Archiv für März, 2015

Tilo Jung, Peter Sloterdijk, VPRT

1. “Drei in einem Boot”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Gemäß einem “Spiegel”-Bericht hat der Verband Privater Rundfunk und Telemedien VPRT eine Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen den Rechercheverbund von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” eingelegt: “Dieser Verbund, so der VPRT, verzerre den Wettbewerb und entspreche nicht dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Er lasse die von allen Beitragszahlern entrichtete Gebühr auch der SZ zugutekommen, stelle mithin eine kommerzielle Tätigkeit dar, verschaffe der Zeitung unbezahlbare crossmediale Vorteile und verstoße gegen das Rundfunk-, das Vergabe- und das EU-Beihilferecht.”

2. “Media blackout: would I be happier if I didn’t read the news?”
(theguardian.com, Jesse Armstrong, englisch)
Jesse Armstrong, nach eigenen Angaben ein “heavy user” von News, konsumiert während einem Monat keine Nachrichten: “Well, at this point in my life, is there any chance I will change my essential views? I’ve developed a herd-immunity theory of the news: it is probably important someone is reading about all the horrible and boring things in the world. But does that need to be me? I know how I will vote. I’m signed up to my pathetic monthly direct debits to charities and campaigning organisations. I have built a confirmation bias so strongly into my own fabric that it’s hard to imagine a fact that could wonk me. At some level, the news has become a vast apparatus for continually proving me right in my pre-existing prejudices about the world.”

3. “Ein Fehltritt, schon sind alle auf der Palme”
(faz.net, Rainer Meyer)
Die Diskussion um einen Instagram-Beitrag von Tilo Jung und seine Beziehung zu Krautreporter.de: “Der komplizierte und von diversen Interessen geprägte Konflikt macht deutlich, wie riskant die Idee werden kann, sich direkt über Leser zu finanzieren, die es zudem gewohnt sind, ihre Kritik schnell und deutlich zu äußern.”

4. “Der Fall Tilo Jung und die Empörung über die Empörung”
(publikative.org, Patrick Gensing)
Auch Patrick Gensing schreibt über Tilo Jung: “Er lässt die von ihm ausgewählten Leute ausführlich zu Wort kommen, so dass sich die Zuschauer aus einem Wust von Statements nicht nur die relevanten Stellen raussuchen sollen, sie sollen diese auch noch einordnen bzw. auf Glaubwürdigkeit / Wahrheitsgehalt überprüfen. Da wo die Arbeit des Journalisten anfängt, hört Jung & Naiv sozusagen einfach auf.”

5. “‘Der Zeitgeist ist heute grün, 
und der ist in mir auch am Werk'”
(tagesanzeiger.ch, Rudolf Burger)
Peter Sloterdijk hat sich kürzlich einen neuen Fernseher einbauen lassen, “aber nur, um festzustellen, dass ich ihn nicht brauche”: “Fast jedes Mal, wenn ich doch noch fernsehe, beobachte ich Dinge, die mir nicht gefallen. An manchen Tagen gibt es nur noch Müll, der unterbrochen wird von Abfall, der unterbrochen wird von Schwachsinn.”

6. “Missverständliche Titel II: ‘BZ'”
(blogs.taz.de/reptilienfonds, Jakob Hein)

Sterben live (2)

Gestern ist vor der Küste Mexikos ein Boot mit einem Wal kollidiert. Dabei erlitt eine 35-jährige Frau so schwere Verletzungen, dass sie wenig später verstarb. Und weil aus irgendeinem Grund auch ein Fotograf anwesend war, der festhielt, wie die Freunde nach dem Unglück verzweifelt versuchen, die Frau wiederzubeleben, haben Bild.de und andere Medien nun auch das passende Bildmaterial, um den Pressekodex mal wieder mit Füßen zu treten:

Bild.de:
Wal erschlägt Frau in Mexiko - Hier kämpfen die Retter vergeblich um das Leben der Touristin [dazu ein Foto, auf dem die Retter versuchen, die Frau wiederzubeleben]

Blick.ch:
Der verzweifelte Kampf um das Leben des Wal-Opfers [dazu das gleiche Foto, noch näher rangezoomt]

20min.ch:
Hier kämpfen die Helfer um Jennifer K[...]s Leben - Jennifer K[...] wollte in Mexiko schöne Ferien verbringen. Dann traf ein Wal das Touristenboot, in welchem die Kanadierin sass, und verletzte sie tödlich. [Dazu das gleiche Foto, noch näher rangezoomt]

In Ziffer 11 des Pressekodex heißt es:

Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid. Die Presse beachtet den Jugendschutz.

Und in Richtlinie 11.1:

Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird. Bei der Platzierung bildlicher Darstellungen von Gewalttaten und Unglücksfällen auf Titelseiten beachtet die Presse die möglichen Wirkungen auf Kinder und Jugendliche.

Apropos Jugendschutz: Die Fotos der sterbenden oder bereits gestorbenen Frau (deren Gesicht immerhin nicht zu erkennen ist, weil ein Tuch darüber liegt) haben es sowohl bei Bild.de als auch bei Blick.ch und 20min.ch bis auf die Startseite geschafft.

Swissleaks, Elektro-Smog, IS

1. “Journalismus aus dritter Hand? Die SZ und ihre Leaks”
(wolfgangmichal.de)
Wolfgang Michal schreibt zu den Swissleaks: “Die Süddeutsche Zeitung präsentierte ihre neueste Datenleck-Story offenbar unter dem Motto: Wir wissen eine ganze Menge, aber wir sagen nix. (…) Im fünften Absatz folgt dann die herbe Enttäuschung, das journalistische April, April: ‘Die Süddeutsche Zeitung wird deren Namen nicht nennen.’ Weil es Ärger mit den Anwälten geben könnte. Weil nicht so recht klar ist, ob das Ganze nicht völlig legal ist. (…) Ja, ne, is klar. Erst zwei volle Breitseiten ‘Enthüllung’ abschießen, um anschließend bei Formulierungen zu landen wie ‘zwar Verdachtsmomente’, ‘könnte sein’, ‘deutet darauf hin’, ‘wird noch geprüft’, ‘ist nicht bekannt’. Und das wird dann an die große Glocke gehängt?”

2. “Eine Frage der Glaubwürdigkeit”
(medienspiegel.ch, Christof Moser)
Christof Moser kritisiert den Umgang von Schweizer Medien mit Native Advertising.

3. “DRadio: Angst essen Journalismus auf”
(aargks.wordpress.com)
Aargks recherchiert den Deutschlandradio-Kultur-Beitrag “Elektro-Smog: Die unsichtbare Belastung” nach.

4. “Propaganda, Wahrheit und der Westen: Was tun?”
(medienwoche.ch, Fabian Baumann)
Fabian Baumann gibt Tipps zum “Umgang mit der russischen Propaganda”: “Wollen die westlichen Medien dem eigenen Anspruch auf Ausgewogenheit nachkommen, ist es zentral, die Einseitigkeit der Putin-Medien zu vermeiden und auch deren Argumente zu Wort kommen zu lassen, zum Beispiel in Interviews mit russischen Politikern und Journalisten. Wenn man auch mit dem allgemeinen Standpunkt der russischen Regierung nicht einverstanden ist, so können einzelne Aspekte davon doch bedenkenswert sein.” Siehe dazu auch “Die Wahrheit liegt eben nicht in der Mitte” (zeit.de, Alice Bota).

5. “Presserat: ‘Krone’ vor ‘Österreich’ mit den meisten Verstößen”
(derstandard.at, Oliver Mark)
35 Verstöße gegen den Pressekodex in Österreich 2014: “Der überwiegende Teil, nämlich 32, ging auf das Konto von ‘Kronen Zeitung’ (16), ‘Österreich’ (11) und ‘Heute’ (5) – jenen drei Boulevardmedien, die sich nicht der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats unterworfen haben.”

6. “Milde Vernunft”
(freitag.de, Romy Straßenburg)
Ein Interview mit Journalist Nicolas Hénin, der von der Terrororganisation Islamischer Staat entführt und während zehn Monaten gefangen gehalten wurde: “Man kann den IS in vielen Punkten mit einer Sekte vergleichen. Es herrschen die gleiche totalitäre Organisation und Konditionierung. Menschen, die einer Sekte entkommen wollen, wird in unserer Gesellschaft Hilfe angeboten. Doch als Dschihadist kannst du nicht einfach aussteigen.”

Momonews, Eric Gujer, Photoshop

1. “Manipulierte Fotos: World-Press-Jury siebt aus”
(ndr.de, Video, 5:23 Minuten)
In der vorletzten Runde des World Press Award konnten jeder fünften eingereichten Fotoarbeit nachträgliche Bildmanipulationen nachgewiesen werden.

2. “Wer sagt denn, dass inszenierte Fotos lügen?”
(welt.de, Ronja Larissa von Rönne, 6. März)
Der Aufgabenbereich des Journalismus müsse mehr “als die Realität und ihr originalgetreues Abbild” umfassen, findet Ronja Larissa von Rönne: “In einer Welt, in der jeder Zwölfjährige seine Bilder durch den Retrofilter schickt, bevor er sie in die sozialen Netzwerke einspeist, wirkt der Photoshop-Bann so veraltet wie das Wort Bandsalat. Je besser arrangiert und schöner aufbereitet ein Bild wirkt, desto mehr Likes und Aufmerksamkeit gibt es. Die ästhetischen Maßstäbe haben sich verändert, die des Fotojournalismus verharren tief in den Zeiten der Analogfotografie und des analogen Daseins.”

3. “Ein Mann legt Dortmund lahm”
(faz.net, Melanie Mühl)
“Mohamed Satiane ist dafür bekannt, Mohamed Satiane zu sein”, schreibt Melanie Mühl über Momonews: “Satiane postet gern Handyvideos, Selfies, mag Hiphop und spielt Fußball. ‘Shades of Grey’ hat er im Kino gesehen, fand er aber doof. Sein Lächeln ist niedlich, die Oberarme sind durchtrainiert. Ansonsten? Nichts. Was er der Öffentlichkeit präsentiert, ist atemberaubend talentfrei. Darin besteht offenbar die Pointe.”

4. “A propaganda merry-go-round: what North Koreans watch on TV”
(theguardian.com, Subin Kim, englisch)
Staatsfernsehen in Nordkorea: “With little diversity on North Korean TV and extensive repetition – schedules show that a majority of the movies are re-runs – perhaps it’s not surprising that South Korean dramas are so popular among ordinary North Koreans, despite harsh penalties if they are caught.”

5. “‘Wir sind kein Parteiblatt'”
(tagesanzeiger.ch, Jean-Martin Büttner und Christian Lüscher)
Ein Interview mit Eric Gujer, dem neuen Chefredakteur der “Neuen Zürcher Zeitung”: “Die Linie der Zeitung ist in den Statuten vorgegeben und bleibt gültig: Die NZZ bleibt eine Zeitung mit liberaler Haltung.”

6. “‘Der überwältigende Rausch blieb aus'”
(nzz.ch, Nina Fargahi)
Ein Interview mit Journalist Reda El Arbi, der während 15 Jahren heroinabhängig war: “Wenn ich die extremen, spannenden und aufregenden Momente in den 15 Jahren Sucht zusammenzähle, komme ich vielleicht auf drei Wochen. Es ist hart, jeden Morgen dem Stoff nachrennen zu müssen, die Leute in seinem Umfeld anzulügen, weil man ein Doppelleben führt, das Geld für die Drogen zu jonglieren, nur damit man abends schlafen kann. Es ist ein langweiliges, eintöniges und sehr anstrengendes Leben.”

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“Die von der ‘Bild’ sind ja nicht doof — aber eben schlechte Menschen”

Seit fast fünf Jahren verkauft Winfried Buck in seinem Kiosk in Hamburg-Ottensen keine „Bild“-Zeitung mehr. Wir haben ihn besucht.

BILDblog: Auf dem Weg hierher habe ich eine Passantin gefragt, wie ich denn zu dem Kiosk komme, bei dem es keine „Bild“ mehr zu kaufen gibt. Sie sagte: „Sowas gibt’s hier nicht. Ein Kiosk ohne ‘Bild’ kann ja gar nicht überleben.“ Nagen Sie schon am Hungertuch, Herr Buck?

Nein, mir geht’s prima. Fairerweise muss man aber sagen, dass hier in dieser Gegend die „Bild“ nicht das vorherrschende Medium ist. Hätte ich jetzt einen Laden im Hamburger Hafen oder im Industriegebiet von Duisburg, dann wäre das sicherlich eine andere Geschichte.

BILDblog: Warum haben Sie damals entschieden, die „Bild“-Zeitung zu boykottieren?

Das war eine ganz spontane Idee. Damals kam diese berühmte Ausgabe raus, die mit dem Sarazzin-Thema …

BILDblog: … “Das wird man ja wohl noch sagen dürfen”.

Buck: Genau. Und da waren der Herr Krause [der ein paar Meter weiter eine Bäckerei betreibt, Anm.] und ich dermaßen wütend, dass wir gesagt haben: Jetzt ist Schluss. Wir verkaufen die nicht mehr.

BILDblog: Wie haben die Leute darauf reagiert?

Wir wurden regelrecht überflutet. Viele haben uns gelobt und beglückwünscht, manche haben uns auch gehasst und gefragt, was das soll, und dann kamen der Deutschlandfunk und die “taz” und andere Medien, das war aber alles gar nicht beabsichtigt. Ich meine, wir haben nur ein Blatt rausgenommen. Das riesige Echo hat uns total überrascht. Dann breitete sich auch im Internet ein tierischer Schwall aus, auch in den rechtsradikalen Foren, sogar mit Drohungen gegen uns. Da kann man auch schon sehen, in welchem Spektrum die Freunde der „Bild“-Zeitung angesiedelt sind.

Ein Kunde kommt rein, legt wortlos die „Süddeutsche“ auf den Tresen, stellt sich in eine Ecke und hört dem Interview zu. Offenbar kommt er öfter hierher.

BILDblog: Das heißt, Sie haben sich auch vorher schon über die „Bild“-Zeitung aufgeregt, nicht nur über die Sarazzin-Geschichte?

Buck: Die „Bild“-Zeitung hab’ ich immer schon gehasst. Ich hab’ auch noch nie in meinem Leben eine gekauft. Das war schon in meinem Elternhaus ein No-Go. Aber wenn du so einen Laden hast, verkaufst du halt auch alles, was dazugehört.

Kunde: Musst du auch, Winnie. Auch wenn’s wehtut. Das ist Pluralismus. Geht nicht anders.

BILDblog (zum Kunden): Sie finden es also nicht gut, dass es hier keine „Bild“-Zeitung gibt?

Kunde: Eigentlich kannst du das nicht machen.

Buck: Hmm …

Kunde: Das ist so! Das ist Pluralismus. Was man machen kann: Die Leute, die das Ding kaufen, mal ein bisschen strafend angucken. Aber zu sagen: “Bild” verkaufe ich nicht, ist eigentlich nicht haltbar im demokratischen Sinne.

Buck: Streng genommen hast du da recht.

BILDblog: Aber es ist auch nicht haltbar im demokratischen Sinne, gegen die Griechen zu hetzen.

Kunde: Ja, aber … es ist schwierig. Wo die Meinungsfreiheit enden darf und kann, ist ja immer auch von Subjektivität getragen.

Buck: Presserechtlich ist es auf jeden Fall interessant. Ich bin zum Beispiel verpflichtet, das, was ich geliefert bekomme, auch anzubieten. Das mache ich natürlich nicht, weil ich so viele Sachen geliefert bekomme, von denen ich weiß, dass ich sie auf keinen Fall verkaufen werde. „Fisch & Wurm“ und „Angel & Watt“ und so, die remittiere ich, das machen auch de facto alle so. Und wenn ich die [rechtsextreme, Anm.] „National-Zeitung“ kriege, schicke ich die auch zurück, obwohl ich sie eigentlich anbieten müsste. Es gibt ja auch Einzelhändler, die sagen: Ich verkaufe keine Produkte von Nestlé. Oder Produkte mit Gen-Food von Monsanto.

Kunde: Es ist schwierig. Ich hab’ einfach schnell Bauchschmerzen, wenn es darum geht, das Recht der Medien zu kappen. Ich finde aber auch: Wenn man eine Zeitung machen will, muss man sich verdammt im Klaren darüber sein, was für eine Verantwortung man da hat.

Buck: Zwei „Bild“-Ausgaben kriege ich auch immer noch geliefert. Also wenn jetzt jemand unbedingt darauf bestehen würde, sie zu bekommen, dann würde ich sie ihm auch geben. Und es ist ja nicht so, dass es hier keine „Bild“ sonst gäbe. Man muss nur ein paar Meter weiter gehen, zum Griechen, der verkauft sie noch.

Der Kunde muss los, seine Tochter wartet schon, er bezahlt und geht.

BILDblog: Diskutieren Sie häufiger mit Kunden über das Thema?

Buck: Am Anfang war das schon so, ja. Inzwischen wissen die Leute, die hier herkommen, aber meistens schon Bescheid, darum kommen solche Grundsatzdiskussionen nicht mehr so häufig vor. Wobei die allermeisten ohnehin gesagt haben, dass sie die Aktion gut finden.

BILDblog: Haben Sie denn auch Kunden verloren?

Buck: Natürlich. Aber auch viele neue dazugewonnen, die ihre „Zeit“ oder ihr „Abendblatt“ jetzt eben bei mir kaufen. Aber das war wirklich nicht beabsichtigt.

BILDblog: Konnten Sie auch Leute dazu bewegen, die „Bild“-Zeitung nicht mehr zu lesen?

Buck: Es gab, wie ich gehört habe, tatsächlich einige Familiendiskussionen über das Thema. Und mir sind drei Leute bekannt, die gesagt haben: Im Grunde ist das richtig — und sie seitdem nicht mehr lesen. Ich habe auch einen Brief aus Süddeutschland bekommen: Da hat jemand den „taz“-Artikel ausgeschnitten, ist damit zu seinem Kiosk gegangen und hat gesagt: Hier, guck mal, es geht!

BILDblog: Hat er die „Bild“ dann auch rausgenommen?

Buck: So weit ich weiß, nicht.

BILDblog: Kennen Sie denn andere Kioskbetreiber, die keine „Bild“ mehr verkaufen?

Buck: Nein, nur den Kollegen Krause hier aus der Straße.

BILDblog: Was glauben Sie, woran das liegt?

Buck: Mein Eindruck ist, dass es vielen Kioskbetreibern eigentlich völlig egal ist, was sie verkaufen. Die verkaufen auch Biersorten, die ich nie anbieten würde. Das sind Gewinnmaschinen, denen ist das egal.

BILDblog: Wie viele “Bild”-Ausgaben haben Sie vorher pro Tag verkauft?

Buck: 15 bis 20.

BILDblog: Und wie hoch ist da der Gewinn?

Buck: In der Regel 18 bis 20 Prozent.

BILDblog: Also gut 13 Cent pro Ausgabe. Insgesamt drei Euro pro Tag.

Buck: Ja, es hält sich also in Grenzen. Aber wenn du einen Kiosk hast, ist es ja so: Der Kunde kauft nicht nur die „Bild“, sondern nimmt auch eine Schachtel Zigaretten mit oder den „Stern“ oder was auch immer.

BILDblog: Ihnen geht also schon Geld durch die Lappen.

Buck: Im ersten Schritt, ja. Aber jeder Kioskbetreiber verkauft natürlich lieber eine „Zeit“ für 4,50 als eine „Morgenpost“ für 80 Cent. Ich kann 12 „Mopos“ verkaufen oder einmal die „brand eins“ oder den „Cicero“, und da verkauft man natürlich lieber das höherwertige Produkt.

BILDblog: Was sagt eigentlich der Grossist, der Sie mit Zeitungen beliefert?

Buck: Erstmal war natürlich großer Aufruhr. Der Grossist hier in Hamburg gehört ja zum Axel-Springer-Verlag, der dachte sich bestimmt: Was macht der Irre aus Ottensen denn jetzt schon wieder?

BILDblog: Hatten Sie ihm denn vorher Bescheid gesagt?

Buck: Nö, der hat das auch erst aus der Presse erfahren. Er meinte zwar, dass das so nicht geht, aber er wollte es vermutlich nicht an die große Glocke hängen, und jetzt ist es halt so. Ich hab’ aber auch nicht damit gerechnet, dass der Springer-Verlag irgendwas gegen uns macht. Das kann ja nur peinlich für so einen Konzern werden, wenn er sich einen 15-Quadratmeter-Kiosk vorknöpft.

BILDblog: Andere Zeitungen von Springer verkaufen Sie aber weiterhin.

Buck: Ja. Das wird von den Leuten auch häufiger mal angesprochen. Die sagen: Wenn du konsequent wärst, dürftest du die „Mopo“ auch nicht mehr verkaufen. Ich sehe das nicht so. Die „Mopo“ ist auch ein Boulevardblatt, aber der Unterschied zur „Bild“ ist, dass die „Bild“ definitiv eine politische Agenda hat. Das ist für mich der entscheidende Punkt. Ich verkaufe auch die „Bild der Frau“ oder die „Auto Bild“. Springer stellt ja auch vernünftige Zeitungen her. Das Entscheidende ist, dass die „Bild“-Zeitung diese widerliche politische Agenda hat. Und für dieses Ansinnen ist die schon verdammt gut gemacht: Die Anordnung, wie Themen zusammengebracht werden, wie Dinge immer wiederholt werden, wie Meinungshoheit geschaffen wird, wie Themen überhaupt erst angerührt werden, das machen die schon sehr gut. Die sind nicht doof. Aber eben schlecht. Das sind schlechte Menschen.

Ein älterer Herr steht schon länger im Laden und verfolgt kaffeetrinkend das Interview.

Buck (zeigt auf den Kunden): Der Herr da drüben war übrigens dabei, als alles losging. (Zum Kunden:) Du hast doch damals sogar noch eine „Bild“-Zeitung gekauft und zerknüllt draußen hingelegt.

Kunde (grinst): Echt? Zerknüllt? Pfui, war ich damals radikal! Gut, dass ich inzwischen die Altersmilde erworben habe.

Buck: Das Problem an der „Bild“-Zeitung ist auch, dass sie permanent spaltet. Mal sind es Rentner gegen Beamte, dann Beamte gegen Selbstständige, dann Selbstständige gegen Griechen … und immer wieder: Islam. Islam. Islam. Wie Hagen Rether schon im Kabarett sagt: Das Wort muss man immer nur wiederholen, dann spürt man schon, wie die Angst den Rücken hochgekrochen kommt: Islam. Islam. Islam. Die spalten halt immer — unter dem Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit.

Kunde: Sie benutzen das größte Machtmittel: Angst.

Buck: Genau. Verlustangst, Rentenangst …

Kunde: Das haben schon alte Philosophen gesagt: Beherrsche die Angst eines Volkes, und du hast es in der Hand.

Buck: … Krebsangst, Arbeitsplatzangst, Griechenangst, Islamangst …

Kunde: Die Angstkette darf nicht abreißen.

BILDblog: Und wie lange wollen Sie mit Ihrem Boykott noch dagegensteuern?

Buck: Bis zum Schluss. Solange ich hier drin bin, wird es keine „Bild“-Zeitung geben.

Dschihadisten, Krautreporter, Talkshows

1. “‘Dschihadisten’ im Gemeindebau”
(tvthek.orf.at, Video, 3:36 Minuten)
Muslime in Österreich unter Generalverdacht: “Davon können auch drei Muslime, die in einem Wiener Gemeindebau leben, ein Lied singen. Weil ein Inkasso-Angestellter eine schwarze Flagge mit arabischen Schriftzeichen in ihrer Wohnung sieht, geht die Anti-Terror-Maschinerie los: Polizei, dann aber vor allem Medien, Nachbarn und so mache Politiker eröffnen die Jagd auf die drei jungen Männer, die trotz des erwiesenen Fehlalarms nicht vorbei ist.” Siehe dazu auch “Allahaaaarm! Zu Besuch bei vermeintlichen Islamisten” (profil.at, Edith Meinhart und Ingrid Brodnig) und “Über die Mär vom Dschihadisten” (lagushkin.wordpress.com).

2. “Warum die Medien am Pranger stehen”
(deutschlandradiokultur.de, Michael Meyer)
Eine Zusammenfassung aktueller medienjournalistischer Fragen inklusive Eigenlob: “Die Medienlandschaft in Deutschland ist – zumindest noch – eine ausgewogene. Die öffentlich-rechtlichen Sender gelten zusammen mit der BBC und einigen anderen Sendern als das beste System der Welt.”

3. “Das alte Wir ist das neue Über-Ich”
(faz.net, Andrea Diener und Julia Bähr)
“Das Wir braucht endlich eine Renaissance!”, rufen Andrea Diener und Julia Bähr im Einklang: “Das Wir birgt Bürgersinn, es stiftet Gemeinschaften, es legt kumpelhaft den Arm um den Leser und zeigt ihm die Welt: Schau mal, so sonderbar geht es hier zu! Wundern wir uns doch gemeinsam ein wenig über die Menschen. Das Ich hingegen wundert sich alleine, und nicht selten wundert man sich über das Ich.”

4. “Roter Teppich oder Freakshow? – Ein kleinwüchsiger Mann erzählt”
(leidmedien.de, Michel Arriens)
Michel Arriens erzählt von seinen Erlebnissen in der Sat.1-Dokusoap “Die grosse Welt der kleinen Menschen”.

5. “In eigener Sache”
(krautreporter.de, Alexander von Streit)
Alexander von Streit gibt bekannt, dass Mitarbeiter Danijel Višević “vier bis fünf Tage pro Monat als freier Redakteur für das Bundespresseamt” arbeitet: “Meine Einschätzung über das Konfliktpotenzial einer solchen PR-Tätigkeit war falsch. Was Sebastian und ich nicht beachtet haben: Eine dauerhafte Tätigkeit für das Bundespresseamt überschneidet sich fast mit fast allen Themen, die wir bearbeiten.” Weiter veröffentlicht wurde eine “Transparenz”-Liste der Nebentätigkeiten von “Krautreporter”-Mitarbeitern. Und es wurden “Konsequenzen” gezogen nach einem Instagram-Eintrag von Tilo Jung.

6. “Meinungsmaschine”
(dacosto.com)
Eine Auswertung der Gäste bei den “vier großen Poltik-Talkshows im deutschen Fernsehen: Anne Will, Günter Jauch, Hart aber Fair & Maybrit Illner.”

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Eine Bankrotterklärung

So, nun ist es raus: Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat gesagt, dass Griechenland bankrott ist und seine Schulden nie zurückzahlen kann. Gestern hat er das anscheinend “zum ersten Mal” zugegeben, im deutschen Fernsehen. Eine Bankrott-Erklärung “im wahrsten Sinne des Wortes”.

Die “Bild”-Zeitung ist ganz aufgeregt und hat aus der Neuigkeit gleich eine Schlagzeile auf Seite 1 gemacht:

Bankrott-Erklärung von Griechen-Finanzminister Varoufakis: 'Griechenland kann Schulden nie zurückzahlen!'

Ja, Hammer.

Wobei die Sendung, in der Varoufakis seine Aussagen machte und die gestern im Ersten lief, eigentlich bloß die Kurzfassung einer Dokumentation war, die arte schon vor zwei Wochen zeigte: “Macht ohne Kontrolle”, ein Film über die Machenschaften der Troika von Harald Schumann. Das Interview mit Varoufakis führte er, wie auch im Film gesagt wird, im Sommer 2014 — also noch bevor der Wissenschaftler Finanzminister wurde.

Online hat “Bild” diese Darstellung inzwischen klammheimlich korrigiert.

Vorher:

Nachher:

Die Aussage von Varoufakis ist aber nicht nur deshalb keine Neuigkeit. Eigentlich sagt er immer schon, dass Griechenland bankrott sei und ein Problem der vermeintlichen “Rettungs”-Politik der vergangenen Jahre gewesen sei, ein Insolvenz-Problem wie ein Liquiditäts-Problem zu behandeln. In einem Interview mit “Zeit Online” sagte er es Anfang Februar unmissverständlich:

Wir haben einem überschuldeten Staat noch mehr Kredite gegeben. Stellen Sie sich vor, einer Ihrer Freunde verliert seinen Job und kann seine Hypothek nicht mehr bezahlen. Würden Sie ihm einen weiteren Kredit geben, damit er die Raten für sein Haus abbezahlt? Das kann nicht funktionieren. Ich bin der Finanzminister eines bankrotten Landes!

“Zeit Online” hat aus diesem markanten Satz damals auch schon die Überschrift gemacht:

"Ich bin Finanzminister eines bankrotten Staates"

In einem Interview mit dem britischen Fernsehsender Channel 4 hatte Varoufakis bereits im Januar gefordert:

“Es wird Zeit, die Wahrheit zu sagen darüber, wie untragbar es ist, einen Staatsbankrott inmitten der EU einfach zu verleugnen.”

Ähnlich äußerte er sich in der BBC.

In seinem Blog hatte Varoufakis schon 2012 festgestellt, dass Griechenland seit drei Jahren bankrott sei, und kritisiert, dass das von den europäischen Institutionen nicht zugegeben werde.

Wer behauptet, dass Yanis Varoufakis jetzt “zum ersten Mal” zugegeben hat, dass der griechische Staat praktisch bankrott ist, muss entweder sehr wenig Ahnung haben. Oder sehr böse Absicht.

Ironischerweise wird die Nachricht, die keine ist, dadurch, dass “Bild” sie groß auf den Titel nimmt, zu einer Nachricht. So meldet die Nachrichtenagentur Reuters heute:

Varoufakis unsettles Germans with admission Greece won’t repay debts

(Reuters) – Greek Finance Minister Yanis Varoufakis has described his country as the most bankrupt in the world and said European leaders knew all along that Athens would never repay its debts, in blunt comments that sparked a backlash in the German media on Tuesday.

(Der griechische Finanzminsiter Yanis Varoufakis hat sein Land als das bankrotteste der Welt bezeichnet und gesagt, dass die europäischen Führer immer schon wussten, dass Athen seine Schulden nie zurückzahlen würde. Seine deutlichen Kommentare haben in den deutschen Medien am Dienstag einen heftige Gegenreaktion ausgelöst.)

Den Journalisten von Reuters ist es nicht gelungen, herauszufinden, dass die Aussagen von Varoufakis im vergangenen Sommer aufgenommen wurden. Immerhin räumen sie ein, dass seine Sätze “typisch” für ihn sind. Abschreibemedien wie “Yahoo”, stern.de, “Focus Online” und andere haben die Aufregung über die alten und bekannten Aussagen von Varoufakis von “Bild” übernommen.

FAS, Fußball, Apple Watch

1. “Fraport weist Vorwurf einer Sicherheitslücke am Flughafen Frankfurt zurück”
(fraport.de)
Die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens Fraport weist einen Bericht der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” (FAS) zurück: “Nach einer umgehenden Überprüfung des in der Berichterstattung geschilderten Falls durch die Fraport AG in enger Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden befand sich der Redakteur zu keinem Zeitpunkt in diesem sicherheitskontrollierten Bereich, sondern lediglich auf einer Frachtabfertigungsfläche im Betriebsbereich. Er hätte auch den sicherheitsrelevanten Bereich ohne Befugnis und Sicherheitskontrolle auf keinem Weg erreichen können. Eine wie im Bericht dargestellte Lücke im Sicherheitszaun gibt es nicht, wie auf den beigefügten Bildern zu erkennen ist.” Siehe dazu auch “Korrektur: Wie sicher ist der Frankfurter Flughafen?” (faz.net) und “6 vor 9” von gestern.

2. “FAS verliert die Kontrolle”
(zeigensiemal.wordpress.com)
Eine genauere Betrachtung von Infografiken im FAS-Wirtschaftsteil.

3. “The sinister treatment of dissent at the BBC”
(theguardian.com, Nick Cohen, englisch)
Nick Cohen beklagt den Umgang der BBC mit den Enthüllern der von Jimmy Savile verübten sexuellen Mißbräuche: “The BBC is forcing out or demoting the journalists who exposed Jimmy Savile as a voracious abuser of girls.”

4. “Warum es egal ist, was Medien von der Apple Watch halten”
(nzz.ch, Henning Steier)
Henning Steier fasst die Rituale einer Apple-Pressekonferenz zusammen.

5. “Philipp Köster: ‘Zu scheitern wäre nicht die schlechteste Visitenkarte gewesen'”
(vocer.org, Jan Göbel)
Philipp Köster, Gründer von “11 Freunde”, lobt Gruner + Jahr, den Mehrheitseigner des Fußballmagazins, als Verlag, “dessen höchstes ideelle Gut die Unabhängigkeit der Redaktionen ist. In nun fast fünf Jahren hat es keinen einzigen Fall gegeben, dass von Verlagsseite Druck ausgeübt worden wäre. Ganz im Gegenteil war der Druck aus dem Anzeigenmarkt vorher viel größer.”

6. “Was erlauben Westermann?”
(sueddeutsche.de, Christof Kneer)
Christof Kneer packt die schwierige Situation von Fußballjournalisten in eine Wutrede: “Wir halten hier seit Jahren unsre Laptops hin, ständig müssen wir Geschichten aufbauschen, Skandale konstruieren und Zitate erfinden, meint ihr vielleicht, es macht Spaß, ein Zeitungsfritze zu sein, keinen Charakter zu haben, in scheißkalten Stadien zu sitzen und über etwas zu berichten, wovon man keine Ahnung hat? Wir Journalisten sind vielleicht nur ein kleiner Piss-Verein, aber wer es besser kann, der soll herkommen und selber schreiben.”

Eliot Higgins, Monica Lierhaus, Kampagnenjournalismus

1. “Der Plan von der Abschaffung der Wahrheit”
(krautreporter.de, Friedemann Karig)
Friedemann Karig stellt Eliot Higgins von Bellingcat vor: “Der schüchterne Engländer, der ungerne telefoniert und Mails nie unterschreibt, war schlagartig zu einer der wichtigsten Quellen über einen grausamen Bürgerkrieg geworden, aus dem nur wenige Journalisten berichten konnten. Und das ohne sein kleines Haus zu verlassen, wo er mit seiner Frau und ihrer gemeinsamen Tochter wohnt.”

2. “Wir brauchen Journalismusjournalismus”
(deranderefellner.wordpress.com)
Sebastian Fellner beschreibt die Situation des Journalismus in Österreich und fordert mehr Medienjournalismus: “Eine Print-Landschaft, beherrscht vom (Gratis-)Boulevard, der jeglichen Skrupel verloren, so er ihn je gehabt hat. Ein öffentlich-rechtliches Fernsehunternehmen, dessen Redaktionen die politischen Einflussnahmen abwehren muss, die die Fehlkonstruktion seiner Gremien mit sich bringt. Und Qualitäts-Onlinezeitungen, die sich noch nicht so recht zwischen Clickbaiting und tollen, aufwendigen Features entscheiden können.”

3. “Die Eier der Journalisten”
(ad-sinistram.blogspot.de, Roberto De Lapuente)
Roberto De Lapuente nimmt sich den Bericht “Offenes Tor für Terroristen” (faz.net, Marco Seliger) vor, für den ein Journalist die Sicherheit des Flughafens in Frankfurt getestet hat: “Man spielt denen in die Hände, die es rigider wollen, die dafür sind, es polizeistaatlicher und repressiver zu gestalten. Denen, die die allgemeine Angst als Maßstab für deren Gesellschaftskonzept missbrauchen und Ordnung mit Furcht und Schrecken gleichsetzen. Sie nennt ihren Beweis ein ‘offenes Tor für Terroristen’ und strickt damit weiter an der Absicht, die ganze Gesellschaft terrorfest zu machen. Auf Kosten der Freiheit natürlich.”

4. “Monica Lierhaus: ‘Als wäre ich ein Monster'”
(vocer.org, Irena Vukovic)
Ein Interview mit Sportreporterin Monica Lierhaus, der nach gesundheitlichen Problemen ein Comeback gelang: “Ich habe allen gezeigt, jetzt bin ich so wie ich bin. Nun akzeptiert mich oder lasst es. Vorher habe ich mich nicht getraut, weil ich immer angeglotzt worden bin, als wäre ich ein Monster. Das war fürchterlich für mich. Das war ganz schrecklich. Seitdem war es aber besser. Sie mussten mich nun nehmen, wie ich bin.”

5. “Gefährlich wird es, wenn der Funken überspringt”
(tagesspiegel.de, Stephan Russ-Mohl)
Stephan Russ-Mohl beschäftigt sich mit dem Kampagnenjournalismus: “Für Demokratien gefährlich werden Medienkampagnen vor allem dann, wenn sie nicht von einem einzigen Medium allein inszeniert werden. Wenn der Funke überspringt, wenn sich bei einer Skandalisierung plötzlich alle einig sind, wird es mitunter heikel.”

6. “Der tägliche Herrenwitz”
(theeuropean.de, Kristina Lunz)
Kristina Lunz schreibt über Frauen in “Bild”: “Deutschlands Medien, und allen voran ‘Bild’, müssen Frauen endlich für ihre Leistungen und Taten schätzen und respektieren, statt sie zum Lustobjekt zu degradieren.” Siehe dazu auch “Machts doch einfach, stellt mehr Frauen an!” (blog.tagesanzeiger.ch/offtherecord, Andrea Bleicher) und “Offener Brief an Res Strehle” (persoenlich.com).

Roaming, Edathy, Wieselspecht

1. “Die Zeitung, die eben kein Kleinkind ist”
(ad-sinistram.blogspot.de, Roberto De Lapuente)
Roberto De Lapuente erklärt, warum er “Bild” nicht ignoriert: “Wir dürfen uns die Bildzeitung nicht als nach Aufmerksamkeit gierendes Kleinkind vorstellen. Sie ist eine Erwachsene, die ganz genau weiß, was sie bezwecken will und wie sie instrumentalisieren muss, um ihre Vorstellungen zu verwirklichen.”

2. “‘Die letzten Hemmungen scheinen gefallen zu sein'”
(topfvollgold.de, Dennis Klammer)
Boris Kartheuser hat herausgefunden, dass die Funke Women Group “in ihren Zeitschriften redaktionelle Texte beispielsweise zu Gesundheitsthemen veröffentlicht und auf Produkte hinweist, die helfen sollen. Praktischerweise werden eben jene empfohlenen Produkte dann einige Seiten weiter großflächig vom Hersteller per Anzeige beworben. Im Text steht dann etwa: ‘Die können sie auch rezeptfrei in der Apotheke kaufen, zum Beispiel von …’ — und dann kommt immer der Werbepartner. Das tritt so häufig auf, dass es kein Zufall mehr zu sein scheint.”

3. “100 am Tag”
(sueddeutsche.de, Christian Zaschke)
Die Abhörtätigkeiten von Blättern des britischen Verlags Trinity Mirror (“Daily Mirror”, “Sunday Mirror”, “The People”): “Anwalt David Sherborne sagte in dieser Woche vor dem High Court in London, verglichen damit seien die Vergehen von Rupert Murdochs News of the World (NotW) fast harmlos gewesen.”

4. “So this is how the world ends: with us distracted by cute cats”
(theguardian.com, Hadley Freeman, englisch)
Hadley Freeman zählt Nachrichten der vergangenen Woche auf, die bei einigen Mediennutzern keine Aufnahme fanden, weil sie mit dem Anschauen von Katzenfotos beschäftigt waren: “I have a vision – a vision of the apocalypse, and it will consist of Earth being consumed by fire and brimstone, but no one will notice because they’ll be too busy inside looking at a photo on the web of a frog using a leaf like an umbrella. And as their faces melt, they’ll be crying, ‘Wait! But I must tweet a link to this baby panda sneezing!'” Siehe dazu auch “ZDF und Putin reiten den Wieselspecht” (olereissmann.de).

5. “Ein Jahr ohne Roaming-Schikane: So fühlt sich echte Freiheit an”
(t3n.de, Martin Weigert)
Martin Weigert nutzt seit einem Jahr ein Mobilfunkabo, bei dem Daten-Roaming in 120 Ländern inklusive ist: “Ein Zurück wird mir schwerfallen. Ich hoffe, dass auch mindestens ein deutscher Netzanbieter erkennt, wie gut der Abbau der Roaming-Schikanen sich auf Kundenwachstum und Imagewerte auswirken kann.”

6. “Bitte entschuldigen Sie, Herr Edathy”
(zeit.de, Thomas Fischer, 6. März 2014)
Bundesrichter Thomas Fischer schreibt zur Edathy-Affäre: “Das Strafrecht lebt – wie jede andere formelle oder informelle Sanktionierung abweichenden Verhaltens – davon, dass es klare gesetzliche Grenzen zieht zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten. Diese Grenzen sind nicht zu dem Zweck erfunden worden, Staatsanwälten Anhaltspunkte für den Start von Vorermittlungen oder für die Anberaumung von Pressekonferenzen zu geben, sondern allein um der Bürger willen. Die wollen nämlich, seit sie sich als Bürger und nicht als Untertanen verstehen, eine Staatsgewalt, die die Guten und die Bösen voneinander scheidet, ohne zu diesem Zweck zunächst alle des Bösen zu verdächtigen und auch so zu behandeln.”

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