das ist.

Es ist wenig überraschend, dass es ausgerechnet “Bild” ist, die eine “Skandal-Bibliothek” mit den “10 skandalösesten Büchern der Literaturgeschichte” (“Feuchtgebiete” von Charlotte Roche ist allerdings nicht dabei) herausgibt. Society-Reporter Norbert Körzdörfer gibt den Editionsphilologen und darf jetzt jede Woche einen Wikipedia-Eintrag die Geschichte eines “Skandal-Romans” nacherzählen.

Letzte Woche tat er das mit “Opus Pistorum” von Henry Miller, über das er schrieb:

2000 Polizisten stürmten 285 Buchläden und konfiszierten 3000 Exemplare!!! Mehr Werbung geht nicht.

Angesichts der durchschnittlichen Größe deutscher Buchhandlungen in den 1980er Jahren, um die es hier geht, müssten sich die Polizisten da schon ziemlich gegenseitig auf den Füßen rumgestanden haben.

Realistischer erscheint da schon, was die “Zeit” 1989 berichtet hatte:

Die Geschichte hatte damit begonnen, daß ein Darmstädter Amtsrichter am 12. März 1986 bundesweit rund 700 Polizisten in Bewegung setzte, um sämtliche “Opus Pistorum” Ausgaben des Bertelsmann Buchclubs in Verwahrung zu nehmen. 285 Läden wurden durchstöbert, 3000 Exemplare konfisziert.

Diese Woche nun ist “American Psycho” von Bret Easton Ellis dran, was “Bild” erst mal mit einem (als solchem gekennzeichneten) großen Szenenbild aus dem Film “American Psycho II” bebildert, der mit dem Buch auffallend wenig zu tun hat.

Der Artikel ist so überschrieben:

"American Psycho" war 
6 Jahre lang verboten

Körzdörfer schreibt:

ABER WIR DEUTSCHEN HATTEN ANGST.

(Dieses “aber” steht in keinem inhaltlichen oder grammatikalischen Zusammenhang zu den Sätzen davor.)

4 Jahre lang konnte es jeder lesen. Bis die “Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften” drin rumblätterte: Index! 6 Jahre lang verboten!

Was Körzdörfer mit “6 Jahre lang verboten” meint, ist ungefähr: Das Buch wurde 1995 indiziert und durfte fortan nur noch Personen über 18 Jahren zugänglich gemacht werden. Noch im selben Jahr nahm das Verwaltungsgericht Köln die Indizierung im Eilverfahren zurück, das Oberverwaltungsgericht Münster setzte diese jedoch 1996 wieder in Kraft. 1998 hob das Verwaltungsgericht Köln die Indizierung im Hauptsache-Verfahren erneut auf, das Buch durfte aber erst wieder offen im Buchhandel angeboten werden, nachdem das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster die Berufung gegen die Entscheidung des Kölner Gerichts im Jahr 2001 endgültig zurückgewiesen hatte.

“Verboten” war das Buch aber zu keinem Zeitpunkt.

Mit Dank an Lars, Kinga H., Peacock und Anonym.

dpa  

All The President’s Men

Am Donnerstagabend fand im New Yorker Waldorf Astoria Hotel das “Alfred E. Smith Memorial Foundation Dinner” statt, bei dem Spenden für die katholische Kirche gesammelt werden und in Wahljahren die Bewerber für das Amt des US-Präsidenten mit humorvollen Reden aufeinandertreffen.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) – und mit ihr zahlreiche deutschsprachige Online-Medien – schreibt:

Bei dem Abendessen waren unter anderem die ehemaligen Außenminister Henry Kissinger und Cyrus Vance dabei.

Das hätte den feierlichen Rahmen dann womöglich doch etwas gesprengt, denn Cyrus Vance ist seit zehn Jahren tot. Anwesend war sein Sohn gleichen Namens (offiziell mit angehängtem “Jr.”), der aber kein “ehemaliger Außenminister” ist, sondern Staatsanwalt.

Mit Dank an Norman J.

Nachtrag, 15.45 Uhr: dpa hat die beiden fehlerhaften Meldungen berichtigt:

Im letzten Absatz heißt es richtig: … und der New Yorker Bezirksstaatsanwalt (nicht Ex-Außenminister) Cyrus Vance. Er ist der Sohn des 2002 gestorbenen US-Außenministers.

Promi-Samenspender kommen doch nicht

Britische Samenbank will Promi-Sperma verkaufen

Genau einmal dürfen Sie raten, was es mit dieser Geschichte auf sich hat, die seit Mittwoch bei Bild.de zu lesen ist:

Wenn schon kein Promi als Partner, dann wenigstens als Vater für den Nachwuchs: Ob Fußballer, Oscar-Preisträger oder Wirtschaftsboss, die britische Samenbank “Fame Daddy” will ab Februar 2013 Sperma von Promi-Männern verkaufen.

Richtig: Die ganze Geschichte ist offenkundig ein Fake, ein Hoax, ein Witz, eine Verarsche, auf die Bild.de hereingefallen ist.

Allerdings nicht als einziges Medium: Auch der “Daily Mirror” und die “Sun”, gerne mal Quellen für extrem unglaubwürdige Geschichten auf Bild.de, hatten darüber berichtet — wobei die “Sun” ihren Artikel inzwischen ganz unauffällig wieder offline genommen hat.

Und auch der private britische Fernsehsender ITV hatte in seiner Sendung “This Morning” über die angebliche Promi-Samenbank “FameDaddy” berichtet.

Die BBC schreibt dazu:

ITV startete nach dem Interview eine Untersuchung, und am Donnerstag entschuldigte sich der Sender bei den Zuschauern und sagte, die Verantwortlichen des Vorfalls hätten “offenkundig einen großen Aufwand betrieben, um die Sendung und unsere Zuschauer hinters Licht zu führen”.

“Es ist ihnen auch gelungen, andere Medien in die Irre zu führen und ins Radio und in die Presse zu kommen”, sagte die Mitteilung.

ITV sagte, man betreibe den “größten Aufwand, um die Richtigkeit” von Geschichten in “This Morning” und “die Echtheit der Gäste sicherzustellen”.

(Übersetzung von uns.)

So einen Aufwand würde Bild.de vermutlich nicht betreiben — aber immerhin könnten die Leute dort ja dem schlechten Beispiel des “Daily Mirror” folgen. Der meldete gestern, dass ITV auf einen Fake reingefallen sei — und verbreitet die falsche Geschichte gleichzeitg immer noch selbst.

Mit Dank an Tobias G.

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