Was haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fußball-Bundesligaklubs FC Bayern München, Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach, RB Leipzig und Hertha BSC gemeinsam? Ihre Familien sind seit dieser Woche in Gefahr – jedenfalls nach Logik von Julian Reichelt.
Als das Medienmagazin “kress” 2017 Reichelts Gehalt schätzen wollte, sagte der “Bild”-Chef, dass er das nicht wolle, weil – so schrieb “kress” – “eine Schätzung seines Gehalts das Risiko finanziell motivierter Straftaten gegen seine Familie erhöhen würde”.
Doch was laut Julian Reichelt für Julian Reichelt gilt, muss aus Sicht von Julian Reichelt ja nicht für andere Menschen gelten. Und so gibt es seit Montag eine neue “Bild”-Serie: “DIE GEHEIMEN GEHÄLTER DER BUNDESLIGA”. Bisher waren die fünf oben genannten Klubs dran. “Bild” verrät, was die Team-Managerin des FC Bayern München oder der Stadionsprecher von Hertha BSC oder der Jugendkoordinator des BVB oder der Busfahrer von RB Leipzig oder der Chef-Greenkeeper von Borussia Mönchengladbach pro Monat “nach BILD-Informationen” so verdienen:
Bei den übrigen 13 Bundesligaklubs gibt es noch reichlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Familien die “Bild”-Redaktion nach Logik ihres eigenen Chefs in den kommenden Tagen in Gefahr bringen kann.
Wen Julian Reichelt nach Julian-Reichelt-Logik sonst noch in Gefahr gebracht haben könnte:
1. “Bunte” widerruft Titelgeschichte über Helene Fischer und den Vater ihres Freundes (uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Karl May hat sich seine Wildwest-Geschichten wenigstens komplett ausgedacht. Die stellvertretende “Bunte”-Chefredakteurin Tanja May (nicht verwandt und nicht verschwägert) fantasiert sich zwar auch eine Menge zusammen, verwendet dabei aber real existierende Menschen und schlägt Profit aus ihnen. Aktuell muss die “Bunte” eine von May verfasste Titelgeschichte über Helene Fischer und den Vater ihres Freundes widerrufen. Boris Rosenkranz ist der Sache auf “Übermedien” nachgegangen.
2. Gnihihi, Parodie (zeit.de, Matthias Kalle)
Matthias Kalle nimmt auf lesenswerte Weise die Kabarett-Disziplin Politikerimitation auseinander. Anlass ist für ihn der Kabarettist Florian Schröder, der mit seiner Karl-Lauterbach-Imitation bei Dieter Nuhr im Ersten vor allem eines bewiesen habe: “Politiker-Imitationen sind das Unlustigste, was es gibt. Die Kunstform scheint komplett aus der Zeit gefallen zu sein, vielleicht war es sie aber schon immer, nur ist es einem in den Achtziger- und Neunzigerjahren einfach nicht aufgefallen.” Kalle weiter: “Florian Schröder will nichts aufdecken. Er will einfach nur so sein wie Karl Lauterbach. Oder wie irgendjemand sonst.”
Weiterer Lesehinweis: Beim “journalist” gibt es aktuell ein ausführliches Interview mit Florian Schröder: “Jeder gute Satiriker braucht einen noch besseren Journalisten” (journalist.de, Thilo Komma-Pöllath).
3. Heftige Kritik an Kurzfilmwettbewerb von ARTE (beta.blickpunktfilm.de, Frank Heine)
Der deutsch-französische Kulturkanal Arte hat eine Ausschreibung gestartet (“Regisseurin gesucht”), die aus gleich mehreren Gründen auf Ablehnung stößt. Die Autorinnen und Regisseurinnen Pary El-Qalqili und Biene Pilavci haben sich mit einem Offenen Brief direkt an den Sender gewandt. Ihre Hauptvorwürfe: Die Ausschreibung fördere keine strukturelle gleichberechtigte Teilhabe von Regisseurinnen. Die Vorgabe des Themas “Unbeschreiblich weiblich” reduziere die Einreichungen auf die Themen der vermeintlichen Weiblichkeit. Die Ausschreibung sei auf Nachwuchsregisseurinnen beschränkt, und der Sender erwarte die unentgeltliche Anfertigung der Beiträge. Ihrem Offenen Brief haben sich zahlreiche Verbände, Vereine und namhafte Regisseurinnen angeschlossen.
4. Die eigentlichen Corona-Opfer kommen in den Medien viel zu kurz (riffreporter.de, Peter Spork)
Der Wissenschaftsjournalist Peter Spork denkt über die Corona-Berichterstattung nach, deren Fokus oft auf Menschen liege, die in ihrer Freizeitgestaltung beeinträchtigt sind oder die um das wirtschaftliche Überleben kämpfen: “Verstehen Sie mich nicht falsch: Viele dieser Schicksale sind hart. Sie sind auch berichtenswert. Aber der Gedanke drängt sich auf, hier wird gesamtgesellschaftlich etwas verdrängt. Ist die wahre Krise nicht eine andere, sehr viel bedrohlichere? All den betroffenen Menschen, denen die deutschen Medien derzeit so gerne zuhören, ist eines gemein: Sie haben keine Coronainfektion. Sie sind gesund. Sie leben in der Lockdown-Krise. Von der Corona-Krise erfahren wir fast nichts.”
5. Berliner Justiz übernimmt den Fall Attila Hildmann (sueddeutsche.de, Florian Flade & Ronen Steinke)
Der Kochbuchautor Attila Hildmann ist nicht nur Objekt der Medienberichterstattung, sondern so etwas wie ein eigenes Medium: Auf seinem Telegram-Kanal (ca. 120.000 Abonnenten) sendet er nahezu ohne Unterlass verschwörungsideologische Botschaften in die Welt, die teils als antisemitisch und rechtsextrem eingestuft werden. Nachdem sich bei der Brandenburger Justiz seit Monaten mehr oder weniger folgenlos die Anzeigen gegen Hildmann angesammelt hätten, habe nun die Staatsanwaltschaft Berlin den Fall übernommen. Die Akten aus Brandenburg seien bereits in Berlin eingetroffen – angeblich 60 Bände sowie weitere 33 Fallakten.
6. Instagram-Account von Papst Franziskus liked Bild von Nacktmodel (futurezone.at)
Es steht noch nicht fest, ob Papst Franziskus höchstpersönlich auf Instagram ein Foto des brasilianischen Models Natalia Garibotto geliket hat. Was jedoch feststeht: Dass sein Instagram-Account das (mittlerweile zurückgezogene) Like für ein Bild des Nacktmodels gesetzt hat. Der Vatikan habe eine Untersuchung eingeleitet und wolle herausfinden, wie es dazu kam.