Archiv für Januar, 2021

Verblassender Stern, Diekmann und Wirecard, Hackerangriff auf Funke

1. Und jetzt vertragt euch
(sueddeutsche.de, Peter Fahrenholz)
Beim “Stern” stehen dramatische Umstrukturierungen an, die unter anderem die Abschaffung des Ressorts “Politik und Wirtschaft” sowie des Hauptstadtbüros vorsehen. Die Pläne zum Personalabbau würden auch vor prominenten Edelfedern nicht Halt machen: “In einer der Redaktionsversammlungen habe sich, so schildern es Teilnehmer, der Reporter Hans-Martin Tillack zu Wort gemeldet. Tillack ist einer der bekanntesten Investigativjournalisten des Landes. Man habe ihm Altersteilzeit angeboten, so habe er es geschildert, aber unter der Bedingung, dass er nicht mehr über Politik und Wirtschaft schreibe.” Peter Fahrenholz kommentiert weiter: “Einen Investigativ-Spezialisten dieses Kalibers von Politik- und Wirtschaftsthemen abziehen zu wollen, wäre ungefähr so, als würde der FC Bayern seinen Torjäger Robert Lewandowski zum Platzwart degradieren.”

2. Gut bezahlte Lobbyisten: Das Beraternetzwerk von Wirecard
(wdr.de, Jan Schmitt & Lena Kampf & Katja Riedel & Markus Grill, Video: 8:57 Minuten)
Die kriminellen Machenschaften von Wirecard konnten auch nur deshalb so lange aufrechterhalten werden, weil sich hinter den Kulissen ehemalige Top-Politiker, ehemalige Top-Polizisten und ehemalige Top-Medienleute als Lobbyisten einsetzten, Strippen zogen und Blendgranaten warfen. Einer davon: der ehemalige “Bild”-Chef Kai Diekmann. “Verdiente auch er am System Wirecard?”, fragt “Monitor”. Eine gemeinsame Recherche von WDR, NDR und “Süddeutscher Zeitung” bringt Licht ins Dunkel eines der größten Wirtschaftsskandale der Bundesrepublik Deutschland.
Weiterer Lesehinweis: Ein “Honigtopf” für Ehemalige: “Tausende Mails aus der Wirecard-Führungsebene enthüllen brisante Details aus dem Inneren des insolventen Zahlungsdienstleisters. WDR, NDR und SZ haben mehr als 200 Gigabyte Mails und weitere Dokumente ausgewertet.” (tagesschau.de, M. Grill & A. Kammerer & L. Kampf & R. Pinkert & S. Pittelkow & K. Riedel & N. Wischmeyer)

3. Größeres Palaver
(zeit.de, Johannes Schneider)
Johannes Schneider hat eine informative und unterhaltsam zu lesende Clubhouse-Analyse im Frage-und-Antwort-Stil verfasst: Warum wird hier gleich gecoacht? Wo geht es zum Casting? Wer sucht seine Gruppe? Wohin führt der Kontrollverlust? Interviewen sich bald alle selbst? Wo wird es wirklich interessant? Wo schmerzt die Blase? Wer macht ordentlich Meta? Was funktioniert und was fehlt?

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4. “Menschlich und strategisch fatal”: “Spiegel”-Redakteure kritisieren Umgang mit Barbara Hans
(meedia.de, Thomas Borgböhmer)
“Meedia” berichtet von einem offenen Brief von über 130 “Spiegel”-Redakteurinnen und -Redakteuren an die Geschäftsführung sowie die Chefredaktion, in dem sie sich hinter ihre Chefredakteurin Barbara Hans stellen: “Eine Woche ist es her, dass in anderen Medien von offenkundig vorhandenen Schwierigkeiten in der ‘Spiegel’-Chefredaktion berichtet wurde – in einer Art und Weise, die manche von uns an Mobbing erinnerten und bei der eine in der Redaktion geachtete Chefredakteurin, die jahrelang ausgezeichnete inhaltliche und strategische Arbeit geleistet hat, mit teils ehrabschneidenden Darstellungen überzogen wurde. Das hat uns erschüttert, entsetzt, traurig und wütend gemacht.”

5. Nachgezählt: 93 Prozent der Medienberichte verharmlosen Gewalt an Frauen
(genderequalitymedia.org)
Die Initiative “Gender Equality Media” hat ein Medienscreening zur Berichterstattung über (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen durchgeführt. Demnach seien 93 Prozent der untersuchten Medienberichte gewaltverharmlosend. Frauenmorde würden oftmals zu “Bluttaten” oder “Familiendramen”, Vergewaltiger zu “Sextätern”. Der Beitrag schlüsselt die Zahlen auf und nennt die größten medialen Verharmloser.

6. Ende der Notausgaben
(taz.de, Andreas Wyputta)
Kurz vor Weihnachten wurde die Funke Mediengruppe Opfer eines Hackerangriffs mit schwerwiegenden Folgen: In den darauffolgenden Wochen erschienen die 13 Zeitungen des Unternehmens nur noch in Notausgaben, wenn sie denn überhaupt erschienen. Unklar sei derzeit noch das Motiv der Hacker und damit die Frage, ob es sich um Erpressung oder um einen Angriff auf die Informations- und Meinungsfreiheit gehandelt hat. Bis die Zeitungen wieder regulär erscheinen konnten, seien mehr als 1.000 Server und über 6.000 Endgeräte neu aufgesetzt worden.

Rock ‘n’ Roll im Ausverkauf, Elitenhouse, TV-Macher-Partywissen

1. Rock’n Roll im Ausverkauf
(sueddeutsche.de, Joachim Hentschel)
Joachim Hentschel hat selbst viele Jahre für die deutsche Ausgabe des “Rolling Stone” geschrieben. Es trifft ihn daher besonders, wenn das US-amerikanische Mutterhaus neuerdings Artikel von Interessenvertretern aus der Wirtschaft untermischt und sich dafür bezahlen lässt. Wer beim “Rolling Stone” einen werbenden beziehungsweise interessengeleiteten Text unterbringen wolle, müsse zahlendes Mitglied in einem extra dafür geschaffenen “Club” werden: “Was der Verlag hier beabsichtigt, erscheint klar: Analog zu den Premium-Accounts von Wirtschaftsdiensten wie LinkedIn oder Forbes soll hier eine Art Business-Netzwerk entstehen, bei dem – anders als bei der derzeit heiß brummenden, noch gratis verfügbaren Chat-Plattform Clubhouse – auch die vierstellige Abogebühr als Exklusivitätsbarriere fungiert.”

2. Wie fühlt es sich an, wenn man Sayed, Alaa oder Ahmad heißt?
(journalist.de, Stephan Anpalagan)
Beim Fachmagazin “journalist” erzählen Journalistinnen und Journalisten regelmäßig von ihrem “Blick auf den Journalismus”. Die empfehlenswerte Reihe umfasst bereits 25 Beiträge. In der aktuellen Ausgabe schreibt Stephan Anpalagan unter anderem über verantwortungsvolle Berichterstattung und journalistische Distanz, Missstände in der Berichterstattung, wenn es um das Bild von Muslimen oder Zuwanderern geht, und seine erste Begegnung mit dem “Spiegel” als 16-Jähriger: “Der Spiegel und ich hatten einiges gemeinsam. Wir waren beide uncool, altbacken und umstandskrämerisch. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb ich ihn langsam aber sicher lieben lernte.”

3. Franziska Augstein “Was zu lange währt”. Eine kommentierte Durchsicht.
(anselmneft.de)
Seit kurzem gibt es eine neue “Spiegel”-Kolumnistin: Franziska Augstein, die Tochter des “Spiegel”-Gründers Rudolf Augstein. Anselm Neft hat Augsteins neueste Kolumne zu den Corona-Maßnahmen absatzweise analysiert und kommentiert: “Anhand des Textes lässt sich meines Erachtens exemplarisch zeigen, wie Meinungsartikel arbeiten, wenn sie nicht auf Erkenntnisgewinn, sondern auf Stimmungsmache abzielen.”

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4. Gendern – machen oder lassen?
(youtube.com, ndr.de, Audio: 18:32 Minuten)
Viele Medien bemühen sich mit unterschiedlichen Methoden um eine geschlechtergerechte Sprache. Was manchen nicht zu weit geht, ist für andere der blanke Sprach-Horror. Das Medienmagazin “Zapp” hat sich mit Medienschaffenden über die Herausforderungen in der journalistischen Praxis unterhalten, unter anderem mit Eva Schulz (“Deutschland3000”), Marcus Bornheim (“ARD-aktuell”) und Hannah Lühmann (“Welt”).

5. Clubhouse ist elitär und undemokratisch
(t-online.de, Nicole Diekmann)
In ihrer aktuellen Kolumne beschäftigt sich die Fernsehjournalistin und Politik-Berichterstatterin Nicole Diekmann mit der derzeit gehypten Audio-Chat-App Clubhouse. Diekmann stört sich vor allem am undemokratischen Prinzip und elitären Zugang: “Ein gemeinsamer Club, in dem Medienschaffende und Politikerinnen und Politiker viel Zeit miteinander verbringen, also Menschen, deren Aufgabe es vielfach eigentlich ist, für die öffentliche Allgemeinheit da zu sein? Und deren Distanz zueinander ein wichtiges Element funktionierender Demokratien darstellt? Und das bei geschlossener Tür?”
Weitere Lesehinweise: “Der Verbraucherzentrale Bundesverband wirft der neuen Social-Media-App gravierende rechtliche Mängel vor. In einer Abmahnung geht es auch um Datenschutz.” – Verbraucherschützer mahnen Clubhouse ab (zeit.de).
“Ein Hamburger Sicherheitsexperte hat dem SPIEGEL eine Reihe von Schwachstellen in der App Clubhouse demonstriert. Sie erlauben es, Nutzer gezielt auszusperren, massenhaft Daten abzufragen und zufällige Konten zu kapern.” – Clubhouse bietet Hackern zahlreiche Angriffsmöglichkeiten (spiegel.de, Patrick Beuth).

6. David E. Kelley: Was Sie über einen der erfolgreichsten Fernsehmacher der Welt wissen müssen
(rnd.de, Matthias Halbig)
David E. Kelley ist einer der erfolgreichsten Fernsehmacher der Welt und als Autor und Produzent unter anderem für Serienhits wie “Ally McBeal”, “Boston Legal”, “Big Little Lies”, “Chicago Hope”, “Doogie Howser” und “The Undoing” verantwortlich (um nur einige zu nennen). Ein unterhaltsames Kelley-ABC führt durch das beeindruckende Gesamtwerk des umtriebigen TV-Machers. Leseempfehlung für alle Serienfans, die ihr Partywissen erweitern wollen.

Söders Insta-Welpe, Clubhouse, Rundfunkbeitrag bar bezahlbar?

1. Widersteht Markus Söders Flauschfell mit Knopfaugen
(uebermedien.de, Lisa Kräher)
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat auf seinem Instagram-Kanal ein Bild eines Hundewelpen veröffentlicht und damit reichlich Likes und Berichterstattung geerntet. Medien sollten sich nicht als PR-Werkzeuge zur Imagepflege einspannen lassen, findet Lisa Kräher: “Haben die Haustiere von Parteichefs Nachrichtenwert? Ist es generell überhaupt Journalismus, wenn Medien zeigen, was Politiker*innen und andere prominente Personen (womöglich aus Kalkül) in digitalen Netzwerken so posten?”

2. Gute Gründe, die Clubhouse-App (vorerst) zu ignorieren
(upload-magazin.de, Jan Tißler)
Es gebe gute Gründe, die Gesprächs-App Clubhouse vorerst ganz entspannt aus der Ferne zu betrachten, findet Jan Tißler. Der Umgang mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzer sei problematisch, die Reichweite durch die Beschränkung auf iPhones begrenzt, die geschäftliche Nutzung und die Aufzeichnung der Talkrunden seien nicht erlaubt. Es lohne sich jedoch trotzdem, die App im Auge zu behalten.

3. Oberste Datenschützerin kritisiert Clubhouse-App
(zeit.de)
Monika Grethel, Vorsitzende der Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern, hat Bedenken, was den Datenschutz bei der neuen Social-Media-App Clubhouse anbelangt: “Die Möglichkeit der Nutzerinnen, dem Dienst Clubhouse Zugriff auf ihre Kontakte zu gewähren und diesem somit Kontaktinformationen von Personen, die selbst nicht Teilnehmende des Dienstes sind, zur Verfügung zu stellen, ist grundsätzlich kritisch zu sehen.”

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4. Junge User nutzen die Videoplattform für politische Statements
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 5:27 Minuten)
Bei dem gegenwärtigen Hype um Clubhouse wird leicht TikTok vergessen, die derzeit am schnellsten wachsende Plattform der Welt. Die beliebte Kurzvideo-App ist ursprünglich ein reines Unterhaltungsmedium, werde jedoch zunehmend für politische Statements genutzt. Der Deutschlandfunk hat mit dem Datenwissenschaftler Juan Carlos Medina Serrano über TikToks Politisierung gesprochen.

5. Verleger äußern sich zurückhaltend zu neuem “Tagesschau”-Angebot
(dwdl.de, Alexander Krei)
Die “Tagesschau” hat ihre Website überarbeitet. Bei dem Relaunch habe man vor allem auf die mobile Nutzung und die Einbindung der Audio- und Videoinhalte abgezielt. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger wittert gewohnheitsmäßig unliebsame Konkurrenz. Man werde in den Gremien besprechen, ob das neue Angebot gegen Regelungen verstoße: “Sollten Verstöße festgestellt werden, bleibt zunächst der Weg zur im Mai 2019 ins Leben gerufenen Schlichtungsstelle offen.”

6. 17,50 Euro in bar
(taz.de, Christian Rath)
Derzeit ist die Zahlung des Rundfunkbeitrags nur bargeldlos möglich, doch das kann sich unter Umständen bald ändern. Ein Bargeld-Verteidiger hat sich bis zum Bundesverwaltungsgericht hochgeklagt, das wiederum beim Europäischen Gerichtshof nachgefragt hat. Christian Rath, rechtspolitischer Korrespondent der “taz”, erklärt, welche möglichen Ausgänge der Rechtsstreit nehmen kann.

“Bild”-Experte Marcel Reif ist “kein großer Gewaltanhänger”, aber …

In der “Bild TV”-Sendung “Reif ist live”, in der zwischen zwei Gläsern Müllermilch auch über Fußball gesprochen wird, ging es gestern unter anderem um Breel Embolo. Der Stürmer von Bundesligist Borussia Mönchengladbach soll Gast einer (in Corona-Zeiten) illegalen Party mit 23 Personen gewesen sein. Embolo bestreitet das. Er habe sich lediglich in einer angrenzenden Wohnung eines Freundes aufgehalten, so der Fußballer. Die Polizei sagt hingegen, Embolo sei von der Party über ein Dach in diese Wohnung geflüchtet.

“Bild”-Experte Marcel Reif findet, Breel Embolo sollte für den Besuch der Party mal ordentlich verprügelt werden. In seiner “Bild”-Sendung sagt er zu Moderator Walter M. Straten:

Wissen Sie, was mir gefallen würde? Wenn die in der Kabine in Gladbach, und ich könnte mir gut vorstellen, dass das so ist, also zu meiner Zeit, als ich ein bisschen gekickt habe, war das noch so, es gab so eine bestimmte innere Hygiene, um es mal sehr vorsichtig und sehr freundlich auszudrücken, in der Kabine. Also nach dem Motto: Trainer, könnten Sie mal kurz rausgehen? Wir brauchen mal fünf Minuten. Und dann macht man ein bisschen die Musik laut. Und dann wurde demjenigen mitgeteilt mit relativ klaren, auch nonverbalen Mitteln, was geht und was nicht geht.

Und wie reagiert “Bild”-Sportchef Walter M. Straten? Ist er empört, dass Marcel Reif zu Gewalt in der Gladbacher Kabine aufruft? Wundert er sich wenigstens, was Reif da so vorschlägt? Nee. Straten findet’s “spannend”:

Hui, das klingt ja spannend. Nonverbale Mittel. Also Gladbach äh …

Reif unterbricht ihn:

Ja, Körpersprache.

Wieder Straten:

Klassenkeile hat man in der Schule gesagt.

Marcel Reif versucht anschließend noch, seine Aussage wieder etwas einzufangen. Auf einmal geht es nicht mehr um laute Musik in der Kabine und um “nonverbale Mittel”, sondern eher um eine lustige Schneeballschlacht. Ein “großer Gewaltanhänger” sei er ja sowieso nicht, sagt Reif:

Also das könnte ich mir gut vorstellen. Ehrlich gesagt, ich bin kein großer Gewaltanhänger und kein Gewalttäter im Inneren, aber so eine kleine Abreibung, draußen liegt Schnee, so mal richtig einseifen und sagen: “Sag mal, hallo? Hallo, wach? Wie wär’s?” Nicht verkehrt.

Mit Dank an @tobylix für den Hinweis!

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Eine Woche mit Clubhouse, Sparkurs beim “Stern”, Live-Nacht

1. Eine Woche mit Clubhouse: Wohin soll das alles führen?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
“In dem einen Channel singt Philipp Amthor, in dem anderen reden Journalisten mit Rechten – und Thomas Gottschalk schafft es gar nicht erst, sich einzuloggen.” Zumindest in der deutschen Medienwelt wird seit Tagen über die Livetalk-App Clubhouse gesprochen. Matthias Schwarzer blickt angenehm distanziert und ironisch auf das muntere Treiben auf der neuen Plattform: “Zeitweise glich Clubhouse in seinen ersten Tagen einer sehr lauten Schulklasse voller Anwaltskinder. Keiner hatte wirklich etwas zu sagen, aber alle mussten etwas sagen. Die Fomo [fear of missing out] traf sie wie ein Faustschlag – wer jetzt nicht mitdiskutierte war ein Niemand. Und man wartete so sehnsüchtig auf das eine introvertierte Kind mit dem klugen Gedanken, das beim Aufzeigen nicht schnipst.”

2. ZDF zufrieden, ARD zerknirscht: Die Lehren aus der Live-Nacht von Washington
(uebermedien.de, Daniel Bouhs)
Außergewöhnliche Ereignisse wie der Sturm auf das Kapitol ziehen oft eine Diskussion über die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender nach sich. Daniel Bouhs hat sich umgehört, wie zufrieden ARD und ZDF mit ihrer eigenen Leistung sind.

3. Wie die Kapitol-Stürmer mit rechten Live-Videos Geld machen
(deutschlandfunk.de, Sinje Stadtlich, Audio: 4:47 Minuten)
Als am 6. Januar das Kapitol gestürmt wurde, gab es diverse Livestreams vom Geschehen. Einige der Angreifer haben daraus ein lukratives Nebengeschäft gemacht und ihre Bilder auf der rechtsdominierten Plattform DLive angeboten. Einer der Streamer habe mit den Bildern vom Kapitol-Sturm 2.000 Dollar verdient. Er sei mittlerweile festgenommen worden, und man habe seinen Account gelöscht. Was aber nicht heiße, dass nicht andere Rechtsextreme dort weiterstreamen würden.

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4. Social Media tut dem Journalismus einfach nicht gut, alles in allem.
(twitter.com, Jan-Eric Peters)
Der vormalige “Welt”-Chef und jahrzehntelange Springer-Mann Jan-Eric Peters leitet seit Anfang Januar die Geschäfte der “NZZ Deutschland” in Berlin. In einem Thread erklärt er, warum aus seiner Sicht Social Media dem Journalismus nicht gut tue. Sein kurzer Zwischenruf ist auch auf Facebook verfügbar.

5. Starker Journalismus in Zeiten der Krise
(verdi.de, Bärbel Roben & Helma Nehrlich & Karin Wenk)
Beim 34. Journalismustag der Gewerkschaft dju waren diesmal nur wenige Referent:innen im Berliner ver.di-Haus vor Ort. Die Konferenz fand weitgehend digital statt. Wer nicht dabei sein konnte, findet in dem Beitrag einen guten Überblick über die behandelten Themen. Spätestens heute Abend wolle man zusätzlich einen Videomitschnitt der Veranstaltung bei Youtube anbieten.

6. G+J-Betriebsrat fürchtet Imageschaden durch Sparkurs beim “Stern”
(meedia.de, Gregory Lipinski)
Die Sparmaßnahmen beim “Stern” hören nicht auf. Nachdem das Magazin bereits die Politik- und Wirtschaftsredaktion abgeben musste, wolle der Verlag Gruner+Jahr nun auch die Pressedatenbank mit zehn Mitarbeitenden dichtmachen. In einer Stellungnahme des Betriebsrats heißt es: “Der Redaktionsbeirat des Stern hat die Maßnahme in einem Brief an die Chefredaktion aufs Schärfste verurteilt. Auch der Betriebsrat hat die Geschäftsführung eindringlich vor der Umsetzung der Pläne gewarnt. Sie können das Image der Marke Stern beschädigen. Sie erzeugen schon jetzt Negativ-Schlagzeilen über den Stern und Gruner + Jahr. Und sie erzeugen massive Sorgen und Ängste in der Belegschaft – weit über die Stern-Redaktion hinaus.”

Bundespresseförderung, Angriffe auf Journalisten, Leben nach Töpperwien

1. “Wir wissen es nicht”
(journalist.de, Jan Freitag)
Gegen den Branchentrend meldet die “Zeit” wachsende Zahlen. Der “journalist” hat sich mit “Zeit-Online”-Chefredakteur Jochen Wegner über die Gründe unterhalten. Einer davon sei die aktuelle Pandemie: “So zynisch das klingt: Die Corona-Krise hat auch Gutes bewirkt. Sie hat uns etwa gezeigt, wo unsere Zukunft und die des Qualitätsjournalismus liegen könnte. Die gute Entwicklung von Zeit Online hat gewiss mit dem Ansatz zu tun, aktuelle, evidenzbasierte Berichterstattung zu stärken.”

2. Kurs halten lohnt sich
(jungewelt.de, Simon Zeise)
Die “junge Welt” berichtete 2019 über die Behinderung von Betriebsratswahlen bei einem Biolebensmittelhändler, was diesem gar nicht gefiel. Das Unternehmen erwirkte eine einstweilige Verfügung mit der Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000 Euro alternativ Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Die Redaktion blieb bei ihrer Version und legte erfolgreich Widerspruch ein. Die Richter hätten die Klage des Konzerns bis auf einen Punkt abgelehnt: “Als Lehre bleibt: Unrecht darf öffentlich benannt werden. Auf dass sich Arbeiter weiter gegen ihre Ausbeuter zur Wehr setzen.”

3. Politischer Korrespondent in Berlin: Einfach mal in Ruhe zuhören
(rnd.de, Markus Decker)
Markus Decker blickt zurück auf seine vergangenen 20 Jahre als politischer Korrespondent in Berlin. Eine mit Anekdoten gespickte Zeitreise, die auch zeigt, wie sich die Außenwahrnehmung seines Berufsstands geändert hat: “Dass ein Journalist morgens ins Büro geht und wie ein Bäcker oder Metzger ehrlichen Herzens versucht, das Beste zu geben, scheint manchen Bürgern nicht mehr vorstellbar. Derlei Wutbürgerei macht mich gelegentlich zu einem wütenden Korrespondenten. Selbst in jenen linken Kreisen, die Donald Trump für das Allerletzte halten, hat sich die Trump-Vokabel ‘Fake News’ eingebürgert. Wir sind, soweit ich sehen kann, die einzige Berufsgruppe, der bei Fehlern Absicht unterstellt wird.”

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4. Warum die Bundespresseförderung ihre Ziele verfehlen wird – und wie es besser gehen könnte
(meta-magazin.org, Christopher Buschow)
Wer sich zum Pro und Contra der Bundespresseförderung einlesen möchte, dem sei dieser Text empfohlen. Christopher Buschow, Junior-Professor für Medienmanagement an der Uni Weimar, geht auf die wesentlichen Kritikpunkte an der Förderlinie ein und überlegt, wie es besser funktionieren könnte.

5. Arbeiten unter Pressefeinden
(taz.de, Anne Fromm)
Die Anzahl der Angriffe auf Jour­na­lis­ten und Journalistinnen hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Ein Großteil sei von “Querdenker”- und Anti-Corona-Maßnahmen-Demos ausgegangen. Anne Fromm kommentiert: “Es ist schon ein interessanter Gegensatz. Wenn eine taz-Autor*in polemisch in einer Kolumne die Polizei kritisiert, läuft der Bundesinnenminister die Wände hoch und droht mit einer Strafanzeige. Wenn der Presserat die Innenminister bittet, die Polizei zum Schutz der Presse mehr in die Pflicht zu nehmen, passiert: nix. Und das bei 252 Angriffen auf Journalist*innen in einem Jahr.”

6. Da muss man kein Wurstfan sein
(sueddeutsche.de, Holger Gertz)
Holger Gertz erinnert an die Verdienste der jüngst in den Ruhestand getretenen Livereporterin und WDR-2-Sportchefin Sabine Töpperwien: “Wenn also Sabine Töpperwien nicht mehr in der Bundesligakonferenz auftaucht, ist sie trotzdem noch da. Als Pionierin. Sie hat den anderen eine Schneise freigeschlagen, an ihr haben sich die Platzhirsche abreagiert (Otto Rehhagel, seines Zeichens Otto der Große beziehungsweise Rehhakles: ‘Sie haben doch noch nie den Schweiß einer Kabine gerochen.’) Aber sie ist nicht bitter geworden unter dem Druck dieser und anderer Unverschämtheiten. Nicht bitter werden, ist eine große Lebensleistung.”

“taz” überholt “Welt”, Jauch siegt im Clickbait-Prozess, Intendanten-Talk

1. Zeitungs-Auflagen: “Zeit” wächst massiv mit Print und Digital, “taz” überholt “Welt”
(meedia.de, Jens Schröder)
Die aktuellen IVW-Auflagenzahlen haben spektakuläre Ausschläge: Die Wochenzeitung “Zeit” konnte gegen den allgemeinen Abwärtstrend 15 Prozent hinzugewinnen. “Bild” verlor erneut und hat nunmehr die schlechtesten Zahlen seit 1953. Besonders dramatisch fällt das Auflagenminus bei der Tageszeitung “Welt” aus. Dort musste man einen Rückgang von 37 Prozent hinnehmen: “Hier spielt zwar auch die Einstellung der ‘Welt kompakt’ eine Rolle, aber vermutlich nicht die einzige Rolle. Mit nur noch 41.661 Abos und Einzelverkäufen fällt die ‘Welt’ diesmal sogar hinter die ‘taz’ zurück, die dank gesteigerter E-Paper-Abos 1,2% hinzu gewann”, schreibt Jens Schröder.

2. Neues Urheberrecht – Entrechtung oder Befreiungsschlag?
(zeit.de, Heinrich Wefing & Uwe Jean Heuser)
Der “FAZ”-Herausgeber Carsten Knop und der Youtuber Rezo haben sich zum Streitgespräch über die EU-Urheberrechtsreform getroffen, die noch in nationales Recht umgesetzt werden muss. Lesenswert, auch wegen Rezos Direkte-Ansage-Rhetorik: “Du schmeißt ohne Belege mit dicken Kloppern wie ‘Enteignung’ oder ‘Zwangskollektivierung’ durch die Gegend, obwohl Rechte gegenüber heute gestärkt werden.”

3. “Stern” verliert ein Stück Autonomie
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 3:30 Minuten)
Zukünftig muss der “Stern” ohne eigenes Politik- und Wirtschaftsressort auskommen. Das Verlagshaus Gruner und Jahr hat eine Zentralredaktion eingerichtet, die “Stern”, “Capital” und “Business Punk” mit Inhalten beliefert. Der Journalistik-Professor Frank Lobigs erwartet weitere derartige Konzentrationen: “Das ist der Startschuss dazu, dass man zentrale Themenredaktionen auch in nächster Zeit dann sehen wird bei Gruner und Jahr.”

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4. Großes zu verkünden
(taz.de, Steffen Grimberg)
Der scheidende Intendant des Bayerischen Rundfunks Ulrich Wilhelm hat sich vom eigenen Sender interviewen lassen und musste dabei keine allzu kritischen Fragen befürchten. Ein Beispiel: “Sie haben ja die größte Reform in der Geschichte des Bayerischen Rundfunks angestoßen. Wenn Sie jetzt nach zehn Jahren Bilanz ziehen: Wie erfolgreich waren Sie mit Ihren Mitarbeitern und was hat es Bayern gebracht?” Steffen Grimberg kommentiert: “Ulrich Wilhelm ist ein guter Redner und Überzeuger. Einer, der eigentlich geeignet wäre, das sperrige öffentlich-rechtliche System glaubwürdig rüberzubringen. Dass er so etwas kann, hat er als Regierungssprecher von Angela Merkel bewiesen. Als Intendant und ARD-Vorsitzender hat er das kaum gemacht.”

5. Twitter sperrt chinesische Botschaft in den USA
(spiegel.de)
Twitter hat den Account der chinesischen Botschaft in den USA wegen eines Tweets zum Umgang mit der Minderheit der Uiguren gesperrt. In dem Tweet habe gestanden, uigurische Frauen seien nicht länger “Gebärmaschinen” (“baby making machines”). Für ein besseres Verständnis der Sachlage lohnt ein “Spiegel”-Artikel über vermutete Zwangssterilisierungen in China: “Die chinesische Staatspartei KP unterhält in der Region Xinjiang Internierungslager für die muslimische Minderheit der Uiguren. Dort werden Frauen offenbar zur Sterilisierung und sogar zur Abtreibung gezwungen.” (spiegel.de, Bernhard Zand)

6. Günther Jauch siegt im Clickbait-Prozess gegen “TV Movie”
(dwdl.de, Manuel Weis)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Rechtsstreit zwischen Günter Jauch und der “TV Movie” dem Fernsehmoderator Recht gegeben. Jauch ist gegen die Programmzeitschrift der Bauer Media Group vorgegangen, weil diese sein Bild für ein geschmackloses Clickbait-Posting (“Krebserkrankung”) auf Facebook verwendet hatte. Ein Landgericht hatte Jauch daraufhin 20.000 Euro zugesprochen, was nun vom BGH bestätigt wurde.

Es ist kompliziert, Kaschierte Politwerbung, Streaming boomt

1. Löschstatus – es ist kompliziert
(zeit.de, Lisa Hegemann & Meike Laaff & Jakob von Lindern)
Spätestens nach dem plattformübergreifenden Rauswurf von Donald Trump ist die Diskussion über die Verantwortung von Social-Media-Konzernen in der Öffentlichkeit angelangt: “Üben die Unternehmen nur ihr Hausrecht aus, so wie ein Wirt eben auch einen rüpeligen Gast rauswerfen darf? Greifen sie in die Meinungsfreiheit ein? Oder gar in die Demokratie, weil sie einem Staatsoberhaupt ein wichtiges Sprachrohr nehmen? Oder sehen wir einfach derzeit den Moment, in dem die Plattformen nicht länger so tun können, als stünden sie als unbeteiligte Beobachter am Spielfeldrand?” Die Analyse von “Zeit Online” hat nicht auf alles eine Antwort, stellt aber die richtigen Fragen.

2. YouTube verlängert Sperre von Trumps Nutzerkonto
(spiegel.de)
Aus Furcht vor Anstiftung zu Gewalt hat Youtube Donald Trumps Nutzerkonto für eine weitere Woche gesperrt. Kommentare unter Videos des Kanals seien “weiterhin auf unbestimmte Zeit deaktiviert”. Damit ist Trump der Zugang zu wichtigen Onlineplattformen nach wie vor versperrt: Auch Twitter, Facebook, Snapchat und Twitch haben den Ex-Präsidenten von ihren Plattformen verbannt.

3. Mehr als doppelt so viele Angriffe auf Journalisten
(sueddeutsche.de, Florian Flade & Ronen Steinke)
Die Bundesregierung hat auf Anfrage der Grünen offizielle Zahlen zu Angriffen auf Medienschaffende im Jahr 2020 mitgeteilt. Bundesweit habe es 252 Straftaten “gegen Medien” gegeben. Die Zahl der Vorfälle habe sich damit im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verdoppelt.

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4. Heute im Ausverkauf: Journalismus
(republik.ch, Elia Blülle)
Noch vor einem Jahr habe der Schweizer Medienkonzern Ringier beteuert, keine als Journalismus getarnten politischen Anzeigen zu schalten. Nun sei genau das passiert: Der Verlag habe auf seinen Medienportalen Native Ads zur kommenden Abstimmung über das Gesetz zur E-ID, einer elektronischen Identitätskarte, platziert. Elia Blülle kommentiert: “Kaschierte Polit­werbung schädigt die Meinungs­bildung und verfeuert das einzige Kapital, das der sogenannte Qualitäts­journalismus noch hat: das Vertrauen seiner Kundschaft.”

5. Die lokalen Hoffnungsträger
(deutschlandfunk.de, Peter Weissenburger, Audio: 5:07 Minuten)
In den USA genössen die lokalen Zeitungen, Radio- und TV-Stationen noch ein breites Vertrauen in der Bevölkerung. Dies sei Chance und Gefahr zugleich, so Peter Weissenburger im Deutschlandfunk: “Verschwörungsmythen und billige Aufreger werden zur kostengünstigen Alternative zu guten Recherchen.”

6. Netflix vermeldet mehr als 200 Millionen Abonnenten
(wuv.de, dpa)
Netflix hat mittlerweile mehr als 200 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten. Die aktuellen Zahlen hätten die eigene Prognose und die Erwartungen der Analysten deutlich übertroffen: Allein im laufenden (vom Zuhause-Bleiben geprägten) Jahr seien 37 Millionen Abos dazugekommen. Doch auch die anderen Streamingdienste erlebten während der Corona-Pandemie einen Boom. So sieht sich Netflix zunehmend dem Druck der Mitbewerber ausgesetzt.

Inauguration Day, Wir alle sind Bosbach, Steingarts Seemannsgarn

1. Journalisten in Kampfmontur
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Heute findet in Washington die Amtseinführung des US-Präsidenten Joe Biden statt. Seit Tagen gleicht die Stadt einem Militärstützpunkt mit Straßensperren und Kontrollpunkten. Für den reibungslosen Ablauf der Inauguration sollen rund 25.000 Nationalgardisten sorgen. Journalisten und Journalistinnen würden sich auf das Event wie auf einen Kriegseinsatz vorbereiten samt Schutzausrüstung, kugelsicherer Weste und Bodyguard. Reporterin Katie Miller (“Washington Post”) schreibt dazu auf Twitter: “Ich habe mir gerade einen neuen Wintermantel gekauft, der über die kugelsichere Weste passt, damit ich sicher (und warm) von der Amtseinführung des nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten berichten kann. Wie absurd ist das eigentlich?”

2. Trumps Verbannung von Social Media – Kritiker verkennen Gesetze
(netzpolitik.org, Julia Reda)
Angela Merkel äußerte sich vergangene Woche kritisch zur Twitter-Sperre von Donald Trump und meldete juristische Bedenken an. Darüber ist Julia Reda verwundert: “Diese Aussage ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Denn es gibt sehr wohl einen rechtlichen Rahmen für die Moderation von Inhalten auf Social Media-Plattformen in den USA, an dem sich Twitter und Facebook orientiert haben. Außerdem wäre die Entscheidung in Deutschland, wo das Netzwerkdurchsetzungsgesetz den rechtlichen Rahmen absteckt, vermutlich genauso ausgefallen.” In ihrem Beitrag beschreibt Reda, wie eine zeitgemäße europäische Plattformregulierung aus ihrer Sicht aussehen sollte.

3. “Bild” veröffentlicht keine Rügen des Presserates mehr in der gedruckten Zeitung
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der Verlag Axel Springer hat sich, wie viele andere Medienhäuser, gegenüber dem Presserat verpflichtet, Rügen “in dem jeweils betroffenen Medium aktualitätsnah und in angemessener Form zu publizieren”. Die “Bild”-Redaktion fühlt sich an die Selbstverpflichtung anscheinend nicht gebunden: Bereits seit eineinhalb Jahren habe die gedruckte “Bild” keine der gegen sie ausgesprochenen Rügen veröffentlicht, berichtet “Übermedien”. Einen Grund dafür habe der Verlag auf Nachfrage nicht genannt. Da “Bild” sich so sperrig in Sachen Fehlerkultur gibt, erinnert Medienkritiker Stefan Niggemeier an einige der gerügten Verstöße des Boulevardblatts.

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4. Durch- und weggezappt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Die Meldung klingt zunächst positiv: “Das NDR-Medienmagazin ‘Zapp’” baut sein Online- und Social-Media-Angebot aus”. Dahinter steckt jedoch ein rigoroses Sparprogramm. Die Sendung wird zukünftig nicht mehr im Wochenrhythmus, sondern nur noch einmal im Monat im NDR-Fernsehen zu sehen sein. Steffen Grimberg befürchtet negative Folgen durch Etatkürzung und Umstrukturierung: “Was passiert, wenn die garantierte ‘Abwurfstelle’, also die Fachsendung, verloren geht oder drastisch beschnitten wird, konnte man bei der Zeit oder im Spiegel besichtigen. Seitdem hier die Medienseite(n) beziehungsweise die Medienressorts abgeschafft wurden, hat die Zahl der verhandelten Medienthemen massiv abgenommen.”

5. Seemannsgarn von der «Pioneer One»: Wie der Berliner Medienunternehmer Gabor Steingart die Geschichte eines möglichen Parteiwechsels von Friedrich Merz in die Welt setzte
(nzz.ch, Marc Felix Serrao)
Steht CDU-Politiker Friedrich Merz vor einem Wechsel zur FDP, wie der Publizist Gabor Steingart in seinem Newsletter “Morning Briefing” zu wissen glaubte? Keineswegs, wie der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner auf Twitter in einem Statement klarstellt und juristische Schritte gegen die Berichterstattung ankündigt: “Berichte von Gabor Steingart über einen angebotenen Parteiwechsel sind aber (wieder mal) Fake News. Gemeinsam wehren Friedrich Merz und ich mich anwaltlich dagegen.”

6. Endlich wieder loslabern
(zeit.de, Daniel Erk)
Daniel Erk hat sich bei der neuen Plapper-App Clubhouse umgeschaut: “Wenn es einen Ort gibt, dessen Leitspruch ‘Es ist alles gesagt, aber noch nicht von allen’ lautet, dann Clubhouse, dieses nicht enden wollende Stammtischgespräch. Und nicht zufällig ist eines der in Deutschland derzeit erfolgreichsten Formate eine tägliche Lunchrunde im Regierungsviertel. Twitter ist eine Hölle redundanter Diskussionen unter Politikstudierenden und Instagram eine Hölle ewiger Dia-Abende von Menschen mit Modelambitionen. Clubhouse dürfte langfristig die Hölle der Talkshowgesellschaft werden. Schon bald werden wir merken: Wir alle sind Wolfgang Bosbach. Allzeit bereit, halbinformiert zu labern.”

Antwort auf Rundumschlag, Corona-Fake-News im Briefkasten, Clubhouse

1. Wenn Schwarz-Sein zum Makel wird
(volksverpetzer.de, Jasmina Kuhnke)
Vergangene Woche holte Fatina Keilani im “Tagesspiegel” zum Rundumschlag aus: Aus der Mission “Rassismus bekämpfen” hätten einige Personen ein Geschäftsmodell gemacht, “sei es als Buchautorin, Ex-Journalist und Buchautor, Talkshow-Dauergast oder twitternde Vierfachmutter”. Nun melden sich die dort Angesprochenen zu Wort. Die als “twitternde Vierfachmutter” umschriebene Jasmina Kuhnke schreibt in ihrer Antwort: “Die Autorin beweist jedoch ein großes Verständnis für Humor, indem sie Aktivist*innen wie mir vorwirft, vom Kampf gegen Rassismus zu profitieren. Immerhin war keiner ihrer Beiträge bisher auch nur ähnlich erfolgreich, wie der, den sie über uns und unseren Aktivismus schrieb.” Der als “Ex-Journalist und Buchautor” umschriebene Hasnain Kazim antwortet beim “Tagesspiegel”: “Bisher kannte ich den Vorwurf, mein ganzes berufliches Treiben sei nichts als ein Jammern über einen erfundenen, eingebildeten Rassismus, nur aus der rechten Ecke.” Der vermutlich mit der Bezeichnung “Talkshow-Dauergast” gemeinte Stephan Anpalagan hat sich auf Facebook den nötigen Raum für seine Antwort genommen. Sein etwas sarkastisches Resümee: “Der Tagesspiegel verdient sein Geld unter anderem mit Webseitenwerbung, die umso höher ausfällt, je häufiger ein Artikel geklickt wird. Man könnte fast meinen, Rassismus sei ein lohnendes Geschäftsmodell.”

2. Der Trump-Twitter-Komplex: Unbeantwortbare Fragen und einfache Mechanismen
(medienkorrespondenz.de, Christian Bartels)
In Zusammenhang mit dem “Trump-Twitter-Komplex” fragt Christian Bartels: “Sollten Anbieter sogenannter sozialer Medien, bei denen es sich ja um von Profit-Interessen getriebene Konzerne handelt, Vertreter demokratisch gewählter Regierungen einschränken oder sogar stummschalten können? Sollten demokratisch gewählte Regierungen sozialen Medien Regeln geben, die die Meinungsfreiheit und ihre Grenzen klar umreißen, obwohl ja gerade Trump gut verkörpert, dass demokratisch gewählte Regierungen auch nicht immer gut und richtig handeln?” Historische Beispiele gebe es keine. Man könne trotzdem einige Erkenntnisse und Lösungsansätze ableiten.

3. Abseits digitaler Kontrolle: Corona-Fake-News im Briefkasten
(br.de, Julia Ley)
Verschwörungserzählungen werden meist über die Sozialen Medien verbreitet. Kritiker der Corona-Maßnahmen brächten ihre Desinformationen jedoch zunehmend über analoge Medien wie Flyer, Broschüren und Briefe unter die Leute. Julia Ley ist der Frage nachgegangen, warum in diesem Bereich so häufig auf den Desinformations-Übermittler Papier gesetzt wird.

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4. Deutschlandradio kündigt Tarifvertrag
(mmm.verdi.de)
Eigentlich hat das Deutschlandradio einen Tarifvertrag unterzeichnet, doch der wurde nun mittels Sonderkündigungsrecht aufgekündigt. Der vom Sender angegebene Grund: Wegen der Blockade Sachsen-Anhalts bei der Erhöhung des Rundfunkbeitrags würden die nötigen Einnahmen für den laufenden Haushalt fehlen.

5. “Es setzt Gewöhnung ein”
(taz.de, Anne Fromm)
Anne Fromm hat sich mit der ZDF-Moderatorin Petra Gerster über das Thema Gendern unterhalten. Gerster habe sich schon lange mit dem Thema Gleichberechtigung beschäftigt: “Ich bin Feministin seit meinem 14. Lebensjahr und hatte immer die naive Vorstellung, Geschichte verlaufe linear, in Richtung Fortschritt. Den gibt es zweifellos. Heute müssen Frauen nicht mehr, wie in den 70ern, ihren Ehemann fragen, ob sie arbeiten dürfen. Aber im Bundestag sitzen heute weniger Frauen als vor 20 Jahren. Das ist ernüchternd. Wie die Tatsache, dass in unseren Nachrichtenfilmen immer noch viel zu wenige Frauen auftreten.”

6. Was ist Clubhouse und wenn ja, warum?
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Medienexperte Thomas Knüwer ist im Clubhouse-Rausch. Über das Soziale Audio-Netzwerk können sich iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer zu Livegesprächen zusammenfinden. Knüwer kann der Kommunikations-App viel Positives abgewinnen, endgültig festlegen möchte er sich trotz aller Begeisterung jedoch nicht: “Ist Clubhouse also dauerhaft heißer Scheiß? Wer behauptet, das jetzt schon beurteilen zu können, lügt – oder hat ein Selbstbewusstsein von Trump’schem Ausmaß.”
Weiterer Lesehinweis: Hype-App Clubhouse erstellt Schattenprofile: “Die Social-Media-App Clubhouse setzt auf virales Marketing per Einladung – das klappt nur mit einem schwierigen Verständnis von Datenschutz.” (golem.de, Sebastian Grüner/dpa)

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