Talkshows, Sommerwetter, Schweinemethoden

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Je später der Abend”
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Stefan Niggemeier)
Zehn Vorschläge zur Verbesserung von TV-Talkshows: “Es ist an der Zeit für einen Gegentrend: die Reduktion auf das Wesentliche. Menschen, die miteinander reden. Was könnte fesselnder sein, als sich darauf zu konzentrieren: die Gesprächspartner, ihre Mimik und Gestik, ihre Reaktionen in Großaufnahme.”

2. “Warum der Brennpunkt gar kein Brennpunkt war”
(dwdl.de, Alexander Krei)
ARD-Chefredakteur Thomas Baumann begründet, warum die am Sonntag um 20:15 Uhr auf ARD außerplanmäßig einberufene Sendung zum aktuellen Sommerwetter kein “Brennpunkt”, sondern lediglich eine “Sondersendung” war. Siehe dazu auch “Zu Kopf gestiegen” (sueddeutsche.de, Matthias Kohlmaier).

3. “Mit Google kuscheln, vorläufig”
(taz.de, Daniel Bouhs)
Der Axel-Springer-Verlag war einer der treibenden Kräfte hinter dem ab dem 1. August geltenden Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Nun bemüht sich der Verlag per Opt-in aktiv darum, “mit seinen Inhalten weiterhin in den Angeboten von Google gelistet zu werden”. Siehe dazu auch “Mehrere Verlagshäuser verzichten auf Google News” (journalist.de, Wolfgang Lenders).

4. “Und jetzt noch ein Pulitzer-Preis für ‘Hörzu'”
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz kommentiert den Verkauf mehrerer Printprodukte durch den Axel-Springer-Verlag: “Und nur mal angenommen, Döpfner hätte nicht verkauft und irgendwann mal eines der Blätter schließen müssen – die Kommentare, dass da jemand alle Zeichen der Zeit verschlafen habe, kann man sich wunderbar ausmalen.” Siehe dazu auch “Axel Springer mistet aus – und alle jammern!?” (bwlzweinull.de, Matthias Schwenk) und “21st Century BILD” (carta.info, Wolfgang Michal).

5. “Darf man sich über Entlassungen bei ‘Bild’ und ‘BZ Berlin’ wirklich freuen?”
(newsroom.de, Bülend Ürük)
In einem “taz”-Kommentar mit dem Titel “50 Mitarbeiter entlassen: Kein Mitleid mit Springer!” schreibt Sebastian Heiser: “Natürlich gibt es auch bei diesen Blättern gute Journalisten, die mit sachkundigen Beiträgen Aufklärung im besten Sinne leisten. Es gibt aber auch die, die mit Schweinemethoden, mit Lügen, Erpressungen und Bestechungen an ihre Informationen aus der Welt der Kriminalität, der Prominenz oder des Rotlichts kommen. Es gibt die, die gegen alternative Lebensentwürfe hetzen, die Stimmung gegen Minderheiten machen, die bleiernen Konservatismus verbreiten oder in fremder Leute Privatsphäre eindringen. Die Arbeitslosigkeit dieser Kollegen ist ein Gewinn für die Stadt.”

6. “Der 23. Mann – Das harte Leben der Amateurschiedsrichter”
(ardmediathek.de, Video, 28:31 Minuten)
Eine Doku über Schiedsrichter im Berliner Amateur-Fußball.

Kopiertes & Peinliches

Vor ziemlich genau zwei Jahren ist auf Bild.de ein Artikel zu Googles “Street View” erschienen. Er beginnt so:

Googles “Street View” steckt voller Überraschungen. COMPUTER BILD nimmt Sie mit auf eine Entdeckungsreise und zeigt, was sich an Skurrilem, Lustigem und Verrücktem im Straßenbilderdienst verbirgt.

Heute ist ein neuer “Street View”-Artikel erschienen. Er beginnt so:

Google Street View steckt voller Überraschungen:   COMPUTER BILD nimmt Sie mit auf eine Entdeckungsreise und zeigt, was sich an Skurrilem, Lustigem und Verrücktem im Straßenbilderdienst verbirgt.

Auch den Rest des Textes hat Bild.de einfach aus dem älteren Artikel kopiert, ebenso wie einige der Fotos. Dieses hier ist allerdings neu:Kurioses & Peinliches - Google Street View: Die verrücktesten Bilder

In der Bildunterschrift heißt es:

Land in Sicht: Der Hafen der japanischen Stadt Hiagashimaecho ist bekannt für seine enge Einfahrt. Und dann muss man auch noch korrekt einparken … Das war zu viel für den Kapitän dieses Frachters

Dass der Name der Stadt falsch geschrieben ist, soll mal egal sein. Viel entscheidender ist: Das Schiff steht nicht etwa so da, weil der Kapitän zu blöd war — sondern weil der Hafen 2011 von einem Tsunami getroffen wurde.

Mit Dank an Heiko.

Alexis Tsipras, Wild Girls, Rivva

6 vor 9

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1. “Und willst du nicht mein Bruder sein”
(faz.net, Michael Martens)
FAZ-Korrespondent Michael Martens stellt das Tondokument eines Interviews mit Alexis Tsipras online, das nach der fünften Frage von Tsipras beendet wurde. Siehe dazu auch ein Interview mit Michael Martens (newsroom.de, Bülend Ürük).

2. “Leistungsschutzrecht: Rivva schaltet Snippets ab und verliert über 650 Zeitungen und Blogs”
(neunetz.com, Marcel Weiss)
Der Aggregator Rivva bereitet sich vor auf das am 1. August in Kraft tretende Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Marcel Weiss kommentiert: “Angebote wie Rivva werden niemals wieder alles relevante im deutschen Web abbilden können. Das deutsche Presseleistungsschutzrecht zerstört den wichtigsten Baustein für die Arbeitsteilung in der vernetzten Öffentlichkeit.”

3. “Werbung: Ja bitte – aber nicht so!”
(journal21.ch, Roger Anderegg)
Hunderttausende von Zeitungslesern werfen täglich “Berge unverlangter Reklame” weg, ohne sie überhaupt angesehen zu haben, glaubt Roger Anderegg. “Abgesehen natürlich von den Werbern und den Verlagsmanagern, die alles aufmerksam durchblättern, aber nicht etwa aus Kaufinteresse, sondern lediglich aus Marketinggründen. Dass das sonst kein Mensch tut, hat ihnen offenbar noch niemand gesagt.”

4. “What’s wrong with the Germans?”
(africasacountry.com, Thomas M. Blaser, englisch)
Soziologe Thomas M. Blaser denkt nach über die TV-Sendungen “Wild Girls” (RTL) und “Reality Queens” (ProSieben).

5. “Das Ende der Mangelmedien”
(haltungsturnen.de, Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach)
Mit dem Verkauf von Printprodukten durch den Springer-Verlag und der Vorstellung des Chromecast-Sticks sieht Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach ein Ende von Mangelmedien gekommen: “Diese Woche wird uns später als die Woche in Erinnerung bleiben, in der das Ende der Medien offensichtlich wurde, deren Modell darauf beruhte, dass Raum oder Zeit knapp und ein Mangel war.”

6. “Lebenshilfe vom Springer-Verlag: Entrümpeln lernen mit Dr. Döpfner”
(spiegel.de, Silke Burmester)
Silke Burmester lobt Mathias Döpfner für den Verkauf mehrerer Print-Titel. “Ich bin ja so eine, die auf dem Flohmarkt die Sachen, die sie schon zum Verkauf auf den Tisch gelegt hat, wieder einpackt. Weil ich denke: ‘Kann man noch gebrauchen.’ Oder: ‘Das hat Opa damals gemacht, das gehört doch irgendwie zur Familie.'”

Voll für’n Eimer

“Bild”-Sommerloch-Regel Nummer 1: Malle geht immer. Völlig wurscht, worum es geht, Hauptsache, es spielt auf “unserer Lieblingsinsel”.

Es begann vor einem Monat mit dem “‘Who is Who’ am Ballermann” und ging weiter mit Artikeln über das “Schampus-Verbot für Georgina”, das “Sing- und Sprechverbot” für Willi Herren, die “Unten-ohne-Panne bei Bachelor-Melanie”, die Flitterwochen von Olivia Jones’ Assistent und die neue Liebe von Micaela Schäfer. Dann noch mal Georgina (“als Djane gefeuert”), noch mal Frau Schäfer (Gastauftritt bei “Alarm für Cobra 11”), zwischendurch immer mal wieder “Bild”-Hampelmann Matze Knop, dann die “Lieblingsrestaurants der Promis”, dann ein “Bildplus”-Spezial zum “Universum Schinkenstraße”.

Als tatsächlich mal etwas halbwegs von Belang passierte, als nämlich ein “Nacht-Suff-Verbot” verhängt wurde, fuhr Bild.de gleich die dicken Geschütze auf: Das “Saufverbot am Ballermann” wurde mit mehreren Artikeln, einer Live-vor-Ort-Reportage, noch einer Live-vor-Ort-Reportage sowie einer Bilanz gewürdigt.

Doch so richtig zehren konnte “Bild” von diesen Skandälchen nicht. Die Aufregung, so sie denn überhaupt entstand, verpuffte zu schnell, um mehrere Tage lang darüber berichten zu können. Etwas Größeres musste her. Und es kam auch:  Politiker will unseren Ballermann dichtmachen!

Zwei “Bild”-Reporter hatten diese Schlagzeile von einem Treffen mit “Mallorcas wichtigstem Tourismus-Politiker” mitgebracht, dem Vize-Bürgermeister Álvaro Gijón. Er wolle den Ballermann “plattmachen”, heißt es in dem Artikel. “Luxus statt Sangria-Eimer”.

Bild.de fackelte nicht lange und erklärte die Aussagen Gijóns gleich mal zum “Angriff auf die deutsche Urlaubs-Seele”. Und “Bild” holte am nächsten Tag zum Gegenschlag aus:
hier kämpft der König von Mallorca um unseren Ballermann

Wenn einer unseren Ballermann retten kann, dann ER!

[…] In seiner politischen Mission besucht Ballermann-Retter Drews gestern Nachmittag in roter Königsrobe den Strand von Arenal. Das Gespräch mit dem verärgerten Partyvolk suchen.

“Bild” war natürlich mit von der Partie und hat alles fleißig dokumentiert. Im Artikel (und im Video und in der Klickstrecke) fordert  Jürgen Drews den Politiker dazu auf, seine Pläne zu überdenken. Nebenbei erwähnt er noch kurz, wie sein neues Lied heißt.

Das “verärgerte Partyvolk” posiert mit Riesenstrohhalm und “Bild”-Zeitung und sagt Dinge wie: “Nur weil wir hier mal einen Tag Wodka-Maracuja aus einem Eimer trinken, sind wir ja nicht gleich unzivilisierte Menschen.”

Auch andere “Ballermann-Stars” folgten der “Bild”-Zeitung in den Kampf gegen die Politikerpläne, Sänger Tim Toupet etwa schlug in feinster “Bild”-Manier vor, der “Vize-Heini” solle sich “doch in Griechenland bewerben, da passt er hin.”

Bild.de kramte unterdessen wehmütig im Fotoalbum, stellte die “schönsten Ballermann-Bilder” zusammen und fragte: “Soll es DAS alles etwa nicht mehr geben?”

So wäre es wahrscheinlich noch ein paar Tage weitergegangen. Vielleicht hätte sich Heino noch eingeschaltet, vielleicht hätte Franz Josef Wagner dem “lieben Ballermann” einen Abschiedsbrief gewidmet, wer weiß. Doch dazu kam es nicht, denn wie sich wenig später herausstellte, hatte der der Tourismus-Politiker in Wahrheit niemals vor, “unseren” Ballermann dichtzumachen.

Am Mittwoch sagte er der “Mallorca Zeitung” (auch bei 6 vor 9 verlinkt), seine Aussagen seien von den “Bild”-Reportern “völlig verdreht” worden. Von einer Abschaffung des Ballermann “könne keine Rede sein.”

Er habe lediglich betont, dass auch Paare, Familien und Senioren ein Recht hätten, ihren Urlaub in dem beliebten Touristenort ungestört verbringen zu können. Ziel sei es, den Anteil kaufkräftiger Urlauber, die das ganze Jahr über auf die Insel kommen, anzuheben. Trotzdem: “Die Playa ist für alle da”.

Aber kein Problem für die Leute von “Bild”. Die haben sich nämlich schon längst dem nächsten Skandal zugewandt:So machen Rocker Millionen auf Mallorca!

Malle geht eben immer.

ORF, Zenith, Implosion

6 vor 9

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1. “Der erfundene Zeuge”
(falter.at, Wolfgang Zwander)
Verschiedene österreichische Medien übernehmen Vorwürfe der “Kärntner Woche” gegen den Landeshauptmann von Kärnten, Peter Kaiser. “Wirklich unangenehm für den Landeschef ist allerdings vor allem, dass vom ORF abwärts alle relevanten Medien des Landes einen Bericht übernahmen, der schlicht falsch war. Und dass Journalisten lieber ihren Souffleuren aus den Parteien glaubten als den Fakten und Originaldokumenten. Eine Durchsicht der Polizeiakten zeigt nämlich: den besagten Zeugen, der Kaiser angeblich belastete, hat es nie gegeben.”

2. “ORF retuschiert Logos der Konkurrenz weg”
(kobuk.at, Teresa Hammerl)
Die ORF-Nachrichtensendung “Zeit im Bild” entfernt auf einem Bild zur Ankündigung eines Beitrags die Schriftzüge der Mikrofone von Konkurrenzsendern. Die Pressestelle bedauert auf Anfrage “die individuelle Fehlleistung eines Mitarbeiters”: “Aufgrund des sehr engen Zeitkorsetts konnte das Hintergrundbild inhaltlich-redaktionell nicht mehr kontrolliert werden.”

3. “Wie ein Orientmagazin Ziel türkischer Hacker wurde”
(welt.de, Iris Alanyali)
Die Website des Orientmagazins “Zenith” wird angegriffen, nachdem die aktuelle Ausgabe eine fiktive Karte Kurdistans auf dem Titelbild zeigt. Ein Interview mit Chefredakteur Daniel Gerlach.

4. “Springer wird radikal digital”
(wiwo.de, Franziska Bluhm)
Der Axel-Springer-Verlag verkauft mehrere Traditionsblätter an die Funke Mediengruppe (vormals WAZ Mediengruppe): “Der Verkauf der Titel ist vor allem eins: konsequent. Er zeigt, wie ernst es der Konzern, der sich bereits in den vergangenen Jahren von einem klassischen Verlag zu einem Medienhaus gewandelt hat, mit der Digitalisierung meint.”

5. “Springer, Funke und das Schlimmste, das noch kommt”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer sieht den Verkauf als “die Implosion einer Branche, mit deren Produkten wir täglich Kontakt haben, deren Arbeit wichtig sein könnte für die Gesellschaft. Und an deren Ende auch unsere Städte ganz anders aussehen, unser Alltagsleben sich verändern könnte.”

6. “Rette sich wer kann! Was jeder Journalist aus der Print-Amputation bei Springer lernen sollte”
(lousypennies.de, Karsten Lohmeyer)
Karsten Lohmeyer schreibt: “Im Rückblick werden Wirtschaftshistoriker vermutlich jenen 25. Juli 2013 als den entscheidenden Punkt definieren, an dem Springer-Vorstandschef Döpfner den Grundstein für sein Medienhaus der Zukunft gelegt hat – ohne den Ballast von Print-Produkten abseits von Bild und Welt. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem man noch eine knappe Milliarde dafür erlösen konnte. Selbst wenn man 260 Millionen davon quasi als Kredit an die Funke-Gruppe vergab.” Siehe dazu auch “Hat die Funke Mediengruppe sich da ein Ei gelegt?”, ein Interview mit Steffen Grimberg auf Deutschlandradio Kultur.

Jochen Wegner, George of Cambridge, Bushido

6 vor 9

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1. “‘Wir ignorieren die Tricks der Branche'”
(meedia.de, Alexander Becker und Christian Meier)
Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit.de, im Interview: “Wir ignorieren die Tricks der Branche, um Reichweite künstlich zu steigern. Das so genannte Republishing etwa, also das mehrfache Veröffentlichen identischer Inhalte mit neuem Zeitstempel auf Google News, praktizieren wir nicht – das ist eine Irreführung der Leser und ihre Degradierung zu Klickvieh.”

2. “Journalismus zum Abgewöhnen”
(darangehtdieweltzugrunde.net, Max)
Max ärgert sich über ein auf Zeit.de veröffentlichtes, “gehaltloses und schlichtweg provokantes Interview zur Frauenfußball-EM in Schweden mit Nationalspielerin Annike Krahn”. “Kaum auszudenken, wie viele negativ konnotierte Fragen die Sören Maunzes dieser Nation noch für die Mannschaft parat hätten, ohne auch nur eine menschliche oder freundliche Frage einzuschieben. Manch einer mag diese hier dargestellte Form von Journalismus effizient nennen. Ich empfinde sie als takt- und respektlos gegenüber dem jeweiligen Gesprächspartner.” In den Kommentaren reagiert Sören Maunz.

3. “Jobs und Vielfalt erhalten”
(djv.de)
Der Deutsche Journalisten-Verband DJV fordert den Axel-Springer-Verlag dazu auf, die angekündigten “Umstrukturierungen bei BILD und B.Z. ohne einen Abbau journalistischer Arbeitsplätze durchzuführen”.

4. “Five dirty words journalists must learn to say without blushing”
(ijnet.org, James Breiner, englisch)
Fünf schmutzige Wörter sollten Journalisten aussprechen können, ohne zu erröten, findet James Breiner. Und zwar Business, Profit, Marketing, Customer und Client.

5. “BBC News, Royal Baby coverage, July 2013”
(bbc.co.uk, englisch)
BBC News nimmt Stellung zur Beschwerde einiger Zuschauer, zu ausführlich sowie voreingenommen zugunsten der Monarchie über die Geburt von George of Cambridge berichtet zu haben.

6. “Im Spiegel der anderen”
(taz.de, Ulrich Gutmair)
Ulrich Gutmair schreibt über Bushido: “Es ist schwer erträglich, Bushido dabei zuzuhören, wie er Todesdrohungen ausstößt, auch wenn sie nur symbolisch gemeint sind. Zugleich scheint diese Form Gangstarap, die aufs Geschichtenerzählen ganz verzichtet und nur noch Drohungen aneinanderreiht, aber auch die künstlerische Form zu sein, die adäquat den Zustand der Musikindustrie spiegelt. Bushidos Label Ersguterjunge verfolgt unnachgiebig Teenager per Abmahnung, die sich Titel von Bushido oder Fler aus dem Netz gezogen haben.”

Ballermann, Stadtschreier, Jugendliche

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1. “Bild-Kampagne: Vize-Bürgermeister Gijón dementiert Ballermann-Aus”
(mallorcazeitung.es)
“Politiker will unseren Ballermann dichtmachen”, so die “Bild”-Titelschlagzeile am Montag. “‘Meine Aussagen wurden völlig verdreht’, so der Politiker der konservativen Volkspartei (PP) am Dienstag (23.7.) gegenüber der Mallorca Zeitung.”

2. “8 Spielregeln für einen fairen Umgang mit der Gegenseite”
(journalist.de, Marcus Lindemann)
Marcus Lindemann schlägt Spielregeln vor im Umgang mit dem Objekt der Berichterstattung: “Dass Journalisten häufig berichten, obwohl sie die Gegenseite nicht angehört haben, liegt an vermeintlichem Zeitdruck, an Bequemlichkeit und auch an einigen Missverständnissen, die zu einer Angst vor dieser Konfrontation führen: Die Geschichte könnte kaputtgehen, die Gegenseite könnte sich wehren, auch juristisch.”

3. “Ein Heuhaufen voller Stecknadeln”
(theeuropean.de, Klaudia Wick)
Wer nach langer Abstinenz den Fernseher an einem x-beliebigen Abend einschalte, lande oft in dahinplätschernden Regelprogrammen, schreibt Klaudia Wick: “Natürlich ist das dann enttäuschend!”

4. “Stadtschreier und Bote statt Twitter und Facebook”
(dradio.de, Burkhard Müller-Ullrich)
Das ausführliche Nichtssagen der Medien zur Geburt des Prince of Cambridge: “Die britischen Fernsehmoderatoren haben qualvolle Tage hinter sich, in denen sie dauernd über die Nichtfortschritte des Geburtsvorgangs reden mussten, ohne dass es irgendetwas Neues zu berichten gab. Jeder kennt diese diskursiven Endlosschleifen und wünscht sich manchmal den Town Crier zurück, denn der verkündete Wesentliches und das kurz.”

5. “Von Besserwissern und Märchenonkeln”
(wissen.dradio.de, Audio, 75 Minuten)
Wissenschaftsjournalisten reden über den Zustand des Wissenschaftsjournalismus.

6. “Kritik der Medienkritik”
(nzz.ch, Philippe Weber und Andreas Pfister)
Wie Jugendliche Medien wahrnehmen, aus der Sicht zweier an der Kantonsschule Zug unterrichtenden Lehrer: “Auffallend ist an diesen kritischen Erzählungen, dass die Jugendlichen klassische Massenmedien, digitale Angebote und soziale Netzwerke oft im gleichen Zug nennen.”

Royal Baby, Chris Froome, Sommerloch

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1. “Schmutzige Geschichten gibt’s gratis”
(taz.de, Mats Schönauer)
Mats Schönauer analysiert die ersten sechs Wochen von “Bild Plus”: “Titten, Tratsch und Trash. Dazu eine gute Ladung Fußball und irgendein Promi in irgendeinem Krisengebiet – im Kern hat sich also nichts geändert. Nur dass man jetzt dafür zahlen muss, wenn man die Zeichnungen aus den ‘Jammerbriefen’ von Beate Zschäpe sehen will. Oder das Video, in dem Polizisten einen Mann krankenhausreif prügeln.”

2. “Basiswissen Journalismus: Presserecht für Journalisten und Blogger”
(upload-magazin.de, Thomas Schwenke)
Rechtsanwalt Thomas Schwenke hat einen bereits 2007 veröffentlichten, langen Beitrag über das Presserecht überarbeitet.

3. “Royal baby frenzy: ‘I’ve never seen so many cameras'”
(guardian.co.uk, Peter Walker, englisch)
Vor dem St Mary’s Hospital in London hielten sich gestern Massen von Medienschaffenden auf: “In lieu of updates, the handful of union flag-bedecked, self-appointed royal superfans faced occasional queues to be interviewed.”

4. “Blenden Sie das Royal Baby aus”
(spiegel.de, ore)
Guardian.co.uk ermöglicht es seinen Lesern, die Berichterstattung über eine Geburt im britischen Königshaus auszublenden: “Auf der Startseite der linksliberalen Zeitung prangen ein Dutzend Artikel rund um die Geburt des potentiellen Thronfolgers. Doch mit einem Klick lässt sich die Hofberichterstattung abschalten – es bleiben Nachrichten für die Freunde von Demokratie und Aufklärung.”

5. “Stigma in Gelb”
(ad-sinistram.blogspot.de)
Die Medien über den Tour-de-France-Sieg von Chris Froome: “Kann sein, dass Froome gedopt hat. Nur warum spricht man schon jetzt von Doping, obgleich es keine Beweise außer die sportliche Leistung des Athleten dafür gibt? Die Unschuldsvermutung im Radsport erstickt an einem paranoiden Zeitgeist, der hinter jedem Parforceritt Doping wittert. Eine Presse, die kritischen Bericht mit der Bedienung von Spekulation und generellen Argwohn verwechselt, kommt über den Status gut bezahlter Tratsch- und Waschweiber nicht hinaus.” Siehe dazu auch ein Pro und Contra von TV-Kommentator Andreas Schulz: “Zu schön, um wahr zu sein?” (de.eurosport.yahoo.com).

6. “Endlich Sommerloch: Regierung setzt Krokodil im Rhein aus, um von Skandalen abzulenken”
(der-postillon.com)

Vorabendprogramm, Woche der Frau, Bushido

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1. “Sind die noch zu retten?”
(topfvollgold.de, Mats Schoenauer)
Eine Gegendarstellung von Günther Jauch auf der Titelseite der “Woche der Frau”.

2. “Wer wirbt wo für was?”
(fernsehkritik.tv, Video, ca. 6 Minuten)
Das deutsche TV-Vorabendprogramm: Welche Werbungen auf welchen Sendern laufen.

3. “Medien: Je wichtiger der Job, desto weniger Frauen haben ihn”
(diestandard.at)
“Die Standard” fasst den Bericht “Advancing gender equality in decision-making in media organisations” (eige.europa.eu, PDF-Datei, englisch) zusammen: “Das EIGE gibt angesichts dieses Verhältnisses zu bedenken, dass Medien eine wesentliche Rolle in der Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit spielen. Sie würden soziokulturelle Muster nicht nur abbilden, sondern diese auch gestalten, und seien damit ein mächtiger Akteur, der die öffentliche Meinung beeinflusse. Daher seien gerade in diesem Bereich Veränderungen besonders wichtig.”

4. “Bei ‘Heute’ riecht es verdächtig nach Fast Food”
(kobuk.at, Doris Unterrainer)
Die Firma McDonald’s im redaktionellen Teil der Tageszeitung “Heute”.

5. “Experten: ‘Bushido sät nur Gewalt – und die Medien helfen ihm'”
(newsroom.de, Bülend Ürük)
Bülend Ürük befragt Franco Clemens und Frank Überall zu Bushido. Überall: “Der mediale Terrorist ist Bushido selbst, aber man kann durchaus sagen, dass sich Journalistinnen und Journalisten durch unreflektierte Berichterstattung zuweilen zu Mithelfern machen.”

6. “Das Bundesverteidigungsministerium klagt uns an: Wir haben Geheimes veröffentlicht”
(derwesten-recherche.org, David Schraven)
Eine Klage des Bundesministeriums der Verteidigung wegen Veröffentlichung von als geheim klassifizierten Dokumenten. “Nur die Veröffentlichung aller vorliegenden VS-gestempelten Papiere im Internet ermöglicht es, die jahrelange Verharmlosung des Afghanistankrieges zu dokumentieren. Und damit auch schließlich die Bundesregierung zu zwingen, die Wahrheit zu sagen und mit der Schönfärberei aufzuhören.”

Projekt: Spracherkennung

Der “Spiegel” berichtet in seiner morgen erscheinenden Ausgabe darüber, dass ein Spähprogramm der NSA auch vom deutschen Geheimdienst eingesetzt werde. “XKeyscore” heiße die Software, schreibt das Magazin in seiner Vorabmeldung.

Viele deutsche Medien berichteten heute über den Artikel. Dummerweise hat gestern ein Journalist einer Nachrichtenagentur die Anführungsstriche falsch gesetzt und aus der Software “XKeyscore” versehentlich “XKeyscorewerde” gemacht. Eigentlich ein kleiner Flüchtigkeitsfehler.

Andererseits:

FAZ.net:

Deutsche Verfassungsschützer testen derzeit eine Software des amerikanischen Geheimdienstes. Laut einem Medienbericht handelt es sich um das Programm “XKeyscorewerde”.

Bild.de:

Mit dem Spionagewerkzeug namens “XKeyscorewerde” werde ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe, schreibt der “Spiegel”.

sueddeutsche.de:

Den geheimen Unterlagen zufolge, die dem Spiegel vorliegen sollen, wird mit der Spähsoftware namens “XKeyscorewerde” ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

vox.de:

Mit dem Spionagewerkzeug namens ‘XKeyscorewerde’ werde ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

ksta.de:

Mit dem Spionagewerkzeug namens “XKeyscorewerde” werde ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

rtl.de:

Mit dem Spionagewerkzeug namens ‘XKeyscorewerde’ werde ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

dw.de:

Demnach wird mit der Spähsoftware namens “XKeyscorewerde” ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

“RP-Online”:

Das Programm “XKeyscorewerde” werde bislang lediglich getestet, aber nicht im großen Umfang eingesetzt, heißt es vom Verfassungsschutz.

Handelsblatt.com:

Demnach wird mit der Spähsoftware namens “XKeyscorewerde” ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

welt.de:

Demnach wird mit der Spähsoftware “XKeyscorewerde” ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

Offenbar geht der Fehler auf zwei Meldungen von Reuters zurück, in denen die Nachrichtenagentur gestern geschrieben hatte:

Mit dem Spionagewerkzeug namens “XKeyscorewerde” werde ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

Und später:

Demnach wird mit der Spähsoftware namens “XKeyscorewerde” ein großer Teil der Datensätze aus Deutschland erfasst, auf die die NSA Zugriff habe.

Heute schreibt Reuters den Namen der Software wieder richtig. Eine offizielle Korrektur gab es aber offensichtlich nicht.

Bei FAZ.net haben sie den Fehler dennoch bemerkt und inzwischen korrigiert. Alle anderen Medien schreiben immer noch, die Software hieße “XKeyscorewerde”. Was selbst bei den oft etwas seltsamen Bezeichnungen amerikanischer Militär- und Geheimdienstprojekte ein außergewöhnlich bekloppter Name wäre.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Nachtrag, 23. Juli: Kurz nach Erscheinen unseres Eintrags hat sueddeutsche.de den Fehler transparent korrigiert. Alle anderen Medien haben es heimlich gemacht. Bis auf rtl.de, wo immer noch der falsche Name steht.

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