Archiv für April, 2022

Der BND und die Medien, Lob der Langsamkeit, Youtubes Geldgeschenke

1. Journalisten spionierten im Auftrag des BND
(deutschlandfunk.de, Pia Behme & Sebastian Wellendorf, Audio: 5:40 Minuten)
Der Historiker Klaus-Dietmar Henke hat die Verstrickungen deutscher Medien mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) untersucht. Dabei kam heraus, dass der BND bis in die 70er-Jahre diverse Spitzel in deutschen Redaktionen hatte. Auch der erste Deutschlandfunk-Intendant sei über zwei Jahrzehnte BND-Spitzel gewesen und habe dafür einen regelmäßigen Agentenlohn kassiert, etwa in Höhe des damaligen Durchschnittsverdienstes in der Bundesrepublik.

2. Medienjournalist: “Langsamkeit muss in die Redaktionen zurückkommen”
(augsburger-allgemeine.de, Christina Brummer)
Wie berichtet man am besten über Krieg und Krisen? Frederik von Castell, Redaktionsleiter bei “Übermedien”, plädiert für Langsamkeit: “Man müsste sich trauen, auch einmal abzuwarten. Mir wäre es lieber, erst zwei Tage später von etwas zu erfahren und dann aber auch sicher zu wissen, dass es so passiert ist. Lieber nicht informieren als falsch informieren, ohne hier Christian-Lindner-Zitate abwandeln zu wollen.”

3. Von der edlen Lüge zu guten Fake News?
(tagesspiegel.de, Sabine Schiffer)
Sabine Schiffer erinnert im “Tagesspiegel” an die besondere Verantwortung des Journalismus zu Kriegszeiten: “Dazu gehört die klare Verurteilung des Krieges ebenso wie die Aufklärung der Hintergründe und Widersprüche. Bürger sind auf valide Informationen zur Meinungsbildung angewiesen und brauchen einen Journalismus, der sich als Kontrolleur von Macht begreift und sich nicht auf die Seite der Mächtigen schlägt.”

Bildblog unterstuetzen

4. Amerikas oberster Verschwörungstheoretiker meldet Insolvenz an
(spiegel.de)
Der rechte Verschwörungsmystiker und Moderator Alex Jones hat über viele Jahre in den USA seine Plattform “Infowars” betrieben, über die er seine abstrusen Thesen verbreitete. Wegen mehrerer Verleumdungsklagen und beträchtlicher Schadensersatzverpflichtungen hat die Plattform des berühmt-berüchtigten Hetzers nun Insolvenz angemeldet.

5. Sollten Journalist:innen Geldgeschenke von YouTube nehmen?
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Youtube bietet manchen freien Journalistinnen und Journalisten bis zu 50.000 US-Dollar. netzpolitik.org-Redakteur Sebastian Meineck fragt: “Ist es OK, die Kohle zu nehmen?” Für die Beantwortung hat er bei drei Medienschaffenden aus Deutschland nachgefragt, was die Förderung für sie bedeutet und ob sie mögliche Interessenskonflikte sehen.

6. Oe24.at glaubt deutschen Aprilscherz und macht TV-Beitrag daraus
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Die Tierrechtsorganisation PETA hat am 1. April einen recht offensichtlichen Aprilscherz platziert, nach dem in Deutschland künftig Schockwarnungen unter anderem auf Fleisch- und Milchprodukten verpflichtend seien. Die österreichische Seite oe24.at, das laut Eigenbezeichnung “beste Nachrichten-Portal”, hat den bereits angestaubten und längst aufgeklärten Witz einige Tage später ungeprüft übernommen und seinen Zuschauerinnen und Zuschauern im laut Eigenbezeichnung “aktuellsten Tierschutzmagazin Österreichs” als tatsächliche Neuigkeit präsentiert.

Passionsgeschichte, Rosen­krieg im Liveti­cker, “Nowaja Gaseta Europa”

1. Kein Krieg im russischen TikTok-Feed
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
TikTok zeigt seinen russischen Nutzerinnen und Nutzern eine Welt, in der der Krieg in der Ukraine keine Rolle spielt. Was bereits das Ergebnis einer Analyse war, wurde nun durch ein Experiment bestätigt: Journalisten aus Norwegen haben zwei Bots auf die Reise durch einen ukrainischen beziehungsweise russischen TikTok-Feed geschickt. Sebastian Meineck erklärt, was es damit auf sich hat und welche Schlüsse naheliegen.

2. “Nur die Aufmerksamkeit der Welt kann vor Putin schützen”
(deutschlandfunk.de, Marina Weisband, Audio: 4:24 Minuten)
Deutschlandfunk-Kolumnistin Marina Weisband fragt sich, ob sie ihren Followern Kriegsbilder zumuten kann und inwieweit sie damit eventuell die Würde der Opfer verletzt. Sie findet keine allgemeingültigen und eindeutigen Antworten, aber eine persönliche Haltung zu dem schwierigen Thema: “Ich persönlich denke nicht, dass das Foto eines toten Kindes ihm seine Würde nimmt. Ich denke, es nimmt die Würde derjenigen, die es umgebracht haben. Die Menschen in der Ukraine betteln darum, diese Bilder um die Welt gehen zu lassen. Denn nur die Aufmerksamkeit der Welt kann sie vor Putin schützen.”

3. Neue Stimme gegen Russlands Krieg
(tagesspiegel.de, Claudia von Salzen)
Zwei Wochen nach dem Ende der kremlkritischen “Nowaja Gaseta” startet im lettischen Exil die “Nowaja Gaseta Europa”. Mit der Einstellung sei die Zeitung einer möglichen gerichtlichen Schließung in Russland zuvorgekommen. Die Aufsichtsbehörde des Landes hatte die Berichterstattung des Blatts über den Krieg in der Ukraine wiederholt beanstandet.

Bildblog unterstuetzen

4. DFB-Deal mit Bwin: Geld statt Moral!
(ndr.de, Fritz Lüders, Video: 7:51 Minuten)
Für das Medienmagazin “Zapp” kommentiert Fritz Lüders die zunehmende Sportwetten-Werbung im deutschen Fußball: “Immer mehr Menschen leiden an Spielsucht und werden dadurch in den finanziellen Ruin oder sogar in die Kriminalität getrieben. Der DFB hätte durch einen auslaufenden Vertrag mit ‘Bwin’ jetzt endlich aus diesem düsteren Geschäft aussteigen können. Doch stattdessen macht er alles noch viel schlimmer und verpasst eine große Chance.”

5. Rosen­krieg im Liveticker
(lto.de, Lucas Brost)
Rund um den Fußballprofi Mats Hummels spielt sich derzeit eine Art öffentliche Seifenoper mit aktuellen, verflossenen und womöglich zukünftigen Partnerinnen ab, die auf den jeweiligen Social-Media-Kanälen stattfindet. Der Jurist Lucas Brost erzählt, worum es im Einzelnen geht und welche medienrechtlichen Konsequenzen das Schauspiel für die Betroffenen hat: “Durch ihre Beiträge haben sich die Beteiligten gegenüber der Presse geöffnet. Sowohl Céline Bethmann, Cathy Hummels und Lisa Straube, als auch Mats Hummels selbst müssen aufgrund ihres Verhaltens eine Berichterstattung über ihr Beziehungsleben hinnehmen.”

6. „Die Passion“: Die Andreasbouranisierung der Bibel
(web.de, Christian Vock)
Gestern gab es bei RTL ein Event zu bestaunen, das in den Sozialen Medien für allerlei Spott sorgte. Der Sender inszenierte die Passionsgeschichte als Live-Ereignis, unter anderem mit Alexander Klaws als Jesus und Thomas Gottschalk als Erzähler. Christian Vock erkennt die Mühe des Senders an, ist jedoch nicht überzeugt: “Wenn sich Annett Möller für einen Zwischenbericht mit den Worten meldet ‘Wir haben jetzt die Rüttenscheider Schlemmermeile verlassen’, dann ist der Prozessionszauber nur in dem Moment schneller verflogen als am Essener Willy-Brandt-Platz das McDonalds-M im Hintergrund mit dem RTL-Kreuz um die Wette leuchtet.”

Journalistenfrust, Sachbuchpreis, Mehr Angriffe auf Medienschaffende

1. Zahl der Angriffe auf Journalisten in Deutschland gestiegen
(zeit.de)
Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit hat im vergangenen Jahr 83 Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Deutschland registriert. Das seien 14 mehr als im Vorjahr. “Zeit Online” schreibt dazu: “75 Prozent der Angriffe ereigneten sich demnach auf Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen.”

2. Zwischenbilanz des Zentrums für Pressefreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen und das ukrainische Institut für Masseninformation haben in Lwiw ein Zentrum für Pressefreiheit initiiert. Seit der Einrichtung im März habe man dort 158 kugelsichere Westen und 100 Helme an Journalistinnen und Journalsiten ausgegeben, Sicherheitstrainings und psychologische Unterstützung für sie angeboten sowie finanzielle Hilfe organisiert.

3. Wie wird’s mal wieder richtig gut?
(journalist.de, Sebastian Dalkowski)
“2021 war das erste Jahr, in dem ich mir ein Leben ohne Journalismus vorstellen konnte.” In der Reihe “Mein Blick auf den Journalismus” erklärt Sebastian Dalkowski, warum er, wie viele andere Kollegen und Kolleginnen, gerade zum ersten Mal ans Aufhören denkt – aber auch, was seine Begeisterung für den Beruf wieder wecken könnte.

Bildblog unterstuetzen

4. Kein Einzelfall
(taz.de, Fabian Kretschmer)
In Hongkong wurde der renommierte Journalist Allan Au verhaftet. Für China-Korrespondent Fabian Kretschmer hat der Vorfall eine besondere Bedeutung: “Die jetzige Festnahme von Allan Au lässt sich trotz allem als neue Eskalationsstufe bezeichnen – und eine ganz offensichtliche Machtdemonstration der Regierung, die schon bald ihre Führung auswechseln wird.”

5. Deutscher Sachbuchpreis
(deutscher-sachbuchpreis.de)
Die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels gibt die Nominierten für den Deutschen Sachbuchpreis 2022 bekannt. Die Jury hat dafür acht Sachbücher ausgewählt. Seit Ausschreibungsbeginn hätten die sieben Jurymitglieder 244 Titel aus 130 Verlagen gesichtet, die seit Mai 2021 erschienen sind.

6. Deutscher Radiopreis 2022: Bewerbungen bis Ende Mai möglich
(deutscher-radiopreis.de)
Am 8. September wird in Hamburg der Deutsche Radiopreis verliehen. Vom 15. April bis 31. Mai dieses Jahres können Radiosender ihre Favoriten in neun Kategorien einreichen. In diesem Jahr wolle man stärker als zuvor Podcasts berücksichtigen.

Schlechte Krisenkommunikation, Propaganda, Demokratievertrauen

1. “Ein Negativbeispiel der politischen Kommunikation”
(deutschlandfunk.de, Pia Behme)
Beim Deutschlandfunk kommentiert der Kommunikationsexperte Johannes Hillje die Krisenkommunikation der mittlerweile zurückgetretenen Familienministerin Anne Spiegel: “Die Pressekonferenz wird vermutlich als Negativbeispiel der politischen Kommunikation in die Lehrbücher eingehen”, so Hillje: “Weniger wegen des Gesagten, sondern vielmehr wegen des Organisatorischen. Ein Pressesprecher kann eine Ministerin nicht in einem derart aufgewühlten Zustand vor die Kameras lassen.”

2. Fast ein Drittel der Deutschen glaubt, in einer “Scheindemokratie” zu leben
(spiegel.de)
Das Allensbach-Institut hat im Auftrag des SWR das Demokratievertrauen der Deutschen erfragt und ist zu beunruhigenden Ergebnissen gekommen: Fast ein Drittel der Befragten stelle das politische System in Deutschland infrage. Als Reaktion darauf fordert der Deutsche Journalisten-Verband von Politikerinnen und Politikern, “ihre Politik den Menschen besser zu erklären und die politische Entscheidungsfindung transparent zu machen”.

3. Putins Propaganda – Warum Russland nicht aufschreit
(sr.de, Katrin Aue & Kai Schmieding, Audio: 15:27 Minuten)
Im Podcast “Medien – Cross und quer” ist Tamina Kutscher vom Internetmedium “dekoder” zu Gast. Sie spricht über den Erfolg der Propaganda des Kreml gegen die Ukraine im eigenen Land und erörtert die Frage, ob unabhängige Stimmen in Russland noch Chancen haben.

Bildblog unterstuetzen

4. RBB stellt Publikum auf Programmeinschränkungen ein
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Der öffentlich-rechtliche RBB bereitet seine Hörerinnen und Zuschauer auf mögliche Einschränkungen im Radio- und TV-Programm vor: “Dem RBB stehen in dieser Woche nicht alle seine freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung. Aus diesem Grund kann es stellenweise zum Ausfall von Sendungen oder zur Ausstrahlung von Ersatz-Sendungen kommen.” Hintergrund ist eine einwöchige Protestaktion von 365 der rund 1.500 freien Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

5. Ferngespräche: New York
(radioeins.de, Holger Klein, Audio: 1:13:25 Stunden)
“Das radioeins Korrespondenteninterview mit Holger Klein” führt dieses Mal in die Vereinigten Staaten von Amerika. Von New York aus berichten Antje Passenheim und Peter Mücke über Kanada, die Vereinten Nationen und das “Sehnsuchtsziel” New York. Wie immer in den Ferngesprächen geht es dabei auch um ihre ganz persönlichen Arbeits- und Lebensbedingungen vor Ort.

6. Elon Musk tritt Verwaltungsrat von Twitter doch nicht bei
(zeit.de)
Der reichste Mensch der Erde Elon Musk ist unlängst durch eine 9,2-Prozent-Beteiligung zum größten Twitter-Aktionär geworden. Es ist noch unklar, ob und wie sich das auf den Kurznachrichtendienst auswirken könnte. Musk wolle jedoch nicht in den Verwaltungsrat des US-Unternehmens einsteigen, was von Twitter-Chef Parag Agrawal positiv aufgenommen wurde: “Ich glaube, dass dies das Beste ist.”

Künasts Sieg, Nötige ARD-Reformen, “Maskenpflicht, kennste kennste?”

1. Facebook muss mehr als gemeldete Inhalte löschen
(netzpolitik.org, Anna Biselli)
Die frühere Bundesministerin Renate Künast hat vor Gericht einen Sieg gegen Facebooks Mutterkonzern Meta errungen. Das Soziale Netzwerk muss nun nicht nur ein Ursprungs-Falschzitat über Künast löschen, sondern auch alle Dubletten und sinngleichen Varianten entfernen. Juristisch unterstützt wurde Künast von der Organisation “HateAid”, die dazu auch eine eigene Presseerklärung (PDF) herausgegeben hat.

2. From Russia with Lies
(tagesschau.de, Svea Eckert & Lena Kampf)
Facebook steht auch an anderer Stelle in der Kritik: Falschnachrichten, etwa über die Gräueltaten im ukrainischen Butscha, würden sich dort rasant verbreiten. Der Konzern komme seinen Moderations- und Löschpflichten nicht in ausreichendem Maß nach. Die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen sieht ein zusätzliches Problem: “Die Algorithmen geben den extremsten Positionen die größte Reichweite. Man kann das Absurdeste behaupten, aber weil Menschen damit interagieren, wird es weiter verbreitet. Wenn man allerdings etwas Ausgewogenes, Tiefgründiges schreibt, um die Lügen zu widerlegen, wird es nie die gleiche Menge an Menschen erreichen.”

3. Ganz konkret, Frau Schlesinger: Was sich an der ARD ändern muss
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader beklagt die seiner Ansicht nach bestehende Reformscheu bei der ARD. Diese zeige sich besonders im Unterhaltungsbereich. Schader liefert dafür zwei Beispiele: die von Barbara Schöneberger übernommene Prank-Show “Verstehen Sie Spaß” sowie die neu aufgelegte Schmunzelkrimi-Reihe “Mord mit Aussicht”.

Bildblog unterstuetzen

4. “Gen­ders­tern­chen immerhin ein Anfang”
(lto.de, Hasso Suliak)
Die Verfassungsrechtlerin Anna Katharina Mangold plädiert für eine geschlechtergerechte Sprache im Justizwesen: “Ich meine, das Bundesjustizministerium sollte mit gutem Beispiel vorangehen und das Handbuch der Rechtsförmlichkeit anpassen. Dieses hat den Charakter einer Verwaltungsvorschrift und würde die Ressorts dazu verpflichten, Gesetze geschlechtergerecht zu formulieren. Dort steht bislang nur, dass Gesetze ‘geschlechtssensibel’ formuliert werden müssen. Was auch immer das heißt.”

5. Und alle so: Hä?
(horstson.de, Sascha Pietsch)
Russische Influencerinnen haben öffenlichtlichkeitswirksam auf Instagram ihre Chanel-Handtaschen zerschnitten, darunter auch die Schauspielerin Victoria Bonya. Modeblogger Sascha Pietsch kommentiert: “Warum Bonya ausgerechnet ihre Chanel-Handtasche zerstört, statt den Rolls-Royce, vor dem sie in Monaco wenige Tage später posierte, mit einem Hammer bearbeitet, erschließt sich dem Betrachter nicht. Stattdessen bleibt ein Gefühl zurück, dass sich am besten mit ‘Hä?’ beschreiben lässt.”

6. Comedian Mario Barth wird aus ICE geworfen
(tagesspiegel.de)
Der Berliner Comedian Mario Barth hat sich anscheinend geweigert, in einem ICE eine Maske aufsetzen, und wurde von der weiteren Fahrt ausgeschlossen. Barth hat aus dem Vorgang ein 45-minütiges Empörungsvideo gemacht und auf Social Media veröffentlicht. Die knappe Antwort der Bahn: “Maskenpflicht in unseren Zügen, kennste kennste?”

KW 14/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. quoted. der medienpodcast
(sueddeutsche.de, Nadia Zaboura & Nils Minkmar, Audio: 32:57 Minuten)
“quoted. der medienpodcast” ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stiftung CIVIS und der “Süddeutschen Zeitung”. In der ersten Folge sprechen die Kommunikationswissenschaftlerin Nadia Zaboura und “SZ”-Autor Nils Minkmar über die mediale Berichterstattung über den Ukraine-Krieg – auch im Vergleich zu vorherigen geopolitischen Konflikten.

2. Wie sollen Medien mit Kriegsbildern umgehen?
(deutschlandfunk.de, Pia Behme, Audio: 41:25 Minuten)
Wie sollen Redaktionen mit den grausamen Kriegsbildern aus der Ukraine umgehen? Darüber diskutieren ein Deutschlandfunk-Hörer, die Medienwissenschaftlerin Petra Grimm, Kendra Stenzel vom “Kölner Stadt-Anzeiger” und Pia Behme aus der DLF-Medienredaktion.

3. Katapult Ukraine: Bis an die Schmerzgrenze
(ndr.de, Inga Mathwig, Video: 20:26 Minuten)
Das “Katapult Magazin” aus Mecklenburg-Vorpommern hat mehrere ukrainische Medienschaffende eingestellt und eine Ukraine-Redaktion gegründet. Das verlangt der Belegschaft einiges ab, sowohl Mehrarbeit als auch Gehaltsverzicht. “Zapp” ist nach Greifswald gefahren und hat dort mit “Katapult”-Chef Benjamin Fredrich sowie einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch über die neu entstandenen Konflikte hinter den Kulissen gesprochen.

Bildblog unterstuetzen

4. “Meduza” – regierungskritische Medienstimme im Exil
(deutschlandfunkkultur.de, Jenny Genzmer & Dennis Kogel, Audio: 18:11 Minuten)
In Russland gibt es de facto keine Pressefreiheit mehr. Viele Medienhäuser mussten den Betrieb einstellen, anderen wurde die Arbeit verboten. Die Redaktion von “Meduza” ist ins lettische Riga abgewandert und berichtet von dort über die russische Politik. Möglich wird dies auch durch die Unterstützung der deutschen Plattform “Krautreporter”.

5. Dr. Astrid Plenk: Programmgeschäftsführerin KiKA
(wiesoweshalbwarum.podigee.io, Thomas Hartmann, Audio: 52:02 Minuten)
Astrid Plenk ist Programmgeschäftsführerin des KiKA von ARD und ZDF. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Senders hat Thomas Hartman mit ihr über die Herausforderungen bei der Arbeit für den Kinderkanal gesprochen: Wie entstehen die Inhalte für eine überaus vielfältige Zielgruppe, und welchen Einfluss haben die Kinder selbst darauf? Wie verändern die neuen Medien die Angebote? Und fühlt man sich als Programmverantwortliche eher der Innovation oder der Tradition verpflichtet?

6. Sollte man Karl Lauterbach mal Twitter wegnehmen?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 12:54 Minuten)
Wie kaum einen anderen Politiker zieht es Gesundheitsminister Karl Lauterbach in die Öffentlichkeit. Er sitzt in Talkshows, gibt Interviews und twittert. Das Kommunikationsverhalten des SPD-Politikers ist nicht unumstritten. Zuletzt revidierte er eine politische Entscheidung bei “Markus Lanz” und schob den dazu gehörenden Twitter-Post nachts um 2:37 Uhr hinterher. Holger Klein hat sich mit dem Kommunikationsberater Hendrik Wieduwilt über Lauterbachs Medienarbeit unterhalten.

Whistleblower, Papiersorgen, Digitaler Stimmenfang in Frankreich

1. Schutz noch unzureichend
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband ist unzufrieden mit den geplanten Regeln zum Whistleblowerschutz und spricht von einer “Medienverhinderungsvorschrift”. Der Gesetzgeber müsse nachbessern und den Spielraum, den die EU-Richtlinie lasse, in vollem Umfang zum Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern ausnutzen.
Weitere Informationen zu der aktuellen Diskussion gibt es bei netzpolitik.org und beim “Whistleblower-Netzwerk”.

2. “Existenzielle Gefahr für viele Zeitschriftentitel”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Die Zeitschriftenverleger in Deutschland haben sowieso schon mit dem digitalen Wandel zu kämpfen und jetzt kommen noch steigende Papier- und Energiekosten hinzu. Der Geschäftsführer des Medienverbands der freien Presse sorgt sich um seine Branche: “Im Zuge der aktuellen Papierpreisexplosion – wir sprechen von bis zu 150 Prozent – besteht das Risiko noch kurzfristigerer Einschnitte in die Zeitschriftenvielfalt.”

3. 20 Uhr-tagesschau mit Untertiteln auf Ukrainisch und Russisch
(blog.tagesschau.de, Juliane Leopold)
Seit gestern gibt es die 20-Uhr-Ausgabe der “Tagesschau” mit ukrainischen und russischen Untertiteln auf tagesschau.de, in der ARD-Mediathek sowie bei Youtube. Eine Übersicht der Angebote der ARD auf Ukrainisch und Russisch gibt es hier.

Bildblog unterstuetzen

4. Wie europäische Medien über die Olympischen Winterspiele 2022 berichtet haben
(de.ejo-online.eu)
Das “EJO”-Netzwerk hat untersucht, wie Medien in Deutschland, Großbritannien, Lettland, Polen, Tschechien und der Schweiz über die Olympischen Winterspiele 2022 berichtet haben. Im Fazit der Analyse werden die wichtigsten Erkenntnisse zu Inhalt und Struktur der Berichterstattung samt Stärken und Schwächen zusammengefasst.

5. Erdbeermilch und Astroturfing: Der digitale Stimmenfang in Frankreich
(uebermedien.de, Léonardo Kahn)
Am Wochenende steht in Frankreich die Präsidentschaftswahl an. Léonardo Kahn hat sich angeschaut, wie die Parteien und deren Spitzenvertreter in den Sozialen Medien agieren, welche Kommunikationsstrategie sie verfolgen und mit welchen Tricks sie arbeiten.

6. Trumps soziales Netzwerk hat Probleme
(faz.net, Fridtjof Küchenmann)
Als Twitter den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump von der Plattform verwies, war dies ein schwerer Schlag für Trump. Immerhin hatte er mehr als 80 Millionen Follower, die er täglich mit seinen Botschaften versorgte. Nach seinem Ausschluss kündigte Trump die Entwicklung eines eigenen Netzwerks an. “Truth Social” ist mittlerweile in Betrieb, hat nach einem holprigen Start jedoch weiterhin Probleme.

Kriegsberichterstattung, Knappes Druckpapier, “BetweenTheLines”

1. “Das Opfer wird ins Rampenlicht gezerrt”
(sueddeutsche.de, Lars Langenau)
Wie sollen Medien vom Krieg berichten? Welche Bilder können und dürfen sie dem Publikum zumuten? Über diese Fragen hat sich die “Süddeutsche” mit Claudia Paganini unterhalten, Professorin für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München. Dazu passender Hörtipp: Wer es ausführlicher mag, dem sei der “SZ”-Podcast “Auf den Punkt” empfohlen, in dem Paganini zu Gast war: Wie die Brutalität des Krieges zeigen? (süddeutsche.de, Lars Langenau, Audio: 12:09 Minuten)

2. “Jeden Tag neuer Horror”
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Antje Allroggen, Audio: 9:45 Minuten)
“Die Bilder aus Butscha, auch andere Fotos und Videos aus der Ukraine, sind für viele kaum zu ertragen. Wie muss es dann sein, diese Fotos zu machen, selbst durch die Kameralinse auf Tote zu schauen, in Live-Schalten aus zerbombten Siedlungen zu berichten?” Darüber hat sich der Deutschlandfunk mit Friederike Engst unterhalten, die sich als Psychologin auf die Traumabewältigung bei Journalistinnen und Journalisten spezialisiert hat.

3. “Tagesspiegel” streikt
(taz.de, Ruth Lang Fuentes)
Rund 120 “Tagesspiegel”-Beschäftigte haben gestern gestreikt und die Straße vor dem Redaktionsgebäude blockiert, um eine Kundgebung abzuhalten. Grund für ihren Unmut: Nach Branchentarif solle nur gezahlt werden, falls der Verlag schwarze Zahlen schreibt. Dies sei in den vergangenen zwanzig Jahren jedoch nur einmal vorgekommen.

Bildblog unterstuetzen

4. Damit Journalisten den Kopf frei haben
(verdi.de, Clemens Melzer)
Das zivilgesellschaftliche Hilfsprojekt “BetweenTheLines” bietet Medienschaffenden Begleitschutz bei Versammlungen in Sachsen an. Im Interview erklärt Klemens Köhler wie es zu der Initiative kam: “Was den Ausschlag für unsere Gründung gegeben hat, war die Verstetigung von Angriffen durch ‘normale’ Versammlungsteilnehmer*innen. Immer wieder wurden die gleichen Journalist*innen insbesondere am Rande von Querdenken-Veranstaltungen angegriffen, hauptsächlich in Dresden. Da haben wir gesagt: Wir müssen was machen.”

5. Fünf Dinge, die ich gerne früher verstanden hätte
(journalist.de, Hakan Tanriverdi)
Deutsche Journalistenschule, New-York-Korrespondent für die “Süddeutsche Zeitung”, aktuell Reporter für Cyber- und IT-Sicherheit beim BR – Hakan Tanriverdi hat und hatte spannende Posten in seiner bisherigen Journalisten-Karriere. Daher lohnt es, sich Tanriverdis “fünf Tipps für den Nachwuchs” anzuschauen: “Ich habe mir dann überlegt, welche fünf Punkte ich gerne früher verstanden hätte. Nicht allgemeingültig, sondern meine Perspektive auf den Job als Journalist:in. Etwas, das mir auch heute noch hilft, mich zurechtzufinden.”

6. Bücher knapper, Lücken in Buchhandlungen größer
(mdr.de, Linda Süß & Andrea Besser-Seuß)
“Es gibt in Europa kaum noch hochwertiges Druckpapier zu kaufen. Verlage verschieben manche Veröffentlichungen bereits um Monate, einige Bücher erscheinen gar nicht. Verlage und ihre Druckereien bekommen nur eine Handvoll Titel und die zu einem stattlichen Preis.” Linda Süß und Andrea Besser-Seuß schildern, wie es zu der Papierkrise kam.

Firmengründer Reichelt, Nach den Rechten sehen, “Goldene Blogger”

1. Ex-“Bild”-Chef Reichelt gründet Medienfirma
(spiegel.de, Alexander Kühn & Anton Rainer)
Laut einer Recherche des “Spiegel” hat der geschasste Ex-“Bild”-Chef Julian Reichelt in Berlin ein Medienunternehmen gegründet, er soll mit einigen Mitarbeitern an dem neuen Projekt arbeiten. Alexander Kühn und Anton Rainer sind der Sache nachgegangen und auf eine mögliche Verbindung zu einem umtriebigen Milliardär gestoßen.

2. Wertvolle Recherchehilfe aus dem Weltall
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 7:25 Minuten)
In Zusammenhang mit den Gräueltaten und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine gewinnen Satellitenbilder eine große Bedeutung. Die Firma Maxar Technologies veröffentlichte unlängst hochauflösende Sattelitenaufnahmen des Ortes Butscha. Diese “bestätigen die jüngsten Videos und Fotos in den sozialen Medien, auf denen Leichen zu sehen sind, die seit Wochen auf der Straße liegen”, so ein Sprecher des privaten Unternehmens.

3. Nach den Rechten sehen
(taz.de, Peter Nowak)
Die beiden linken Aufklärungsportale “Blick nach Rechts” und “Endstation Rechts” haben sich zusammengeschlossen – aus Sicht von “taz”-Autor Peter Nowak zu einem Zeitpunkt, der besser nicht hätte sein können. Die Zusammenlegung habe den Verantwortlichen eine Menge Arbeit abverlangt, so einer der Verantwortlichen: “Vor allem aus technischer Sicht war es ein relativ aufwendiger Prozess. Insgesamt mussten über 25.000 Artikel in einer sinnvollen Struktur zusammengelegt werden. Das Portal wurde technisch komplett neu konzipiert.”

Bildblog unterstuetzen

4. Goldene Blogger: Abends im Museum
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Anfang der Woche fand in Berlin zum fünfzehnten Mal die Verleihung der “Goldenen Blogger” statt. Mit-Initiator Thomas Knüwer berichtet über seine Eindrücke und Empfindungen und erzählt, wer mit einer der begehrten Trophäen nach Hause gehen konnte.
Transparenzhinweis: Der “6-vor-9”-Kurator war in der Kategorie “Bester Einzelbeitrag” nominiert.

5. 3,8 Millionen Deutsche waren noch nie im Internet
(zeit.de)
Laut Statistischem Bundesamt haben sechs Prozent der Menschen in Deutschland zwischen 16 und 74 Jahren noch nie das Internet genutzt. Das entspreche rund 3,8 Millionen Personen. In der Europäischen Union habe der Durchschnitt bei acht Prozent gelegen. Weltweit haben nach Schätzungen der Vereinten Nationen 37 Prozent der Menschen noch nie das Internet genutzt.

6. Sonderoperation
(journalist.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Sebastian Pertsch und Udo Stiehl werfen im Rahmen ihres Projekts “Floskelwolke” einen sprach- und medienkritischen Blick auf vielbenutzte Formulierungen. Diesmal geht es um die “Sonderoperation” und weitere verschleiernde Kriegsvokabeln.

Fotos des Grauens, Narrative des Kremls, Medienkompetenz in Schulen

1. Wie umgehen mit Fotos des Grauens?
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider)
Deutsche Medien gehen mit den schockierenden Fotos aus dem ukrainischen Butscha recht unterschiedlich um. Der Deutschlandfunk fasst die verschiedenen Abwägungen einiger Redaktionen zusammen. Außerdem kommen externe Experten und Expertinnen wie Petra Grimm, Leiterin des Instituts für Digitale Ethik, zu Wort.
Weiterer Lesehinweis: Der Deutsche Presserat appelliert an die Redaktionen, vor der Veröffentlichung von Kriegsbildern sorgsam zwischen dem Informationsinteresse der Leserschaft und den Interessen von Opfern und deren Angehörigen abzuwägen.

2. Die Narrative des Kremls
(journalist.de, Thomas Urban)
Angesichts des Kriegs in der Ukraine stellen sich für Thomas Urban, mehr als zwei Jahrzehnte Osteuropa-Korrespondent für die “Süddeutsche Zeitung”, einige Fragen: “Was haben die deutschen Medien dazu beigetragen, dass man in Berlin Putins Grenzüberschreitungen so lange hingenommen hat? Warum sind einige Narrative des Kremls, die mit der Annexion der Krim und dem Krieg im Industrierevier Donbass 2014 ihren Ausgang nahmen, bis heute überaus wirksam geblieben?”

3. Morden und Manipulieren für Putin
(spiegel.de, Christian Stöcker)
“Wie kann es sein, dass so viele Russen zu glauben scheinen, was der Kreml über den Krieg zusammenlügt?” In seiner “Spiegel”-Kolumne über die mediale Gleichschaltung in Russland stellt Christian Stöckers fest: “Putin und seine Berufsmörder sind auf die öffentliche Meinung weiterhin angewiesen. Sie haben deshalb schon vor langer Zeit dafür gesorgt, dass sie nahezu vollständig unter ihrer Kontrolle ist.”

Bildblog unterstuetzen

4. Fernsehmesse vor Herausforderungen: Krieg, Corona – Cannes?
(dwdl.de, Alexander Krei)
Seit gestern trifft sich die internationale Fernsehbranche zur Messe MIPTV in Cannes, doch viele Unternehmen haben abgesagt. Der Krieg in der Ukraine sorgt für weitere Unsicherheiten. Alexander Krei hat sich in der Branche umgehört, ob und mit welchen Erwartungen die Medienunternehmen nach Frankreich reisen und wie sie sich positionieren.

5. “Die Partizipation ist eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Der Deutschlandfunk gehört nach neuesten Datenerhebungen weiterhin als einziges Informationsprogramm zu den zehn meistgehörten Radioprogrammen in Deutschland. Intendant Stefan Raue gibt sich im Interview bescheiden: “Wenn in komplizierten Zeiten, in denen die Bürgerinnen und Bürger Antworten auf die vielen Fragen erwarten, die Angebote von öffentlich-rechtlichen Informations- und Kulturangeboten nicht intensiv genutzt würden, hätten wir sehr viel falsch gemacht.”

6. Medienkomeptenz in Schulen: Glückssache?
(verdi.de, Susanne Stracke-Neumann)
Vor drei Jahren startete die Initiative “Journalismus macht Schule”, mittlerweile ist daraus ein Verein “zur Förderung von Informations- und Nachrichtenkompetenz” geworden. Nach mehreren Online-Konferenzen gab es nun wieder eine Präsenz-Veranstaltung. Susanne Stracke-Neumann war vor Ort und hat genau zugehört.

Blättern:  1 2 3