Bushido, Rudeljournalismus, Offshore-Leaks

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “War da mal was?”
(journal21.ch, René Zeyer)
Die Offshore-Leaks haben Nutzer von Trusts offengelegt, “ohne dass bislang in einem einzigen Fall auch nur der Hauch eines Indizes präsentiert wurde, von Beweisen ganz zu schweigen, dass es dabei zu illegalen Handlungen gekommen wäre”, schreibt René Zeyer. “Es steht dem von der Medieninquisition Angeschuldigten höchstens frei, seine Unschuld zu beweisen. Also zu belegen, dass da nichts ist, wo aber vielleicht etwas sein könnte.”

2. “Hoeneß und die Medien: Wenn Aufklärung zu Abschirmung wird”
(carta.info, Wolfgang Michal)
Wolfgang Michal erkennt in der Berichterstattung über die Selbstanzeige von Uli Hoeneß Unterschiede zwischen dem Norden und Süden Deutschlands: “Während die Hamburger also die ‘Doppelmoral’ des Uli Hoeneß geißeln (weil sie froh wären, wenn sie wenigstens 1 Moral hätten), huldigt man in München – wenn’s drauf ankommt – der bewusstseinsvernebelnden Wurschtigkeit des ‘Leben und leben lassen’.”

3. “Rufraub im Piraten-Dossier: Die ‘Zeit’ tritt nach”
(stefan-niggemeier.de)
“Wir fas­sen zusam­men: Die ‘Zeit’ ver­öf­fent­licht ein Pam­phlet über Film­pi­ra­terie, das eine Wis­sen­schaft­le­rin dif­fa­miert, gibt vor Gericht eine Unter­las­sungs­er­klä­rung ab und behaup­tet dann in einer Pres­se­mit­tei­lung das Gegen­teil. Wenn man nicht wüsste, dass es sich um eine der beson­ders seriö­sen Adres­sen des deut­schen Jour­na­lis­mus han­delt, man käme nicht drauf.”

4. “Aggressive Medienarbeit – Bushido droht Berichterstattern”
(ndr.de, Video, 4:41 Minuten)
Zapp über Recherchen im Umfeld des Rappers Bushido. “Zeit”-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo sagt im Beitrag: “Vor zweieinhalb Jahren hab ich mir sehr gewünscht, dass wir da recherchieren und ein Reporter nach dem anderen sprang mir ab aus Angst vor den Konsequenzen, die das haben könnte. Das ist per se schon mal nicht schön auf unserer Seite. Aber es kam noch etwas dazu, was mich sehr irritiert hat: Egal, wo sie angefangen haben zu recherchieren, ob das nun bei der Polizei war oder bei der Justiz, das Erste war: Oh, das ist gefährlich. Da begeben Sie sich in Teufels Küche.” Siehe dazu auch ein Gespräch mit Walter Wüllenweber vom “Stern” (vimeo.com, Video, 7:13 Minuten).

5. “Fürsorgliche Vernichtung”
(stern.de, Hans-Ulrich Jörges)
“Ich war Teil der Meute”, schreibt Hans-Ulrich Jörges zum Phänomen Rudeljournalismus: “Die Verirrung von kritischem Journalismus, den es mit Zähnen und Klauen zu verteidigen gilt, in besinnungslose, lustvoll schmähende Kampagnen. Ohne Widerworte, ohne abweichende Stimmen, ohne Selbstbesinnung.”

6. “Gisela Stelly: ‘Der Spiegel sollte Stefan Aust zurückholen'”
(abendblatt.de, Armgard Seegers)
Die Ex-Frau von Rudolf Augstein, Gisela Stelly, im Interview zur Zukunft des “Spiegel”. “‘Im Zweifel links’ war Rudolf Augsteins Markenspruch. Diese Marke ist vom Sohn, der kein Sohn ist, einfach übernommen worden. Der ‘Spiegel’ täte gut daran, die Herausgeberschaft weiter im Geiste von Rudolf Augstein zu belassen, der ein Jahrhundertjournalist war, auch um sich immer wieder an diese hohe Messlatte zu erinnern.”

Bild  

“Bild” holt alles für sich raus

Seit Beginn der Woche hat “Bild” neue Werbegesichter. Unter anderem ein schwer verletztes dreijähriges Mädchen aus dem syrischen Aleppo wirbt jetzt für die Zeitung.

Oder, wie “Bild” es selbst formuliert:

Das Bild, mit dem BILD aufrütteln will!

Andere Motive der neuen Kampagne aus dem Hause Jung von Matt zeigen etwa eine Frau mit Gesichtsschleier und die Aktivistinnen von “Pussy Riot”. Der Slogan lautet jedes Mal: “Wir haben 500 Reporter und ein einziges Versprechen: Wir holen alles für Sie raus.”

Wir finden: Wer über “Bild” spricht, darf vor allem einen dieser 500 Reporter nicht vergessen: Paul Ronzheimer, Träger des Herbert Quandt Medien-Preises und der Mann, der “den Pleite-Griechen die Drachmen zurück” gegeben hat.

Bitte hier entlang!

Wenn früher ein Verbrechen geschah, schwärmten die Reporter der Boulevardzeitungen aus und versuchten, bei Angehörigen und Nachbarn, teils unter Vortäuschung falscher Tatsachen, an Fotos des Opfers und des Tatverdächtigen zu kommen.

Diese Mühe und schmutzige Arbeit muss sich heute niemand mehr machen, denn es gibt ja das Internet und damit quasi unbegrenzten Zugang zu Fotos von Opfern und Tatverdächtigen — oder Leuten, die so ähnlich heißen.

Die nächste Stufe sieht nun offenbar so aus: Die Leser sollen nicht mehr nur wissen, wie Opfer und Tatverdächtiger (bzw. der Einfachheit halber: “Täter”) aussehen, sie sollen sich auch selbst ein Bild machen können — vielleicht mit der Handykamera als Leserreporter, vielleicht mit Fackeln und Forken als Mob.

“Bild” hatte letzte Woche schon mal vorgelegt und ausführlich die Berliner Umgebung beschrieben und beschriftet, in dem ein Elternpaar lebte, dem vorgeworfen wird, seinen Säugling getötet zu haben (BILDblog berichtete), gestern widmete sich Bild.de neuen Erkenntnissen im Mordfall Peggy K. und garnierte den Text mit einer interaktiven Grafik, in der sich der geneigte Leser den vermeintlichen Tatort, den Wohnort des Opfers, den des bisherigen Tatverdächtigen und den des neuen Tatverdächtigen anzeigen lassen kann:


(Unkenntlichmachungen von uns.)

Laut “Frankenpost” hatte die Polizei bereits am Montag versucht, das Grundstück des neuen Tatverdächtigen mit “mit Tüchern verhängten Bauzäunen vor neugierigen Blicken” zu schützen. Das Grundstück, dessen Lage die “Frankenpost” selbst einigermaßen klar nennt. “Spiegel Online” nennt die Straße, in der das Haus steht, und seine auffällige Farbe — und falls da noch Verwechselungsgefahr bestehen könnte, ist in der Bildergalerie auch noch ein Foto des Hauses zu sehen. Auch dpa nennt die Straße und liefert ein Foto des Hauses mit.

Für die Anwohner dürfte das nicht Neues sein: Sie leben in einer kleinen Stadt mit nicht mal 1.100 Einwohnern, wo eh jeder jeden kennt und wo seit Montag zahlreiche Medienvertreter vor dem betreffenden Haus campieren. Aber die Empörten und Gestörten aus der ganzen Republik, die müssen sich heute nicht mehr durch Telefonbücher wühlen oder in zwielichtigen Webforen rumtreiben: Sie bekommen ihre Informationen direkt von vermeintlich seriösen Nachrichtenwebsites geliefert.

Mit Dank an Michael H.

Wolfgang Ainetter, DSDS, Zeitungsreporter

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1. “Sex, Armut, Hitler”
(thegap.at, Jonas Vogt und Thomas Weber)
Helge Fahrnberger (Kobuk.at) und Wolfgang Ainetter (Ex-“Bild”-Ressortleiter) reden über Boulevardmedien. Das Bildblog habe “unheimlich viel” bewirkt, sagt Ainetter: “Es ist ein unheimlicher Multiplikator und erreicht die Meinungsmacher. Es schadet dir als Boulevardmedium einfach sehr wenn du dort jedesmal vorkommst.”

2. “Sprungbrett oder Krise? Das Erlebnis Castingshow-Teilnahme”
(lfm-nrw.de)
Für eine Studie wurden 59 Teilnehmer von Musik-Castingshows befragt: “Eine ehemalige DSDS-Kandidatin, deren Bewerbung vielfach und über Jahre hinweg wiederholt wurde und zudem jeder Zeit über das Internet anzusehen ist, berichtet, wie jedes Mal wieder ‘der ganze Scheiß von vorne anfängt, dass man von jedem angesprochen wird’. Im Nachhinein stellt sie für sich fest: ‘Ich hätte mich niemals dort beworben, wenn ich gewusst hätte, was die mit den Leuten da alles machen, nur um sie blöd darzustellen, nur damit die Leute was zu lachen haben.'”

3. “Autorisierungen von Interviews”
(zdf.de, Video, 8:17 Minuten)
Interviews, die nur zustande kommen, wenn Journalisten “Gegenlesvereinbarungen” und “Interviewvereinbarungen” unterschreiben.

4. “Reiche Esel: Der SPIEGEL hetzt langsam, aber dafür irre”
(pantelouris.de)
Der “Spiegel”-Titel “Die Armutslüge”: “In der Realität ist es gerade eher so, dass Menschen in Südeuropa mit ‘klassischer Vermögensbildung’ bei einer Bank Gefahr laufen, ihr Geld nicht wieder zu sehen, aber beim SPIEGEL behauptet man, Südeuropäer wären reicher als Deutsche, weil die deutsche Rentenversicherung und Pensionskassen nur ein Versprechen sind, dessen Einlösung fraglich ist? Was genau ist dann eigentlich nicht fraglich? Jedenfalls ganz offensichtlich nicht die Immobilienpreise in Südeuropa, denn den Immobilienbesitz rechnet ja DER SPIEGEL voll ein – obwohl es zum Beispiel in Athen gerade fast völlig unmöglich ist, eine Wohnung zu verkaufen.”

5. “Newspaper reporter is ‘worst job’ in 2013, study says”
(poynter.org, Caitlin Johnston, englisch)
Caitlin Johnston fragt nach, wieso der Zeitungsreporter in einem Job-Ranking von careercast.com ganz unten gelandet ist.

6. “The Definitive ‘People Who Thought Chechnya was the Czech Republic’ Collection”
(publicshaming.tumblr.com, englisch)

Handelsblatt, Günther Jauch, Buchmarkt

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1. “Wie das ‘Handelsblatt’ die AfD anschiebt”
(sueddeutsche.de, Michael König)
Eine Umfrage durch das “Handelsblatt” wird “unglücklich” und “suggestiv” genannt. “Was die Handelsblatt-Umfrage besonders bemerkenswert macht: Nicht ein übereifriger Meinungsforscher hat sich die methodisch zweifelhafte Fragestellung ausgedacht. Sondern das Handelsblatt selbst. Das bestätigten die Zeitung und das Mafo-Institut auf SZ-Anfrage.”

2. “Ich pochere das an!”
(neon.de, Max-Jacob Ost)
Max-Jacob Ost schaut die “Günther-Jauch”-Diskussionsrunde “Der Fall des Uli Hoeneß – vom Saubermann zum Steuersünder?”. “Besser wäre gewesen: ‘Der Fall Uli Hoeneß – eine Reise ins Land der Konjunktive mit inhaltlich randomisierter Gästerunde’.”

3. “Die Doppelmoral des ‘Buchmarkt'”
(haupt.it)
Johannes Haupt beklagt einen Plagiatsfall durch den selbst gerne Plagiatsfälle anprangernden “Buchmarkt”. In den Kommentaren antwortet Herausgeber Christian von Zittwitz: “Tatsächlich sind heute, der Sache wegen, ohne dass einer richtig hingeguckt habt, drei Passagen Ihrer Meldung von einer Volontärin bei uns übernommen worden, weil Ihre Übersetzung der Originalmeldung so schön griffig war.”

4. “Datenjournalismus beim Guardian: ein Augenschein”
(davidbauer.ch)
David Bauer hat eine Woche beim “Datablog” des “Guardian” mitgearbeitet: “Das Team des Datablog besteht im Kern aus drei Journalisten, wovon einer nur Teilzeit arbeitet. In den letzten zwölf Monaten wurden auf dem Guardian Datablog insgesamt 878 Artikel veröffentlicht, knapp 17 pro Woche.”

5. “Im Twitterversum”
(blog.zeit.de/radikale-ansichten, Yassin Musharbash)
Yassin Musharbash beobachtet in Folge des Anschlags auf den Boston-Marathon Twitter: “Twitter ist kein Journalismus-Ersatz. Die meisten Twitterer plappern einfach vor sich hin, so wie es Menschen in der analogen Welt auch tun: ‘Hast du schon gehört?’ – Was dann folgt, ist oft genug ein Gerücht, unvollständig, halbfalsch. Aber es kann in Sekundenfrist tausendfach verbreitet werden und mit jeder Verbreitung echter wirken. Auch das geschah im Fall Boston, in übelster Weise.”

6. “Männer baggern wie blöde”
(freitag.de, Mikael Krogerus)
Mikael Krogerus berichtet aus Schweden: “Schweden hat heute, als einziges Land neben Norwegen, einen Staatsfeminismus. Alle politischen Beschlüsse müssen unter Beachtung eines Gleichberechtigungsparagrafen und in Zukunft auch eines Vielfaltsparagrafen gefällt werden.”

Experte, Qualitätsjournalismus, Pheromone

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1. “‘Mut bindet'”
(taz.de, Peter Unfried)
Der Begriff “Qualitätsjournalismus” sei ein Krisensymptom, sagt Constantin Seibt im Interview mit Peter Unfried: “Etwas wirklich Einleuchtendes braucht das Präfix ‘Qualität’ nicht. Es gibt keinen Qualitätssex oder Qualitäts-Rolls-Royce. Der einzige Ort, wo man sonst von Qualität spricht, sind Billigläden.”

2. “Breaking News Is Broken”
(slate.com, Farhad Manjoo, englisch)
Farhad Manjoo empfiehlt, beim nächsten “Breaking-News”-Event eine längere Medienabstinenz einzurichten: “Breaking news is broken. That’s the clearest lesson you can draw about the media from the last week, when both old- and new-media outlets fell down on the job.” Siehe dazu auch “Die Entstehung eines Informationsdesasters” (tagesanzeiger.ch, Maurice Thiriet).

3. “Wie selbstkritisch sind die deutschen Journalisten?”
(de.ejo-online.eu)
Die Studie “Media Accountability and Transparency in Europe” findet wenig Kritik unter deutschen Journalisten: “Um die Kritikkultur in Deutschland ist es schlecht bestellt, viele deutsche Journalisten tauschen sich selbst mit Chefs und Kollegen kaum über die Qualität journalistischer Beiträge aus – anders als in Finnland oder den Niederlanden, wo nicht zuletzt flachere Hierarchien mehr Austausch in den Redaktionen ermöglichen.”

4. “Deutschlands erste Pheromonen-Party floppt”
(tagesspiegel.de, Johannes Ehrmann)
Eine “Pheromon-Party” in Berlin Friedrichshain: “Es sind wirklich viele Leute gekommen, das ist schon mal schön. Aber es sind fast ausschließlich Journalisten.”

5. “‘Experten’ in den Medien: schätzen, prognostizieren, warnen”
(security-informatics.de)
Eine Auswertung der im “Spiegel” seit 1947 erwähnten “Experten”: “Die Journalisten von Spiegel-Print beispielsweise haben seit 1947 rund 6000 unterschiedliche Experten-Typen gekürt.”

6. “Teutonischer Selbstversuch zu unserer Befindlichkeit”
(persoenlich.com, Matthias Ackeret)
Wolfgang Koydl, Schweiz-Korrespondent der “Süddeutschen Zeitung”, erzählt, was bei der Redaktion gut ankommt: “Alles, wo Schwarzgeld, Swatch oder Schokolade draufsteht, muss ich nicht lange der Redaktion andienen. Das sind Selbstläufer, die ich aber eher ungern mache. Man braucht keinen Korrespondenten, um Vorurteile zu zementieren. Grundsätzlich gilt, dass man sich in der Redaktion stark für Wirtschaftsthemen aus der Schweiz interessiert, dann Tourismus im weitesten Sinn. Schweizer Politik taucht auf dem Radar nur auf, wenn sie irgendwas mit Christoph Blocher und der SVP zu tun hat.”

Neues Bayern-Trikot mit fremden Federn

Was Gerüchte, Mutmaßungen und Rätselraten angeht, ist die Welt des Fußballs der Welt der Unterhaltung inzwischen weit voraus: geplatzte Vertragsverlängerungen, vermeintliche Wechsel und irgendwelche Zerwürfnisse — fast rund um die Uhr tratschen die Medien irgendetwas aus dem sogenannten Umfeld von Spielern, Funktionären und Vereinen weiter. Manches wird dementiert, mal zu recht, mal zu unrecht, wie man natürlich immer erst viel später weiß.

Gegen Ende einer Bundesligasaison kommt dann ein weiteres Thema dazu: Sportreporter und andere Fans spekulieren wild darüber, wie die Trikots einer Mannschaft in der kommenden Saison aussehen könnten.

So zeigte “Bild” am Freitag die vermeintlichen neuen Trikots des FC Bayern München:

Das neue Bayern-Outfit: So zugeknöpft gibt sich der Meister nächste Saison! BILD zeigt das neue Trikot der Bayern für die Saison 2013/2014. Auffällig am weißen Auswärts-Dress: Der hohe Kragen und ein kleiner Knopf am Hals, die stark an ein typisch bayrisches Trachten-Hemd erinnern. Dazu soll nach BILD-Informationen auch eine braune Shorts in Lederhosen-Optik kommen.

Es soll an dieser Stelle nicht darum gehen, ob die Trikots tatsächlich so aussehen werden. Dabei ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass die Bilder ziemlich nah dran sind.

Und das hat mit den “BILD-Informationen” zu tun: Im Fußballforum transfermarkt.de diskutieren die User seit Wochen über den möglichen neuen Look. Der Teilnehmer “djaytommy” hatte die neuen Trikots angeblich schon gesehen, der User “jimsen” veröffentlichte aufgrund dessen Beschreibungen eine Art “Phantombild”.

Und das sah am vergangenen Samstag so aus:

Transfermarkt.de gehört mehrheitlich zur Axel Springer AG, die auch “Bild” herausgibt. Und die Zeitung kann sich womöglich auf diesen Passus in den Allgemeinen Nutzungsbedingungen bei transfermarkt.de berufen:

4.8. Mit der Übermittlung von Content räumen Sie Transfermarkt das unwiderrufliche, zeitlich und räumlich unbeschränkte und übertragbare Recht ein, den Content zu vervielfältigen, zu verbreiten, zu veröffentlichen, auszustellen, öffentlich zugänglich zu machen, zu verändern, zu übersetzen und zu speichern. Dies umfasst das Recht, den Content zu bearbeiten, zu gestalten, an die zur Nutzung erforderlichen Dateiformate anzupassen und die Darstellungsqualität zu ändern und/oder zu verbessern. Diese Nutzungseinräumung besteht über die Laufzeit dieses Vertrages hinaus fort, das heißt bei einer Beendigung des Vertrags sind wir nicht verpflichtet, Content, den Sie Transfermarkt übermittelt haben, zu löschen.

Sport1.de und spox.com berufen sich in ihren (unbebilderten) Artikeln nun auf “Informationen der ‘Bild’-Zeitung”, während sich die Münchener “tz” auf die Seite trikot.cc beruft, die die Grafik von “jimsen” am Donnerstag veröffentlicht hatte.

Mit Dank an Olli und Jürgen P.

Autojournalismus, Big Blog(g), CNN

6 vor 9

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1. “Champagner bis zum Abwinken”
(fr-online.de, Andreas Förster)
Andreas Förster besucht Franz Danner, den ehemaligen Pressechef der Europa-Niederlassung des Mazda-Konzerns, in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf: “‘Ich habe die Journalisten eingeladen nach Saint Tropez, Siena, Rapallo und andere schöne Orte’, erzählt Danner. Mazda habe die Flugkosten übernommen, natürlich sei stets Business Class geflogen worden. ‘Die Hotels waren traumhaft’, sagt er. ‘Und unser Kalkül ging immer auf: Wer derart hofiert wird, tut sich schwer, anschließend etwas Schlechtes über unser Auto zu schreiben.'”

2. “Falsche Berichterstattung über ‘Justizskandal'”
(ndr.de, Video, 6:42 Minuten)
RTL und “Bild” berichten über die angebliche Bestechlichkeit eines JVA-Beamten, ohne ihn selbst anzuhören. Nun wurde er vor Gericht freigesprochen.

3. “Springer startet Auto-Blog! Und klaut sich einen Namen…”
(passiondriving.de, Sebastian)
Ein neues “Welt”-Blog nennt sich “Big Blog”: “Kommt euch bekannt vor, oder? Richtig, das ist nämlich der Name des sehr etablierten Blogs von Axel, der unter bigblogg.com seiner Leidenschaft freien Lauf lässt. Gut, man hat das eine ‘g’ gestrichen, um orthographische Korrektheit zu sichern, es bleibt trotzdem nichts weniger als ein dreister Namensklau im völlig themengleichen Gebiet.”

4. “Austeilen ohne Einzustecken”
(handelsblatt.com, Laura-Patricia Montorio)
Rund sechs Prozent der deutschen Journalisten geben an, dass sie regelmäßig Kritik an der Arbeit von Kollegen üben. “Damit ist Deutschland absolutes Schlusslicht im internationalen Vergleich.”

5. “The Most Busted Name in News”
(thedailyshow.com, Video, 5:47 Minuten, englisch)
Der exklusive “Breaking-News”-Bericht von CNN über eine Verhaftung im Zuge des Anschlags auf den Boston-Marathon.

6. “‘If you are scared, they win. If you refuse to be scared, they lose.'”
(washingtonpost.com, Ezra Klein, englisch)
Ezra Klein spricht mit Sicherheitsexperte Bruce Schneier: “It feels insensitive to say it so close to the tragedy, but it’s true. What people should worry about are things so common that they’re no longer news. That’s what kills people. Terrorism is so rare, it’s hardly a risk worth spending a lot of time worrying about.”

Bluthund auf dem Holzweg

Am Sonntag fragte Bild.de:

Zeigt Google hier einen blutigen Mord?

Die mysteriöse Spur hatte Bild.de auf der Startseite (und nur dort) rot eingefärbt, damit sie ein wenig besser zur Geschichte passte, wie das Blog picomol.de bemerkt hatte (s.a. “6 vor 9” vom Dienstag).

Im Artikel selbst hatte Bild.de Diskussionen auf “Reddit” zitiert, die darum kreisten, was auf der Google-Maps-Aufnahme eines Stegs im niederländischen Almere zu sehen sei.

Einige Kommentatoren spekulierten über einen “blutigen Mord”, andere waren da skeptischer:

Auch “Benny 1337” ist skeptisch. Die dunkle Spur auf dem Holzsteg müsse nicht unbedingt Blut sein: “Sieht eher nach einem Hund aus, der aus dem Wasser gesprungen und sich im Laufen trocken geschüttelt hat.” Und die Gestalt am Ende des Stegs? “Das ist der Hundebesitzer.”

Für Bild.de offenbar keine plausible Erklärung:

Ist am Ende also doch alles ganz harmlos? Nein, glaubt User “thefx37”: “Genau das würde der Mörder doch auch sagen.”

Heute dann die “überraschende” Auflösung:

BILD.de weiß, wer diesen "Mord" begangen hat

Und das “weiß” Bild.de:

Der “Täter”, der die Internet-Gemeinde von “Reddit” beschäftigte, ist der holländische Hund Rama (5), ein Golden Retriever.

Er war nach einem Bad im See an Land geklettert, pitschnass über den Steg gefegt – und hatte sich trockengeschüttelt!

Sein Frauchen Jacquelina Koenen (52) erzählt: “Als ich das Bild sah, wurde mir klar: ‘Das ist mein Hund!’ Er liebt Wasser.” Dann fügt sie hinzu: “Es ist so lustig, das alle dachten, es ist ein Mord. Aber das ist super, Rama ist jetzt weltberühmt.”

Na ja, genau genommen wusste das alles eher die “Sun”, die das Rätsel schon vor Bild.de aufgelöst hatte und aus deren Artikel auch die Zitate der Hundehalterin und der Polizei stammen.

Bild.de erwähnt die britische Boulevardzeitung mit keinem Wort, weiß aber, wer es von Anfang an gewusst hatte:

“Reddit”-User “Benny 1337” hatte jedoch schon vorher die Lösung des Rätsels!

Und Bild.de beinahe auch. Die Redakteure sind nur falsch abgebogen und haben sich ausgerechnet von der “Sun” auf den richtigen Weg zurücklotsen lassen. Und jetzt sagen sie nicht mal “Danke”.

Mit Dank an Patrick K., Martin, Daniel, Marvin und U.

Hautnah an den Stars

Die Welt ist voller Fragen: “Woher kommen wir?”, “Wohin gehen wir?”, “Hab ich das Bügeleisen angelassen?” und natürlich:

Warum trägt Robben eigentlich so enge Trikots?

Beim 6:1-Sieg der Bayern gegen Wolfsburg sei eines “wieder einmal” aufgefallen, so Bild.de:

das hautenge Trikot des Niederländers.

Alljährlich dürfen die Spieler zwischen verschiedenen Trikot-Schnitten wählen, bei Robben fällt die Wahl regelmäßig auf die körperbetonte Variante – sehr zur Freude seiner weiblichen Fans. Die wissen natürlich schon lange um das Geheimnis der hautengen Teile.

Und was ist das “Geheimnis”? Offenbar, dass das “hautenge Teil” besonders teuer ist, wie Bild.de detailliert erklärt:

Robbens kurzärmeliges Trikot, Modell “TechFit Limited Edition”, ist derzeit in Weiß für 149,95 Euro im Bayern-Fan-Shop erhältlich. Zum Vergleich: Ein normal geschnittenes Trikot kostet den Fan in Erwachsenen-Größe 79,95 Euro (kurzärmelig) bis 84,95 Euro (langärmelig).

Das dürfte neben den weiblichen Fans auch den Presserat interessieren, beantwortet aber immer noch nicht die Frage, warum Arjen Robben so enge Trikots trägt.

Aber keine Angst, das erklären die Servicejournalisten von Bild.de natürlich auch noch — auf ‘ne Art. Jedenfalls lassen sie dabei jemanden zu Wort kommen, der es wissen muss:

Was ist so besonders am “TechFit”-Modell?

“Das Gewebe ist hauteng geschnitten und sorgt für eine bessere Durchblutung der Muskulatur”, erklärte Adidas-Sprecher Oliver Brüggen “Bild am Sonntag”. Die enge Passform und die “TechFit mit Powerweb”-Technologie fördere durch Kompression die Körperwahrnehmung und erhöhe das Körperbewusstsein. Das bedeutet: Robbens Oberkörper bleibt nach dem Aufwärmen gut durchblutet, das Verletzungsrisiko sinkt. Dazu trägt er auf dem Platz körpernahe Funktionsunterwäsche. Die verstärkt den Effekt noch – den auf die Damen übrigens auch.

Und wenn die Damen das Dingen jetzt erwerben wollen, wissen sie auch, wo und zu welchem Preis.

Mit Dank an Pascal P., Christian G. und Mark G.

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