Suchergebnisse für ‘bild islam’

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Der Weg zum neuen Blick
(blick.ch/derscheffblog, Bernhard Weissberg)
“Mit der Tür ins Haus, mit den News gleich zum Start: Ja, der Blick wechselt zurück zum Einbundkonzept. Ja, der Sport beginnt von hinten. Und ja, der Sport steht, wörtlich, Kopf. Uff, jetzt ist es draussen. Es? Nun, das, was jeder sofort sieht, wenn er den neuen Blick am 5. März in die Hände bekommt.”

David Weinberger über die neue digitale Unordnung und Wahlkampf im Internet-Zeitalter
(elektrischer-reporter.de, Mario Sixtus, Video, 14:06 Minuten)
Für den Netz-Philosophen David Weinberger ist das vermeintliche digitale Chaos die große Chance, alte Zöpfe unserer Vorstellungswelt zu entsorgen: das Entweder-Oder-Prinzip beispielsweise.

“Ich vermute, dass Springer genervt ist von uns”
(readers-edition.de, Felix Kubach)
Stefan Niggemeier, zusammen mit Christoph Schultheis Betreiber des ?Bild?-kritischen Portals bildblog.de, spricht im Interview über das von der Axel Springer AG gegen ihn geplante Verbot, weiterhin Eingaben an den Presserat zu richten (bislang 12), über das zweifelhafte Hamburger Gerichtsurteil bezüglich des Moderierens von Kommentaren und über seinen Streit mit Henryk M. Broder.

Wie der Verleger Axel Springer einmal beinahe seine Welt verloren hat
(faz.net, Hans-Peter Schwarz)
Anfang der siebziger Jahre stand der Springer-Verlag auf der Kippe: Die Verluste der ?Welt? wurden immer größer. Axel Springer war kurz davor, die “Welt” an die F.A.Z. zu verkaufen. Wir drucken Auszüge aus einer neuen Springer-Biographie des Historikers Hans-Peter Schwarz.

“Wir bloggen, weil wir glauben”
(zuender.zeit.de, Simon Columbus)
Seit einem Jahr sitzt der ägyptische Blogger Kareem Amer im Gefängnis, weil er den Islam beleidigt hat.

Das Ende der Flash-Freiheit
(taz.de, Ben Schwan)
Internet-Videos bei YouTube und Co. kann derzeit jeder anlegen und online stellen. Das könnte sich ändern: Flash-Hersteller Adobe plant ein Rechtemanagement.

Mindesthohn


Sascha Lobo, 32, ist Autor, Kommunikationsstratege, Werber, Blogger, Berufs- und Freizeitprovokateur und gilt als Erfinder des kommentierbaren Kommentarlogs (Klog) sowie des Frisuren-Buchmarketings. Er ist Inoffizieller Mitarbeiter der “Zentralen Intelligenz Agentur” (ZIA) und Autor des Weblogs “Riesenmaschine”, das 2006 mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet wurde. Gemeinsam mit Holm Friebe schrieb er das Buch “Wir nennen es Arbeit”; zusammen mit Katrin Passig schiebt er gerade ein Buch über die Kunst der Prokrastination auf, das 2008 bei Rowohlt erscheinen soll. In diesem Jahr gründete er mit Tanja Kreitschmann, Max Winde und Johnny Haeusler das Blog-Netzwerk “adical”, das auch BILDblog.de vermarktet.

Von Sascha Lobo

Ich lese BILDblog nicht. Ich kann und will BILDblog nicht lesen. Das hat ganz praktische Gründe, ich bin nämlich mit den Machern befreundet und möchte es auch bleiben. Und die Art, wie BILDblog an die Fehler und die ideologische Verbrämung von Tatsachen durch die “Bild”-Zeitung herangeht, ertrage ich nicht. Sicher ist es dringend notwendig, dass jemand penibel aufschreibt, was dort für mediale Vergewaltigungen der Realität begangen werden und dabei um Gottes Willen nicht emotional wird. Ich kann das nicht, mir kommt es so vor, als stehe jemand direkt neben einem Gewaltverbrechen und schreibt präzise den Tathergang mit.

So geschehen bei der “Bild”-Kampagne gegen den Mindestlohn: Die angebliche “Stimme des Volkes” (Eigenwerbung) feuert seit vielen Wochen aus allen Abflussrohren dagegen. Das Mutterhaus, die Axel Springer AG, ist ja mit über 70 Prozent Anteilseigner an der PIN-AG, dem grössten privaten Postdienstleister, der sein Geschäftsmodell auf Niedrigstlöhnen aufgebaut hat. Aus dieser Konstellation ergibt sich eine Reihe von Punkten, die bei aufgeklärten Menschen etwa die Übelkeit auslösen sollten, die einen beim Hyperventilieren neben einer Jauchegrube überfällt.

Zum Beispiel wurde erwartungsgemäß in der “Bild”-Berichterstattung die Interessenverquickung des Verlages lange lautestmöglich verschwiegen. Interessanter aber die Kehrtwendung, die “Bild” in diesem Punkt vollzogen hat: Irgendwann im Jahr 2007 dürfte eine SMS geschickt worden sein mit dem Inhalt “Lieber Kai, ab jetzt seid ihr gegen Mindestlohn. Deine Friede.” “Bild” hat sich nämlich noch vor einem Jahr exakt gegenteilig echauffiert — mit dem Artikel “Die Tabelle der Schande — Von diesen Hungerlöhnen soll man leben” aus dem Dezember 2006:

Dort aufgeführt sind in der Tat lachhafte Stundenlöhne von 3,05 Euro bis 5,73 Euro. Die Springer’sche PIN-AG zahlt laut “Report aus Mainz” Stundenlöhne unterhalb von 4,50 Euro — vor einem Jahr hätte “Bild” also den eigenen Konzern mitten auf die Liste der Schande setzen müssen, irgendwo zwischen sächsische Gebäudereiniger und thüringer Floristen.

Das Bild von jemandem, der Wein trinkt und Wasser predigt, reicht nicht aus, um zu beschreiben, was Kai Diekmann — Gehalt über eine Million Euro im Jahr — tut, wenn er seine Redaktion in den letzten Wochen mit mehr als zwanzig Artikeln von “Bild” selbst so genannte Löhne der Schande angreifen lässt. Dagegen, liebe BILDblogger für alle Tage, könnte ich nicht sachliche Aufklärung und entlarvende Dokumentation setzen, sondern Wut und Zorn, zwei wichtige emotionale Instrumente, die leider von Nazis und Islamisten missbraucht werden. Ich würde mit Beschimpfungen und Herabwürdigungen bis an die Grenze der Legalität gehen wollen und eine ordentliche, schleimgrüne Aule auf die andere Seite spucken. Und ich würde mich gleichzeitig freuen und übergeben, wenn endlich einer der vielen Kämpfer gegen den Mindestlohn seine echte, ungefilterte Meinung über dieses Thema sagt: “Ich bin gegen den Mindestlohn, weil ich den ungebildeten Pöbel verachte und weil mir die Rendite wichtiger ist als das Leid derjenigen, die für eine knappe 60-Stunden-Woche 800 Euro brutto verdienen. Früher wäre ich bestimmt adelig gewesen.” Und wer in Bigotterie, Tatsachenverdrehung und künstlichen Realitäten derart geübt ist wie “Bild”, wird sicher auch das mit der Position als “Stimme des Volkes” in Einklang bringen können.

 
BILDblogger für einen Tag ist morgen hoi polloi.

  

Schlecht gelaunter Faust am Montagmorgen

Ein Gastbeitrag von Nils Minkmar

Kai Diekmann ist berühmt, reich, hat eine nette Familie und macht einen Job, der schon ganz andere verschlissen hat. Wann also schreibt der Mann ein Buch? Und vor allem: Warum?

So lassen sich die Reaktionen der versammelten Buchbranche auf die Verlagsankündigung zusammenfassen. Nicht dass man es Diekmann nicht zugetraut hätte; man hatte ihn bloß für so schlau gehalten, sich nicht aus der Deckung seiner Boulevardzeitung von monströsen Ausmaßen heraus zu bewegen. Schließlich gehört zum “Bild”-Mythos, dass man wenig über ihre Macher weiß, dass man nie weiß: Spaß oder Ernst, Schlamperei oder Zynismus, Chaos oder Kampagne? Ist es da wirklich von Vorteil, ins eindeutige, uncoole Sachbuchfach zu wechseln? Mutig geht Diekmann ins Offene, doch die Jahre bei “Bild” bleiben nicht ohne Wirkung: Überall, wo er hinsieht, hindenkt, ist “Bild” schon da, er dreht sich permanent im Kreis, wie Rilkes Panther, den es in eine Manege verschlagen hätte.

“Der große Selbstbetrug” ist schon ein verräterischer Titel. Man hätte das Buch auch “Die bösen 68er “oder “Was ich immer schon mal sagen wollte” nennen können, so aber ist Diekmann damit gar nicht ausgenommen: Er ist zugleich Betrüger und Betrogener, beides empfindet er als einen Skandal und nimmt Verfolgung auf. Der Leser muss dann den Nacken bewegen wie die Zuschauer in Wimbledon, es geht hin und her, aber es bleibt doch nur die Bewegung eines einsamen Chefs beim Monologisieren. Sein Blick fällt aus einem oberen Stockwerk auf das Land, die Leute, das eigene Leben und — nichts stimmt.

Wem fallen dazu nicht noch mehr Beispiele ein?

Es ist ein Hadern mit der Welt von Faustischen Dimensionen, das sich streckenweise aber liest wie das Geschimpfe im Büro am Montagmorgen: Die Leute zu neugierig oder zu stumpf, die Deutschen wie der Michel verpennt oder laut und verzogen, und alle beklagen sich immerzu, dabei geht es uns doch so gut wie nie. So gut wie nie? Alles Selbstverblendung, denn die Familien sind kaputt, die Kirchen leer, die Schulen schlecht. In Wahrheit wird alles immer schlechter. Immer schlechter? Das wollen uns die deprimierenden Umweltfreaks weismachen, die keine Freude am Leben und am Luxus haben. Luxus? Alle denken nur noch an den schnellen Euro, vornedran die Politiker und Wirtschaftsbosse, dass der kleine Mann immer weniger in der Tasche hat, kümmert sie nicht. Kümmern? Der Staat und die Medien schränken unsere persönliche Freiheit immer mehr ein, schon muss man sich im Auto anschnallen und den Hundedreck einsammeln. Hunde sind den Deutschen eh lieber als Kinder, die einzigen, die das anders sehen sind die Nichtdeutschen, die Ausländer, die Araber etwa haben viele Kinder und hassen Hunde, aber, hah, der Islam in Deutschland… so geht das Seite um Seite. Wenn man all diese Tiraden zusammenzufassen wollte, bräuchte nur eine einzige Gleichung auf seinen Block zu kritzeln: “Deutschland = Absurdistan”. Darauf kann man alles reduzieren, dann kann es wieder weitergehen, denn wem fallen dazu nicht noch mehr Beispiele ein? Schließlich ist das ganze Leben ja absurd.

Vom Genre her soll der “Selbstbetrug” aber kein existentialistischer Monolog eines um sich selbst kreisenden Mannes in der Lebensmitte sein, sondern ein Buch über Deutschland. Es reiht sich ein in eine Folge in den letzten Jahren erschienener Titel, in denen es den Autoren jeweils um eine Klärung ihres Verhältnisses zu ihrer Heimat, aber auch um eine Begutachtung der deutschen Lande ging. Mathias Matussek hat das in “Wir Deutschen” versucht, Roger Willemsen und Wolfgang Büscher haben sich persönlich auf die Reise gemacht, Experten wie Hans Werner Sinn oder Meinhard Miegel haben von ihren extensiven Studien profitiert.

Bei Diekmann aber wirkt die Liebe zum Land, die Sorge um seine Leute bloß behauptet. Der “Selbstbetrug” ist kein konservatives Buch, denn es fehlt ihm die Liebe zum Gegenstand. Wer Deutschland nicht kennt, wird nach der Lektüre jedenfalls nicht inspiriert, das Land nach vorne zu bringen. Nirgends beschreibt er es auf originelle Weise, nirgends spürt man wirkliche Neugier, es fehlt jegliche Erfahrung, es fehlen Menschen in diesem Buch. Sicher, der “Bild”-Chef kennt halb Deutschland, und zwar nicht unbedingt aus der vorteilshaftesten Perspektive. Er weiß um die Versuche, in sein Blatt zu kommen, und die entsprechenden Scheinheiligkeiten. In seinen Schubladen landen Fotos, die keiner sehen darf, er weiß vermutlich einfach zu viel und hat, wie einst John Lennon, von Leuten die Nase voll.

Schade, denn was könnte Diekmanns Leben, sein Alltag, für ein Buch über Deutschland abgeben?

Stattdessen dieses Recycling tausendmal gehörter Argumente gegen Multikulti und Windkrafträder. Das Problem des Standpunktes, von dem aus diese ganzen Thesen vorgetragen werden, erweist sich im Laufe der Lektüre immer gravierender. Denn Diekmann hat keine Verbesserungsvorschläge zu machen, sein Furor richtet sich ja, sobald er einmal in der Welt ist, wieder gegen sich selbst. Das Buch braucht aber ein Gegenüber, einen Antagonisten. Da Diekmann nicht auf Aliens rekurrieren kann und nicht die Ausländer anklagen möchte, braucht er eine andere, weit entfernte Spezies, das sind dann halt “die Achtundsechziger”. Sie sind natürlich die ganze Generation — unabhängig von der Frage, ob damals nicht etwa auch der RCDS oder die Burschenschaftler auch noch da existierten.

Ist Dieter Bohlen ein Vorbild in puncto Familiensinn?

Wer zufällig solche von damals kennt, solche Achtundsechziger, kann nur staunen, welche fulminante Macht Diekmann ihnen zuschreibt: Wirtschaft, Forschung, Religion und Familie haben sie gleichzeitig erledigt. In Wahrheit waren sie damals froh, Miete zahlen zu können und ihre klapprigen Autos im Griff zu behalten — die Diekmannschen Projektionen sind schlicht lächerlich, er kennt auch gar keine Achtundsechziger. Umso leichter schreibt er ihnen alles und das Gegenteil zu, und doof sahen sie außerdem aus. Na, sie werden sich ja gegen ihn auch kaum wehren. Denn wo sind die Achtundsechziger heute? Fröhlich in Rente, einen würdigen Gegner geben sie nicht mehr ab. Aber den braucht es nicht. Diekmann will gar nicht wirklich kämpfen, sondern klagen — unter anderem dagegen, dass so viele immer klagen.

So trifft der Diekmannsche Furor vor allem ihn selbst, er und die “Bild” kommen aus diesen Rundumschlägen grün und blau hervor. Oder ist Dieter Bohlen, der dank “Bild” weit größeren Einfluss auf die heutigen Deutschen hat, als ihn ein Rainer Kunzelmann auch zu seiner Zeit vor vierzig Jahren je hatte — ein solches Vorbild in puncto Familiensinn und christliche Werte? Und das Comeback Oskar Lafontaines, welches Diekmann so wortreich beklagt und analysiert — wäre es denkbar gewesen ohne das Massenmedium “Bild”, das ihn in den Zeiten seiner völligen politischen Isolation Woche für Woche zu Wort kommen ließ?

Diekmann kennt die Antworten besser als jeder andere, und das macht ihn nicht gerade glücklicher. Das Buch ist sein langer Seufzer, ein Zeugnis der Krise. Es würde nicht überraschen, wenn ein zweites Buch folgte, anknüpfend an einen Erfolgstitel, irgendwas mit “Ich bin dann mal im großen Selbstverlust, wie wir pilgernd hinter Klostermauern das Glück finden.”

Nils Minkmar, 40, ist Redakteur im Feuilleton der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Er besuchte Pierre Bourdieus Doktorandenseminar, promovierte in Neuer Geschichte mit einer Arbeit über Ehrenkonflikte im frühneuzeitlichen Colmar und arbeitet seit vielen Jahren an einer mehrbändigen Jodie-Foster-Biographie.

Iranisch für Anfänger

Seit vergangenem Samstag ist bekannt, dass der deutsch-iranische Fußballspieler Ashkan Dejagah nicht am Spiel der U21-Nationalmannschaft gegen Israel teilnehmen will (wir berichteten). Die “Bild”-Zeitung hat die Zeit nicht genutzt, sich ein wenig sachkundig zu machen.

“Bild”-Mitarbeiter Karl Wendl beschäftigt sich in seiner aktuellen Kolumne “Wendls Welt” auf Bild.de mit dem, was er Dejagahs “privaten Judenboykott” nennt und kommt zu dem Fazit:

Natürlich steht es jedem Zuwanderer frei, die Staatsbürgerschaft seines Heimatlandes zu behalten. Vielleicht wird Dejagah im Iran auch seinen Militärdienst ableisten, um nur ja nicht die iranische Staatsbürgerschaft zu verlieren.

Ob in seinem Fall jedoch irgendeine Loyalität zu Deutschland besteht, ist mehr als zweifelhaft.

Das ist grob irreführend. Iranern steht es in der Regel nicht “frei”, die iranische Staatsbürgerschaft zu behalten, sie haben keine andere Wahl. Der Iran entlässt seine Bürger nämlich fast nie aus dieser Staatsbürgerschaft, auch wenn sie es möchten. Genau deshalb können sie in Deutschland aufgrund von Paragraph 12 des Staatsangehörigkeitsgesetzes eine doppelte Staatsbürgerschaft annehmen.

“Dejagahs Fürsorgepflicht”
 
Der deutsch-iranische Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour (Grüne) bewertet das Verhalten des Fußballers in einem “taz”-Interview so:
 
“Dejagah versucht nur, sich an die iranischen Gesetze zu halten. Für einen Doppelstaatler wie Dejagah heißt das, dass er nach dem Gesetz nicht nach Israel einreisen darf — das steht in jedem iranischen Pass. Sonst würden ihm bis zu zwei Jahre Gefängnis drohen. Und davor hat er Angst. Zudem hat er Familie im Iran, sein Bruder spielt in der Ersten iranischen Liga. Da hat er auch für seine Leute eine Fürsorgepflicht. Dejagah ist nicht für die falschen Gesetze im Iran verantwortlich.”

Wendl suggeriert, dass Dejagah bei einem Besuch Israels nur damit rechnen müsste, die iranische Staatsbürgerschaft zu verlieren, und er suggeriert, dass Dejagah das mit seinem “privaten Judenboykott” um jeden Preis vermeiden will. Doch die Konsequenz einer Teilnahme an dem Spiel wäre nicht der Verlust der Staatsbürgerschaft, sondern dass Dejagah vermutlich nicht mehr in den Iran einreisen könnte, wo ein Teil seiner Familie lebt.

Wendl aber erwähnt diese Tatsache nicht. Er behauptet stattdessen kryptisch, Dejagah habe den Eklat “aus privaten Gründen” gewollt — weil er, anders als der ehemalige iranische FC-Bayern-Spieler Vahid Hashemian vor drei Jahren, nicht einfach eine Verletzung vorgetäuscht hat, um nicht gegen israelische Spieler antreten zu müssen* — und unterstellt, Dejagah lehne “mit seinem Verhalten die Herbeiführung einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen ab”.

*) “Bild” berichtete am 23.11.2004 über den Fall so:

Politische Entscheidung

Gegen Maccabi Tel Aviv wird Bayern-Stürmer Vahid Hashemian (28), wie schon im Hinspiel, nur Zuschauer sein — aus politischen Gründen. Seit der islamischen Revolution 1979 ist es iranischen Sportlern per Gesetz verboten, gegen israelische Teams anzutreten.

Immer mehr deutsche Frauen werden Kanzler!

"Immer mehr deutsche Kirchen werden zu Moscheen!"

Das stand gestern auf der Titelseite der “Bild”-Zeitung. Und es stimmt — wenn man sich der “Bild”-Auffassung anschließen will, dass zwei “immer mehr” sind. Denn die einzige seriöse Datengrundlage für die “Bild”-Behauptung ist ein Bericht des “Tagesspiegel”, nachdem die Neuapostolische Kirche zwei ihrer Berliner Gotteshäuser an muslimische Gemeinden verkauft hat.

Da hört es aber schon auf mit der Seriosität. So schreibt “Bild” (und davon findet sich nichts im “Tagesspiegel”-Artikel):

Aus Mangel an Kirchgängern wollen auch katholische und evangelische Kirche in den nächsten Jahren rund 10 000 Gotteshäuser schließen. Demgegenüber wächst die Zahl muslimischer Gebetsstätten rapide: “159 Moscheen mit Minaretten gibt es schon, dazu 2500 Gebetshäuser. Und weitere 128 sind im Bau”, berichtet Salim Abdullah vom Islam-Archiv Deutschland.

Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat man die Zahl 10.000 schon öfter gelesen, weiß jedoch nicht wo sie herkommt. Ein Sprecher zu uns:

Die Zahl geistert seit rund zwei Jahren durch die Presse, aber wir haben dazu nie Zahlen bekannt gegeben. Von unseren 23 bis 25.000 Gebäuden liegt die Zahl derer, die wir aufgeben müssen im untersten Promillebereich.

Und auch bei der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) kann man sich die Zahl nicht erklären und verweist auf eine Pressemitteilung aus dem Jahr 2005, in der es heißt:

Für die kommenden 10 Jahre wird damit gerechnet, dass weniger als 3 % der Kirchengebäude nicht mehr der Feier der Liturgie dienen werden. Es handelt sich bundesweit um etwa 700 Kirchengebäude, deren Bedeutung und Verwendung sich ändern werden.

Das heiße allerdings nicht, dass diese 700 Gebäude auch verkauft würden, ergänzt eine Sprecherin uns gegenüber.

Aber selbst wenn die Zahl 10.000 eine Grundlage hätte: Der von “Bild” implizit hergestellte Zusammenhang zu der vermeintlich “rapide” wachsenden Zahl “muslimischer Gebetsstätten” existiert nicht: Sowohl von der DBK als auch von der EKD gibt es Empfehlungen, keine Kirchen an islamische Gemeinden abzugeben. Und selbst der von “Bild” zitierte Leiter des Islam-Archivs* in Soest, Salim Abdullah, ist laut dpa offenbar der Meinung, dass die “Übernahme christlicher Gotteshäuser” von “untergeordneter Bedeutung” sei.

*) Zahlen des Islam-Archivs kommen zwar immer wieder in Presseberichten vor, es ist aber zweifelhaft, ob man sich auf sie zu verlassen kann. So nannte die “Zeit” die bundesweiten Konvertiten-Zahlen des Islam-Archivs für das Jahr 2004 bis 2005, die der “Spiegel” im Januar veröffentlicht hatte, “Fantasiezahlen”, deren Seriosität offenbar selbst islamische Verbände bezweifeln.

Dabei basierten die vom “Spiegel” veröffentlichten Zahlen auf einer Studie des Islam-Archivs, die immerhin vom Bundesinnenministerium (BMI) im Rahmen einer Projektförderung finanziert wurde. Allerdings wurde die Studie bislang vom BMI “nicht freigegeben”, bestätigt uns eine Sprecherin des BMI den “Zeit”-Artikel. Das Islam-Archiv sei der Bitte, “methodische Fehler” in der Konvertiten-Studie zu beseitigen über Monate nicht nachgekommen.

Womit wir dann wieder bei “Bild” wären. Die schreibt nämlich auf Seite 3 der Berlin-Ausgabe, “Schon 8500 Berliner” seien “zum Islam gewechselt”. “Bild” gibt zwar keine Quelle für diese Zahl an, hat sie aber offenbar von Mohammed Herzog, dem Gründer und Leiter der Islamischen Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime Berlin (IGDMB). Und der sagte uns auf Nachfrage, woher er wiederum die Zahlen habe: vom Islam-Archiv in Soest.

Mit Dank an Kai B. für den sachdienlichen Hinweis.

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“Der Radsport ist ein bisschen verrückt”
(tour.ard.de, Michael Ostermann)
Die Tour 2007 ist fast vorbei, im entscheidenden Zeitfahren verteidigt Alberto Contador das Gelbe Trikot und rettet 23 Sekunden Vorsprung ins Ziel. Die internationale Presse befragt anschließend den designierten Toursieger. Eine Komödie in einem Akt.

Das Kulturgut Fernsehen ist in Gefahr
(faz.net, Jochen Hieber)
Als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident gehörte Bernhard Vogel (CDU) 1984 zu den Gründerfiguren des Privatfernsehens. Die jüngsten Entlassungen und programmatischen Einschnitte bei Pro Sieben Sat.1 lassen ihn jetzt um sein Pionierwerk bangen.

Leben mit der Fatwa
(spiegel.de)
Ein islamkritischer Artikel reichte aus, um zum Todes-Kandidaten zu werden: Der Philosoph Robert Redeker nahm im “Figaro” kein Blatt vor den Mund – und musste abtauchen. Dem Magazin “Gazette” erzählte er die Geschichte seiner Verfolgung.

Frauenmagazine ohne Mode, Kosmetik und Diäten
(jetzt.sueddeutsche.de, Susanne Klingner und Michael Moorstedt)
Petra Fröhlich,33, ist Chefredakteurin von “Play Vanilla“, dem ersten Gaming Magazin für Mädchen. Die 25-jährige Anke Eberhardt ist Chefredakteurin des “Spare Magazins”, einer Snowboard-Zeitschrift für Mädchen. jetzt.de sprach mit ihnen über Rollenbilder.

Virtueller Wahlkampf in den USA
(focus.de, Peter Gruber)
Im Internet präsentieren Amateure selbst gedrehte Wahlwerbespots und sind damit erfolgreicher als die offiziellen Kampagnen der Profis.

Warum man Leserbriefe abschaffen sollte
(blick.ch, Ayse Turcan)
Ohne das Recht auf freie Meinungsäusserung wäre die Demokratie keine Demokratie sondern eine Diktatur, Monarchie oder eine andere Staatsform.

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Wie ich zum Blick-Fotografen wurde
(blogs.radio24.ch/christoph)
Christoph erkennt ein von der Boulevardzeitung Blick abgedrucktes Bild als sein eigenes.

Der besondere Radio-Hattrick
(blogmedien.de)
Was ist das Schönste an der Media-Analyse? Klar, die Pressemitteilungen der Verlierer.

Blätter haben?s schwer
(axel-springer-akademie.de, Thomas Wanhoff)
Tageszeitungen haben es nicht leicht: Die Leser werden nicht nur älter, sie schwinden auch. Sei es aus biologischen Gründen, weil das Geld knapp ist oder die Schrift zu klein zum Lesen. Und die jungen Menschen informieren sich – wenn sie es denn tun – übers Fernsehen und Internet. Warum also nicht dorthin gehen, wo die Leser (oder besser: Kunden) der Zukunft sind und selbst Fernsehen im Internet anbieten?

Der Kreuzretter
(taz.de, Astrid Geisler)
Um die “schleichende Islamisierung” aufzuhalten, will der (Ex-) Journalist Udo Ulfkotte nun eine eigene Partei gründen.

Sat.1 und das Märchen vom Lizenzentzug
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Die Empörung über die Sparmaßnahmen bei Sat.1 ist bei Medienpolitik und Gewerkschaften groß: Schon wird vom Lizenzentzug gesprochen – ein Märchen.

??????1/2
(youtube.com, Video, 7:24 Minuten)
Heute: TV aus dem fernen Osten.

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Harald Schmidts unerträgliche Langeweile
(stefan-niggemeier.de)
Die alten Reflexe funktionieren noch. Ungefähr einmal im Jahr macht der ?Spiegel? ein großes Interview mit Harald Schmidt, und alle tun so, als müsse irgendetwas Großes drinstehen. Dabei ist das einzige Neue, das Schmidt auf rund drei Seiten sagt: Er sehe sich gegenüber seinem zukünftigen Showpartner Oliver Pocher in der Rolle des Sidekick und nicht umgekehrt.

Der gemeinsame Feind
(innenansichten.tagesspiegel.de, Mercedes Bunz)
Alle Redaktionen von großen Zeitungen haben ein gemeinsames Feindbild. Es heißt Hermes. Hermes ist das Redaktionssystem, auf dem fast alle deutschen Zeitungen erstellt werden.

Schöner lesen
(tagesspiegel.de, Sonja Pohlmann)
Wie die Zeitschriften ?Art? und ?Monopol? versuchen, vom Kunstsommer zu profitieren. “Wir leben vom Bildungsbürgertum, das sich kontinuierlich informieren will.”

Radio darf im Internet wieder kreativ sein
(welt.de, Tina Kaiser)
Abgenudelte Hits, langweiliges Programm: Der Hörfunk steckt in der Krise. In Scharen schalten junge Hörer das Radio ab. Um verprellte Kunden zurückzugewinnen, bieten die Sender jetzt Spartenkanäle im Internet an.

“Erinnerung an antisemitische Gerüchte”
(kismetonline.at)
Weblogs wie Politically Incorrect (PI), Grüne Pest, Akte-Islam oder die Website von Daniel Pipes sind nur einige wenige, die es sich zum Ziel gesetzt haben, das Leben von Muslim/innen in Europa anzuprangern. Von wenig sachlicher Kritik über Beleidigungen bis hin zu menschenverachtendem Hass, überbieten sich derartige Internetprojekte eins ums andere Mal.

“Das war Ehrensenf. Ich bin Katrin”
(jetzt.sueddeutsche.de, Dirk von Gehlen)
Deutschland bekannteste Online-Moderatorin verabschiedet sich – um jetzt auch offline Erfolg zu haben. Auf Wiedersehen, Katrin Bauerfeind!

Allgemein  

“BamS” amputiert Gänsefüßchen

Die “Süddeutsche Zeitung” hat gerade Neuigkeiten über einen 2001 ins US-Gefangenenlager von Guantanamo verschleppten gebürtigen Bremer zu berichten. Aber natürlich berichten und berichteten auch andere Medien über “den Fall des fälschlich als ‘Bremer Taliban’ bezeichneten Murat Kurnaz” (“Frankfurter Rundschau”) — beispielsweise so:

Kurnaz wird später “Bremer Taliban” genannt – wie sich herausstellt zu Unrecht.
(“Hannoversche Allgemeine”)

In den Medien wurde er schnell zum “Bremer Taliban”.
(“Stuttgarter Zeitung”)

Ein “Bremer Taliban”? Kaum zu glauben. Mittlerweile steht fest, dass der demnächst 25-jährige mit dem islamischen Terrorismus nichts zu tun hat.
(“Westfalenpost”)

Der als “Bremer Taliban” bekannt gewordene Murat Kurnaz…
(tagesschau.de)

Der als “Bremer Taliban” bekannt gewordene Murat Kurnaz…
(stern.de)

… der als “Bremer Taliban” bekannte Kurnaz…
(“Hamburger Morgenpost”)

Der in den Medien gelegentlich auch als “Bremer Taliban” bezeichnete Kurnaz …
(k-news.de)

Und so weiter. Manche Zeitungen, wie etwa die “Zeit” oder der “Tagesspiegel”, verzichten in ihren Berichten z.T. sogar komplett auf den irreführenden Beinamen “Bremer Taliban”.

Die “Bild am Sonntag” hingegen verzichtet heute neben einem großen Kurnaz-Foto lieber auf die Anführungszeichen.

Kai Diekmanns beredte Sprachlosigkeit

“Bild” ist ein vielseitiges Ding. Die Zeitung will nach eigenen Angaben täglich “Nachrichten, Hintergründe und Unterhaltung aus allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens” auf den Punkt bringen, Missstände aufdecken und publik machen. Aber “Bild” will auch helfen. Deshalb gibt es seit 1978 die Stiftung “EIN HERZ FÜR KINDER” im Verein “BILD hilft” e.V., die sich bis heute ausdrücklich als “Hilfsorganisation der BILD-Zeitung” versteht. Und es vergeht kaum ein Monat, in dem “Bild” nicht auch selbst die Erfolge der eigenen, weltweit operierenden Hilfsorganisation feiert.

Eine andere weltweit operierende Hilfsorganisation ist HELP. Der ebenfalls gemeinnützige Verein, gegründet von Politikern, Wissenschaftlern und Kirche, ruft seit 1981 unter dem Motto “Deutsche helfen Afghanistan” zu Spenden auf. Heute steht HELP unter der Schirmherrschaft von Gesine Schwan, Bundestagsabgeordnete unterschiedlichster Parteien sitzen im HELP-Vorstand, das Auswärtige Amt, und das Wirtschaftsministerium gehören ebenso zu den HELP-Partnern wie die EU-Kommission für humanitäre Hilfe, die Stadt Bonn, Unicef und andere.

So. Und nachdem die “Bild”-Zeitung kürzlich mehrere Tage lang für Diskussionen sorgte, weil sie unschöne Fotos von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan gezeigt hatte, hatte HELP eine Idee — und schrieb der “Bild”-Zeitung einen Brief.

Der Brief [pdf], geschrieben vom HELP-Geschäftsführer Wolfgang Nierwetberg an “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann, ist in seiner Argumentation vielleicht etwas unbeholfen, das Anliegen gewagt: Nierwetberg schlägt vor, “eine Spendenkampagne zugunsten der in Afghanistan tätigen deutschen Hilfsorganisation zu starten, etwa unter dem Arbeitsmotto ‘Wir können auch anders — Deutschland hilft Afghanistan’“.

Der Tonfall des HELP-Schreibens ist besorgt. So heißt es darin beispielsweise:

“Die Fotos und die daraus resultierende Berichterstattung zerstören nicht nur die bisher gute Reputation Deutschlands in Afghanistan, sondern werden wohl auch zu erheblichen Problemen für die Arbeit der deutschen humanitären Hilfsorganisationen in Afghanistan führen. (…)”

Und weil HELP befürchtet, dass sich “fundamentalistische Gruppen in Afghanistan und der islamischen Welt (…) in der nächsten Zeit vermehrt gegen deutsche Ziele richten werden”, appellierte die Organisation auch an ihren potentiellen Medienpartner:

“Die BILD als größtes deutsches Blatt, die durch die Veröffentlichung der Fotos nun auch in der islamischen Welt Aufmerksamkeit genießt, zeigt öffentlich und stellvertretend für Deutschland: Wir können auch anders.”

Das aber war offensichtlich ein Irrtum, wie Diekmanns Antwort [pdf] zeigt: Statt zu freundlichen Worten oder einer unverbindlichen Absage entschied sich der “Bild”-Chef für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem HELP-Schreiben, die überraschend polemisch ausfällt.

So antwortet Diekmann auf den “Wir können auch anders”-Vorschlag:

“Ich will gar nicht anders! Ich will Mißstände aufdecken und publik machen — denn das ist die Aufgabe von Medien (…) auch ohne Rücksicht auf das etwaige Vertrauen irgendwelcher islamischen Völkerschaften. Deutschland liegt mir am Herzen, wie auch das gesetzeskonforme Funktionieren seiner Institutionen. (…) Und es ist nicht unser Job, (…) irgendwelchen Hilfsorganisationen ihre Arbeit zu erleichtern. (…) Sie werden hoffentlich nicht von der deutschen Presse verlangen, daß sie Nachrichten unterdrückt und Fehlentwicklungen innerhalb staatlicher Institutionen deckt, nur damit Ihre Mitarbeiter ihrer freiwilligen humanitären Selbstverwirklichung möglichst ungestört nachgehen können. (…)”

Diekmanns Antwort an den HELP-Chef beginnt mit den Worten:

"manche Briefe machen mich sprachlos. Ihrer ist so einer."

Schade nur, dass sich die Sprachlosigkeit des “Bild”-Chefs in Formulierungen wie “irgendwelche islamischen Völkerschaften”, “irgendwelche Hilfsorganisationen” oder gar “freiwillige humanitäre Selbstverwirklichung” manifestiert.

Mit Dank an Farlion für den Hinweis.

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